CANNABISPRÄVENTION IM ARBEITSFELD...

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Entwurf, Text: Fachgruppe der Fachkräfte für Suchtprävention in Niedersachsen Überarbeitung, Redaktion und Layout: Ingeborg Holterhoff-Schulte Herausgegeben von der Podbielskistraße 162, 30177 Hannover Tel.: 05 11/62 62 66 0 Fax: 05 11/62 62 66 22 [email protected] www.nls-online.de Hannover, Oktober 2005 CANNABISPRÄVENTION IM ARBEITSFELD SCHULE Manual für Fachkräfte in der Suchtprävention

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Entwurf, Text: Fachgruppe der Fachkräfte für Suchtprävention in Niedersachsen Überarbeitung, Redaktion und Layout: Ingeborg Holterhoff-Schulte Herausgegeben von der

Podbielskistraße 162, 30177 Hannover Tel.: 05 11/62 62 66 0 Fax: 05 11/62 62 66 22 [email protected] www.nls-online.de Hannover, Oktober 2005

CANNABISPRÄVENTIONIM ARBEITSFELD SCHULE

Manual für Fachkräftein der Suchtprävention

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

Inhalt

Vorwort .......................................................................................... 5 I. Arbeit mit der Zielgruppe Lehrkräfte

Einführung...........................................................................6

I.1 Fortbildung und Arbeitsgruppe für Lehrkräfte ...........................7

I.2. Grundlegende Informationen rund um das Thema

Suchtprävention und Cannabis

I.2.1 Grundsätze zur pädagogischen Suchtprävention in der Schule....8

I.2.2 Die Rolle der Lehrkräfte in der schulischen Suchtprävention.......9

I.2.3 Rechtliche Grundlagen

I.2.3.1 Auszüge aus dem Betäubungsmittelgesetz............................. 11

I.2.3.2 Das Niedersächsische Schulgesetz ........................................ 13

I.2.3.3 Relevante Erlasse zum Substanzkonsum und zur Suchtprävention................................................................. 16

I.2.3.4 Drogen und Straßenverkehr................................................. 21

I.3. Handlungsmöglichkeiten bei Cannabis konsumierenden Schüler/innen

I.3.1 Erkennen von Suchtmittelkonsum bzw.

Verhaltensauffälligkeiten ..................................................... 23

I. 3.2 Regeln formulieren und Maßnahmen festlegen ....................... 24

I.3.3 Was tun bei Auffälligkeiten bzw. Regelverletzungen? .............. 25

I.3.3.1 Interventionsmöglichkeiten und Leitfaden für Beratungsgespräche nach dem Stufenmodell ......................... 25

I.3.3.2 Informationen zur Kurzintervention ..................................... 33

I.4 Implementierung des erarbeiteten „Umgangs mit

Cannabiskonsum“ in die jeweilige Schule............................... 37

I.4.1 Gesamtkonferenz ............................................................... 37

I.4.2 Bekannt machen bei Eltern und Schüler/innen ....................... 37

I.4.3 Regelmäßige Information ................................................... 38

II. Zielgruppe Schülerinnen und Schüler

II.1 Einführung......................................................................... 39

II.2 Informationsveranstaltung für Jugendliche............................. 39

II.3 Kiffen – Du musst es wissen! Kurs zur Information und

Frühintervention für Jugendliche........................................... 46

II.4 Quit the shit....................................................................... 48

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

Inhalt

III. Arbeit mit der Zielgruppe Eltern ......................................... 40

III.1 Ziele der Elternarbeit......................................................... 49

III.1.2 Mögliche Bausteine und Inhalte eines Elternabends ............... 50

III.1.2.1 Vorstellen der Einrichtung .................................................. 51

III.1.2.2 Grundsätzliche Gedanken zur Suchtprävention ..................... 51

III.1.2.3 Reflexion der eigenen Grundhaltung.................................... 52

III.1.2.4 Reflexion der eigenen Rolle im Erziehungsprozess................. 53

III.1.2.5 Lebensphase Jugend ......................................................... 54

III.1.2.6 Begriffsdefinitionen ........................................................... 55

III.1.2.7 Informationen zu Cannabis ................................................ 57

III.1.2.8 Symptome erkennen – auf Konsum reagieren ...................... 59

III.2 Hinweise und Tipps für Fachkräfte, die einen Elternabend durchführen ..................................................................... 63

Anhang

A Einladungstext für einen Elternabend................................. 69

B Interaktionsübung zur Veranschaulichung

der Suchtbegriffe................................................................ 70

C Folienvorlagen C.1 Cannabis – Abbildungen ................................................ 71 C.2 Symptome für einen möglichen Drogenkonsum................ 73 C.3 Umgang mit konsumierenden Jugendlichen ..................... 74 C.4 Wie Sie Ihre Kinder ermutigen können, Drogen zu nehmen ....................................................................... 75

D Materialien zur Suchtprävention – Literatur ...................... 76

E Flyer zum Kurs für Jugendliche Kiffer ................................. 77

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

Vorwort

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Vorwort

Jede/r dritte Jugendliche (32 Prozent) zwischen 12 und 25 Jahren hat laut Drogen- und Suchtbericht 2004 der Bundesregierung mindestens einmal illegale Drogen konsumiert. Die am häufigsten konsumierte Droge ist dabei Cannabis. Die Akzeptanz des Hanfgewächses ist deutlich gestiegen: Bereits 7 Prozent der 12-15jährigen haben Erfahrungen mit Haschisch oder Marihu-ana, bei den 18-25jährigen hat im vergangenen Jahr jeder fünfte Jugendli-che Cannabis konsumiert. Bei den meisten bleibt es beim einmaligen Ausprobieren oder einem Kon-sum über eine kurze Zeitspanne. Doch die Zahl derer, die dauerhaft Canna-bis nutzen, nimmt zu: Fast 400 000 Menschen konsumieren die Droge re-gelmäßig und weisen einen missbräuchlichen oder abhängigen Konsum auf. Die ambulanten Beratungsstellen verzeichnen seit 1992 einen Klientenan-stieg um das Siebenfache, im Jahr 2004 wurden über 14 000 Konsumenten beraten und behandelt. Cannabis fällt unter das Betäubungsmittelgesetz, d. h. Anbau, Handel, Be-sitz und Erwerb sind verboten. Wenn es allerdings um den Besitz geringer Mengen geht, handeln die verschiedenen Bundesländer sehr unterschied-lich. Das Ermittlungsverfahren kann beim Besitz geringer Mengen einge-stellt werden und von dieser Möglichkeit wird auch häufig Gebrauch ge-macht. Allerdings hat diese rechtlich unterschiedliche Handhabung, die Uneinheit-lichkeit bei der Definition einer geringen Menge und die Praxis, Ermittlungs-verfahren einzustellen, die Akzeptanz dieser Droge bei Jugendlichen erhöht. Vielfach betrachten Jugendliche Cannabis nicht (mehr) als illegale Droge, sondern sie ist in den Jugendkulturen schon fast eine Alltagsdroge gewor-den. Die hier genannten Zahlen bedeuten auch, dass Cannabiskonsum nicht vor Schultoren Halt macht. Zum einen gibt es Schüler/innen, die während des Schultages auf dem Schulgelände Cannabis konsumieren, zum anderen werden die Auswirkungen von häufigem Cannabiskonsum auch in der Schu-le deutlich. Die Anfragen von Schulen hinsichtlich Unterstützung im Bereich Cannabis-prävention und Umgang mit Cannabiskonsument/innen nehmen stetig zu. Dies hat die Fachkräfte für Suchtprävention in Niedersachsen veranlasst, dieses Manual zu erstellen und damit sich und anderen Fachkräften in der Suchtprävention Unterstützung bei der Zusammenarbeit mit Schulen zu ge-ben.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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I. Arbeit mit der Zielgruppe Lehrkräfte

Einführung Lehrkräfte erleben „ihre“ Schüler/innen am Vormittag während des Unter-richts, sie erleben sie in den Pausen, in Arbeitsgruppen und Projekten oder auf Klassenfahrten. Häufig fällt Lehrkräften auf, dass bei einigen oder bei einem bestimmten Schüler „etwas nicht stimmt“. Sie stellten häufige Fehl-zeiten fest oder nachlassende Leistungen oder andere Verhaltensauffällig-keiten. Manchmal ist der Zusammenhang zum Gebrauch von Suchtmitteln deutlich, er wurde beobachtet oder erlebt. Oft genug kann aber nur ver-mutet werden, dass Schüler/innen Probleme im Umgang mit Suchtmitteln haben, und diese hinter den Verhaltensauffälligkeiten stecken. Manchmal allerdings wurden Schüler/innen auch direkt beim Konsum oder gar beim versuchten Handel „erwischt“. Überwiegend besteht Unsicherheit bei den Lehrkräften, wie sie mit den Ju-gendliche umgehen sollen, wie sie sie ansprechen und was sie tun sollen, wenn sie Verhaltensauffälligkeiten feststellen und Cannabiskonsum dahinter vermuten. Wenn sie Schüler/innen direkt beim Konsum oder beim Dealen erwischen, reagieren Lehrkräfte und Schulleitung oft aufgeschreckt und ein Schulver-weis ist die Folge, ohne dass zunächst andere pädagogische Maßnahmen eingeleitet wurden. Insgesamt nehmen die Anfragen rund um die Cannabisprävention von Schulen bzw. Lehrkräften zu. Lehrkräfte wünschen sich mehr Sicherheit im Umgang mit diesem Problem. Sie wollen wissen, ob sie von Vermutungen zu mehr abgesicherter Erkenntnis kommen können. Sie wollen wissen, wie sie konkret mit Schüler/innen umgehen, die Verhaltensaufälligkeiten zeigen und mit Substanzen wie Cannabis experimentieren. Außerdem möchten sie ein klares Repertoire von Handlungsmöglichkeiten für den Fall, dass in der Schule Cannabiskonsum vorkommt, und sie möchten vorbeugend etwas tun, damit das Thema Cannabis an ihrer Schule ein kleines und lösbares Problem bleibt oder wieder wird.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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I.1 Fortbildung und Arbeitsgruppe für Lehrkräfte Eine Fortbildung zum Thema Cannabis mit den Lehrkräften hat das Ziel der Erarbeitung eines klaren Handlungsleitfadens. Dieser Handlungsleitfaden wird nicht vorgegeben, sondern selbst erarbeitet, damit er zum einen auf die jeweilige Schulsituation passt und zum anderen die Identifikation mit dem Leitfaden größer ist, so dass die Schule und die Lehrkräfte auch da-nach vorgehen. Die Erarbeitung des Leitfadens sollte in einer Arbeitsgruppe von Lehrkräften erfolgen (je nach Situation und Bedarf schulübergreifend oder auch aus ei-ner Schule). Wichtig ist, dass die an der Arbeitsgruppe teilnehmenden Lehrkräfte in enger Absprache mit der Schulleitung arbeiten, d.h. dass sie von der Schulleitung beauftragt werden und darüber hinaus möglicherweise auch einen Auftrag der Gesamtkonferenz haben. Ganztägige Fortbildungen sind nur noch sehr eingeschränkt zu realisieren, sie müssen grundsätzlich in der unterrichtsfreien Zeit stattfinden. Deshalb wird empfohlen, die Erarbeitung des Leitfadens in die Nachmittagsstunden zu legen. Drei Nachmittage, an denen sich die Arbeitsgruppe trifft, müssten ausreichen. Folgende Themenfelder werden in der Arbeitsgruppe bearbeitet:

• Grundlegende Informationen rund um das Thema Suchtprävention und Cannabis

• Rechtliche Situation bezüglich Cannabiskonsum, -besitz, -handel • Haltung der Lehrkräfte zum Cannabiskonsum klären • Regeln formulieren: Wie soll die Schule auf Cannabiskonsum reagie-

ren? • Maßnahmen festlegen: Welche Sanktionen und Maßnahmen sollen

erfolgen, wenn festgelegte Regeln verletzt werden? • Rolle der Schule/Lehrkräfte im Zusammenhang mit Cannabiskonsum

klären • Festlegen, wie Regeln und Maßnahmen in der jeweiligen Schule kom-

muniziert werden sollen • Kontinuität sicherstellen

Die Fachkraft für Suchtprävention moderiert die Arbeitsgruppe und sie bringt die entsprechenden Inhalte und Informationen ein. Im Folgenden sind wichtige Inhalte und Informationen zu den aufgeführten Themenfeldern zusammengestellt. Sie sind als Informations- und Arbeitsgrundlage für die handelnde Fachkraft gedacht.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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I.2 Grundlegende Informationen rund um das Thema Suchtprävention und Cannabis

I.2.1 Grundsätze zur pädagogischen Suchtprävention in der Schule

In Niedersachsen verpflichtet das Kultusministerium die Schulen zur aktiven Suchtprävention, die sie im Rahmen ihres erzieherischen Auftrages wahr-nehmen sollen. Der neue Erlass „Rauchen und Konsum alkoholischer Ge-tränke in der Schule“ verlangt von den Schulen, sich ein Suchtpräventions-konzept zu erarbeiten. Suchtprävention muss nun systematisch umgesetzt werden, d.h. sie ist nicht mehr abhängig von engagierten einzelnen Lehr-kräften, sie kommt nicht mehr nach dem Zufallsprinzip manchen Schü-ler/innen zu Gute und anderen nicht, und sie schließt die ganze Schule, nicht nur die Personen ein. Schulische Suchtprävention ist sowohl aus dem erzieherischem Auftrag der Schule heraus wie auch aus der Tatsache, dass Schule selbst als gesell-schaftliches System auf die Gesundheit der Menschen in diesem System wirkt, ein notwendiges schulisches Aufgabenfeld. Eine Schule, in der sich Schüler/innen und Schüler wohl fühlen und die ge-sundheitsfördernden und suchtpräventiven Anforderungen gerecht wird, ist durch Folgendes gekennzeichnet: • Eine intensive kollegiale Zusammenarbeit der Lehrer(innen) in fachli-

chen Fragen; • gemeinsame Erörterungen, Abklärungen und möglichst Festlegungen

pädagogischer Verhaltensregeln des Schullebens . • Die Pädagogen sehen sich nicht als Einzelkämpfer, sondern als mitein-

ander kooperierende Fachleute. Diese Kooperation erfordert einen Mi-nimalkonsens in wichtigen schulischen Fragen, auch bei didaktisch-methodischen Problemen sowie in Fragen der Leistungsbeurteiung.

• Regeln des Miteinander-Umgehens und Regeln der Anforderungen im Hausaufgabenbereich sind wichtig. Vertritt die Schule dieses Regel-system in sich stimmig, wird sie von den Schüler/innen als eine soziale Institution wahrgenommen.

• Schule und Leistung gehören zusammen. Wichtig ist ein Leistungspro-gramm, bei dem die Maßstäbe und Standards für die Beurteilung und Bewertung transparent sind.

• Schließlich spielt die Partizipation von Schüler/innen und Eltern an wichtigen schulischen und unterrichtlichen Belangen eine große Rolle.

Eine Schule, die sich diese Kriterien zu Eigen macht, wird ein Schulklima haben, das sich direkt suchtpräventiv auswirkt.1 Die Planung und Aufstellung suchtpräventiver Konzepte und Maßnahmen sollte von folgenden Fragestellungen ausgehen: 1 vergl. Leppin. A., Hurrelmann. K., Petermann H. Jugendliche und Alltagsdrogen. Neuwied, 2000

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Zielgruppe Lehrkräfte

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• Welchen strukturellen Bedingungen in suchtpräventiver Hin-

sicht unterliegt unsere Schule? Die räumliche Situation und Ausstattung der Schule hat eine große Be-deutung. Anregende und sichere Bedingungen während der Pausen und die Möglichkeit, den Tagesablauf nach dem Rhythmus von An-spannung und Entspannung zu gestalten, sind Schulmerkmale oder Maßnahmen mit konkreter suchtpräventiver Wirkung. Es geht hierbei um die Frage, wie Schule als sozialer Lebensraum gestaltet ist. Des Weiteren müssen die bestehenden schulischen Regelwerke (z. B. Hausordnung) überprüft werden bezogen auf das, was verboten bzw. erwünscht ist – auch hinsichtlich Suchtmittelkonsum. Gibt es schulbe-zogene Regeln, die dem nun bestehenden Rauchverbot gerecht wer-den oder müssen weitere Regeln formuliert werden? Wie soll mit Re-gelverletzungen umgegangen werden etc.

• Gibt es bereits Probleme im Zusammenhang mit Suchtmitteln? Wel-che?

• Was muss geschehen, um diese Probleme einer Lösung näher zu brin-gen?

• Welche suchtpräventiven Maßnahmen sollen durchgeführt wer-den? Neben den schulsystembezogenen Fragen nach Gebäude, Ausstattung und Regeln muss es natürlich auch suchtpräventive Angebote für die Schüler/innen geben.2 Wo sollen diese integriert sein: innerhalb des Unterrichtes, als Projekt, als Arbeitsgruppenangebot?

• Mit welchen externen Stellen soll zusammengearbeitet werden, um die Präventionsmaßnahmen umzusetzen?

I.2.2 Die Rolle der Lehrkräfte in der schulischen Suchtprävention

Folgende Verhaltensweisen von Lehrkräften sind unter suchtpräventiven Gesichtspunkten wichtig: • Schülerinnen und Schüler werden als Personen angesprochen. • Realistische Rückmeldung über Leistungsstärken und –schwächen. • Der Hinweis auf Leistungsschwächen geschieht so, dass die Schü-

ler/innen ihr Gesicht wahren können. • Aufzeigen von Verbesserungsmöglichkeiten für jede/n Schüler/in

(Kompensationskurse usw.). • Auffällige Veränderungen im Verhalten von Schülerinnen und Schülern

werden sensibel wahrgenommen; es wird nach Ursachen gefragt.

2 Das Bausteinprogramm schulische Suchtvorbeugung (BASS) basiert auf einem umfassenden und ganzheitlichen Suchtpräventionsverständnis, das sich eingebettet in den Unterricht verwirklicht. Neben den konkreten im Unterricht umzusetzenden Bausteinen (für die Jahrgänge 5/6 und 7/8) wird in BASS auch auf strukturgestaltende Elemente von Suchtprävention eingegangen. Hrsg.: Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen, Hannover 2002.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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• Sinnvolle Regeln werden verbindlich gesetzt und eingehalten (Verspä-tungen, Hausaufgaben, Rauchen usw.).

• Lehrerentscheidungen werden transparent gemacht, sind korrigierbar. • Aufrichtigkeit und Fähigkeit zur Selbstkritik im eigenen Umgang mit le-

galen Suchtmitteln (Alkohol, Nikotin). • Der Unterricht gibt den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit, über

sich und ihre Befindlichkeit zu sprechen und aufeinander einzugehen. • Die Lehrerin bzw. der Lehrer bringt sich selbst in den Unterricht mit ein

und bemüht sich um eine Rolle als soziales Vorbild.3

3 PraxisSchule 5 – 10, Heft 3, Juni 1994, (Westermann), S. 10.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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I.2.3 Rechtliche Grundlagen

I.2.3.1Auszüge aus dem Betäubungsmittelgesetz

§ 29 Straftaten (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, (...). § 29 a Straftaten (1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person un-ter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder 2. mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben. (2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Mona-ten bis zu fünf Jahren. § 31 a Absehen von der Verfolgung (1) Hat das Verfahren ein Vergehen nach § 29 Abs. 1, 2 oder 4 zum Ge-genstand, so kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die Betäubungsmit-tel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, ein-führt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt. (2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Anmerkung: Beim Besitz geringer Mengen zum Eigenkonsum gibt es in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedliche Regelungen. Im Regelfall kann das Ermittlungsverfahren nach 31 a BtMG von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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Verfahrensweisen des Bundeslandes Niedersachsen zur Mitführung geringer Mengen Drogen bzw. dem Eigenbedarf von Drogen Nieder-sachsen Für das Bundesland Niedersachsen gilt seit nahezu 20 Jahren die Praxis, dass zum Schutz der Volksgesundheit und insbesondere zum Schutz der nachwachsenden Generation das Betäubungsmittelgesetz in vollem Umfang angewandt wird. Also auch in Bereichen bei Drogenbesitz von unter einem Gramm. Es findet auf jeden Fall eine Strafverfolgung statt. Ausschlaggebend ist der Einzelfall, wobei Kleinstmengen von mehreren Gramm Cannabis/Marihuana oder chemischen Drogen (Ecstasy) nicht im-mer einer richterlichen Sanktion bedürfen und zu Verfahrenseinstellungen führen kann. Das bedarf jeweils einer Auseinandersetzung mit der Persön-lichkeit des Beschuldigten und mit den Tatumständen. In Erstfällen ohne Außenwirkung und Fremdgefährdung ist deshalb eine Einstellung des Verfahrens wahrscheinlich. Bei härteren Drogen (Kokain, Heroin etc.) ist dies jedoch auch bei Kleinstmengen nicht der Fall. Im Klartext: Bei jedem Drogenfund durch einen Vollzugsbeamten (Polizei, Zoll etc.) erfolgt eine Strafanzeige seitens der Staatsanwaltschaft (wird also nicht fallen gelassen). Die Anklage kann dann bei Kleinstmengen (nur Can-nabis, Marihuana und Ecstasy) nach Prüfung der Persönlichkeit und den Tatumständen durch das Gericht/den Richter fallen gelassen werden.4

4 Quelle: Oberstaatsanwaltschaft Braunschweig (Stand November 2004).

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I.2.3.2 Das Niedersächsische Schulgesetz

§ 43 Stellung der Schulleiterin und des Schulleiters (1) Jede Schule hat eine Schulleiterin oder einen Schulleiter. (2) Die Schulleiterin oder der Schulleiter • trägt die Gesamtverantwortung für die Schule, • vertritt die Schule nach außen, • führt die laufenden Verwaltungsgeschäfte, • führt den Vorsitz in der Gesamtkonferenz sowie in deren Ausschuss nach

§39 Abs.1 oder Abs.2, bereitet die Sitzungen vor und führt die Beschlüs-se aus,

• sorgt für die Einhaltung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften und der Schulordnung,

• ergreift die notwendigen Maßnahmen in Eilfällen, in denen die vorherige Entscheidung der zuständigen Konferenz oder des zuständigen Aus-schusses nicht eingeholt werden kann, und unterrichtet hiervon die Kon-ferenz oder den Ausschuss unverzüglich,

• besucht die an der Schule tätigen Lehrkräfte im Unterricht und berät sie, • sorgt für die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung der Schule, • nimmt die übrigen, nicht den Konferenzen vorbehaltenen Aufgaben

wahr. (3) Die Schulleiterin oder der Schulleiter kann in Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 2 allen an der Schule tätigen Personen Weisungen erteilen; § 50 Abs. 1 Satz 1 bleibt unberührt. § 61 Ordnungsmaßnahmen (1) Erziehungsmittel sind pädagogische Einwirkungen. Sie sind zulässig, wenn Schülerinnen oder Schüler den Unterricht beeinträchtigen oder in an-derer Weise ihre Pflichten verletzen. Sie können von einzelnen Lehrkräften oder von der Klassenkonferenz angewendet werden. (2) Ordnungsmaßnahmen sind zulässig, wenn Schülerinnen und Schüler ihre Pflichten grob verletzen, insbesondere gegen rechtliche Bestimmungen verstoßen, den Unterricht nachhaltig stören, die von ihnen geforderten Leistungen verweigern oder dem Unterricht unentschuldigt fernbleiben. (3) Ordnungsmaßnahmen sind: • Überweisung in eine Parallelklasse, • Überweisung an eine andere Schule derselben Schulform, • Androhung des Ausschlusses vom Unterricht bis zu drei Monaten, • Ausschluss vom Unterricht bis zu drei Monaten, • Androhung der Verweisung von allen Schulen, • Verweisung von allen Schulen. (4) Eine Maßnahme nach Absatz 3 Nrn.3 bis 6 setzt voraus, dass die Schü-lerin oder der Schüler durch den Schulbesuch die Sicherheit von Menschen ernstlich gefährdet oder den Unterricht nachhaltig und schwer beeinträch-tigt hat. Die Verweisung von allen Schulen darf nur im Sekundarbereich II, jedoch nicht bei berufsschulpflichtigen Schülerinnen und Schülern, ange-

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ordnet werden. Für die Dauer eines Ausschlusses vom Unterricht darf die Schülerin oder der Schüler das Schulgelände nicht betreten, während dort der Unterricht oder eine andere schulische Veranstaltung stattfindet. (5) Über Ordnungsmaßnahmen entscheidet die Klassenkonferenz unter Vor-sitz der Schulleitung. Die Gesamtkonferenz kann sich oder einer Teilkonfe-renz nach §35 Abs.4 • die Entscheidung über bestimmte Maßnahmen oder • die Genehmigung von Entscheidungen über bestimmte Maßnahmen • allgemein vorbehalten. (6) Der Schülerin oder dem Schüler und ihren oder seinen Erziehungsbe-rechtigten ist Gelegenheit zu geben, sich in der Sitzung der Konferenz, die über die Maßnahme zu entscheiden hat, zu äußern. Die Schülerin oder der Schüler kann sich sowohl von einer anderen Schülerin oder einem anderen Schüler als auch von einer Lehrkraft ihres oder seines Vertrauens unterstüt-zen lassen. Eine volljährige Schülerin oder ein volljähriger Schüler kann sich auch von ihren oder seinen Eltern oder von einer anderen volljährigen Per-son ihres oder seines Vertrauens unterstützen lassen. (7) Die Überweisung in eine Parallelklasse bedarf der Zustimmung der Schulleitung, die Überweisung an eine andere Schule derselben Schulform und die Verweisung von allen Schulen bedürfen der Genehmigung der Schulbehörde, die für die bislang besuchte Schule zuständig ist. § 71 Pflichten der Erziehungsberechtigten und Ausbildenden Die Erziehungsberechtigten haben dafür zu sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler am Unterricht, an den sonstigen Veranstaltungen der Schule und an den Maßnahmen der Schulgesundheitspflege regelmäßig teilnehmen und die ihnen obliegenden Pflichten erfüllen; sie haben sie dafür zweckent-sprechend auszustatten. Die Ausstattungspflicht umfasst auch die Über-nahme der Kosten von Schulfahrten, an denen die Schülerinnen und Schü-ler teilnehmen (2) Ausbildende und ihre Beauftragten haben • den Auszubildenden die zur Erfüllung der schulischen Pflichten, zur Teil-

nahme an den Maßnahmen der Schulgesundheitspflege sowie zur Mitar-beit in Konferenzen, in deren Ausschüssen und in der Schülervertretung erforderliche Zeit zu gewähren und

• die Auszubildenden zur Erfüllung der Schulpflicht anzuhalten. § 96 Mitwirkung der Erziehungsberechtigten in der Schule (4) Die Lehrkräfte haben Inhalt, Planung und Gestaltung des Unterrichts mit den Klassenelternschaften zu erörtern. Dies gilt vor allem für Unter-richtsfächer, durch die das Erziehungsrecht der Eltern in besonderer Weise berührt wird. Die Erziehungsberechtigten sind insbesondere über Ziel, In-halt und Gestaltung der Sexualerziehung rechtzeitig zu unterrichten, damit die Erziehung im Elternhaus und die Erziehung in der Schule sich soweit wie möglich ergänzen. Die Sexualerziehung in der Schule soll vom Unterricht in mehreren Fächern ausgehen. Sie soll die Schülerinnen und Schüler mit den

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Fragen der Sexualität altersgemäß vertraut machen, ihr Verständnis für Partnerschaft, insbesondere in Ehe und Familie, entwickeln und ihr Verant-wortungsbewusstsein stärken. Dabei sind ihr Persönlichkeitsrecht und das Erziehungsrecht der Eltern zu achten. Zurückhaltung, Offenheit und Tole-ranz gegenüber verschiedenen Wertvorstellungen in diesem Bereich sind geboten.

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I.2.3.3 Relevante Erlasse zum Substanzkonsum und zur Suchtprävention in der Schule

Rauchen und Konsum alkoholischer Getränke in der Schule

RdErl. d. MK vom 1.08.2005 - 23-82 114/5 VORIS 21069 Bezug: Erl. v. 9.1.1989 – 304-82114/4 (SVBl. S. 31) - VORIS 21069 00 00 07 012 1. Das Rauchen und der Konsum alkoholischer Getränke sind im Schulge-bäude und auf dem Schulgelände während schulischer Veranstaltungen so-wie bei Schulveranstaltungen außerhalb der Schule verboten. 2. Die Schule entwickelt unter Einbeziehung der Schülerschaft und der Er-ziehungsberechtigten ein Präventionskonzept mit dem Ziel, die heutige und zukünftige Generation vor den gesundheitlichen, gesellschaftlichen, um-weltrelevanten und wirtschaftlichen Folgen des Tabak- und Alkoholkonsums sowie des Passivrauchens zu schützen. Der Schulelternrat muss dem Kon-zept zustimmen. 3. Das Präventionskonzept ist jährlich neu zu beschließen. In Schulen mit einem Schulprogramm ist das Präventionskonzept in die Schulprogramm-entwicklung mit aufzunehmen. 4. Im Einzelfall sind von dem Verbot alkoholischer Getränke nach Ziffer 1 Ausnahmen zulässig. Eine Befreiung von Schülerinnen und Schülern ist nur zulässig bei Schülerinnen und Schülern des Sekundarbereichs II, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Unter Anlegung eines strengen Maßstabes kann von dem Verbot befreien • die Schulleiterin oder der Schulleiter bei besonderen Gelegenheiten (z.B.

Schulentlassungsfeiern, Jubiläen usw.) sowie • die Aufsicht führende Lehrkraft bei Schulveranstaltungen außerhalb der

Schule. Wenn an der Schulveranstaltung minderjährige Schülerinnen und Schüler teilnehmen, ist die Zustimmung der jeweiligen Klas-senelternschaften erforderlich.

5. Von dem Verbot nach Ziff. 1 sind solche Räume und Grundstücksflächen ausgenommen, die ausschließlich Dritten überlassen sind. 6. Der Bezugserlass wird aufgehoben. Dieser Erlass tritt mit sofortiger Wir-kung in Kraft. Die bisherigen Raucherlaubnisse erlöschen am 31.07.2005. Das Rauchverbot nach Ziff. 1 wird zum 01.08.2005 wirksam.

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Zusammenarbeit zwischen Schule, Polizei und Staatsanwaltschaft

Gem. RdErl. d. MK, d. MI und d. MJ v. 30.09.2003 - 201-51 661 - (Nds.MBl. Nr.32/2003 S.675; SVBl. 12/2003 S.380) - VORIS 22410 - 1. Allgemeines Der staatliche Bildungsauftrag setzt voraus, dass die Schule den Schülerin-nen und Schülern einen Ort der Sicherheit, der Verlässlichkeit und des Ver-trauens bietet. Dies zu gewährleisten ist zunächst Aufgabe aller an Schule Beteiligter: Schülerinnen und Schüler, Schulleitung, Lehrerinnen und Leh-rer, Eltern sowie Schulträger. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es unerlässlich, das Thema „Sicherheit und Abwehr von Gewalt“ in allen Schulen regelmäßig zum Gegenstand gemein-samer Überlegungen zu machen. Nicht erst bei drohender Gefahr, sondern präventiv bereits im schulischen Alltag, muss im Unterricht und bei anderen geeigneten Anlässen (z.B. Konferenzen, Schülerrats- und Elternratssitzun-gen) jede Schule die gemeinsame Verantwortung aller für ein gewaltfreies und friedliches Schulleben thematisieren. Dabei ist auf die sachkundige Hil-fe von Polizei und Staatsanwaltschaft zurückzugreifen. Schule, Polizei und Staatsanwaltschaft haben dabei das gemeinsame Ziel, die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler beim Schulbesuch zu gewähr-leisten und Straftaten im Lebensraum Schule sowie strafbares Verhalten von Schülerinnen und Schülern auch außerhalb der Schule zu verhüten. Im Sinne dieser gemeinsamen Zielsetzung ist die vertrauensvolle und part-nerschaftliche Zusammenarbeit von Schule, Polizei und Staatsanwaltschaft kontinuierlich weiter zu fördern, durch abgestimmte Maßnahmen zu kon-kretisieren und zu verbessern. Die Schule kann die Erfahrung und Unterstützung der Polizei und der Staatsanwaltschaft zur Erfüllung ihres Erziehungsauftrages insbesondere für problembelastete Schülerinnen und Schüler sowie Schülergruppen nut-zen. Die Polizei kann bereits zu einem frühen Zeitpunkt delinquentes Verhalten von Schülerinnen und Schülern oder ihnen drohende Gefahren erkennen und somit Straftaten entgegenwirken. Die Staatsanwaltschaft erhält durch die verstärkte Zusammenarbeit ein dif-ferenziertes Bild von Tat, Täter und Opfer, das eine dem Erziehungsgedan-ken des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) entsprechende optimale Reaktion ermöglicht. 2. Regelungen für die Zusammenarbeit 2.1. Für die Zusammenarbeit benennen die Schule und die örtlich zustän-dige Polizeidienststelle namentlich jeweils eine Ansprechpartnerin oder ei-nen Ansprechpartner und stellen deren Erreichbarkeit sicher. Diese halten

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den Kontakt, übermitteln Informationen und besprechen die zur Umsetzung dieses Erlasses erforderlichen Maßnahmen. Für die Schule nimmt ein Mitglied der Schulleitung die Aufgabe wahr oder beauftragt eine geeignete Person des Kollegiums damit. Für die Polizei nimmt die Aufgabe grundsätzlich die oder der örtlich zustän-dige Beauftragte für Jugendsachen (BfJ) bzw. eine Jugendsachbearbeiterin oder ein Jugendsachbearbeiter wahr. Die Dienststellenleitung kann auch eine andere geeignete Polizeibeamtin oder einen Polizeibeamten damit be-auftragen. 2.2. Die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bewerten in re-gelmäßigen Besprechungen, mindestens einmal im Schulhalbjahr, sowie anlassbezogen ihre Zusammenarbeit. In besonderen Fällen sollen zu spezi-fischen Themen Schul- oder Elternversammlungen oder Geamtkonferenzen einberufen werden. 2.3. Für die Staatsanwaltschaft benennt die Behördenleitung mindestens eine geeignete Staatsanwältin oder einen geeigneten Staatsanwalt als An-sprechpartnerin oder Ansprechpartner für Schule und Polizei. Die Ansprech-partnerin oder der Ansprechpartner der Staatsanwaltschaft wird im Einzel-fall nach Absprache in die Zusammenarbeit von Schule und Polizei einge-bunden. 2.4. Bei der Behandlung von Themen, die die Zusammenarbeit betreffen, ist den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern aus Schule, Polizei und Staatsanwaltschaft die wechselseitige Teilnahme an Konferenzen und Dienstbesprechungen zu ermöglichen. 2.5. Themen der Prävention, insbesondere von Kriminalität und Gewalt sol-len verstärkt Eingang in die verschiedenen Formen der Unterrichtsgestal-tung finden. Schule, Polizei und Staatsanwaltschaft besprechen miteinan-der, wie die Polizei und Staatsanwaltschaft in diese Arbeit einbezogen wer-den können. 2.6. Darüber hinaus können auch zusätzliche Vereinbarungen über die Zu-sammenarbeit von Schule mit Polizei und Staatsanwaltschaft geschlossen werden. 2.7. Der gegenseitige Zugang zu regionalen sowie überregionalen bereichs-spezifischen Fortbildungsveranstaltungen sollte ermöglicht werden. Darüber hinaus bieten sich auch gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen unter Beteiligung von Jugendrichterinnen und Jugendrichtern sowie Jugend-staatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälten an. Bei der Erarbeitung und Fortschreibung eines Rahmenkonzeptes für das Fortbildungsangebot aller Schulformen sollten gemeinsame Angebote für Lehrkräfte und Polizeibeam-tinnen und Polizeibeamte vorgesehen werden. 2.8. Im Rahmen des Vorbereitungsdienstes für die Lehrämter soll den Stu-dienreferendarinnen und Studienreferendaren und Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärtern Gelegenheit gegeben werden, die Arbeit der Polizei

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und der Justiz, insbesondere zur Kriminalprävention, sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen von Jugendstrafverfahren kennen zu lernen. Dies gilt auch für Lehrerinnen und Lehrer im Schuldienst. 3. Anzeige- und Informationspflichten 3.1. Anzeigepflicht der Schule Neben der allgemeinen gesetzlichen Pflicht zur Anzeige von bestimmten be-sonders schweren Straftaten hat die Schule die im Folgenden bezeichneten Anzeigepflichten. Die Schulleitung hat unverzüglich die Polizei zu informieren, sobald sie Kenntnis davon erhält, dass eine der folgenden oder vergleichbare Strafta-ten an ihrer Schule oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Schule gegen oder durch ihre Schülerinnen und Schüler begangen worden ist oder eine solche Straftat bevorsteht: Straftaten gegen das Leben, Sexualdelikte wie z.B. Vergewaltigung oder sexueller Missbrauch, Raubdelikte wie das sog. „Abziehen“ von Sachen, ge-fährliche Körperverletzungen (wie z.B. mit Waffen, gefährlichen Werkzeugen oder gemeinschaftlich begangene), oder andere erhebliche Körperverlet-zungen, andere Gewaltdelikte, insbesondere solche, die gemeinschaftlich oder wiederholt begangen werden, wie auch besonders schwere Fälle von Bedrohung, Beleidigung (z.B. Sexualbeleidigung), Sachbeschädigung (z.B. Graffiti) oder Nötigung; weiterhin politisch motivierte Straftaten, Verstöße gegen das Waffengesetz, Einbruchsdiebstähle, aber auch einfache Dieb-stähle, wenn sie wiederholt vorkommen, gefährliche Eingriffe in den Stra-ßenverkehr (z.B. Steinwürfe) und der Besitz, der Handel oder die sonstige Weitergabe von Betäubungsmitteln. Gemeint sind vollendete wie versuchte Delikte. Die Lehrkräfte sind verpflichtet, sofort die Schulleitung zu unterrichten, so-bald sie Kenntnis von solchen oder vergleichbaren Straftaten erhalten. Weniger schwerwiegendem Fehlverhalten und Regelverstößen begegnet die Schule mit angemessenen pädagogischen Maßnahmen und Erziehungsmit-teln. Die Reaktion sollte zeitnah erfolgen, nicht überzogen sein, aber doch Grenzen aufzeigen. Im Fall von Jugendstrafverfahren können die bereits von der Schule getrof-fenen Maßnahmen nach dem NSchG oder von der Polizei durchgeführte er-zieherische Maßnahmen von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht be-rücksichtigt werden. Berücksichtigungsfähig sind erzieherische Maßnahmen, die geeignet sind, die Einsicht des Jugendlichen in das Unrecht der Tat und deren Folgen zu fördern. In solchen Fällen kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen; das Gericht kann das Verfahren einstellen. In der Beurteilung, welche strafrechtliche Reaktion sachgerecht ist, sollen Infor-mationen der Schule einfließen, beispielsweise über die unerlaubte Abwe-senheit vom Unterricht. Ferner kann die Schule an die Staatsanwaltschaft Anregungen für eine be-sondere (z.B. beschleunigte) Verfahrensbehandlung herantragen, um eine möglichst umgehende Wiederherstellung des Rechtsfriedens an der Schule zu gewährleisten. Dazu können auch die allgemeinen Vereinbarungen zwi-

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schen Polizei, Staatsanwaltschaft, Amtsgericht und Jugendgerichtshilfe über vorrangige Jugendverfahren einen wertvollen Beitrag leisten. Die Polizei unterstützt die Schule im Einzelfall auf Anforderung durch die Schulleitung bei der Durchsetzung von Ordnungsmaßnahmen nach dem NSchG. Soweit die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich er-scheint, leistet sie Vollzugshilfe. Die sonstigen gesetzlichen Aufgaben der Polizei im Bereich der Strafverfol-gung und der Gefahrenabwehr bleiben davon unberührt. 3.2. Informationspflicht der Polizei Die Polizei ist verpflichtet, Informationen über Personen, Taten oder Sicher-heitslagen, welche für den schulischen Bereich zur Abwehr einer Gefahr o-der zur Erfüllung der Aufgaben der Polizei erforderlich sind, der Schulleitung unverzüglich mitzuteilen. Für die Information der Staatsanwaltschaft durch die Polizei gelten die all-gemeinen Vorschriften. 3.3. Informationen an und durch die Justiz Staatsanwaltschaft und Gericht unterrichten in geeigneten Fällen die Schule von der Einleitung des Verfahrens oder der Erhebung einer Klage und vom Ausgang des Verfahrens. Die Schule unterrichtet ihrerseits die Staatsanwaltschaft nach §70 Satz 2 JGG, wenn ihr bekannt wird, dass gegen den Beschuldigten noch ein ande-res Strafverfahren anhängig ist. Die Polizei wird von der Staatsanwaltschaft über den Verfahrensausgang in Kenntnis gesetzt. Bei der Vollstreckung von Jugendstrafe und Jugendarrest soll die Vollstre-ckungsleitung regelmäßig zugleich mit der Ladung u.a. die Schulleitung da-von unterrichten, wo und in welcher Zeit die Vollstreckung erfolgt. Der oder dem Jugendlichen oder Heranwachsenden kann auch aufgegeben werden, die Ladung der Schulleitung vorzulegen und von ihr die Kenntnisnahme auf der Ladung bescheinigen zu lassen. Entsprechendes gilt für die Vollstreckung von Freiheitsstrafen gegen Heran-wachsende. 4. Dokumentation Die Schulleitungen, die Polizei und die Staatsanwaltschaft dokumentieren ihre Maßnahmen in einer für eine spätere Bewertung der Zusammenarbeit geeigneten Art und Weise. 5. Datenschutz Die Erhebung, Übermittlung und sonstige Verarbeitung von personenbezo-genen Daten richtet sich nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmun-gen des Gefahrenabwehrrechts, der Strafprozessordnung, des Jugendge-richtsgesetzes und des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes.

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I.2.3.4 Drogen/Alkohol und Straßenverkehr

Seit 01.08.1998 wird bereits das Führen eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung von illegalen Drogen geahndet (§ 24a II Straßenverkehrsgesetz). „Wirkung“ heißt in diesem Fall nur, dass illegale Substanzen egal in welcher Konzentration nachgewiesen wurden (d.h. das Verhalten des Fahrers muss nicht auffällig gewesen sein). Die Folgen sind:

• Bußgeld 250 - 1500 € • 1 - 3 Monate Fahrverbot • 4 Punkte im Verkehrszentralregister

Bereits die aktive Teilnahme am Straßenverkehr ohne KFZ als Fußgänger oder Radfahrer unter Drogeneinfluss wird bestraft. Ist der Führerschein noch auf Probe ausgestellt, wird die Probezeit um zwei Jahre verlängert und ein Aufbauseminar (250 €) verordnet. Wird darüber hinaus nachgewiesen, dass jemand ein KFZ unter Drogenein-fluss in fahruntüchtigem Zustand geführt hat, erfolgt eine Verurteilung we-gen “Trunkenheit im Verkehr” (§ 316 StGB), bei Unfall wegen “Straßenver-kehrsgefährdung” (§ 315 StGB). Die Folgen sind dann:

• Geld- oder Freiheitsstrafe • Entzug der Fahrerlaubnis • Führerscheinsperre (6 Monate - 5 Jahre) • 7 Punkte in Flensburg • MPU vor Neuerteilung der Fahrerlaubnis

Auch ohne Verkehrskontrolle kann der/die Führerscheininhaber/in den Füh-rerschein verlieren. Die Führerscheinstelle prüft bei jedem nachgewiesenen Kontakt mit Drogen, ob von dem/der Betroffenen eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausgeht. Solange die betreffende Person keine dauerhafte Drogenfreiheit nachweisen kann, wird kein Führerschein erteilt oder eine bereits erworbene Fahrer-laubnis wieder entzogen. Szenario: Bei einem sechzehnjährigen, der als Beifahrer im Auto sitzt, wird bei einer Polizeikontrolle eine XTC-Pille gefunden. Die Führerscheinstelle bekommt eine Mitteilung, obwohl der Jugendliche den Führerschein noch gar nicht hat. Die Fahrerlaubnis kann entzogen, bzw. gar nicht erst erteilt werden, wenn man sich als charakterlich ungeeignet zum Führen eines KFZ erweist. Wer illegale Drogen konsumiert, wird grundsätzlich als ungeeignet angesehen. Bei Cannabiskonsument/innen muss die Behörde das Konsumverhalten al-lerdings in jedem Einzelfall prüfen. Am 08.07.2002 hat das BVG entschieden, dass der einmalige oder gele-gentliche Cannabiskonsum/besitz ohne Bezug zum Straßenverkehr nicht als

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hinreichendes Verdachtsmoment zu bewerten ist, um einen grundsätzlichen Zweifel an der Fahreignung zu rechtfertigen. Die zentrale Fragestellung dabei ist: Kann der Konsument oder die Konsu-mentin zuverlässig zwischen Konsum und aktiver Teilnahme am Straßen-verkehr unterscheiden?

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I.3 Handlungsmöglichkeiten bei Cannabis

konsumierenden Schüler/innen

I.3.1 Erkennen von Suchtmittelkonsum bzw. Verhaltensauffälligkeiten

Die Ursachen von Suchtmittelabhängigkeit und -gefährdung sind sehr viel-fältig und es ist schwer, an äußeren Anzeichen (körperliche Ebene) einen Suchtmittelmissbrauch zu erkennen. Viele der äußeren Anzeichen können andere Ursachen haben (rote Augen = Erkältung). Auffällig werden die Schüler/innen am ehesten durch Veränderungen in ihrem Verhalten. Die/der Schüler/in können folgende Auffälligkeiten zeigen: auf körperlicher Ebene • gerötete Augen, extremes und unbegründetes Schwitzen, auffällig ver-

langsamtes Sprechen, vergrößerte oder verkleinerte Pupillen. • mangelnde Pflege der Kleidung und Körperhygiene, auffällige Schläfrig-

keit, • unsichere Bewegungen, apathisches Verhalten, permanente Appetitlosig-

keit. auf geistig/seelischer Ebene • erscheint müde, unruhig, unkonzentriert, sprunghaft. • verschlechtert sich deutlich in den Leistungen, beteiligt sich wenig im

Unterricht • mangelnde Motivation; hat zu nichts Lust und findet alles öde und leer;

sieht alles nur negativ; sieht keinen Sinn darin, sich für etwas zu enga-gieren.

• hat Schwierigkeiten, eigene und fremde Grenzen zu spüren und zu res-pektieren, zieht sich verstärkt zurück, lässt niemanden an sich heran, kann sich und seine Möglichkeiten nicht richtig einschätzen.

• sieht bei Problemen keine Möglichkeit, damit umzugehen. • mangelndes Selbstvertrauen und klagt häufig z.B. „ich weiß nichts...“,

oder „ich kann nicht...“. auf der sozialen Ebene • zeigt Schwierigkeiten im Umgang mit Konflikten und Krisen, sieht keine

Möglichkeiten auf anstehende Probleme zu reagieren, hat oft Wutausbrü-che, reagiert mit Weglaufen oder Rückzug, wird in schwierigen Situa-tionen schnell aggressiv, droht mit Gewalt, weicht aus, bagatellisiert.

• bricht langjährige Freundschaften ab, hält sich nicht an Abmachungen, zeigt sich eher passiv oder sehr dominant, sieht sich in sozialen Kontak-ten oft als Opfer.

Dies können Alarmzeichen sein, wenn sie stark und dauernd auftreten. Sol-che Veränderungen im Schülerinnen- und Schülerverhalten weisen immer auf eine kritische Phase bei den Jugendlichen hin. Ein verstärkter Konsum von Alkohol und Drogen kann eine mögliche Reaktion auf diese Krise sein. Andere reagieren vielleicht mit Krankheit, Gewalt etc.

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Wichtig im Sinne der Prävention ist es, recht früh auf Verhaltensänderun-gen zu reagieren, um so einer Suchtgefährdung entgegen zu wirken. I.3.2 Regeln formulieren und Maßnahmen festlegen

Die Schule ist ein sozialer Lebensraum. Das Miteinander der schulischen Akteure ist zum einen durch die bereits schon zitierten gesetzlichen Grund-lagen und Erlasse geregelt. Darüber hinaus gibt es Schulordnungen, die weitere Alltagsregeln festschreiben. Cannabis ist eine illegale Droge und natürlich ist deren Besitz und Konsum im schulischen Alltag undiskutabel und schon per Gesetz ausgeschlossen. Da aber gerade Jugendliche häufig kein Unrechtsbewusstsein in dieser Hin-sicht haben und im Übrigen auch Risiken regelmäßigen Cannabiskonsums unterschätzen, erscheint ein explizites Festschreiben des (eigentlich schon per Gesetz und Erlass) bestehenden Konsum- und Besitzverbotes von Can-nabis auf Schulebene sinnvoll. Die Regeln machen ergänzend zum bestehenden Erlass noch einmal deut-lich, dass • Konsum vor und während der Schulzeit nicht geduldet wird; • Schüler/innen, die dem Unterricht nicht folgen können, weil sie nicht

aufnahmefähig sind, vom Unterricht ausgeschlossen werden; • auch bei Schulveranstaltungen (Klassenfahrten, Schulfeste usw.) kein

Cannabiskonsum geduldet wird; • mit Weitergabe und Handel von Cannabis konsequent nach Erlasslage

umgegangen wird. Allerdings sollen die Regeln auch dabei helfen, Problemlagen bei Schü-ler/innen möglichst frühzeitig zu erkennen und adäquat auf sie zu reagie-ren. Denn wenn Regeln verletzt werden, vor allem wenn dies häufiger ge-schieht, wird eine Problemsituation deutlich, auf die die Lehrkraft dann rea-gieren kann. Häufig wird durch eine Regelverletzung offensichtlich, was vorher erahnt oder vermutet wurde, nämlich dass ein Schüler oder eine Schülerin in einer schwierigen Lebenssituation steckt. Möglicherweise kann durch frühzeitiges Intervenieren verhindert werden, dass sich Problemlagen verschärfen. Es geht also dann eher darum, in das Gespräch mit dem oder der Betroffenen einzutreten und herauszuarbeiten, welche Situation vorliegt und möglicher-weise auch Lösungsansätze zu entwickeln.

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I.3.3 Was tun bei Auffälligkeiten bzw. Regelverletzungen?

Wenn sich eine Schule zusätzliche Regeln zum Cannabiskonsum gibt bzw. die bereits durch Erlass bestehenden Regeln noch einmal explizit benennt und bestätigt, ist es wichtig, diese Regeln auch mit Leben zu erfüllen. Das bedeutet zum einen, dass sie im schulischen Rahmen gut kommuniziert werden müssen (alle Schüler/innen und auch die Eltern müssen davon in Kenntnis gesetzt werden) und zum anderen, dass deren Einhaltung konse-quent überprüft werden muss. Jede Schule muss für sich festlegen, welche Maßnahmen sie im Falle von Regelverletzungen einleiten will (z. B. eine soziale Aufgabe erfüllen, mit dem Schulleiter/der Schulleiterin sprechen, die Eltern informieren …). Au-ßerdem muss sie festlegen, wer genau zuständig ist und nach welchem „Fahrplan“ bei einer Regelverletzung vorgegangen wird. Wichtig aber ist auch, dass Regelverstöße zunächst als Gesprächsanlässe aufgefasst werden und als Chance, frühzeitig zu erkennen und frühzeitig zu intervenieren.

I.3.3.1 Interventionsmöglichkeiten und Leitfaden für Beratungsgespräche nach dem Stufenmodell5

In den Schulen von Niedersachsen findet täglich eine Vielzahl an Gesprä-chen mit einzelnen Schüler/innen statt. Dabei erleben die Lehrkräfte sowohl Erfolge, aber auch einen großen Teil an Frustrationen. Gerade Gespräche mit auffälligen Schüler/innen werden immer häufiger geführt. Viele Lehr-kräfte klagen, dass sie sich „nur“ noch mit „auffälligen“ Schüler/innen be-schäftigen und dadurch der Rest der Klasse zu kurz kommt. Das Ergebnis ist, dass sowohl die Lehrkräfte als auch viele Schüler/innen den Schulalltag als unbefriedigend erleben. Um diesen Kreis zu durchbrechen, hat sich die Einrichtung eines Interventi-onsleitfadens in Form eines Stufenmodells als hilfreich erwiesen. Diese Art von Stufenmodell gibt es schon seit vielen Jahren in großen Betrieben und Firmen und hat sich im Einsatz bei suchtauffälligen Mitarbeitern/innen be-währt. Auch dort haben Appelle und gutgemeinte Ratschläge wenig bewirkt. „Ein über längere Zeit konsequent aufrechterhaltener konstruktiver Druck ist in den meisten Fällen unabdingbar. Auch in der Schule kann konstruktiver Druck erzeugt werden. Dies darf jedoch nie in Form einer Drohung gesche-hen. Druck kann dann konstruktiv sein, wenn er maßvoll und mit einem grundsätzlichen Wohlwollen ausgeübt wird. Dabei soll immer eine adäquate Hilfestellung und nicht die Strafe das Ziel sein. Negative Konsequenzen sol-len sich für die Schülerin oder den Schüler nur dann ergeben, wenn er in-

5 vergl. Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen (Hrsg): BASS – Bausteinprogramm schulische Suchtvorbeugung, Hannover 2002, S.157 ff.

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nerhalb der vereinbarten Fristen die Vorgaben und Abmachungen nicht ein-gehalten werden.“6 Ziel des Stufenmodells an der Schule ist: „(…) die Ohnmacht der Lehrkraft in der Begegnung mit dem Schüler, die sich in den letzten Monaten oder Jahren eingeschlichen hat, zu beseitigen, zu verhindern, dass der Schüler aus der Schulgemeinschaft fällt, den Schü-ler wieder in seine Verantwortung, aus der er sich Stück für Stück heraus-geschlichen hat, zu stellen, zu verhindern, dass Lehrer mit problematischen Schülern ihre Verantwortung der Klasse gegenüber vernachlässigen....“7 Dabei geht es im Vorgehen darum: - die Probleme klar zu benennen, - Abmachungen mit dem Schüler/der Schülerin gemeinsam zu treffen und - und Konsequenzen aufzuzeigen und einzuhalten, wenn sich im Verhalten

des Schülers/der Schülerin nichts verändert. Durch das Stufenmodell wird innerhalb der Schule die Verantwortlichkeit und Zuständigkeit geklärt. Es beinhaltet zusätzlich eine Vernetzung inner-halb der Schule (Klassen-, Fach-, Beratungslehrer/innen, Schulleitung) und auch außerhalb, indem Institutionen und Behörden mit einbezogen werden. Vorbereitung auf ein Beratungsgespräch Schriftliches Festhalten von Verhaltensveränderungen: Es hat sich als sinnvoll erwiesen, die beobachteten Verhaltensauffälligkeiten und Veränderungen genau schriftlich festzuhalten. Das können Veränderun-gen im Verhalten sein, schulischer Leistungsabfall oder Veränderungen im sozialen Bereich. Das Notieren von Datum, Uhrzeit, Ort und der genauen Situation kann nütz-lich sein. Ein Austausch mit den Kollegen/innen zeigt vielleicht, dass schon ähnliche Beobachtungen gemacht wurden. Eine Überprüfung der eigenen Wahrnehmung und der gemachten Beobachtungen gibt mehr Sicherheit, ebenso die Absprache über die weiteren Schritte. Dadurch kann es sowohl zu einer genaueren Einschätzung der Situation kommen als auch zu einem sicheren Gefühl für ein Beratungsgespräch. Ziele: Wichtig ist es, die Ziele, die im Gespräch erreicht werden sollen, vorher festzulegen. Klare Schritte, wie gegebenenfalls interveniert werden kann und wie konstruktiver Druck ausgeübt werden kann, müssen vorher über-legt werden. Ansonsten kann es passieren, dass das Gespräch sich im Krei-se dreht oder über einige Punkte lange diskutiert wird, ohne zu einem Er-gebnis zu kommen. Ziele und die eventuellen Konsequenzen müssen für den Schüler/die Schülerin deutlich sein.

6 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.). Step by Step Suchtvorbeugung in der Schule. Köln 1998, S.67 7 Mack, F., Schneider, R., Wäschle, H. Sucht im Schulalltag. Geesthacht 1996, S. 59.

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Ort: Ein ruhiger Ort in der Schule, an dem ein ungestörtes Gespräch möglich ist, ist oft nicht leicht zu finden, aber eine wichtige Voraussetzung. Eine ruhige Umgebung kann sich positiv auf das Gesprächsklima auswirken. Planen Sie genügend Zeit ein und vermeiden Sie ein Gespräch zwischen „Tür und An-gel“. Haltung: Im Vordergrund des Gespräches mit der Schülerin oder dem Schüler sollte der Aufbau einer vertrauensvollen Ebene und Beziehung stehen. Diese kann sich nur entwickeln, wenn die Schülerin oder der Schüler die Lehrkraft grundsätzlich als offen und zugewandt erlebt und nicht das Gefühl hat, für sein Verhalten abgelehnt oder gar verurteilt zu werden. Jugendliche wollen ernst genommen werden und mitentscheiden. Ansonsten sollte dann eine andere Person die Gespräche führen. Interventionsmöglichkeiten am Beispiel einer Gesprächsreihe Erstes Gespräch Teilnehmer/innen: • Schüler/in • Klassenlehrer/in Aufzeigen der Vorfälle bzw. Verhaltensauffälligkeiten In einem ersten Gespräch wird der Grund für das Gespräch deutlich be-nannt. Es kann sich dabei um offensichtlichen/ vermuteten Konsum handeln oder um andere Verhaltensauffälligkeiten. Wichtig ist diese Situationen möglichst klar mit konkreten Beispielen zu benennen, z.B. Störungen im Unterricht, Leistungsabfall, Verspätung zum Stundenbeginn. Danach dem/der Schüler/in Gelegenheit geben sich dazu zu äußern. Wird hinter den Auffälligkeiten ein Drogenkonsum vermutet, sollte dies klar benannt wer-den, z.B.: „Ich kenne solche Verhaltensauffälligkeiten, die treten oft bei Problemen mit Suchtmitteln auf.“ Dabei ist darauf zu achten, dass der Schüler oder die Schülerin nicht als sucht- oder drogenabhängig dargestellt wird. Bei der Benennung einer Suchtproblematik ist beim Schüler/ bei der Schülerin mit Bagatellisierungsversuchen zu rechnen oder die Aufforderung „es zu beweisen“. Wichtig ist keine Debatten über den Konsum zu führen, sondern Ziel des Gespräches ist es Lösungen zu suchen bzw. Hilfe anzubie-ten. Um einen Zugang zu der/dem Jugendliche/n zu bekommen, ist es mit ent-scheidend, in welcher Form sie/er angesprochen wird. Werden die Auffällig-keiten in Form von Vorwürfen genannt, z.B. „Du bist schon wieder zu spät gekommen“, wird sie oder er Widerstände entwickeln, abwiegeln, leugnen oder einfach schweigen.

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Sinnvoller ist es immer, in der Ich-Form zu beginnen und dabei auch die eigenen Gefühle zu benennen, z.B. „Ich merke, dass ich auf Dich ärgerlich werde, weil Du zu spät kommst und meinen Unterricht störst.“ Für die/den Schüler/in muss auf jeden Fall deutlich werden, dass für die Zukunft eine Verhaltensänderung erwartet wird. Die Möglichkeit, das veränderte Verhalten aus eigener Sicht zu schildern, muss für den Schüler oder die Schülerin auf alle Fälle gegeben sein. Über diesen Weg ist es leichter, Hintergründe und Ursachen zu erfahren, um dann gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Lösungsmöglichkeiten besprechen und Vereinbarung treffen Ziel des Gespräches ist es, zu einer Vereinbarung zu kommen, in der die betroffene Person klar benennt, was sie an ihrem Verhalten zuerst verän-dern wird. Sinnvoll ist es, gemeinsam herauszuarbeiten, welche Situationen das sein können, ohne die Ziele zu hoch zu stecken. Hat der Schüler/die Schülerin gedealt, sollten die Schulleitung und die El-tern immer informiert werden (und müssen es nach erlasslage auch). Ergebnisse schriftlich festhalten und neuen Termin festlegen Am Ende des Gespräches wird ein neuer Termin in 3 Wochen festgelegt. Hält sich der Schüler/die Schülerin an die Vereinbarung, bleibt es bei einem Gespräch zu zweit und es wird eine Rückmeldung bezüglich der positiven Verhaltensveränderungen gegeben. Wird eine disziplinarische Maßnahme auferlegt, muss diese in dem zweiten Gespräch nachbesprochen werden. Ein Hinweis mit welchen weiteren Konsequenzen bei weiteren Vorfällen der Schüler/die Schülerin zu rechnen hat, sollte offen benannt werden. Kommt es zu weiteren Vorfällen, werden zum nächsten Gespräch die Eltern und ggf. die Beratungslehrkraft hinzugezogen. Eine weitere Möglichkeit wä-re, dass der Schüler/die Schülerin sich eine Lehrkraft eigener Wahl anstelle der Beratungslehrkraft als stützende Person aussuchen kann. Der Inhalt des Gespräches, die Vereinbarungen und der neue Termin sollten schriftlich festgehalten werden. Zweites Gespräch Teilnehmer/innen:

• Schüler/in • Klassenlehrer/in • Eltern • ggf. Beratungslehrer/in oder Lehrer/in nach Wahl des Schülers

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Aufzeigen der erneuten Vorfälle bzw. der bestehenden Verhaltensauffälligkeiten Wenn nach 3 Wochen keine Verhaltensveränderungen eingetreten sind, soll-te der am Gespräch teilnehmende Personenkreis erweitert werden. Die Hin-zuziehung der Eltern versuchen viele Schüler zu verhindern bzw. nennen Probleme mit den Eltern als Ursache ihres Verhaltens. Es ist eine Gratwan-derung für die Lehrkraft, genau abzuwägen, ob der Schüler versucht aus-zuweichen oder ob die Hinzuziehung der Eltern zu diesem Zeitpunkt wirklich ungünstig ist. Der Klassenlehrer/die Klassenlehrerin gibt eine Schilderung der bisherigen Ereignisse, berichtet sowohl von den Verhaltensauffälligkei-ten und Vereinbarungen als auch von deren Nichteinhaltung. Steht hinter den Verhaltensauffälligkeiten aus Sicht der Lehrkraft ein Suchtmittelmissbrauch, sollte dies benannt werden. Die Eltern reagieren oft sehr unterschiedlich: mit Erstaunen und Fassungslosigkeit, unter Umstän-den mit Empörung über diese Unterstellung oder mit Erleichterung, dass die Suchtproblematik offen benannt worden ist. Lösungsmöglichkeiten besprechen und Vereinbarung treffen Auch in diesem Gespräch ist das Ziel, gemeinsam nach Lösungsmöglichkei-ten zu suchen, um dann mit Hilfe von klar abgesprochen Vereinbarungen eine Veränderung des Verhalten zu bewirken. Dabei die Eltern mit einbezie-hen (ihre Sicht der Situation, Verhalten zu Hause), um die Situation besser einschätzen zu können. Je nach Problemlage sollten entsprechende Hilfeangebote, z.B. Suchtbera-tungsstelle, Erziehungsberatungsstelle, Jugendamt mitgeteilt werden. Die zu erwartenden Konsequenzen bei weiteren Vorfällen werden benannt. Ergebnisse schriftlich festhalten und neuen Termin festlegen Am Abschluss des Gespräches steht eine neue Terminvereinbarung in 3 Wo-chen und das schriftliche Festhalten des Gespräches. Drittes Gespräch Teilnehmer/innen: • Schüler/in, • Klassenlehrer/in • Eltern • Schulleiter/in • ggf. Beratungslehrer/in oder Lehrer/in nach Wahl des Schülers Bei geringen oder gar keinen Veränderungen im Verhalten des Schülers soll-te im dritten Gespräch die Schulleitung und spätestens zu diesem Zeitpunkt die Eltern mit einbezogen werden. Durch die Teilnahme der Schulleitung wird die Wichtigkeit des Gespräches deutlich.

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Aufzeigen der erneuten Vorfälle bzw. der bestehenden Verhaltensauffälligkeiten Auch in diesem Gespräch steht zu Beginn die Schilderung der aktuellen Si-tuation und die bisher unternommenen Schritte mit dem Hinweis auf die mangelnde Mitarbeit an einer Lösung seitens des Schülers/der Schülerin. Die Schulleitung sollte dem Schüler/der Schülerin nochmals das Ziel dieser Interventionen verdeutlichen und darauf hinweisen, dass die Lehrkräfte bei der Krise helfen wollen, um einen Verbleib an der Schule zu erreichen. Lösungsmöglichkeiten besprechen und Vereinbarung treffen Ziel ist gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, um dann mit Hil-fe von klar abgesprochen Vereinbarungen eine Veränderung des Verhalten zu bewirken. Dabei die Eltern mit einbeziehen (ihre Sicht der Situation, Ver-halten zu Hause), um die Situation besser einschätzen zu können. Wenn es zu einem dritten Gespräch kommt, kann davon ausgegangen wer-den, dass die Probleme und Schwierigkeiten größer sind und externe Hilfe (Beratungsstellen, Jugendamt) notwendig ist. Daher kann eine Auflage, gemeinsam mit den Eltern eine Suchtberatungs- oder Erziehungsberatungs-stelle aufzusuchen, sinnvoll sein. Arbeitet der Schüler/die Schülerin aber nicht mit und hält die neu festge-legten Vereinbarungen nicht ein, werden bei den nächsten Auffälligkeiten die nächsten Konsequenzen erfolgen. Dies kann nach den Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen z.B. Wechsel in eine Parallelklasse, ein zeitlich be-grenzter Schulausschluss bis hin zum endgültigen Schulausschluss bedeu-ten. Ergebnisse schriftlich festhalten und neuen Termin festlegen Ein neuer Gesprächstermin sollte wieder festgelegt werden und der Inhalt des Gespräches mit den Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden. Viertes Gespräch Teilnehmer/innen: • Schüler/in • Klassenlehrer/in • Eltern • Schulleitung • ggf. Beratungslehrer/in oder Lehrer/in nach Wahl des Schülers • ggf. Vertreter/in des Jugendamtes • ggf. Vertreter/in einer Fachstelle Sucht, Erziehungsberatungsstelle Am folgenden vierten Gespräch 3 Wochen später nimmt ggf. ein/e Mitarbei-ter/in vom Jugendamt und ggf. ein/e Vertreter/in der Suchtberatungsstelle teil.

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Aufzeigen der erneuten Vorfälle bzw. der bestehenden Verhaltensauffälligkeiten Auch in diesem Gespräch ist das Ziel, gemeinsam nach Lösungsmöglichkei-ten zu suchen, um dann mit Hilfe von klar abgesprochenen Vereinbarungen eine Veränderung des Verhalten zu bewirken. Dabei die Eltern mit einbezie-hen (ihre Sicht der Situation, Verhalten zu Hause), um die Situation besser einschätzen zu können. Lösungsmöglichkeiten besprechen und Vereinbarung treffen Kommt es zu einem vierten Gespräch, ist davon auszugehen, dass es im Elternhaus schwerwiegendere Erziehungsprobleme gibt. Nicht auszuschlie-ßen sind psychische Probleme oder auch Suchtprobleme bei den Eltern bzw. einem Elternteil. Durch die Teilnahme des Jugendamtes soll den Eltern und der Schülerin oder dem Schüler verdeutlicht werden, dass an dieser Stelle die Schule keine Hilfe mehr leisten kann, sondern externe Hilfe notwendig ist. Z.B. kann das Jugendamt gemeinsam mit den Eltern und dem/der Ju-gendlichen nach Unterstützungsmöglichkeiten suchen und Hilfe bei der Er-ziehung anbieten. Bei bestehenden Suchtproblemen der Eltern muss diesen verdeutlicht werden, dass die Verhaltensauffälligkeiten beim eigenen Kind Folge der familiären Suchtprobleme sind. Die unter Umständen schwierige Situation im Elternhaus erklärt das Fehl-verhalten der Schülerin oder des Schülers, nimmt ihn aber nicht aus der Verantwortung, sein eigenes Verhalten zu verändern bzw. Vereinbarungen mit der Schule einzuhalten. Die im dritten Gespräch angekündigten Konse-quenzen, z.B. Wechsel in eine andere Klasse müssen umgesetzt werden. Weiterhin sollte dem Schüler/der Schülerin klar mitgeteilt werden, „dass es für die Lehrer und die Schulleitung nicht mehr möglich ist, sich mit ihm zu solidarisieren, trotz seiner persönlichen Probleme“.8 Den Eltern und dem/der Jugendlichen muss klar sein, dass der endgültige Schulausschluss bevor-steht, falls sie/er gegen die neu abgesprochen Vereinbarungen verstößt. Ergebnisse schriftlich festhalten und neuen Termin festlegen Ein neuer Gesprächstermin sollte wieder festgelegt werden und der Inhalt des Gespräches mit den Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden.

8 vergl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.). Step by Step. Suchtvorbeugung in der Schule. Köln 1998, S.67 und Mack, F., Schneider, R., Wäschle, H. Sucht im Schulalltag. Geesthacht 1996, S. 59.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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Fünftes Gespräch Teilnehmer/innen: • Schüler/in • Klassenlehrer/in • Eltern • Schulleiter/in Aufzeigen der erneuten Vorfälle bzw. der bestehenden Verhaltensauffälligkeiten Falls immer noch keine Veränderung eingetreten ist, wäre der endgültige Schulverweis die letzte Konsequenz. Gemeinsam sollte noch überlegt wer-den, welche Schule die/den Betreffende/n aufnehmen kann. Ergebnisse schriftlich festhalten Der Inhalt des Gespräches wird mit der Vereinbarung/Konsequenz schriftlich festgehalten.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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I.3.3.2 Informationen zur Kurzintervention

Manchmal erfordern bestimmte Situationen eine sofortige Reaktion. Nicht immer besteht die Möglichkeit oder ist es angebracht, eine Gesprächskette nach dem Stufenmodell einzuleiten. Es kann sinnvoller sein, zunächst auf ein aktuell auffälliges Verhalten direkt anzusprechen oder - weil man sich Sorgen um jemanden macht - in der Situation mit einem kurzen Gespräch zu reagieren. Diese Gespräche können manchmal nur wenige Minuten dau-ern, trotzdem aber sehr wirkungsvoll sein, wenn einige Dinge dabei berück-sichtigt werden. Sinnvoll ist es z. B. zu berücksichtigen, in welchem Stadium sich die jewei-

lige Person bezüglich des Konsumverhaltens befindet: Gibt es schon Ände-

rungsbereitschaft oder ist die betreffende Person noch ohne jede Absicht,

das Verhalten verändern zu wollen. Prochska und DiClemente9 haben ver-

schiedene Stadien der Motivation zur Verhaltensänderung entwickelt, die als

Hilfestellung zur Strukturierung von Beratungsprozessen genutzt werden

können.

Die Kurzintervention kann als eine Maßnahme der Frühintervention bei (ris-

kant) konsumierenden Jugendlichen eingesetzt werden. Voraussetzung hier-

für ist die Früherkennung eines riskanten Suchtmittelgebrauchs. Bei der

Kurzintervention wird als Methode die Motivierende Gesprächsführung (Mo-

tivational Interviewing10) genutzt, da sie geeignet ist, die Veränderungsmo-

tivation von suchtgefährdeten Menschen positiv zu beeinflussen. Das Bera-

tungskonzept ist direktiv und klientenzentriert und soll zur Lösung ambiva-

lenter Einstellungen gegenüber Verhaltensänderungen beitragen.

Im Folgenden wird das Phasenmodell vorgestellt und die Grundzüge der motivierenden Gesprächsführung werden erläutert. An dieser Stelle kann nur grob über diese Form der Kurzintervention und der motivierenden Ge-sprächsführung informiert werden. Lehrkräfte, die diese Form der Kurzintervention und Gesprächsführung ein-setzen wollen, benötigen eine Fortbildung. Mittlerweile bieten verschiedene Institutionen11 solche Fortbildungen an. Ab 2006 werden auch Fachkräfte für Suchtprävention in Niederachsen als Trainer ausgebildet und können dann wiederum z. B. Lehrkräfte schulen.

9 Schu, M. u.a. (2002): Case Management mit integrietem Motivational Interviewing, Manual, Frankfurt/Main, zit. nach Landschaftsverband Westfalen- Lippe (Hg.), a.a.O., S. 16. 10 Miller, W.R., Rollnick, S. (1991): Motivational interviewing. Preparing people to change addictive behavior. New York, The Guilford Press, deutsche Ausgabe 1999: Motivierende Gesprächsführung, Freiburg i. Br., Lambertus. 11 Ginko – Landeskoordinierungsstelle Suchtvorbeugung NRW bietet eine Fortbildung u.a. für Lehrer/innen unter dem Titel „MOVE – Motivierende Kurzintervention bei konsumierenden Jugendlichen“ an.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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Stadien der Absichts- und Verhaltensänderung Bei dem Bemühen, Verhaltens- und Konsumgewohnheiten, die sich in der Regel über Jahre verfestigt haben, durch neue gesundheitlich angemessene zu ersetzen, sind vom Konsument/innen verschiedene Phasen zu durchlau-fen, die im folgenden Schaubild dargestellt werden:

Rad der Veränderung nach Prochaska & DiClemente

Dauerhafte Beendi-gung des Problemverhaltens

Aufrechterhaltung

Wiederaufnahme des Problemver- haltens

Absichtslosigkeit

Absichtsbildung

Vorbereitung

Handlung

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Zielgruppe Lehrkräfte

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Gesprächs- und Interventionstechniken Bei den Gesprächs- und Interventionstechniken ist darauf zu achten, in wel-cher Phase (siehe Rad der Veränderung) sich die betreffende Person zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet. Grundprinzipien der motivierenden Gesprächsführung Empathie zeigen Die empathische Grundhaltung ist das wesentliche Element der motivieren-den Gesprächsführung, die gekennzeichnet ist durch ein nicht-wertendes, einfühlsames Verstehen. Diskrepanz erzeugen Erzeugen Sie Diskrepanz, indem Sie mit der betreffenden Person über Le-bensperspektiven und Zukunftswünsche sprechen und sie darin unterstüt-zen, die Vor- und Nachteile ihres Konsums gegeneinander abzuwägen. Möglicherweise wird ihr dadurch deutlich, dass die gesetzten Ziele und Wünsche nicht realisiert werden können, wenn sich der Konsum nicht ver-ändert. Beweisführung vermeiden Vermeiden Sie Konfrontationen und Beweisführungen. Bringen Sie Geduld und Empathie auf, auch wenn die betreffende Person offenkundige Prob-leme noch nicht akzeptieren kann. Den Widerstand aufnehmen Nehmen Sie den Widerstand auf, indem Sie herausfinden, auf welche Ambi-valenzen der Konsument oder die Konsumentin hindeutet und erkennen Sie die Eigenverantwortung des/der Betreffenden an, indem Sie auf der Grund-lage sachlicher Informationen zusammen realistische Perspektiven erarbei-ten. Selbstwirksamkeitserwartung fördern Meiden Sie skeptische oder gar resignative Äußerungen. Zeigen Sie Zuver-sicht und Vertrauen in die Fähigkeiten des Konsumenten oder der Konsu-mentin.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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Strategien zur Förderung der Änderungsmotivation

Ziele klären Die Ziele müssen realistisch und umsetzbar sein. Offene Fragen stellen Offene Fragen sind geeignet, die Selbstexploration zu unterstützen. Sie er-mutigen, über das Problemverhalten und die dazugehörende Motivation zu sprechen. Aktiv zuhören Beim aktiven Zuhören geben Sie die wesentlichen Inhalte der Äußerungen Ihres Gesprächspartners wieder. Dies bewirkt, dass die betreffende Person sich verstanden fühlt und ermöglicht eine Vertiefung der Problematik. Be-achten Sie, dass neben dem, was Sie verbal äußern, auch Ihr nicht-verba-les Verhalten, also Gestik, Mimik usw. wirken. Wenn Sie aktiv zuhören, sig-nalisieren Sie damit ihre Bereitschaft zur Unterstützung und zur Zusam-menarbeit. Sie geben der betreffenden Person eine Rückmeldung und stär-ken ihre Eigenverantwortung. Beachten Sie, dass Sie Unterstützung anbieten können, aber die betref-fende Person muss sich selbst entscheiden, ob sie eine Veränderung wünscht und ob sie die angebotene Hilfe annehmen möchte. Ressourcen und Kompetenzen herausarbeiten Jede/r verfügt über Kompetenzen und Ressourcen. Diese zu erkennen und widerzuspiegeln steigert den Glauben an den Erfolg einer angestrebten Verhaltensänderung. Selbst motivierende Aussagen fördern Selbst motivierende Äußerungen sind Aussagen, die Einsicht in die Proble-matik bzw. Bereitschaft zu Verhaltensänderung erkennen lassen: Lassen Sie die betreffende Person beschreiben, welche Schritte oder Pro- bleme sie bereits erfolgreich bewältigt hat. Konstruktiver Umgang mit Defensivstrategien Begeben Sie sich nicht auf Konfrontationskurs! Bleiben Sie beim aktiven Zuhören, d.h. bei dem Versuch, die Äußerungen der betreffenden Person zu reflektieren und ihren Widerstand als Ausdruck seiner Ambivalenz ernst zu nehmen. Widerstände und Ambivalenzen sollten nicht bekämpft, sondern als natür-lich und verständlich angesehen werden.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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I.4 Implementierung des erarbeiteten „Umgangs

mit Cannabiskonsum“ in die jeweilige Schule Wenn eine Arbeitsgruppe über einen längeren Zeitraum zum Thema Canna-bisprävention gearbeitet und auch konkrete Ergebnisse erarbeitet hat, müs-sen diese zurück in die Schule gespiegelt werden. Zunächst ist sicher eine Diskussion auf allen Ebenen erforderlich: • Wollen wir so, wie es die Arbeitsgruppe vorschlägt, verfahren? • Wollen wir die vorgeschlagenen Regeln einführen? • Sollen die vorgeschlagenen Sanktionen bei Regelverletzung angewandt

werden? • Werden andere Sanktionen vorgeschlagen? • Soll so, wie von der Arbeitsgruppe vorgeschlagen, der Weg bei Regel-

verletzung beschritten werden (z. B. mit Interventionsgesprächen nach dem Stufenplan)?

• Welche weiteren suchtpräventiven Programme/Maßnahmen möchte die Schule anbieten?

Nach ausführlicher Diskussion muss die Schule einen Beschluss fassen und darüber abstimmen. I.4.1 Gesamtkonferenz

Die Entscheidungen der Schule werden von den Konferenzen oder von der Schulleitung getroffen (§ 34 Nieders. Schulgesetz). Die Konferenzen entscheiden über alle wesentlichen Angelegenheiten der Schule, auch über allgemeine Regelungen für das Verhalten in der Schule (Schulordnung) und Ordnungsmaßnahmen (§36 Nieders. Schulgesetz). Deshalb ist die Gesamtkonferenz, an der auch Schülervertreter/innen und Schulelternratsvertreter/innen teilnehmen, das Gremium, in dem über die Cannabisprävention und deren Umsetzung abgestimmt werden sollte. Die schulische Arbeitsgruppe bringt ihre Vorschläge in die Gesamtkonferenz ein und diskutiert sie mit allen Konferenzteilnehmer/innen. Die Beschluss-fassung der Gesamtkonferenz ist dann für die Schule verbindlich. I.4.2 Bekanntmachen bei Eltern und Schüler/innen

Über die Beschlüsse der Gesamtkonferenz, also über die beschlossenen Re-geln zum Cannabiskonsum in der Schule und über das, was an Sanktionen bei Regelverletzung vorgesehen ist, müssen Eltern und Schüler/innen um-fassend informiert werden. Eltern sollten auf jeden Fall brieflich in Kenntnis gesetzt werden, auch Schulelternabende könnten hier zusätzlich genutzt werden. Die Schüler/innen können zum einen durch Schulaushänge informiert wer-den, wichtig ist aber auch, klassenweise die Schüler/innen am besten durch die Klassenlehrkräfte zu informieren.

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Zielgruppe Lehrkräfte

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I.4.3 Regelmäßige Information

Es ist wichtig, das Thema Cannabis regelmäßig in der Schule zu platzieren. Dies ist über Aushänge, Plakate usw. möglich. Noch wichtiger aber ist, re-gelmäßige suchtpräventive Angebote in die verschiedenen Schuljahrgänge zu implementieren. In dem Präventionskonzept der Schule (das sich alle niedersächsischen Schulen seit 1. August 2005 erarbeiten müssen, siehe Erlass unter I.2.3.3), sollte festgeschrieben werden, welche suchtpräventiven Maßnahmen mit den einzelnen Jahrgangsstufen durchgeführt werden, wer das macht und welche Externen dazu um Unterstützung gebeten werden. Für die Klassen 5/6 und 7/8 eignet sich sehr gut die Implementierung des Bausteinprogramms schulische Suchtvorbeugung BASS12.

12 Das Bausteinprogramm schulische Suchtvorbeugung (BASS) basiert auf einem umfassenden und ganzheitlichen Suchtpräventionsverständnis. Neben den konkreten im Unterricht umzusetzenden Bausteinen (für die Jahrgänge 5/6 und 7/8) wird in BASS auch auf strukturgestaltende Elemente von Suchtprävention eingegangen. Hrsg.: Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen, Hannover 2002.

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Zielgruppe Jugendliche

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II. Arbeit mit der Zielgruppe Schülerinnen und Schüler

II.1 Einführung In diesem Kapitel stellen wir drei Möglichkeiten zur Bearbeitung des The-mas Cannabis mit Jugendlichen vor. Die Vorschläge richten sich an unter-schiedlich stark Konsumierende sowie an Nichtkonsumierende. Die ausführlich beschriebene einführende Informationsveranstaltung (II.2.) ist als solche zu verstehen und wird günstigstenfalls im Setting Schule an-geboten, kann aber auch in anderen Bereichen wie z. B. in Jugendgruppen von Vereinen durchgeführt werden. Das Konzept bietet viele Ansatzpunkte für eine Vertiefung des Themas in darauf aufbauenden Unterrichtseinheiten. Im Weiteren wird das Kursangebot „KIFFEN – DU musst es WISSEN“ (II.3.) in verschiedenen Varianten vorgestellt. Der Kurs hat Jugendliche, die ihren Cannabiskonsum verändern wollen und/oder erstmalig auffällig geworden sind, zur Zielgruppe. In II.4. wird eine internetbasierte Ausstiegshilfe, die sich vordringlich an regelmäßig Konsumierende richtet, vorgestellt. II.2 Informationsveranstaltung für Jugendliche Diese Informationsveranstaltung sollte als Auftaktveranstaltung genutzt werden. Bedarfsorientiert kann es natürlich notwendig sein, darüber hinaus eine gesonderte Veranstaltung für jugendliche Cannabis–(Dauer)-konsumenten/innen anzubieten (siehe II.3). Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf einen betont sachlich-objektiven Um-gang mit der Gesamtmaterie, da nach wie vor beim Thema Cannabis sehr unterschiedliche Positionen erwartet werden können. Wegen des eindeutig suchtpräventiven Ansinnens dieser Veranstaltung sollten besonders auch stille, aber über die eigene Position bereits nachdenklich gewordene ju-gendliche „Cannabis - Befürworter“ im Thema gehalten werden können. Zielgruppe: Junge Menschen von 14 – 18 Jahren, in der Schule oder in anderen Hand-lungsfeldern von Suchtprävention, in denen eine ähnliche strukturelle Ein-flussoffenheit gegeben ist. Methode: Vortrag mit anschließender Möglichkeit zur Diskussion. Die folgende Tabelle listet die Themen auf, die in dem Vortrag angespro-chen werden sollten. Es sind eine Vielzahl von Quellenangaben und Hinwei-sen eingefügt worden, auf die bei der Gestaltung des Referates zurückge-griffen werden kann.

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

Zielgruppe Jugendliche

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Der letzte Teil in der Tabelle formuliert die Überleitung in den Diskussions-teil, greift vorab häufig gestellte oder auch nicht gestellte Fragen, Formu-lierungen und Phantasien auf. Dabei werden die jugendlichen Teilneh-mer/innen mit den Informationen, die Erwachsene aus einschlägigen Quel-len über den Drogenkonsum Jugendlicher haben, konfrontiert. Implizit wird hierbei die Frage nach der Schnittmenge scheinbar objektiver Informationen einerseits und beidseitiger subjektiver Erfahrungen über ein bestimmtes Jugendverhalten andererseits in den Raum gestellt. Dadurch sollen deutliche Impulse für eine eventuelle Folgediskussion gegeben wer-den. Die hier angeführten Punkte sind eher Empfehlungen. Referent / innen sollten hier ihre eigenen Schwerpunkte setzen. Die Ausführungen zu Beginn und in Anführungszeichen stellen nur eine beispielhafte Formulierung dar. Zeit: 60 Minuten plus ca. 30 Minuten für die Diskussion. Die hier angeführten Zeitvorgaben sind nicht bindend, sondern werden als Orientierung angesehen.

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Zielgruppe Jugendliche

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Ablauf

1.

Begrüßung und Einführung in das The-ma der Veranstaltung, Überleitung

���� 1 Min

2. Themenblock:

Das Cannabisproblem als gesellschaftli-che Herausforderung

• Kurze allgemeine Ausführungen zur Sub-

stanz im historischen Zusammenhang13 • Ursprung des Cannabisverbotes 14 • Cannabis – Verbreitung und Konsum aktuell

in Deutschland 15 • Die gegenwärtige rechtliche Situation –

BtmG 16 • Die gegenwärtige rechtliche Situation – Die

geringe Menge 17 • Kurzer Vergleich – Das Cannabisproblem in

anderen EU- Ländern/ europäischen Ländern • Überleitung

���� 20 Min

13 Quellen – einschlägige Literatur wie z.B. „Handbuch der Rauschdrogen“, Schmidbauer, vom Scheidt, Fischer TBVerl., 1998, „Das Drogentaschenbuch“, Parnefjord, 2. Auflage, Thieme Verl.2000, „Die künstlichen Paradiese“, Kupfer, J.B. Metzler Verlag 1996, „Drogen zwischen Herrschaft und Herrlichkeit“, Fässler, Nacht – Schatten Verlag 1997 u.v.a.m. 14 „Drogen zwischen Herrschaft und Herrlichkeit“, Fässler, Nacht – Schatten Verlag 1997, S. 270 – 273, „Cannabis ist immer anders“, Kuntz, Beltz Verlag 2002, S.29 ff 15 Hier bieten sich unterschiedliche aktuelle Info – Quellen an wie das „Jahrbuch Sucht“ der DHS, in dem ausführliche Informationen aufbereitet vorliegen. Hinsichtlich des Konsums junger Menschen bieten sich die jeweils aktuellen Ausgaben der „Drogenaffinitätsstudien“ der BzgA an. Allgemeine Info–Quelle für Neuerscheinungen im Bereich von Studien sind u.a. die Internetseiten des Bundesgesundheitsministeriums http://www.bmgs.bund.de/, (Drogenbeauftragte/r) http://www.bmgs.bund.de/deu/gra/themen/praevention/drogen/2326.php 16 Hier ist das aktuell gültige Gesetz zu zitieren, Quellen unterschiedlich, u. a. „Handbuch Sucht“, Grigoleit, Wenig, Ziegler, Asgard- Verlag, Kapitel 5 17 z.B. http://www.drugcom.de unter Cannabis

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

Zielgruppe Jugendliche

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3. Themenblock:

Cannabis – Die Pflanze und die Droge

• Die Pflanze - kurzer Exkurs Botanik • Drogenzubereitungen • Konsumformen 18 • Hauptwirkstoff THC • Erwünschte und nicht erwünschte Wirkungen

des Cannabiskonsums, kurzfristige, langfris-tige

o physische Komponenten o psychische Komponenten o Verhaltenskomponenten o äußere Merkmale akuten Konsums o objektiver Nachweis19

• Gefahren

o Auswirkungen auf das Verhalten, Aus-wirkungen auf die Alltagstauglichkeit, Persönlichkeitsveränderungen

o Erkrankungen und sonstige nachhaltige Schäden

o Abhängigkeit/ Sucht o Teilnahme am Straßenverkehr

• Überleitung

���� 25 Min

4. Themenblock: Alles im Griff !?

„Alles im Griff? Zunächst eine Frage an…. Anhand der folgenden Ausführungen möge bitte jede/r das eigene Verhalten anschauen, die eigenen Vorhaben prüfen und sich dazu auch sehr persönliche Fragen stellen. Wird aus der Frage ein ehrliches „Alles im Griff!“ kann das Hier und Jetzt sicher als geklärt gel-ten. Aber die Verlockungen sind groß. ‚Haschisch, Marihuana – könnte man mal probieren!’ So lautet die Meinung einer wachsenden Zahl junger Men-schen. 20 Nun zu den Ausführungen. Die Fragen, die ich auf-werfe, biete ich auch an als Basis für die anschlie-ßende Diskussion.“

���� 14 Min

18 Eine weit gefasste Darstellung aller möglichen Konsumformen findet sich z.B. in „Cannabis ist immer anders“, Kuntz, Beltz Verlag 2002, S. 56 ff. 19 Hier ist eine brauchbare Aufstellung zu finden: http://www.drugcom.de unter Cannabis 20 vergl. Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2004, Kap.6.

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a) Junge Leute, die zu Cannabis greifen, tun dieses, so einschlägige Untersuchungen, aus unterschiedlichsten Gründen, sie hegen Er-wartungen 21

• Glücksgefühle • Hemmungen abbauen • alles viel stärker erleben können • sich gut entspannen können • Alltagsprobleme vergessen können • Spaß mit Freunden beim gemeinsamen Dro-

genkonsum • Sich durch Drogenkonsum besser kennen ler-

nen

Fragen:22 Kann man Glücksgefühle nicht ohne Substanzen ge-winnen?

• Wie kann ich mir und meinen Freunden helfen Hemmungen ungefährlich abzulegen? Muss ich eigentlich enthemmt sein?

• Wie ist das eigentlich mit dem starken Erleben, dem lauten Musik Hören, dem „Immer Mehr“? Werden unsere Sinne auf Dauer nicht ganz „taub“ davon?

• Was spannt uns täglich so stark an? Drehen wir nicht manchmal selbst erheblich an diesem Rad?

• Warum muss ich Alltagsprobleme vergessen können? Wäre es nicht besser sie anzunehmen und zu verarbeiten oder sie aus innerer Kraft und ohne „schlechtes Gewissen“ abzuweisen?

• … b) Jungen Leuten sind illegale Drogen i. d. R. hinlänglich bekannt, sie kennen ebenso die ge-setzliche Situation. Manchmal kommt es leider

• zu einem nicht – sachlichen Umgang mit dem Gesamtthema

• zur tendenzielle Verharmlosung der Droge, zu einer unzweckmäßigen Relativierung von Ge-fahren

21 ebenda 22 Die oben aufgeführten Fragen sind optional. Jede/r Referent/in kann hier inhaltlich frei agieren. Es sollten für die Bereiche b) und c) ebensolche noch vorformuliert werden, am besten visualisiert, als Fragen – Hintergrund für eine Diskussion.

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Zielgruppe Jugendliche

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• zu einem Gefühl von Recht auf Widerstand ge-gen das Cannabisverbot, obwohl Gesetze i. d. R. befolgt werden.

Die möglichen Folgen jeglicher Grenzüberschreitung gilt es immer wieder neu zu überdenken, besonders auch wegen der möglichen Konsequenzen. Denn wer zunehmend Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen will, übernehmen muss und übernimmt, sollte diese kennen. Frage:

• Warum hat sich ausgerechnet Cannabis zu ei-ner so „schillernden und zauberhaften“ Droge entwickelt, die dauernd verharmlost wird, de-ren Gefahr häufig relativiert wird, die von manchen förmlich als Medium für den Eintritt in eine freundlichere Welt beschrieben wird?

c) Wenn junge Menschen zu Cannabis greifen und Eltern oder andere i. d. S. verantwortliche Erwachsene davon erfahren, ist von diesen womöglich einiges zu erwarten:

• Irrational unterlegte Befürchtungen vom so-fortigen Absturz in eine Drogenkarriere („Hilfe, mein Kind kifft!!!!“)

• Panik, unangemessene Reaktionen • Szenario für den Weltuntergang

oder auch • Verstehen der Funktion des Drogenkonsums,

aber keine Duldung, kein gewähren Lassen • eine rationale, unaufgeregte, aber konsequent

ablehnende und am Ausstieg orientierte offen-sive und engagierte Kommunikation mit be-gründeten Standpunkten

• Angst vor einem Abrutschen in die Drogen-szene!

oder auch • nichts merken • nicht hinschauen, nichts sehen • nicht zuhören • keine Zeit • kein Interesse

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Zielgruppe Jugendliche

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Fragen: • Welche Reaktionen seitens Erwachsener wer-

den als „normal“ angesehen, welche sind zu verstehen, welche nicht erwünscht?

• Welche Seite sollte hier welches Verständnis aufbringen?

• Wer kann hier an wen Forderungen stellen? • Soll überhaupt eine Auseinandersetzung statt-

finden oder geht das „die Erwachsenen“ nichts an?

• Ist die Verweigerung einer Diskussion, egal von welcher Seite, eigentlich hilfreich?

Abschluss

Gesamt

���� 60 Min

5.

+ Diskussion (optional)

���� 30 Min

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Zielgruppe Jugendliche

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II.3. KIFFEN - DU musst es WISSEN

Kurs zur Information und Frühintervention für jugendliche Cannabis –Konsument/innen Zielgruppe: Jugendliche Cannabiskonsument/innen zwischen 14 und 18 Jahren, die ihren Cannabiskonsum reduzieren oder einstellen möchten, die in Elternhaus, Schule, bei der Polizei oder vor Gericht erstmalig in Zu-sammenhang mit Cannabiskonsum auffällig geworden sind. Gruppengröße: 6 -10 Teilnehmer/innen Mit jedem/r Teilnehmer/in sollte ein Vorgespräch zur persönlichen Konsum-geschichte und zu Konsumgewohnheiten geführt werden. Zeit /Ort: 6 verbindliche Termine à 1,5 - 2 Stunden Gruppenraum außerhalb der Schule Variante 1: Ganzjährig durchlaufend, ein Kurs entspricht 6 Terminen, ver-teilt auf 3 Monate. Vorteil: Ein Einstieg ist jederzeit möglich, da die Themen in sich abge-schlossen sind. Bei Fehlzeiten kann unkompliziert verlängert werden (z.B. 3x Fehlen: neu anfangen). Interessent/innen müssen keine längeren War-tezeiten in Kauf nehmen, sondern können gleich beginnen. Da der Kurs nicht ein Mal pro Woche stattfindet, müssen andere Freizeitaktivitäten, die mit dem Wochentag kollidieren, nicht aufgegeben werden. Ferienzeiten können berücksichtigt werden ohne langfristige Unterbrechung des Kurses. Variante 2: 3 Gruppenangebote im Jahr (Sommerferien ausgenommen). Vorteil: Hier kann auf Gruppenprozesse eingegangen werden. Die Themen können mehr auf die Bedürfnisse der Teilnehmer/innen ausgerichtet wer-den. Die Angebote können an verschiedenen Standorten stattfinden. Ziele • Motivation zur Verringerung oder Einstellen des Cannabiskonsums stär-

ken • Reflexion des Cannabiskonsums • Unterstützung bei der Formulierung und Erreichung der persönlichen

Ziele • Stabilisierung, Reduktion oder Einstellung des Konsums • Alternativangebot zur sonst frequentierten peer-group • Alltagstauglichkeit der Jugendlichen herstellen • Vermittlung von gesundheitlichen, sozialen und rechtlichen Aspekten.

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Zielgruppe Jugendliche

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Inhalte Notwendige Inhalte • Reflektieren der eigenen Konsummuster • Thematisieren von Rauscherleben und Risikoeinschätzung • Realistische Ziele setzen • Erfolge realisieren (auch kleine Schritte) und eigene Stärken erkennen • konsumunabhängige Kontaktfähigkeit erweitern • Verantwortung übernehmen und Konsequenzen tragen lernen (in der

Gruppe) Mögliche weitere Inhalte • Bedürfnisse wahrnehmen und formulieren • Körpergefühle spüren • Schwächen erkennen und akzeptieren • Lust, Genuss und Entspannung erleben ohne Suchtmittel • Abgrenzung von und Auseinandersetzung mit den Eltern Umsetzung Diese erfolgt durch vielfältige variable pädagogische Methoden bis hin zu Körper- und Entspannungsübungen. Genuss- und erlebnisorientierte Ange-bote können mit eingebracht, aber auch weitervermittelt werden oder ge-sondert angehängt werden. Zugang • durch bereits bestehende Kooperation und Vernetzung von Institutionen

vor Ort • durch schulische Maßnahmen in Zusammenhang mit Cannabis konsu-

mierenden Schüler/innen (siehe Erlass des MK Nieders.: Zusam-menarbeit zwischen Schule, Polizei und Staatsanwaltschaft v. 30.09.2003 - 201-51 661 -)

• durch die Polizei bei aufgegriffenen Jugendlichen im Zusammenhang mit Cannabiskonsum

• durch Zuweisung nach § 45 JGG (Einstellung des Verfahrens) • durch Vermittlung des ASD/Jugendamtes bei auffälligen Jugendlichen in

Familien oder als Maßnahme eines Hilfeplans • durch Kinder- und Jugendärzte. Einen Vorschlag für die Gestaltung eines Flyers zur Ausschreibung eines Kifferkurses finden Sie im Anhang E.

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Zielgruppe Jugendliche

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II.4 Quit the shit Quit the shit ist eine Ausstiegshilfe auf der Internetseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für jugendliche Konsumentinnen und Konsumenten von Cannabis (http://www.drugcom.de/site/index.php). Quit the shit gibt viele wichtige Hinweise für „Kiffer“, die ihren Konsum re-duzieren oder einstellen möchten. Das sind z. B. Tipps, wie mit Entzugssymptomen und innerem und äußerem Druck umgegangen werden kann, welche Vorsichtsmaßnahmen im persönli-chen Umfeld ergriffen werden sollten, bis hin zu ganz konkreten persönli-cher Zielsetzungen. Darüber hinaus wird das Führen eines Tagebuchs über 50 Tage und die Begleitung durch eine anonyme Internetberatung empfoh-len. Alles in allem handelt es sich um ein umfangreiches Unterstützungsan-gebot. Hilfreich sind die Hinweise und Instrumente auch für Menschen, die Canna-biskonsument/innen beraten. Nachteil: Das Programm ist anspruchsvoll in der Nutzung und stellt an die User rela-tiv hohe Anforderungen. Die Internetseiten sind im Gegensatz zu den Hauptseiten von drugcom oder zu andern Chatseiten (z.B. www.kiffernet.de) nüchtern, mit viel Fließtext gestaltet und wirken daher weniger motivierend. Der Text ist darüber hinaus sehr ausführlich, insbe-sondere wenn die links zu den Begriffserklärungen genutzt werden. Die Sei-ten verlangen deshalb ein eigenständiges, systematisches Vorgehen, wel-ches bei Cannabiskonsumen/tinnen nicht immer vorauszusetzen ist. TIPP: Teilbereiche dieses Internetprogramms bieten sich als ergänzende Unterrichtseinheiten an. Ein weiteres internetbasiertes Computerprogramm ist unter www.feelok.de zu finden. Dieses ist im schulischen Kontext angesiedelt und richtet sich sowohl an Jugendliche (12 – 18 Jahre) als auch an Lehrkräfte. Es behandelt neben dem Thema Cannabis z.B. auch die Themen Stress und Sexualität. 23

23 Weitere Anregungen und Vorschläge finden sich auch in BASS, Bausteinprogramm schulische Suchtvotrbeugung, NLS (Hrsg), Hannover 2002, insbesondre S. 90 ff.

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Zielgruppe Eltern

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III. Arbeit mit der Zielgruppe Eltern

Suchtprävention verspricht vor allem dann Erfolg zu haben, wenn sie lang-fristig angelegt ist. Im Praxisfeld Schule ist es deshalb wichtig, auch die El-tern mit einzubeziehen – sie sind wichtige Multiplikatoren und können die suchtpräventiven Ansätze über das Lebensfeld Schule hinaus wirksam un-terstützen. Dies allerdings nur, wenn sie – wie Lehrkräfte auch – in dem Themenbereich geschult werden und sie die Möglichkeit erhalten, sich mit den unterschiedlichen suchtpräventiven Aspekten ihres eigenen Familien- und Erziehungsalltags auseinanderzusetzen. Welche Veranstaltungsform auch gewählt wird – Elternabend, -seminar o-der Fortbildungsreihe – immer wird es um mehr gehen, als nur um das Thema „Cannabis“ oder eben „Drogen“. Im Folgenden wird auf die Vorstellung eines geschlossenen Konzeptes ver-zichtet zugunsten einer Sammlung von Bausteinen, die je nach Art und Dauer der gewählten Veranstaltungsform und entsprechend den eigenen Vorstellungen der jeweils durchführenden Präventionsfachkraft kombiniert werden können bzw. aus denen ausgewählt werden kann. Die Ausführlichkeit und der umfangreiche Anhang resultieren aus der Idee, auch neuen Fachkräften der Prävention Hinweise und (Praxis-)Tipps zu ge-ben, um die suchtpräventive Arbeit mit Eltern erfolgreich gestalten zu kön-nen. III.1 Ziele der Elternarbeit Eltern sollen...

• den Themenkomplex kennen lernen und erfahren, was Suchtpräven-tion ist und wie sie selbst aktiv suchtpräventiv wirken können.

• sich mit dem Suchtbegriff beschäftigen. • entlastet werden und Unterstützung erfahren, ihren Erziehungsauf-

trag wahrzunehmen. • ihre Rolle im Erziehungsprozess reflektieren. • die „Lebensphase Jugend“ im Kontext aktueller gesellschaftlicher

Veränderungen verstehen lernen. • ihre eigene Grundhaltung zu Cannabis und Drogenkonsum reflektie-

ren. • spezifische Informationen zu Cannabis bekommen (Stoffkunde, Wir-

kung, Konsumformen, Risiken, gesetzliche Grundlagen). • lernen, möglichen Cannabiskonsum ihrer Kinder zu erkennen und

darauf zu reagieren (Symptom- und Interventionsfragen zum Cannabiskonsum).

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Zielgruppe Eltern

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III.1.2 Mögliche Bausteine und Inhalte eines Elternabends Wenn Eltern vermuten, dass ihre Kinder Cannabis konsumieren, stellen sich viele Befürchtungen ein. Angefangen von der Sorge, dass die Schulleistun-gen leiden könnten und sich der Cannabiskonsum negativ auf die Persön-lichkeitsentwicklung auswirkt, bis hin zu der Angst, das eigene Kind könnte drogenabhängig werden. Bedingt durch Vorurteile, unterschiedliche Informationen der Medien und allgemein unvollständige Kenntnisse über Cannabis und auch durch die Tat-sache, dass der Suchtmittelkonsum des Kindes Eltern mit dem eigenem Konsumverhalten konfrontiert, fällt es Eltern oft nicht leicht, mit ihren Kin-dern über Drogen zu sprechen. Bei Elternabenden zum Thema Cannabis wird es neben der reinen Aufklä-rung über das Suchtmittel auch immer um Erziehungsfragen gehen. So ge-sehen ist das Thema unerschöpflich und man sollte sich vorher klar wer-den: wie viel Zeit habe ich zur Verfügung und welche Themen sind mir da-bei wichtig? Im Folgenden werden zu bestimmten Themen Zeitangaben gemacht, aller-dings unter dem Vorbehalt der jeweiligen individuellen Einschätzung und Planung.

Mögliche Bausteine

Zeit

III.1.2.1 Vorstellen der eigenen Einrich-tung – Finden eines „Openers“

5 –10 Min

III.1.2.2 Grundsätzliche Gedanken zur Suchtprävention

10 Min

III.1.2.3 Reflexion der eigenen Grund-haltung zum Drogenkonsum

10 – 20 Min

III.1.2.4 Reflexion der eigenen Rolle im Erziehungsprozess – Bedeutung der Ver-antwortung

10 – 20 Min

III.1.2.5 „Lebensphase Jugend“ im Hin-blick auf aktuelle gesellschaftliche Verän-derungen

10 - 15 Min

III.1.2.6 Vom Suchtbegriff und –verlauf

10 – 20 Min

III.1.2.7 Spezifische Informationen zu Cannabis

10 – 15 Min

III.1.2.8 Symptome erkennen und auf Cannabiskonsum reagieren

10 – 20 Min

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Zielgruppe Eltern

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III.1.2.1 Vorstellen der Einrichtung

Bei einem Elternabend ist es erforderlich, sich selbst und seine Einrichtung ausreichend vorzustellen. In der Einladung an die Eltern sollten die suchtunspezifischen bzw. sucht-präventiven Themen wie z.B. allgemeine Fragen aus dem Erziehungsalltag an erster Stelle stehen. Die konkreten, auf Suchtmittel und Suchtmittelkon-sum bezogenen Fragen subsumieren sich dann unter diese Überschriften. Im Anhang A finden Sie einen Vorschlag für einen Einladungstext. Das Wort „Sucht" löst bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Bilder, Befürchtungen, Erwartungen, Interessen, Abwehr oder sogar Ängste und Schuldgefühle aus. Es ist daher wichtig, das Thema Sucht sehr sensibel an-zusprechen und deutlich zu machen, dass Suchtprävention die Ressourcen stärken und fördern will. Den Eltern sollte schon mit der Einladung deutlich werden, dass es in der Suchtprävention vor allem um die Förderung der Entwicklung einer gesun-den Persönlichkeit (Persönlichkeitsstärkung, Einschätzen von Risiken, An-sprechen von und Reagieren auf Alltagskonsum etc.) geht und darum, El-tern Antworten auf ihre Fragen rund um die Erziehung zu geben bzw. diese Antworten mit ihnen gemeinsam zu erarbeiten. III.1.2.2 Grundsätzliche Gedanken zur Suchtprävention

Bei den ersten suchtpräventiven Bemühungen (70er und 80er Jahre) stand die Information im Vordergrund. Es ging also um das Suchtmittel und die negativen Folgen des Konsums. Prävention hatte damit eine eher mah-nende und abschreckende Funktion. Auch wenn die mit Beginn der 90er Jahre einsetzende Forschung zur Suchtprävention deutlich machte, dass dieses Vorgehen wenig effektiv ist, wird diese Form der Suchtprävention auch heute noch oft erwartet - von Eltern, Lehrkräften und auch den Ju-gendlichen selber. Moderne Suchtprävention stellt einen Zusammenhang zwischen dem Suchtmittel und den Bedürfnissen des Konsumenten her: Wozu wird ein be-stimmtes Suchtmittel konsumiert, welche Funktion hat das Suchtmittel für den Konsumenten/die Konsumentin? Meistens hat der Konsum von Suchtmitteln mit dem Wunsch nach Wohlbe-finden (körperlich, sozial und seelisch) zu tun: Ich trinke Alkohol, rauche Zigaretten oder auch Cannabis, um mich zu entspannen, abzulenken, vom Stress herunter zu kommen... – kurz, um mich wohler zu fühlen. Suchtprä-vention hat deshalb nicht in erster Linie den Suchtstoff, sondern den Men-schen (Kinder und Jugendliche) und auch seine Ressourcen im Blick: Kinder und Jugendliche, die sich körperlich, seelisch und sozial wohl fühlen, haben gute Chancen, nicht gewohnheitsmäßig zu Rauschmitteln zu greifen und nicht süchtig zu werden.

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Zielgruppe Eltern

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III.1.2.3 Reflexion der eigenen Grundhaltung zum Drogenkonsum

Der Gebrauch von Alltagsdrogen und Rauschmitteln ist kein Jugendphäno-men, sondern ein Erwachsenenverhalten, welches von Kindern und Jugend-lichen – wie vieles andere auch – zunächst erst einmal nachgeahmt wird. Kaum jemand in unserer Gesellschaft lebt abstinent, der Konsum gehört zum gesellschaftlichen Alltag – der verantwortungsbewusste, genussorien-tierte und begrenzte Umgang mit diesen Stoffen wird sogar als soziale Kompetenz vom erwachsenen Menschen erwartet. Doch dieser Umgang will erlernt werden – die Vorbildfunktion der Eltern in der Familie und ihr Erzie-hungsverhalten spielen hierbei eine nicht unerhebliche Rolle. Eltern werden für Kinder glaubhafter, wenn sie nicht die Rolle des Unfehl-baren spielen. Dazu gehört auch, dass Erwachsene sich den eigenen Um-gang mit stimulierenden und berauschenden Stoffen bewusst machen und bereit sind, diesen Umgang auch zu hinterfragen. Diesen Prozess und die Grenzen, die sie für sich gezogen haben, sollten sie Kindern und Jugendli-chen vermitteln bzw. vorleben und zum Gegenstand der gemeinsamen Aus-einandersetzung machen. Folgende Fragestellungen können bei einem Elternabend zum Thema „Can-nabis“ als Leitfaden für die Reflexion der eigenen Grundhaltung zum Dro-genkonsum dienen: • Medikamente haben eine gute Seite (beabsichtigte Wirkung) und eine

schlechte Seite (Risiken und Nebenwirkungen) – kann ich dieses Grund-prinzip auch anderen Drogen zugestehen?

• Wie gehe ich selber mit Medikamenten um? • Welche Bedeutung hat für mich der Konsum von Kaffee, Tabak, Alkohol? • In welchen Lebenssituationen übernimmt der Konsum dieser Stoffe für

mich welche Funktionen? • Wie viele Verhaltensalternativen habe ich für die gleiche Funktionalität? • Wie habe ich diese alternativen Verhaltensmuster erlernt, was war mir

dabei eine Hilfe? • Wie wichtig ist für mich die Genussorientierung? • Welche Grenzen habe ich mir gesetzt? • Wie bin ich zu diesen Grenzen gekommen? (siehe auch: Soziale Regeln

im persönlichen Umfeld – Familie, Freundeskreis …) • Welche Rituale des (Drogen-)Konsums kenne ich aus meinem Erwach-

senen-Leben, welche spielen für mich dabei aktuell eine Rolle? • Kann ich mich daran erinnern, wie ich als Jugendlicher den Einstieg in

den Konsum erlebte? • Habe ich vielleicht selber schon mal verbotene Stoffe konsumiert? (z. B.

harten Alkohol unter 18 Jahren …) Cannabis zum Beispiel ist eine illegale Rauschdroge – Jugendliche, die da-mit Kontakt haben, riskieren wesentlich stärker einschneidende Konsequen-zen, als wenn sie mit legalen Drogen gegen das Jugendschutzgesetz ver-stoßen. Dies muss mit Jugendlichen thematisiert werden. Jedoch sollten

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Eltern bedenken, dass die Überschreitung und Missachtung von Ge- und Verboten zum jugendtypischen Risikoverhalten gehört und im Abgren-zungsprozess wichtige Funktionen übernehmen kann. III.1.2.4 Reflexion der eigenen Rolle im Erziehungsprozess – Bedeutung der Verantwortung

Eltern sind keine Maschinen, die immer perfekt funktionieren und alles rich-tig machen. Der Erziehungsalltag ist vielmehr geprägt durch die eigene Be-findlichkeit, durch eigene Belastungen und durch eigene Vorstellungen und Wünsche. Persönliche Stärken beeinflussen die Erziehung genauso wie persönliche Schwächen. Eine klare und eindeutige Erziehung gilt als suchtpräventiv. Dazu gehört einerseits, sich seiner Vorbildfunktion bewusst zu sein, aber auch, eine eigene Haltung zu Fragestellungen zu entwickeln und diese deut-lich zu machen – auch wenn dies zu Konflikten mit dem Kind führen kann. Konflikte sind nicht negativ, sondern ermöglichen in der Auseinan-dersetzung und dem Suchen nach Lösungen auch Entwicklung und Selbst-behauptung. Im Zusammenhang mit dem Setzen von Grenzen sind Konflikte unvermeid-lich. Eltern, die Konflikte aus Angst vor Ablehnung vermeiden, laufen Ge-fahr, von ihren Kindern nicht mehr ernst genommen zu werden und – fata-ler noch – senden unter Umständen das Signal aus: „Es ist mir egal, was Du tust“. Dies wird von Jugendlichen leicht interpretiert als „Du bist mir e-gal“ und führt in der Folge oft zum Abbruch der familiären Kommunikation. Das Gegenteil ist wichtig! Konflikte anzunehmen, sie auszutragen und zu einer Lösung zu finden, bei der alle Beteiligten „ihr Gesicht wahren“ kön-nen, ist eine der wichtigsten Aufgaben, der sich Eltern stellen müssen. Auch wenn Jugendliche in mancher Beziehung oft schon sehr erwachsen wirken und so tun, als benötigten sie keinen Rat von den Eltern, so brauchen sie doch gerade in dieser schwierigen, von Umbrüchen und Verunsicherungen geprägten Lebensphase Unterstützung. Folgende Fragestellungen können auf einem Elternabend bei der Reflexion der eigenen Rolle im Erziehungsprozess den Weg weisen: • Bin ich mir meiner Vorbildfunktion bewusst, wie gehe ich selbst mit Ge-

und Verboten um? • Wie gehe ich selbst mit meinen Bedürfnissen um? • Wie finde ich selbst zu Entspannung, Genuss, rauschhaftem Erleben,

Abwechslung? • Wie lebe ich den Umgang mit misslichen Lebenssituationen vor, welche

Stärken kann ich meinem Kind vermitteln? • Habe ich einen eindeutigen Erziehungsstil, stimme ich meine Erzie-

hungsziele mit meinem/r Partner/in ab? • Wenn ich allein erziehend bin – wo hole ich mir Sicherheit und Unter-

stützung?

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Zielgruppe Eltern

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• Mache ich meine Haltung zu bestimmten Fragestellungen deutlich? Bin ich bereit, dazu auch einen Konflikt in Kauf zu nehmen?

• Was weiß ich über den Alltag meines Kindes; bekunde ich Interesse und stehe darüber mit ihm im Austausch?

III.1.2.5 Lebensphase „Jugend“ im Hinblick auf aktuelle gesellschaftliche Veränderungen

Das folgende Kapitel soll verdeutlichen, in welcher Lebensphase sich Ju-gendliche befinden, mit welchen Höhen, Tiefen und Verführungen sie zu kämpfen haben. Die Hinweise sollen das Verständnis der Eltern für ihre ju-gendlichen Kinder erhöhen: a.) Jugend = Lebensabschnitt des Übergangs Die Kindheit wird oft als recht stabile Phase erlebt (natürlich gibt es hier auch Einbrüche). Jugendliche aber leben in einem ständigen Prozess der Veränderung, des Wandels. Sie sind auf der Suche nach einer endgültigen Lebensform, nach einer stabilen Persönlichkeit bzw. Identität. Spannungen oder auch Missverhältnisse zwischen körperlicher Reife und dem Erreichen des sozialen Status des Erwachsenen können auftreten. Entwicklungsaufgaben für Jugendliche:

• Akzeptieren der eigenen körperlichen Erscheinung • Erwerb der weiblichen bzw. männlichen Rolle, Rollendiffusion • Kompetenzen zum Eingehen von Beziehungen • Ablösung vom Elternhaus, emotionale Unabhängigkeit von den Eltern

gewinnen • Vorbereitung auf das Berufsleben • Vorbereitung auf Partnerschaft, Familie, etc. • Entwicklung eines Wertesystems: wie will ich leben? - Sinnfrage

b.) Gesellschaftlicher Wandel Die Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen ist heute sehr herausfordernd. In der Elterngeneration war deren beruflicher und sozialer Wege stärker vorgezeichnet, das Wertesystem noch eindeutiger. Die Pluralisierung ist heute eine riesige Herausforderung. Es gibt sehr viele Möglichkeiten und somit einen Zwang wählen zu müssen. c.) Orientierungssuche/ Rollenveränderung Jugendliche brauchen und suchen Orientierung. Sie müssen sich aber auch abgrenzen. Sie müssen sich abwenden von den Eltern als Erzieher, als Ver-sorger, von ihrem Status als Kind und müssen eine neue Rolle entwickeln. Oft schafft Zugehörigkeit zu einer Szene/Clique eine „Identität“. Ein Prob-lem kann dabei sein, dass diese Identität stark über Konsum hergestellt bzw. aufrechterhalten wird. Konsum bestimmter Markenartikel, Erlebnisse, Partys, Musik oder eben auch Drogen.

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Je weniger glaubhafte Orientierung die Jugendlichen von den Eltern erhal-ten, desto massiver wird der Einfluss der Szene, der Clique, weil sie das Orientierungsvakuum ausfüllt. d.) Erlebnisgesellschaft/ süchtige Gesellschaft Die Gesellschaft kann man recht treffend als Erlebnisgesellschaft beschrei-ben. Das Überleben ist gesichert. In den Vordergrund tritt das Erleben. Konsum von tollen Erlebnissen dient mehr und mehr der Bewältigung der Sinnfrage! Glücklich bin ich, wenn ich viele tolle Erlebnisse habe, unglücklich, wenn sie ausbleiben. Ich versuche das Projekt des schönen Lebens durch ein mög-lichst raffiniertes Arrangement von tollen Erlebnissen zu erreichen. Fazit Die Jugendzeit ist ein Lebensabschnitt im Wandel, geprägt von Orientie-rungssuche und Wertekonflikten. Das Verhältnis zu den Eltern verändert sich und die Wichtigkeit der peer-group nimmt zu. Alles in allem ist die Jugendphase eine Phase besonderer Herausforderun-gen in einer „süchtigen Erlebnisgesellschaft“. Damit sich Eltern mit ihren Kindern aber über Sucht und Suchtmittel un-terhalten können, brauchen sie verschiedene Informationen zur Entstehung und Verlauf von Sucht wie auch Informationen zu den Suchtstoffen selbst – in diesem Fall Cannabis. III.1.2.6 Begriffsdefinitionen Konsum – Genuss - Missbrauch - Sucht

Im alltäglichen Sprachgebrauch werden Begriffe wie Missbrauch, Gewöh-nung und Sucht oft gleichbedeutend verwendet. Sie beschreiben jedoch unterschiedliche Zustände und Stadien in einem Prozess risikoreichen Ver-haltens, der u. U. in Sucht münden kann. An dieser Stelle sollen die Be-griffe nur kurz erläutert und der Zusammenhang mit nicht-riskanten Ver-haltensmustern aufgezeigt werden. Im Anhang B können Sie als Beispiel eine Methode finden, mit der die verschiedenen Begriffe den Eltern besser veranschaulicht werden können. Begriffserläuterungen24: Gebrauch – die normale und sinnvolle Verwendung von Dingen für die per-sönliche oder gesellschaftliche Weiterentwicklung.

Genuss – der nicht unbedingt notwendige, aber deshalb gern durch-geführte Gebrauch, weil er eine angenehme Wirkung entfaltet und Befriedi-gung verschafft.

24 Vergl.: Gross, W.: Sucht ohne Drogen, Frankfurt a. M., 2003.

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Missbrauch – ein körperlich, psychisch oder sozial schädlicher Gebrauch bzw. schädliches Verhalten, dessen schädigende Wirkung von der Häufig-keit abhängt. Während einmaliger Missbrauch selten gravierende Folgen hat, deutet häufiger Missbrauch meistens auf ungelöste Probleme hin und steht deshalb oft in engem Zusammenhang mit ausweichendem Verhalten.

Ausweichendes Verhalten – ist nicht per se negativ; u. U. kann es sogar ein sinnvolles Verhalten darstellen, um sich nicht an einem Problem zu ver-beißen, sondern sich eine Erholungsphase zu gönnen. Kritisch wird es, wenn jedoch kein erneuter Problemlösungsversuch erfolgt und weiterhin ausweichende Verhaltensweisen praktiziert werden.

Gewöhnung – liegt dann vor, wenn sich ausweichende Verhaltensweisen durch ständige Wiederholung manifestieren. Obwohl die psychische Bin-dung an diese Verhaltensweisen stärker wird, kann mit willentlicher An-strengung eine Veränderung des Verhaltens noch herbeigeführt werden.

Abhängigkeit – entsteht, wenn der Grad der psychischen oder körper-lichen Gewöhnung steigt und diese Verhaltensweisen oder der Konsum zur dauernden Problembewältigung eingesetzt werden. Die zunehmende Bin-dung an diese Form von Problembewältigung schränkt die Handlungsfreiheit der betroffenen Person ein.

Sucht – bezeichnet den krankhaften Endzustand einer Abhängigkeit von einer Droge oder einer Verhaltensweise. Die Dynamik der Suchterkrankung ist gekennzeichnet von einer stetigen Dosissteigerung unter dem Zwang, Enthaltsamkeit zu vermeiden. Dabei geht es nicht mehr um die eigentliche Wirkung der Droge / den eigentlichen Sinn des Verhaltens, sondern um die Verhinderung bzw. Beendigung von Entzugserscheinungen. Der süchtige Mensch ist durch noch so großen Willensaufwand nicht in der Lage, sich direkt von der Sucht zu befreien.

Eine Suchterkrankung entwickelt sich in verschiedenen Phasen, die fließend ineinander übergehen bzw. die sich überlappen. Fachleute sprechen von einer Einleitungsphase (Gebrauch, Genuss, Missbrauch), einer kritischen Phase (Missbrauch, ausweichendes Verhalten, Gewöhnung) und einer chro-nischen Phase (Gewöhnung, Abhängigkeit, Sucht). Wie weit diese Phasen jeweils durchschritten werden, hängt von einer Viel-zahl unterschiedlicher Faktoren aus unterschiedlichen Bereichen ab: An ers-ter Stelle spielt die Persönlichkeit mit ihren individuellen Ressourcen und Schwächen eine Rolle; außerdem sind die Gefährlichkeit der Droge/des Verhaltens sowie die Einflüsse aus dem sozialen Nahraum und der übrigen Gesellschaft entscheidend. Nicht alle Phasen müssen zwangsläufig durch-laufen werden – im Bereich Alkohol z. B. bewegen sich die meisten Konsu-menten in dem Bereich der Einleitungsphase; auch gelingt es manchen, über lange Zeit in der kritischen Phase zu verharren.

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III.1.2.7 Spezifische Informationen zu Cannabis Stoffkunde – Wirkung – Konsumformen – Risiken

Stoffkunde ist besonders für die Eltern wichtig, die mit dem Stoff, dem Kon-sum und den damit einhergehenden Risiken nicht sehr vertraut sind. Die Stoffkunde kann die Unwissenheit der Eltern und somit auch die Unsicher-heit im Umgang damit nehmen. Folgende Informationen sollten den Eltern auf einem Elternabend vermittelt werden: Was ist Cannabis? Cannabis ist der botanische Name für indischen Faserhanf. Die berau-schende Wirkung wird überwiegend durch das Tetrahydrocannabinol (THC) ausgelöst, dieser Stoff unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Der hohe THC-Gehalt der weiblichen Hanfpflanze von ca. 4 – 8 % führt zu ei-nem Rauschzustand. Drogen, die aus Cannabis hergestellt werden (in Anlage C.1 finden Sie Abbildungen der Stoffe) a.) Marihuana auch „Gras“ genannt, besteht aus den getrockneten Blüten der weiblichen Pflanze. b.) Haschisch wird aus dem THC-haltigen Harz der Pflanze gewonnen und zu Platten ge-presst. Es wird als „Dope“, „Shit“ oder „Peace“ gehandelt. Haschisch enthält meist mehr THC und ist in der Wirkung in der Regel stärker als Marihuana. c.) Haschischöl ist eine eher seltenere Anwendungsform des Haschisch, in seiner Wirkweise aber um ein vielfaches stärker. Der Schwarzmarktpreis liegt derzeit je nach Qualität bei ca. 5 – 7,50 € für 1 Gramm Haschisch/Marihuana. Wie viel Konsumeinheiten sich daraus erge-ben, hängt ganz vom Benutzer ab – je nach Qualität und Gewöhnung reicht 1 Gramm aber für ca. fünf Rauschzustände. Wie wirkt Cannabis? Die Wirkung von Cannabisprodukten variiert individuell sehr stark. Zum ei-nen hängt dies von der Konsumform ab, wobei man zwischen „weichen“ (relativ gut zu dosierenden) und „harten“ (schwer zu dosierenden) Kon-sumformen unterscheiden muss. Eine weiche Konsumform liegt vor, wenn die Droge mit Tabak vermischt als „Joint“ geraucht wird. Als harte Kon-sumformen bezeichnet werden können das Pur-Rauchen der Droge mit (Wasser-)Pfeifen oder ähnlichen Geräten und das Beimischen in Getränke oder Teigwaren. Dosierung und Ausgangsstoff spielen ebenso eine Rolle wie auch in hohem Maße die momentane Grundstimmung und die Konstitution

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des Konsumenten/der Konsumentin, das Ritual der Vorbereitung und auch die (Gruppen-)Atmosphäre. Auch die Häufigkeit der Einnahme hat einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkung – überwiegt bei der seltenen Ein-nahme geringer Mengen eher eine anregende Wirkung, so tritt bei regel-mäßiger Einnahme größerer Mengen eine beruhigende bis sedierende Wir-kung in den Vordergrund. Körperliche Auswirkungen Nach dem Cannabiskonsum können Pulsbeschleunigung, starkes Schwitzen sowie ein trockener Mund auftreten. Seltener Kribbelgefühle, Gangunsicher-heit und Zittern der Hände. Die Muskelkoordination lässt nach, ebenso die Funktion der Sinnesorgane. Das Wahrnehmungsvermögen ist deutlich ge-steigert; Halluzinationen können nur bei hohen Dosierungen auftreten, e-benso wie Schwindelgefühle oder leichte Übelkeit – verursacht durch Kreis-laufschwankungen. Cannabis erzeugt keine körperliche Abhängigkeit, daher treten nach Absetzen des Stoffes auch keine physischen Entzugser-scheinungen auf. Paradoxerweise stellt die harte Konsumform des Essens oder Trinkens von Cannabis die für den Körper unschädlichste Aufnahme des Stoffes dar. Wird die Droge jedoch geraucht, schädigen krebserregende Stoffe den Körper – dies umso mehr, wenn die Droge mit Tabak vermischt wird und dabei auch die gesundheitsschädlichen Anteile des Tabakrauches inhaliert werden. Die Wirkung von Cannabis lässt nach zwei bis vier Stunden nach, allerdings kann THC 1 bis 2, bei hohem Konsum sogar bis zu 4 bis 6 Wochen im Urin nachweisbar sein, in der Hornhaut (z.B. Haaren) sogar mehrere Monate. Psychische Auswirkungen Wie Cannabis auf die Psyche wirkt, liegt in erster Linie an der individuellen Grundstimmung des Konsumenten/der Konsumetin. Im Allgemeinen führt der Konsum zu einer lässig-heiteren Euphorie, zur Intensivierung der akus-tischen und optischen Wahrnehmung sowie zu Veränderungen in der opti-schen Wahrnehmung und des Zeit- und Raumerlebens. Bei negativer Stimmungslage wirkt es jedoch nicht zwangsläufig stimmungsaufhellend, sondern kann auch Angst, Herzrasen und Halluzinationen hervorrufen. Durch chronischen Missbrauch kann eine psychische Abhängigkeit mit seeli-schen Entzugserscheinungen und schleichend einsetzender Persönlichkeits-veränderung (verminderter Antrieb, geringer Ehrgeiz, Zerstreutheit, Angst und Unlust, u.a.) entstehen. Wenn Cannabis z.B. während der Pubertät chronisch für die Verdrängung belastender Probleme konsumiert wird, können seelische Reifungsprozesse verzögert werden. Eher selten kann es auch zu folgenden psychischen Störungen kommen: Bei stark negativer Verfassung des Konsumenten/der Konsu-mentin und belastetem Umfeld mit negativer Atmosphäre kann die eintretende Wahr-nehmungsveränderung u. U. als „Horrortrip“ erlebt werden, dieser löst oft starke Angst aus.

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Psychosen: Die Wissenschaft sagt jedoch, dass solch eine Psychose nur Menschen treffen kann, die bereits eine Disposition (Neigung) zu einer psy-chiatrischen Erkrankung haben. Psychotische Störungen treten zumeist während oder unmittelbar nach dem Cannabiskonsum auf und können über Monate andauern. Auch nach Absetzen der Substanz erlischt die Sympto-matik nicht zwangsläufig. Rechtlichen Konsequenzen von Cannabiskonsum An dieser Stelle wird auf den Punkt I.2.3 dieses Manuals verwiesen. Dort sind alle relevanten rechtlichen Grundlagen zum Cannabiskonsum aufge-führt. III.1.2.8 Symptome erkennen und auf Cannabiskonsum reagieren

Wie können und sollen sich Eltern verhalten, die bei ihrem Kind die Vermu-tung oder die Gewissheit haben, dass es Drogen/Cannabis konsumiert? Die folgenden Hinweise sollen dabei eine Hilfe sein. a.) Symptome für einen möglichen Cannabiskonsum erkennen (Im Anhang C.2 befindet sich dazu ein Folienvordruck) Zigaretten- oder Alkoholkonsum bei Jugendlichen ist für Eltern in der Regel leicht zu erkennen: Beides gibt eine „Fahne“; beim Rauchen „duften“ ent-sprechend die Haare und die Kleider, beim Alkoholkonsum können fahrige und unkonzentrierte Bewegungen und Aussprache und starke Stimmungs-schwankungen einen Hinweis geben. Anders verhält es sich beim Haschisch-Konsum. Wer noch nie im Leben selbst mit dieser Droge in Berührung gekommen ist und den markanten Duft kennen gelernt hat oder die für den Konsum üblichen Utensilien kennt, wird es in der Regel schwer haben, einen vorliegenden Konsum zu erken-nen. Wird Haschisch zusammen mit Tabak konsumiert (als „Joint“ die gebräuch-lichste Form der Einnahme), so kann es natürlich auch eine „Fahne“ geben – doch die ist eben nicht eindeutig, da sie auch vom Nikotin stammen kann. Mäßiger Haschischkonsum beeinträchtigt zunächst nicht die Artikulierungs-fähigkeit und führt auch nicht zu unkontrollierten Bewegungen, wie etwa Torkeln. Da Haschisch den Augeninnendruck erhöht, können geplatzte Äderchen zu geröteten Augen führen – doch die können auch von trockener Luft, einer Erkältung oder einer allergischen Reaktion herrühren, sind also auch kein eindeutiger Hinweis. Auftretende Stimmungsschwankungen (ungebremste Heiterkeit, Angstzustände oder Aggression) können mit der derzeitigen Le-benssituation zusammenhängen und bieten – wenn sie denn registriert

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werden – ebenfalls keinen eindeutigen Hinweis auf einen vorliegenden Ha-schischkonsum. Die letztgenannten Symptome können allenfalls Indizien sein, wie auch folgende Erscheinungen:

• Absinken der schulischen Leistungen auf allen Gebieten (wobei der anfängliche Cannabiskonsum zu einer kurzfristigen Leistungssteige-rung führen kann)

• Vernachlässigung von Hobbys • Vernachlässigung des äußeren Erscheinungsbildes (Kleidung, Körper-

pflege, Ordnung) • Wechseln des Freundeskreises, Aufgabe der Kontakte zu nicht konsu-

mierenden Freunden, sozialer Rückzug • Rückzug aus der familiären Kommunikation • Verweigerungshaltung gegenüber elterlichen Wünschen / Anordnun-

gen • allgemeine Antriebslosigkeit, Müdigkeit, passives Herumhängen • allgemeines Desinteresse • Wesensveränderungen mit Stimmungsschwankungen: Wechsel von

Gereiztheit, Unruhe, Schläfrigkeit, Lustlosigkeit, unerwartete Aggres-sivität, Verlangsamung

• Im Gespräch unkonzentriert, unfähig aufmerksam zuzuhören • Realitätsverlust („Ich habe den Durchblick, alle anderen haben keine

Ahnung...“) • Notorischer Geldmangel • …

Dies sind keine eindeutigen Hinweise auf Drogenkonsum; wohl aber können sie Anzeichen für eine problematische Lebenssituation oder aktuelle Krise sein, die – allemal in der Phase der Pubertät – für alle Jugendlichen fast un-vermeidlich ist. Manchmal ist es hilfreich, darauf zu achten, ob mehrere oder viele der genannten Anzeichen vorhanden sind, ob sie plötzlich in Er-scheinung treten und von der bisherigen Entwicklung des Kindes offensicht-lich stark abweichen. b.) Umgang mit konsumierenden Jugendlichen (Im Anhang C.3 befindet sich dazu ein Folienvordruck) Konfrontation In jedem Fall sollten die Symptome beachtet und ernst genommen werden. Sich häufende Verdachtsmomente sollten ehrlich angesprochen werden. Eltern sollten nicht darüber hinwegsehen, sondern ihre Kinder darauf auf-merksam machen und das Beobachtete zum Einstieg ins Gespräch nutzen – auch, wenn das Kind zunächst abwehrend reagiert. Nicht verharmlosen – nicht dramatisieren Eltern sollten Panik und Überreaktionen vermeiden, wenn sie feststellen, dass ihr Kind tatsächlich Kontakt zu Haschisch hat. Einerseits sollten sie sich fragen, wie sie auf Alkoholkonsum ihres Kindes reagieren würden, an-dererseits sich in Erinnerung rufen, dass Haschischkonsum in gewisser Hin-sicht ein jugendtypisches Risikoverhalten darstellen kann.

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Andererseits sollten sich Eltern nicht mit den verharmlosenden Erklärungen der Betroffenen zufrieden geben, sondern die Gefahr einer beginnenden Suchtentwicklung und den Konsum als Symptom (Hilfeschrei) einer Prob-lemsituation in Erwägung ziehen. Eltern sollten wissen, dass das derzeit angebotene Cannabis manchmal eine höhere Potenz im THC-Gehalt hat, als zu ihrer Jugendzeit, und somit die Auswirkungen gravierender sein können (hauptsächlich bei Treibhauszüch-tungen – „Indoor-Züchtungen“). Gesprächsbereitschaft signalisieren Jugendliche sollen immer die Möglichkeit bekommen, von sich aus das Ge-spräch freiwillig zu suchen, um über Probleme, Gefühle, Erlebnisse oder Konsumverhalten bei Alkohol, Cannabis oder Nikotin zu reden. Auch wenn eine ablehnende Haltung spürbar ist, ist es oft hilfreich für sie zu hören und zu wissen, dass die Eltern ein offenes Ohr haben, sich für sie Zeit nehmen und sie nicht direkt mit Vorurteilen, Sanktionen und starken Emotionen erschlagen. Konsumverhalten hinterfragen/ Auseinandersetzung fördern Ein Gespräch sollte dabei einmal andersherum begonnen werden: Eltern sollten nicht zuerst über Gefahren sprechen, sondern erst einmal versuchen in Erfahrung zu bringen, was für das Kind positiv am Rausch oder am Kon-sum ist. Erst wenn sie dies wissen, lässt sich erahnen, was das Kind sucht und was es evtl. anders nicht bekommen kann. Erst dann kann man nach Alternativen zum Konsum suchen bzw. die Persönlichkeit des Kindes ent-sprechend fördern. Fragen wie: „Was gibt dir der Konsum? Wie ging es für dich los? Wie wich-tig ist dir der Konsum?“ spiegeln ein ehrliches Interesse wider und fördern Vertrauen. In diesem Zusammenhang spielen auch familiäres Miteinander und gemein-same Freizeitaktivitäten eine große Rolle. Junge Menschen, denen es psy-chisch, sozial und körperlich gut geht, sind gegen Missbrauch von Drogen besser gewappnet als diejenigen, denen es schlecht geht. Eltern müssen daher bei Kindern und Jugendlichen die Entwicklung von Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein und Eigenverantwortung durch Anerkennung und Ver-trauen fördern und sie bei der Bewältigung von Misserfolgen und Problemen unterstützen. Nicht nur Leistung, sondern auch schon das Bemühen um et-was loben. Konsequenzen des Konsums erlebbar machen, Alternativen aufzeigen Jugendliche leben oft stark in der Gegenwart und wollen den jeweiligen Moment genießen, überall dabei sein (siehe Punkt II.1.2.5 „Entwicklungs-phasen“). Über Folgen und die eigene weitere Entwicklung werden sich nur selten Gedanken gemacht. Eltern können ihren Kindern helfen weiterzuschauen. Was passiert, wenn das Geld weg ist, Hobbys und Freunde weniger werden oder die schulischen Leistungen sinken?

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Was passiert wenn Vertrauen verloren geht, weil der Konsum trotz anderer Versprechungen weitergeht? Hilfreich ist es, die Betroffenen durch Fragen aufzufordern, die Antworten selber zu finden:“Woran würdest du erkennen, dass der Konsum gefährlich wird, zur Sucht wird? Was dürfte auf keinen Fall passieren? Was sagen dei-ne Freunde? Wie schätzen sie dich ein? Was könnten Alternativen sein? In welcher Situation würdest du ganz aufhören?“ Ziel ist der Dialog mit den Eltern als Wegbegleiter. Auch das ehrliche An-sprechen von den Sorgen und Ängsten über dem Kind kann dabei hilfreich sein. Klare Grenzen setzen Oft ist es nicht leicht sich als Eltern einig zu werden, wo Grenzen sind und wie diese vor dem Kind ausgesprochen und umgesetzt werden. Sanktionen zu verhängen wird mit zunehmendem Alter schwieriger. Der oder die Betroffene muss aber Konsequenzen bei stärker werdender Gefahr spüren, insbesondere bei Vertrauensbrüchen. Grenzen können individuell sein (feste Zeiten, Absprachen, etc.), Hauptsache sie werden von den El-tern ernst genommen und auf die Einhaltung getroffener Absprachen und Vereinbarungen wird bestanden. Motivation zum „Außengespräch“ / Besuch einer Beratungsstelle Manchmal möchten Kinder mit jedem reden – nur nicht mit den eigenen Eltern. Wenn dies der Fall ist, sollten Eltern sich im Verwandten- oder Freundeskreis umschauen: Oftmals sind es gerade Außenstehende, die das Vertrauen ihres Kindes genießen und ein Gespräch führen können. Das Er-mutigen zum Aufsuchen einer Beratungsstelle oder sogar der gemeinsame Gang ist öfters hilfreich für beide Seiten. Jugendliche suchen selten von sich aus eine Beratungsstelle auf, machen dann aber oft gute Erfahrungen, wenn sie dort gewesen sind. Selber Hilfe suchen Eltern sollten sich öffnen und Rat und Unterstützung bei guten Freunden suchen. Das hilft, Panik zu vermeiden und die Lage „nüchterner" einzu-schätzen. Auch der Besuch einer Beratungsstelle oder eines Elternkreises kann unter Umständen hilfreich sein, um durch eine eigene Beratung einen Weg zum Handeln zu finden. Außerdem ist es für die Eltern wichtig, die Sanktionsformen der jeweiligen Schule zu kennen, zu unterstützen und mit dem eigenen Verhalten zu er-gänzen. Falls es noch keine Sanktionsformen („Handlungsfahrplan zum Umgang mit Drogen“) an der betreffenden Schule gibt, können Eltern sich dafür einset-zen. Beispiele für solch einen Handlungsplan können sie diesem Manual, Kapitel „Zielgruppe Schülerinnen und Schüler“, entnehmen.

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Zielgruppe Eltern

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III.2 Hinweise und Tipps für Fachkräfte, die einen

Elternabend durchführen Auf einem Elternabend kann das Thema in der Regel nicht abschließend be-handelt, können nicht alle Fragen beantwortet werden. Präventionsfach-kräfte sollten sich deshalb im Vorfeld einen Rahmen abstecken, in dem sie sich bewegen wollen. Das folgende Kapitel benennt einige Aspekte, die hierbei als Orientierungspunkte hilfreich sein können – eine notwendige Reihenfolge oder Wertigkeit besteht nicht. Grundsätzlich sollte die Fachkraft:

• die Eltern „abholen", wo sie stehen und an konkreten Alltagsproble-men anknüpfen

• Eltern Raum geben für ihre eigenen Bedürfnisse • geschlechterbewusst handeln • Aspekte einer suchtpräventiven Erziehung mit „echten“ Beispielen er-

läutern • Interesse für gemeinsame Elternaktivitäten und Austausch wecken • die Eltern ermutigen, eigene Ressourcen zu erkennen

III.2.1 Verantwortung und Wunschbilder

An solchen Elternabenden kann irgendwann auch der Begriff „Schuld“ fal-len. Wenn Sie den Begriff „Schuld" durch „Verantwortung" ersetzen, er-laubt dies den Blick nach vorne, lenkt den Focus auf die eigene Person und schafft gleichzeitig ein Bewusstsein für Grenzen. Der Begriff „Familie“ ist geprägt durch die eigenen Erfahrungen. Gleichzeitig sind Bedürfnisse und Wünsche (z.B. nach Sicherheit, Zugehörigkeit, Ge-borgenheit) an ihn geknüpft. Kinder spielen gerne „Vater, Mutter und Kind", schon früh entstehen „Wunschbilder" von der idealen Familie in den Köpfen (genährt durch Film, Märchen und aufgenommene, verinnerlichte Facetten, oft fern von der erlebten Realität). Weil die eigenen Bilder von Familie oft wenig der Realität entsprechen, entstehen Schuldgefühle. Hier könnte man thematisieren: Entgegen dem Wunschbild ist es normal, dass nicht alles perfekt abläuft, dass Probleme oder Krankheit das Zusammenleben erschweren. Entgegen dem Wunschbild ist es heute normal, dass Ehen geschieden werden, dass sich Familien trennen und sich neue Familien aus den „Familienfragmenten" bilden. In vielen Familien ist Armut ein Thema und steht dem perfekten Bild entge-gen, welches uns von der Werbung suggeriert wird. Dazu kommt oftmals die heutige Arbeitsmarktsituation und schwierige Bedingungen für Familien mit Kindern.

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Zielgruppe Eltern

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Auch bezüglich der Elternrolle differieren „Idealbild" und Wirklichkeit: Hier können folgende Hinweise für Eltern entlastend sein: • Eltern wirken mehr durch ihr Tun, als durch das, was sie ihren Kindern

sagen (Vorbild). • Eltern haben neben ihrer Elternrolle oft noch viele andere soziale Rollen

zu erfüllen, z. B. als Arbeitnehmer/in, als Kollegen/Kolleginnen, als E-hepartner/in, als Freund/in. Dies kann zu Spannungen oder Stress füh-ren. Im gemeinsamen Gespräch zu erfahren, dass man in dieser Situa-tion nicht alleine steht, kann sehr entlastend sein.

III.2.2 Handeln und agieren Sie als Fachkraft geschlechterbewusst

Geschlechterbewusste Pädagogik ist eine Haltung und beinhaltet einen ge-schlechtsspezifischen Blick. Es ist wichtig, sich der geschlechtsspezifischen Unterschiede, Entwicklungen, Anforderungen und den spezifischen Bedürf-nissen bewusst zu sein. Dies wird ebenfalls im Handeln und Wirken deut-lich:

• Was brauchen Mädchen? Welche Stärken haben sie? Was sind ihre Entwicklungsaufgaben? Was sind ihre Probleme? Was ist Weiblich-keit? Auf welche Erwartungen treffen Mädchen?

• Was brauchen Jungen? Welche Stärken haben sie? Was sind ihre Ent-wicklungsaufgaben? Was sind ihre Probleme? Was ist Männlichkeit? Auf welche Erwartungen treffen Jungen?

• Geschlechterbewusste Arbeit beinhaltet außerdem, sich seiner eige-nen geschlechtlichen Identität sicher zu sein

Zum Thema Cannabis kann man diskutieren, ob es eher die Mädchen oder die Jungen sind, die mit Cannabis auffallen. Womit könnte das Verhalten aus diesem Blickwinkel zusammenhängen? Probieren, Unabhängigkeit und Autonomie demonstrieren, Sachkunde zeigen, Mut bei Illegalität zeigen, Abgrenzung, Cliquenzugehörigkeit zeigen - dies und viele andere Themen bekommen durch die „geschlechterbewusste Brille" gesehen neue Aspekte.

III.2.3 Eltern abholen, wo sie stehen

Dazu muss sich die Fachkraft gleich zu Beginn Informationen von den El-tern einzuholen, über ihre Wünsche und Befürchtungen. Dies lädt sie zum Gespräch ein. Eltern sind und handeln ganz verschieden. Es ist wichtig, ih-nen zu vermitteln, dass diese Unterschiedlichkeit völlig okay ist.

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Zielgruppe Eltern

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III.2.4 Eltern Raum geben für ihre eigenen Bedürfnisse – Vorbildfunktion

Kinder lernen meist nicht das, was Eltern ihnen sagen, sondern das, was die Eltern ihnen vorleben. Wenn Eltern zum Beispiel viel schimpfen, dann lernen Kinder das Schimpfen. Kinder schauen sich das meiste von den El-tern ab. Es ist gut, wenn Eltern auch gut für sich sorgen können. Dies schauen sich die Kinder ebenfalls ab und die Zufriedenheit der Eltern wirkt gleichfalls auf die Kinder. Folgende Punkte könnten auf einem Elternabend beim Themenbereich „El-ternbedürfnisse" von Bedeutung sein: • Die Erwachsenen-Beziehung außerhalb der Elternrolle (Sehen sich die

Eltern nur noch als "Mutter" und "Vater"? Bleiben Bedürfnisse auf der Strecke, kann der daraus resultierende Stress thematisiert werden?)

• Eltern als Erziehungs-Team (Sehen Eltern sich als Team? Werden die Erziehungsziele gemeinsam abgesteckt? Was passiert bei unter-schiedlichen Zielen /Auffassungen? Lassen sich Eltern z.B. durch den Austausch mit Bekannten coachen? Gibt es einen gemeinsamen, ein-heitlichen Erziehungsstil? Sind die Rollen und Aufgaben klar abgesteckt und gerecht verteilt?)

• Anerkennung (Bestätigt man sich gegenseitig? Wird das Erledigen von Aufgaben noch anerkannt, belobigt? Findet ein abendlicher Austausch über den Tag statt?)

• Ruhe (Wie finden Eltern Entspannung? Gibt es Ruhe-Inseln? Hält man sich abwechselnd den Rücken frei?)

• Freizeitgestaltung / Hobbys (Können diese noch durchgeführt werden? Was bleibt auf der Strecke? Gibt es dadurch Frust?)

• Probleme Alleinerziehender (Wie läuft all dies bei Alleinerziehenden? Wie können sie sich entlasten bzw. wo können sie sich Hilfe holen? Wo finden sie ihren Ausgleich?)

Wichtig ist, dass die Gespräche nicht zu defizitorientiert ausfallen. Die meis-ten Eltern geben ihr Bestes und machen viele Sachen sehr gut. Dies gilt es, ihnen zu verdeutlichen.

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Zielgruppe Eltern

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III.2.5 Aspekte einer suchtpräventiven Erziehung mit „echten“ Beispielen veranschaulichen

Im Rahmen eines Elternabends ist es gut, Aussagen mit Beispielen, wenn möglich aus dem eigenen Familienalltag (aber auch „gehörte“), zu un-terstreichen. Das lockert die Atmosphäre auf und ermöglicht, dass Eltern sich selbst in den Beispielen wieder finden und sich stärker damit identifi-zieren. So wird der wichtige Eindruck weitergegeben, dass suchtpräventive Erziehungsmaßnahmen nicht noch zusätzlich nötig sind, sondern im bereits vorhandenen Erziehungsstil vorkommen. III.2.6 Interesse für gemeinsame Elternaktivitäten und Austausch wecken

Eltern möchten das Beste für ihr Kind und alles richtig machen. Doch Erzie-hung ist ein schwieriges Geschäft. Noch nie war die Frage nach der „richti-gen Erziehung“ so kompliziert zu beantworten wie heute – fehlt doch in un-serer pluralistischen Gesellschaft mittlerweile ein allgemeingültiges Nor-men- und Wertesystem. Verbunden mit einer Vielzahl von Angeboten, die es früher so nicht gab, ergibt dies eine „Multi–Optionen–Gesellschaft“ mit einer nahezu unbegrenzten Fülle von Verhaltensmöglichkeiten. Für Eltern bedeutet dies der Verlust von Klarheiten und Eindeutigkeiten. Diese sind jedoch notwendig für eine suchtpräventive Erziehung, die mit klaren Freiräumen und Grenzen arbeitet: Raum für Entwicklungsmöglich-keiten einerseits, Geländer, Schutz und Sicherheit andererseits. Es gibt sicherlich kaum Eltern, die beim Durchsetzen von Grenzen nicht schon einmal den Spruch von ihren Kindern gehört haben: „Warum darf ich das nicht, die anderen Kinder dürfen das doch auch …?!“ Denn seit Urzeiten gelingt es Kindern mit diesem Vorgehen immer wieder, die eigenen Eltern zu verunsichern und eine Lockerung der Grenzen zu erfahren. Es mag frü-her für Eltern relativ leicht gewesen sein, dieses Vorgehen zu kontern mit dem Hinweis (und der tatsächlichen Durchführung!), sich einmal bei den anderen Eltern von der Richtigkeit dieser Aussage zu überzeugen oder – einfacher noch – mit der Zurechtweisung „Das mag ja sein, aber wir ma-chen das anders!“ die Diskussion zu beenden. Heute sind jedoch viele El-tern verunsichert und die Angst ist offenbar groß, es könnte der Eindruck entstehen, sie kämen mit ihren Kindern nicht zurecht, wenn sie sich mit anderen Eltern über Erziehungsziele abstimmten oder sich Rat suchten, bzw. bei anderen als „altmodisch“, „komisch“ o. ä. angesehen zu werden. Präventionsfachkräfte sollten diese Ängste berücksichtigen und zunächst deutlich machen, dass es fast allen Eltern genau so geht. Sie sollten Eltern Mut zum Austausch und zur Abstimmung machen – auch, damit sie sich ihrer eigenen Haltung sicherer sein können.

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

Zielgruppe Eltern

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Gerade bei der Erstellung von sozialen Regeln, die in der Diskussion um den risikominimierten und genussorientierten Umgang mit Drogen oftmals eine viel größere Rolle spielen als Gesetze, ist diese Abstimmung und das Abgleichen von Haltungen unerlässlich. Eine Austauschmöglichkeit für Eltern besteht z. B. bei:

• Elternstammtischen • Regelmäßigen Gesprächsrunden im privaten Kreis (rotierend) • gemeinsamen Freizeitaktivitäten • Eltern-Vereinen • Elterninitiativen an Schulen (z. B. „Gesundes Frühstück“ o. ä.)

Präventionsfachkräfte sollten dabei nicht nur für die Initiierung solcher Aus-tauschforen zur Verfügung stehen, sondern sich auch zu einer Anleitung und Begleitung bereit erklären, sofern die Zeit es zulässt. Die professionelle Betreuung und der fachlicher Input kann einerseits Vorbehalte der Eltern mindern und andererseits der Diskussionsfortführung dienen. III.2.7 Ermutigen, eigene Ressourcen zu erkennen

Eltern sollte verdeutlicht werden, dass es bei dem Elternabend nicht primär darum geht, neue präventive Erziehungsmethoden noch zusätzlich kennen zu lernen, sondern dass die bestehenden eigenen Erziehungsmethoden be-reits suchtpräventiven Charakter haben können. Es gilt, das genauer zu er-kennen und auszuweiten. Man kann dann bei Fragen und in Diskussionen ganz gezielt auf die Ressourcen des/der Betroffenen eingehen, auf die Bei-spiele, die er/sie aus seinem Alltag schildert (eine Satire dazu finden sie im Anhang C.4. Diese eignet sich gut, um sie den Eltern mit auf den Weg zu geben und zum Nachdenken anzuregen).

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Zielgruppe Eltern

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Anhang

A Einladungstext für einen Elternabend

B Interaktionsübung zur Veranschaulichung der Suchtbegriffe

C Folienvorlagen C.1 Cannabis – Abbildungen C.1.1 Wie wird Cannabis konsumiert C.2 Symptome für einen möglichen Drogenkonsum C.3 Umgang mit konsumierenden Jugendlichen C.4 Wie Sie Ihre Kinder ermutigen können, Drogen zu nehmen

D Materialien zur Suchtprävention - Literatur

E Flyer zum Kurs für jugendliche Kiffer

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

ANHANG

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A Einladungstext für einen Elternabend Liebe Eltern, hiermit möchten wir Sie herzlich zu einem Elternabend mit dem The-ma: “Fragen zum Erziehungsalltag: Wie schütze ich mein Kind vor Sucht?“ am …. um …. Uhr einladen. Der Umgang mit Substanzen wie Alkohol, Zigaretten oder Cannabis hat in unserer Gesellschaft viele Facetten. Viele Verhaltensweisen werden bereits in der Kindheit gelernt – dazu gehört auch der Um-gang mit Suchtmitteln. Deshalb können Eltern ihre Kinder auf den Umgang mit diesen Substanzen vorbereiten und sie darin unterstüt-zen, diese Suchtmittel nicht schädigend einzusetzen. Das Anliegen von Suchtvorbeugung ist es wiederum, den Eltern bei dieser Erzie-hungsaufgabe zu helfen. Zeitgemäße Suchtprävention versucht, Risikofaktoren für Suchtmit-telmissbrauch oder Suchtgefährdung aufzudecken und Schutzfaktoren zu stärken. Sie zielt dabei auf eine umfassende Gesundheitserzie-hung, die das körperliche, psychische und soziale Wohlbefinden zum Ziel hat. Auch diese Erziehung beginnt sehr früh - lange bevor das Individuum z.B. mit Rauschmitteln in Kontakt kommt. Eltern möchten das Beste für ihr Kind und alles richtig machen - und doch ist Erziehung ein schwieriges Geschäft. Dieser Elternabend soll Gelegenheit geben, unter suchtpräventiven Aspekten Fragen zum Erziehungsalltag nachzugehen: • Wie machen wir unsere Kinder stark? • Wie gehen wir mit Freiräumen um? • Wie wichtig sind Grenzen? • Welchen Einfluss hat das eigene Vorbildverhalten? • Wie viel Zeit braucht ein Kind? • Was braucht ein Kind und was braucht es nicht? • Wie bleibe ich mit meinem Kind in Kontakt? • Was kann ich ihm zumuten, wo braucht es Hilfe? • …

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

ANHANG

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B Interaktionsübung zur Veranschaulichung der Suchtbegriffe Interaktionsübung „Suchtverlauf“ 25 Ziele:

• Die Entstehung von Sucht und den Verlauf einer Suchterkran-kung deutlich zu machen

• Eigene Konsummuster erkennen Vorbereitung - Materialien: Sieben Moderationskarten mit folgenden Begriffen beschriften: Kon-sum, Genuss, Gewöhnung, ausweichendes Verhalten, Missbrauch, Suchterkrankung, eine Uhr. Zeit: 30 – 45 Minuten Beschreibung: Legen Sie die Karten ungeordnet auf dem Boden aus. Geben Sie zwei Eltern den Auftrag, in den nächsten fünf Minuten eine stimmige Rei-henfolge eines „Suchtverlaufes“ zu legen (Womit fängt Sucht an und wo hört sie auf?). Danach geht die Frage an die gesamte Gruppe, ob sie mit dieser Reihenfolge einverstanden ist. Änderungsvorschläge werden sichtbar gemacht, indem Sie die Kartenfolge ändern. In der Regel entsteht eine Diskussion. Um diese in Gang zu halten, können mögliche Fragen an die Eltern sein: Denken Sie bei diesem Verlauf an eine bestimmte Substanz (z.B. Cannabis)? Hat dieser Verlauf auch bei anderen Mitteln (z.B. Zigaretten) noch seine Gültigkeit? Spannend ist auch die Frage, ob es eine Sucht gibt, die ohne Rauscherlebnisse ent-steht. Wenn keine Änderungen mehr vorgenommen werden, kann die Frage: Wie lange mag es dauern, bis ein Mensch suchtkrank ist? O-der: Bis zu welchem Stadium dieses Verlaufes ist es einem Menschen

noch möglich, wieder aufzuhören? diskutiert werden. Variationen und Kombinationen: Möglich ist es auch, Arbeitsgruppen zu bilden, die jeweils einen Suchtverlauf legen sollen. Später kann man im Plenum vergleichen und nochmals diskutieren. Eine weitere Möglichkeit stellt die Aufgabe dar, zu unterschiedlichen Substanzen einen Verlauf zu legen (Team A zu Tabak; Team B zu Al-kohol; Team C zu Schokolade ...).

25 Vergl.: BzgA Jugendfilmtage – Nikotin und Alkohol, Begleitmaterial für LehrerInnen, Köln 2004

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ANHANG

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C Folienvorlagen C.1 Cannabis – Abbildungen

Marihuana Gras, Weed, Ganja

Getrocknete Blü-

ten,Blätter, Stängel-

spitzen

THC 1-7% ,bei

Skunk 15%THC

Haschisch Dope, Shit

gepresster

Harz,

5-12% THC

Haschischöl Hasch u. Mari-

huana mit

Lösungsmitteln

versetzt

12% - 60 %THC

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

ANHANG

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C.1.1 Wie wird Cannabis konsumiert?

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

ANHANG

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C.2 Symptome für einen möglichen Drogenkonsum • Absinken der schulischen Leistungen auf allen Gebieten

• Vernachlässigung von Hobbys

• Vernachlässigung des äußeren Erscheinungsbildes (Klei-

dung, Körperpflege, Ordnung)

• Wechseln des Freundeskreises, Aufgabe der Kontakte zu nicht konsumierenden Freunden, sozialer Rückzug

• Rückzug aus der familiären Kommunikation

• Verweigerungshaltung gegenüber elterlichen Wünschen /

Anordnungen

• allgemeine Antriebslosigkeit, Müdigkeit, passives Herum-hängen

• allgemeines Desinteresse

• Wesensveränderungen mit Stimmungsschwankungen:

Wechsel von Gereiztheit, Unruhe, Schläfrigkeit, Lustlosig-keit, unerwarteter Aggressivität, Verlangsamung

• Im Gespräch unkonzentriert, unfähig aufmerksam zuzuhö-

ren

• Realitätsverlust („Ich habe den Durchblick, alle anderen haben keine Ahnung...“)

• Notorischer Geldmangel

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

ANHANG

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C.3 Umgang mit konsumierenden Jugendlichen

• Konfrontation

• Nicht verharmlosen – nicht dramatisieren

• Gesprächsbereitschaft signalisieren

• Konsumverhalten hinterfragen/ Auseinanderset-zung fördern

• Konsequenzen des Konsums erlebbar machen, Alternativen aufzeigen

• Klare Grenzen setzen

• Motivation zum „Außengespräch“ / Besuch einer Beratungsstelle

• Selbst Hilfe suchen

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Arbeitsmanual Cannabis und Schule

ANHANG

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C.4 Wie Sie Ihre Kinder ermutigen können, Drogen zu nehmen 26 • Hören Sie Ihren Kindern niemals zu - sprechen Sie über sie, aber nie-

mals mit ihnen • Vermeiden Sie es, sich in der Familie zusammenzusetzen. • Schaffen Sie Familientraditionen ab, auf die sich Ihre Kinder womöglich

noch freuen. • Untergraben Sie die Rolle Ihrer Erziehungspartnerin/Ihres Erziehungs-

partners und lassen sie/ihn keinen Einfluss gewinnen. • Legen Sie Wert auf die äußere Form und lassen Sie die Finger von läs-

tigen Werte-Diskussionen. • Schützen Sie Ihre Sprösslinge vor eigenen Erfahrungen z.B. mit Kälte,

Müdigkeit, Abenteuer, Kränkung, Experimenten, Risiken, Bekannt- und Freundschaften, Herausforderungen etc.

• Halten Sie Ihren Kindern immer wieder einen Vortrag über die Gefähr-

lichkeit von Drogen - Ihr eigenes Verhalten spielt dabei keine Rolle. • Setzen Sie klare Prioritäten für die Bedeutung von materiellen Werten

für Ihr Leben und das Ihrer Familie. • Erwarten Sie von Ihren Kindern, dass sie in ihrem späteren Leben ein-

mal all das verwirklichen, von dem Sie immer geträumt haben. • Sehen Sie in Ihrem Kind den „Gewinnertyp“ und erwarten Sie das auch

von ihm. • Stellen Sie kleinere Gesetzesüberschreitungen Ihrerseits z.B. im Stra-

ßenverkehr im Beisein Ihres Kindes als Kavaliersdelikte dar, die doch keiner merkt.

• Lassen Sie Ihre Kinder niemals selbst Verantwortung übernehmen,

kümmern Sie sich um alle Angelegenheiten selbst. • Gehen Sie mit ihrem Kind wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt. • Lösen Sie die Probleme für Ihre Kinder - treffen Sie für sie die Ent-

scheidungen. 26 Vergl. ajs Aktion Jugendschutz, Landesarbeitsstelle Baden-Württemberg, Stuttgart 1998.

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ANHANG

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D Materialien zur Suchtprävention - Literatur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2005): Die Drogen-affinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2004. http://www.bzga.de -> Studien/Untersuchungen -> Aktuelle Studien. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.)(1998). Step by Step. Suchtvorbeugung in der Schule. Köln. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.) (2004): „Ju-gendfilmtage – Nikotin und Alkohol“ Begleitmaterial für LehrerInnen. Köln. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (1994): Sucht- u. Drogenprävention 5.-10- Klassen: Klett Verlag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (1992): Drogen Rau-chen, Alkohol, Opiate 11.-13. Klassen: Klett Verlag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2004): Schule und Cannabis Regeln, Maßnahmen, Frühintervention: Klett Verlag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2003): Auf dem Weg zur rauchfreien Schule Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2003): Rauchen Klas-sen 5-10, Klett Verlag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2003): Arzneimittel Klassen 5-10, Klett Verlag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2005): Alkohol Klas-sen 5-10, Klett Verlag Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (1994): Essgewohn-heiten 5-10 Klassen: Klett Verlag Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (Hrsg.) (2005): Jahrbuch Sucht 2005. Geesthacht: Neuland. Fässler, Nacht (1997): Drogen zwischen Herrschaft und Herrlichkeit. Schatten Verlag. Grigoleit, Wenig, Ziegler (1994): Handbuch Sucht. St. Augustin: Asgard. Gross, W. (2003): Sucht ohne Drogen. Frankfurt a.M.: Fischer.

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ANHANG

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Hurrelmann, Klotz, Haisch (Hrsg.) (2004): Lehrbuch Prävention und Gesundheitsförderung. Bern: Verlag Hans Huber Kuntz (2002): Cannabis ist immer anders. Stuttgart: Beltz. Kupfer, J.B. (1996): Die künstlichen Paradiese. Stuttgart: Metzler. Leppin, A., Hurrelmann, K., Petermann, H. (2000): Jugendliche und Alltagsdrogen. Neuwied: Luchterhand. Mack, F., Schneider, R., Wäschle, H. (1996): Sucht im Schulalltag. Geesthacht: Neuland. Miller, W.R., Rollnick, S. (1991): Motivational interviewing. Preparing people to change addictive behavior. New York, The Guilford Press, deut-sche Ausgabe 1999: Motivierende Gesprächsführung, Freiburg i. Br., Lam-bertus. Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (2002): Das Bausteinprogramm schulische Suchtvorbeugung (BASS). Hannover. Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen (2005): I lost my lung, Bob! Prävention des Tabakkonsums. Hannover. Parnefjord (2000): Das Drogentaschenbuch. 2. Auflage, Stuttgart: Thie-me. Schmidbauer, vom Scheidt (2004). Handbuch der Rauschdrogen. Frank-furt: Fischer. Schu, M. u.a. (2002): Case Management mit integrietem Motivational Interviewing, Manual, Frankfurt/Main Allgemeine Informationen: Drogenaffinitätsstudien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter http://www.bzga.de -> Studien/Untersuchungen -> Aktuelle Studien. http://www.drugcom.de Internetseiten des Bundesgesundheitsministeriums http://www.bmgs.bund.de -> Drogenbeauftragte/r Internetseiten des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung: http://www.bmgs.bund.de/deu/gra/themen/praevention/drogen/2326.php