Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

40
Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

description

Herbst 2010: Das vergangene Jahr hat für die Zeitungen einen epochalen Umbruch mit sich gebracht. Erstmals haben die Verlage mehr Geld durch Abonnenten und Einzelverkauf als durch Anzeigen erwirtschaftet.

Transcript of Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Page 1: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Page 2: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

304

Chronik1

Diese Chronik dokumentiert, was im Berichts-zeitraum 2009/2010 für den BDZV bedeutsamwar. Sie erhebt keinerlei Anspruch auf Vollstän-digkeit.

2. September

Theodor-Wolff-Preis für fünf JournalistenMit einem Appell an die Verlage, in die Qualitätder Redaktionen zu investieren, eröffnet Her-mann Neusser, Vorsitzender des Kuratoriums fürden Theodor-Wolff-Preis und Verleger des Bon-ner „General-Anzeigers“, die Verleihung desJournalistenpreises der deutschen Zeitungen –Theodor-Wolff-Preis in Berlin. Vor 350 gelade-nen Gästen bekräftigt Neusser: „Unser Marken-kern sind die guten, kritisch recherchierten In-halte“, und unterstreicht zugleich, dass freie Me-dien der Kitt der Bürgergesellschaft seien. Fürhervorragende journalistische Leistungen in derpolitischen Tages- und Wochenpresse werdenfünf Journalisten mit dem Journalistenpreis derdeutschen Zeitungen – Theodor-Wolff-Preis aus-gezeichnet. Die mit 6.000 Euro dotierte Würdi-gung erhalten in der Kategorie „Allgemeines“Bastian Obermayer („Süddeutsche Zeitung“,

München) und Thomas Scheen („Frankfurter All-gemeine Zeitung“). Der ebenfalls mit 6.000 Eurodotierte Preis in der Kategorie „Kommentar/Glosse/Essay“ geht an Henning Sußebach („Die

Zeitungen 2010/11

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Von Erik Staschöfsky

1) Berichtszeitraum 1. August 2009 bis 31. Juli 2010

„Unser Markenkern sind die guten, kritisch recherchierten In-halte“, sagt Hermann Neusser, Vorsitzender des Kuratoriumsfür den Theodor-Wolff-Preis und Verleger des Bonner „Ge-neral-Anzeigers“.

Page 3: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

305

Für musikalische Unterhaltung sorgt neben Absolventen der Hochschule für Musik Hanns Eisler auch der deutsch-türkische Sän-ger Sefo mit seiner Band.

Festveranstaltung in Berlin: die Preisträger im Radialsystem V, hier mit Gastgeber Malte von Trotha, dpa (Mitte).

Page 4: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

306

Zeit“, Hamburg). In der Kategorie „Lokales“ be-kommt die Auszeichnung Regina Köhler („Berli-ner Morgenpost“). Die undotierte Würdigung fürdas Lebenswerk geht an Nina Grunenberg („DieZeit“, Hamburg). Begleitet wird die Preisverleihung von der Eröff-nung einer Kabinettausstellung zum Leben Theodor Wolffs in Berlin mit dem Titel: „Ich willmir gern die Finger verbrennen. Der JournalistTheodor Wolff (1868 – 1943)“.

14./15. September

Zeitungskongress: Zukunft gestalten – unter neuen Bedingungen„Es muss ein umfassendes Leistungsschutzrechtgeschaffen werden, mit dem Fehlentwicklungenim Internet korrigiert werden. Es ist nicht längerhinzunehmen, dass aufwendig produzierte Qua-litätsinhalte der Zeitungen von Dritten kommer-ziell genutzt werden, ohne dass auch nur einCent an die Verlage zurückfließt.“ Mit diesemAppell an die Politik eröffnet BDZV-Präsident Hel-mut Heinen den Zeitungskongress 2009. In allerDeutlichkeit spricht sich er sich auch für eine Lockerung der Pressefusionskontrolle aus. An-gesichts des tiefgreifenden Strukturwandels beiden Medien und dessen Auswirkungen im Marktmüsse es Zeitungshäusern künftig erlaubt sein,in größeren Einheiten zu agieren. Trotz der mo-mentan schwierigen wirtschaftlichen Lage derBranche warnt Heinen jedoch davor, die Kriseauf dem Zeitungsmarkt in den USA auf Deutsch-land zu übertragen. So seien die US-Zeitungenweit stärker von den Einnahmen am Werbe-markt abhängig, außerdem habe die deutschePresse mit der Zeitungszustellung bis zur Haus-tür ein herausragendes Vertriebssystem. Hinzu

komme die enorm starke Bindung zwischen Le-ser und Zeitung hierzulande. Die gesellschaftliche Bedeutung der Zeitungunterstreicht auch der Hessische InnenministerVolker Bouffier in seinem Grußwort: Ohne einefunktionierende Pressefreiheit gebe es keine De-mokratie, und die deutschen Zeitungen seien Ga-ranten dieser Demokratie. Einigkeit darüber, dassdie gedruckte Zeitung in Deutschland noch lan-ge kein Auslaufmodell ist, herrscht auch in dernachfolgenden Diskussionsrunde unter Leitungvon Hans Werner Kilz, Chefredakteur „Süddeut-sche Zeitung“, München. Der Leser und seineZeitung „haben immer schon ein soziales Netz-werk gebildet“, konstatiert Holger Steltzner, Her-ausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.„Es ist einfach auch praktisch, morgens eine Zei-tung in den Händen zu halten“, bestätigt MichaelHüther, Direktor des Instituts der deutschenWirtschaft in Köln. Experten wie Kjell Aamot(langjähriger CEO des norwegischen Medien-konzerns Schibsted) weisen darauf hin, dass Zei-tungsverleger in Zukunft ihre Aktivitäten vomPrintbereich stärker als bisher zu Internetpro-dukten verlagern müssten. „Nur die, die sich amschnellsten an den Wandel anpassen, werdenüberleben“, prognostiziert Aamot. Dennoch er-teilt er Paid-Content-Plänen eine klare Absage:„Ich glaube nicht, dass man für klassische Zei-tungsinhalte, wie Nachrichten, im Web Geld ma-chen kann.“ Auch von der crossmedialen Wer-bevermarktung gedruckt und online hält Aamoteher wenig. Das sei „schwierig, weil unser Ver-kaufspersonal einfach nicht gut genug dafür trainiert ist“. Die crossmediale Vermarktung soll nicht funk-tionieren? Das sehen die Teilnehmer am ZMG-Panel „Crossmedia – Neue Ideen und Vermark-

Zeitungen 2010/11

Page 5: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

307

BDZV-Präsident Helmut Heinen spricht sich bei der Eröffnung des Zeitungskongresses in Fulda für die Schaffung eines umfas-senden Leistungsschutz rechts für Presseverlage aus.

Page 6: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

308

tung“ beim Zeitungskongress allerdings ganz anders. „Unsere Märkte ticken anders als dieskandinavischen Märkte“, erläutert etwa AxelGleie, Geschäftsführer „Neue Osnabrücker Zei-tung“. Sein Haus habe Anteile an einer Com-munity erworben, der 90 Prozent der Zwölf- bis25-Jährigen im Raum Osnabrück angehörten.Aus dem Online-Auftritt entstehe monatlichauch ein gedrucktes Produkt, „Blue“, das gera-de vom Weltverband der Zeitungen mit einemInternationalen Junge-Leser-Preis ausgezeich-net worden sei. Gleies Fazit: Print bei jungenLeuten ist nicht tot, „wir müssen es nur richtigmachen“. Umgekehrt sollte, so betont ChristophMattes, Geschäftsführer des Münchner Zei-tungsverlags, was online stattfindet, mit der

Wirklichkeit der Kunden zu tun haben. „Regio-nalität muss gelingen“.Mit der Digitalisierung setzt sich auch der Ham-burger Trendforscher Professor Peter Wipper-mann in seinem Festvortrag auseinander. Die typische Familie von heute lebe real zusammen,medial jedoch getrennt, erläutert er. Die Gesell-schaft zerfalle in Gemeinschaften. Nachrichtenund Informationen würden nicht mehr durch eingleichsam patriarchalisches System vom Emp-fänger über die Verteiler an die Konsumenten ver-breitet, sondern über Netzwerke. Für die Medienheiße die Herausforderung, eigene Netzwerkezu bilden oder Teil von Netzwerken zu werden.Zeitungen seien starke Marken, doch sollten siesich auch einmal „ohne Papier“ denken.

Zeitungen 2010/11

Florian Bauer (Vorstand Vocatus AG, München) erörtert mit Moderator Werner Lauff die zunehmende Bedeutung der Vertriebs-einnahmen. 

Page 7: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

309

„Was wollen die Nutzer? Wie sieht die Zukunftder Zeitung aus?“ Das sind die zentralen Fragen,die ein Dutzend Verlagsvertreter im Rahmen ei-ner Kooperation des BDZV mit dem CreationCenter der Deutschen Telekom bei mehreren Sit-zungen diskutiert haben. Einige der rund 200 hierentstandenen Ideen werden beim Zeitungskon-gress vorgestellt. Der Leiter des Creation Cen-ters, Raimund Schmolze, schildert die Aufgabeseines Unternehmens so: „Wir generieren Ideen,keine Wahrheiten – das macht die Marktfor-schung.“ Erzeugt würden aber auch Einsichtenin das Leben des Kunden/der Leser, wie sich dasdie Verlagsvertreter auf der Bühne vorher nie zuerträumen gewagt hätten. Ihr Fazit: „Am liebs -

ten würden wir unsere Redakteure zu unserenLesern nach Hause schicken, damit wir sie wirk-lich kennenlernen.“ Neue Konzepte für den Anzeigenverkauf, die derfortschreitenden Digitalisierung Rechnung tra-gen, stellt Reiner Mittelbach, Geschäftsführervon WAN-IFRA, vor. Und Florian Bauer, Vorstanddes Beratungsunternehmens Vocatus AG (Mün-chen), erläutert, dass Verlage bei der Festset-zung ihrer Vertriebspreise nicht auf den rationalhandelnden „Homo oeconomicus“ setzen soll-ten, sondern besser auf den irrational handeln-den Verbraucher, der vorhersagbare Fehler be-gehe. Sein Rat: „Hören Sie auf, Geld zu ver-schenken!“.

12. Oktober

Zeitungsverleger kritisieren publizistischeTätigkeit der PostDer BDZV kritisiert erneut die nach seiner Auf-fassung rechtswidrige publizistische Tätigkeitder Deutschen Post AG. Anlass ist die wö-chentliche Postwurfsendung der Deutschen PostAG, „Einkauf Aktuell“, die einen Tag vor derBundestagswahl mit einem Wahlplakat der CDUaufmachte, gefolgt von einem Interview der „Ein-kauf Aktuell“-Redaktion mit Bundeskanzlerin An-gela Merkel. „Es gibt in Deutschland das klareGebot der Trennung von Staat und Presse, unddies wird durch derartige Aktionen untergraben“,erklärt dazu der BDZV in Berlin. Immerhin halteder Bund noch 30 Prozent am ehemaligenStaatsunternehmen Post AG. „Dieser neuerlichejournalistische Vorstoß des angeblichen Wer-beblatts zeigt, dass wir mit unserer eingereich-ten Klage auf dem richtigen Weg sind“, bekräf-tigt der BDZV.

Treffen der Top-Entscheider der Verlagsbranche: Mehr als450 Teilnehmer diskutieren in Fulda über die Zukunft der Zeitung.

Page 8: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

310

19. Oktober

IQ-Herbstforum in BerlinMit einem Plädoyer für die Zunft der Journalis-ten eröffnet Professor Volker Lilienthal (RudolfAugstein Stiftungsprofessor für Praxis des Qua-litätsjournalismus, Universität Hamburg) dasfünfte IQ-Herbstforum in Berlin, an dem auch derBDZV beteiligt ist: „Journalisten sind die Weg-weiser durch den Wirrwarr der Informations-überflutung und damit der Leseschlüssel zurWelt.“ „Spiegel“-Verlagsleiter Fried von Bismarcksieht den Qualitätsjournalismus als die tragen-de Säule des Internets und hinterfragt kritisch:„Was wäre das Internet ohne journalistische In-halte? Das wäre wie ein Baum ohne dicke Äste.Kurz und knapp, ohne den Content der Verlagewürde es das Internet nicht geben.“ Für die Si-cherstellung dieses Qualitätsanspruches fordertDomenika Ahlrichs (Chefredakteurin Netzeitung)eine kritische Recherchehaltung aller Journalis-ten gegenüber Quellen und Informationen. „Kri-tisches Hinterfragen jeder gefundenen Nach-richt; jedes Bildes, das man verwenden will, undjedes O-Tons gehört heute stärker denn je zumHandwerkszeug eines guten Journalisten“, be-kräftigt auch Professor Norbert Schneider (Di-rektor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen).

20. Oktober

Volker Schulze 70. GeburtstagVolker Schulze, langjähriger Hauptgeschäftsfüh-rer des BDZV, vollendet sein 70. Lebensjahr.Schulze stand 35 Jahre lang im Dienst der deut-schen Zeitungen, 1996 wurde er zum Hauptge-schäftsführer der Dachorganisation berufen. Mit

seinem Namen verbinden sich unter anderemdie Einführung von Leseförderungsprojekten wie„Zeitung in der Schule“, die Auseinanderset-zungen um das 630-Mark-Gesetz (geringfügigeBeschäftigungen), oder die Neufassung des Ur-hebervertragsrechts. Darüber hinaus geht dieGründung der Akademie Berufliche Bildung derdeutschen Zeitungsverlage ganz wesentlich aufVolker Schulze zurück, ebenso die Gründung derZV Zeitungs-Verlag Service GmbH. Als Autor trater unter anderem mit einer umfassenden Ge-schichte des BDZV „Im Interesse der Zeitung“hervor.

Zeitungen 2010/11

Volker Schulze stand 35 Jahre lang im Dienste der deutschenZeitungen, 1996 bis 2004 war er Hauptgeschäftsführer desBDZV.

Page 9: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

311

21. Oktober

Europaparlamentarier gegen Medienkonzentrationsrichtlinie Das Europäische Parlament spricht sich gegeneine Medienkonzentrationsrichtlinie aus. Mit 338zu 335 Stimmen lehnen die Europaparlamenta-rier den eingebrachten Entschließungsantrag zur„Informationsfreiheit in Italien und in der Euro-päischen Union“ von Sozialdemokraten, Grünen,Liberalen und Linken ab. Der BDZV hatte ge-meinsam mit der ENPA im Vorfeld der Abstim-mung bei zahlreichen Gesprächen mit Abgeord-neten darauf hingewiesen, dass ein europäi-sches Gesetz (Richtlinie) zum Medienpluralismusden Staatseinfluss nicht mindern, sondern viel-mehr befördern werde. Anlass für den wieder-holten Versuch, auf europäischer Ebene eine so-genannte Medienkonzentrationsrichtlinie zu er-lassen, gab insbesondere der Fall Berlusconi inItalien.

29. Oktober

Medientage: Printgipfel mit 600 Teilnehmern Mit einem Weckruf in die Branche beginnt Inter-netguru und Medienwissenschaftler Jeff Jarvisseine Keynote beim Printgipfel von BDZV unddem Verband Bayerischer Zeitungsverleger(VBZV): „Google ist nicht der Feind, Google istvielmehr ein Modell, wie wir das Internet ver-stehen sollen.“ Und Verlage müssten aufhörenzu versuchen, nur ihre alten Geschäftsmodellezu verteidigen und gegenüber Google abzu-schotten. „Vielmehr müssen sie angesichts die-ser Entwicklungen anfangen, radikal umzuden-ken“, verlangt Jarvis. Sie dürften nicht in Print

oder On line denken und auf individuelle Um-satzstrukturen achten. Vielmehr müssten siesich über ihren Wert definieren. Eine Auffassung,die in der anschließenden Podiumsdiskussionzwiespältig aufgenommen wird. „Mein Problemist doch nicht die Frage gedruckt oder online?“,bestätigt etwa Bernd Ziesemer, Chefredakteurdes „Handelsblatts“ (Düsseldorf). „Für mich heißtdie Frage: Kann ich mir weiter Qualitätsinhalteleisten und kann ich in Zukunft noch die 20 Aus-landskorrespondenten beschäftigen, die wir beim,Handelsblatt‘ haben? Dabei ist mir der Distribu-tionsweg völlig egal.“ Dass trotz des Erstarkens

Blogger und Medienwissenschaftler Jeff Jarvis mit einer Key-note via Skype direkt aus New York.

Page 10: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

312

von Google und Co. die gedruckte Zeitung nochimmer ihren Platz in der Gesellschaft hat, unter-streicht BDZV-Präsident Helmut Heinen: „Dieleicht rückläufigen Auflagen der gedruckten Zei-tungen sind doch kein Resultat der Einführungdes Internets.“ Dieser Rückgang habe bereitswesentlich früher eingesetzt. Im Umkehrschlusssei also eine erkleckliche Anzahl von Menschenin Deutschland bereit, trotz des Internets Tag fürTag für ihre Zeitung Geld auszugeben, weil siesich von ihr eine bestimmte Leistung erwarte-ten. Die Aufgabe für die Zukunft laute, ihn zu sichern. Und dies könne sowohl in einer ge-druckten Zeitung, im Netz als auch auf mobilenEndgeräten geschehen, meint Claus Strunz,Chefredakteur des „Hamburger Abendblatts“.Diese vielschichtigen Verteilungswege des Jour-

nalismus haben seiner Auffassung nach dazu ge-führt, dass sich ein neues Selbstbewusstseinunter Printjournalisten entwickelt habe: „Wenndu bisher als Printjournalist irgendwo aufgetre-ten bist, dachtest du, ich bin schwarz-weiß undalle anderen sind in Farbe. Das hat sich in denletzten ein, zwei Jahren deutlich geändert.“Wie Tageszeitungen in den immer populärerwerdenden Communitys auftreten sollten, umvon der jungen Zielgruppe wahrgenommen zuwerden, diskutieren Marketing- und Web 2.0-Experten beim BDZV/VBZV-Panel: „ZwischenCommunity und personalisierter Zeitung“. „Ei-nes ist klar, so weitermachen wie bisher, dasdürfen wir nicht“, erklärt dazu Matthias Litzen-burger, Marketingleiter „Mittelbayerische Zei-tung“ (Regensburg). Wichtig sei es, Formate zu

Zeitungen 2010/11

Zeitungen dürfen nicht nur in Print oder Online denken, sondern müssen sich über ihren Wert definieren. Das ist die einhelligeMeinung von Claus Strunz, Philipp Welte, Miriam Meckel, Helmut Heinen und Bernd Ziesemer (v.l.n.r.) beim Printgipfel in Mün-chen, in der Mitte Moderator Frank Thomson.

Page 11: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

313

finden und zu erfinden, mit denen sich die Leseroder die User identifizieren.

8. November

Bundesregierung will gegen Gratismentalität im Internet aktiv werdenDer BDZV begrüßt die Erklärung von Kultur-staatsminister Bernd Neumann, wonach dieBundesregierung in den kommenden vier Jah-ren Rahmenbedingungen schaffen will, durch dieein qualitätsvolles und vielfältiges Presseange-bot gefördert werde. Dazu gehört nach Ansichtvon Neumann aber keine direkte Subvention derPresselandschaft durch den Staat: „Dies wäreder Anfang vom Ende der Unabhängigkeit derfreien Presse.“ Auch BDZV-Präsident HelmutHeinen hatte in den vergangenen Monaten im-mer wieder erklärt, dass die ZeitungsverlegerSubventionen vom Staat ablehnen. Ferner sagtNeumann, dass die Bundesregierung nicht pla-ne, die ermäßigten Mehrwertsteuersätze fürZeitungen zu erhöhen. „Außerdem werden wiruns entschieden gegen die Gratismentalität imInternet und gegen das Entstehen eines Infor-mationsmonopols durch Google einsetzen“, soNeumann.

9. November

ENPA verlangt Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Zeitungen Die Europäischen Zeitungsverleger verlangen inder Erklärung von Sevilla eine europaweite Ab-schaffung der Mehrwertsteuer auf Zeitungen.Darüber hinaus fordert die ENPA das Europäi-sche Parlament und die Europäische Kommis-sion auf, sich deutlich gegen weitere Werbe-verbote und Werbebeschränkungen zu positio-

nieren. Eine Gefährdung der Freiheit der Presseund der freien Berichterstattung sehen die eu-ropäischen Zeitungsverleger darin, dass Regie-rungen unter Bezug auf die „Terrorabwehr“ Jour-nalisten den Zugang zu Quellen und Informatio-nen verweigern beziehungsweise Journalistenunter gleicher Begründung dazu gezwungenwürden, ihre Quellen offenzulegen. „Journalis-ten müssen freien Zugang zu Informationen ha-ben und müssen sicher sein, dass sie ohnestaatlichen Eingriff in die Berichterstattung ar-beiten können“, so ENPA-Präsident Valdo Leha-ri jr.

13. November

Zwangsinformationen über EnergiebilanzDer BDZV kritisiert das Verhalten des Bundes-umweltministeriums (BMU) im Ständigen Aus-schuss des EU-Ministerrats. Entgegen der bis-herigen Haltung hat sich das BMU nicht mehrdagegen ausgesprochen, dass in der WerbungZwangsinformationen über die Energiebilanz vonElektrogeräten angegeben werden müssen. Da-mit werde der von anderen EU-Mitgliedern be-triebenen Werberegulierung auf diesem Feld Tür und Tor geöffnet, befürchtet der BDZV. NachAuffassung der Verleger werden diese neuen Re-gelungen dem Anzeigengeschäft massiv scha-den und damit den Zeitungs- und Zeitschriften-verlagen, die auf Werbung angewiesen sind.

18. November

Weltweit erste Studie „Google und Zeitungsverlage“ 71 Prozent der Zeitungsverlage sehen Googlesowohl als Feind als auch als Freund. Für 14 Pro-zent ist der Suchmaschinenprovider nur Freund

Page 12: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

314

und für nicht einmal jeden Zehnten nur Feind.Das sind die Ergebnisse der weltweit ers tenStudie zum Thema Google und Zeitungsver lage,die die Verlagsberaterin Katja Riefler im Auftragdes BDZV erstellt hat anlässlich eines Google-Fachtags in Berlin vorstellt. 80 Verleger, Ge-schäftsführer und Marketingleiter diskutierenhier, wie mit diesen Ergebnissen umzugehen istund wie Zeitungsverlage vom Suchmaschinen-riesen profitieren können und wo sie auf Distanzgehen sollten.

20. November

Bundesregierung kippt Mehrwertsteuerprivileg der Post AG Der BDZV begrüßt die Pläne des Bundesfinanz-ministeriums, wonach das Umsatzsteuerprivilegder Deutschen Post bei Großkunden ab 2010 gestrichen werden soll. Dies sei eine wichtigeWegmarke für die Liberalisierung des Brief-marktes. Denn noch immer genieße die Deut-sche Post gegenüber den privaten Briefdienst-leistern eine monopolartige Stellung. Mit derStreichung des Umsatzsteuerprivilegs für Groß-kunden werde nun in einem Teilbereich Chan-cengleichheit erzeugt. Damit erweitere sich auchder Spielraum für Investitionen und die Schaf-fung von Arbeitsplätzen durch private Anbieter.

3. Dezember

WAN-IFRA: Gavin O’Reilly Präsident bisDezember 2010 Gavin O’Reilly, CEO des MedienunternehmensIndependent News & Media in Irland, ist zumers ten Präsidenten von WAN-IFRA gewählt wor-den. O’Reilly war bereits vor dem Zusammen-schluss von WAN und IFRA im Juli 2009 Präsi-

dent der World Association of Newspapers(WAN). Als erster stellvertretender Vorsitzen-der steht ihm fortan Horst Pirker, Vorstandsvor-sitzender des österreichischen Medienunter-nehmens Styria Media und bisheriger IFRA-Prä-sident, zur Seite. Wie WAN-IFRA mitteilt, wirdPirker die Präsidentschaft des neu formiertenWeltverbands der Zeitungen und Nachrichten-medien von O’Reilly übernehmen, wenn dessenAmtszeit im Dezember 2010 ausläuft. Um dieFinanzen des Verbands werden sich als Schatz-meister zukünftig Fred Arp (Niederlande) undTore Stangebye (Norwegen) kümmern.

9. Dezember

Visits lösen Page Impressions als Internetwährung abAb sofort sind Visits die Leitwährung im Inter-net. Wie die IVW (Informationsgemeinschaft zurFeststellung der Verbreitung von Werbeträgern)bei einer Pressekonferenz in Berlin erläutert, er-scheinen die Page Impressions (PIs) zukünftigerst beim Aufruf einzelner Angebote und werdendort in sieben Hauptkategorien aufgeschlüsselt.Diese sind: redaktioneller Content, User-gene-rierter Content, E-Commerce, Kommunikation,Suchmaschinen, Verzeichnisse und Auskunfts-dienste, Spiele und Diverses. Zudem wird in derIVW-Statistik zukünftig zwischen in- und auslän-dischen Seitenzugriffen unterschieden.

15. Dezember

Bundesverfassungsgericht verhandelt überVorratsdatenspeicherungAnlässlich der mündlichen Verhandlung über dieVerfassungsbeschwerden gegen das Gesetz zurVorratsdatenspeicherung vor dem Bundesver-

Zeitungen 2010/11

Page 13: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

315

fassungsgericht wendet sich der BDZV und einBündnis aus sieben weiteren Medienverbändenund -unternehmen mit einem kritischen Schrei-ben an das höchste deutsche Gericht. Darin be-nennt das Bündnis die negativen Auswirkungendes Gesetzes für die Medienfreiheit in Deutsch-land, da die Journalisten keinen Informanten-schutz mehr gewährleisten könnten. Der staat-liche Zugriff auf alle elektronischen Kontakte vonJournalisten schrecke Informanten massiv ab,heißt es in dem Schreiben, da ihre Anonymitätdadurch nicht mehr gesichert ist. „Sie müssenihre Enttarnung befürchten, wenn der Journalistinnerhalb eines halben Jahres nach Kontaktauf-nahme in das Visier der Staatsanwaltschaft ge-rät.“

17. Dezember

Ministerpräsident Beck im Gespräch mitBDZV-Präsident Heinen Um die Lage der Presse in Deutschland und aktuelle medienpolitische Themen geht es beieinem Gedankenaustausch zwischen BDZV-Prä-sident Helmut Heinen und dem rheinland-pfälzi-schen Ministerpräsidenten Kurt Beck im Berli-ner Haus der Presse. Erörtert wird auch die Fra-ge, mit welchen Initiativen die Leseförderung inDeutschland zukünftig stärker unterstützt wer-den kann.

BDZV-Präsident Heinen und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck erörtern, wie die Leseförderung in Deutschlandgestärkt werden kann.

Page 14: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

316

22. Dezember

Kritik an Tagesschau-App Der BDZV kritisiert das Vorhaben der ARD, In-halte der Nachrichtensendung „Tagesschau“ alssogenanntes App kostenlos für Smartphones anzubieten. Damit drohe der gebührenfinanzier-te öffentlich-rechtliche Sender, ein neues Ge-schäftsfeld der privatwirtschaftlich organisier-ten Presse bereits im Ansatz zu zerstören. Un-verständnis äußern die Zeitungsverleger überden Alleingang des Senders offenbar ohne Ein-bindung der Gremien. Vor diesem Hintergrunderwarte der BDZV einen Stopp aller weiterenPläne für dieses neue Telemedienangebot.

8. Januar

Topergebnis: 1,31 Reklamationen auf1.000 ZeitungszustellungenDeutschland ist das Land der zuverlässigen Zei-tungszustellung. Auf 1.000 Zustellvorgänge kom-

men durchschnittlich nur 1,31 Reklamationen –und das bei rund 180.000 Zustellern, die Nachtfür Nacht etwa 20 Millionen Zeitungsexempla-re verteilen. Das ist das Ergebnis des erstenbranchenweiten Benchmarkings des BDZV zurZustellqualität von Tageszeitungen. „Wir habenschon immer gewusst, dass die Zustellung derZeitungsverlage konkurrenzlos zuverlässig ist.Doch konnten wir das bisher nicht belegen, nunkönnen wir es“, sagt Jörg Laskowski, Geschäfts-führer Verlagswirtschaft beim BDZV.

26. Januar

Karikaturenpreis der deutschen Zeitungenfür Mathias HühnMathias Hühn ist Sieger des mit 5.000 Euro do-tierten Karikaturenpreises der deutschen Zei-tungen, der vom BDZV zum zehnten Mal verge-ben wird. Die Auszeichnung wird anlässlich derAusstellung „Rückblende 2009“ in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung in Berlin überge-

Zeitungen 2010/11

Rund 60 Karikaturisten und 235 Fotografen beteiligen sich an der Rückblende 2009 – hier bei der Ausstellungseröffnung in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz in Berlin.

Page 15: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

317

ben. Erfolgreich ist Hühn, der vor allem für die„taz – die tageszeitung“ (Berlin) zeichnet, mit ei-ner Karikatur über „die Selbstentleibung der SPDdurch das unbedingte Festhalten des Parteivor-sitzenden Müntefering an der Agenda 2010“.Platz zwei und 2.000 Euro gehen an Dirk Meiss-ner und die „Süddeutsche Zeitung“ (München);dritter Preisträger (1.000 Euro) ist Reiner Schwal-me mit einer in der „Sächsischen Zeitung“ (Dres-den) veröffentlichten Karikatur. Den Preis für po-litische Fotografie erhält Arno Burgi von der dpa(7.000 Euro). An der „Rückblende 2009“ neh-men 57 Karikaturisten und 235 Fotografen teil.

3. Februar

Heinen würdigt Evangelischen Pressedienst epd BDZV-Präsident Helmut Heinen würdigt in sei-nem Glückwunschschreiben anlässlich des 100-jährigen Bestehens die besonderen Verdienstedes Evangelischen Pressediensts (epd): „Der epdsetzt mit seiner Berichterstattung über Medien-themen wie auch mit seiner intensiven Beob-achtung der Ereignisse in den Entwicklungs- undSchwellenländern unverzichtbare Schwerpunk-te.“ Ursprünglich entstanden aus dem Zusam -men schluss 23 regionaler evangelischer Pres-

„Die Selbstentleibung der SPD durch das unbedingte Festhalten des Parteivorsitzenden Müntefering an der Agenda 2010“ istdas Thema der preisgekrönten Karikatur von Mathias Hühn.

Page 16: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

318

se verbände, ist epd heute eine unabhängig arbeitende Nachrichtenagentur, die von derevangelischen Kirche getragen wird.

12. Februar

NDR genehmigt tagesschau.deDer BDZV appelliert an die Rundfunkräte der übri-gen ARD-Sender, keinesfalls der Entscheidungdes NDR-Rundfunkrats zuzustimmen, wonachdas gebührenfinanzierte Textangebot tages-schau.de künftig keinerlei Einschränkungenunterliegen soll. Das sei ein „absolut unglaub-licher Vorgang“, kritisiert BDZV-Hauptgeschäfts-führer Dietmar Wolff die Pläne des Norddeut-schen Rundfunks. Damit würden wichtige Vor-gaben des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertragsunterlaufen. Nach den langwierigen Ausein-andersetzungen um die Expansion des mit Ge-bührengeldern finanzierten öffentlich-rechtlichenRundfunks im Internet zulasten der privatwirt-schaftlich agierenden Medien habe der Drei-Stu-fen-Test zu einem vernünftigen Interessenaus-gleich zwischen Gebührensendern und Presseführen sollen. Würden jedoch die Pläne des NDRverwirklicht, sei dies alles Makulatur. „Wenn derNDR sich die Regulierungsvorschriften nach Lustund Laune zurechtbiegt, bis sie passen, ist diesauch eine Verhöhnung des Gesetzgebers“, be-tont Wolff.

24. Februar

Neumann: Schutzrechte für PresseverlagenötigDer Staatsminister für Kultur und Medien BerndNeumann spricht sich für eine rasche gesetzli-che Verankerung von Schutzrechten im Internet

für Zeitungs- und Zeitschriftenverlage aus. Ohnedie vielfältige Presselandschaft mit anspruchs-vollen journalistischen Inhalten wäre das politi-sche, gesellschaftliche und kulturelle Leben inDeutschland deutlich ärmer, betont er bei einemTreffen mit Spitzenvertretern der Verlage, dar-unter auch BDZV-Präsident Helmut Heinen.

2. März

Bundesverfassungsgericht: Vorratsdatenspeicherung unzulässigNach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts(BVerFG) ist die Massenspeicherung von Tele-fon- und Internetdaten zur Strafverfolgung un-zulässig. Die Bestimmungen des Gesetzes zurVorratsdatenspeicherung seien viel zu unbe-stimmt, es fehle insbesondere an hohen Stan-dards für eine Datensicherung. Der BDZV be-grüßt das Urteil als wichtigen Fingerzeig für diePressefreiheit. Nur wenn die Informanten sichersein könnten, dass sämtliche Quellen geschütztblieben, könne die Presse ihre Aufgabe alsWächter des demokratischen Gemeinwesens invollem Umfang wahrnehmen. Hierzu leiste dasUrteil einen großen Beitrag. Zwar schließt dasKarlsruher Urteil eine Speicherung der Datennicht generell aus, denn die Verfassungsrichterstellen nicht die Zulässigkeit der EU-Richtlinie inFrage, die Grundlage für das Gesetz in Deutsch-land ist. Bei der Speicherung handele es sichaber „um einen besonders schweren Eingriff miteiner Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bis-her nicht kennt“. Darum müsste ein derartigerEingriff an strengste Bedingungen geknüpft wer-den. Diese Voraussetzungen erfüllt das deutscheGesetz laut Urteil aber nicht.

Zeitungen 2010/11

Page 17: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

319

3. März

Kinder- und Jugendkonferenz: „Klartext sprechen“„Die Tageszeitung muss und wird sich verän-dern, wenn sie weiterhin alle Bevölkerungs-schichten und Altersgruppen ansprechen will“,konstatiert der Vizepräsident des BDZV, HansGeorg Schnücker, anlässlich der fünften Konfe-renz „Kinder – Jugend – Zeitung“ in Berlin. DieZeitung werde in Zukunft anders funktionierenals bisher, prognostiziert Schnücker, zugleichVorsitzender der Geschäftsführung der Verlags-gruppe Rhein Main (Mainz). Experimente seiendaher nicht nur erlaubt, sondern notwendig, umkünftig ein Publikum zu erreichen, das als „digi-tal natives“ nicht nur mit dem Internet, sondernim Internet aufwachse. Zugleich gelte es, sichauf die Kernkompetenzen der Zeitung zu besin-nen und Auswahl, Analyse und Aufbereitung vonNachrichten noch besser auszuspielen. „Je hö-her die Informationsflut, desto mehr wird dieWeb-2.0-Generation nach glaubwürdiger Ge-wichtung, Erklärung und Kommentierung su-chen“, erläutert Schnücker. Der Marktforscherund Tiefenpsychologe Stephan Grünewald siehtdie Teenager im Zwiespalt zwischen elterlichemVersorgungsparadies und Zukunftsängsten. DieLebenssituation der Jugendlichen schwankevon: „Du kannst alles machen/haben/werden“zu „Du bist allein/kriegst nicht mal einen Job/dieWelt ist nicht zu retten“. Zeitungen könnten hiereine wichtige Kommunikationsaufgabe über-nehmen, so Grünewald. In seinen „Neun Leit -linien der Jugendkommunikation“ empfiehlt derPsychologe unter anderem: Klartext reden, zu-hören und Kontroversen eröffnen, eigene (er-wachsene) Positionen beziehen und den Ju-

gendlichen durch konkrete Aufträge und realis-tische Perspektiven zeigen, dass sie gebrauchtwerden.

8. März

BDZV trauert um Walther ZechWalther Zech, von 1974 bis 1981 Vizepräsidentdes BDZV, stirbt im Alter von 91 Jahren. BDZV-Präsident Helmut Heinen erinnert in einem Kon-dolenzschreiben an die großen Verdienste Zechs,der „sich weit über seine unternehmerischen Tä-tigkeiten hinaus in vorbildlicher Weise für die ge-meinsamen Belange der Zeitungsverleger en-gagiert hat“. Zech war viele Jahre Vorstands-mitglied im Verband der Zeitungsverleger inRheinland-Pfalz und Saarland. Ferner war er Auf-sichtsratsmitglied und Vorsitzender der Techni-schen Kommission der Deutschen Presse-Agen-

BDZV-Vizepräsident Hans Georg Schnücker betont, dass sichZeitungsverlage verändern müssen, um neue Zielgruppen zuerschließen.

Page 18: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

320

tur, Präsidiumsmitglied im Zentralverband derDeutschen Werbewirtschaft (ZAW) und Präsi-diumsmitglied und Schatzmeister des Interna-tionalen Zeitschriftenverlegerverbands.

16. März

Werberat: sieben öffentliche RügenDer Deutsche Werberat hat im Jahr 2009 sie-ben Werbekampagnen öffentlich gerügt und da-mit so viele wie seit fünf Jahren nicht mehr. Daserläutert das Selbstkontrollgremium bei der Prä-sentation der Jahresbilanz in Berlin. Insgesamtseien aus der Bevölkerung 255 Beschwerden(2008: 264) eingegangen. In 69 Fällen habe derWerberat den Protesten zugestimmt, 186 Kam-pagnen sind von der Kritik freigesprochen wor-den, da sich die Eingaben überwiegend aus ex-tremen Ansichten der Beschwerdeführer ablei-teten. Beschwerdeschwerpunkt war wie in denvorangegangenen Jahren der Vorwurf der Frau-endiskriminierung (36 Prozent), gefolgt von derKritik, Werbung würde Gewalt verherrlichen undverharmlosen (elf Prozent) und dem Vorwurfmangelnder moralischer Mindestanforderungen.

16. März

Börnsen: „Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer“Um die Lage der Presse in Deutschland, dasLeistungsschutzrecht für Presseverlage und diePressefusionskontrolle geht es bei einem Ge-dankenaustausch zwischen BDZV-Hauptge-schäftsführer Dietmar Wolff und dem medien-politischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestags -fraktion, Wolfgang Börnsen. Dabei wird auch dasThema der reduzierten Mehrwertsteuersätze fürTageszeitungen erörtert. Börnsen versichert,dass es weder auf nationaler noch auf europäi-scher Ebene Bestrebungen für eine Erhöhungdes reduzierten Steuersatzes gebe.

17./18. März

Rekordbeteiligung bei Konferenz „Anzeigengeschäft im Umbruch“Verlage sollten bei der Planung von Anzeigen-formaten nicht nur die Media-, sondern auch dieKreativagentur mit ins Boot holen. Das rät zumAuftakt der von BDZV und WAN-IFRA veran-stalteten Konferenz „Anzeigengeschäft im Um-bruch“ der langjährige Chairman der AgenturOgilvy & Mather (Frankfurt am Main), Lothar Leonhard. „Denn das Dreigespann Zeitungen,Kreativ- und Mediaagenturen weiß am besten,was sich die Kunden und Endverbraucher vonWerbung erhoffen“, erklärt Leonhard vor den150 Gästen. Zu Beginn des zweiten Tags der miteinem Teilnehmerrekord aufwartenden Veran-staltung präsentiert der schottische Medien-fachmann Eamonn Byrne internationale Erfolgs-beispiele der Zeitungsvermarktung; sein Credo:„Im hyperlokalen Umfeld liegen die Erfolgs -

Zeitungen 2010/11

Walther Zech war von 1974 bis 1981 Vizepräsident desBDZV.

Page 19: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

321

BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff und Wolfgang Börnsen, medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfrak-tion, erörtern die Zukunft der Mehrwertsteuer auf Presseerzeugnisse.

BDZV-Geschäftsführer Jörg Laskowski (rechts) im Gespräch mit Lothar Leonhard, Chairman der Agentur Ogilvy & Mather (Frank-furt am Main).

Page 20: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

322

chancen der Zeitungen. Tageszeitungen müssen(wieder) stärkster Player im lokalen Raum sein.“Wie eine Markenfestigungsstrategie mithilfe mobiler Anwendungen aussehen könnte, weißMani Safa von der britischen Telegraph Groupzu berichten. Frühzeitig habe man dort auf denVertriebsweg Handy und Smartphone gesetztund mittlerweile mehr als 300.000 Apps für dasiPhone abgesetzt. „Wichtig dabei war, dass dieUser in den Apps und im Mobilportal nicht nurdie gleichen Inhalte wie auf der Website des ‚Te-legraph‘ finden, sondern auch das gleiche De-sign.“ Dadurch sei eine schnelle Erfassung derangebotenen Inhalte möglich. Saafas Rat an dieanwesenden Verlagsexperten: „Versuchen Sienicht, auf allen Smartphones mit Angeboten mit-zuspielen, sondern konzentrieren Sie sich auf ein

oder zwei. Alles andere wird zu teuer und lohntsich nicht.“

18./19. März

Präsidientreffen deutschsprachiger VerlegerverbändeKeine weiteren Werbeverbote, Stoppschilder fürden öffentlich-rechtlichen Rundfunk bei seinenAktivitäten im Internet und der Nullsatz bei derMehrwertsteuer auf Presseerzeugnisse – diessind die einhellig formulierten Forderungen derZeitungsverleger aus der Schweiz, Österreich,Luxemburg und Deutschland anlässlich des Prä-sidientreffens der deutschsprachigen Verleger-verbände in Luzern. Zum Thema Mehrwertsteu-er erklärt BDZV-Präsident Helmut Heinen: „DieAusübung der Pressefreiheit kann nicht von der

Zeitungen 2010/11

Präsidentengipfel: Über den Dächern von Luzern (v.l.n.r.): BDZV-Präsident Helmut Heinen; ENPA-Präsident Valdo Lehari jr.; Hanspeter Lebrument, Präsident des Verbands Schweizer Presse, VÖZ-Präsident Horst Pirker und Alvin Sold, Präsident des luxem-burgischen Zeitungsverlegerverbands.

Page 21: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

323

Zahlung einer Umsatzsteuer abhängig gemachtwerden.“ Um die Rahmenbedingungen nichtnoch weiter zu verschlechtern, ruft ENPA-Präsi-dent Valdo Lehari jr. die Europäische Kommis-sion auf, neben der „digital agenda“ nicht die„analoge Agenda“ – sprich die gedruckten Me-dien – zu vergessen. Trotz schwieriger Rah-menbedingungen blicken die Verlegerverbändeoptimistisch in die Zukunft. „Die Zeitungen gehenmit der Krise sehr professionell um“, konstatiertGastgeber Hanspeter Lebrument, Präsident desVerbands Schweizer Presse. Zwar habe sich dieWirtschaftskrise und auch der Strukturwandelder Medien in allen Ländern ausgewirkt, dochverglichen mit der fatalen Entwicklung in denUSA und auch in Großbritannien, sei man in ei-ner geradezu „privilegierten Position“, meintHorst Pirker, Präsident des Verbands Österrei-chischer Zeitungen und Vizepräsident des Welt-verbandes der Zeitungen und Nachrichtenme-dien WAN-IFRA.

25. März

Trauer um Elisabeth NoelleProfessor Elisabeth Noelle, Wissenschaftlerin,Autorin und Gründerin des Instituts für Demos-kopie Allensbach, stirbt in ihrem 94. Lebensjahr.„Frau Noelle war die Grande Dame der Demos-kopie, die mit ihrer Arbeit auch den Zeitungen inDeutschland einen unschätzbaren Dienst er-wiesen hat“, würdigt BDZV-Präsident HelmutHeinen die Demoskopin in seinem Kondolenz-schreiben. Mit ihrem Diktum: „Nur eine Gesell-schaft, die liest, ist eine Gesellschaft, die denkt“,habe sie der Zeitungsbranche gleichsam einenLeitsatz gegeben. 1940 promovierte Noelle inBerlin mit der Dissertation „Meinungs- und Mas-

senforschung in den USA“ und arbeitete an-schließend fünf Jahre lang als Redakteurin beiverschiedenen Zeitungen. 1947 gründete sie mit ihrem Mann Erich Peter Neumann das erstedeutsche Meinungsforschungsinstitut – das Institut für Demoskopie Allensbach.

25. März

Bernd Neumann gegen Tagesschau-AppKulturstaatsminister Bernd Neumann übt harscheKritik an den Plänen einer Tagesschau-App fürSmartphones. „Wir können die Wettbewerbs -situation nicht völlig verzerren“, sagt Neumannbei einer Veranstaltung des Medienboards Ber-lin-Brandenburg. „Ich möchte, dass es einen

Elisabeth Noelle war die Grande Dame der Demoskopie, diemit ihrer Arbeit auch den Zeitungen in Deutschland einenunschätzbaren Dienst erwiesen hat.

Page 22: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

324

funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunkgibt. Ich möchte aber auch, dass die Vielfalt dergroßen und kleinen Zeitungen erhalten bleibt.“Der Staatsminister appelliert in seiner Rede andie Intendanten, den privaten Verlegern eineChance zu geben, in einem neuen Geschäftsfeldihre Situation zu stabilisieren. Sollte sich diesnicht über freiwillige Zugeständnisse erreichenlassen, müsse die Politik ansonsten auch mal einNein entgegensetzen, so der Minister. Darüberhinaus verlangt Neumann, die Drei-Stufen-Testsüber die Auswirkungen der Internetaktivitätenunabhängigen Experten zu übertragen. „Dannkönnten Sachverständige sagen, ob das Enga-gement der Öffentlich-Rechtlichen in bestimm-ten Bereichen notwendig ist oder nicht.“

7. April

Beihilfe zum Geheimnisverrat soll entschärft werdenDer BDZV begrüßt die Pläne von Bundesjustiz-ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,wonach der Paragraph 353b Strafgesetzbuch(Beihilfe zum Geheimnisverrat) entschärft werdensoll. Die Zeitungsverleger kritisieren seit Jahren,dass Staatsanwaltschaften unter dem Vorwandder Weitergabe von Dienstgeheimnissen mitRedaktionsdurchsuchungen und Beschlagnah-mungsaktionen auch gegen die Presse vorgehen.Das geplante Gesetz zur Stärkung der Pressefrei-heit soll nicht nur die missbräuchliche Anwendungder „Beihilfe zum Geheimnisverrat“ ausschließen,

Zeitungen 2010/11

Der frisch gewählte ZVNRW-Vorsitzende Christian Nienhaus betont beim Medienforum.nrw die Notwendigkeit eines Leistungs-schutzrechts für Presseverlage.

Page 23: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

325

sondern es sollen auch Beschlagnahmungen beiMedienangehörigen durch eine Änderung derStrafprozessordnung erschwert werden.

22. April

Christian Nienhaus Vorsitzender ZVNRWChristian Nienhaus wird von den Delegierten desZeitungsverlegerverbands Nordrhein-Westfalen(ZVNRW) einstimmig zum Vorsitzenden gewählt.Der Geschäftsführer der Mediengruppe WAZ(Essen) folgt auf Clemens Bauer, Vorsitzenderder Geschäftsführung der Rheinischen Post Ver-lagsgesellschaft, der nach acht Jahren das Amtniederlegt und zum Ehrenvorsitzenden des Ver-bands ernannt wird. „Wir müssen uns nicht qua-litativ vor den Angeboten der Öffentlich-Recht-lichen verstecken. Das Problem ist aber, dassARD und ZDF den Zeitungen durch Angebote

Konkurrenz machen, die durch ‚Zwangsgebüh-ren‘ finanziert werden“, rügt Nienhaus in seinerAntrittsrede. Gegen ein breites und überwiegendtextbasiertes Online-Angebot, finanziert über dieRundfunkgebühren, seien die privaten Online-Anbieter von Qualitätsjournalismus chancenlos,betont auch Clemens Bauer, der die „multime-dialen Allmachtsfantasien“ von ARD und ZDFscharf kritisiert.

3. Mai

Internationaler Tag der Pressefreiheit„Es ist wichtig, dass wir immer wieder auf Ein-zelschicksale von inhaftierten und verfolgtenJournalisten und Autoren hinweisen. Die Auf-merksamkeit der Weltöffentlichkeit hat Men-schen wie den iranischen Regimegegner AkbarGanji am Leben erhalten“, betont BDZV-Präsi-

Der Sprecher von Google Deutschland, Kay Oberbeck; der chinesische Journalist Shi Ming; die iranische Journalistin und BloggerinMaryam Mirza und Peter Mezger, langjähriger Iran-Korrespondent der ARD, (v.l.n.r.) diskutieren über die Lage der Pressefreiheit inChina und Iran.

Page 24: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

326

dent Helmut Heinen anlässlich des Internatio-nalen Tags der Pressefreiheit im Gespräch mitder Deutschen Presse-Agentur dpa. „Der inter-nationale Protest öffnete schon manche Ker-kertür.“ Das Thema Pressefreiheit in Iran undChina steht auch im Mittelpunkt einer gemein-samen Podiumsdiskussion von BDZV, Reporterohne Grenzen (RoG) und Deutscher Journalis-ten-Verband (DJV) am 3. Mai 2010. Dabei dis-kutieren die iranische Journalistin und BloggerinMaryam Mirza; Peter Mezger, langjähriger Iran-Korrespondent der ARD; der chinesische Jour-nalist Shi Ming und der Sprecher von GoogleDeutschland, Kay Oberbeck, über das Thema„Das Internet in Iran und China – Zensur undFreiheitskampf“. Dabei ist die Meinung der Dis-kutanten eindeutig: Das Internet hat die Pro-testbewegungen in Iran und China verändert unddie Einwohner haben das Internet verändert. „Biszur grünen Revolution war Facebook nicht mehrals ein Platz zum Freunde-Treffen. Seit 18 Mo-

naten ist es neben Zeitung und Fernsehen einwichtiges Medium“, erläutert Mirza. Eine Ein-schätzung, die auch Mezger teilt: „Die Opposi-tion hat das Internet und soziale Netzwerke ne-ben der Straße zu einem zweiten Demonstra-tionsort für sich entdeckt.“ Was dazu geführthabe, dass ausländische Medien zwar auf eineFülle an Informationen und Informanten zugrei-fen können, „doch wir konnten die Masse anNews kaum noch überprüfen oder einordnen“,meint Mezger. „Overnewsed but under informed“seien nicht nur die Journalisten, sondern damitzunehmend auch die Konsumenten gewesen.„Mehr denn je war es in dieser Phase unsereAufgabe, Informationen, Bilder und Videos in ei-nen Kontext zu stellen und diesen den Lesern,Hörern und Zuschauern zu erläutern“, so derIranexperte weiter.

3. bis 5. Mai

Treffpunkt Mediennachwuchs: Zeitungenfür KinderNachrichten für Kinder stehen im Fokus einesExpertengesprächs beim Treffpunkt Medien-nachwuchs in Leipzig. Dabei unterstreicht BDZV-Pressereferentin Anja Pasquay die Bedeutungvon frühkindlicher Leseförderung: „Lesekompe-tenz ist ein wichtiger Beitrag zu einer Gesamt-medienkompetenz, deshalb haben die deutschenZeitungsverlage bereits vor Jahrzehnten Projek-te wie Zeitung in der Schule gestartet.“ Darüberhi naus unterstützen zahlreiche VerlagshäuserProjekte wie Kinder- oder Jugenduniversitätenoder haben eigene Kinderzeitungen, so wie die„Mit tel deutsche Zeitung“ (MZ) aus Halle. „Ga-laxo“, so der Name der zweimal wöchentlich er-scheinenden Kinderausgabe, greife nicht nur

Zeitungen 2010/11

Michael Rediske, Vorstandsvorsitzender von Reporter ohne Gren-zen, zieht bei der gemeinsamen Podiumsdiskussion von BDZV,ROG und DJV eine negative Bilanz über die Lage der Presse-freiheit in der Welt.

Page 25: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

327

„seichte Fragestellungen“ auf, sondern auchThemen wie Krieg oder häusliche Gewalt, er-läutert Jörg Biallas, Chefredakteur der „MZ“.Denn Kinder verstünden bei entsprechender Auf-arbeitung auch solchen Geschichten.

6. Mai

Delegiertenversammlung BrüsselDie Delegiertenversammlung des BDZV – dashöchste Gremium des Verbands – kritisiert dieanhaltende Ausweitung der digitalen Textange-

Streitgespräch über die Rolle der Presse in der EU; ENPA-Präsident Valdo Lehari jr. (l.) mit den Europaparlamentariern Herbert Reul,Petra Kammerevert, Helga Trüpel und Alexander Alvaro, in der Mitte Moderator Knut Pries (Leiter internationales Korrespondenten-büro in Brüssel der WAZ Mediengruppe).

BDZV-Pressereferentin Anja Pasquay diskutiert beim Treffpunkt Mediennachwuchs mit Jörg Biallas, Chefredakteur „Mittel-deutsche Zeitung“; GEOlino Chefredakteur Martin Verg und Jürgen Drescher von The Walt Disney Company über altersge-rechte Printprodukte für Kinder.

Page 26: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

328

bote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. „Derbisherige Verlauf des seinerzeit in Brüssel vonder EU-Politik initiierten Drei-Stufen-Tests ist ent-täuschend“, betont BDZV-Präsident Helmut Hei-nen. Diese Bedenken äußern die Verleger auchbei der abendlichen Diskussionsrunde mit Ab-geordneten des Europaparlaments. Es könnenicht Sinn von ARD und ZDF sein, dass ein Teilder acht Milliarden Euro an Rundfunkgebührendazu eingesetzt werde, den Zeitungsverlagenden Weg in die digitale Medienzukunft zu ver-bauen, so Heinen weiter. Erörtert werden auchweitere wichtige europäische Themen wie etwadie immer wieder von der EU angestoßenenWerbebeschränkungen.

6. Mai

Helmut Heinen einstimmig als BDZV-Präsident wiedergewähltHelmut Heinen wird von der Delegiertenver-sammlung in Brüssel einstimmig für weiterezwei Jahre zum Präsidenten des BDZV gewählt.Heinen ist Herausgeber der „Kölnischen/BonnerRundschau“ und Mitgesellschafter der BerlinerVerlag GmbH, er steht seit dem Jahr 2000 ander Spitze des Verlegerverbands, zuvor war erzehn Jahre lang Vizepräsident. Als Vizepräsi-denten werden in ihrem Amt bestätigt: Wolf-gang Pütz, Verleger des „Remscheider General-Anzeigers“; Richard Rebmann, Geschäftsführer

Zeitungen 2010/11

Im Amt bestätigt: (hinten v.l.n.r.) Helmut Heinen und Rudolf Knepper, (vorne v.l.n.r.) Werner Hundhausen, Wolfgang Pütz, HansGeorg Schnücker und Richard Rebmann.

Page 27: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

329

der Südwestdeutschen Medien Holding GmbH,Stuttgart; Rudolf Knepper, stellvertretender Vor-standsvorsitzender und Vorstand Technik undLogistik der Axel Springer AG, Berlin/Hamburg;sowie Hans Georg Schnücker, Sprecher der Ge-schäftsführung der Verlagsgruppe Rhein Main,Mainz und Vorsitzender des Aufsichtsrats derZMG Zeitungs Marketing Gesellschaft in Frankfurtam Main. Kooptiertes Mitglied des Präsidiumsist weiterhin der Vorsitzende des Sozialpoliti-schen Ausschusses beim BDZV, Werner Hund -hausen, „General-Anzeiger“ Bonn. Als Ehren-mitglieder gehören dem Präsidium an: ProfessorAlfred Neven DuMont, Herausgeber von „KölnerStadt-Anzeiger“, „Express“, „MitteldeutscherZeitung“ und „Frankfurter Rundschau“ sowieMitgesellschafter der Berliner Verlag GmbH; RolfTerheyden, Altverleger des „Bocholter BorkenerVolksblatts“; Eberhard Ebner, Verleger der „Süd-west Presse“ in Ulm; sowie Wilhelm Sandmann,früherer Vorsitzender des Aufsichtsrats der Ver-lagsgesellschaft Madsack in Hannover.

10. Mai

Studie: US-Zeitungsmarkt nicht mit deutschem vergleichbarDie Entwicklung am deutschen Zeitungsmarktist nicht vergleichbar mit der schwierigen Situ-ation der US-amerikanischen Zeitungen. Daszeigt die BDZV-Studie „Am Wendepunkt. DieZeitungen in den USA – Konvergenzen und Di-vergenzen zum deutschen Zeitungsmarkt“, dieder Verband heute in Berlin vorstellt. „Im Unter-schied zu den Vereinigten Staaten sind die Zei-tungen in Deutschland in sehr guter Verfas-sung“, erklärt BDZV-Hauptgeschäftsführer Diet-

mar Wolff. Zwar befinde sich die Branche nachwie vor in einem durch die Digitalisierung unddas Internet ausgelösten tiefgreifenden Wandel.Doch setzen die Verlage – in der Kombinationvon Druck, online und mobile – für die Zukunftauf Wachstum in den Nutzer- und Werbemärk-ten. Der Studie zufolge haben die US-amerika-nischen Tageszeitungen 2008 etwa 23 Prozentihres Anzeigenumsatzes verloren. Massiv wa-ren auch die Auflagenverluste. Hinzu kamen Probleme, die aus der weltweiten Wirtschafts-und Finanzkrise resultierten. Zum Vergleich: InDeutschland greifen rund 70 Prozent der er-wachsenen Bevölkerung regelmäßig zur Tages-zeitung. Die Titelzahl ist seit zehn Jahren kon-stant (1999: 355 / 2009: 351). Mehr zu den Er-

BDZV-Studie: Zeitungsmärkte in Deutschland und den USAsind zwei verschiedene Welten.

Page 28: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

330

gebnissen der Studie erfahren Sie in diesemBuch auf Seite 233.

19. Mai

Jury entscheidet über Theodor-Wolff-PreisFür herausragende journalistische Leistungenin der politischen Tages- und Wochenpressewerden sechs Journalisten mit dem Journalis-tenpreis der deutschen Zeitungen – Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet. Die mit 6.000 Eurodotierten Würdigungen erhalten in der Katego-rie „Allgemeines“: Arne Perras („SüddeutscheZeitung“, München) und Sabine Rennefanz(„Berliner Zeitung“). Die ebenfalls mit je 6.000Euro dotierten Auszeichnungen in der Sparte„Lokales“ gehen an Detlef Schmalenberg („Köl-ner Stadt-Anzeiger“) sowie Frank Buchmeier(„Stuttgarter Zeitung“). In der Kategorie „Kom-mentar/Glosse/Essay“ hat die Jury Jana Hen-sel („Die Zeit“, Hamburg) den Preis zuerkannt.Die – undotierte – Würdigung für das Lebens-werk bekommt Joachim Kaiser („SüddeutscheZeitung“, München). Die Preise werden bei ei-nem Festakt am 8. September 2010 in Bremenüberreicht.

25. Mai

ZAW: Gesamtwerbeinvestitionen auf Niveau von 1995Die Tageszeitungen bleiben mit 3,694 MilliardenEuro Netto-Werbeumsatz (minus 15,5 Prozentzu 2009) auch im „Finanz- und Werbekrisenjahr2009“ größter Werbeträger in Deutschland. Dasberichtet der Zentralverband der DeutschenWerbewirtschaft (ZAW) auf seiner Jahrespresse -konferenz. Auf Platz zwei und drei folgen dasFernsehen mit 3,639 Milliarden Euro (minus 9,8

Prozent) und die Werbung per Post, die 6,4 Pro-zent ihrer Werbeerlöse verloren hat (auf nun3,08 Milliarden Euro). Einzig die Online-Werbungist im vergangenen Jahr leicht gewachsen, je-doch deutlich langsamer als in den Jahren zu-vor. „Mit plus 1,3 Prozent auf 764 Millionen Eurobewegt sich der Online-Sektor an der Schwelleder Stagnation“, betont ZAW-Präsident MichaelKern. 2006 wiesen die Onliner noch Wachs tums -raten von 49 Prozent, 2007 von 39 und 2008 vonneun Prozent aus. Insgesamt schrumpften dieWerbe investitionen zwischen Januar und De-zember 2009 um sechs Prozent (1,83 Milliarden

Zeitungen 2010/11

Über den Theodor-Wolff-Preis können sich freuen: ArnePerras („Süddeutsche Zeitung“, München), Sabine Renne-fanz („Berliner Zeitung“), Detlef Schmalenberg („KölnerStadt-Anzeiger“), Frank Buchmeier („Stuttgarter Zeitung“),Jana Hensel („Die Zeit“, Hamburg) und Joachim Kaiser(„Süddeutsche Zeitung“).

Page 29: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

331

Euro) auf nunmehr 28,84 Milliarden Euro. Nachden massiven Werbeverlusten habe die Branchedas monetäre Niveau des Jahres 1995 erreicht,so der ZAW. Für das laufende Jahr prognosti-zieren die Werbeexperten eine Entwicklung desWerbemarkts zwischen minus 2,5 und plus 1,0Prozent. Für 2011 rechnet der ZAW mit einemPlus von 2,0 bis 3,5 Prozent.

8./9. Juni10 Jahre Zeitung onlineMehr als 300 Verleger, Geschäftsführer, Chef-redakteure und Verlagsleiter diskutieren mit 20internationalen Referenten anlässlich der zehn-jährigen Jubiläumskonferenz Zeitung online inDüsseldorf über digitale Geschäftsmodelle, dieauch in der Wirtschafts- und Strukturkrise funk-tionieren; über potenzielle Inhalte und Formate

für die neuen Tablet-PCs, wie das iPad, und denoptimalen Einsatz von sozialen Netzwerken imRedaktions- und Verlagsalltag. Richard Rebmann,BDZV-Vizepräsident und Geschäftsführer derSüdwestdeutschen Medienholding, unterstreichtin seinem Festvortrag, dass Verlage die digita-len Herausforderungen offensiv angingen: „Mehrals 20 Zeitungen haben bereits Apps für Smart-phones, wir unterhalten 600 Websites und sindmit 450 E-Paper-Ausgaben im Netz vertre ten.“Zusätzlich seien rund zwei Drittel der Verlage imSocial-Media-Bereich aktiv. Dass Deutschlandin der nahen Zukunft vor wegweisenden Ent-scheidungen steht, betont der Publizist und ehe-malige Chefvolkswirt der Deutschen Bank Pro-fessor Norbert Walter in seiner Key note: „DieFrage wird sein, entlassen die UnternehmenFachkräfte zur kurzfristigen Bilanzverbesserung

Zehnjähriges Jubiläum von Zeitung online in Düsseldorf – mehr als 300 Verleger, Chefredakteure und Verlagsmanager disku-tieren digitale Zukunftsstrategien.

Page 30: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

332

Zeitungen 2010/11

Zeitungsdesigner Lukas Kircher rät iPad-Applikationen „Oma-sicher“, selbsterklärend und verführerisch zu gestalten.

BDZV-Vizepräsident Richard Rebmann betont die Bedeutung mobiler Endgeräte für die Verlage.

Page 31: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

333

oder investieren sie noch einmal in die Baby-boomgeneration der Nachkriegsjahre?“ Die Emp-fehlung des Wirtschaftsexperten ist dabei deut-lich: „Deutschland lebt von seiner Innovations-kraft und nur mit gut geschulten Fachkräftenwerden wir unsere Position als Innovationstrei-ber verteidigen können.“ Der Zeitungsdesi gnerLukas Kircher prognostiziert, dass Zeitungen we-der mit Eins-zu-eins-Kopien der gedruckten Aus-gaben noch mit Duplikaten der Verlagswebsitesauf Tablet-PCs erfolgreich sein werden. „Wermit diesen Geräten dauerhaft Leser gewinnenund halten will, muss seine Angebote ‚Oma-si-cher‘ und verführerisch machen“, so Kircher.Dazu müsse sich die Navigation de facto selbsterklären und Inhalte in „nie gekannter Art undWeise multimedial aufbereitet sein“. Wie einederartige Aufbereitung aussehen könnte, stelltMeinolf Ellers von der dpa-infocom mit einer

iPad-Applikation für die „Frankfurter Rundschau“vor. Viele Fotos, verknüpfte Videofilme, zwei-spaltiges Magazinlayout und die aus der Tages-zeitung gekannte „Weiterblätterrichtung vonrechts nach links“. „Diese Tablets sind die ersteGerätegeneration, die alle Mediengattungennutzbar machen“, führt der Verlagsexperte El-lers aus. Deshalb sei es wichtiger denn je, „zuexperimentieren, kooperieren und programmie-ren“, meint Medienwissenschaftler und Strate-gieberater Robin Meyer-Lucht.

11. JuniBDZV-Sonderpreis für beste crossmedialeSchülerzeitung„Die heute prämierte Schülerzeitung beweist,dass sich auch eine Schülerzeitungsmarke vonder Printwelt ins Netz verlängern lässt“, sagtHans-Joachim Fuhrmann, Mitglied der BDZV-Ge-

Hans-Joachim Fuhrmann, Mitglied der BDZV-Geschäftsleitung, zeichnet den „Innfloh“ vom Ruperti-Gymnasium aus Mühldorf amInn (Bayern) als beste crossmedial erscheinende Schülerzeitung Deutschlands aus.

Page 32: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

334

schäftsleitung, anlässlich der Preisverleihung desbundesweiten Schülerzeitungswettbewerbs derLänder in Berlin. Bereits zum vierten Mal lobt derBDZV einen Sonderpreis für die beste crossme-dial erscheinende Schülerzeitung Deutschlandsaus, über den sich in dieser Runde die Redaktiondes „Innfloh“ vom Ruperti-Gymnasium aus Mühl-dorf am Inn (Bayern) freuen kann. Die Zeitungverbinde auf höchst professionelle Weise ihrenPrintauftritt mit der eigenen Website und sozia-len Netzwerken, erklärt Fuhrmann die Jury-Ent-scheidung. Schirmherr des Wettbewerbs ist derBundesratspräsident und Bürgermeister derFreien Hansestadt Bremen, Jens Börnsen.

24. Juni

Manteltarifvertrag gekündigtDer BDZV kündigt zum 31. Dezember 2010 denManteltarifvertrag, nachdem die Gewerkschaf-ten Deutscher Journalisten-Verband (DJV) undver.di den Gehaltstarifvertrag für Redakteure zum31. Juli 2010 gekündigt haben. Vor dem Hinter-grund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungenbedürfe es in dieser Tarifrunde einer sinnvollenKorrektur der Unternehmensbelastungen, betontBDZV-Verhandlungsführer Werner Hundhausen.

28. Juni

Anhörung zum LeistungsschutzrechtEin Leistungsschutzrecht für Verlage soll auchdazu dienen, neue Einnahmequellen dort zu er-schließen, wo bisher die Leistungen der Verla-ge und Journalisten vergütungsfrei erwerbs-mäßig genutzt werden, erklären die Verleger or -ganisationen BDZV und Verband Deutscher Zeit-schriftenverleger (VDZ) bei einer Anhörung imBundesjustizministerium. Schließlich sicherten

die Online- und Printangebote der Zeitungen- undZeitschriftenverlage eine qualitativ hochwertigeund vielfältige Berichterstattung, Kommentie-rung, Bewertung und Einordnung aller gesell-schaftlich relevanten Themen. Von daher sei esnicht länger hinnehmbar, dass von Presseverla-gen bereitgestellte Online-Inhalte gerade auchim gewerblichen Bereich umfassend kostenlosgenutzt würden und zum Teil die Lektüre und soauch den Erwerb der gedruckten Presse ersetz-ten. Die Verlage sprechen sich dafür aus, dassein Leistungsschutzrecht geschaffen wird, daswie in anderen Branchen üblich, den Werkmittler(„Verleger“) das ausschließliche Recht zusichert,die teuer produzierten Inhalte zu vervielfältigen,zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. DasRecht muss den Schutz der Urheberrechte ein-schließlich der Schrankenbestimmungen unbe-rührt lassen und darf nicht in einer Weise aus-gelegt werden können, die diesem Schutz zu-widerläuft, betonen BDZV und VDZ.

29. Juni

Europäische Zeitungsverleger verlangenbesseres UrheberrechtDie europäischen Zeitungsverleger sind zu ei-nem Gedankenaustausch mit EU-Kommissions-präsident José Manuel Barroso zusammenge-kommen. „Eines unserer wichtigsten Anliegenist es, dass die EU-Kommission bei ihrer Politik-gestaltung nicht nur die neuen Medien wie dasInternet berücksichtigt, sondern auch an dieklassische Zeitung denkt“, sagt Valdo Lehari jr.,Herausgeber des „Reutlinger General-Anzeigers“und Präsident des Europäischen Zeitungsverle-gerverbands ENPA. Barroso stellt in Aussicht,sich noch stärker für die Interessen der Zeitun-

Zeitungen 2010/11

Page 33: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

335

gen einzusetzen, schließlich „spielen diese eineRolle, die keiner ersetzen kann“. Lehari und sei-ne Verlegerkollegen betonen, dass für das Über-leben der Presse ein wirksames Urheberrechtunerlässlich sei. „Das Material, das wir produ-zieren, gelangt eins zu eins in die elektronischenMedien, die dann damit Geld verdienen“, erklärtder Verlegerpräsident.

29. Juni

Medienforum.nrw: Internet verändert Redaktionsarbeit„Unternehmen wie Google leben davon, syste-matisch unsere Inhalte abzugreifen. Deswegenbrauchen wir ein eigenes Leistungsschutzrecht,um unser Eigentum zu schützen“, bekräftigtChristian Nienhaus, Vorsitzender des Zeitungs-verlegerverbands Nordrhein-Westfalen (ZVNRW),

die Forderung der Verlage. Das aus dem Jahr1965 stammende Urheberrecht bilde, auch an-gesichts der rasanten Entwicklung des Internets,die veränderte Wirklichkeit in diesem Bereichnicht mehr ab. Eine Anpassung durch ein eige-nes Schutzrecht für Presseverlage sei also drin-gend geboten. Anlässlich des von BDZV undZVNRW beim medienforum.nrw veranstalteteninternationalen Zeitungskongresses kritisiertNienhaus ferner die schrankenlose Expansionvon ARD und ZDF im Internet. Der mit dem jüngs -ten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zwingendeingeführte Drei-Stufen-Test würde bei mobilenAnwendungen von den öffentlich-rechtlichenRundfunksendern „glatt ignoriert“. Dabei ist dasInternet wichtiger denn je für die Zeitungshäu-ser, wie auch Christian Lindner, Chefredakteurder „Rhein-Zeitung“ aus Koblenz, zu berichten

Spitzentreffen in Brüssel: Europäische Zeitungsverleger unter Leitung von ENPA-Präsident Valdo Lehari jr und José Manuel Bar-roso (5. und 6. v.l.), Präsident der Europäischen Kommission.

Page 34: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

336

weiß: „Das Netz eröffnet uns Optionen, mit demLeser/dem User in Kontakt zu treten. Es ist das Dialogmedium Nummer eins und wir müssen es uns zunutze machen.“ Dabei bestehe die Herausforderung nicht nur darin, guten Online-Journalismus zu betreiben, sondern diesem auch

ein funktionierendes Geschäftsmodell zur Seitezu stellen, erläutert Nienhaus, der zudem Ge-schäftsführer der WAZ-Mediengruppe (Essen)ist. Konstantin Neven DuMont (Strategievorstandder Mediengruppe M. DuMont Schauberg) er-gänzt diese Einstellung: „Vielleicht ist es an derZeit, dass wir endlich wieder mehr zum Anwaltder kleinen Leute werden und ihre Sorgen undNöte ernst nehmen.“ Dazu gehöre es, dass re-gionale Themen im Mittelpunkt der Zeitung stün-den, gedruckt oder elektronisch, fügt Eugen A.Russ (Geschäftsführer des Vorarlberger Me-dienhaus) hinzu. „Nur darf sich dafür eine Re -daktion nicht als Druckvorstufenmitarbeiter ver-stehen, sondern muss raus auf die Straße unddort ihre Geschichten recherchieren und hoch-wertigen Content produzieren. Denn die Leser

Zeitungen 2010/11

Über die Bedeutung des Internets für Verlage diskutieren in Köln (v.l.n.r.): Konstantin Neven DuMont, Strategievorstand der Medien-gruppe M. DuMont Schauberg; Christian Lindner, Chefredakteur „Rhein-Zeitung“; Wolfgang Blau, Chefredakteur „Zeit Online“; der Ge-schäftsführer des Vorarlberger Medienhauses Eugen A. Russ sowie Christian Nienhaus, Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe.

BDZV-Präsident Helmut Heinen stellt klar: In Zukunft wird eseinige Zeitungsinhalte im Netz nur noch gegen Bezahlunggeben.

Page 35: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

337

zahlen ihre Abo gebühren für einzigartige Ge-schichten“, analysiert Lindner.Zuvor hatte auch Alan Rusbridger, Chefredak-teur des Londoner „Guardian“, als Gastrednerdie Überzeugung vertreten, dass das Internet diegesamte Zeitungsbranche verändere: „Wir be-finden uns inmitten einer Revolution und dieAuswirkungen des Internets sind alarmierendund inspirierend zugleich.“ Denn das „neue Medium“ beschleunige zwar den Verlust an Kontrolle über die Verbreitung der Inhalte, aberbiete gleichzeitig eine quasi unerschöpfliche In-formantenflut. „Crowdsourcing“ – das Zunutze-machen der Schwarmintelligenz einer auf derganzen Welt verstreuten Schar an Quellen undEmpfehlern – sei das Schlagwort der Stunde,befindet der Online-Experte. Um dieses Poten-

zial in seiner Gänze nutzen zu können, wünschtsich Rusbridger, dass Journalisten noch offenerfür das Web werden. Es gelte, sich in jede Rich-tung mit seinen Inhalten zu verlinken und sichvom starren Gerüst des Selbermachens zu tren-nen: „Durch die intelligente Einbindung passen-der Inhalte anderer Websites können die Zei-tungen die führenden Plattformen zu aktuellenThemen weit über die traditionelle Nutzerschaftim Netz hinaus bilden“, ist er sich sicher. Bei einem Panel am Vortag betont BDZV-Präsi-dent Helmut Heinen, dass künftig ausgesuchterContent nur noch gegen Bezahlung zugänglichsein werde. Denn nur so sei es möglich, Quali-tätsjournalismus auch auf Dauer im Netz anbie-ten zu können.

Für Alan Rusbridger, Chefredakteur des Londoner „Guardian“, ist das Internet gleichermaßen alarmierend wie inspirierend.

Page 36: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

338

5. Juli

Brüderle unterstreicht gesellschaftlicheRolle der ZeitungenDie wirtschaftlichen und medienpolitischen Be-lange der Zeitungsbranche stehen im Mittel-punkt des Spitzengesprächs zwischen BDZV-Prä-sident Helmut Heinen und Bundeswirtschafts-minister Rainer Brüderle. Dabei erörtern sieaktuelle Entwicklungen und ihre Auswirkungenauf die deutsche Verlagslandschaft. Wie Minis-ter Brüderle unterstreicht, haben die Qualitäts-zeitungen eine hohe Bedeutung für das gesell-schaftliche Zusammenleben.

13. Juli

Jahrespressekonferenz: Tablets wichtigerTeil der Digitalstrategie„Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise trifftdie Verlage mit voller Wucht – und dazu unter-minieren gebührenfinanzierte Institutionen denprivatwirtschaftlich organisierten Wettbewerbim Internet“, sagt BDZV-HauptgeschäftsführerDietmar Wolff anlässlich der Jahrespressekon-ferenz in Berlin. Von ARD und ZDF betriebeneOnline-Angebote wie tagesschau.de oder heu-te.de stehen hier im Mittelpunkt der Kritik. „Esist ein Skandal, dass die Rundfunkräte diesen

Zeitungen 2010/11

BDZV-Präsident Helmut Heinen und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle erörtern aktuelle Entwicklungen und ihre Aus-wirkungen auf die Verlagslandschaft.

Page 37: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

339

presseähnlichen Angeboten grünes Licht gebenund den Drei-Stufen-Test damit zur Farce ma-chen“, so Wolff weiter. Die Zeitungsverlegerwürden mit allen ihnen zur Verfügung stehendenjuristischen und politischen Mitteln Front gegendiese Praxis machen. Denn das Internet und mo-bile Endgeräte, betont BDZV-Kommunikations-chef Hans-Joachim Fuhrmann, werde für dieVerlage immer wichtiger. Die neue Generationvon Tablet-PCs und Smartphones beflügele dieTransformation der Zeitungshäuser zu modernenMedienhäusern. Derzeit werde allerorts intensivan Inhalten, Design und Vermarktungsmodellengearbeitet. „Es besteht Konsens, dass die Ta-blets große Chancen bieten, das klassische Ge-schäftsmodell der Zeitung – nämlich Vertriebs -erlöse plus Werbeerlöse – in die digitale Weltzu übertragen“, erklärt Fuhrmann. Dafür müssten

aber auch von staatlicher Seite entsprechendeRahmenbedingungen geschaffen werden. Wennes dem Gesetzgeber ernst sei mit dem unver-zichtbaren Beitrag der Zeitungen zur Demokra-tie, müsse ein effektives Leistungsschutzrechtfür Verlage geschaffen werden, das sie mit an-deren Werkmittlern im Internet gleichsetzt. Not-wendig sei ferner, dass der Mehrwertsteuersatzfür Presseerzeugnisse in Höhe von sieben Pro-zent unangetastet bleibe. „Zeitungen sind wieLebensmittel. Sie sichern die Teilhabe und denDiskurs in einer pluralistischen und demokratischverfassten Gesellschaft“, betont Wolff. Niemandkönne eine plausible Antwort auf die Frage ge-ben, warum es überhaupt eine Steuer für politi-sche Meinungs- und Willensbildung gebe. Vordiesem Hintergrund, unterstreicht der BDZV, soll-te noch einmal über eine generelle Mehrwert-

BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff kritisiert bei der Jahrespressekonferenz in Berlin die presseähnlichen Online-Angebo-te der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Page 38: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

340

steuerbefreiung nachgedacht werden. Das Ge-schäftsjahr 2009 verlief, konstatiert BDZV-Ge-schäftsführer Jörg Laskowski, alles andere alszufriedenstellend. Die Umsätze gingen um 5,5Prozent zurück. Während die Vertriebserlöse um2,3 Prozent stiegen, gab es bei den Anzeigen-und Beilagenumsätzen ein Minus von 15,9 Pro-zent (700 Millionen Euro). Der Gesamtumsatzder Branche betrug 8,46 Milliarden Euro. Etwaauf gleichem Niveau wie im Vorjahr verloren dieZeitungen an Auflage (minus 2,5 Prozent), aufnunmehr 25,31 Millionen verkaufte Exemplarepro Erscheinungstag.

13. Juli

BDZV stiftet „Bürgerpreis der DeutschenZeitungen“Der BDZV stiftet 2010 erstmals den „Bürgerpreisder Deutschen Zeitungen“. Damit werden ent-weder Einzelpersonen, Gruppen oder Institutio-nen als „Bürger des Jahres“ ausgezeichnet, diesich in Deutschland lokal, regional oder auch mitbun desweitem Anspruch bürgerschaftlich enga-gieren beziehungsweise in Deutschland etwas

Großes leisten. Das ganz Besondere: Die Jurybesteht aus den Chefredakteuren der in denBDZV-Landesverbänden organisierten Zeitungenund ist damit die größte und kompetenteste Jurydes Landes. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert,der Preisträger wird beim Zeitungskongress am20. September in Essen bekanntgegeben.

15. Juli

Verleger bringen „Einkauf Aktuell“ vor den BundesgerichtshofDer BDZV und der Bundesverband DeutscherAnzeigenblätter (BVDA) werden vom Bundes-gerichtshof (BGH) klären lassen, ob die redak-tionelle Erweiterung von „Einkauf Aktuell“ rech-tens ist. „Es ist nicht hinzunehmen, dass ein defacto Staatsbetrieb privatwirtschaftliche Unter-nehmen in einem ohnehin schon umkämpftenMarkt attackiert“, erläutert BDZV-Geschäftsfüh-rer Jörg Laskowski die Hintergründe der einge-legten Revision vorm BGH. Ein Urteil wird für dasJahr 2012 erwartet.

15. Juli

Bundesnetzagentur überprüft Rabatte derPost AGDie Bundesnetzagentur eröffnet ein Verfahrengegen die Deutsche Post AG, bei dem überprüftwird, ob die neuerdings gewährten Großkun-denrabatte rechtens sind. Der BDZV und seineMitglieder bezweifeln die Berechtigung der Post,Rabatte zu erhöhen, solange die Postkundennicht gleichzeitig zu umfassenderen Eigenleis-tungen verpflichtet werden. Ein vom BDZV in Auf-trag gegebenes Rechtsgutachten von ProfessorLudwig Gramlich (Technische Universität Chem-nitz) bestätigt, dass die Post Rabatte nicht ohne

Zeitungen 2010/11

Page 39: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

341

vorherige Genehmigung durch die Bundesnetz -agentur gewähren dürfe.

20. Juli

Drei-Stufen-Test wird zur FarceAls Farce bezeichnet BDZV-Hauptgeschäftsfüh-rer Dietmar Wolff den Drei-Stufen-Test, nachdemdie Online-Auftritte der ARD von den Rundfunk -räten abgenickt worden sind. „Die Verbreitungdes Textportals tagesschau.de auf allen Distri-butionskanälen – mobil, mit Apps, bei Face bookoder Twitter – hat nichts mehr mit Rundfunk zutun“, erklärt Wolff dazu. Es sei ein Skandal, dassdas im Rundfunkänderungsstaatsvertrag nieder-geschriebene Verbot presseähnlicher Angebotekomplett leerlaufe, konstatiert der BDZV-Haupt-geschäftsführer. ARD und ZDF legten „presse-ähnlich“ so aus, dass ihr Angebot eins zu eins soaussehen müsse wie gedruckte Zeitungen oderZeitschriften. Kein Presseangebot habe heute je-doch noch eine solche Anmutung. „Presse istnicht nur ‚offline‘, sondern auch das, was unsereVerlage online und mobil verbreiten.“ Die Rech-nung für diesen „Auftrag ohne Grenzen“ werdeim Übrigen der Gebührenzahler zu tragen haben,warnt Wolff. Denn die Ausgaben der Sender fürOnline-Angebote würden sich im Vergleich zudem bisher zulässigen Etat mehr als verdoppeln.

27. Juli

Walter J. Schütz 80Der Pressestatistiker Walter J. Schütz vollendetsein 80. Lebensjahr. Schütz darf mit Fug undRecht als „Vater“ der modernen deutschenPresse statistik gelten. Bereits 1954 leitete er alswissenschaftlicher Mitarbeiter an der UniversitätMünster das erste Forschungsprojekt „Stich-

tagssammlung der Tageszeitungen in der Bun -desrepublik Deutschland“. Ziel der Untersuchungwar es, die im deutschen Pressewesen beste-hende lokale und regionale Vielfalt zu dokumen-tieren, wie sie sich auch in Nebenausgaben in-klusive Kopfblättern, Stadtteilzeitungen, Ausga-ben mit lokalen Wechselseiten und Beilagenwiderspiegelt. 2004 hat Schütz die siebte undbisher letzte derartige Stichtagssammlung ab-geschlossen. Auch der Begriff „Publizistische Ein-heit“ ist eine Schöpfung des Pressestatistikers.

Walter J. Schütz darf sich „Vater“ der modernen deutschenPressestatistik nennen. Auf ihn gehen Begriffe wie „Publizis-tische Einheit“ zurück.

Page 40: Chronik "Zeit(ungs)geschehen 2009/2010

342

Zeitungen 2010/11

Zeitungsjubiläen1

175 Jahre

„Fränkischer Tag“ („Bamberger Tagblatt“),Bamberg

„Schwarzwälder Bote“, Oberndorf

160 Jahre

„Allgemeine Zeitung für die Lüneburger Heide“, Uelzen/Wittingen

„Alb-Bote“, Waldshut„Windsheimer Zeitung“, Bad Windsheim

155 Jahre

„Bersenbrücker Kreisblatt“, Quakenbrück

150 Jahre

„Rheiderland Zeitung“, Weener

125 Jahre

„Murrhardter Zeitung“, Murrhardt„Rehauer Tagblatt“, Hof

120 Jahre

„Magdeburger Volksstimme“, Magdeburg„Zevener Zeitung“, Zeven

100 Jahre

„Northeimer Neueste Nachrichten“, Northeim „Zollern-Alb-Kurier“, Albstadt

60 Jahre

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“, Frankfurt am Main

„Hamburger Morgenpost“, Hamburg„Hannoversche Allgemeine Zeitung“, Hannover„Neue Deister-Zeitung“, Springe„Pforzheimer Zeitung“, Pforzheim„Stader Tageblatt“, Stade„Winsener Anzeiger“, Winsen an der Luhe

50 Jahre

„Friedberger Allgemeine“, Friedberg/Augsburg„Gmünder Tagespost“, Schwäbisch Gmünd„Traunreuter Anzeiger“, Traunreut/Trostberg

20 Jahre

„Altmark Zeitung“, Salzwedel„Döbelner Anzeiger“, Döbeln„Märkische Oderzeitung“, Frankfurt (Oder)„Mitteldeutsche Zeitung“, Halle/Saale„Oranienburger General-Anzeiger“,

Oranienburg„Thüringer Allgemeine“, Erfurt„Torgauer Zeitung“, Torgau„Vogtland-Anzeiger“, Plauen

1) 1. August 2009 bis 31. Juli 2010.