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CHV aktuell Nummer 62 November 2011 Fünf Jahre Christophorus-Haus Dr. Gustava Everding: Ars moriendi Katarina Theißing: Die Rolle der Pflegenden Katharina Keitel: Als Krankenschwester im Hospiz

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CHVaktuell Nummer 62 November 2011

Fünf Jahre Christophorus-HausDr. Gustava Everding: Ars moriendi

Katarina Theißing: Die Rolle der Pflegenden

Katharina Keitel: Als Krankenschwester im Hospiz

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Editorial

Liebe Mitglieder, Leser und Freunde des CHV,

Alter und altern bringen einerseits mehr Freiheiten,andererseits auch vermehrt Abschiede mit sich. Dasist einer der Gründe, warum ich in diesem Heft denprominenten Platz des Editorials nutzen darf.

Im Januar 2012 werde ich, nach fast 18 Jahren, dieGeschäftsführung sowohl des CHV als auch derChristophorus Hospiz Verwaltungs GmbH anHerrn Wagner übergeben. Ich wünsche ihm, dassseine Tätigkeit bei uns ihm ebenso viel Freude undZufriedenheit bringt, wie sie es mir all die Jahre ge-bracht hat. Er wird sich Ihnen im nächsten Heftselbst vorstellen, und spätestens bei der Mitglieder-versammlung im Mai 2012 können Sie ihn persönlich kennen lernen.

Gestatten Sie mir einen knappen Blick zurück. Bei meinem Einstieg in die Geschäfts-führung des CHV war ich die neunte Mitarbeiterin. Der Umzug von der Liegsalzstraßein ein dringend notwendiges größeres Büro am Rotkreuzplatz war vollzogen, und ichweiß noch wie heute, dass mir beim Einstellungsgespräch einer der Vorstände sagte: „AlsGeschäftsführerin sollten sie auch einmal eine Stunde finden, in der sie aus dem Fenstersehen und über die Arbeit und ihre Weiterentwicklung nachdenken können“. Aus heu-tiger Sicht scheint mir dies eine romantische Vorstellung gewesen zu sein, die allerdingsnichts von ihrer grundsätzlichen Richtigkeit verloren hat. Sehr schnell und auch ohneStunden am Fenster hat mich und uns alle die weitere Entwicklung der Hospizarbeit, dernotwendige weitere Ausbau der Gewinnung, Schulung und Fortbildung von ehren-amtlichen Hospizhelfern und das Aufkommen palliativer Versorgungsstrukturen in eineBeschleunigung unserer Arbeitsprozesse gebracht, die bis heute andauert. Mehr undklarere Strukturen in den einzelnen Versorgungsbereichen wurden notwendig. Wir kon-zipierten gemeinsam mit der Stadt die zweite Münchner Palliativstation im KrankenhausHarlaching und unterstützte diese viele Jahre durch zwei CHV-Mitarbeiterinnen, demBrückenteam, sowie notwendige Dinge, die nicht über das städtische Budget ermöglichtwerden konnten. Wir gründeten und betrieben die Christophorus Akademie, die nachdrei erfolgreichen Jahren am Rotkreuzplatz in das Interdisziplinäre Zentrum für Palliativ-medizin (IZP) des Klinikums Großhadern übergegangen ist und mit der wir bis heutewichtige Fortbildungsveranstaltungen durchführen.

Wir verzeichnen eine beständig ansteigende Zahl von Beratungsanfragen und verwirk-lichten das erste stationäre Hospiz in München (in Kooperation mit der Münchner Aids-

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Hilfe). Den Kauf des eigenen Hauses in der Effnerstraße sowie den damit einhergehen-den großen Umbau für die 16 zeitgemäßen Bewohnerzimmer stemmten wir nur mit Hil-fe eines Kredits, der nicht leicht zu bekommen war. Wir konnten keine großen regelmä-ßigen Einnahmen nachweisen, waren aber in der Lage, Dank einer wunderbaren großenErbschaft von Marianne Meier und weiteren großzügigen Spendern, einen hohen Eigen-anteil der Kaufsumme aufzubringen.

Immer mehr Mitarbeiter wurden nötig für die Erfüllung unsere Aufgaben – zurzeit sindes 65, die in verschiedenen Bereichen tätig sind. Wir schufen das ambulante Angebot ei-nes Palliativgeriatrischen Dienstes (PGD) und der SAPV (Spezialisierte ambulante Pallia-tivversorgung), gründeten den Stifterkreis, der uns – und dafür bin ich sehr dankbar – ei-ne stabile Entwicklung von treuen Mitgliedern, Spendern und Stiftern sichert. Durchihre finanziellen Zuwendungen können wir therapeutische Angebote, notwendige Aus-stattungsgegenstände und manche erleichternde Personalstelle ermöglichen, für die eskeine anderweitige Finanzierung gibt.

Die genannten Aktivitäten werden ergänzt durch Trauerbegleitungsangebote, der Teil-nahme an Fachbuchprojekten und Broschüren, der Entwicklung von Standards in Aus-und Weiterbildungsmaßnahmen sowie der Mitarbeit in Verbandsgremien und politi-schen Arbeitskreisen auf Landes- und Bundesebene. Wir dürfen alle zusammen ein we-nig stolz darauf sein, dass wir diese Dinge nicht nur geschaffen haben, sondern auch bun-desweit einen besonders guten Ruf haben, wenn es um die Umsetzung dieser Aktivitätengeht. Viele Anfragen zu Beratung, zu Möglichkeiten für ein Praktikum oder eine Hospi-tation erreichen uns mittlerweile nicht nur aus ganz Deutschland, sondern auch ausÖsterreich und der Schweiz.

Ich freue mich, dass ich ein gut bestelltes Haus übergeben kann. Ich weiß aber auch, dassich all die Jahre ohne die Unterstützung und die Leidenschaft meiner vielen Kolleginnenund Kollegen, unserer Hospizhelfer und eines loyalen Vorstands dies alles nicht hätteschaffen können. Von Anfang an hat mich ein großes Vertrauen von allen Seiten getragenund beflügelt.

Der zweite Grund, warum ich mich an der Stelle des Vorstands-Editorials an Sie wende,ist das Ausscheiden von Frau Dr. Thorbrietz. Sie hat ihr Mandat übernommen in einerPhase der schweren Erkrankung und des Sterbens von Dr. Albrecht Ohly, was nicht leichtwar. Wir bedanken uns für die vielen Stunden persönlichen Einsatzes, die sie mit und füruns als erste Vorsitzende geleistet hat. Dr. Kurt Fürnthaler als zweiter Vorsitzender über-nahm nahtlos die von ihr wahrgenommenen Aufgaben und stellt die Kontinuität in derVorstandsarbeit sicher. Inge Scheller als Schatzmeisterin wurde im Registergericht ein-getragen, so dass wieder zwei unterschriftenberechtigte Vertreter des Vereins zur Ver-fügung stehen. Das operative Geschäft, also die tagtägliche Arbeit im ambulanten undstationären Hospiz läuft weiter und wird durch die Vorstandsmitglieder begleitet wie

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bisher. Diese kümmern sich um die Nachbesetzung, die in unserer Satzung geregelt ist.Ein Vorstands-Ehrenamt erfordert nicht nur Nähe und Verständnis für die Hospiz- undPalliativarbeit, sondern auch viel Arbeit, Verantwortung und Zeitaufwand. Wir sindzuversichtlich, dass wir jemanden finden, der, wie viele Menschen vorher, wieder ja zuuns sagt und sein Herz und seine Leidenschaft dem CHV zur Verfügung stellt.

Wandel und Beständigkeit – immer wieder müssen wir uns damit auseinandersetzen,privat und beruflich. Beim Hospizhelfertag in Bernried im Oktober habe ich mich vonunseren ehrenamtlichen Mitarbeitern verabschiedet. Meine Kollegen planen im Januareinen internen Abschied für „ihre Chefin“, und im Frühjahr 2012 wollen wir ein Sym-posium organisieren, bei dem ich mich von Ihnen allen, von Fachkollegen und Insti-tutionsvertretern verabschieden werde. Unseren Stifterkreis und seine Mitglieder betreueich weiterhin.

Von allen Menschen, denen ich nicht persönlich „Auf Wiedersehen“ sagen kann, möch-te ich mich auf diesem Weg sehr herzlich bedanken für Zuspruch und Bestätigung, fürLob und Tadel und für Ihre Treue, die Sie mir und unserer Arbeit erwiesen haben. Ichhabe dadurch jeden meiner Arbeitstage mit Freude und Kraft beginnen können und vielfür mich gewonnen in meinen wunderbaren 18 CHV-Jahren.

Ihre Angelika Westrich

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Inhalt

5 Das Christophorus-Haus lebtEinen „Quantensprung in der Geschichtedes CHV“ nannte Dr. Albrecht Ohly, derdamalige Vorstandsvorsitzende, den Er-werb des Christophorus-Hauses. Seit2006 sind alle Bereiche und Mitarbeiterunter einem Dach vereinigt. Eine Bilanznach fünf Jahren. Angelika Westrich

7 Ars moriendiWir müssen das Sterben wieder hinein-nehmen ins Leben, die „Kunst des Ster-bens“ lernen, mahnt die Ehrenvorsitzen-de des CHV Dr.Gustava Everding

11 Die Rolle der PflegendenSchmerzbegleitung statt Schmerzbe-kämpfung – als Pflegefachkraft im statio-nären Hospiz Katarina Theißing

14 Ehrenamtliche Hospizhelfer/innen imCHVInterview mit zwei Einsatzleiterinnen

Uve Hirsch16 Neu im Hospiz

„Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,mag lähmender Gewöhnung sich ent-raffen“ (H.Hesse) Cornelia Rommé

18 Der Weg ist das ZielBetriebsausflug 2011 Uve Hirsch

20 Von der Schwierigkeit,Bedürfnisse zu begreifenKeine „Zwangsbeglückung“, die Bedürfnis-se schwerstkranker Menschen sind höchstindividuell Ulrich Heller

22 Eine Frage der ZeitÜberlebenskunst. Die krebskranke EvaMaria „lebt ihr Leben fertig”

Andreas Unger (BISS)

25 Die Distanz und ich – Grundseminarzur HospizhelferausbildungDer Umgang mit Sterben, Tod und Trauer

Julia Hagmeyer

28 Wenn sich der Kreis schließt22 Jahre Hospizhelferin – „ich mache dasauch für mich” Irene Braun

30 Der Weg entsteht im Gehen – Unterstützung in der Zeit der Trauer

Jürgen Wälde

33 Berührt im AtemrhythmusDie Arbeit mit dem Atem bietet denSchwerkranken die Möglichkeit, sich undihren Körper neu zu erfahren und anzu-nehmen. Ursula Schubert

36 Ärzte im CHV-Team der spezialisiertenAmbulanten Palliativ-Versorgung Fünf Ärztinnen und Ärzte betreuen fürden Christophorus Hospiz Vereinschwerstkranke Patienten in ihrer häusli-chen Umgebung. Erfahrungsbericht nachzwei Jahren. Christoph Fuchs

39 Als Krankenschwester im HospizEine große Herausforderung, bei der sehrviel über das Sterben, wie über das Le-ben gelernt werden kann. Dies stelltdankbar fest: Katharina Keitel

42 Kursbuch Ehrenamt Gerda Graf

44 Christophorus – Christusträger und Nothelfer Uve Hirsch

Rubriken24 Gedicht46 Aus dem Verein48 Stifterkreis Christophorus Hospiz49 Kurznachrichten50 Termine52 Impressum

Titelbild: Das Christophorus-Haus 2011; Foto: Inge Scheller

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Schon bei der Überschrift bin ich insGrübeln gekommen. Kann ein Hausleben? Und dann noch eines, das sich mitden Menschen die in diesem Hausarbeiten, dem Sterben verschrieben hat?

Viele Menschen, mit denen ich in Kontaktkomme und die ich ermutige, doch einmalin unser Haus zu kommen, um es sichanzuschauen, sehen mich zweifelnd odersogar etwas unsicher an, ob sie sich daszutrauen könnten und auch wirklichwollen – ein Haus zu besuchen, in demregelmäßig Menschen sterben. Und wennsie dann kommen, vermeine ich, eingezo-gene Schultern oder einen leicht gesenktenKopf bei ihnen zu bemerken. Allerdingslässt das schnell nach, wenn sie unserhelles, freundliches Haus erleben in einerso gar nicht erhabenen Stille, sondern tat-sächlich als ein Haus, in dem gelebt u n dgestorben wird, das von Alltag, von Freudeund Lachen, aber natürlich auch von Trau-er und Schwerem durchflutet wird. DiesePolarität von Leben und Sterben ist es, diedem Haus ein ganz besonderes und inten-sives Leben gibt, unsere Arbeit reichmacht, uns immer wieder lächeln oder so-gar herzhaft lachen lässt und durch die wirviel Dankbarkeit von unseren betreutenMenschen und ihren Angehörigen zurückbekommen. Ja, unser Haus lebt sehr. Es istein wunderbares Beispiel für die Hospiz-Idee mit ihrer Aussage: „Leben bis zuletzt“.Wir können und wollen das Sterben nichtverhindern, aber wir können vieles tun,was den Lebenden, die das Sterben vor sichhaben, Erleichterung verschafft, ihnen gut

tut und ihnen die Zeit, die sie noch haben,lebenswert macht.

Wie oft habe ich von kranken Menschenoder ihren Angehörigen gehört, dass sie be-dauern, nicht schon eher zu uns gekommenzu sein. Aber sie haben nicht gewusst odersich vorstellen können, was ein Hospiz istund was man von einer solchen Einrichtungerwarten kann. Seit Herbst 2005 sind wirnun mit unserem ambulanten Team in derEffnerstraße, seit dem Jahr 2006, nach ei-nem größeren Umbau, auch mit dem sta-tionären Hospiz. Eine große Erbschaft vonMarianne Meier und viele weitere glückli-che Umstände haben den Kauf und denUmbau damals möglich gemacht.

Leider hat unser Haus eine Eigenschaftmit vielen anderen Häusern gemeinsam, indenen dynamische Teams arbeiten: Es istschon fast wieder zu knapp. Wir habenbereits Seminarräume wieder zu Bürosumgestaltet und sitzen mittlerweile dochfast in jedem Büro zu dritt. Da heißt es gutüberlegen, wer mit wem durch welcheArbeitsbereiche verbunden, eng zusam-menarbeiten muss.

Rund um unser Haus sind wir wieder fleißigam Bauen. Eine vorgesetzte Fassade soll denzunehmenden Lärm und die starke Sonnen-einstrahlung insbesondere im Bereich desstationären Hospizes, aber auch in anderenRäumen und Büros abhalten. Die entste-hende dichte Bebauung auf der anderenStraßenseite vis à vis unseres Hauses und dieverstärkte Funktion der Effnerstraße als Zu-

Das Christophorus-Haus lebt

Von Angelika Westrich

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bringer zum Flughafen lässt den Lärmpegeldeutlich ansteigen. Wenn Bewohner ihreZimmerfenster öffnen wollen, vielleicht ausLuftnot, dann kann durch eine vorgesetzteFassade Lärm und Sonne trotzdem wir-kungsvoll abgeschirmt werden.

Leben kommt in unser Haus auchdadurch, dass wir regelmäßig unterschied-liche gesellschaftliche Gruppen undVertreter ins Haus zu Veranstaltungenbitten wie Führungen für Schüler, an-gehende Pflegekräfte und interessiertesPublikum, Schulungen für Ärzte undSozialpädagogen zur Schmerz- und Symp-tombehandlung, Fortbildungen fürstiftungsinteressierte Menschen, Informa-tionsveranstaltungen zu den schwierigenThemen Patientenverfügung, Testamentund Erben oder zu spirituellen Themen.Es kommen Vorstände aus anderen Hos-pizvereinen zum Gesprächsaustausch. MitTheologen, Therapeuten und Fachkol-legen anderer Einrichtungen sprechen wirüber unsere langjährige Erfahrung im

Bereich hospizlicher undpalliativer Versorgung am-bulant und stationär undgemeinsam überlegen wir,wie wir diese immer wiederverbessern können.

Wir veranstalten manchesMal im Haus Lesungen, Aus-stellungen und kleineKonzerte, Sommerfeste, Stif-tertreffen, Nikolaus- undWeihnachtsfeiern und freuenuns über die jährlichen Besu-che unserer Burda-Bande, ei-ner Kindergartengruppe ausder Nähe. Unsere Hospizhel-

fer kommen regelmäßig zu ihren Supervi-sionen ins Haus und immer wieder gibt esHospitanten oder Praktikanten, die tages-,wochen- oder semesterweise bei uns lernenund mit uns arbeiten.

Über vieles davon haben wir Ihnen in frü-heren Heften von CHV aktuell berichtet,manches kennen Sie vielleicht aus eigenerAnschauung, und doch gibt es in diesemJahr wieder etwas neues, zusätzliches füruns alle im Haus. Seit September haben wirerstmalig zwei junge Männer aus dem frei-willigen sozialen Jahr bei uns. Sie werdenim stationären Hospiz eingesetzt und un-terstützen nicht nur unsere Kollegen, son-dern sie kümmern sich auch um unsere Be-wohner und haben Zeit fürs Spazieren-gehen, Vorlesen, Reden und Zuhören undfür das Erfüllen kleiner Wünsche. Mit ihrerEntscheidung für diesen Dienst bekundensie ihre Solidarität mit den kranken undsterbenden Menschen bei uns, und wirfreuen uns, weil wir solche junge Menschenbrauchen, die diese Haltung weiter tragen.

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Leben und Sterben, oder genauer Gebo-ren-Werden und Sterben sind die beidenPole, zwischen denen sich unsere mensch-liche Existenz bewegt. So wundert esnicht, dass Eintritt ins Leben und Aus-gang aus ihm seit Jahrtausenden besonde-re Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wäh-rend die Geburt eines neuen, kleinen undhilflosen Menschleins alle guten und ange-nehmen Gefühle auslöst, häufen sich beimSterben und Tod unangenehme Emotio-nen von Verlassen-Werden, Hilflosigkeit,Ohnmacht gegenüber unerträglich schei-nendem Leiden, Gefühle von Sünde undSchuld, ja, Wut über Ungelöstes undscheinbar nicht mehr Gutzumachendesmit der Angst vor dem eigenen Sterbenund dem Übergang in unbekanntes Land.

Vielleicht ist das einer der Gründe, warumdie Gesellschaft, warum wir die Gedankenan Sterben, Tod und Trauer aus dem Le-bensalltag verbannt und in den Tabube-reich abgeschoben haben. Das war nichtzu allen Zeiten so. Ja, fast das Gegenteil istder Fall: Was wir aus der Frühzeit mensch-licher Kulturen wissen, haben wir aus ih-ren Grabstätten erfahren, Geschichtevorschriftlicher Überlieferung ist dieGeschichte von Sterberitualen, Todesritenund Grabbeigaben. Dagegen erscheint mirdie in unserer Zeit zunehmenden, ano-nymen Urnenbeisetzungen auf großen

Wiesen der Großstadtfriedhöfe einerschreckender Kulturverfall.

Alte Dorffriedhöfe erzählen Geschichten,individuelle Biographien, wie ich sie erstkürzlich neben einer 1000 Jahre altenKirche las: Es wurde der 92-jährigen Heb-amme gedacht, die neben neun eigenenKindern unendlich vielen Dorfbewohnernins Leben geholfen hatte.

In meinen Kindertagen gehörte der Al-lerseelenbesuch auf mindestens drei Fried-höfen der Gegend zum alljährlich wie-derkehrenden Herbstritual. LebendigeFamiliengeschichte gab ein sicheres Gefühlzur Frage, wo kommst du her und wo gehstdu einmal hin. Die Erzählung des geliebtenund geachteten Großvaters über seineMutter, die ihren eigenen Todestag voraus-gesagt hatte, erregte und beschäftigte daskleine, noch in der Märchen- und Mythen-welt lebende Mädchen, und die uralteFotografie dieser Urgroßmutter schautemit gütig-ernsten Augen auf es herab.

Ähnlich prägend waren der sich täglichmindestens einmal wiederholende Satz im„Gegrüßet seist du, Maria”: „Heilige Ma-ria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünderjetzt und in der Stunde unseres Todes.Amen.” Die Vorstellung, dass der im Krieggefallene Vater (ohne Grab) im Himmel

Ars moriendiVon Gustava Everding

Das Sterben hineinnehmen ins Leben

„Das einzig Sichere im Leben ist der Tod.”„Der Tod ist die Sollbruchstelle des Lebens.”

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auf uns wartete, gehörte zum Kinder-glauben.

Als junge Medizinerin beschäftigte michvor allem die Geburt, dieser unendlichspannende Prozess am Lebensanfang. In derLebensmitte verschob sich der Blick nachvorn, das uns allen bevorstehende Ende er-regte meine Aufmerksamkeit, je mehr es ausdem Klinikalltag verdrängt wurde. So wa-ren die Begegnungen mit Elisabeth Kübler-Ross und Cicely Saunders Meilensteine inmeiner Zuwendung zur Hospizbewegung,und die Gedanken über Sterben, Tod undTrauer begleiten diese ehrenamtliche Tätig-keit seit zwanzig Jahren.

Die Diskussionen über aktive und passiveSterbehilfe, die zur Zeit allerorten in denMedien geführt werden, haben neben denhochstürmenden Emotionen eine guteSeite: Man kann mit vielen Menschen insGespräch kommen, und das Nachdenkenüber das eigene Sterben beginnt wieder.

In den Psalmen habe ich ein Wort KönigDavids gefunden: „Herr, lass mich meinEnde wissen und die Zahl meiner Jahre,damit ich das Maß meines Lebens kenne.”

Dieses „finale Denken” oder besser das„Vom-Ende-her-Denken” tut wieder Notund könnte unser Leben in einen neuen (= alten) Lebenszusammenhang bringen.In meiner Praxis der Ehe-, Partnerschafts-,Familien- und Lebensberatung sehe ichzunehmend Menschen auf der Suche nachdem Sinn ihres Lebens. Konflikte, zwi-schenmenschliche Kommunikationsstö-rungen und Lebenskrisen können durcheinen „Blick nach vorn” eine heilendeChance erleben.

„Memento mori” war zu allen Zeiten alsHilfe zu einem besseren, sinnstiftendenLeben gedacht. Das Leben als Weg zu se-hen, als Reise, fördert die Erstellung einerLebensbilanz und ruft nach spirituellerWegzehrung. Die ursprüngliche Bedeu-tung von „Sinn” stammt vom nord- undmittelhochdeutschen „sinnan” ab und be-deutet „reisen, streben, gehen”. Die gleicheWurzel steckt im germanischen Wort für„Reise” und „Weg”.

Während noch im 19. Jahrhundert derTod allgegenwärtig war, haben die For-schung und Behandlung früher unweiger-lich zum Tode führender Krankheiten im20. Jahrhundert unsere Lebenszeit enormverlängert. Die leistungsfähige und leis-tungsbereite Medizin hat aber auch neueSchreckensbilder hervorgerufen: Bildervon hilflos an unzählige Schläuche undMaschinen angeschlossenen Menschen,die nicht sterben durften, Geschichten voneinsam und unter großen Schmerzen ster-benden Menschen, die niemand aus ihrersozialen Isolation holen konnte, Kranken-geschichten von Aids- und Krebskranken,die zum Lebensende hin von Medizin undGesellschaft verlassen waren.

Aber in dieser Zeit der Resignation er-wuchs eine neue Hoffnung: Die Kranken-schwester, Sozialarbeiterin und ÄrztinDame Dr. Cicely Saunders begann sich derNot der Schwerstkranken und Sterbendenanzunehmen, und die moderne Hospizbe-wegung nahm von London aus ihren Wegin die ganze Welt. Aufmerksames Zuhören,behutsames Fragen nach den Wünschenund Bedürfnissen der Betroffenen, Offen-heit und Wahrhaftigkeit am Krankenbetthaben neben der Erforschung und Ent-

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wicklung einer verbesserten Schmerzthera-pie und Symptomkontrolle die „Ars mo-riendi” zurückgeholt in unsere Gegenwart.

Die ganzheitliche Betreuung des Betroffe-nen und seiner Angehörigen und Freunde,das Zusammenwirken eines multidiszipli-nären Teams von Arzt, Pflegenden, Seel-sorgern und verschiedenen Therapeutenkann dem Wunsch der meisten Menschennach einem Sterben zu Hause weitgehendentsprechen. Die gewohnte Umgebunggibt Sicherheit, die Hand eines Nächstengibt Geborgenheit, die Errungenschaftender neuen Palliativmedizin geben weitge-hende Schmerzfreiheit und ermöglichen soerst die spirituelle Annäherung an diesenletzten Übergang, den wir in unserem Le-ben zu gestalten haben. „Manche Men-schen erleben erst in dieser Zeit ihre letzteReifung, sie lassen ihre Masken fallen undwerden wesentlich” (Cicely Saunders).

Sie erleben, dass sie trotz aller Reduktion,körperlichen Verfalls sie selber bleiben inihrer eigenen Wesenheit mit ihrer unsterb-lichen Seele. Ihre Wünsche und Vorstel-lungen, welche Therapie sie noch wollenoder nicht, die Kriterien ihres Gefühls vonLebensqualität sind wichtig und werdengehört wie auch ihr Wunsch, keine lebens-verlängernden Maßnahmen zu erdulden.

Therapieabbruch und Absetzen der künst-lichen Ernährung sind keine Tötung, son-dern Zulassen des Sterbens.

„Wir bringen nicht Tage in ihr Leben, son-dern Leben in ihre Tage” (Cicely Saun-ders): So ist die Hospiz- und Palliativbe-treuung nicht Hilfe zum Sterben, sondernHilfe beim Sterben.

Es bedarf noch vieler Veränderungen imherrschenden Gesundheitswesen, um dieseForderungen umzusetzen. Es bedarf nochvieler Veränderungen in unser aller Den-ken, bis diese Haltungen und Einstellun-gen, aber auch das Wissen über Palliativ-medizin bei Ärzten und Pflegenden zueiner Verbesserung der Situation Sterben-der führen können.

Wie man vor einer Entbindung auf der„Wartburg” sitzt und Familie und FreundeAnteil daran nehmen, so würde ich mir einInnehalten wünschen, wenn in unserer Fa-milie oder Nachbarschaft ein Mensch sichauf seine letzte Reise vorbereitet. Mit wel-chen Worten hat Jesus seine Jünger ge-beten am Gründonnerstagabend, im Get-semani-Garten bei ihm zu bleiben! Erwusste, dass er den Leidensweg des Ster-bens am Kreuze allein gehen musste.„Wachet und betet mit mir!”

Hilde Domin zeigt uns noch einen ande-ren Grund für unser Ausharren und Da-sein bei einem Sterbenden: „Jeder, der geht,belehrt uns ein wenig über uns selber. Kost-barster Unterricht an den Sterbebetten ...Nur einmal sterben sie für uns, nie wieder.Was wüssten wir ohne sie? ... Dein Tod odermeiner der nächste Unterricht: so hell, sodeutlich, dass es gleich dunkel wird.”

Die Zunahme der Menschen, die sich inder Hospizbewegung ehrenamtlich enga-gieren, ist vielleicht der größte Hoff-nungsschimmer in diesem neuen Jahr-hundert.

Damit wir das Sterben wieder hineinneh-men ins Leben, Trauernden hilfreich be-gegnen, unserem eigenen Leben Sinn und

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Aufgabe verleihen, ist die Beschäftigungmit dem Ende des zeitlichen, sterblichenLebens notwendig, vor allem aber hilf-reich. Wünschen würde ich uns allen die-se letzte Zeit unserer menschlichen Rei-fung und nicht die Abschaffung allenLeidens mit der Entgeheimnissung desTodes. In unserem Zeitalter der sauberen„Entsorgung” bedarf es der Achtsamkeit,des Respekts und des Mitgefühls für denleidenden Mitmenschen, damit er sich

nicht am Ende seines Lebens als Last fürseine Familie und die Gesellschaft emp-findet.

Phantasievoll und vorausschauend diesenletzten Übergang unseres Lebens zu gestal-ten, damit wir wieder von einer „Kunst desSterbens” sprechen können – darum geht es.

Ein Wort Martin Bubers macht deutlich,wie ich das meine:

„Ich habe keine Lehre.Ich zeige nur etwas.Ich zeige Wirklichkeit,ich zeige etwas an der Wirklichkeit,was nicht oder zu wenig gesehen worden ist.Ich nehme den, der mir zuhört, an der Handund führe ihn zum Fenster.Ich stoße das Fenster auf und zeige hinaus.Ich habe keine Lehre, aber ich führe ein Gespräch.”

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Frau Dr. Everding ist Ehrenvorsitzende des CHV, den sie von 1991 bis 2001 geleitet hat

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Im Buch „Leben mit dem Sterben“ vonCicely Saunders und Mary Baines ist dieZeichnung einer unheilbar an Krebs er-krankten Frau abgebildet. Auf diesemBild stellt sie dar, wie sie den, durch ihreKrankheit ausgelösten Schmerz wahr-nimmt:Sie zeichnet sich selbst, als ein baufälliges,abbruchreifes Haus und den Schmerz alsAbbruchbirne, die mit unbarmherzigenSchlägen dieses Haus nach und nachzerstört.

Eine Bewohnerin in unserem Hospiz hatein ähnliches Gefühl einmal so ausge-drückt: „Es ist, als würde mein Körper garnicht mehr mir gehören, als würde erStück für Stück einfach wegbrechen.“

Mehr als jeder Fachtext haben mir dieseBilder die Multidimensionalität vonSchmerz im Terminalstadium einer un-heilbaren Erkrankung nahe gebracht.

Sie zeigen deutlich, dass Schmerz hiermehr ist, als ein lokales körperlichesPhänomen, vielmehr etwas, das denMenschen als Ganzes betrifft und bedroht.

Menschen, die sich in der letzten Phase ei-ner unheilbaren Erkrankung befinden, ha-ben zum großen Teil mehr als zwei ver-schiedene körperliche Schmerzen, circa 30% haben mehr als vier. Dazu kommen häu-fig massive Veränderungen des Körperbil-des durch Wunden, Operationsnarben,

Therapiefolgen, Ödeme oder ausgeprägteKachexie. So wie man einmal war körper-lich unversehrt, ist man nicht mehr.

Vielleicht braucht man jetzt Hilfe beimAufsetzen oder Gehen, beim Essen oderbeim Waschen. So wie man einmal war,selbstständig, ist man nicht mehr.

Vielleicht kann man seinen Beruf nichtmehr ausüben, den Haushalt nicht mehrführen, die Kinder oder Enkelkindernicht mehr versorgen, vielleicht nochnicht mal zuhause wohnen bleiben. Sowie man einmal war, selbstbestimmt, istman nicht mehr.

Man wird die große Reise, die man ge-plant hatte, nicht mehr machen, nichtmehr in ein größeres Haus umziehen, dieneue Stelle nicht antreten. Die Hochzeitdes Sohnes nicht erleben, vielleicht Weih-nachten schon nicht mehr da sein. Der,der man einmal war, ein Mensch mit Zu-kunft, ist man nicht mehr.

In der Begleitung von Menschen, die sichmit einer Vielzahl von Schmerzen kon-frontiert sehen, nehmen Pflegekräfte einezentrale Rolle ein.

Dies liegt zum einen daran, dass sie in derRegel die meiste Zeit mit den Betroffenenverbringen. Das heißt, sie haben dieMöglichkeit, den Bedarf bzw. die Wirk-samkeit einer Schmerztherapie über einen

Die Rolle der Pflegenden in der Schmerztherapieunheilbar kranker Menschen

Von Katarina Theißing

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längeren Zeitraum (z.B. im Laufe einerSchicht), zu verschiedenen Tageszeitenund unter verschiedenen Bedingungen(in Ruhe, bei Belastung) zu erfassen. Sienehmen wahr, wenn Nebenwirkungenauftreten, die Dosis nicht mehr ausreicht,neue Symptome auftreten oder Tablettennicht mehr geschluckt werden könnenbzw. ihre Einnahme aus anderen Grün-den nicht mehr gesichert ist.

Sie beraten die Betroffenen und ihre Zu-gehörigen, erklären, wie die Schmerzmit-tel genommen werden sollten und warumund entkräften Vorbehalte gegenüberSchmerzmitteln (z.B. Angst vor Abhän-gigkeit etc.).

Pflegekräfte haben außerdem die Mög-lichkeit, die medikamentöse Schmerzthe-rapie durch pflegerische Maßnahmen zuunterstützen. Das können zum Beispielentlastende Lagerungen sein, aber auchsogenannte komplementäre Pflegemaß-nahmen wie Einreibungen, Wickel undAuflagen und der Einsatz von Aromaölen.

In stationären Hospizen kommt den Pfle-genden eine besondere Rolle in derSchmerztherapie zu. Ähnlich wie in Al-ten- und Pflegeheimen werden die Be-wohner hier von Hausärztinnen undHausärzten betreut. Diese müssen ihrgroßes Engagement in der Hospizarbeitmit der Arbeit in ihrer eigenen Praxis undnicht selten auch noch mit der Betreuungvon Pflegeheimen unter einen Hut brin-gen. Manchmal haben sie bis dahin auchwenig Berührung mit der Palliativmedi-zin gehabt. Pflegende haben hier eine be-ratende Funktion und sind in der Regelmaßgeblich an der Entwicklung, Anpas-

sung und Umsetzung des Therapieplansbeteiligt.

So viel zu den körperlichen Schmerzen.Für die anderen Schmerzen, die Verlusteund die Trauer gibt es keine Therapie, da-für gibt es nur einen Umgang. Schmerz-begleitung statt Schmerzbekämpfungnennt Monika Müller dass und Anteil-nahme und Solidarität seien dafür wichti-ge Werkzeuge.

Pflege ist Beziehungsarbeit und findetnicht selten innerhalb des Intimbereichseines Menschen statt.

Um noch einmal auf das Bild der Patientinvon Cicely Saunders zurückzukommen:Pflegende bewegen sich innerhalb desHauses, sie sind Zeuginnen der Zerstö-rung, aber auch dessen, was intakt geblie-ben und vielleicht auch neu entstanden ist.

Um noch mal deutlicher den Bezug zumThema herzustellen: Wir arbeiten dort,wo der Schmerz sitzt. Wir sehen dieWunden, den Tumor, den verändertenKörper. Wir greifen dort ein, wo Selb-ständigkeit nicht mehr möglich ist, undmachen ihren Verlust damit sichtbar.

Ein Beispiel: Vor einiger Zeit begleiteten wir in unseremHospiz eine Frau, die an Brustkrebs er-krankt war. Der Tumor hatte in mehrereOrgane, darunter die Haut, metastasiert.Der gesamte Oberkörper der Frau warüberzogen von extrem schmerzhaften, teil-weise übelriechenden Wunden. Die Bewoh-nerin gab selbst an, vor dem Sterben wenigAngst zu haben. Es sei die körperliche Ent-stellung, die für sie kaum zu ertragen sei.

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Häufig zeigte sie Photos von sich vor ihrerErkrankung, es war ihr wichtig, dass wir siesahen, wie sie einmal war.

Ihre Wunden mussten natürlich regelmä-ßig verbunden werden, eine für sie auf al-len Ebenen schmerzhafte und anstren-gende Prozedur.

Um es für sie einigermaßen erträglich zumachen war es nötig, den Verbandswech-sel so zu gestalten, dass er möglichstschmerzfrei, schnell und selten durchge-führt wurde. Um das zu erreichen, verwen-deten wir Verbandsmaterial, das atrauma-tisch zu entfernen und nur selten zuwechseln war, und natürlich bekam sie vorjedem Verbandswechsel zusätzlich zu ihrerBasismedikation eine hohe Bedarfsgabe.Außerdem wurde der Verbandswechselimmer von zwei Pflegenden durchgeführt.

Es wurde ihr angeboten, zusätzlich zumSchmerzmittel auch ein beruhigendes,angstlösendes Medikament zu nehmen,aber das wollte sie nicht.

Sie konnte jedoch genau angeben, was siein dieser Situation unterstützen würde:Sie wollte nicht hinsehen müssen. Sie

wollte nicht über ihre Wunden informiertwerden. Sie wollte während des Ver-bandswechsels nicht zu ihrer Befindlich-keit befragt werden. „Am liebsten würdeich den Raum verlassen.“ sagte sie. Dadies nicht möglich war, wollte sie sich mitder zweiten anwesenden Pflegenden über„etwas Schönes“ unterhalten. Häufigging es bei diesen Gesprächen um ihreVergangenheit, ihre Arbeit, Reisen die sieunternommen hatte. Intakte Räume.

Die theoretisch unterschiedenen Dimen-sionen des Total Pain in physische, psy-chische, soziale und spirituelle Aspekteverdichten sich in pflegerischen Situatio-nen häufig zu einer einzigen schmerzhaf-ten Wirklichkeit.

Hier ist es zentrale Aufgabe der Pflegenden,die Situation in einer Weise zu gestalten,die weitere Schmerzen möglichst verhin-dert, die Raum anbietet für das Ausdrük-ken von Trauer und Schmerz, aber auch dieindividuellen Bewältigungsstrategien derBetroffenen erkennt und unterstützt undWege in intakte Räume aufzeigt.

Katarina Theißing ist Palliativfachkraft imstationären Hospiz

Literatur:

Cicely Saunders, Mary Baines,

Leben mit dem Sterben,

Verlag Hans Huber, Bern, 1991

Monika Müller, Total Pain, in:

Cornelia Knipping (Hrsg.),

Lehrbuch Palliative Care, Verlag Hans Huber, Bern, 2007

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CHV aktuell: Wer wird heute Hospizhel-fer? Haben sie eine besondere Motivation?

Irene Lenz: Helfer werden Menschen allerAltersgruppen, die sich dem Thema Ster-ben, Tod und Trauer zuwenden wollen.Meistens haben sie selbst Sterbefälle undSchwersterkrankungen in ihrem Umfelderlebt und dabei Unterstützung erfahrenoder aber auch Unterstützung vermisst.Nach unserer Erfahrung geht ein ganz be-wusster, persönlicher Entscheidungspro-zess der Hospizhelfertätigkeit voraus.

CHV aktuell: Was dürfen, was könnenHospizhelfer tun? Was wird von ihnen er-wartet?

Jutta Schriever: In erster Linie unterstüt-zen sie die sterbenden Menschen undderen Zugehörige durch ihr Dasein, dasEinfühlen in deren Situation in dieser be-sonderen Lage.Sie bekommen von uns als Einsatzleitung,die sich ja vorher schon mit dem Patientenbeschäftigt hat, einen Auftrag mit, an wel-cher Stelle ihr Einsatz hilfreich ist, einenHandlungsrahmen. Dies kann sich natür-lich im Laufe der Begleitung ändern.

CHV aktuell: Wer fordert Hospizhelfer anund nach welchen Kriterien wird entschie-den, wer die Begleitung übernimmt?

Irene Lenz: Die Anforderungen gesche-hen ganz unterschiedlich. Von der Familieselbst, von Freunden, Sozial- und Pflege-diensten. Bei unseren Erstbesuchen erfah-ren die Familien häufig überhaupt erst,dass es Hospizhelfer gibt, was sie tun undnehmen dann gern deren Hilfe in An-spruch. Wir versuchen, Menschen zuein-ander zu bringen, die auch zueinander pas-sen. Glücklicherweise gelingt dies in denallermeisten Fällen.

CHV aktuell: Kann eine Begleitung auchabgelehnt werden?

Jutta Schriever: Ja, natürlich. In erster Li-nie achten wir darauf, dass ein Hospizhel-fer von seinen Qualitäten her in die Situa-tion passt. Auch zum Beispiel von derOrtsnähe her oder dem zeitlichen Rah-men, den er zur Verfügung stellen kann.Wir sagen dem Hospizhelfer ganz genau,was von ihm erwartet wird. Es ist aberauch total in Ordnung, wenn er nein sagt.Wir machen ja auch zusammen mit demHospizhelfer den Erstbesuch in der Fami-lie. Dort erklären wir, was sozusagen dasAngebot ist. Die Menschen sollen ja einegute Zeit miteinander haben. Wenn sichherausstellen sollte, dass es nicht so ganzpasst, dann schauen wir neu. Die Hospiz-helfer lernen in ihrer Ausbildung auch,Ablehnung nicht persönlich zu nehmen,

Ehrenamtliche Hospizhelfer/innen im CHV

23 Millionen Menschen sind in Deutschland ehrenamtlich in Vereinen, Verbänden, Kirchenetc. tätig. 150 freiwillige Helfer engagieren sich im Christophorus Hospiz Verein. Sie beglei-ten Patienten und Angehörige und stehen ihnen in ihren letzten, schweren Stunden bei. EinTeam von sechs hauptamtlichen Einsatzleiterinnen koordiniert und betreut die Hospizhelferbei ihrer Arbeit.

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sondern dass es ausschließlich um eine gu-te Lösung geht.

CHV aktuell: Als Einsatzleiterinnen ste-hen sie ja auch während der Begleitungden Hospizhelfern zur Seite. Welche Pro-bleme gibt es da?

Irene Lenz: Probleme würde ich nicht sa-gen wollen. Höchstens, dass Hospizhelfervon der Begleitung sehr unterschiedlich be-rührt werden. Aber dafür sind wir ja da, Ge-danken und Gefühle einzuordnen, zu fra-gen, wie es ihnen in der Begleitung geht.Wir stehen in engem Kontakt. Alles, wasunklar ist, soll mit uns als Einsatzleitungbesprochen werden. Außerdem sind dieHospizhelfer verpflichtet, regelmäßig anSupervisionen teilzunehmen, wo das eigeneHandeln nochmal reflektiert werden kann.

CHV aktuell: Wie viel Zeit sollten dieHospizhelfer für die Patienten haben undwie lange dauert eine durchschnittlicheBegleitung?

Jutta Schriever: Wir gehen von zwei bisvier Stunden wöchentlich aus. Aber dasbleibt ganz individuell, je nach Situation.Wie lange Begleitungen dauern? Ich weißals Einsatzleitung nur, dass man sich dasehr täuschen kann. Man denkt, das wirdeine relativ kurze Begleitung. Dann gibt esaber viele Faktoren, durch die sich der Pa-tient plötzlich unerwartet stabilisiert. Oderauch umgekehrt. Man glaubt, es geht nocheine ganze Weile gut, und dann wird dieBegleitung in kurzer Zeit durch den Todbeendet.

Das Interview führte Uve Hirsch

Irene Lenz im Gespräch mit Jutta Schriever

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Wie wahr, wie wahr, dachte ich mir in denletzten zwei Jahren immer wieder, wennich mir diese Sätze aus dem Gedicht„Stufen” von Hermann Hesse vor Augenführte. Bezogen auf meine beruflichen Le-bensräume hatte ich schon einige durch-schritten. In jedem dieser Räume lernteich viel, sammelte für mich wertvolle Er-fahrungen. Nach einiger Zeit zog ich wei-ter, um Neues zu entdecken, um in mirFähigkeiten zu wecken, die bisher nochruhten.

In diesem Jahr war es wieder soweit. Ichhatte mich entschieden, einen neuen be-ruflichen Weg einzuschlagen und bin seitApril 2011 im SAPV-Team im Christo-phorus-Haus tätig.

Schon länger beschäftigte ich mich inverschiedenster Weise mit dem ThemaSterben, Tod und Trauer. So beschloss ichim Sommer 2009, mich intensiver damitzu befassen, und meldete mich für einenPalliativ-Care-Kurs für psycho-soziale Be-rufsgruppen an der Christophorus-Akade-mie in Großhadern an. Die Kursleitunghatte Jürgen Wälde und einer der Referen-ten in der ersten Kurswoche war SeppRaischl.

Zunehmend spürte ich, dass der Weg inRichtung Hospizarbeit mein Weg seinkönnte.

Aber wohin? Und ... so leicht geht das jaauch wieder nicht. Will ich das wirklich al-les aufgeben? Meine Arbeit machte mirFreude und gab mir Sicherheit. Zweifelund auch Ängste stiegen gleichzeitig aufmit dem Gedanken, einen neuen berufli-chen Lebensraum zu suchen.

Wir sollen heiter Raum um Raum durch-schreiten, an keinem wie an einer Heimathängen ...

Mein letzter beruflicher Lebensraum wardas Franziskuswerk Schönbrunn, eine Ein-richtung für Menschen mit Behinderung.Der Anspruch, den das Franziskuswerk ansich selber stellt, lautet, den behindertenMenschen Heimat zu geben für ein ganzesLeben.

Hier war ich elf Jahre tätig und dieserRaum war mir zunehmend zur beruflichenHeimat geworden. War es jetzt nicht ander Zeit, diesen Raum zu verlassen, fragteich mich immer mal wieder. Denn inzwi-schen war es zweifelsohne so, dass ich andiesem Raum hing wie an einer Heimat.

Doch was stand noch bei Hesse?Kaum sind wir heimisch einem LebenskreiseUnd traulich eingewohnt,so droht Erschlaffen,Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Neu im HospizWir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

an keinem wie an einer Heimat hängen ...

Von Cornelia Rommé

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Okay, okay, ich hab schon verstanden.Langsam tastete ich mich vor auf der Su-che nach einer neuen beruflichen Tätigkeitund streckte meine Fühler aus. Mein erstesGespräch mit Sepp Raischl fand im Sep-tember 2009 statt. Als letzten „Test” fürmich selbst hospitierte ich im August 2010im Johannes-Hospiz der BarmherzigenBrüder und begleitete die Pflegekräfte dortacht Tage lang. Danach eröffnete sich mirdie Möglichkeit, 2011 im CHV im ambu-lanten Team zu beginnen und ich sagte zu.Der Abschied aus dem FranziskuswerkSchönbrunn fiel natürlich nicht leicht.Doch um noch einmal mit Hesse zusprechen:Es muss das Herz bei jedem Lebensrufebereit zum Abschied sein und Neubeginne

Und als Lebensruf habe ich diese ganzeEntwicklung auch empfunden. Inzwi-schen weiß ich, dass die Entscheidung fürAbschied und Neubeginn richtig war. Ichbin gut gelandet im Christophorus-Haus.Die neuen Kolleginnen und Kollegen imSAPV-Team machten und machen es mirsehr leicht, mich in meinem neuen Ar-beitsumfeld zu Recht zu finden und wohlzu fühlen. In den ersten Wochen wurdemir Zeit gegeben, alle Bereiche kennenzu-lernen und die dazugehörigen Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter zu begleiten. Sokonnte ich auch die Kolleginnen und Kol-legen näher kennenlernen und erfuhr, wiesich die konkrete Arbeit der einzelnen Be-rufsgruppen im SAPV-Team gestaltet. Ichlernte viel über Medizin und Pflege sowie

über die psycho-sozialen Nöte, denenMenschen in Situationen von Krankheitund Sterben ausgesetzt sind. Mittlerweilemache ich selber Hausbesuche, informiereund berate Menschen, setzeHospizhelfer/innen zur Unterstützung ein.Und ich spüre, wie viel Freude mir dasmacht.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Darauf zu vertrauen, ist oft ganz schönschwer. Das Alte, Vertraute, Sicherheit ge-bende loszulassen, kostet viel Mut undKraft. Aber es lohnt sich. Erst wenn ichloslasse, werde ich frei, um wieder Neuesempfangen und geben zu können.

Cornelia Rommé ist Einsatzleiterin für Hospizhelfer

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„Also, schön zusammenbleiben, wir gehenjetzt zuerst in die Altstadt“ – Inge Schellerist bei dem von ihr organisierten, alljährli-chen Betriebsausflug des Christophorus-

Hauses in ihrem Element. Rund ein Drit-tel der 60 Festangestellten des CHV wan-derte mit ihr Mitte Juli durch Landsbergund den Lech entlang.

Der Weg ist das Ziel …Von Uve Hirsch

Seit 23 Jahren engagiert sich die gelernteFotografin für den Verein, brachte zuerstdie Buchhaltung in Ordnung, wurde dann1991 Schatzmeisterin und prägt bis heuteals Vorstandsmitglied Geschichte undZukunft des Christophorus Hospiz Ver-eins wesentlich mit. Nur wenige wissen,dass Inge Scheller aber außerdem Chefineiner renommierten Münchner Aufzugs-

firma ist und nicht nur im CHV, sondernauch in anderen karitativen Organisatio-nen tatkräftig und mit Spendengeldernhilft. Selbst ihr Hobby, große Wanderun-gen und Fotografieren, stellt sie in denDienst der CHV-Mitarbeiter. Dreimal, anverschiedenen Tagen, hat sie die Ausflugs-strecke erkundet und ausführlich doku-mentiert.

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So wurde auch der diesjährige Betriebsaus-flug, mit seinem Höhepunkt, einem opu-lenten Mittagsessen in der direkt am Lechgelegenen „Hexenküche“ von allen Teil-nehmern als wieder sehr gelungen angese-hen. Gute, ausführliche Gespräche, zu de-

nen im anspruchsvollen Hospizbetriebkaum Zeit bleibt, oder auch das Kennen-lernen von neuen Kollegen und anderenBereichen des Hauses, kurz, ein Gewinnfür alle, der sich auch im alltäglichenMiteinander widerspiegelt.

Schatzmeisterin Inge Scheller und Geschäftsführerin Angelika Westrich im eiskalten Naturkneippbad

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„Ihr Gesunden versteht nicht was wir Ster-benden eigentlich brauchen“ hielt mir ein-mal ein Bewohner unseres Hospizes vor. Ichwollte ihm gerade ein frisch gemachtes Rühr-ei zum Abendessen schmackhaft machen.Ich ging, mit meiner pflegerischen Brille, da-von aus, dass es mal kein süßer Brei ist undtrotzdem gut zu schlucken sei. Scheinbar einIrrtum.

Dieser Bewohner ging im Verlauf seines Auf-enthaltes einmal mit unserem Seelsorger Piz-za essen. Er konnte kein Stück schlucken,war aber begeistert über den Duft der Pizza.Bei genauerem Nachdenken ist dies vielleichtauch viel wesentlicher für einen Menschen,der kurz vor dem Tode steht, dessen Körperschon ausgemergelt ist, als sich damit zu be-schäftigen, in welcher Form er sich am bestenausreichend Nahrung zuführen kann.

Diese Ansicht kann man natürlich nicht ver-allgemeinern. Die Bedürfnisse der schwerst-kranken Menschen sind tatsächlich höchstindividuell. Es ist allerdings hilfreich, sich be-wusst zu machen, dass jeder, ob Hospizhelfer,Angehöriger, Arzt oder Pflegekraft, aus seinereigenen gesunden, persönlichen Sichtweiseversucht zu ermitteln, welche Bedürfnisse derschwerstkranke Mensch hat. Und häufig lie-gen alle dadurch völlig falsch. Die professio-nellen Berufsgruppen haben zwar oft denVorteil, mit vielen sterbenskranken Men-schen über deren Bedürfnisse kommuniziertzu haben. Die jeweilige berufliche Brille istbei der Ermittelung der Wünsche der Betrof-fenen jedoch dafür oft hinderlich. Sehrschnell ist der Bedarf, den die Erkrankung

oder die Situation des Betroffenen mit sichbringt, mit seinen Bedürfnissen gleichge-setzt. In der Praxis heißt das für alle Beteilig-ten, immer wieder zu hinterfragen, sich ge-genseitig auf die Subjektivität aufmerksam zumachen.

Es kann die Vorstellung der Angehörigensein, dass für den Kranken ein ganz ruhigesZimmer gut wäre, während derjenige sichfreuen würde, noch etwas von der Stadtluftund von dem Leben auf der Straße mitzube-kommen. Während Limo, Cola und Scho-kolade noch häufige Genüsse sein können,kann das gut gemeinte, frische, gesunde Es-sen oft nicht mehr die Vorlieben unserer Be-wohner treffen. Und genauso kann es auchgenau anders herum sein.

Die Frage muss also lauten, wie komme ichhinter die Bedürfnisse der zu betreuendenMenschen. Was beeinflusst denn dieseBedürfnisse, im Gegensatz zum Gesunden?

Hier sind natürlich erst einmal die Sympto-me zu sehen. Diese können so dominantsein, dass es überhaupt kein Verlangen gibtaußer dem der körperlichen Linderung die-

Von der Schwierigkeit, Bedürfnisse zu begreifenVon Ulrich Heller

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ser Symptome. Beispiele für solche Sympto-me sind Schmerzen, Atemnot oder Schwä-che. Letztere kann man leider nur sehr unzu-reichend behandeln, und oft sind sie für dieMenschen entscheidend, dass sie ihre Wün-sche nicht mehr befriedigen können. Ledig-lich der Helfer kann, wenn er sich als Werk-zeug anbietet, die Schwäche teilweisekompensieren. Schmerzen kann man dafürhäufig sehr gut lindern. Oft ist es deshalb dieerste Aufgabe, eine möglichst gute Sym-ptomkontrolle zu erreichen. Erst dann kön-nen neue Bedürfnisse bei den Betroffenenentstehen und Platz haben. Erfüllt man die-se, tauchen häufig weitere, neue Bedürfnisseauf. Es ist vielleicht ein bisschen vergleichbarmit dem Häuten bei der Zwiebel. Ziel kannfür die Helfer vielleicht sein, von dem Ver-langen der Linderung der Symptome zumStillen der einfachsten Bedürfnisse, zu denvielleicht tiefer gelegen sozialen, psychischenund spirituellen Wünschen zu kommen.

Zu den einfachsten Anliegen, die durch dieEinschränkungen der Erkrankung nichtmehr selber zu befriedigen sind, können bei-spielsweise Wünsche wie gut gebettet zu sein,gut zu duften oder mal eine andere Perspek-tive zu erleben und in den Rollstuhl gesetztzu werden, zählen.

Andere Faktoren, die das momentane Be-dürfnis der erkrankten Menschen beeinflus-sen, können zum Beispiel Kultur, Erziehung,Sozialisation oder Ängste sein. Diese Aspektesind aber individuell sehr unterschiedlichund für die Helfer oft schwer zu eruieren.

Helfer sollen Mut machen, dass man alsKranker die Norm jetzt verlassen darf. ZumBeispiel ihn zu ermutigen, die Grundpflegesein zu lassen, seiner Schwäche nachzugeben

und stattdessen lieber ein Glas Prosecco zugenießen. Aber nicht jeder Erkrankte will soermutigt werden. Um wirklich auf die tiefergehenden Bedürfnisse zu kommen, brauchtman Zeit und viel Vertrauensentwickelung.

Die Wünsche sind nicht immer der Krank-heitssituation und der Ratio angepasst. DerMensch will, ob krank oder nicht, alsMensch, und zwar als vollwertiger Mensch,gesehen werden. Auch wenn der Bedarf nachSicherheit, Ruhe und Rücksicht besteht,wollen viele Menschen trotzdem bis zumSchluss als lebend und auch lebenshungriggesehen werden. Gerade wenn Symptomegelindert sind, gibt es das Bedürfnis, weiter -leben zu wollen. Es gibt weiter das Bedürfnisnach menschlicher Nähe. Diese kann entste-hen durch Zuwendung, Humor oder auchzwischenmenschliche Nähe. Menschen ha-ben bis zum Schluss ihre Eigenheiten undauch Eitelkeiten, die sie beachtet haben wol-len. Und ihre Bedürfnisse widersprechen sichauch häufig. Der Wunsch nach Gesundheitund Leben steht dem gegenüber, so kranknicht mehr leben zu wollen. Der Wunsch

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Diesmal wird Eva Maria den Krebs nichtbesiegen. Doch sie weiß damit umzugehen.Sie kennt das Gefühl, nicht mehr viel Zeitzu haben. Und sie weiß, wozu das Gefühlgut ist: dazu, die Zeit zu nutzen. Als EvaMaria vor 22 Jahren zum ersten Mal Krebshatte, da räumte sie ihr Leben auf. Sie ließsich die Zähne sanieren, begann mit Yoga,ernährte sich gesünder, ging öfter schwim-men und spazieren. Sie sprach sich mitihren Geschwistern aus. „Und ich habemeine Ehe in Ordnung gebracht, indem ichmich habe scheiden lassen.“

Sie dachte über den Tod nach und erkann-te: „Sobald man geboren ist, stirbt man. Esist nur eine Frage der Zeit.“

Man könnte sagen, Eva Maria war innerlichgut gewappnet, als der Krebs im Juli 2010zum zweiten Mal kam. „Das ist falsch“, sagtsie dann und erzählt, wie er sie auch beimzweiten Mal kalt erwischt habe. Wie sie die

ersten acht Wochen nach der Diagnosekaum außer Haus gegangen ist. Wie sie sichins Bett verkrochen hat und das Telefon hatklingeln lassen, bis ihre Freunde immer selte-ner anriefen. Sie machte es wie manche Ka-ninchen im Angesicht des Feindes: haltenganz still und hoffen, er geht vorüber. Ihren„Totstellreflex“ nennt sie das.

Aber diesmal wird der Feind nicht vorüber-gehen, und Eva Maria weiß das. Deshalbmacht sie jetzt genau das Gegenteil: Sie istlebendig geworden.

Sie legt nicht mehr wie früher 150 Euro imMonat zurück, denn wozu? Sie kauft sichhäufiger Kleidung. Sie geht fast täglich insCafé. Ihr Auto hat sie behalten, auch wenndas völlig überflüssig ist hier im Lehel, vonwo aus sie mit der S-Bahn an den Tegern-see fährt und zu Fuß in die Oper geht, zuden Kammerspielen und in die Pinakothe-ken. Irgendwo hat sie neulich diesen Sinn-

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nach Schonung und Ruhe steht dem Wohl-gefühl gegenüber, frisch gewaschen zu sein.Auch der Anspruch auf Rücksichtnahmeund Achtsamkeit, nicht nur krank gesehenwerden zu wollen, kann manchmal konträrzueinander stehen.

Ich glaube, wenn wir Helfer durch Palliativ-medizin und Pflege soweit kommen, dass derBetroffene wieder seine Eigenheiten einfor-

dern kann, es also wieder „menscheln” kann,dann hat man schon sehr viel erreicht. Auchwenn die Bedürfnisse nicht immer ganz er-kannt werden und nicht immer erfüllbarsind. Denn das ist zumindest wieder einStückchen Normalität und geht „uns Gesun-den“ doch genauso.

Ulrich Heller ist Leiter des Pflegedienstes amChristophorus Hospiz München

Eine Frage der ZeitVon Andreas Unger

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spruch gelesen, der ihr nicht mehr aus demKopf geht: „Nicht mehr Tage in das Lebenbringen, sondern mehr Leben in die Tage.“ Eher distanziert berichtet Eva Maria vonRippenbrüchen, Brust-OP, Chemotherapie,Haarausfall, Metastasen in Rücken, Leberund Knochen. Vielleicht will sie sich keineBlöße geben. Vielleicht hat sie vieles schonhinter sich gelassen: den Schmerz, die Pa-nik, die Abschiede. Wahrscheinlich ist: Sieist bei sich, ohne ständig um sich zu kreisen.

Sie ist aus ihrer Wohnung am Stadtrandausgezogen, in der sie 23 Jahre lang ge-wohnt hat. Es war eine große, helle Woh-nung mit einem Garten, den sie angelegtund gepflegt und geliebt hat. Aber die Woh-nung war auch voll von Vergangenem, undfür das ist jetzt keine Zeit mehr. Sie ist in einApartment im Lehel gezogen, 22 Quadrat-meter klein. Kurz nach dem Umzug dachtesie: „Das wird wohl mein Sterbezimmer.“Dann dachte sie: „Aber jetzt noch nicht.“

Einmal die Woche machte Eva Maria, dieanders heißt, einen Spaziergang: vom Lehelüber die Isar, den Bogenhausener Friedhofund die Wehrlestraße zum Rosenkavalier-platz – zur Chemotherapie. Zuerst hat sie

35 Minuten dafür gebraucht. Als es ihrschlecht ging, anderthalb Stunden. Aberstatt der Tram hat sie sich Zeit genommen. Heute ist sie in die Effnerstraße 93 gekom-men, wo der Christophorus Hospiz Vereinseinen Sitz hat. Sie ist durch das helle Atri-um gegangen, hinauf in den ersten Stock,durch den Gang und in den Begegnungs-raum. Eine Uhr tickt. Ihr Pullover hat den-selben milden Grünton wie ihre Augen.Durch ihre randlose Brille schaut sie auf

Bäume, die in ein paar Wochen blü-hen werden. Später wird sie ihreHospizhelferin treffen. Irene Lenzstößt dazu und erzählt vom HospizVerein. Dessen Mitarbeiter stellenden Patienten Helfer zur Seite. DasZiel ist es, bis zuletzt in der eigenenWohnung bleiben zu können. Fallsdas nicht möglich ist, stehen 16 sta-tionäre Plätze zur Verfügung.

Etwa 150 Helfer hat der Verein.Hospizhelfer und Patient lernen sich

erst über den ambulanten Hospizdienstkennen. „Wenn die beiden schon lange be-freundet wären, würden sie auf eine ge-meinsame Geschichte zurückblicken undwürden sie interpretieren. Unsere Hospiz-helfer aber interpretieren das Leben derSterbenden nicht. Wichtig ist allein dereneigener Blick zurück. Wir wünschen uns,dass unsere Betreuten mit ihrem Wesens-kern in Kontakt kommen.“

Zur Zeit geht es Eva Maria wieder so gut,dass sie ein schlechtes Gewissen hat, in ih-rem Zustand beim Chrisophorus Hospiz zusein. Irene Lenz tröstet sie mit dem Hin-weis: „Wir freuen uns, wenn die Erkranktenund ihre Angehörigen möglichst frühzeitigzu uns kommen.“

„Ich lebe zurzeit mein Leben fertig“, sagt Eva Maria

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Eva Maria hat zu einer Radikalität gefun-den, die ihr gut tut. Da ist zum Beispieldas Gerede mancher Leute, die meinen,den Krebs erklären zu können. Mit Erb-sünde etwa oder schlechter Ernährung.Oder Leute, die meinen, sie trösten zumüssen. Zum Beispiel durch ihren Glau-ben an Wiedergeburt. Diesen Leuten sagtsie: „Niemand weiß, woher der Krebskommt. Das ist ein physikalisch-chemi-scher Vorgang. Und niemand weiß, wasnach dem Tod passiert.“ Und dann ver-zichtet sie darauf, sie weiterhin zu treffen.Niemals wäre sie früher so konsequent ge-wesen. Jetzt schon. „Ich habe dem Tod insAngesicht geschaut.“ Das scheint ihrAngst genommen zu haben.

Sie möchte verbrannt werden, ihre Aschesoll anonym unter einem Baum beigesetzt

werden. Zum Abschied soll die Air ausJohann Sebastian Bachs Dritter Suite fürOrchester gespielt werden. Für den Lei-chenschmaus hat sie Geld zurückgelegt.„Mein Sohn steht im Leben, und meineMutter habe ich gepflegt, bis sie gestor-ben ist. Ich habe meine Pflichten erfüllt.“Jetzt ist sie 70 und sagt: „Ich lebe zur Zeitmein Leben fertig.“

Doch bevor es so weit ist, ist es noch zuleben. Zum Ende des Gesprächs fragt sie,ob sie die Serviette auf dem Tisch mitneh-men dürfe, mit aufgedruckten Tulpen,Orangen und Kirschen. Sie sammelt sie.

Mit freundlicher Genehmigung derZeitschrift BISSText und Foto Andreas Unger

Die Seele ist wie ein Wind,der über die Kräuter weht,wie der Tau,der über die Wiesen träufelt,wie die Regenluft,die wachsen macht.

Desgleichen ströme der MenschWohlwollen auf uns alle,die da Sehnsucht tragen.

Ein Wind sei er,der den Elenden hilft,ein Tau,der die Verlassenen tröstet.

Er sei wie die Regenluft,die die Ermatteten aufrichtetund sie mit Liebe erfülltwie Hungernde.

(Hildegard von Bingen* 1098, gest. 17.09.1179)

Die Seele

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Nachdem meine Großmutter im Som-mer 2009 – zu Hause wunderbar betreut– gestorben ist, hatte ich das Gefühl,mich mit dem Thema Sterben und derUnterstützung der Hospizarbeit zu be-schäftigen, mich einbringen zu wollen.Seit Anfang 2010 bin ich nun beim CHVaktuell und schreibe hie und da einen Ar-tikel für diese Mitgliederzeitschrift. DieArbeit als Hospizhelfer kann ich mir(noch) nicht vorstellen, doch das Grund-seminar dürfte doch kein Problem dar-stellen.

Als ich vor der Tür stehe, um am Sams-tagmorgen das Seminar zu beginnen, binich mir allerdings nicht mehr so sicher, obes eine gute Idee war, teilzunehmen. DerInhalt des Grundseminars ist mit „DieHospizidee und der Umgang mit Sterben,Tod und Trauer“ umschrieben und derKloß in meinem Hals wird mit jedemMeter, den ich dem Veranstaltungsort nä-her komme, größer. Was und auch werwird mich erwarten? Zwei Tage lang wer-de ich mit wildfremden Menschen überden Tod und das Sterben sprechen. Ichignoriere den Kloß und betrete denRaum. Mein erster Gedanke ist: „Sind dasviele Menschen hier.“ Der Zweite: „Sinddie alle jung.“

Gerechnet hatte ich mit vielleicht 12allesamt älteren Herrschaften, mit ern-sten, weisen Gesichtern – bekommen ha-be ich 24 Menschen in jedem Alter, die

allesamt ganz „normal“ aussehen. Soweit,so gut.

Die etwas esoterisch wirkende Frau, diemich begrüßt hat, schlägt einen Gong, inder Mitte unseres Stuhlkreises steht einBlumenstrauß, bunte Tücher und eineKerze sollen wohl eine wohnliche Atmo-sphäre schaffen. Mein Kloß drückt.

In der Vorstellungsrunde spreche ich mitmeiner Nebensitzerin, einer jungen Frau,wir stellen uns vor, erzählen von unserenBerufen – warum wir hier sind, erwähnenwir beide nicht. Fast wie abgesprochen.Anschließend stellt jeder in der großenRunde seinen Nachbarn vor und ich sehe,andere waren nicht so zimperlich, sagensofort, warum sie hier im Hospiz sind, er-zählen von Krankheiten und Todesfällen,meist in der Familie.

Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück,wild entschlossen, die journalistische Di-stanz vor alle Gefühle zu stellen, ich binhier um zu beobachten, nicht, um etwasvon mir preiszugeben.

Auch notiere ich zuerst noch mit, was Ire-ne Lenz und Martin Alsheimer, die beidenleiten das Seminar, sagen. Irene Lenz isteine von sechs Einsatzleiterinnen desChristophorus-Hauses und koordiniertdie Hospizhelfer, Martin Alsheimer leitetedie Hospizakademie Ingolstadt und istAusbilder in der Hospizarbeit. Im Laufe

Die Distanz und ich – Grundlagenseminar zurHospizhelferausbildung

Von Julia Hagmeyer

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des Seminars wird sich zeigen, dass die bei-den sich perfekt ergänzen.

Nach der Vorstellungsrunde geht esinhaltlich um die Hospizidee und die Fra-ge nach der eigenen Einstellung zumSterben. Hier wird es dann doch wiederpersönlich und ich bin froh, dass anderesprechen und erzählen und mein Kloßund ich nur hier sitzen und beobachten.Gleichzeitig werden uns aber auchEntwicklungen aufgezeigt, wie die Gesell-schaft mit dem Sterben umgeht, wie diemedizinische Versorgung aussieht und wiesich die Zukunft entwickeln wird.

Danach wird die Rolle des Hospizhelfersbetrachtet, an einem Rollenspiel, in demMartin Alsheimer einen Patienten spieltwird uns klar, dass die wesentliche Aufga-be des Helfers ist, da zu sein. Ohne Taten-drang und Ziele, ohne Programm undWertung. Einfach da sein, hier und da et-was fragen, etwas einbringen, aber nur soviel, wie von allen Beteiligten gewünschtwird.

In der Mittagspause gehe ich mit den zweisympathischen Frauen, die neben mir sit-zen, Eiskaffee trinken und plötzlich ist esganz leicht, über die persönlichen Hinter-gründe, die uns hierher bewegt haben, zusprechen.

Am Nachmittag erwartet uns ein Film,der einen Mann auf seinem letzten Wegbegleitet. Von der Krebsdiagnose, zur letz-ten Urlaubsreise, über Behandlungsversu-che und -verweigerung bis zum Tod. Mei-ne journalistische Distanz ist übrigensnach der Mittagspause nicht mehr mit inden Raum gekommen – anscheinend ha-

be ich sie draußen irgendwo verloren,mein Notizblock liegt verwaist neben mirauf dem Boden.

So beiße ich mir auf die Backe, um derGefühle, die der Film in mir auslöst, Herrzu werden und schaue nicht nach rechtsund links. Hätte ich das getan, hätte ichgesehen, dass es den anderen ähnlich ging,wie wir danach in der Pause besprechen.

Da der Film einen ganz normalenMenschen zeigte, geschieden, Raucher,bei manchen beliebt, bei anderen nicht,geht er umso näher und verleitet dazu, ei-ne Wertung vorzunehmen, manches an-ders zu machen. Aber genau darum gehtes, der Hospizhelfer soll und darf nichtwerten.

In den Pausen auf der Terrasse kommtman immer wieder mit anderen Men-schen ins Gespräch und an allen fällt auf,wie offen und interessiert sie sind. Mitdem einen spreche ich über die MünchnerOpernszene, eine andere erzählt mir, dasssie in einem Nachbarschaftsring beteiligtist, wo jeder etwas beiträgt und sie Kuchenfür ein soziales Café bäckt. Eine Drittehat, wie ich und auch noch gleichzeitigmit mir, während des Studiums in einemBungalow im Olympiadorf gewohnt.

Am nächsten Morgen hat sich der Kloßverabschiedet, und ich bin gespannt aufden Tag. Heute geht es um Trauer und dieEndlichkeit des Lebens und wir sprechenzuerst über Situationen, die Anlass zumTrauern geben. Die Trauer wird als seeli-sche Wunde, der Prozess der Wundhei-lung als Trauern beschrieben. Wir befas-sen uns mit unterschiedlichen Arten des

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Trauerns und die Gruppe bekommt wie-der viel Raum, aus eigenen Erfahrungenzu berichten.

Danach beschäftigen wir uns weiter mitdem Themenkomplex Trauer, anhand voneinzelnen Aussagen und Thesen unterhal-ten wir uns untereinander über unsereVorstellung von Trauer.

Nach der Mittagspause, die wir alle ge-meinsam im Garten des Christophorus-Hauses verbringen, machen wir uns Ge-danken um die eigene Endlichkeit – jederfür sich oder in der Gruppe. Insgesamt hatman an diesem Wochenende die Wahl,wie sehr man aus sich herausgehen möch-te, oder ob man das eben nicht möchte,sondern ganz bei sich bleibt.

Am Nachmittag bekommen wir Besuchvon einer erfahrenen Hospizhelferin – un-ser Fenster in die Praxis, können alle Fragenstellen, die uns einfallen. Wir lernen nocheinige ganz praktische Dinge über die Hos-pizarbeit – so zum Beispiel, dass es auchAufgabe des Hospizhelfers sein kann, mitdem Kleinkind der Familie spazieren zu ge-hen, damit der sterbende Mann und seineFrau eine ruhige Stunde haben können.

Am Sonntagabend hat sich innerhalb derGruppe eine unwahrscheinliche Intimitätund freundliche Vertrautheit eingestellt –wir verabschieden uns wie Freunde.

Für mich persönlich hat sich die Teilnah-me in jedem Fall gelohnt – ich habe viel

über mich und andere gelernt und binziemlich sicher, dass ich irgendwann alsHospizhelferin arbeiten möchte – dann,wenn es in mein Leben passt.

Die Ausbildung zum Hospizhelfer ist drei-stufig: Grundseminar (ein Wochenendeoder sechs Abende), Auswahlgespräch undAufbauseminar (drei Wochenenden, zehnAbende und zehn Stunden Praktikum) be-reiten umfassend auf die Tätigkeit vor.

Julia Hagmeyer ist Redaktionsmitglied vonCHV aktuell, www.chv.org

Foto: Inge Scheller

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Ein Mensch wird geboren, wirkt eine Weile.Und tritt wieder ab. Ein Mensch lernt, fürsich zu sorgen, erst dann kann er lernen,sich um andere zu kümmern.

Und ähnlich wie zu Beginn seines Lebenskehrt er auch dahin zurück, dass unter Um-ständen für ihn gesorgt werden muss. Wenner Glück hat, hat er ein gutes Wissen dar-über, wie man sich um sich selbst kümmert.In diesem Kreis leben und wirken auch dieHospizhelfer.

Frau Ristow hat ihre aktive Tätigkeit alsHospizhelferin nach 22 Jahren niedergelegt.CHV aktuell will berichten. Als ich Kon-takt aufnehme, ist ihr das gar nicht so ganzrecht. Sie will nicht so im Vordergrund ste-hen. Redet von anderen, die viel besser re-den können. Von Jüngeren... Ich merkeschon...

Ja, was? Sie ist nicht untypisch, diese Be-scheidenheit, dieses Sich-selbst-Zurückneh-men kennzeichnet viele Hospizhelfer. Und,ja: Da gibt es auch andere. Die besser redenkönnen. Ich verstehe…

Vielleicht macht gerade das mich besondersneugierig, diese scheuen Hospizhelfer, dieihre Person nicht so in den Vordergrundstellen. Und sie dennoch wichtig nehmen.

Ich bereite Fragen vor. Zum vereinbartenTermin ist Frau Ristow erkrankt. Ihre Stim-me ist deutlich angeschlagen, und ihr fehltdie Energie. Wir telefonieren einen Monat

später nochmals. Sie hat es sich überlegt: Esgibt da Jüngere, welche, die viel besser redenkönnen. Ich sage, Sie möchten wohl liebernicht? Das liegt Ihnen nicht so, so etwas? Sieklingt erleichtert, und wir reden klar und of-fen in wenigen dürren Worten über diewunderbaren, wertvollen Menschen, die imHospiz engagiert und tätig sind. Und überdie teilweise ausgezeichneten Supervisoren.Und über das Geschick und Feingefühl derEinsatzleiter, mit dem sie Hospizhelfer undPatienten zusammenbringen. Und darüber,dass jeder Hospizhelfer über ganz besondere,eigene Fähigkeiten verfügt für das BegleitenTodkranker und Sterbender. Und indem ichdenke, darüber möchte ich mit ihr reden,sagt Frau Ristow, aber wir können uns gerneso mal treffen, uns unterhalten.

Als ich nochmal zwei Monate später hin-komme, sitzen wir in einem blühendenGarten an einem Kaffeetischchen. Und ichsehe und erlebe einen Menschen, der mit je-der Faser all dem verbunden ist, was seinLeben ausmacht. Jeder Hospizhelfer hat sei-ne Kraftquellen. Frau Ristow erinnert sichebenfalls an eine frühere Einsatzleiterin, diebei den regelmäßigen Gesprächen mit ihrenHospizhelferinnen genau danach fragte:Woraus beziehen Sie Ihre Kraft? Und fürsich selbst schwärmte von jeder freien Mi-nute in der Natur. Wie wir da so sitzen imvielfarbigen, zwitschernden Grün, wird mirklar, dass alle Menschen, nicht nur Hospiz-helfer genau wissen müssen, woraus sie ihreKraft beziehen. Sterbebegleitung erfordertnichts wesentlich anderes als jedes ganz nor-

Wenn sich der Kreis schließtVon Irene Braun

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male Privatleben. Nur: Vielleicht gründli-cher! Sorgfältiger!

Und dann sprechen wir davon: Dass man,wenn es einem nicht so gut geht, erst malfür sich selber sorgen muss, um dann für dieda zu sein, die von einem abhängen. Diedarauf angewiesen sind, dass man ebennicht zusammenklappt. Wir haben beideimmer wieder erlebt, dass Außenstehendeglauben, es koste viel Kraft, Todkranke,Sterbende zu begleiten. In Wahrheitschließt sich auch hier ein Kreis: Wir bezie-hen ebenso viel aus einer Begleitung, wiewir hineingeben. (In so mancher Supervisi-ons-Sitzung ist über das sogenannte „Hel-fersyndrom” gesprochen worden. Bis ein-mal jemand frappierend klar undunumwunden äußerte, ich mache das –ganz ehrlich – doch nicht nur für die ande-ren, ich mache das auch für mich!) DieserKreislauf muss im Gleichgewicht sein.Übereinstimmend stellen wir fest, wie klar

die Einsatzleitung bei der Auswahl und Zu-ordnung der Hospizhelfer diesem UmstandRechnung trägt, wie eine Störung bei unsselbst dieses Gleichgewicht kippen kann.Wenn sich der Kreis nicht mehr schließt…

Frau Ristow gehört zu den Hospizhelferin-nen, die aus der Sozialarbeit stammen undvon da aus zum Hospiz gelangen. Sie warauch im Ausland, in Brasilien tätig, hatteEhrenämter inne, in der Diakonie. Hattedann auch selbst Familie. Und fühlte sichvon Anfang an angezogen von der Hospiz-idee, als diese in Deutschland Fuß fasste.Eine der Hospizhelferinnen „der zweitenStunde“, wie sie selbst sagt. Wir wünschenihr, dass sie selbst auch immer gut umsorgtist so wie all jene, um die sie sich ein tätigesLeben lang gekümmert hat.

Irene Braun ist selbst Hospizhelferin undRedaktionsmitglied CHV aktuell

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„Am schlimmsten ist es, abends in die leereWohnung zurückzukommen“, erzählt FrauM. mit nur mühsam unterdrückten Tränenin der Stimme. Eine große innere Not stehtihr ins Gesicht geschrieben. Blicke, Mimikund Gesten vieler in der Runde der offenenTrauergruppe zeigen, dass auch ihnen dieseErfahrung vertraut ist und Frau M. ihnenmit ihren Worten aus der Seele spricht.Zweimal monatlich, jeweils in einer Diens-tagnachmittagszeit, trifft sich dieser Ge-sprächskreis – geleitet und moderiert vonAnette von Dercks und mir. Er möchteMenschen, die einen ihnen nahe stehendenAngehörigen durch Tod verloren haben,Unterstützung in dieser schwierigen Zeitanbieten. Das Bild vom Hospiz als einerHerberge für schwerstkranke und sterbendeMenschen schließt ausdrücklich auch dieFürsorge für all jene ein, die den Krankenaufgrund familiärer oder freundschaftlicherBindungen „zugehörig“ sind und auch überderen Tod hinaus zugehörig bleiben. Ma-scha Kaléko hat dies in einem ihrer Gedich-te treffend auf den Punkt gebracht: „ Deneigenen Tod stirbt man (nur), doch mitdem Tod der anderen muss man leben!“ Ge-nau vor dieser Aufgabe stehen Trauerndeund sie kann zu einer Herausforderung wer-den, die Menschen schmerzhaft mit denGrenzen ihrer Kräfte und Möglichkeiten in Berührung bringt. Nicht wenige Betrof-fene erleben Trauerprozesse als seelischeSchwerstarbeit und sprechen von der Not-wendigkeit, das Leben, in dem nichts mehrso ist wie zuvor, wieder von Grund auf neu

lernen zu müssen. Für manche wird dabeidie Teilnahme an der Gruppe zu einer wert-vollen Erfahrung, die ihnen zeigt, dass siemit ihrem Suchen und Ringen nicht alleinestehen, die ihnen Mut macht, nicht aufzu-geben, sondern Schritt für Schritt einen fürsie gangbaren Weg zu entwickeln.

Zu Beginn der einzelnen Treffen entzün-den die Teilnehmenden als Zeichen derVerbundenheit eine Kerze für ihre verstor-benen Angehörigen, die auf diese Weisesymbolisch im Raum mit anwesend sind.In einer offenen Runde erhält dann jederder meist 8 bis 10 Teilnehmenden Gele-genheit, von dem zu erzählen, was ihn imAugenblick bewegt und beschäftigt. Dabeiist uns die Freiheit des Einzelnen wichtig,ohne jeden Erwartungsdruck selbst dar-über zu entscheiden, wovon er in diesemMoment sprechen und worüber er viel-leicht lieber schweigen möchte. Nicht je-dem fällt es gleichermaßen leicht, sich voreiner Gruppe zu öffnen, eigene Erfahrun-gen ins Wort zu bringen und mit intensi-ven Gefühlen in diesem Rahmen umzuge-hen. Aus den eingebrachten Beiträgenkristallisieren sich dann oft wie von selbstThemen heraus, über die wir in derGruppe ins Gespräch kommen.

Beispielhaft seien an dieser Stelle einigeFragestellungen benannt: Habe ich bzw.haben wir etwas versäumt, was den Todmeines Angehörigen möglicherweise ver-hindert hätte? Wie soll ich mit den Bildern

Der Weg entsteht im Gehen –Unterstützung in der Zeit der Trauer

Von Jürgen Wälde

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von Krankheit undSterben umgehen, diemir auf eine sehr bela-stende Weise immerwieder vor Augen ste-hen? Ist das eigentlichnoch normal, derartdünnhäutig, verletzlichund unsicher gewor-den zu sein? Wer binich und wie bewege ichmich ohne den gelieb-ten Partner an meinerSeite? Wie halte ichbloß die Einsamkeit,insbesondere an denAbenden und Wochenenden aus? Soll ichErinnerungen an die unwiederbringlichvergangene Zeit pflegen oder verstärken sienur den Schmerz? Wer kümmert sich jetztum mich, wenn ich selbst Unterstützungbrauche? Welche Erwartungen hat meineFamilie bzw. mein Umfeld an mich undmein Verhalten? Wie gehe ich damit um,wenn sich mir wichtige Menschen nichtmehr melden oder aber durch vermeint-lich gute Ratschläge an meinen wirklichenBedürfnissen vorbeigehen? Hört Trauer ei-gentlich auch einmal auf? Darf ich michdem Leben wieder zuwenden, auch wennder Mensch, dem ich noch immer in Liebeverbunden bin, dies nun nicht mehr mitmir teilen kann?

Worum es inhaltlich im Einzelnen auchgehen mag, immer achten wir als Leitungsorgfältig darauf, dass wir miteinander aufder Ebene eines respektvollen Austauschestatsächlich gemachter Erfahrungen blei-ben, die gerade auch dort Raum bekom-men und Würdigung erfahren, wo sienicht von jedem in der Runde spontan

mitvollzogen werdenkönnen. Nicht seltengehen gerade von sol-chen auf den erstenBlick eher „anstößi-gen“ Beiträgen öffnen-de und hilfreiche Im-pulse aus. So erinnereich mich etwa noch gutan eine Teilnehmerin,die sich in der Gruppefast ein wenig fehl amPlatze vorkam, da sieoffenbar als Einzigenicht mit einem „Hei-ligen“ verheiratet ge-

wesen war, der alle nur wünschenswertenEigenschaften in seiner Person vereinigte.Gerade ihre unverblümte Offenheit er-möglichte es schließlich auch anderen inder Gruppe, Idealisierungen ihres verstor-benen Partners zurück und dafür eigeneStärken und Talente besser in den Blick zunehmen. Während das Ernstnehmen vonWahrnehmungen und Erfahrungen fastimmer mit einem persönlichen Gewinnfür die Teilnehmenden verbunden ist, er-weisen sich allgemeine Diskussionen dar-über, wie man angemessen bzw. „richtig“trauert oder wer es im Vergleich zu ande-ren nun leichter oder schwerer hat, mit sei-ner Verlusterfahrung zurecht zu kommen,meist als recht unfruchtbar. Hier sind allein der Gruppe mit ihrer Achtsamkeitgefragt, einem Abgleiten in solche Diskus-sionsschleifen frühzeitig einen Riegel vor-zuschieben. Neben den persönlichen Er-fahrungen der Trauernden selbst nutzenwir in der Gruppe auch kurze Impulse, diewir als Leitung mit dem Ziel einbringen,ein besseres Verständnis für das Durchle-ben von Trauerprozessen zu wecken.

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Hier haben wir etwa mit dem Trauermodellvon Pisarski/Orth, den Traueraufgabennach Worden oder auch mit dem Ansatzvon Roland Kachler gute Erfahrungen ge-macht. Bisweilen bieten auch ausgewählteSymbole, Bilder, Gedichte oder Märcheneinen fruchtbaren Zugang zum Thema undeinen guten Einstieg in ein Gespräch. Fürdie letzte halbe Stunde unserer zweistündi-gen Gruppentreffen lösen wir die großeRunde auf und laden diejenigen, die möch-ten, dazu ein, bei einer Tasse Kaffee unter-einander ins Gespräch zu kommen. Viel-leicht hat mich jemand mit seinenBeiträgen besonders angesprochen oder ichverspüre das Bedürfnis, an einem Punkt ge-nauer nachzufragen bzw. eigene Erfahrun-gen zu ergänzen, die in der großen Rundezu äußern ich Scheu hatte.

Dieser informelle Ausklang bietet darüberhinaus eine gute Gelegenheit, sich wech-selseitig etwas besser kennen zu lernen unddort, wo es als stimmig empfunden wird,auch Kontakte zu knüpfen, die über dieTeilnahme am Gesprächskreis hinausge-hen. Ein erster Schritt in diese Richtungdeutet sich meist an, wenn Menschen, diealleine hergekommen sind, sich gemein-sam auf den Rückweg zur U-Bahn machenoder eine Mitfahrgelegenheit in ihrem Au-to anbieten. In den letzen Jahren hat essich immer wieder ergeben, dass Trauern-de, die sich im Gesprächskreis kennen ge-lernt und nach einer gewissen Zeit aus die-sem Kreis auch wieder verabschiedethaben, trotzdem untereinander Verbin-dung hielten und sich aus eigener Initiati-ve auch weiterhin zu gemeinsamen Unter-nehmungen trafen. Auf diese Weiseentstehen aus der Gruppe und über sie

hinaus immer wieder kleinere Netzwerke,die in ihrer stabilisierenden, unterstützen-den und ermutigenden Wirkung nichthoch genug eingeschätzt werden können.

Wenn Sie als CHVaktuell Leser nun eineetwas konkretere Vorstellung von unseremGesprächskreis für Trauernde gewonnenhaben, freuen wir uns, wenn Sie Menschenauf dieses Angebot aufmerksam machen,für die es von Interesse sein könnte. Nachkurzer telefonischer Absprache (Telefon089-1307870) ist eine Teilnahme an derGruppe in der Regel jederzeit möglich –und zwar unabhängig davon, ob der CHVan der Betreuung der verstorbenen Ange-hörigen beteiligt war. Neben der Möglich-keit zu Einzelgesprächen mit Trauerbeglei-tern stellt dieser niederschwellige, zukeiner regelmäßigen Teilnahme verpflich-tende Gesprächskreis die zweite Säule un-seres Unterstützungsangebots dar. Wirmöchten darin betroffene Menschen zu-sammen führen und ihnen einen Raumzur Verfügung stellen, in dem sie wechsel-seitig von ihren Erfahrungen profitierenund Schritte in ein Leben unter gänzlichveränderten Bedingungen entwickeln kön-nen. Das Land, in dem sich Trauernde be-wegen, erscheint ihnen nicht selten weg-und perspektivlos. Aber jeder noch so klei-ne Schritt, einer vor den anderen gesetzt,lässt unmerklich etwas entstehen, wasschließlich im Rückblick auf die durchleb-te schwere Zeit als Fortschreibung einesWeges erkennbar wird, der „trotz allem“wieder ins Leben führt.

Jürgen Wälde ist hauptamtlicher Trauerbegleiter desCHV, [email protected]

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Mein Beruf ist Atemtherapeutin und seitSeptember 2007 arbeite ich zwei Tage proWoche im Hospiz. Die Lebenssituationder Schwerkranken und Sterbenden dorterfordert eine andere Weise der Begleitungals die, die mir sonst in der Atempraxis be-gegnet.

Die klassische Atemtherapie begleitet dieMenschen ins Leben, sie unterstützt diePersönlichkeitsentwicklung und aktiviertsowohl den Lebensfluss als auch die Selbst-heilungskräfte. Die Palliative Atemthera-pie begleitet den Wandlungsprozess amLebensende und lindert körperlicheÄngste und Nöte von Schwerkranken und Sterbenden.

Zu Arbeitsbeginn erfahre ich von den Pfle-gefachkräften bei der Übergabe, wer neueingezogen und wer verstorben ist undinformiere mich über die momentaneSituation der mir bekannten Bewohner.Vor jeder Behandlung nehme ich zuerstmeine eigene Haltung/Stimmung war. Binich aufgeregt oder unsicher, vielleicht nochin Gedanken bei der letzten Begleitung?Um mir wieder einen guten Stand zu ver-schaffen, muss ich mit beiden Beinen gutgeerdet sein und meine eigene Mitte spü-ren, so dass mein Atem frei fließen kann.Dann bin ich offen für die neue Begeg-nung und bleibe trotzdem bei mir undmeinem Atem.

Anhand von drei Begleitungen möchte ichmeine Arbeit mit den Bewohnern vor-stellen.

Bei meiner ersten Begegnung mit Frau S.stellte ich mich vor und bot ihr eine Be-handlung an. Darauf hin wollte sie vonmir wissen, ob die Behandlung lebensver-längernd sei. Frau S. stellte klar: „Ich willkeine lebensverlängernden Maßnahmen,sondern bald sterben.“ Die Bewohnerinerzählte mir, dass sie sich in der Bauch-region unwohl und sehr aufgebläht fühlte.Ansonsten möchte sie bald sterben und„alles hinter sich haben“. Ich berührte zu-nächst mit leicht kreisenden Bewegungenden Bauch, nahm die Atembewegung aufund strich lösend in diesem Rhythmus.„So etwas Wohltuendes habe ich noch nieerlebt!“, sagte Frau S. Nach einiger Zeitwurde es ruhiger in dieser Körperregion.Sie konnte sich auf die Berührungen ein-lassen und nach innen spüren.

Im Verlauf der nächsten Behandlungen ge-lang es Frau S., sich immer mehr anzuver-trauen, sie konnte sich darauf einlassen,berührt zu werden und zugleich berührt zusein. Im Rückblick war sie mit ihrem Le-ben zufrieden und sehr dankbar, ihrenKörper nicht nur ablehnend in Erinnerungzu haben, sondern trotz der Erkrankungnoch ein angenehmes Körpergefühl wahr-zunehmen.

Die Arbeit mit dem Atem führt tief nachinnen und spricht den Menschen immerin seiner Ganzheit an, auf allen Ebenenund mit seiner ganzen Geschichte. Dabeiwird sowohl die körperlich-seelische, alsauch die geistig-spirituelle Ebene ange-sprochen. Mein Anliegen ist es, die Be-

Berührt im AtemrhythmusVon Ursula Schubert

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wohner dort zu erreichen wo sie geradestehen und sie auf ihrem Weg ein Stück zubegleiten. Das kann in den BereichenTrauer, Wut, Angst, Atemnot, Verlust,Schmerzen oder auch Ablehnung des eige-nen Körpers sein. Sanfte Berührungen,Streichungen, geführte Bewegungen undleichte Massagen wirken oft lösend, lin-dernd und entspannend. Während derBehandlungen geht es darum, vorhandeneAtemressourcen zu integrieren. So kannRaum entstehen für eine bessere Körper-wahrnehmung, Entspannung undSchmerzlinderung.

Bereits vertraute Atemübungen können inKrisensituationen hilfreich und unterstüt-zend sein.

Die Begleitung von Herrn T. bestand zuAnfang aus kurzen Gesprächen und einervorsichtigen Annäherung. Bei unseremdritten Treffen fand dann die erste Be-handlung statt. Nach einer kräftigen Fuß-massage wurde ich von Herrn T. gebeten,seine Hände ebenfalls zu massieren. An-schließend meinte er: „Ich kann mich end-lich wieder spüren.“ Nach einem tiefenSeufzer schlummerte er ein wenig ein. ImLaufe der weiteren Behandlungen kom-munizierten Atem und Hände in fließen-den Streichungen und Massagen und überden ruhenden Kontakt der wärmendenHände. Herr T. war bereits sehr abgema-gert und betonte immer wieder, sehr dar-unter zu leiden. Die Berührungen undStreichungen ermöglichten es dem Be-wohner, sich wieder besser zu spüren undwahrzunehmen. Er konnte sich immermehr darauf einlassen, gehalten zu werdenund zur Ruhe kommen. Sein Atem wurderuhiger und konnte besser fließen.

Die Arbeit am und mit dem Atem ist beiSchwerkranken und Sterbenden nicht nurbei Atemnot indiziert, sondern bietet eineMöglichkeit, sich und den eigenen Körpermit der Erkrankung neu zu erfahren undanzunehmen. Dies ist aber nicht bei allenmöglich. Einige Bewohner lehnen ab oderhören nach einigen Behandlungen wiederauf. Es kommt auch vor, dass die PalliativeAtemtherapie erst in der letzten Lebens-phase angenommen wird. Das kann einHalten im Kopfbereich oder auch der Fuß-sohlen sein, ein Gehaltensein im Nieren-Beckenbereich oder aber der Ausatem wirdmit sanften Streichungen begleitet.

Meine dritte Begleitung, Frau G., lernteich am Tag ihrer Ankunft im Hospiz ken-nen. Sie war der Atemarbeit gegenübersehr offen und wir verabredeten uns gleichfür eine Behandlung. Durch ihre Erkran-kung war der Bauch sehr hart und die Bei-ne waren angeschwollen. Die sanften Be-rührungen in der Bauchregion und an denBeinen empfand sie als harmonisierendund sagte: „In meinem Körper kommt al-les wieder in Fluss.“

Im Laufe der Behandlungen kamen weite-re Körperregionen hinzu. Das Halten imNieren-Beckenbereich ermöglichte es FrauG., die Rückseite ihres Körpers bewussterwahrzunehmen und Ängste bzw. Trauer imHinblick auf den bevorstehenden Tod an-zusprechen. Sie hoffte sehr darauf, nocheinmal nach Hause zu kommen, aber kör-perlich war das leider nicht mehr möglich.Wir machten eine Reise mit inneren Bil-dern durch Frau G.'s Wohnung und ver-abschiedeten die Räume. Bis zu meinemnächsten Besuch hatte sich ihr Gesund-heitszustand weiter verschlechtert. Die Be-

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wohnerin wollte „ein letztes Mal“ von mirberührt werden. Im Raum herrschte eineandere Stimmung als sonst. Ich machtesanfte Ausstreichungen und hielt längereZeit ihre Fußsohlen. Ihr Atem wurde ganzruhig. Im Anschluss sang ich mehrmals einMantra und wir ließen die Klänge in derStille nachwirken. Frau G. verabschiedetesich mit leisen Worten: „Vielen Dank fürden schönen Abschied, ich glaube, wirsehen uns hier nicht mehr.“ Als ich dasnächste Mal kam, war Frau G. bereits ver-storben.

Meist bin ich zwischen drei und fünfStunden im Hospiz und behandle vier bissechs Bewohner. Die Behandlungseinhei-ten richten sich ganz nach den Möglich-keiten und Bedürfnissen des Einzelnen.Am Ende der Behandlungen tausche ichmich mit den Pflegefachkräften aus undgebe Beobachtungen und Eindrückeweiter, mit Ausnahme von vertraulichenGesprächen.

Die Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross schrieb „Sterben ist nur ein Umzie-hen in ein anderes Haus.“ Für mich per-sönlich ist die Arbeit mit Schwerkrankenund Sterbenden Menschen sehr kostbarund ich hoffe, noch viele Bewohner bei ih-rem „Umzug in ein anderes Haus“ beglei-ten zu dürfen.

Zitat:„Wie ein Mensch stirbt, hängt davon ab, wieer gelebt hat. So verschieden das Leben derMenschen, so verschieden der Tod. In derEinstellung zum Tode spiegelt sich die Ein-stellung zum Leben. Wenn das Leben zu En-de geht, wird sichtbar, was einer unter „Le-ben“ verstand und ob er letzten Endes mehraus seinem himmlischen oder aus seinem ir-dischen Ursprung gelebt hat.“

(Dürckheim, K., Vom doppelten Ursprungdes Menschen, 2003, S.263)

Foto: Christiane Sarraj

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Seit 1.10.2009 arbeiten fünf Ärzte aufzweieinhalb Vollzeitstellen in unserem am-bulanten Palliativteam. Die beiden Pallia-tivmedizinerinnen Monika Lieb und Anet-te Wille und ich, waren von Anfang an mitdabei. Gemeinsam haben wir mit unsererGeschäftsführerin Angelika Westrich,Sepp Raischl, den Kollegen aus demPflege- und Sozialarbeiterteam, sowie mittatkräftiger Unterstützung der Verwal-tungskollegen,, die Aufgabe geschultert,die neue Versorgungsform „SAPV“ – wiefolgend dargestellt – aus dem CHV in diePraxis umzusetzen.

Das Gesetz zur Spezialisierten Ambulan-ten Palliativversorgung (SAPV) § 37bSGB V trat 2007 in Kraft und wirddeutschlandweit seit 2009 in unterschied-lichen Modellen umgesetzt. Das Gesetzsichert „Versicherten mit einer nicht heil-baren, fortschreitenden und weit fortge-schrittenen Erkrankung bei einer zugleichbegrenzten Lebenserwartung, die einebesonders aufwändige Versorgung benöti-gen, spezialisierte ambulante Palliativ-versorgung zu”. Diese wird von einem Ver-trags- oder Krankenhausarzt verordnetund von den gesetzlichen Krankenkassenfinanziert.

Eine Optimierung der ambulanten pallia-tivmedizinischen Patientenversorgung mitall ihren Facetten der multiprofessionellenBetreuung und achtsamen Begleitung warvon Anbeginn die Motivation zur ärztli-

chen Mitarbeit im CHV Team. Durch dielangjährige ärztliche Berufserfahrung (ausKlinik oder Praxis) der Kollegen, gelangeine rasche Integration der Mediziner indas ambulante Palliativ-Team. Binnenkürzester Zeit konnte das neugeschaffeneTeam (bestehend aus den drei beteiligtenBerufsgruppen Sozialarbeit, Pflege undMedizin) viele Palliativ-Patienten im ge-samten Stadtgebiet Münchens in die Be-treuung aufnehmen.

Der Weggang zweier ärztlicher Mitstreiteraus erster Stunde – Edda Eckhofer undJörg Augustin – nach wenigen Monatenwar eine ziemliche Zerreißprobe für dasgesamte SAPV-Team; musste doch die be-reits große Zahl an Patienten weiter gutversorgt werden und der Ersatz eines erfah-renen Palliativarztes ist nach wie vor nichteinfach. Zudem wurde im Verlauf desersten SAPV-Jahres der enorme büro-kratische Aufwand (Krankenkassen-antragsverfahren, Dokumentation, Wider-spruchsverfahren,) erst so richtig evident.

Mittlerweile ist das Team wieder in ruhige-rem Fahrwasser angekommen; mit derEinstellung der erfahrenen ärztlichenKollegen Rebekka Ammon (Teilzeit)undHolger Wegner (Vollzeit) hat das Team seitder 2. Jahreshälfte 2010 eine deutlich sta-bilere Struktur erhalten.

Was sind nun typisch ärztliche Aufgabenin einem ambulanten Palliativteam?

Ärzte im CHV-Team der SpezialisiertenAmbulanten Palliativ-Versorgung – (SAPV)

Von Christoph Fuchs

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Es sind zumeist nicht die typischen Kli-schee-Einsätze des invasiven Doktors, derin Blaulicht-Manier ausrückt, um mittechnischen Hilfsmitteln Symptomlin-derung zu bewirken. Tatsächlich könnenwir dank einfacher diagnostischer Unter-stützung (z.B. tragbares Ultraschallgerät)entlastende Maßnahmen ärztlicherseitsdurchführen und dadurch belastende Kli-nikeinweisungen vermeiden helfen. DieMehrzahl unserer ärztlichen Einsätze be-steht allerdings größtenteils aus Kommu-nikation und Kommunikation und wiederKommunikation – wie meistens in der pal-liative care!

Die Herausforderung in den Erstkontak-ten mit unseren Patienten besteht häufigdarin, herauszuarbeiten, worum es eigent-lich geht; hierbei merken wir Ärzte undPflegende oft, dass gar nicht die körperli-che Symptomkontrolle den Kern des pal-liativen Auftrags darstellt. Häufig begeg-nen wir großen psychosozialen Ängstenund Nöten in der Existenzkrise „schwerst-krank-sein“ und „sterben-wollen in häusli-cher Umgebung“, die unsere gesamteCHV-Teamexpertise (mit all seinen Betei-ligten wie Hospizhelfern, Atem-/Kunst-therapeuten, Trauerbegleitung) benötigen.

Eine typische ärztliche Aufgabe stellt dieexakte diagnostische Einschätzung desKrankheitsbildes sowie die Erstellung deszumeist medikamentösen Behandlungs-planes dar. Die leider nach wie vor häufigfehlende palliative care-Expertise in vielenKliniken und mangelhaftes Entlassmana-gement bedeutet für uns nicht selten einenerheblichen logistischen Aufwand für dieVerordnung der erforderlichen Medika-mente und Hilfsmittel für den individuel-

len Patienten. Die Absprache mit nieder-gelassen Ärzten (Hausärzten, Tumorspe-zialisten, Neurologen) hat sich erfreuli-cherweise in unserer Münchner Region alswenig problematisch herausgestellt und istebenso eine Kernaufgabe unserer Palliativ-mediziner. Da wir als Palliativmediziner ei-nes SAPV-Teams noch keinen strengenArzneimittel-Budgetvorgaben unterwor-fen sind, können wir für niedergelasseneÄrzte in der Verordnungspraxis von Medi-kamenten sogar eine Entlastung darstellen.

Die fehlende Verfügbarkeit der gewünsch-ten, vertrauten Ärzte / Pflegenden / The-rapeuten / Experten an Wochenenden,Feiertagen oder nachts bedeutet fürSchwerstkranke und deren Angehörigehäufig eine erhebliche Belastung – mitÄngsten vor belastenden Maßnahmen wieKlinikeinweisungen durch unerfahreneNotdienstärzte, die mit den schwerenKrankheitsbildern bei Krebs oder neurolo-gischen Krankheitsbildern bzw. derenTherapie nicht vertraut sind. Durch unse-re 24-Stunden-Rufbereitschaft für diePatienten in der sogenannten Teilversor-gungs-Stufe (der SAPV-Verordnung) kön-nen wir zu einer erheblichen Entlastungunser Patientensorgen beitragen; häufigträgt allein die Sicherheit, im Krisenfallnur einfach anrufen zu können, zur psy-chischen Erleichterung und Stabilisierungder Situation bei.

Diese Interventionsmöglichkeiten im mul-tiprofessionellen Team haben es uns er-möglicht, den größten Teil unserer betreu-ten Patienten (über 80%) zuhause bis zuderen Tod zu begleiten. Damit erreichenwir sehr häufig die Umsetzung unseres Be-handlungsauftrages und können dem

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meist geäußerten Wunsch, zuhause, in„guter“ Symptomkontrolle sterben zukönnen, gerecht werden.

Das Abgleichen unserer Patienten-Erfah-rungen aus Hausbesuchen, Telefonaten,etc. erfordert eine regelmäßige Teambe-sprechung (1 mal pro Woche) sowie indi-viduelle Therapiebesprechungen der betei-ligten Mitarbeiterinnen – was angesichtsder 4 Teilzeitärzte nicht immer einfachumzusetzen ist, aber dank moderner Tele-kommunikation meist doch gelingt. Diegroße Zahl unserer betreuten Schwerst-kranken mit all ihren Problemen könnenwir als Team nur wirklich „gut“ begleiten,indem auch wir Mediziner uns 4-6-wöchigeiner externen Team-Supervision „stellen“.

Durch regelmäßige Durchführung vonFort-und Weiterbildungen (u.a. Teilnahmean Hausärzte-Qualitätszirkeln, Vorträgenan der Christophorus-Akademie im Rah-men des Münchner Palliativforums undweiterer CHV-Fortbildungen) versuchenwir Ärzte, unseren Teil beizutragen zur

Verbesserung eines Münchner Palliativ-und Hospiz-Netzwerkes zugunsten einerverbesserten Patientenversorgung. Auf-grund der sehr „geringen“ Arbeitszeiten (4von 5 Ärzten in 50% -Teilzeit bzw. Hono-rar-Arzttätigkeit) und weiterer Verpflich-tungen bleibt leider wenig Zeit, sich imVerein zu „zeigen“. Im Rahmen der CHV-Veranstaltungen (z.B. Gedenkfeiern, Hos-pizhelfertage) versuchen wir dennoch,über unsere SAPV-Mannschaft hinaus ei-nen CHV-internen Dialog zu pflegen.

Die zuweilen vorgetragene Sorge, dassdurch eine Professionalisierung derHospiz-und Palliativversorgung die Quali-tät der Patientenbegleitung substantiellverändert oder verschlechtert würde, glau-ben wir durch unsere SAPV-Teamarbeitim CHV ein Stück entkräften zu können.Auf eine gute weitere Teamarbeit!

Ihre CHV-Ärzte von links nach rechts: Holger Wegner, Monika Lieb, Anette Wille, Rebekka Ammon, Christoph Fuchs.

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Wenn ich erzähle, dass ich als Kranken-schwester im Hospiz arbeite, treffe ichmeist auf ganz gegensätzliche Reaktionen: – Entweder auf eine verklärte Vorstellungdes Hospizes als einen Ort, in dem Men-schen in den Armen der Lieben friedlichund bewusst einschlafen. Oder – und dasist häufiger – das Hospiz als einen beängs-tigenden, hoffnungslosen Ort am Randedes Lebens, den man gerne verdrängt, weiler zu sehr an die eigene Sterblichkeit undAngst rührt.

Mein Eindruck ist, dass das Leben kurz vordem Tod sehr intensives Leben ist, das ingewisser Weise ein Leben widerspiegelt.Auch wenn es in den Zimmern der Bewoh-ner oft still ist, ist die Präsenz von Emotio-nen, Gerüchen und Krankheitssymptomenlaut. Der Alltag aller beteiligten Berufs-gruppen ist geprägt von Bemühungen, umdie oft akut wechselnden Zustände, zuneh-mende Einschränkungen der Bewohnerund die Auswirkungen auf die Angehöri-gen zu lindern. Symptome, wie Schmerzen,Atemnot, Übelkeit und Erbrechen, könnenwir oft kontrollieren. Mit anderen Krank-heitsfolgen, wie nur beispielsweise Ver-wirrtheit, Inkontinenz, Schluckstörungenund Mobilitätsverlust, muss der Bewohnerirgendwie leben. Für viele eine schwierigeAufgabe, die mit Krisen, sowohl bei denBewohnern als auch bei den Angehörigen,einhergeht. Dabei gerät manches Familien-gefüge ins Wanken, familiäre Zerwürfnisselösen sich angesichts des Todes nicht auf,sondern kommen deutlich ans Licht.

Rundum eine Extremsituation, die von denMitarbeitern eine Vielzahl an Fähigkeitenabverlangt:Soziales, medizinisches, organisatorischesKönnen und ein gutes Zeitmanagement, dawir oft unter Zeitdruck arbeiten müssen.

Als besondere Herausforderung erfahreich, emotional die stabile Mitte zu finden:Sich nicht von Emotionen überschwem-men zu lassen, aber auch nicht hinter einerFassade der Professionalität einzufrieren.Neben fachlicher Kompetenz fühle ichmich als Mensch gefordert, der Empathie,Offenheit, Zeit und Hoffnung mitbringt,weil vielen gerade Angst und Hoffnungslo-sigkeit das Sterben erschwert. Dabei meineich nicht die Hoffnung, die in einem reli-giösen Bekenntnis Ausdruck findet, son-dern Hoffnung als ein helles, offenes undpositives Lebensgefühl.

Als Krankenschwester im HospizVon Katharina Keitel

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Ich werde gefragt: Wie kannst Du dort ar-beiten, wo es keine Hoffnung gibt, weil al-le sterben? – Hier gibt es Hoffnung. Hiersterben Menschen mit Hoffnung, die biszuletzt dankbar sein können und sich freu-en, wenn ein Mensch sich Zeit für sienimmt. Krankheit und Tod sind kein Ar-gument für sie, Hoffnung und Freude auf-zugeben. Obwohl sie vielleicht auchschwere Krisen durchleben, bemühen siesich aktiv, positiv zu bleiben, und suchenden Kontakt mit ihrer Umgebung. MeinEindruck ist, dass sie dadurch für Hilfe zu-gänglicher sind, und dass ihre Hoffnungihnen das Sterben erleichtert.

Andere Bewohner erwecken den Eindruckwenig Hoffnung zu sehen, obwohl sie viel-leicht noch über viele Fähigkeiten verfü-gen, sie noch Kinder und Partner habenund auf ein erfolgreiches Leben zurück-blicken können. Trotzdem sehen sie nur,dass sie bis zum Tod unentwegt Verlusteerleiden. Viele von ihnen sollen vor derKrankheit positiv gewesen sein, aber dieHoffnung habe dem Leid nicht standhal-ten können. Es sei einfach viel zu viel ge-wesen. Ein Mensch, der die Hoffnung auf-gegeben hat, scheint mir für Trost undHilfe weniger empfänglich zu sein. Durchmeine Arbeit erkenne ich klarer, dass einals erfüllt empfundenes Leben nicht ab-hängig ist von äußeren Umständen, son-dern wie sich ein Mensch in seinem Lebenverhält – bis zuletzt. So gesehen ist dasSterben eine große Herausforderung, dieletzte Aufgabe im Leben. Sie wird geprägtvon der Art und Weise, wie man das Lebengelebt hat, wie man gelernt hat, mitVerlusten und unerfüllten Wünschen um-zugehen, trotz Schwierigkeiten zu vertrau-en und der Zukunft hoffnungsvoll zu be-

gegnen, oder ob man sich resigniert zurückzog.

Mir fällt eine ältere Frau ein, die ich wäh-rend eines Nachtdienstes betreute. Ihr Be-wusstsein war schon eingetrübt, die Atem-geräusche klangen angestrengt. Schoneinige Male wurde sie als „final“ überge-ben, d.h. wir glaubten, dass sie bald gehenwürde. – Aber das tat sie nicht. Sie schienschwer zu kämpfen und kein Medika-ment, keine Maßnahme half wirklich. Ichbat eine Kollegin in der Nacht um Hilfeund gemeinsam setzten wir uns zu ihr, wasunsere Zeit eigentlich nicht zuließ. Als wirdann eine Weile so dasaßen, meinten wirdeutlich zu hören, dass sie unter starkenseelischen Schmerzen litt. Da war etwaswie ein großer dunkler Stein auf der Brustgegen den sie kämpfte, gegen den sie at-mete. Obwohl ich nichts von ihr wussteund nicht mit ihr kommunizieren konnte,hatte ich doch das Gefühl einer starkenBegegnung. – Sie starb schließlich einigeTage später. Wir konnten das Problem amEnde des Lebens nicht mehr lösen, son-dern nur so gut wie möglich palliativ um-manteln.

Später erzählte man uns, dass sie als Kindtraumatisierende Erfahrungen gemachthabe, von denen sie sich nie hat befreienkönnen. Bis zuletzt habe sie unter schwer-sten, therapieresistenten Depressionen ge-litten und sei tief unglücklich gewesen. Ih-re Betreuerin meinte, dass die Verstorbeneimmer wieder gesagt habe: „Ich habe nichtgelebt, ich lebe nicht!“. Dieses Lebensge-fühl war im Sterben präsent.

Ich denke auch an einen sehr alten Mann ineinem Nachtdienst, der bereits sechzig Jahre

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verheiratet war und dessen Krebserkran-kung man erst vor wenigen Wochen ent-deckt hatte. Er war erst am Vormittag ge-kommen, geistig wach, aber aufgrundseiner Schmerzen bewegungsunfähig. SeineFrau bat darum, bei ihm übernachten zukönnen und schlief am späten Abend aufdem Gästebett ein. Als sie eingeschlafenwar, wurde er sehr unruhig und wirkte ab-wesend. Ich wollte ihn lagern, aber er war soangespannt, dass ich ihn nicht bewegenkonnte. Als ich ihn bat etwas locker zu las-sen um ihn auf die Seite drehen zu können,war er mit seiner Aufmerksamkeit ganz daund drehte sich plötzlich mit aller Kraft aufdie Seite, was ihm Anstrengung undSchmerz bereitete. Mich hat es getroffen zusehen, was er auf sich nahm, um keine Mü-he zu bereiten. Bei meinem nächsten Rund-gang bemerkte ich an den Veränderungenseiner Atmung und seiner Haut, wie nah erdem Tod war. Ich konnte deutlich Angstwahrnehmen, als würde er den Tod vor sichsehen. Mein Eindruck war, dass er sich mitgroßem Mut seiner Angst stellte und ent-schlossen ins Unbekannte ging. – Nur eineStunde später ist er gestorben.

Als ich dann seine Frau weckte, war sie vol-ler Trauer, aber noch größer war die Dank-barkeit ihm gegenüber und das Bewusst-sein, das Geschenk eines erfüllten Lebensmit ihm empfangen zu haben. Sie erzähltelange von ihrer Ehe, wie sie ihn mit 19 ge-heiratet hat, und wie freundlich und auf-richtig er gewesen sei. Ich glaube, dass die-se Eigenschaften ihm halfen, im Sterbennicht zu resignieren.

Eine positive Lebenshaltung erleichtert dasLeben und das Sterben, denke ich. DieZuwendung z.B. der Angehörigen, derHospizhelfer und aller Hospiz-Mitarbei-tenden begleiten und unterstützen dieMenschen im Sterbeprozess. Sie tragendazu bei, dass sich die Sterbenden ange-nommen fühlen und mit mehr Vertrauenloslassen können. Ihr einfühlsamer, wert-schätzender und kompetenter Umgang istnicht zu unterschätzen.

Trotz der großen Herausforderung alsKrankenschwester im Hospiz bin ich dank-bar für diese Arbeit, in der ich so viel überdas Sterben und das Leben lernen darf.

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Kursbuch EhrenamtBegleitung – Klientel, sterbende Angehörige und Freunde

Von Gerda Graf

Wer ist Angehöriger?

Auf den ersten Blick scheint die Definiti-on, wer ein Angehöriger ist, ganz einfach.Das sind primär all die Menschen, diedurch familiäre Verwandtschaft als Groß-eltern, Eltern, und Kinder zu einer direk-ten Familie gehören. Oft spricht man vonden Blutsverwandten, im Erbrecht vonden Angehörigen in direkter Linie. Im All-tag schließen wir selbstverständlich undfast in erster Linie die Ehepartner als An-gehörige mit ein.

In den letzten Jahren hat sich der Begriffder Angehörigkeit allmählich erweitert.Durch Patchwork-Familien, d.h. Partner,die in zweiter oder dritter Ehe jeweils mitKindern aus vorhergehenden Ehen eineneue gemeinsame Lebensgemeinschaft be-gründen, durch gleichgeschlechtliche Le-bens-Partnerschaften oder enge Freundeist die Zuschreibung, wer Angehöriger ist,individueller und subjektiver geworden.Angehörigkeit wird aus der Perspektivedesjenigen definiert, der einem anderenMenschen diese Zuschreibung erteilt.

Um mit dem engen Begriff der Angehörig-keit, der an ein bestehendes Rechtsver-ständnis gekoppelt ist, besser umgehen zukönnen, verwenden wir heute häufiger denBegriff der Zugehörigkeit. Im Englischensprechen wir von den „loved ones“, einemAusdruck, der die Angehörigkeit deutlichauf die Gefühlsebene erweitert. Wir wis-

sen, dass diese erweiterte Gruppe von An-gehörigen respektive Zugehörigen geradebei der Begleitung sterbender Menschenhohe Wichtigkeit erlangt.

Im Zusammenhang mit schweren Erkran-kungen gehen Menschen häufig und ganzselbstverständlich davon aus, dass sie, zu-mal als direkte Angehörige, Entscheidun-gen für ihren kranken Menschen treffenkönnen, dass der Arzt mit ihnen dieKrankheit des Partners, der Ehefrau be-spricht und den weiteren Verlauf mit ih-nen entscheidet. Das ist aber nur dannmöglich, wenn diese Angehörigen oder an-dere Menschen denen man Vertrauen ent-gegenbringt, beispielsweise in einer Patien-tenverfügung, als Bevollmächtige benanntwurden. Nur einem Bevollmächtigten ge-genüber darf ein Arzt seine Schweige-pflicht, die er für seinen Patienten hat, bre-chen. Allerdings kann der Patient, solangeer sich dazu äußern kann, jederzeit seinenArzt von dieser Schweigepflicht befreien.

Bei Rechtsgeschäften, zum Beispiel mit ei-ner Bank, reicht eine normale Bevollmäch-tigung in aller Regel nicht aus. Hier sollteman frühzeitig gemeinsam mit dem An-bzw. Zugehörigen gemeinsam zur Bankgehen und eine Kontovollmacht, ggf. überden Tod hinaus, hinterlegen.

Bei allen Beschreibungen über hospizlicheBegleitungen werden selbstverständlich so-wohl die kranken Menschen als auch ihre

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Angehörigen in einem Atemzug als Adres-saten dieser Fürsorge genannt. Erfahrungs-gemäß sind Angehörige oftmals die Be-dürftigeren im Gegensatz zum Patienten.Hospizhelfer, aber auch Krankenpflegerin-nen und Sozialpädagogen, Theologen undTrauerbegleiter beschreiben häufig, dass siesich mehr um die Angehörigen kümmernmüssen als um den Patienten. Und dieses„mehr“ bezieht sich nicht nur auf die Zeit,sondern auch auf die Intensität.

Patienten leben in und mit ihrem krankenKörper und wissen oft sehr genau um ihreSituation. Angehörige wollen ihnen hel-fen, sind ängstlich, haben wenig Vorstel-lungen, was sie für ihren Kranken tun kön-nen und fühlen sich hilflos. Dazu kommtdas Gefühl, überfordert zu sein, nichtmehr zu können, es nicht mehr auszuhal-ten. Oft haben Angehörige eine lange Zeitder vorhergehenden Pflege übernommenund sind nun selbst krank oder erschöpft.Sie verstehen die Fachsprache des Arztes,der ihnen die Situation ihres schwerkran-ken Angehörigen erklärt, zu wenig undkönnen sich nicht damit abfinden, nur we-nig für ihn tun zu können.

Begleitung für diese Angehörigen bedeutetdann, ihnen die jeweilige Situation, in dersich der Kranke befindet, so zu erklären,dass sie sie verstehen. Ihnen Handgriffe zuzeigen, die den Kranken entlasten, ihm guttun und bei denen der pflegende Angehö-rige weiß, dass er damit nichts „falsch“ ma-chen kann. Begleitung der Angehörigenheißt aber auch, ihre Überlastung, ihreAngst, ihre Wut, ihre Ohnmacht und ihre

Verzweiflung zu spüren, sie verständnisvollund wertungsfrei anzusprechen und ihnendas Recht zuzugestehen, auch an sichselbst denken zu dürfen.

Im großstädtischen Umfeld erleben wir ge-legentlich, dass die Rolle der Angehörigendurch Freunde ersetzt wird. Sei es, dass eskeine oder keine greifbaren Angehörigengibt, sei es, dass es eine bewusste Entschei-dung eines Menschen ist, sich eine „Ersatz-familie“ zu schaffen. Dieser Freundeskreiskann erstaunlich stabil und verlässlichfunktionieren und übernimmt im bestenFall auch die Begleitung und Fürsorge inschwerer Krankheit bis hin zum Tod.Selbstverständlich müssen auch dieseFreunde in die Begleitung der Begleiterund Angehörigen eingeschlossen werden.Die Koordinationsfachkräfte ambulanterHospiz- und Palliativdienste können so,ggf. durch eine zeitlich geregelte Abfolgeder Anwesenheit dieses Freundeskreises,auch Alleinstehenden ein Sterben daheimermöglichen.

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Christophorus – Christusträger und NothelferVon Uve Hirsch

Der Schutzpatron der Autofahrer ist einerder Vierzehn Nothelfer. Viele Legendenranken sich um sein Leben, ob er aber tat-sächlich als Märtyrer gestorben ist, konntehistorisch nicht belegt werden. Deshalbwurde er 1962 aus der Liste der kanoni-schen Heiligen der katholischen Kirche ge-strichen. Die Christophoroslegende (grie-chisch „Christusträger“) entstand im13.Jahrhundert: Anstelle eines Fährmannstrug Christophorus Menschen über einenFluss. Eines Tages nahm er ein Kind aufdie Schultern, das so schwer war, dass esihn unter Wasser drückte. Dieses Kind

Oben: Elias Lenker, Pokal, um 1628, Augsburg

Links: Hieronymus Bosch, Christophorus mit dem Jesukind, um 1496

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war Christus, der ihn auf diese Weise tauf-te. Die sogenannte „Legenda Aurea“ desJacobus de Voragine hatte außergewöhn-lichen Einfluss. Christophorus wurdeKult. Luther sah in ihm eine Allegorie desChristenmenschen. Sein Bildnis sollte vorunvorbereitetem Tod schützen, Hospize,Pilgerhäuser, Bruderschaften wurden nachChristophorus benannt, das Motiv desChristusträgers wurde unzählige Malekünstlerisch dargestellt.

Nicht zuletzt heißt nach dem erstenmodernen, 1967 in London eröffnetenHospiz St.Christophers unser Hospiz„Christophorus Haus“.

Oben: J.M. Feichtmayr, Christophorus,um 1610Basilika Vierzehnheiligen

Links: Konrad Witz Christophorusum 1436

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Eine Flut von Bewerbungen, nämlich ex-akt 82, erreichte uns, als wir die Nachbe-setzung der Geschäftsführung im CHVund der Christophorus Hospiz Verwal-tungs GmbH in zwei großen Tageszei-tungen und im Internet ausgeschriebenhatten. Unser Vorstand hatte alle Händevoll zu tun, diese Bewerbungen zu bear-beiten, zu kategorisieren, wieder zu lesen,sich auf ein erstes und zweites Aus-schlussverfahren zu verständigen, die po-tentiellen Bewerber zu Gesprächen ein-zuladen, eine zweite Vorstellungsrundezu organisieren und sich schließlich füreine Person zu entscheiden. Dann muss-ten die vertraglichen Dinge geklärt undabgestimmt werden und endlich standfest, wer die Geschäftsführung nach mei-nem Ausscheiden übernehmen wird,nämlich Herr Leonhard Wagner.

Herr Wagner kennt uns aufgrund seinesInteresses für die Hospizarbeit. Vor eini-gen Jahren hat er ein Grundseminar beiuns besucht und arbeitet heute als Ge-schäftsführer eine Einrichtung der Le-benshilfe. Er wird Ihnen selbst noch ge-nauer erzählen, was ihn dazu veranlassthat, sich bei uns zu bewerben, wie er sichdie Gestaltung seines Amtes vorstellt undwas er für Pläne für den CHV hat. ImJanuar 2012 wird er seinen Dienst beiuns antreten.

Von der Planung einer vorgesetzten Fas-sade für unser Haus habe ich Ihnen be-reits im letzten Heft erzählt. Mittlerweilesind wir mitten in einer Großbaustelle –jedenfalls sieht es so ähnlich aus. Mit ei-nem ausgetüftelten Bauzeitenplan ver-

suchen wir, unvermeidbare Geräusch-belästigungen auf ein Minimum zu redu-zieren und sie so zu verteilen, dass unsereBewohner nicht zu sehr darunter leidenmüssen. Immer wieder ergeben sich un-vorhersehbare Verzögerungen, so dass wirderzeit hinter dem ursprünglichen Fer-tigstellungstermin herhinken. Der regne-rische Sommer tat das Seine dazu – Be-ton- und Abdichtungsarbeiten musstengelegentlich verschoben werden. Aberman kann sich inzwischen vorstellen, wiedas Ganze aussehen wird. Die Kollegenberichten bereits jetzt von einem deutlichverringerten Geräuschpegel in den Be-wohnerzimmern. Wenn erst die Außen-anlagen wieder hergestellt sind, die ent-fernte Bäume und Büsche neu gepflanztund der Blauregen im nächsten Jahr ander neuen Fassade rankt, werden die Be-schwerlichkeiten des Baues schnell ver-gessen sein. Das ist ähnlich wie beimKinderkriegen: Wenn alles vorbei ist, istes nur noch schön.

Im Juni gelang es uns, trotz des Baustel-lentrubels, ausreichend Platz für unserjährliches Sommerfest im Garten zuschaffen. Mit dem Gospelchor „al den-te“, der von einer Bogenhausener Kin-derärztin geleitet wird, bekamen wir einefröhliche musikalische Ausgestaltung desNachmittags. Mit einer Glaskünstlerinfertigten die Gäste aus vielen kleinenGlasstückchen eine große bunte Glas-scheibe, die gebrannt wurde. Nun soll sienoch in eine Metallfassung, damit wir siesturmsicher im Garten verankern kön-nen. Sepp Raischl beschäftigte die Gast-Kinder mit einem Bauernschach. Trotz-

Aus dem Verein

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dem war es unseren jungen Besuchernlangweilig, weil „ja fast keine Kinder dawaren“.Und sie hatten mit Ihrer Kritikrecht. Es ist nicht einfach, kleine Kinderfür ein Sommerfest im Hospiz zu begeis-tern. Die Kinder unserer Kollegen sindentweder selbst knapp erwachsen odernoch zu klein, um spielend dabei zu sein.Mit gelben Bändern, die wir an Besucherund Mitarbeiter austeilten und die an dieZweige der Felsenbirne beim „Fluss derErinnerung“ gebunden wurden, bezeug-ten alle Sommerfestgäste ihre Solidaritätmit unseren kranken und sterbendenMenschen. Immer wenn ich jetzt in denGarten gehe und die gelben Bändchenflattern sehe, schicke ich einen gedankli-chen Gruß zu ihnen.

Entsprechend dem Motto: Ein Mann sollein Haus bauen, einen Sohn zeugen undeinen Baum pflanzen habe ich beimSommerfest zwar keinen Baum, aber da-für einen Rosenstrauch in den Hospiz-garten gepflanzt. Das Hospiz-Haus istgebaut, die Tochter gezeugt – also alledrei Aufgaben erfüllt. Ich hoffe, dass inden nächsten Jahren meine Kollegen dar-an denken, die Rose zu schneiden, zuwässern und gelegentlich zu düngen undihr so ein langes und prächtig blühendesLeben ermöglichen.

Unsere Abendvortragsreihe im Bayeri-schen Kunstgewerbeverein anlässlich ei-ner Ausstellung über künstlerisch gestal-tete Urnen, Trauerschmuck und Särge,die teilweise vorher als Schrank, Regal

oder Truhe zu verwenden sind, war einvoller Erfolg. Die Besucher saßen ohneMurren teilweise auf Postkisten und um-gedrehten Papierkörben, weil der Platzund die vorhandenen Stühle in den schö-nen Verkaufs- und Ausstellungsräumennicht mehr ausreichten. Es entspannensich interessante Gespräche mit den Be-suchern und wir haben Menschen mitunserer Hospizidee erreicht, die uns bis-her noch nicht gekannt haben.

Ein großes Besucherinteresse erwarten wirauch bei der Ausstellung „Ein Koffer fürdie letzte Reise“, die die Erzdiözese in Ko-operation mit uns und anderen Einrich-tungen in der ehemaligen Karmeliterkir-che veranstaltet. Ein Rahmenprogrammmit ca. 30 zusätzlichen Veranstaltungenwird viele Besucher ansprechen und mög-licherweise werden Sie bei ihrem Besuchden ein- oder anderen unserer Hospizhel-fer entdecken, die sich ehrenamtlich fürdie Standbesetzung im Rahmen der Aus-stellung gemeldet haben.

Mit meinem Beitrag „Aus dem Verein“verantworte ich ein letztes Mal dessenInhalt. Ab der nächsten Ausgabe wird SieHerr Wagner über die kleinen und grö-ßeren Ereignisse rund um den CHV in-formieren. Mir bleibt es, Ihnen für alles,was Sie für uns getan haben, sehr herzlichzu danken und auf Wiedersehen zu sa-gen. Alles Gute für Sie.

Ihre Angelika Westrich

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Stellung beziehen und Verantwortungübernehmen sind zwei herausragende Ei-genschaften, die Stifter kennzeichnen. Mitihrer Stiftung bekennen sie sich zu einerSache, die ihnen so wichtig ist, dass sie zu-mindest einen größeren Teil ihrer Gelderin eine Stiftung legen. Gleichzeitig han-deln sie verantwortlich, weil ihr Engage-ment ein andauerndes ist und auch dannnoch wirkt, wenn die Stiftergründer längstverstorben sind. Deshalb müssen sie Rege-lungen treffen, die die Verwaltung und Be-treuung ihrer Stiftung nachhaltig sicher-stellen.

Im Rahmen unseres Stifterkreises kann dasz.B. an den Vorstand des Vereins delegiertwerden, wenn es keine familiären oder be-trieblichen Nachfolger gibt. Damit ist si-chergestellt, dass die Stiftung in ihrem Sin-ne weitergeführt wird und frei werdendeMittel ausschließlich dem Zweck zuflie-ßen, den die Stifter fördern wollten. EinVorteil der Stiftungsgründung zu Lebzei-ten können Steuervorteile sein, aber vielmehr noch die Möglichkeit, direkt Ein-fluss auf „seine Stiftung“ nehmen zu kön-nen und sie aktiv zu begleiten. Allerdingsbindet eine Stiftung auch einen Teil desVermögens, das dem Stifter dann für mög-liche Pflege- oder Krankheitskosten nichtmehr zur Verfügung steht.

Eine Stiftung von Todes wegen ist dann ei-ne gute Alternative. Sie wird ausschließlichmittels einer letztwilligen Verfügung er-richtet und muss entsprechende Formvor-schriften des Erbrechts beachten. Eine sol-che Stiftung kann Erbin, Miterbin,

Vermächtnisnehmerin, Auflagenbegüns-tigte oder sogar Nacherbin sein. Allerdingssoll man beachten, dass das Nachlassver-mögen ausreichend groß sein soll, damitaus den Erträgen dieses Vermögens der ge-wünschte Stiftungszweck erfüllt werdenkann.

Ein Testament zugunsten einer Stiftungvon Todes wegen muss besonders sorg-fältig verfasst werden und Sie sollten einenerfahrenen Testamentsvollstrecker mit der Aufgabe Ihrer Stiftungsgründung be-trauen.

Und noch eine Meldung für Stifter, die dieAbstandnahme vom Kapitalertragsteuer-abzug bei rechtlich unselbstständigen Stif-tungen betrifft: Wird bei einem inländi-schen Kredit- oder Finanzdienstleis-tungsinstitut ein Konto oder Depot für ei-ne nach §5 Abs.1/9 befreite Stiftung aufden Namen eines anderen Berechtigten ge-führt und ist das Konto oder Depot durcheinen Zusatz zur Bezeichnung eindeutigsowohl vom übrigen Vermögen des ande-ren Berechtigten zu unterscheiden als auchsteuerlich der Stiftung zuzuordnen, kannes für Kapitalerträge, die nach dem31.12.2010 zugeflossen sind, als imNamen der Stiftung geführt behandeltwerden.

Ich freue mich auf unser nächstes Treffenim Stifterkreis mit Ihnen.

Ihre Angelika Westrich

Stifterkreis

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Kurznachrichten

Hospiz macht Schule – ein Projekt im Christophorus HospizVerein für Schüler

Junge Menschen sind von Sterben undTod nicht weniger betroffen als Erwachse-ne. Unserem Verein ist es ein wichtiges An-liegen, diese Themen als Bestandteile jedesmenschlichen Lebens in das gesellschaftli-che Bewusstsein zu integrieren. Für Schul-klassen ab der 7.Jahrgangsstufe haben wirspezielle Unterrichtseinheiten vorbereitet,die den Schülern Möglichkeiten bieten,sich behutsam dem Thema zu nähern, ihreeigenen Erfahrungen einzubringen undBerührungsängste zu überwinden. Als Re-ferenten stehen ehrenamtliche Hospizhel-fer/innen des Christophorus Hospiz Ver-eins zur Verfügung: Sie erzählenauthentisch über ihre Begleitungen beisterbenden Menschen und ihren Familien,sie sprechen offen über ihre persönlichenErfahrungen und vermitteln praxisorien-tiert die Ideen einer lebensbejahendenHospizarbeit. Sie geben den Schüler/innenRaum, ihre Fragen und Gedanken zumThema anzusprechen. Darüber hinauskönnen die Schüler unser Christophorus-Haus mit dem stationären Hospiz im Rah-men einer Führung kennen lernen und inder Begegnung mit hauptamtlichen Mitar-beitern einen praktischen Einblick in de-ren Berufsalltag und das lebensbejahendeHospizkonzept erhalten. Die ersten Unter-richtseinheiten haben im Frühjahr diesesJahres begonnen.

Kontakt über Ulrike Wagner,[email protected] oder Telefon: 089/ 13 07 87 26

Zu Hause würdevoll leben bis zuletzt

Die neue Broschüre „Zu Hause würdevollleben bis zuletzt“ gibt grundlegende Ori-entierung und Hilfestellung in der letztenLebensphase bis zum Tod zu Hause. Sierichtet sich an Betroffene und deren An-gehörige, aber auch an Pflegekräfte, Ärzteund alle anderen Beteiligten. Herausgege-ben vom Christophorus Hospiz Verein istder Leitgedanke der erarbeiteten Empfeh-lungen, Selbstbestimmung und Würdedes kranken, alten Menschen in den Mit-telpunkt zu rücken. Für diesen höchstsensiblen und individuellen Prozess willdie Broschüre Sicherheit bieten, Ängsteabbauen helfen und die Möglichkeiten ei-nes Lebens in der eigenen Häuslichkeit biszuletzt beschreiben. Behandlungen solltenunterbleiben dürfen, die das Sterben alterMenschen nicht erleichtern, sondernmehr oder weniger schwerwiegend bela-sten oder gar unmöglich machen. Vorabgeäußerte Wünsche oder getroffene Verfü-gungen zu lebensverlängernden Maßnah-men sollen berücksichtigt und umgesetztwerden.

Kostenlos erhältlich in der Rathausinfor-mation, dem Christophorus Hospiz oderdownload unter: www.chv.org

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TermineInformation und Beratung zur PatientenverfügungViele Menschen möchten Vorsorge treffen für den Fall, dass sie durch Unfall, Krankheitoder Alter nicht mehr in der Lage sind, ihren Willen zu äußern und selbstständig zu ent-scheiden. Ein offenes Angebot für alle Interessierten zu Fragen der Patientenverfügungund Vorsorge-Vollmacht. Jeweils am letzten Mittwoch im Monat von 10:00 bis 12:00 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Erfahrene Mitarbeiter/innen unseres Teams informieren Sie an diesen Vormittagen, wasSie beachten sollten und gehen auf Ihre individuellen Fragen ein.Teilnahmegebühr: 5 Euro (für Mitglieder 3 Euro)

Vorträge

jeweils von 18:30 – 20:00 Uhr

Offene Führungen im Christophorus-Haus 2011Das Christophorus-Haus vereint alle ambulanten und stationären Angebote des Christo-phorus Hospiz Vereins e.V. unter einem Dach. Mit den offenen Führungen vermittelnwir Interessierten einen Einblick in unser Haus und unsere Arbeit.

02. November 2011 von 10:00 bis 12:00 Uhr11. Januar 2012 von 14:00 bis 16:00 Uhr14. März 2012 von 10:00 bis 12:00 Uhr09. Mai 2012 von 18:00 bis 20:00 Uhr04. Juli 2012 von 18:00 bis 20:00 Uhr

27. Juni 2012,25. Juli 2012

28. März 2012, 25. April 2012,30. Mai 2012,

30. November, 201125. Januar, 2012,29. Februar, 2012

Hospizhelfer/innen erzählen23. April 2012

Leiden lindern14. Mai 2012

Abschiednehmen21. Mai 2012

Sterben zuhause ermöglichen7. Mai 2012

Was geschieht beim Sterben? 16. April 2012

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Interesse an ehrenamtlicher Mitarbeit?An diesen Tagen stellen wir Ihnen Möglichkeiten vor, sich im Christophorus HospizVerein zu engagieren:

01. Februar und 15. Mai 2012jeweils von 17:00 bis 18:30 Uhr

Offener TrauertreffDer CHV bietet trauernden Menschen Unterstützung an. Der offene Gesprächskreisfindet zweimal monatlich, jeweils dienstags um 15:00 Uhr statt. Termine und Anmeldung unter Telefonnummer 089/ 13 07 87-0

Grundseminare 2011/2012

Wochenendseminar WS 1 im Christophorus-Haus 17.-18. März 2012 jeweils von 10:00 bis 18:00 Uhr bzw. 17:00 Uhr am Sonntag

Kursgebühr 60 Euro (50 Euro für Mitglieder)

Wochenendseminar WS 2 im Christophorus-Haus 14.-15. Juli 2012 von 10:00 bis 18:00 Uhr bzw. 17:00 Uhr am SonntagKursgebühr 60 Euro (50 Euro für Mitglieder)

Abendseminarsechs Montagabende 06. Februar bis 19.März 2012 (außer Rosenmontag)von 19:00 bis 21:30 Uhr im Christophorus-HausKursgebühr 60 Euro (50 Euro für Mitglieder)

Bitte melden Sie sich zu den Seminaren frühzeitig schriftlich an über die Internetseitewww.chv.org oder per Mail: [email protected]: 089 / 13 07 87- 0

Alle oben genannten Veranstaltungen finden in den Räumen des CHV statt.MVV: U 4 Arabellapark, Tram 17 und 18 bis Effnerplatz, Bus 188 bis Odinstraße

Ausstellung: „Ein Koffer für die letzte Reise”15. Oktober bis 25. November 2011in der ehemaligen Karmeliterkirche, Karmeliterstr. 1

Organisiert von der Erzdiözese München und Freising in Kooperation mit dem Christo-phorus Hospiz Verein e.V. und anderen Mitveranstaltern.Aktuelle Öffnungszeiten sowie das Rahmenprogramm entnehmen Sie bitte der Presseoder besuchen Sie uns im Internet.

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Impressum

CHV aktuell erscheint zweimal jährlich und wird herausgegeben vom Christophorus Hospiz Verein e.V., München.Redaktion: Irene Braun, Julia Hagmeyer, Uve Hirsch, Helmut Nadler, Inge Scheller (v.i.S.d.P.), Angelika Westrich und Brigitte WummelLayout und Herstellung: Helmut NadlerAnzeigenleitung: Helga Ostermeier Tel. (08441) 80 57 37, 0160-580 67 98

Die nächste Ausgabe von CHV aktuell ist für Mai 2012 vorgesehen.Geplanter Schwerpunkt: „Das letzte Hemd – Memento mori“

Redaktionsschluss: 15. April 2012

Christophorus Hospiz Verein e.V., Effnerstraße 93, 81925 München, Tel.( 089) 13 07 87-0, Fax 13 07 87-13; www.chv.org; [email protected]ürozeiten: Montag bis Freitag von 9:00 bis 16:30 UhrSozialbank München, Konto Nr. 98 555 00, BLZ 700 205 00Commerzbank München, Konto Nr. 42 42 111, BLZ 700 400 41

Foto: Uve Hirsch

HOSPIZ

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Angelis Bestattungen

Mensch sein hört mit dem Tod nicht auf.

Jeder Mensch ist einzigartig, jeder Abschied auch. Trauer braucht Menschen, Raum, Zeit und Ausdruck. Das sind die Grundlagen unserer Arbeit als Bestatter. Wir unterstützen Sie in der schweren Zeit zwischen Sterben und Bestattung einfühlsam, menschlich, tatkräftig und ideenreich. Geben Sie Ihren geliebten Menschen in achtsame Hände. Mit unserem Namen, unserer Erfahrung und unserem Wissen stehen wir Ihnen gerne zur Seite und sorgen für die Gestaltung eines einzigartigen Abschieds.

Angelis, wir begleiten Sie auf Ihrem Weg.

tel. 089 - 12596924 an 365 Tagen 24h für sie erreichbar

Lindwurmstraße 45 80337 München Inh. Andreas Lindner

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