Computereinsatz und Simulation als Instrumente eines problemorientierten Mathematikunterrichtes:...

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319 Robert MOiler Computerein8atz und Simulation al8 In8trumente eine8 pro- blemorientlerten Mathematlkunterrichte8: Strategien, Ober- legungen, Erfahrungen Dissertation an der Formalwissenschaftlichen Fakultat der Universitat Wien, 1985 Ziel der Arbeit ist es, einen Beitrag zur Untersuchung der Auswirkungen der 'Kul- turtechnik Computer' auf das Bildungsgeschehen, insbesonders auf eine Didaktik des Mathematikunterrichtes zu liefern, und zwar sowohl in theoretischer als auch in praktischer Hinsicht. Die Arbeit spannt - gegliedert in die 5 Hauptkapitel: Auf trag und Rahmenbedingungen von Unterricht - Bestandsaufnahme und Perspektiven Auf trag und Rahmenbedingungen des formalwissenschaftlichen Unterrichtes Zur Strategie des Mathematikunterrichtes Zur Taktik des Mathematikunterrichtes Das didaktische Konzept und seine Verwirklichung - auf mehr als 400 Seiten einen Bogen von den Richtzielen bis zu den Feinzielen, von allgemein-methodischen Fragen bis hin zu konkreten, unmittelbar im Unterricht anwendbaren (weil bereits angewendeten) Lehrgangen. Die theoretische Grundlegung erfolgt dabei im wesentlichen aus dem Blickwinkel der (evolutionaren) Erkenntnistheorie (R. RIEDL, K. LORENZ, E. OESER, D.R. HOFSTADTER, J. MONOD, •.. ), die 'praktische' Grundlegung orientiert sich vorallem an Fachdidak- tikern wie H. FREUDENTHAL, M. WAGENSCHEIN, A.I. WITTENBERG, ••• sowie (teilweise) an S. PAPERT und J. PIAGET, nicht zuletzt jedoch an einer mehr als zehnjahrigen Er- fahrung im (gemeinsamen) Unterricht in Mathematik und EDV. So erwachst aus einer GegenUberstellung von biologischen Erkenntnismechanismen und formalwissenschaftlichen Erkenntnismethoden die These 1: "Mathematik ist in gewis- sem Sinn die Simplifizierung, gleichzeitig aber auch die konsequente Fortsetzung und Verallgemeinerung gewisser Grundformen unseres Denkens". Als Konsequenz fallt einem die Losung des Rechtfertigungsproblems des Mathematikunterrichtes formlich in den SchoB. Wie eine Auflistung von Kritiken zu zeigen versucht, wird der Mathematikunterricht diesem Anspruch in der Schulwirklichkeit jedoch nicht gerecht. Den Grund hiefUr nennt These 2: "Die Mangel im Unterricht resultieren zu einem guten Teil aus der unzulassigen VerkUrzung des Erkenntisweges, der durch den Kreislauf von Erwartung und Erfahrung, von Heuristik und Logik, von Analyse und Synthese, usw. gekennzeich- net ist". Abhilfe bringt ein stetes Wechselspiel, - in inhaltlicher, methodischer und organisatorischer Hinsicht. Dies verlangt im Sinne eines Erkenntniskreislaufes

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Robert MOiler

Computerein8atz und Simulation al8 In8trumente eine8 pro­blemorientlerten Mathematlkunterrichte8: Strategien, Ober­legungen, Erfahrungen

Dissertation an der Formalwissenschaftlichen Fakultat der Universitat Wien, 1985

Ziel der Arbeit ist es, einen Beitrag zur Untersuchung der Auswirkungen der 'Kul­

turtechnik Computer' auf das Bildungsgeschehen, insbesonders auf eine Didaktik des

Mathematikunterrichtes zu liefern, und zwar sowohl in theoretischer als auch in

praktischer Hinsicht.

Die Arbeit spannt - gegliedert in die 5 Hauptkapitel:

Auf trag und Rahmenbedingungen von Unterricht - Bestandsaufnahme und Perspektiven

Auf trag und Rahmenbedingungen des formalwissenschaftlichen Unterrichtes

Zur Strategie des Mathematikunterrichtes

Zur Taktik des Mathematikunterrichtes

Das didaktische Konzept und seine Verwirklichung

- auf mehr als 400 Seiten einen Bogen von den Richtzielen bis zu den Feinzielen,

von allgemein-methodischen Fragen bis hin zu konkreten, unmittelbar im Unterricht

anwendbaren (weil bereits angewendeten) Lehrgangen.

Die theoretische Grundlegung erfolgt dabei im wesentlichen aus dem Blickwinkel der

(evolutionaren) Erkenntnistheorie (R. RIEDL, K. LORENZ, E. OESER, D.R. HOFSTADTER,

J. MONOD, •.. ), die 'praktische' Grundlegung orientiert sich vorallem an Fachdidak­

tikern wie H. FREUDENTHAL, M. WAGENSCHEIN, A.I. WITTENBERG, ••• sowie (teilweise)

an S. PAPERT und J. PIAGET, nicht zuletzt jedoch an einer mehr als zehnjahrigen Er­

fahrung im (gemeinsamen) Unterricht in Mathematik und EDV.

So erwachst aus einer GegenUberstellung von biologischen Erkenntnismechanismen und

formalwissenschaftlichen Erkenntnismethoden die These 1: "Mathematik ist in gewis­

sem Sinn die Simplifizierung, gleichzeitig aber auch die konsequente Fortsetzung

und Verallgemeinerung gewisser Grundformen unseres Denkens". Als Konsequenz fallt

einem die Losung des Rechtfertigungsproblems des Mathematikunterrichtes formlich

in den SchoB.

Wie eine Auflistung von Kritiken zu zeigen versucht, wird der Mathematikunterricht

diesem Anspruch in der Schulwirklichkeit jedoch nicht gerecht. Den Grund hiefUr

nennt These 2: "Die Mangel im Unterricht resultieren zu einem guten Teil aus der

unzulassigen VerkUrzung des Erkenntisweges, der durch den Kreislauf von Erwartung

und Erfahrung, von Heuristik und Logik, von Analyse und Synthese, usw. gekennzeich­

net ist". Abhilfe bringt ein stetes Wechselspiel, - in inhaltlicher, methodischer

und organisatorischer Hinsicht. Dies verlangt im Sinne eines Erkenntniskreislaufes

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(Spiralprinzip, kybernetisches Denken) die enge Verflechtung der AnsprUche von

Reiner und Angewandter Mathematik:

So sollte in inhaltlicher Hinsicht Unterricht als Gespinst thematisch zusammenhan­

gender, auseinander hervorgehender Probleme organisiert werden. Jeder (umgangs­

sprachlich formulierbaren) Frage sollte eine formale Entsprechung, jeder formal en

Einsicht eine thematische Bedeutung zukommen. In Kapitel V wird dies in 4 Lehr­

gangen konkretisiert.

So sollte in methodischer Hinsicht die Simulationsmethode - der im Computerzeital­

ter die Effizienz wohl nicht mehr abgesprochen werden kann - als Antagonist der

Axiomatischen Methode Anerkennung finden. Weiters stellt sich heraus, daB der Com­

puter nicht nur ein potentes Rechenhilfsmittel und Medium ist, sondern das Reali­

sat des Konzeptes der Formalwissenschaften schlechthin.

Letztlich zieht die Arbeit das ResUmee: "Der Computer und die Simulationsmethode

sind didaktische 'missing-links' in der Entwicklung Yom naiven Denken hin zum for­

malwissenschaftlichen Denken".

Literatur:

DORNER, D.: Problemlosen als Informationsverarbeitung, VerI. Kohlhammer, 1979

FISCHER, R. und G. MALLE: Fachdidaktik Mathematik, Institut rur Erziehungswissen-schaften der Universitat Wien, 1980

FREUDENTHAL, H.: Mathematik als padagogische Aufgabe, Bd.l/2, VerI. Klett, 1977/79

OESER, E.: Wissenschaft und Information, Bd.2, VerI. Oldenbourg, 1976

PAPERT, S.: Mindstorms Kinder, Computer und Neues Lernen, VerI. Birkhauser, 1982

REICHEL, H.-Ch.: What should be the primary trusts of the mathematics-curricula in the 1980's? ICME IV, Berkeley, 1980

RIEDL, R.: Biologie der Erkenntnis, VerI. Paul Parey, 1980

SCHAUER, H. und M. TAUBER (Hrsg.): Informatik in der Schule - Ergebnisse der Pas sauer Tagung, Schriftenreihe der OCG, Bd.7, 1980

WEINHART, K. (Hrsg.): Informatik im Unterricht, VerI. Oldenbourg, 1979

Robert MULLER

Bundesrealgymnasium Wien III

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