Complete - Medical Network · tive Meibomitis, kein Meibum oft für allergische Formen. Die...

4
p www.medical-network.at MEDICAL NETWORK 2016 HERBST SPECIAL 19 BLEPHARITIS A ls „Blepharitis“ werden alle entzündlichen Veränderungen der Lidränder bezeichnet, dazu gehören im klinischen Alltag auch dermatologische Diagnosen wie Kontaktallergie oder andere ekzematöse Veränderungen. Weiters schließt der Begriff auch alle anderen Strukturen des Lidrandes, wie Meibom-Drüsen, akzessorische Tränendrüsen und Zilien, sowie den mukokutanen Übergang ein. Untrennbar ist die Blepharitis auch mit einem instabilen Tränenfilm kombiniert, der aus mangelndem oder falsch zusam- mengesetztem Meibum resultiert. Weiters weisen ca. 70 Prozent aller Ble- pharitis-Patienten eine Hauterkrankung auf, die, wenn schon nicht ursächlich, dann aber doch begleitend für die Lid- randentzündung ist. Die Prävalenz der Erkrankung ist typisch für das Lebensalter. Dominieren im Kin- desalter die atopischen Formen, wird in der Pubertät die sebor FOTOS: MAG. BERNHARD STEINER (2), DR. HUBER-SPITZY Anteriore Blepharitis Diagnose und Therapie der Blepharitis Von Prim. Univ.-Doz. Dr. Veronika Huber-Spitzy Obwohl die Blepharitis in der klinischen Routine eine der häufigsten Augenerkrankungen darstellt ist sie doch eine große diagnostische und therapeutische Herausforderung geblieben. Eine große Varianz des klinischen Bildes einerseits, ihr chronischer, zu Rezidiven neigender Charakter und der dermatologische Aspekt andererseits erleichtern dem Ophthalmologen seine Arbeit auch nicht gerade. FORTSETZUNG >

Transcript of Complete - Medical Network · tive Meibomitis, kein Meibum oft für allergische Formen. Die...

pwww.medical-network.at MEDICAL NETWORK 2016 HERBST SPECIAL 19

• Komplette Ergänzung des Tränenfilms ◗ Mit Lipiden, 0.24 % Hyaluronsäure und Carbomer

• Ohne Konservierungsmittel für eine sehr gute Verträglichkeit

DIE KOMPLETTLÖSUNG FÜR ALLE ARTEN DES TROCKENEN AUGES*

Complete

Hersteller: Dr. Gerhard Mann chem.-pharm. Fabrik GmbH, Brunsbütteler Damm 165-173, 13581 BerlinVertrieb: Bausch + Lomb GmbH, Office Park I, Top BO2, A-1300 Wien

*Müde, gestresste, brennende und / oder tränende Augen sowie Fremdkörpergefühl im Auge

NEU!

Anzeige_ArtelacComplete_210x297_at_072016.indd 1 21.07.16 17:17

BLEPHARITIS

Als „Blepharitis“ werden alle entzündlichen Veränderungen der Lidränder bezeichnet, dazu gehören im klinischen Alltag

auch dermatologische Diagnosen wie Kontaktallergie oder andere ekzematöse Veränderungen. Weiters schließt der Begriff auch alle anderen Strukturen des Lidrandes, wie Meibom-Drüsen, akzessorische Tränendrüsen und Zilien, sowie den mukokutanen Übergang ein. Untrennbar ist die Blepharitis auch mit einem instabilen Tränenfilm kombiniert,

der aus mangelndem oder falsch zusam-mengesetztem Meibum resultiert.

Weiters weisen ca. 70 Prozent aller Ble-pharitis-Patienten eine Hauterkrankung auf, die, wenn schon nicht ursächlich, dann aber doch begleitend für die Lid-randentzündung ist.

Die Prävalenz der Erkrankung ist typisch für das Lebensalter. Dominieren im Kin-desalter die atopischen Formen, wird in der Pubertät die sebor

FOTO

S: M

AG. B

ERN

HAR

D S

TEIN

ER (

2), D

R. H

UB

ER-S

PITZ

Y

Anteriore Blepharitis

Diagnose und Therapie der BlepharitisVon Prim. Univ.-Doz. Dr. Veronika Huber-Spitzy

Obwohl die Blepharitis in der klinischen Routine eine der häufigsten Augenerkrankungen darstellt ist sie doch eine große diagnostische und therapeutische Herausforderung geblieben. Eine große Varianz des klinischen Bildes einerseits, ihr chronischer, zu Rezidiven neigender Charakter und der dermatologische Aspekt andererseits erleichtern dem Ophthalmologen seine Arbeit auch nicht gerade.

FORTSETZUNG >

20 MEDICAL NETWORK 2016 HERBST SPECIAL pwww.medical-network.at pwww.medical-network.at MEDICAL NETWORK 2016 HERBST SPECIAL 21

BLEPHARITIS

DIAGNOSE UND THERAPIE DER BLEPHARITIS

rhoische Komponente bedeutender. Im Erwachsenenalter können hormonelle Ursachen zu einer Fehlfunktion der Talg-drüsen mit nachfolgenden Superinfektio-nen führen.

Die Ursachen der Blepharitis sind viel-fältig. Die häufigste Ursache der Blepha-ritis ist sicher die Manifestation einer Hauterkrankung, welche mit einer Dys-funktion der Meibom-Drüsen einhergeht. Als zweite Möglichkeit können Mikroor-ganismen zu einer chronischen Infektion der Lidränder führen, hier ist besonders der S. aureus hervorzustreichen. Sicher ist, dass so ziemlich alle Bakterien, die vom Lidrand isoliert werden können, die Zusammensetzung des Meibums so

ändern können, wie es bei der seborrhoi-schen Dermatitis für die Hautflora und ihre Talgdrüsen beschrieben worden ist.

Die vernünftigste Klassifikation der Blepharitis folgt topographischen Gegebenheiten.

Die anteriore Blepharitis (Blepharitis sicca) ist eine oberflächliche, nicht de-struierende Entzündung des Lidrandes, deren Hauptsymptomatik die trockene Schuppenbildung ist. Diese Gruppe liegt naturgemäß den dermatologischen Dia-gnosen, wie dem chronischen Lidekzem am nächsten. Hier ist an erster Stelle das allergische Kontaktekzem zu nennen, charakterisiert durch Rötung, Schuppung

und starkem Juckreiz – ausgelöst meist durch Kosmetika oder auch Acrylate, die als Klebstoff für künstliche Wimpern verwendet werden. Aminoglycosid-Anti-biotika (Gentamycin, Tobramycin) oder das Diagnostikum Phenylephrin können ebenfalls Kontaktallergien auslösen. Lidekzeme sind in einem Viertel der Fälle für die Blepharitis anterior verantwortlich, auch wenn die Atopie als dermatologische Erkrankung machmal auf den ersten Blick gar nicht ersichtlich ist. Erst durch eine genaue Anamneseerhebung wird die aller-gische Diathese oder auch die familiäre Häufung dieser Diagnose sichtbar.

Auch ein Ekzema herpeticum oder ein Gesichterysipel oder nicht in Zusammen-hang gebrachte oder noch nicht diagnos-tizierte Autoimmunkrankheiten (z. B. Dermatomyositis) können Auslöser der anterioren Blepharitis sein.

Die posteriore Blepharitis (Blepharitis seborrhoica) betrifft hauptsächlich die Meibom'schen Drüsen und ihre Ausfüh-rungsgänge und ist durch eine Dysfunk-tion derselben charakterisiert. Es besteht eine ausgeprägte Entzündung des gesam-ten Lidrandes (ohne Ulceration) mit großen gelben oder grauen Schuppen, die mehr oder weniger locker am Wimpern-grund haften. Zu dieser Gruppe zählen auch Patienten mit einer primären Meibo-mitis, bei denen es durch Verhärtung der Lipidfraktion des Meibums zum sogenann- ten „Plugging“ kommt, das heißt, zur Ausbildung kleiner, an ihrer Oberfläche keratinisierte Talgpfropfen. Hordeola und Chalacien sind eine häufige Manifestation dieser Blepharitisform. Hier tritt auch die Benetzungsstörung der Hornhaut durch ausgeprägte Störung des Lipidanteils des Tränenfilms in den Vordergrund.

Dysfunktionen der Meibomdrüsen

Meibom-Drüsen. Links gesund, rechts Ausfall bei Dysfunktion. Fotos: TearScience

Veränderung des Sekretes

Verengung des Ausführungsganges

Veränderung des Tränenfilmes

Entzündungen wie B. posterior

Entzündungen des vorderen

Augenabschnittes

ChronischeFehlfunktion

pwww.medical-network.at MEDICAL NETWORK 2016 HERBST SPECIAL 21

BLEPHARITIS

Die ulcerative Blepharitis (Blepharitis ul-cerosa) wird nur dann diagnostiziert, wenn Wimpernfollikel am Geschehen beteiligt sind. Diese sind dann immer mit dicken, harten Krusten bedeckt, die beim Ent-fernungsversuch häufig kleine, blutende Ulcerationen im Bereich derselben hin-terlassen. Weiters findet man erweiterte Gefäße am Lidrand, Poliosis, Madarosis, Trichiasis und „Collaretten“. Collaretten sind dünne, kleine Fibrinschuppen, die die Wimper wie eine kleines Stück Papier umgeben, das auf eine Nadel gesteckt wurde.

Es gibt natürlich zahlreiche Einteilungs-versuche der Blepharitis, denen allen die Fehlfunktion der Talgdrüsen oder die mikrobiologische Komponente in ver-schiedenem Kontext zugrunde liegen.

Bakterien, wie z. B. Staphylokokken kön-nen die Zusammensetzung des Meibums ändern, ihre Toxine sind für die Verschlech-terung der Blepharitis sowie das eventu elle Auftreten von cornealen Randinfil traten verantwortlich. Gramnegative Bakte rien können die bereits vorhandene Blepharitis verschlechtern, aber weder sie noch die „Demodex“-Stämme sind Auslöser dieser Erkrankung. Die Bedeutung der Demodex wird ja immer wieder diskutiert, kommt aber eigentlich nur bei vorgeschädigten oder chronisch entzündeteten Lid rändern oder immunschwachen Patienten zum Tragen. Candida species und andere Pilz-arten setzen sich offensichtlich besonders gern auf ulcerierte Lidränder des atopischen Pati enten – Grund dafür dürfte die defekte zelluläre Immunität dieser Patienten sein. Auf der anderen Seite sind gerade solche Patienten bereits mit allen Antibiotika und Steroiden durchtherapiert, was sie für Pilzsuperinfektionen oder auch Demodex empfänglicher machen dürfte.

DIAGNOSTIK

Die Anamnese sollte die Dauer der Er-krankung, Symptome, dermatologische Grunderkrankung und verwendete Me-dikamente umfassen. Danach folgt die Untersuchung des Gesichtes, der Lider und des Lidrandes: Gibt es Hinweise auf eine dermatologische Grunderkrankung, gibt es Ekzeme, wie ist die Beschaffen-heit und Struktur der Lidhaut, wie ist die Stellung der Cilien ... etc.

Der nächste Schritt ist die Untersuchung des Tränenfilms: Schirmer-Test, LIPCOF, BUT. Der Schirmer-Test gibt nur Auskunft über eine zusätzliche Dysfunktion der Tränendrüse, LIPCOF (lidkantenparallele Falten der Bindehaut) und BUT. Die Os-molarität der Tränenflüssigkeit zeigt, ob eine veränderte Zusammensetzung (Veränderung des Lipidanteils) besteht (normal < 312 mosm / l). Auch Interfero-metrie, Meibographie oder Meibometrie,

sowie der Interferenzmuster-Test mit dem Tearskope oder anderen Aufsätzen an der Spaltlampe sind hilfreich.

Danach folgt die Begutachtung der Konjunktiva und der Cornea: Besteht bereits eine Begleitkonjunktivitis, sind frische Randinfiltrate, Narben oder Pannus erkennbar?

Auch die Expression von Meibum kann Erkenntnisse bringen: Mit sterilem Handschuh sollte unter Tropfanästhesie Meibum exprimiert und auf einen Ob-jektträger aufgebracht werden. Milchig, wässriges Sekret spricht für das Vorhan-densein einer Infektion, pastöses Sekret für eine Seborrhoe, harte, schmerzhaft zu exprimierende Steinchen für eine obstruk-tive Meibomitis, kein Meibum oft für allergische Formen. Die Meibum-Drüsen können mittels einer Meibomianoskopie durchleuchtet und beurteilt werden.

Untersuchung des Tränenfilms: Der Schirmer-Test

FORTSETZUNG >

Von links nach rechts: Lidekzem, seborrhoische Blepharitis, Demodex

22 MEDICAL NETWORK 2016 HERBST SPECIAL pwww.medical-network.at

Univ.-Doz. Dr. Veronika Huber-SpitzyPrimaria der Augenabteilung der KA Sanatorium Hera1090 Wien, Lustkandlgasse 24 Tel. 01 / 31 360–45444

PRIVATORDINATION:1090 Wien, Hernalser Gürtel 24 / 13, Ecke Alser StraßeTel. 0699 1165 1165www.augen9.at

BLEPHARITIS

Meist ist die Durchführung eines Lidrand-abstriches mit darauffolgender quantita-tiver sowie qualitativer mikrobiologischer Unersuchung sehr aufschlussreich. Auch die Resistenzbestimmung der Keime erlaubt eine Wertung und Klassifizierung derselben. So können ursächlich beteilig te Mikroorganismen von normaler Flora unterschieden werden.

THERAPIE

Der wichtigste Faktor der Behandlung der Blepharitis ist sicher die Bereitschaft des Patienten zu verstehen, dass es sich meist um eine chronische Erkrankung mit Rückschlägen und Rezidiven handelt, die täglicher Pflege und Sorgfalt bedarf.

1. Dauertherapie

• Tägliche Lidhygiene, wöchentliche Lidrandmassage

• Bei fast allen Blepharitisformen lie-gen zusätzlich Benetzungsstörungen der Hornhaut vor – daher sollte die Tränenersatztherapie auch immer erwogen werden. Besonders bei der seborrhoischen Blepharitis ist der Ersatz der Lipidphase zu erwägen.

2. Sporadische Therapie2.1 Lokale Therapieformen

• Lokale Antibiotikagabe für 10 Tage, bei gesicherter Infektion zu empfeh-

daher werden sie in der Aknetherapie routinemäßig eingesetzt und sind für alle Formen der Blepharitis sinn-voll, die mit einer Dysfunktion der Meibom-Drüsen einhergehen.

Doxycyclin 100 mg für die ersten zehn Tage, dann eine Erhaltungsdosis von 50 mg für mindestens sechs Wochen. Monozyclin kann in einer Dosierung von 50 mg verabreicht werden, ist besser verträglich und hat eine bessere dermatologische Wirksamkeit. Cave Leber- und Nieren-toxizität, Photosensibilität!

• Eine dermatologische Therapie aller Grunderkrankungen ist unumgäng-lich notwendig, auch wenn die Haut-symp tome nur gering ausgeprägt sind. Man sollte aber eventuelle Augen-Nebenwirkungen bedenken, z. B. bei der Therapie mit der 13-cis-Retinoinsäure (RoacutanR), die zur irreversiblen Rückbildung der Talgdrüsen, also auch der Meibom-Drüsen, führt.

Die Blepharitis ist eine multifaktorielle Erkrankung, die für den Ophthalmologen eine vielfältige Herausforderung darstellt. Mit etwas Kenntnis über den Charakter der Erkrankung, etwas Geduld in der Betreuung der Patienten und ein wenig Compliance derselben, ist sie aber in den meisten Fällen gut behandelbar.w

DIAGNOSE UND THERAPIE DER BLEPHARITIS

len. Hier steht auch lokal applizier-bares Acithromycin zur Verfügung, das schnell gute Gewebsspiegel aufweist.

• Die lokale Steroidgabe, bei schweren Verläufen unumgänglich, sollte mög-lichst selten und nur kurz notwendig sein.

• Das Aufbringen von Teebaumöl kann bei gesichtertem Demodex-Befall Hilfe bringen, hier arbeitet die Pharma-industrie schon an der Entwicklung einer passenden Applikation.

• Topische Immunmodulatoren (Calci-neurinhemmer) können bei Blephari-tis anterior eingesetzt werden.

• Topisches Cyclosporin hat seinen Platz in der Behandlung aller Blepharitis-formen, besonders wenn die chronisch entzündliche Komponente hoch ist.

2.2 Systemische Therapieformen

• Als systemische Antibiotikatherapie ist vor allem die Therapie mit Tetra-cyclinen etabliert. Sie reduzieren die Entzündung mittels ihrer antimikro -bi ellen Aktivität, können aber auch z. B. die Lipaseproduktion bei einigen Bakterien wie z. B. P. acnes hemmen. Sie verflüssigen auch das Meibum,

EkzematöseVeränderungen

Veränderungendes mukocutanen

ÜbergangsRezidivierende

Hordeola

MGD

Kontaktallergie

EntzündlicheVeränderungen

InstabilerTränenfilm