Chrisiane Kubrick über Stanley
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BELLEVUE Tages-Anzeiger · Freitag, 27. April 200726
gründig-Komischem und Lustig-Lieblichem und ist ein gleichermas-sen gewagter wie waghalsiger Slap-stick mit schnellen Wechseln. Diebeiden Barden stürzen sich in ver-schiedenste Kostüme, mimen all dieFiguren, doch immer wieder funktdas richtige Leben dazwischen.
Casinotheater Winterthur, Fr/Sa 20h.
Romeo und JuliaDie Theatermacher Ruedi Widtmannund Ruedi Meyer bringen ein neuesStück voller Witz und Ironie auf dieBühne. Sie spielen «Romeo und Julia»– William Shakespeare hätte seinehelle Freude daran gehabt. Die Lie-bestragödie balanciert zwischen Ab-
Apfel-Zitrone-Ringe mitForellenfiletsFür 4 Portionen
3–4 Äpfel, nach Belieben entkernt, in Ringe ge-schnitten, 1 Zitrone in Scheiben geschnitten,Butter zum Dämpfen, 2 dl Fischfond oder Ge-müsebouillon, Salz, Pfeffer aus der Mühle, 4 Fo-rellenfilets, ohne Haut, 500 g Bratbutter oderBratcrème, Salz, Pfeffer aus der Mühle
Apfelringe und Zitronenscheiben in der Butter an-dämpfen. Mit Fond oder Bouillon ablöschen, zuge-deckt 2–3 Minuten knapp weich garen, würzen. Fo-rellenfilets in der heissen Bratbutter 2–3 Minutenbraten, würzen. Apfel-Zitronen-Ringe auf vorge-wärmten Tellern anrichten, Jus darüberträufeln.Forellenfilets darauflegen.
Aus der
Z Ü R I C HDer Gott des Gemetzels. VonYasmina Reza. Regie: Jürgen Gosch.Schauspielhaus am Pfauen, 20h.
Tom Gaebel. Die treibende Kraftder aktuellen Swing-Renaissanceswingt wie Frank Sinatra und inter-pretiert mit der Bigband Klassikervon «Bad Bad Leroy Brown» bis hinzu «Up Up And Away», aber auch Ei-genkompositionen. X-tra, 19.30h.
Ludwig.Hohl.Vorläufig.Endgülti-ge.Fassung. Michel Schröder/Kraut_produktion über den Schwei-zer Dichter Ludwig Hohl. Fabrikthea-ter Rote Fabrik, 20h.
Swiss Reggae Splash 2007. Live aufder Bühne: Bunny Wailer, Capleton,Third World und Mystic Revelationof Rastafari. Volkshaus, 20h.
R E G I O NBlues Exercise. Klaus Knöpfle (sax),Andi Schnoz (g), Roland Christen (b)und Reto Giacopuzi (dr). Esse Music-bar Winterthur, 18h.
Fall Into Rock Winterthur. Pan-téon Rococó aus Mexiko mit einemMix aus traditionellem Latin, Ska undReggae. Support: Kulturattentat.Salzhaus, ab 20h. Oncle Floyed (CH)spielt Rock und tauft ihre CD im Al-banir, 20h. Phraseland (CH) sind malfunkig und rockig, dann wieder akus-tisch und intim. Kraftfeld, 21h.
Leipziger Streichquartett. AndreasSeidel und Tilman Büning (Violinen),Ivo Bauer (Viola), Matthias Moos-dorf (Violoncello). Villa BoveriBaden, 20h.
will em öppe emal Hörnliufgsetzt han, dänk (sie lacht dre-ckig und greift sich Jacko-mässigin den Schritt). So, jetzt muess iaber los. Lütsch mer dänn a, gälljungä Maa.»
Mehr war leider nicht heraus-zukriegen (da war Mel C. einfa-cher zu knacken). Tja, was solls.Die erste von Olga Häberlis Gug-gel-Storys lesen Sie am 25. Mai.
Die Website zur Geschichte:www.theguggel.com. Hier findetman fast alles Wissenswerte überThe Guggel, Olga und . . . ja, daswärs.
«Das säged ihr immer, ihrSchmierfinkä. Nänei du, es an-ders Mal, gäll.»
Sie liess mich dann tatsächlichstehen. Zwei Tage später hab ichsie erneut abgepasst. Sie wareben unterwegs zu ihrem tägli-chen Kaffeeklatsch.
«Frau Häberli, händ Sie . . .»(sie erschrickt, was wohl derGrund ist, dass sie laut wird) –«Häh? Wer sind dänn Sie?» –«Wyss, vo de Zii . . .» (sie unter-bricht) – «Nei, nöd scho wiederde huerä Schtürmi. Also, waswotsch?» – «Wieso sind Sie undde Guggel nüme zäme?» – «Ja
«Grüezi Frau Hä-berli, händ Sie en Mo-ment Ziit?» – «Häh?Wer sind dänn Sie?» –«Min Name ischWyss, ich bi de Jour-nalischt vo de Ziitig,mir händ dochchürzli . . .» (sie un-terbricht) – «Aha, dä.Was wänd Sie schowieder?» – «Ich het
no ä ganz konkreti Frag, ich . . .»(sie unterbricht) – «Ouh nei du,kä Ziit, jungä Maa. Muess hei, däRex wartet, dä wott siis Frässi.» –«Es gaht würkli nöd lang!» –
aber eines noch wis-sen: Durch was hattesie The Guggel ge-fühlsmässig so starkverletzt, dass er sichvon der Gesellschaftund ihren Konventio-nen verabschiedeteund heute als spätpu-bertärer und hyper-sensibler Outcast mitdem Übernamen«Die Schande von Altstetten» da-hinvegetiert? Ich hab sie amDienstag abgepasst, als sie geradevom wöchentlichen Coiffeur-termin kam.
Mit Olga Häberli sprachThomas Wyss
Wie am 30. März ange-kündigt, wird manhier fortan jeden letz-ten Freitag im Monat
in den schwer verdaulichen Ge-nuss von Guggels Abenteuernkommen. Als Erzählerin wirdseine Ex-Frau Olga Häberli am-ten, die – Schicksale kennen keinPardon – eine Etage über ihmwohnt. Bevor mir die fesche Mitt-fünfzigerin (siehe Bild) künftigrapportieren wird, musste ich
L A D O L C E V I T A
The Guggel (2) – Ein Interview mit seiner Ex
«Das wäre sonst alles nur vermodert»Christiane Kubrick, 75-jährigeWitwe der 1999 verstorbenenFilmlegende Stanley Kubrick,über ihre Jugend nach demDritten Reich und die Arbeits-weise ihres Mannes.
Mit Christiane Kubricksprach Nina Scheu
Sie stammen aus einer Theaterfamilie, Ihrebeiden Eltern waren Opernsänger, IhrBruder wurde Filmproduzent, Sie selbst sindTänzerin und Schauspielerin. Gab es danie den Wunsch auszubrechen und «bürger-lich» zu werden?
Andersrum schon: Ich wollte immerMalerin werden. Aber als Frau konnte mannach dem Krieg mit so einem Berufs-wunsch nur verhungern. Mein Vater warhochbesorgt, dass ich in einer Porzellanfa-brik als Tellermalerin enden könnte, daskam also gar nicht in Frage. Stattdessenhatte ich schon als Kind Ballettunterrichtund spielte Theater. Ich träumte allerdingsimmer davon, beim Film so viel Geld zuverdienen, dass ich dann einmal heimlichKunst studieren könnte.
Doch dann trafen Sie Stanley Kubrick?Er traf mich: Er hatte eine Szene für
«Paths of Glory» (1957) geschrieben, diedem Film ein lyrisches Ende geben sollte,und suchte dafür eine Schauspielerin. Ichwar ihm in einer Fernsehsendung aufgefal-len. Meine Agentin organisierte also einVorsprechen, und er hat mich engagiert.So war das. Später konnte man lesen, erhabe die Szene extra für mich geschrieben.Das ist alles nicht wahr.
Und wann haben Sie sich verliebt?Unmittelbar: Er kam etwa drei Monate,
bevor er meine Szene drehen wollte, anein Theaterfest nach München, um michkennen zu lernen. Es war wirklich Liebeauf den ersten Blick. Als wir dann drehten,hatten wir schon beschlossen zu heiraten,und kurz darauf ging ich mit ihm nachAmerika.
Weshalb zogen Sie später dann nach Eng-land?
Damals versuchte man in Grossbritan-nien, die amerikanische Filmindustrie mitmassiven Steuervergünstigungen auf dieInsel zu locken. Als Stanley Anfang dersechziger Jahre «Lolita» drehen wollte,gingen wir deshalb nach England – undsind dort hängengeblieben.
Sie sind eine geborene Harlan. Ihr OnkelVeit drehte den Nazi-Propagandafilm«Jud Süss». Haben Sie Ihren Nachnamenals Last empfunden?
Es war katastrophal. Deshalb musste ichmich als Schauspielerin Susanne Christiannennen. Wir waren eine sehr grosse Fami-lie und die Verbindung zu Veits Filmen
war für uns alle furchtbar. Wir Kinder wa-ren besonders ratlos: Wenn man alsKnirps jemanden lieb gewonnen hat, gehtdas nicht einfach wieder weg. Ich hab ihnbis ins Alter sehr geliebt, aber ich kann ihnnicht entschuldigen.
Aber vielleicht verstehen?Der Film ist fürchterlich in seiner Ver-
einfachung des Ungerechten und so blöd,dass ich überhaupt nicht verstehen kann,wie man auf so etwas reinfallen konnte.Veit war ein hochtalentierter Schauspie-ler, sehr drollig, von ungeheurer Energie.Aber er verwechselte sein Talent mit In-telligenz. Er war der Hofnarr der Mächti-gen und hat es tatsächlich nicht gemerkt.Deshalb wurde er freigesprochen, und dasist die einzige – kleine – Entschuldigung,die ich für ihn habe.
Wie war das denn in der Schule?Da hat man schon zu spüren bekommen,
wie man hiess. Andererseits war ich janicht die Einzige. Als Kind war ich in derLandverschickung gewesen und völlig«verbauert». Deshalb schickte man michins Internat nach Salem, wo man mir etwasUmgang beibringen sollte. Wir warenfürchterliche Kinder, verwahrlost, vomKrieg verroht. Der legendäre Schulleiter,Kurt Hahn, hat uns damals Demokratiebeigebracht. Ich kann mich noch gut erin-nern, dass ich zuerst dachte: Das wird
doch nie was. Ich hatte überhaupt keinVertrauen mehr.
Als Ehefrau einer Legende muss man seinEgo oft zurückstecken. Inwiefern warenSie an Stanley Kubricks Arbeit beteiligt?
Er hatte seine Filme, ich meine Malerei.Er hat es mich nie fühlen lassen, dass erder Wichtigere ist – das haben wir beidegewusst. Man fragt mich oft, ob ich seineMuse gewesen sei. Aber ich müsste ja eineMordsmuse gewesen sein, wenn so etwasdaraus entstehen konnte.
War er zu Hause so pedantisch wie auf demFilmset?
Er war nicht pedantisch, er war beses-sen. Von allem: Von seinen Geschichten,seinem Film, seinen Hunden und Katzen,seiner Frau und den Kindern. Ganz egal,was es war, er hat für alles sehr stark emp-funden. Dieser riesige Radarschirm, dener hatte, verursachte auch Störungen: Esinteressierte ihn alles, und alles lenkte ihnab. Er hätte gerne mehr Filme gedreht.Manchmal hat er sich einfach zu spät ent-schlossen und sich dann fürchterlich da-rüber geärgert.
Wie hat er sich denn zum Arbeiten zurück-gezogen?
Selbst wenn Multitasking noch kein Be-griff war: Er hat das erfunden. Er arbeitetemit dem Telefon am Ohr, einem Kind auf
dem Schoss, der Hand auf dem Kopf seinerKatze und kochte dazu. Vor allembrauchte er nur vier Stunden Schlaf. Ichhabs mal ausgerechnet: Er hat eigentlichelf Jahre länger gelebt, weil er so wenig ge-schlafen hat. Er war ein ungeheuer ordent-licher Mensch, was seine Gedanken, Fi-nanzen und Pläne anbetraf, aber er konntenie seinen linken Schuh finden. Da war ereine entsetzliche Schlampe.
Dann war also nicht alles so ordentlich, wiees in der Ausstellung daherkommt?
Nichts war geordnet! Wenn ein Film zuEnde war, liess er alles einpacken undmeinte, er würde die Sachen dann zu Hauseaussortieren. Aber dieser grosse Aufräum-traum wurde nie Wirklichkeit. Wäre er jedazu gekommen, hätte es diese Ausstellungnie gegeben, weil er die Geduld verlorenund alles weggeschmissen hätte. So aberstand ich nach seinem Tod vor einem Meervon Kisten und Schachteln und wusstenicht, wie ich je damit fertig werden sollte.Das wäre alles vermodert, wenn das Deut-sche Filmmuseum nicht diese Ausstellunghätte machen wollen.
Ausstellung und Retrospektive: StanleyKubrick – Inside the Mind of a VisionaryFilmmaker, noch bis 2. September imPapiersaal, Sihlcity.
Ausstellungs-Besprechung Seite 55
BILD MATTHIAS JURT
«Er hat es mich nie fühlen lassen, dass er der Wichtigere ist»: Christiane Kubrick über ihren Ehemann Stanley.