CHRISTINDER GEGENWART Die Menschen in Mitteleuropa leben … … · auf Erden in der Fremde und...

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Nr. 24 /2 019 CHRISTINDER GEGENWART CHRISTLICHES ZEITGESCHEHEN Pilgern - draußen und innen Seit Hape Kerkelings Bericht "Ich bin dann mal weg" über seine Erfahrungen auf dem Jakobsweg hat sich die Pilgerbegeisterung deutlich gesteigert. Doch bereits im Alter- tum haben Menschen sich auf den Weg ge- macht und Heiligtümer besucht. Beli ebte Ziele im antiken Griechenland waren zum Be ispiel das Orakel in Delphi, die Kultstätte für den Heilgott Asklepios in Epidauros oder der Tempel der Artemis in Ephesos. Der Professor für Kirchengeschichte an der Universität Fulda, Notker Baumann, be- schäftigt sich in der Zeitschrift "Theologie der Gegenwart" mit christlichen Pilgern- den und stellt fest: "Einerseits wenden sich Christen als Wallfahrer Gott oder einem Heiligen zu und möchten dessen Nähe er- fahren. Andererseits ve rstehen Christen ihr gesamtes irdisches Leben als Pilgerschaft, sie sehen sich selbst als Pilger auf dem Weg zum himmlischen Jerusalem." Se it dem zweiten Jahrhundert sind christliche Wallfahrten bezeugt. Zu Beginn wurden meist biblische Orte besucht, um dort den eigenen Glauben zu stärken, an Festen teilzunehmen oder ein Gelübde zu erfüllen. Auch die Verehrung noch leben- der Heiliger war ein Grund für Wallfahr- ten. Von diesen Reisen erhofften sich die Pilgernden Heilung, einen guten Rat oder andere Hilfe. Eine weitere Motivation für das Pilgern war die Verehrung von Reli- quien. Diese Reisen an irdische Orte stehen im Kontrast zu einem inneren Pilgerver- ständnis. Christen können sich als "Mit- bürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes" (Eph 2,19) sehen. Damit leben sie auf Erden in der Fremde und sind lebens- lang auf dem Weg in die eigentliche Hei- mat. Eine Reise an einen heiligen Ort kann dabei helfen, den eigenen Glauben zu stär- ken und Gott als Lebensziel nicht aus dem Blick zu verlieren. Laut Baumann sieht solche "Pilgerschaft das irdische Leben als Aufenthalt in der Fremde. Der Pilgerweg wendet sich dann nicht etwa irdischen heiligen Stätten zu, sondern führt lebenslang himmelwärts. Es bildet eine Reise über irdische Belange hin- aus, zur himmlischen Heimat." Der Diktator ging, der Militärrat kam Die Afrikanische Union hat den Sudan mit sofortiger Wirkung als Mitglied suspen- diert, bis sich dort eine zivile Übergangs- regierung gebildet hat. Das sei der "einzige Weg, der den Sudan aus der aktuellen Krise führen kann", so die Afrikanische Union. Damit reagiert sie auf die jüngsten Ereig- nisse in dem ostafrikanischen Land. Nach dem Sturz des islamistischen Langzeitherr- schers Omar al-Bashir im April regiert ein Militärrat aus der regulären Armee und verschiedenen paramilitärischen Einhei- ten. Diese sollen unter anderen aus den Milizen bestehen, die sich im Bürgerkrieg in Darfur zahlreicher Menschenrechtsver- letzungen schuldig gemacht haben. Die Opposition fordert seit Wochen di.e Abdankung des Militärrats und stattdessen eine zivile Regierung, doch die Verhandlun- gen wurden einseitig vom Militär aufgekün - digt. Seitdem organisiert die Protestbewe- gung "Kräfte von Freiheit und Wandel" friedliche Demonstrationen, doch das Mili- tär geht brutal dagegen vor. Augenzeugen berichteten von anhaltendem Gewehrfeuer in der Hauptstadt Khartum. Soldaten und Mili zen durchkämmten demnach Stadt- viertel, drangen in Gebäude ein, vergewal- tigten und plünderten. Die Opposition spricht von bis zu hundert Toten. Nach dem Blutvergießen hatten die De- monstranten die Gespräche mit der Armee abgebrochen, Übergangspräsident General Abdel Fattah al-Burhan kündigte daraufhin alle Vereinbarungen mit der Opposition auf und Wahlen innerhalb von sieben Mo- naten an. Kritiker befürchten, dass al-Bas- hirs Verbündete diese kurze Zeitspanne nutzen, um erneut an d ie Macht zu kom- men, oder dass der Führer einer paramili- tärischen Miliz die Macht im Sudan über- nimmt. Klimaprotest ist vor allem Fraüensache Die unter der Anführerin Greta Thun- berg hoch emotionalisierten Schülerin- nen-Proteste "Fridays for future" gegen den Klimawandel sind vor allem Frau- ensache. Das hat eine internationale Un- tersuchung der Technischen Universität Chemn itz ergeben. Etwa siebzig Prozent der Demonstranten sind Demonstran- tinnen, wie sich unter anderem in War- sehau, :\.msterda;n oder Florenz bestä- ti::,cte_ schlechtem vermutet hatte. Der deutlich höhere Anteil von Mädchen und Frauen an d er Schüler innenbewegung sei ver- mutlich auf die starke Präsenz weiblicher Führungsfiguren bei dieser Initiative zu- rückzuführen, heißt es . Möglicherweise lässt das männliche Jugendliche eher auf 1 Distanz gehen. Vielleicht sehen Jungen und Männer die Klimaproblematik aber auch nüch- terner:, 52ochlicher, g.efiilil.sbd2- Infiziert mit Alarmismus Die Menschen in Mitteleuropa leben heute in der "besten aller möglichen Zeiten". Davon ist der Philosoph Peter Sloterdijk überzeugt. Trotzdem hielten viele die Welt für schlechter, als sie ist - auch wegen un- ausgeglichener Berichterstattung. Ganze Medienzweige lebten davon, immer neue Bedrohungsszenarien und Schreckensmel- dungen zu verbreiten. Sloterdijk nannte die Bedrohung durch Migration und einen befürchteten Anstieg von Antisemitismus. "Ich glaube an diese ganzen Bedrohungen nicht", erklärte er. Zu oft würden potenzielle Risiken als reale Gefahren ausgegeben. Ka- tastrophenmeldungen könnten sich in Se- kunden über soziale Medien verbreiten und große Gruppen erreichen. Immerhin sei das Gehirn "der infizierbarste Körperteil". Katholisches Blindenwerk Die Digitalisierung hat es blinden und seh- behinderten Menschen leichter gemacht, Bücher und Zeitschriften zu lesen. Das Deutsche Katholische Blindenwerk bietet in seiner Hörbücherei mittlerweile knapp zehntausend Hörbücher in einem speziel- len Format an, mit dem man im Hörbuch navigieren kann wie in einem gedruckten Buch. Jeden Monat versendet die Hörbü- cherei außerdem eine Zeitschriften-CD, unter anderem mit ausgewählten Artikeln aus CHRIST IN DER GEGENWART. Dieses Jahr feiert das Katholische Blin- denwerk fünfzigjähriges Jubiläum. In diesen fünf Jahrzehnten konnte der ehrenamtliche Vorstand mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zahlreiche Projekte in der Blin- denhilfe weltweit fördern. Auf der Webseite des Blindenwerkes www.blindenwerk.de finden sich weitere Informationen. Koranschändung In einer Bremer Moschee wurden etwa fünfzig Koranexemplare zerrissen und teil- weise in die Toilette geworfen. Nun wird überprüft, ob ein politischer oder religiöser Hintergrund vorliegt. Sicher über den Korridor Erneut hat die römische katholische Basis- gemeinschaft Sant'Egidio syrische Kriegs- flüchtlinge per Flugzeug über einen soge- nannten humanitären Korridor sicher und legal vom Libanon nach Italien gebracht. Die 59 Syrer, vor allem Fami li en, werden von italienischen Familien und Pfarrei- mitgliedern aufgenommen. 2016 hatten Sant'Egidio und die evangelische Kirche in Absprache mit der Regierung die Möglich- keit e:!=s sok:hcn Korrt<lors fJ.r besor:.ders

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Nr. 24 /2019 CHRISTINDER GEGENWART

CHRISTLICHES ZEITGESCHEHEN

Pilgern - draußen und innen Seit Hape Kerkelings Bericht "Ich bin dann mal weg" über seine Erfahrungen auf dem Jakobsweg hat sich die Pilgerbegeisterung deutlich gesteigert. Doch bereits im Alter­tum haben Menschen sich auf den Weg ge­macht und Heiligtümer besucht. Beliebte Ziele im antiken Griechenland waren zum Beispiel das Orakel in Delphi, die Kultstätte für den Heilgott Asklepios in Epidauros oder der Tempel der Artemis in Ephesos. Der Professor für Kirchengeschichte an der Universität Fulda, Notker Baumann, be­schäftigt sich in der Zeitschrift "Theologie der Gegenwart" mit christlichen Pilgern­den und stellt fest: "Einerseits wenden sich Christen als Wallfahrer Gott oder einem Heiligen zu und möchten dessen Nähe er­fahren. Andererseits verstehen Christen ihr gesamtes irdisches Leben als Pilgerschaft, sie sehen sich selbst als Pilger auf dem Weg zum himmlischen Jerusalem."

Seit dem zweiten Jahrhundert sind christliche Wallfahrten bezeugt. Zu Beginn wurden meist biblische Orte besucht, um dort den eigenen Glauben zu stärken, an

Festen teilzunehmen oder ein Gelübde zu erfüllen. Auch die Verehrung noch leben­der Heiliger war ein Grund für Wallfahr­ten. Von diesen Reisen erhofften sich die Pilgernden Heilung, einen guten Rat oder andere Hilfe. Eine weitere Motivation für das Pilgern war die Verehrung von Reli­quien. Diese Reisen an irdische Orte stehen im Kontrast zu einem inneren Pilgerver­ständnis. Christen können sich als "Mit­bürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes" (Eph 2,19) sehen. Damit leben sie auf Erden in der Fremde und sind lebens­lang auf dem Weg in die eigentliche Hei­mat. Eine Reise an einen heiligen Ort kann dabei helfen, den eigenen Glauben zu stär­ken und Gott als Lebensziel nicht aus dem Blick zu verlieren.

Laut Baumann sieht solche "Pilgerschaft das irdische Leben als Aufenthalt in der Fremde. Der Pilgerweg wendet sich dann nicht etwa irdischen heiligen Stätten zu, sondern führt lebenslang himmelwärts. Es bildet eine Reise über irdische Belange hin­aus, zur himmlischen Heimat."

Der Diktator ging, der Militärrat kam Die Afrikanische Union hat den Sudan mit sofortiger Wirkung als Mitglied suspen­diert, bis sich dort eine zivile Übergangs­regierung gebildet hat. Das sei der "einzige Weg, der den Sudan aus der aktuellen Krise führen kann", so die Afrikanische Union. Damit reagiert sie auf die jüngsten Ereig­nisse in dem ostafrikanischen Land. Nach dem Sturz des islamistischen Langzeitherr­schers Omar al-Bashir im April regiert ein Militärrat aus der regulären Armee und verschiedenen paramilitärischen Einhei­ten. Diese sollen unter anderen aus den Milizen bestehen, die sich im Bürgerkrieg in Darfur zahlreicher Menschenrechtsver­letzungen schuldig gemacht haben.

Die Opposition fordert seit Wochen di.e Abdankung des Militärrats und stattdessen eine zivile Regierung, doch die Verhandlun­gen wurden einseitig vom Militär aufgekün ­digt. Seitdem organisiert die Protestbewe-

gung "Kräfte von Freiheit und Wandel" friedliche Demonstrationen, doch das Mili­tär geht brutal dagegen vor. Augenzeugen berichteten von anhaltendem Gewehrfeuer in der Hauptstadt Khartum. Soldaten und Milizen durchkämmten demnach Stadt­viertel, drangen in Gebäude ein, vergewal­tigten und plünderten. Die Opposition spricht von bis zu hundert Toten.

Nach dem Blutvergießen hatten die De­monstranten die Gespräche mit der Armee abgebrochen, Übergangspräsident General Abdel Fattah al-Burhan kündigte daraufhin alle Vereinbarungen mit der Opposition auf und Wahlen innerhalb von sieben Mo­naten an. Kritiker befürchten, dass al-Bas­hirs Verbündete diese kurze Zeitspanne nutzen, um erneut an die Macht zu kom­men, oder dass der Führer einer paramili­tärischen Miliz die Macht im Sudan über­nimmt.

Klimaprotest ist vor allem Fraüensache Die unter der Anführerin Greta Thun­berg hoch emotionalisierten Schülerin­nen -Proteste "Fridays for future" gegen den Klimawandel sind vor allem Frau­ensache. Das hat eine internationale Un­tersuchung der Technischen Universität Chemnitz ergeben. Etwa siebzig Prozent der Demonstranten sind Demonstran­tinnen, wie sich unter anderem in War­sehau, :\.msterda;n oder Florenz bestä­ti::,cte_

schlechtem vermutet hatte. Der deutlich höhere Anteil von Mädchen und Frauen an der Schülerinnenbewegung sei ver­mutlich auf die starke Präsenz weiblicher Führungsfiguren bei dieser Initiative zu­rückzuführen, heißt es . Möglicherweise lässt das männliche Jugendliche eher auf 1

Distanz gehen. Vielleicht sehen Jungen und Männer

die Klimaproblematik aber auch nüch­terner:, 52ochlicher, ~o.~cer g.efiilil.sbd2-

Infiziert mit Alarmismus Die Menschen in Mitteleuropa leben heute in der "besten aller möglichen Zeiten". Davon ist der Philosoph Peter Sloterdijk überzeugt. Trotzdem hielten viele die Welt für schlechter, als sie ist - auch wegen un­ausgeglichener Berichterstattung. Ganze Medienzweige lebten davon, immer neue Bedrohungsszenarien und Schreckensmel­dungen zu verbreiten. Sloterdijk nannte die Bedrohung durch Migration und einen befürchteten Anstieg von Antisemitismus. "Ich glaube an diese ganzen Bedrohungen nicht", erklärte er. Zu oft würden potenzielle Risiken als reale Gefahren ausgegeben. Ka­tastrophenmeldungen könnten sich in Se­kunden über soziale Medien verbreiten und große Gruppen erreichen. Immerhin sei das Gehirn "der infizierbarste Körperteil".

Katholisches Blindenwerk Die Digitalisierung hat es blinden und seh­behinderten Menschen leichter gemacht, Bücher und Zeitschriften zu lesen. Das Deutsche Katholische Blindenwerk bietet in seiner Hörbücherei mittlerweile knapp zehntausend Hörbücher in einem speziel­len Format an, mit dem man im Hörbuch navigieren kann wie in einem gedruckten Buch. Jeden Monat versendet die Hörbü­cherei außerdem eine Zeitschriften-CD, unter anderem mit ausgewählten Artikeln aus CHRIST IN DER GEGENWART.

Dieses Jahr feiert das Katholische Blin­denwerk fünfzigjähriges Jubiläum. In diesen fünf Jahrzehnten konnte der ehrenamtliche Vorstand mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zahlreiche Projekte in der Blin­denhilfe weltweit fördern. Auf der Webseite des Blindenwerkes www.blindenwerk.de finden sich weitere Informationen.

Koranschändung In einer Bremer Moschee wurden etwa fünfzig Koranexemplare zerrissen und teil­weise in die Toilette geworfen. Nun wird überprüft, ob ein politischer oder religiöser Hintergrund vorliegt.

Sicher über den Korridor Erneut hat die römische katholische Basis­gemeinschaft Sant'Egidio syrische Kriegs­flüchtlinge per Flugzeug über einen soge­nannten humanitären Korridor sicher und legal vom Libanon nach Italien gebracht. Die 59 Syrer, vor allem Familien, werden von italienischen Familien und Pfarrei­mitgliedern aufgenommen. 2016 hatten Sant'Egidio und die evangelische Kirche in Absprache mit der Regierung die Möglich­keit e:!=s sok:hcn Korrt<lors fJ.r besor:.ders

stefan
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