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COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Ein Mann aus Muskeln und Zorn – Auf den Spuren von Shaft in New York Regie Atmo 1 (8th Ave) startet. Wir hören Gehupe, dann einen Krankenwagen. Erzähler Der Film beginnt mit dem Blick aus der Vogelperspektive auf eine New Yorker Straßenschlucht. Die Musik setzt ein, ein lässig groovendes Funk-Stück von Soul-Legende Isaac Hayes. Suchend fährt die Kamera hinunter, nimmt Passanten ins Visier, bis sie sich auf einen Mann fokussiert, der federnden Schrittes die Treppen einer U-Bahn-Station herauf steigt. Er ist groß und schwarz, mit krausen kurzen Haaren und Schnauzer. Als ihn ein Taxifahrer beinahe anfährt, zeigt er ihm den ausgestreckten Mittelfinger. Dieser Mann, das wird schon in der Anfangssequenz klar, ist sein eigener Herr, einer, der Regeln missachtet und sich nichts gefallen lässt. "Wie heißt der schwarze Privatschnüffler, diese Sexmaschine, die alle Mädchen glücklich macht?", haucht Isaac Hayes in seinem typischen Sprechgesang. "Shaft", antwortet der Chor,

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COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne

Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht

ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in

sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur

benutzt werden.

Ein Mann aus Muskeln und Zorn – Auf den Spuren von Shaft in New York

Regie Atmo 1 (8th Ave) startet. Wir hören Gehupe, dann

einen Krankenwagen.

Erzähler Der Film beginnt mit dem Blick aus der

Vogelperspektive auf eine New Yorker Straßenschlucht.

Die Musik setzt ein, ein lässig groovendes Funk-Stück

von Soul-Legende Isaac Hayes. Suchend fährt die

Kamera hinunter, nimmt Passanten ins Visier, bis sie

sich auf einen Mann fokussiert, der federnden Schrittes

die Treppen einer U-Bahn-Station herauf steigt. Er ist

groß und schwarz, mit krausen kurzen Haaren und

Schnauzer. Als ihn ein Taxifahrer beinahe anfährt, zeigt

er ihm den ausgestreckten Mittelfinger. Dieser Mann,

das wird schon in der Anfangssequenz klar, ist sein

eigener Herr, einer, der Regeln missachtet und sich

nichts gefallen lässt. "Wie heißt der schwarze

Privatschnüffler, diese Sexmaschine, die alle Mädchen

glücklich macht?", haucht Isaac Hayes in seinem

typischen Sprechgesang. "Shaft", antwortet der Chor,

was Hayes mit einem coolen "You're damn right"

bestätigt. New York 1971.

Regie Blende zu Musik 1 ("Theme from Shaft" von Isaac

Hayes). Reingehen bei 2:40min. Zwei Strophen

sollen frei stehen.

"Who's the black private dick,

that sex machine to all the chicks?

(Shaft)

You're damn right!

Runter blenden

Ansage Literarische Plätze

Ein Mann aus Muskeln und Zorn – auf den Spuren von

Shaft in New York von Tom Noga

Eine Reportage von Tom Noga

Regie Eventuell Musik 1 erneut hoch ziehen, sodass

zwei weitere Strophen frei stehen.

"Who's the cat that won't cop out

when there's danger all about?

(Shaft)

Right on!

You see, this Shaft is a bad mother ... ..

(Shut your mouth!)

But I'm talkin' about Shaft

(Then we can dig it)

Reißt ab. Atmo 2 (Garment) startet. Soll kurz frei

stehen. Wir tauchen wieder auf im New York des

Jahres 2010.

Erzähler New York 2010. Ein Mann und eine Frau entsteigen

dem U-Bahn-Schacht auf 8ten Avenue. Er ist schwarz

und hoch aufgeschossen, sie weiß und klein, trotz der

hochhackigen Schuhe, mit denen sie sich auf

geschätzte 1,60 hoch pumpt. Chafin Elliott und Karen

Brueckner sind gebürtige New Yorker, sie haben die

70er-Jahre miterlebt. Und sie sind die Führer auf

unserer Tour auf den Spuren von Shaft, dem

legendären schwarzen Privatdetektiv.

i

Regie Atmo 2 als Trenner kurz hoch ziehen.

Erzähler Chafin und Karen zwängen sich durch die

Fußgängermassen auf der 8.Avenue. Vorbei an Sex-

Shops, Internet-Cafés, Ramschläden und billigen

Hotels.

Sprecher 1 Zitator

"An der 39. Straße bog Shaft nach Osten ab, auf den

kurzen Häuserblock zu zwischen der 7. Avenue und

dem Broadway. Sein Schritt war locker und entspannt.

Es war ein langer Fußmarsch von ihrer Wohnung in den

West Twenties gewesen, lang und gut. So früh am

Morgen war die Stadt noch frisch. Die Ventilatoren der

Coffeeshops, an denen er vorbei kam, pusteten frische

Düfte in den grauen Frühlingsmorgen, es roch nach

gebratenen Eiern und knusprigen Bagels."

(Atmo 2 läuft weiter)

Erzähler 39 Jahre später Heute riecht es hier nur nach Abgasen.

Schon morgens staut sich der Verkehr in der engen

Straße, es wird gehupt, geflucht, gedrängelt.

Kaffeehäuser gibt es längst nicht mehr, aber

Schneidereien: Beckenstein Fashion, Fabrics Garden,

Chic Fabrics.

O-Ton 1 Chafin Elliott

"What you see here now, it was as thick with trucks,

30th., 38th, 37th. I used to work on 37th pushing trucks

and it was vibrant. and the name of the place was with

a K, Klassy Kitty Garments. In the 70's it was sort of

the beginning of the end of the Garment District, sort

of that. Because you had all of the shops that made

coats, everything but the import stuff was beginning to

take it's toll. And now, today, it's nothing near like it

used to be.”

Länge: 0:42min

Sprecher 2 Voice Over Chafin Elliott

"Früher war es hier genauso verstopft, nur mit LKWs,

auf der 39., 38. und 37. Straße. Auf der 37. habe ich

früher gearbeitet, LKWs abladen. Hier pulsierte das

Leben. Die Firma hieß Klassy Kitty Garment. Der

Niedergang des Garment District begann in den 70ern.

Die ganzen Läden gab's zwar noch, aber langsam

forderten die Importe ihren Tribut. Und heute ist es

nicht im Entferntesten wie es einmal war."

Regie Blende zu Atmo 3 (6th Ave)

Erzähler Auf der 39. Strasse spürt Shaft, das etwas nicht

stimmt. Der Kiosk, an dem er sich im Roman eine

Zeitung stibitzt, existiert nicht mehr, wo früher

Whelan's Coffeeshop war, hat sich ein Starbucks

ausgebreitet, einer von einem Dutzend auf und um den

Times Square. Verschwunden auch der

Schuhputzerladen, in dem Shaft erfährt, dass ihn sein

Gefühl nicht getrogen hat.

Sprecher 1 Zitator

"Es waren zwei", drang die Stimme zu ihm hinauf. Er

sah nicht von der Zeitung hoch, während der

grauhaarige Schwarze die erste Schicht auf seine

Schuhe rieb. Ausdruckslos starrte Shaft auf die Seite.

"Wollten einen Mann finden, der schwer zu finden ist.

Und zwar schnell."

"Kannten sie mich?"

"Scheint so."

"Die Bullen?"

"Nein."

"Also wer?"

"Uptown."

Uptown? Uptown war seiner Meinung nach nördlich der

110. Straße, am Rand des Central Park. Uptown, das

war Harlem, eine Schattenwelt, abgetrennt durch eine

Mauer aus Angst."

Erzähler Harlem. In den 70er-Jahren DAS Synonym für Gewalt.

Chafin Elliot holt tief Luft.

O-Ton 2 Chafin Elliott

"Harlem conceptionally is the largest black community

in the U.S. Actually, area-wise it may not be the largest

but for it's celebrity status it is the largest. At that time

it was the beginning of a lot of crime. Starting in the

late 50's/early 60's Harlem started to go downhill. And

when we hit the 70's we were really in the middle of it.

People really didn't go uptown, you really had to know

where you were going.”

Länge: 0:42min

Sprecher 2 Voice Over Chafin Elliott

"Abstrakt betrachtet ist Harlem die größte schwarze

Gemeinde in den USA, nicht von der Fläche her,

sondern von seiner Bedeutung. Zu Shafts Zeit wurde

Harlem von immens hoher Kriminalität geplagt,

nachdem es bereits seit den späten 50ern/frühen 60ern

bergab gegangen war. Die 70er waren der negative

Höhepunkt. Die Leute trauten sich nicht mehr nach

Uptown, man musste echt aufpassen, wo man hinging."

Erzähler Karen Brueckner räuspert sich. Muss man heute doch

auch noch, wirft sie ein.

O-Ton 3 Karen Brueckner

"I don't go uptown now by myself. I mean, it depends

where, Certain streets and certain neighborhoods are

not good. Where I live, one or tow blocks from where

my apartment is, is not great. You don't know who's

going to hang around at 3 in the morning, so you avoid

these areas if you know there could be a questionable

situation.”

Länge: 0:28min

Sprecherin 3 Voice Over Karen Brueckner

"Ich fahre heute noch nicht alleine hoch. Kommt halt

drauf an, wohin genau. Manche Ecken sind gefährlich,

auch im East Village, wo ich wohne. Man weiß halt

nicht, wer nachts um drei auf der Straße rumhängt,

also meidet man Ecken, in denen es zu bedenklichen

Situationen kommen kann."

Erzähler Geschenkt, antwortet Chafin. Ein bisschen gesunder

Menschenverstand kann auch im New York des Jahres

2010 nicht schaden. Aber das Harlem der 70er-Jahre...

O-Ton 4 Chafin Elliott

"A lot of people moved out of Harlem, including me.

And by the fact that so many people moved out of

Harlem, it created a lot of vacant buildings, especially

brownstones. And so many buildings were boarded up.

Some were set on fire for the people to steal the

copper, anything they could get their hands on.”

Länge: 0:26min

Sprecher 2 Voice Over Chafin Elliott

"Die Leute zogen reihenweise weg, ich auch. Und weil

so viele Leute wegzogen, standen viele Gebäude leer.

In ganzen Straßenzügen waren die Häuser mit Brettern

zugenagelt. Manche wurden von Dieben nieder

gebrannt, damit sie die Kupferrohre stehlen konnten

oder was immer ihnen in die Finger fiel."

(Atmo 3 läuft weiter)

Erzähler Doch bevor es nach Harlem geht, biegen Karen und

Chafin auf die 46. Straße ab, wie Shaft im Buch. Sie

gehen auf den Broadway zu, New Yorks Theatermeile.

Vor einem 20-stöckigen Gebäude mit Marmorfront

bleiben sie stehen. Actors Equity Building steht auf

einer Tafel, Gewerkschaftshaus der Bühnendarsteller.

O-Ton 5 Chafin Elliott

"Here were are here, this is the building I'm talking

about: 1560 Broadway.”

Länge: 0:08min

Sprecher 2 Voice Over Chafin Elliott

"Das ist das Haus, 1560 Broadway."

(Atmo 3 läuft weiter)

Sprecher 1 Zitator

"Die Straße runter war einer der offiziellen Eingänge zu

seinem Bürohaus. Der andere war um die Ecke, am

Times Square. Er kannte drei weitere. Einer war hinten,

der Notausgang. Einer führte durch das Schuhgeschäft

an der Ecke, Und dann dieser hier, in einem Sexshop,

der ganz legal Pornos , aber auch zensierte Fotos unter

dem Ladentisch verkaufte. Eine Bücherei für Spanner

auf der 46. Straße."

Erzähler "Seine Detektei ist nicht schlecht gelaufen, wenn er

sich ein Büro in diesem Gebäude leisten konnte", wirft

Karen ein. "So gut auch wieder nicht", kontert Chafin,

"er hat ja nur im dritten Stock residiert." Dort lauern

ihm die beiden Schläger aus Uptown auf. Den einen

befördert Shaft durchs Fenster auf den Times Square,

vom anderen erfährt er, dass Bumpy Jonas ihn

sprechen will, ein Gangsterboss aus Harlem. Später

trifft er Bumpy hier und lässt sich von ihm anheuern.

Die Tochter des Ganoven ist entführt worden, Shaft soll

sie suchen.

Regie Atmo 3 als Trenner kurz hoch ziehen.

Erzähler Ein Blick auf die Namenschilder: Studios, Fotografen,

Agenten. Und im 8. Stock die Times Square Alliance,

die Organisation der Geschäftsleute des Times Square.

Regie Blende zu Atmo 4 (Büro)

Erzähler Bob Esposito empfängt in einem winzigen Büro mit

Blick auf eine Reklamewand, über die alle zehn

Sekunden ein anderer Werbefilm flackert. Zu Shafts

Zeiten ist Esposito Polizist gewesen, später hat er den

Sicherheitsdienst der Times Square Alliance aufgebaut.

O-Ton 6 Bob Esposito

"It was a difficult time, drugs were really rampant,

heroin was the drug of choice. Drug addicts committed

crimes to satisfy their habits, to get money to buy

drugs. It was a time, where I as a detective at that

time was very. Very busy, constantly busy. And these

were those annoying types of crimes, not somebody

walking into Tiffany's and robbing all their jewelries.

These were people walking up to somebody an

grabbing their gold chain off their necks or some

woman's pocket bock.”

Länge: 0:34min

Sprecher 4 Voice Over Bob Esposito

"Das waren harte Jahre, Drogen waren weit verbreitet,

vor allem Heroin. Und die Junkies begingen Straftaten,

um ihre Sucht zu finanzieren. Ich war damals Polizist

und ständig im Einsatz, ohne Pause. Dabei ging's um

nervige Straftaten, keinen Juwelenraub bei Tiffany's,

sondern um Leute, die anderen auf offener Straße

Halsketten entrissen und den Frauen die Handtaschen."

(Atmo 4 läuft weiter)

Erzähler Bob Esposito lehnt sich zurück, ein kräftiger Mann mit

vollem, grauen Haar und kugelrundem Bauch. Vierzig,

fünfzig Raubüberfälle sind es damals allein in der

Gegend um den Times Square pro Tag gewesen. Und

ein Mord pro Woche, mindestens. In den Seitenstraßen

blühte die Prostitution, Messerstechereien waren an der

Tagesordnung. Er räuspert sich: Polizisten haben sich

nicht mehr allein auf Streife getraut – wie im Roman

beschrieben Heute dagegen gilt New York als eine der

sichersten Großstädte

Regie Atmo 4 als Trenner kurz hoch ziehen.

Erzähler Und er hat eine private Sicherheitstruppe aufgestellt,

die Tag und Nacht Präsenz zeigt. Damit ist der Times

Square Vorbild für viele andere Geschäftsstraßen in

New York. Kulturpessimisten allerdings beklagen die

Disneyfizierung von Amerikas bekanntestem Platz.

O-Ton 7 Bob Esposito

"I can relate to that, but they are wrong. Times Square

form the Vaudeville days was always a little bit boardy

and a little bit that and there were sections of ´8th

Avenue where ... you know, pornography is still

around, not to the degree that it was, there is less and

less of that, but the intent was never to put them out of

business. So these businesses is still here, so that

edginess is still there. When these people tell me that

they miss these days when they walked up the street

and they got robbed and they got beat up – I don't

think anybody is missing that.”

Länge: 0:32min

Sprecher 4 Voice Over Bob Esposito

"Ich kann das nachvollziehen, aber diese Leute haben

Unrecht. Der Times Square hatte immer etwas

Verrufenes, schon seit den Zeiten der ersten

Varietétheater. Drüben auf der 8. Avenue gibt es

immer noch Sex Shops, nicht mehr so viele, aber es

ging ja nie darum, sie loszuwerden. Dieses Halbseidene

ist also immer noch da. Aber mir kann niemand

erzählen, dass er sich nach den Zeiten sehnt, als Leute

auf offener Straße beraubt und zusammengeschlagen

wurden. Das kann man nicht wirklich vermissen."

Regie Blende zu Atmo 5 (Times Square). Soll als

Trenner kurz frei stehen.

Erzähler Zurück auf dem Broadway. Vor der Theaterkasse an

der 47. Straße hat sich eine Menschenschlange

gebildet, dirigiert vom Sicherheitspersonal der Times

Square Alliance. Heute ist Mittwoch, die meisten Shows

bieten Tickets zum halben Preis an.

Am Times Square winkt Shaft im Film ein Taxi heran,

doch der Fahrer braust an ihm vorbei. "Weißer

Affenarsch!", ruft Shaft ihm hinterher.

O-Ton 8 Karen Brueckner

"There were a lot of problems years ago but then again,

the population of the cab drivers has also changed. And

today it is very unlikely that you find a cab driver who

speaks English actually.”

Länge: 0:14min

Sprecherin 3 Voice Over Karen Brueckner

"Solche Probleme hat's früher gegeben, aber die

Taxifahrer heute sind anders, man findet ja kaum noch

einen, der vernünftig Englisch spricht."

Erzähler Chafin widerspricht.

O-Ton 9 Chafin Elliott

"70's, 80's, 90's, 2000 – it's still. There's a black actor,

Danny Glover, the point is right there: in the middle of

Broadway – not cab. Even though the majority of cabs

are Indian or Arab, the sort of unwritten transference of

prejudice is there. You come from another country and

you are immediately above the blacks. They are coming

here to make money in our country , but they won't

take a black man.”

Länge: 0:40min

Sprecher 2 Voice Over Chafin Elliott

"70er, 80er, 90er oder nach 2000 – es ist immer noch

so. Der schwarze Schauspieler Danny Glover hat kein

Taxi bekommen, vor ein paar Wochen war das, da

vorne, mitten auf dem Broadway. Auch wenn die

meisten Taxifahrer mittlerweile Inder oder Araber sind,

hat sich dieses ungeschriebene Vorurteil auf sie

übertragen. Sie kommen aus einem anderen Land,

stehen aber sofort über den Schwarzen. Sie wollen Geld

verdienen, aber sie nehmen keine Schwarzen mit."

Regie Blende zu Atmo 6 (Subway 1). Wir gehen runter

in die U-Bahn.

Erzähler Weiter geht's mit der U-Bahn nach Harlem. Früher sind

diese Schnellzüge Touristenfallen gewesen, erzählt

Karen. Wer etwa zur Upper Westside wollte und statt

der normalen Bahn versehentlich den express train

nahm, hat sich schnell in Harlem wieder gefunden.

Sprecher 1 Zitator

"Um zu gedeihen, braucht einer wie Bumpy Jonas eine

enge schwarze Gemeinschaft, inklusive käuflicher

weißer Cops und dem gegenseitigen Einverständnis,

dass es völlig in Ordnung ist, schwarzem Vergnügen

nachzugehen, im Getto zu saufen und Glückspiel zu

betreiben. So lange man es brav dort tut und

nirgendwo anders."

Regie Blende zu Atmo 7 (Subway 2). Wir sind jetzt im

Zug.

Erzähler Chafin nickt, während er sich in an einen Haltegurt in

der U-Bahn klammert. Glückspiel, Prostitution, nicht

zuletzt Drogen – das sind sie gewesen, die Geißeln

seines Heimatviertels.

O-Ton 10 Chafin Elliott

"It was largely contained in Harlem, it wasn't

widespread as it became in all communities throughout

the city. The whites had to come to Harlem, in this

case, to get what they wanted.”

Länge: 0:17min

Sprecher 2 Voice Over Chafin Elliott

"Drogen gab es lange nur in Harlem, sie waren noch

nicht in der ganzen Stadt verbreitet wie später. Die

Weißen mussten hoch kommen, um zu kriegen, was sie

wollten."

(Atmo 7 läuft weiter)

Erzähler Und schließlich die Rassenunruhen, ausgelöst durch

den Mord an Malcolm X. Statt zum gewaltlosen

Widerstand aufzurufen, wie der Baptistenpfarrer Martin

Luther King, hat der radikale Moslem Hass gepredigt,

jedenfalls in den Augen der Weißen. "Aber anders als

King wurde Malcolm X von seinen eigenen

Glaubensbrüdern erschossen", wirft Karen Brueckner

ein. "Ja und nein", antwortet Chafin, "den die

Hintergründe der Tat wurden nie aufgeklärt." Und

überhaupt: Das ist nicht der springende Punkt.

O-Ton 11 Chafin Elliott

"He was like: Don't let people walk over you. He spoke

very hard against the whites, especially about U.S.

government as what they were doing to blacks. And he

was right, because the lie was so big: All men are

created equal... How can you have lynchings in a

country? How can you have blacks go off to war and

then coming back and still have to sit in the back of a

bus? The 60's were the worst decade in the U.S.

Malcolm X in 65, King in 68 – that knocked out

whatever that black leadership was.”

Länge: 0:45min

Sprecher 2 Voice Over Chafin Elliott

"Er sagte: "Lass nicht zu, dass Leute auf dir

rumtrampeln." Er ging die Weißen hart an, besonders

die Regierung, weil sie nichts für die Schwarzen tat.

Und er hatte Recht, die Lüge war einfach zu groß. Alle

Menschen sind gleich... Wie kann es dann Lynchmorde

geben? Wie kann es sein das Schwarze in den Krieg

ziehen und wenn sie zurück kommen wieder hinten im

Bus sitzen müssen? Die 60er waren das schlimmste

Jahrzehnt für diese Land: 1965 der Mord an Malcolm X,

1968 an Martin Luther King – damit hatten die

Schwarzen keine Anführer mehr."

Regie Blende zu Atmo 8 (Harlem streets)

Erzähler In Harlems Zentrum sind die beiden schwarzen

Bürgerrechtler heute im Gedenken vereint. Hier

kreuzen sich Malcolm X und Martin Luther King

Boulevard. Hier sucht Shaft nach Ben Buford, dem

Anführer der Lumumbas, einer schwarze

Guerillatruppe.

Regie Atmo 8 als Trenner kurz hoch ziehen.

Sprecher 1 Zitator

"In etwa sechs Monaten sind alle bereit, die Muslims,

die Panther, die Militanten. Die ganze Bande wird dann

über eine zornige, organisierte und genügend

ausgebildete Streitkraft verfügen, um zumindest den

Versuch einer Revolution zu unternehmen."

Regie Blende zu Atmo 9 (Silvia's)

Erzähler Chafin und Karen steuern Sylvia's an, Harlems

berühmtestes Restaurrant. Malcolm X und Martin

Luther King haben hier gespeist.

In Harlem beginnt der schwarze Privatdetektiv zu

ahnen, dass Bumpy Jonas ihm nur die halbe Wahrheit

gesagt hat. In Wirklichkeit weiß der Gangsterboss

längst, dass die Mafia seine Tochter entführt hat, um

ihn aus dem Drogengeschäft zu drängen. Aber

zusammen mit Bill Bufords Guerilleros sieht er sich gut

gerüstet für die Auseinandersetzung. Dumm nur, dass

dabei Schwarz gegen Weiß kämpft – eine hochbrisante

Konstellation im New York des Jahres 1971.

O-Ton 12 Chafin Elliott

"It was the unrest that gave it a jump start. We speak

of demonstrations, of blacks not getting jobs as easily

as other people, the Civil Rights and sort an a general

unrest, not only in Harlem but throughout the major

black urban communities: Chicago, Phillie, Detroit. The

picture reflects fairly accurately what the mood and the

situation was at that time.”

Länge: 0:45min

Sprecher 2 Voice Over Chafin Elliott

"Die Unruhen waren der Knackpunkt. Demonstrationen,

die Tatsache, dass Schwarze schwerer Jobs bekamen

als andere, die Bürgerrechte – es herrschte Aufruhr,

nicht nur in Harlem, sondern in allen urbanen

schwarzen Gemeinden, in Philadelphia, Chikago,

Detroit. Diese Stimmung bringt der Film ziemlich genau

rüber."

Erzähler Und das Buch zum Film? Chafin setzt eine schmerzhafte

Miene auf, während er seinen panierten Wels zerteilt.

Keine große Literatur, außerdem von einem Weißen

geschrieben. Die Handlung? Man hat schon

Glaubwürdiges gelesen. Aber der Film! In Szene gesetzt

von Gordon Parks, dem Fotografen der

Bürgerrechtsbewegung – das allein ist eine Referenz.

Und dann Richard Roundtree als Shaft – wer cooler ist,

hat bereits das Zeitliche gesegnet. Kein Wunder, dass

der Streifen die blaxploitation-Welle ausgelöst hat.

Unter diesem Oberbegriff sind in den 70er-Jahren Filme

zusammengefasst worden, meist Detektivgeschichten,

die auf den realen Lebensbedingungen von Schwarzen

basieren.

O-Ton 13 Chafin Elliott

"Personally I think, it was one of best movies. It really

put forth a credible reflection of a black actor

portraying a black detective, if you compare it to the

Hollywood stereotypes of a white counterpart. And the

fact that a significant part of the locations of Shaft were

not only in new York but in Harlem, brought a great

deal of more meaning to it. I personally like that

picture very much.”

Länge: 0:37min

Sprecher 2 Voice Over Chafin Elliott

"Für mich ist Shaft der beste dieser Filme, die erste

glaubwürdige Darstellung eines Detektivs durch einen

schwarzen Schauspieler, jedenfalls im Vergleich zu

seinen stereotypen weißen Pendants in Hollywood. Und

natürlich trägt es zur Bedeutung von Shaft bei, dass

große Teile des Films nicht nur in New York, sondern in

Harlem spielen. Ich mag diesen Film sehr."

Regie Atmo 9

Sprecher 1 Zitator

"Scheiße", murrte er leise und trat durch die Seitentür

in die No-Name-Bar ein. Ein Schwall von Wortfetzen

und Wärme kam ihm entgegen, getragen von einer

Welle der Jukebox-Musik und dem Geruch von Alkohol

und verschwitzten Körpern. Hoffentlich saßen ein paar

von ihnen an der Theke und beobachteten seine

Wohnung. Das würde es leichter machen, sie zu finden.

Alles klar, sie waren tatsächlich da. Zwei von ihnen.

Selbst Shafts schwarze Haut in einer Welt von Weißen

stach weniger hervor als ihre Bösartigkeit. Die sind

wirklich das Letzte, dachte er."

Regie Blende zu Atmo 10 (Hudson St)

Erzähler Zurück in Midtown Manhattan. Wo im Film die No Name

Bar ist, befindet sich heute ein italienisches Restaurant,

das Piccolo Angelo.

(Atmo 10 läuft weiter)

Erzähler In der No Name Bar spielt die beste Szene in Buch und

Film. Shaft schlüpft in die Rolle des Barkeepers. Er ruft

seine Freundin an, so, dass die beiden Ganoven es

mitkriegen, um ihr zu sagen, dass er später noch bei

ihr vorbei kommt. Dann wählt er die Nummer von Vic

Anderozzi, seines Freundes bei der New Yorker Polizei.

Regie Atmo 10 endet.

Sprecher 1 Zitator

"Ich bin's Baby, Jelly Roll. Ich musste an dich denken."

Wann würde Anderozzi endlich seine Stimme erkennen?

"Ich musste auch an dich denken, Shaft, aber im

Moment liege ich im Bett. Was zum Teufel willst du?"

"Hättest Du nicht Lust, den alten Jim zu besuchen? Ich

hab' genau, was du brauchst."

Die beiden Männer waren fasziniert, sie vergaßen

sogar, aus dem Fenster zu gucken. Wie der mit den

Weibern umsprang! Mit einem Schlag war Anderozzi

wach.

"Okay, wo bist du?"

"In der No Name Bar, Schatz. Aber die macht

irgendwann auch zu. Willst du nicht herkommen?"

"Wie viele von denen sind da?"

"Inzwischen schon zwei"

"Wo?"

"Von vorne. Das magst du doch, oder?"

Regie Atmo 10 startet wieder.

Erzähler Karen Brueckner lacht. Eine typische Männerfantasie.

Eine weiße, ergänzt Chafin Elliott: der schwarze Mann,

groß, stark und viril. Im Film zieht Shaft einem der

beiden Ganoven eine Schnapsflasche über den Kopf,

bevor die Polizei die Beiden einbuchtet. Dann macht

sich der Detektiv auf in seine Wohnung drüber auf der

Jane Street. Mit einer Frau, einer weißen. Das

Liebespiel unter der Dusche als Entspannungsübung vor

dem Showdown.

Regie Atmo 11 (honk) einspielen. Wir hören wild

hupendes Auto.

Erzähler Greenwich Village, an der Kreuzung von Bleecker und

McDougal Street. Wütend hupt ein Autofahrer einen

Fußgänger von der Strasse.

In Greenwich Village nimmt Shaft Kontakt mit der Mafia

auf. Im Café Reggio gleich hinter der Minetta Tavern,

einem der vielen Kaffeehäuser, die an die italienischen

Ursprünge des Viertels erinnern.

Regie Blende zu Atmo 12 (Reggio). Soll kurz frei stehen.

Erzähler Drinnen ist es schummrig. Bistrotische stehen dicht an

dicht. Auf einer verzierten Holzbank nehmen Karen und

Chafin Platz, direkt unter einem kitschigen

Renaissancebild – wie Shaft im Film. Hier trifft er den

Mafiamann, der ihn zu Bumpys Tochter führt. Der erste

Befreiungsversuch misslingt, die Gangster können

fliehen. Gemeinsam mit Ben Bufords Leuten spürt Shaft

sie in einem Hotel auf der Washington Street auf. "Es

existiert nicht mehr", weiß Karen, "heute steht dort ein

Apartmentkomplex mit Fitnesscenter. Am Ende

bekommt Bumpy seine Tochter wieder, der drohende

Rassenkrieg ist abgewendet und Shaft lässt sich seine

Dienste mit 20.000 Dollar entlohnen.

Karen nippt an ihrem Espresso.

O-Ton 20 Karen Brueckner

"I think the city has become more friendly and less

dangerous. However, we have different dangers now.

Obviously, since 9.-11 our dangers are not so much

from within, they are coming from all over. When you

have to have your handbag searched when you ware

going to the opera for instance, this is a new thing, this

was never a problem. So I feel, that our spontaneous

New Yorkers have sacrificed a lot because of the feeling

of having to constantly on guard.”

Länge: 0:36min

Sprecherin 3 Voice Over Karen Brueckner

"Heute ist die Stadt freundlicher und weniger gefährlich

als zu seiner Zeit. Andererseits haben wir mit neuen

Risiken zu tun. Seit 9-11 kommt die Gefahr weniger

von innen als von außen. Selbst wenn du in die Oper

gehst, wird deine Handtasche durchsucht. Weil wir

ständig auf der Hut sein müssen, haben wir New Yorker

viel von unserer Spontaneität geopfert,"

Erzähler Sie lässt die Worte im Raum stehen. Gegen diese

Gefahr hilft kein typisch amerikanischer Held wie Shaft.

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Literarische Plätze

Ein Mann aus Muskeln und Zorn – auf den Spuren von

Shaft in New York

von Tom Noga