Teufel blickt auf I(rieg, Politik und Religion PSM Bericht... · Teufel blickt auf I(rieg, Politik...

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Teufel b li ckt auf I(rieg, Politik und Religion Ehemaliger Ministerpräsident mahnt: .. Man muss sich in einer Demokratie aktiv einbringen" JULIA FALK I PFORZH EI M Es war eine Andacht der etwas an- deren Art: Im Zuge der "ERlebt"- Abendgottesdienste war am Sonn- tag der ehemalige baden-würt- tembergische Ministerpräsident Erwin Teufel zu Gast bei der Pforzheimer Stadtmission. Rund 150 Menschen folgten dem Ge- spräch zwischen Teufel und Stadtmissionar Uli Limpf. Musika- lisch umrahmt wurde der Abend von Musikreferent Jan Wörner. Der Besuch in der Goldstadt war für Teufel nicht der erste. Mit Pforzheim verbinde ihn seit jeher das Schicksal der Stadt im Zwei- ten Weltkrieg und die Aufbauleis- tung der Menschen danach. Teu- fels Kindheit war geprägt von der Zeit des Krieges. 1939 als ältester Sohn einer Bauernfamilie in Rott- weil geboren, musste Teufel den Einzug des Vaters in den Krieg miterleben. "Ich bin früh in die . Verantwortung für mich und sie- ben jüngere Geschwister hinein- gewachsen", erinnert sich Teufel. Den elterlichen Bauernhof über- nahm er nicht: "Ich wollte nie Bauer werden :' Stattdessen ent- schied er sich für eine Verwal- tungsausbildung. Teufel woHte in die Politik. Geprägt habe ihn vor allem sei- ne Mutter: "Sie war eine einfache Bäuerin, aber sehr gescheit." Sie kaufte ihm Bücher über die Zeit des Krieges. Bei Teufel wuchs der Wunsch, solche Geschehnisse in Zukunft zu verhindern: "Man muss sich in einer Demokratie ak- tiv einbringen ." Früh politisch engagiert Mit 16 Jahren trat er in die CDU ein und gründete die Junge Union im Landkreis Rottweil. Sich eh- renamtlich zu engagieren, rät Teufel allen Jugendlichen: "Da- durch kann man Dinge lernen, die man woanders nie lernen würde." 1964 wurde der damals 25-Jährige in Spaichingen zum jüngsten Bür- germeister Deutschlands gewählt. 1991 übernahm er den Posten des Ministerpräsidenten von seinem Vorgänger Lothar Späth, bis 2005 blieb er im Amt. Zur Landtags- wahl vor ein paar Wochen konnte Über politische Fragen sprach Erwin Teufel (rechts) beim Abendgottesdienst mit Stadtmissionar Uli Limpf. Fom FALK man bisher kein Interview mit Teufel lesen: "Ich halte mich zu- rück - auch, weil ich nicht mit al- lem einverstanden bin." Sein Glaube ist dem Katholiken wichtig. "Die Menschenrechte je- des Einzelnen sind die größte Er- rungenschaft unserer Kultur", . sagt Teufel. Dem Gebot aus der Bibel "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst", spricht der 76-Jähri- ge in der derzeitigen Situation ei- ne besondere Bedeutung zu: "Der Nächste ist nicht nur die Familie oder der beste Freund, sondern auch der Flüchtling, der eine an- dere Nationalität und Kultur hat als man selbst." In der Flücpt- lingsfrage bezieht Teufel klare Po- sition: "Wer unseren Boden er- reicht und , aus welchen Gründen auch immer, verfolgt wird, muss Asyl finden." Europa müsse stär- ker zusammenarbeiten. "Ich habe die Hoffnung, dass wieder bessere Zeiten kommen", sagt der Minis- terpräsident a.D., "und dann müs- sen die Flüchtlinge auch den Mut haben, in ihr Land zurückzukeh- ren und es wiederaufzubauen." Liebe zum Land Seinem Heimatland Baden-Würt- temberg fühlt sich der 76-Jährige seit jeher verbunden: "Ich liebe dieses Land in allen seinen Teilen und möchte nirgendwo anders zu Hause sein." Dass Liebe auch durch den Magen geht, beweist Teufels Leibgericht: "Wenn meine Frau mir etwas Besonderes ko- chen soll, gibt es Maultaschen mit Spätzle."

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Teufel blickt auf I(rieg, Politik und Religion Ehemaliger Ministerpräsident mahnt: ..Man muss sich in einer Demokratie aktiv einbringen"

JULIA FALK I PFORZH EI M

Es war eine Andacht der etwas an­deren Art: Im Zuge der "ERlebt"­Abendgottesdienste war am Sonn­tag der ehemalige baden-würt­tembergische Ministerpräsident Erwin Teufel zu Gast bei der Pforzheimer Stadtmission. Rund 150 Menschen folgten dem Ge­spräch zwischen Teufel und Stadtmissionar Uli Limpf. Musika­lisch umrahmt wurde der Abend von Musikreferent Jan Wörner.

Der Besuch in der Goldstadt war für Teufel nicht der erste. Mit Pforzheim verbinde ihn seit jeher das Schicksal der Stadt im Zwei­ten Weltkrieg und die Aufbauleis­tung der Menschen danach. Teu­fels Kindheit war geprägt von der Zeit des Krieges. 1939 als ältester Sohn einer Bauernfamilie in Rott­weil geboren, musste Teufel den Einzug des Vaters in den Krieg miterleben. "Ich bin früh in die . Verantwortung für mich und sie­ben jüngere Geschwister hinein­gewachsen", erinnert sich Teufel. Den elterlichen Bauernhof über­

nahm er nicht: "Ich wollte nie Bauer werden:' Stattdessen ent­schied er sich für eine Verwal­tungsausbildung. Teufel woHte in die Politik.

Geprägt habe ihn vor allem sei­ne Mutter: "Sie war eine einfache Bäuerin, aber sehr gescheit." Sie kaufte ihm Bücher über die Zeit des Krieges. Bei Teufel wuchs der Wunsch, solche Geschehnisse in Zukunft zu verhindern: "Man muss sich in einer Demokratie ak­tiv einbringen."

Früh politisch engagiert

Mit 16 Jahren trat er in die CDU ein und gründete die Junge Union im Landkreis Rottweil. Sich eh­renamtlich zu engagieren, rät Teufel allen Jugendlichen: "Da­durch kann man Dinge lernen, die man woanders nie lernen würde." 1964 wurde der damals 25-Jährige in Spaichingen zum jüngsten Bür­germeister Deutschlands gewählt. 1991 übernahm er den Posten des Ministerpräsidenten von seinem Vorgänger Lothar Späth, bis 2005 blieb er im Amt. Zur Landtags­wahl vor ein paar Wochen konnte

Über politische Fragen sprach Erwin Teufel (rechts) beim Abendgottesdienst mit Stadtmissionar Uli Limpf. Fom FALK

man bisher kein Interview mit Teufel lesen: "Ich halte mich zu­rück - auch, weil ich nicht mit al­lem einverstanden bin."

Sein Glaube ist dem Katholiken wichtig. "Die Menschenrechte je­des Einzelnen sind die größte Er­rungenschaft unserer Kultur",

. sagt Teufel. Dem Gebot aus der Bibel "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst", spricht der 76-Jähri­ge in der derzeitigen Situation ei­

ne besondere Bedeutung zu: "Der Nächste ist nicht nur die Familie oder der beste Freund, sondern auch der Flüchtling, der eine an­dere Nationalität und Kultur hat als man selbst." In der Flücpt­lingsfrage bezieht Teufel klare Po­sition: "Wer unseren Boden er­reicht und, aus welchen Gründen auch immer, verfolgt wird, muss Asyl finden." Europa müsse stär­ker zusammenarbeiten. "Ich habe die Hoffnung, dass wieder bessere Zeiten kommen", sagt der Minis­terpräsident a.D., "und dann müs­sen die Flüchtlinge auch den Mut haben, in ihr Land zurückzukeh­ren und es wiederaufzubauen."

Liebe zum Land

Seinem Heimatland Baden-Würt­temberg fühlt sich der 76-Jährige seit jeher verbunden: "Ich liebe dieses Land in allen seinen Teilen und möchte nirgendwo anders zu Hause sein." Dass Liebe auch durch den Magen geht, beweist Teufels Leibgericht: "Wenn meine Frau mir etwas Besonderes ko­chen soll, gibt es Maultaschen mit Spätzle."

patrizia.lauber
Schreibmaschinentext
Pforzheimer Zeitung vom 12.04.2016