Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete...

128
Crashkurs Steuerrecht 1

Transcript of Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete...

Page 1: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Crashkurs Steuerrecht

1

Page 2: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Programm

• 1. Tag:Abgabenordnung/Rückwirkungsproblematik

• 2. Tag: Einkommensteuerrecht• 3. Tag: Besteuerung der Kapitaleinkünfte und

Körperschaftsteuerrecht

2

Page 3: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abgabenordnung

• Das Einspruchsverfahren• Die Änderungsvorschriften• Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im

Steuerrecht• Der Gestaltungsmissbrauch• Rückwirkende Anwendung von

Steuergesetzen

3

Page 4: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Zulässigkeit des Einspruchs §§ 347 ff. AO• Statthaftigkeit des Einspruchs; § 347 Abs. 1

S. 1 AO• Kein Ausschluss des Einspruchs; § 348 AO• Kein Verzicht auf den Einspruch; § 354 AO• Einspruch formgerecht eingelegt; § 357 AO• Einspruch fristgerecht eingelegt; §§ 355 f.,

122, 108 AO• Handlungsfähigkeit des Einspruchsführers;

§ 79 AO• Zuständiges Finanzamt; § 357 Abs. 2 S. 1 AO• Einspruchsbef./Beschwer; §§ 350 – 353 AO

4

Page 5: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall AO 1:• A erhält am Donnerstag, den 7.3.00 einen

Einkommensteuerbescheid des Finanzamts H. DerBescheid war am 6.3.00 zur Post gegeben worden.

• Im Gegensatz zur Steuererklärung nahm das Finanzamtbei einer Betriebsverpachtung des A an eine OHG, ander er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an undordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung undVerpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ein. Diefestgesetzte Steuer veränderte sich hierdurch nicht. Afürchtet, einen künftigen Veräußerungsgewinnversteuern zu müssen und legt am Mittwoch, den10.04.00 Einspruch ein.

• Zulässigkeit des Einspruchs?5

Page 6: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fristberechnung Fall AO 1

• Zugang des Bescheids: Zugangsfiktion des§ 122 Abs. 3 AO: 9.3.00Problem: Samstag?Hier § 108 Abs. 3 AO: Frage, ob dieBekanntgabefiktion eine Frist istEntweder Bekanntgabe daher am 9.3.00 oderam 11.03.00

• Fristende gem. § 355 Abs. 1 daher am 9.3.00oder am 11.03.00

6

Page 7: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall AO 1: Frage der Beschwer

• BFH X B 222/10 vom 5.7.2011, BFH/NV 2011,1843

• Grundsätzlich belastet nur das Ergebnis derSteuerveranlagung nicht die Feststellungunselbständiger Besteuerungsgrundlagen. Diekünftige Besteuerung etwaigerVeräußerungsgewinne ist imVeranlagungszeitraum der Veräußerungselbständig zu beurteilen. Die Einordnung imangegriffenen Bescheid präjudiziert dieVeräußerungsgewinnbesteuerung nicht.

7

Page 8: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall AO 2: (BFH IX R 124/92 vom 20.12.1994;DStR 1995, 684)

Die Steuerfestsetzung im Bescheid des A ist 0 €. Indem Bescheid werden positive Einkünfte aus V+Vi.H. von T€ 57 festgestellt, die durch höherenegative Einkünfte ausgeglichen werden. Wegender positiven Einkünfte aus Vermietung undVerpachtung wurde seinem Sohn BAFÖG versagt.Der Versagungsbescheid steht unter dem Vorbehalteiner Änderung des maßgeblichenEinkommensteuerbescheids der Eltern. Maßgeblichfür die BAFÖG Bewilligung ist die Summe derpositiven Einkünfte des A. Ist der A durch denSteuerbescheid beschwert?

8

Page 9: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Begründetheit des Einspruchs

• Prüfung der Rechtssache in vollem Umfang(§ 367 Abs. 2 S. 1 AO)

• Frage der formellen Rechtmäßigkeit desBescheides– Bei einem geänderten Bescheid etwa Prüfung der Frage,

ob die Voraussetzungen der Änderungsnorm vorliegen.• Frage der materiellen Rechtmäßigkeit des

Bescheides•

9

Page 10: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Einschub: Verjährung im Steuerrecht

• Unterschied: Zahlungsverjährung §§ 228 ff. AOund Festsetzungsverjährung §§ 169 ff. AO

• Zahlungsverjährung:– Grundsatz: 5 Jahre;– Beginn: Mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der

Anspruch erstmals fällig geworden ist– Rechtsfolge: Der Anspruch aus dem

Steuerschuldverhältnis erlischt (§ 232 AO)

10

Page 11: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Festsetzungsverjährung

• Dauer: § 169:• Grundsatz § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2: 4 Jahre für Steuern• Ausnahme: § 169 Abs. 2 S. 2 AO: 10 Jahre bei

Steuerhinterziehung und 5 Jahre bei leichtfertigerSteuerverkürzung

• Beginn: § 170 Abs. 2 Nr. 1: Mit Ablauf des KJ derAbgabe der Steuererklärung, spätestens mitAblauf des 3. KJ, das auf das Entstehungsjahrfolgt.

• Rechtsfolge: § 169 Abs. 1 AO: EineSteuerfestsetzung, ihre Aufhebung oderÄnderung ist nicht mehr zulässig

11

Page 12: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Änderungsvorschriften der AO

12

§ 129 AOBerichtigung wegen

offenbarer Unrichtigkeit beiallen VA

Rücknahme/Widerrufsonstiger Verwaltungsakte

§§ 130, 131 AO

Änderung vonSteuerbescheiden und

gleichgestellten Bescheiden§§ 164 f. AO§§ 172 ff. AO

§ 129 AOBerichtigung wegen

offenbarer Unrichtigkeit beiallen VA

Rücknahme/Widerrufsonstiger Verwaltungsakte

§§ 130, 131 AO

Änderung vonSteuerbescheiden und

gleichgestellten Bescheiden§§ 164 f. AO§§ 172 ff. AO

Page 13: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit§ 129 AO

• Hinweis: Keine Beschränkung aufSteuerbescheide

• Voraussetzungen– Schreib-, Rechenfehler und ähnliche offenbare

Unrichtigkeiten– Bei Erlass des Verwaltungsaktes– Kein Ablauf der Festsetzungsfrist

13

Page 14: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Bestandskraft von Steuerbescheiden

• Ein Steuerbescheid ist formell bestandskräftig, wenn er mitRechtsmitteln nicht mehr angegriffen werden kann, erunanfechtbar ist.

• Ein Steuerbescheid ist materiell bestandskräftig, wenn erinhaltlich verbindlich ist, also nur noch unter besonderenVoraussetzungen geändert werden kann. Die materielleBestandskraft tritt grundsätzlich mit der formellenBestandskraft aus Sicht des Steuerpflichtigen und mitBekanntgabe des Bescheides aus Sicht derFinanzverwaltung ein.

• Ausnahme: Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt derNachprüfung § 164 Abs. 2 AO; der Bescheid wird nur formellbestandskräftig.

• Ausnahme § 165 AO: Der Bescheid wird zwar formell bestandskräftig,materiell im Umfang der Vorläufigkeit jedoch nicht.

14

Page 15: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt derNachprüfung gem. § 164 AO• Voraussetzung: Keine abschließende Prüfung des Steuerfalls (§ 164

Abs. 1 AO)• Rechtsfolge: Ermessen der Finanzbehörde, ob ein Vorbehalt

ausgesprochen wird• Geltungsdauer des Vorbehalts: Der Vorbehalt entfällt durch

– Eintritt der Festsetzungsverjährung (§ 164 Abs. 4 AO)– ausdrücklichen schriftlichen Aufhebungsbescheid gem. §§ 164 Abs. 3,

157 Abs. 1 AO; keine automatische Aufhebung, wenn einFolgebescheid ohne Hinweis auf den Vorbehalt erlassen wird.

• Charakter: Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt; keinegesonderte Anfechtbarkeit, sondern Anfechtung des gesamtenSteuerbescheids

• Steueranmeldungen stehen kraft Gesetzes einer Steuerfestsetzungunter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich

15

Page 16: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Änderungsbefugnis bei einem Vorbehaltder Nachprüfung

• Voraussetzung:– Wirksamer Vorbehalt der Nachprüfung; insbes.

kein Ablauf der Festsetzungsfrist– Materiell fehlerhafter Steuerbescheid

• Rechtsfolge: Änderungsbefugnis umfassend

16

Page 17: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Vorläufige Steuerfestsetzung gem. § 165 AO

• Voraussetzung: Unterscheidung von 2 Fallgruppen– § 165 Abs. 1 S. 1 AO: Ungewissheit über einen steuererheblichen Sachverhalt (Ungewissheit

im Tatsächlichen)– § 165 Abs. 1 S. 2: Rechtliche Zweifel unter den Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 4

• Rechtsfolge: Ermessen der Finanzbehörde, ob und inwieweit einVorläufigkeitsvermerk angebracht wird; der Vorläufigkeitsvermerk darf zwar nichtden gesamten Steuerbescheid umfassen, kann es aber.

• Geltungsdauer der Vorläufigkeit– § 165 Abs. 2: Pflicht zur Aufhebung nach Beseitigung der Ungewissheit, sofern kein Fall des

§ 165 Abs. 2 S. 3 – 4 AO;– Keine automatische Aufhebung, wenn ein Folgebescheid ohne Hinweis auf die Vorläufigkeit

erlassen wird.– Keine Aufhebung durch Ablauf der Festsetzungsverjährung, sondern Besonderheiten bei der

Berechnung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 8 AO.• Charakter: Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt; keine gesonderte

Anfechtbarkeit

17

Page 18: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Änderungsbefugnis bei vorläufigerSteuerfestsetzung

• Voraussetzung:– Wirksamer Vorläufigkeitsvermerk– Materiell fehlerhafter Steuerbescheid– Fehlerhaftigkeit im Rahmen des

Vorläufigkeitsvermerks

• Rechtsfolge: Änderungsbefugnis soweit dieVorläufigkeit erklärt wurde

18

Page 19: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall 3 AO:(FG Sachsen vom 25.01.20128 K 1504/08)

Eine erfahrene und erfolgreiche Geschäftsfrau G betreibtungeachtet ihres fehlenden Pferdewissens eineReitanlage. Diese Reitanlage wirft über viele Jahre nurVerluste ab. Die Finanzverwaltung hat von Anfang anZweifel an der Einkünfteerzielungsabsicht und veranlagtdie G vorläufig. Der Vorläufigkeitsvermerk hat folgendenInhalt: „Der Bescheid ergeht nach § 165 Abs. 1 AOvorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb.“Der Bescheid wird bestandskräftig

Ist der Vorläufigkeitsvermerk wirksam?

19

Page 20: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Berichtigung von Steuerbescheiden nach§§ 172 ff AO

20

Page 21: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Schlichte Änderung § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO

• Voraussetzung:– Steuerbescheid (Sonderregelung Verbrauchsteuern

gem. Nr. 1)– Zustimmung oder Antrag des Steuerpflichtigen;

Problem: Abgrenzung zum Einspruch– Bei Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen muss

der Antrag/die Zustimmung vor Ablauf derEinspruchsfrist erklärt werden

– Kein Ablauf der Festsetzungsverjährung• Rechtsfolge: Änderung im Ermessen der

Finanzbehörde: Problem: Ermessensreduzierung

21

Page 22: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Änderung wegen neuer Tatsachen oderBeweismittel gem. § 173 AO• Voraussetzungen

– Kein Ablauf der Festsetzungsverjährung– Keine Änderungssperre wegen einer Außenprüfung § 173

Abs. 2– Neue Tatsache oder Beweismittel, die zu einer höheren

oder niedrigeren Steuer führen– Nachträgliches Bekanntwerden, d.h. zum Zeitpunkt der

Veranlagung vorhanden aber dem Finanzamt nichtbekannt

• Bei Änderung zugunsten des Stpfl.: Kein grobesVerschulden des Stpfl. am nachträglichenBekanntwerden; Ausnahme § 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AO

22

Page 23: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall AO 4:(BFH vom 9.11.2011, VIII R 18/08)

A erklärt negative Einkünfte aus einerAuslandsbeteiligung nicht, weil dieentsprechende Ausschüttungsmitteilung fehlte.Nach Vorliegen dieser Mitteilung begehrt er eineÄnderung der Steuerfestsetzung nach § 173 Abs.1 Nr. 2 AO. Die Einspruchsfrist war inzwischenabgelaufen. Wie wird das Finanzamt seinenAntrag bescheiden?

23

Page 24: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall AO 5: (Niedersächsisches FG vom24.05.2011, 3 K 249/10, n. rekr.)A ist alleinerziehend und lässt die Steuererklärung von ihremSteuerberater fertigen. Sie hat im ersten Jahr der Trennung übersehen,Angaben zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu machen.Hiernach wurde im Erklärungsvordruck ausdrücklich gefragt. DerSteuerberater hat der A allerdings nicht die ausgefüllte Erklärung,sondern eine mit dem Computerprogramm Elster komprimierteSteuererklärung übersandt, auf dem diese Angaben fehlten. Den –inzwischen unzutreffenden - Wohnsitz des Vaters des Kindes, der ausder gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist, hatte der Steuerberateraus der Vorjahreserklärung übernommen. Dies fiel der A beiUnterzeichnung der Erklärung nicht auf. Nach Ablauf derEinspruchsfrist beantragt A die Berücksichtigung desEntlastungsbetrags. Wie entscheidet das Finanzamt?

24

Page 25: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall AO 6: (BFH vom 19.10.2011, X R 29/10)

Ein britischer Mediendesigner - wohnhaft in Deutschland- erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In seinenEinnahme-Überschussrechnungen macht erÜbernachtungskosten in London geltend, die er nach denanerkannten Pauschbeträgen angesetzt hat (über 100 € jeNacht). Er wird antragsgemäß veranlagt. Die Veranlagungerfolgt ohne Vorbehalt. Anlässlich einer Betriebsprüfungerklärt der Steuerpflichtige, er habe bei seiner Mutterübernachtet, sich bei ihr aber im Gegenzug an denLebenshaltungskosten beteiligt. Das Finanzamt schätztdaraufhin die Übernachtungskosten auf € 25 und ändertdie Veranlagung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Zu Recht?

25

Page 26: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Wirtschaftliche Betrachtungsweise

• Es gibt keine besondere Gesetzesauslegung/Gesetzesanwendung imSteuerrecht; auch das Steuerrecht knüpft an die allgemeinen Regeln an

• Steuerrechtliche Terminologie ist zivilrechtlich geprägt• Zivilrechtliche Gestaltungsvielfalt führt dazu, dass ein wirtschaftlich

erstrebter Erfolg auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann.• Wirtschaftliche Betrachtungsweise ist eine teleologische

Betrachtungsweise, die darauf abstellt, ob eine bestimmte Gestaltung miteiner wirtschaftlich vergleichbaren Gestaltung gleich zu behandeln ist.

• Grenze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ergibt sich aus demSteuerrecht als Eingriffsverwaltung bei einer Auslegung zum Nachteil desStpfl.: Schlagwörter wie Analogieverbot und Wortlautgrenze sind kritischzu beurteilen.

• Typischer Anwendungsfall: Zurechnungsfragen bei Zwischenschaltungnaher Angehöriger

26

Page 27: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Missbrauch rechtlicherGestaltungsmöglichkeiten; § 42 AO

• Voraussetzungen:– Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten,

(vgl. Abs. 2 S. 1) Indiz: Gekünstelte, umständliche,komplizierte oder unpraktische Gestaltung

– Stpfl. weist keine außersteuerlichen Gründe nach(Abs. 2 S. 2)

– Keine spezialgesetzliche Vorschrift, die den Sonderfallregelt (Abs. 1 S. 2)

• Rechtsfolge: Steuer entsteht so, wie sie bei einerangemessenen Gestaltung entstehen würde;Besteuerung eines fiktiven Sachverhalts

27

Page 28: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Einbindung von Angehörigen in dieEinkünfteerzielung ein Missbrauch?• Grundsätze des Fremdvergleichs gehen vor!

– Gesamtbetrachtung aller Umstände, insbesondere derzivilrechtlichen Wirksamkeit der Verträge, der ernsthaftenDurchführung und der Vergleichbarkeit mit Verträgen, die unterfremden Dritten geschlossen werden

• In Ausnahmefällen allerdings auch eine Lösung über § 42AO denkbar: Etwa unentgeltliche Wohnungsüberlassung andie Kinder mit anschließender Anmietung durch die Eltern;Vermeidung eines gewerblichen Grundstückshandels durchZwischenschaltung des Ehepartners oder Vermeidung derpersonellen Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung durchEinbindung von Angehörigen

28

Page 29: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall AO 7: BFH X R 49/97; BFH/NV 2002, 631

• G hat ein Grundstück, das er für seine Betriebs-GmbH (Beteiligung 98 %) nutzenmöchte. Er rechnet langfristig mit erheblichen Wertsteigerungen im Grundstückund will deswegen eine Zuordnung zu gewerblichen Einkünften vermeiden. Erdenkt an seine Schwester E und überlegt sich folgende Gestaltung:

• E gründet die E-GmbH. Die E-GmbH mietet das Grundstück von G an. ImMietvertrag wird die E-GmbH verpflichtet, das Grundstück an die Betriebs-GmbHweiter zu vermieten. Im übrigen entspricht der einem Mustervertragnachgebildete Mietvertrag den üblichen Vertragsbedingungen. Die Miete istangemessen.

• Die Miete der Betriebs-GmbH ist geringfügig höher als jene der E-GmbH undebenfalls angemessen. Auch dieser Mietvertrag entspricht dem Üblichen. DieMietdifferenz reicht nicht aus, um auch nur eine banküblicheEigenkapitalverzinsung sicherzustellen. Die Finanzverwaltung sieht in derZwischenschaltung der GmbH einen Gestaltungsmissbrauch und nimmt eineBetriebsaufspaltung an.

• Wie ist der Sachverhalt einkommensteuerrechtlich zu beurteilen?

29

Page 30: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall AO 8: (VIII R 50/96; BFH/NV 2000, 601)

H und U sind verheiratet. Die H/U GbR, an derdie U zu 85 % und H zu 15 % beteiligt sind,verpachtet den bisher geführten Betrieb an dieU GmbH, deren alleinige Gesellschafterin U ist.In der GbR gilt das Einstimmigkeitsprinzip. H istKomplementär; U ist Kommanditistin. U führtdie Geschäfte. Die GbR erklärt Einkünfte ausVermietung und Verpachtung. DieFinanzverwaltung geht von einerBetriebsaufspaltung aus. Zutreffend?

30

Page 31: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall AO 9:(vom 07.12.2010, IX R 40/09)

A, B, C, D und F sind mit gleichen Anteilen – je 20 % - an einer GmbH beteiligt.Die GmbH war im Wertpapierhandel tätig. Sie hat insbesondere inFinanzanlagen rund um den amerikanischen Grundstückshandel investiertund nahezu ihr gesamtes Vermögen verloren. Die Gesellschafter hoffen zwar,die Gesellschaft langfristig wieder über Gewinne erstarken lassen zu können,möchten aber, um die Verluste der Vergangenheit in ihrer privatenSteuererklärung geltend machen zu können, ihre Beteiligungsverluste geltendmachen. Da die Beteiligungen ihrer privaten Vermögensverwaltungzuzurechnen sind, kommt eine Teilwertabschreibung nicht in Betracht. Sieveräußern sich daher wechselseitig die Beteiligungen zum Verkehrswert undmachen den Veräußerungsverlust in ihrer Einkommensteuererklärunggeltend. Nach der Anteilsrotation sind alle wieder zu 20 % beteiligt. DasFinanzamt nimmt einen Gestaltungsmissbrauch an und verweigert dieBerücksichtigung. Die Gesellschafter meinen, § 17 Abs. 2 S. 6 EStG stehe derAnnahme eines Gestaltungsmissbrauchs entgegen. Wie ist die Rechtslage?

31

Page 32: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Rückwirkende Gesetzesänderung zum Nachteilder Steuerpflichtigen

32

Echte Rückwirkung oderRückbewirkung von

Rechtfolgen

Unechte Rückwirkung odertatbestandliche

Rückanknüpfung

Das Gesetz greift ändernd inbereits abgeschlossene

Sachverhalte ein; eine bereitsentstandene Steuerschuld wird

nachträglich geändert.

Das Gesetz greift ändernd ingegenwärtige, noch nicht

abgeschlossene Sachverhaltefür die Zukunft ein.

Page 33: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abgrenzung echte – unechte Rückwirkung

• Im Solidaritätsänderungsgesetz vom 24.06.1991 wurde einbefristeter Solidaritätszuschlag zur ESt bzw. KSt für 1991 und 1992eigenführt. K hat seinen Gewerbebetrieb am 30.1.1991 veräußert.

• Durch das Steueränderungsgesetz 1999/2000/2002, verkündet am31.3.1999, wurde rückwirkend die Beteiligungsgrenze des § 17 EStGverändert. Eine wesentliche Beteiligung und damit einesteuerverstrickte lag nach der Gesetzesänderung bereits dann vor,wenn der Steuerpflichtige zu mindestens 10 % beteiligt war. Vorherlag die Beteiligungsgrenze bei mehr als 25 %. A war seit vielenJahren an der C-GmbH zu 16 % beteiligt. Im Dezember 1998veräußert er 7 % seiner Beteiligung, um der erwartetenSteuerverstrickung rechtzeitig zu entgehen. Die restlichen 9 %veräußert er im Juni 1999. Die Finanzverwaltung geht von einemsteuerpflichtigen Veräußerungsgewinn aus.

33

Page 34: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Echte Rückwirkung: VerfassungsrechtlicheZulässigkeit

Die echte Rückwirkung ist grundsätzlichunzulässig. Ausnahmsweise kann sie zulässigsein, wenn entweder• der entstehende Schaden unerheblich ist;• das geltende Recht verworren war;• eine nichtige Vorschrift ersetzt wurde oder• wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls es

erforderlich machen.

34

Page 35: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Unechte Rückwirkung: VerfassungsrechtlicheZulässigkeit seit BVerfGE vom 7.7.2010

Merksatz:Die unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlichunzulässig, bedarf aber stets einer hinreichendenBegründung nach den Maßstäben des Übermaßverbots.

Die unechte Rückwirkung muss zur Förderung desGesetzeszwecks geeignet und zumutbar sein und mussbei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht desenttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und derDringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigendenGründe die Grenze der Zumutbarkeit wahren.

35

Page 36: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/05

Spekualationsgewinne bei privatenGrundstücksveräußerungenAlte Regelung: Wenn zwischen Anschaffung undVeräußerung weniger als 2 Jahre lagen, warenGewinne steuerpflichtig.Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002,verkündet am 31.3.1999: Verlängerung derVeräußerungsfrist auf 10 Jahre; d.h. rückwirkendeEinbeziehung auch nicht steuerverhafteterBestandsimmobilien.

36

Page 37: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/0Sachverhalt:Veräußerung einer Immobilie nach dem 31.3.1999, dieam 31.3.1999 mehr als 2 Jahre gehalten wurde, amVeräußerungstag aber weniger als 10 Jahre.Entscheidung:Die Anwendung der verlängerten Spekulationsfristverstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze desVertrauensschutzes und ist nichtig, soweit ein imZeitpunkt der Verkündung bereits eingetretenerWertzuwachs der Besteuerung unterworfen wird, dernach der zuvor geltenden Rechtslage bereits steuerfreirealisiert worden ist oder hätte realisiert werden können.

37

Page 38: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/0

Entscheidender Gesichtspunkt: Es lag einekonkret verfestigte Vermögensposition vor, dierückwirkend entwertet wurde.Vergleich mit Verkäufen in 1998: DieseUngleichbehandlung bedarf einer besonderenRechtfertigung, wenn die alte Frist bereits beiGesetzesänderung abgelaufen war.

38

Page 39: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/0• Beispiel:• A erwarb 1995 ein Grundstück für 200.000 €.

Dieses Grundstück hatte am 31.3.1999 einenWert von 250.000 €. Er verkauft diesesGrundstück im Juni 2003 für 300.000 €. Nach deralten gesetzlichen Regelung war einVeräußerungsgewinn von eigentlich 100.000 €steuerpflichtig. Im Wege derverfassungskonformen Auslegung war derSteuerzugriff aber auf 50.000 € zu beschränken.

39

Page 40: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung II;2 BvR 748/05; 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05

Besteuerung von Wertpapierverkäufen imPrivatvermögen; § 17 EStGAlte Regelung: Wenn der Steuerpflichtige innerhalb derletzten 5 Jahre vor der Veräußerung zu irgendeinemZeitpunkt zu mehr als 25 % an einer Kapitalgesellschaftbeteiligt war, unterlag der Veräußerungsgewinn aus einerAnteilsveräußerung der Einkommensteuer .Neue Regelung im Steuerentlastungsgesetz1999/2000/2002 vom 31.3.1999: Es gilt ab dem 1.1.1999eine auf 10 % herabgesetzte Wesentlichkeitsgrenze.Hinweis: Heute 1 %

40

Page 41: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung II;2 BvR 748/05; 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05

Sachverhalt:Die Klägerin hielt seit mehreren Jahren eineBeteiligung von 16 %. 7 % der Beteiligungübertrug sie im Dezember 1998 auf ihrenEhemann. Im Juli 1999 verkaufte sie dierestlichen 9 % mit einem hohen Gewinn, der aufWertzuwächsen bis zum 31.12.1998 beruhte.

41

Page 42: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung II;2 BvR 748/05; 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05

Die Anwendung der abgesenkten Beteiligungsgrenzeverstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze desVertrauensschutzes und ist nichtig, soweit ein imZeitpunkt der Verkündung bereits eingetretenerWertzuwachs der Besteuerung unterworfen wird, dernach der zuvor geltenden Rechtslage bereits steuerfreirealisiert worden ist oder zumindest bis zur Verkündungsteuerfrei hätte realisiert werden können, weil die alteBeteiligungsgrenze nicht überschritten war.Gedanke der konkret verfestigten Vermögensposition

42

Page 43: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

BVerfGE v, 7.7.2010: Rückwirkung III2 BvL 1/03; 2 BvL 57/06; 2 BvL 58/06Besteuerung außergewöhnlicher Einkünfte

Alte Tarifregelung: Besteuerung mit der Hälfte des regulärenSteuersatzes

Neue Tarifregelung durch das Steuerentlastungsgesetz1999/2000/2002 per 31.3.1999: 5tel-Regelung; der Tarif wirdso berechnet, als wenn nur 1/5 der außerordentlichenEinkünfte in dem progressiven Tarifverlauf berücksichtigtwerden. Die neue Regelung führt regelmäßig zu einer höherenBesteuerung.Die Regelung galt auch für solche Entschädigungen, die vordem 1.1.1999 vereinbart worden waren

43

Page 44: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

BVerfGE v. 7.7.2010: Rückwirkung III2 BvL 1/03; 2 BvL 57/06; 2 BvL 58/06Die Anwendung der 5tel Regelung verstößt gegendie verfassungsrechtlichen Grundsätze desVertrauensschutzes, soweit sie auchEntschädigungen erfasst, die bereits 1998, abernoch vor der Einbringung der Neuregelung in denBundestag vereinbart oder zumindest noch vor derNeuregelung ausgezahlt wurden.In der 1. Variante wird eine vertragliche Dispositiongeschützt, in der 2. Variante eine konkret verfestigteVermögensposition.

44

Page 45: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Einkommensteuer

Grundsätzliche Fragen des materiellenSteuerrechts• Steuersubjekt: Wer ist einkommensteuerpflichtig• Steuerobjekt: Was ist einkommensteuerpflichtig• Steuerbefreiungen• Bemessungsgrundlage• Steuertarif• Steuererhebung

45

Page 46: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Das Steuersubjekt desEinkommensteuerrechts

• § 1 Abs. 1 EStG: Wer im Inland einen Wohnsitz (§ 8 AO) oder seinengewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) hat.

• RF: schrankenlose Steuerpflicht aller Einkünfte, d.h. Steuerpflicht desWelteinkommens

UnbeschränkteSteuerpflicht

• § 1 Abs. 4 EStG: Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihrengewöhnlichen Aufenthalt haben, aber über Einkünfte im Sinne des § 49EStG verfügen, d.h. Einkünfte mit Inlandsbezug

• RF: Steuerpflicht aller Einkünfte mit Inlandsbezug• § 50a EStG Steuerabzug häufig durch den Vergütungsschuldner

BeschränkteSteuerpflicht

• § 2 Abs. 1 AStG• RF: Der erweitert beschränkt Steuerpflichtige wird einem unbeschränkt

Steuerpflichtigen gleichgestellt.• Frage der Verfassungswidrigkeit

ErweitertebeschränkteSteuerpflicht

46

Page 47: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Vermeidung der Doppelbesteuerung beiausländischen Einkünften

Grundsatz: Welches Land für die Besteuerungwelcher Einkünfte zuständig ist, regelt ein DBAAusnahme: Ein DBA fehlt (typischeKlausurgestaltung)• § 34c Abs. 1 EStG: Anrechnung der ausländischen

Steuer, sofern sie vergleichbar ist, auf diedeutsche Einkommensteuer

• § 34c Abs. 2 EStG: Wahlweise, auf Antrag desSteuerpflichtigen: Abzug der ausländischenSteuer bei der Ermittlung der Einkünfte

47

Page 48: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 1: (Hinweise in BFH I R 19/06, BStBl 2010II 398; sh. auch BFH, I R 3/11)• Tennisspieler B (Staatsangehörigkeit deutsch) wandert im KJ 00 in

ein Land ohne DBA mit Deutschland aus. In Deutschland verfügt erweder über einen Wohnsitz, noch einen gewöhnlichenAufenthaltsort, noch eine Betriebsstätte. Im VZ 01 war er sportlichtätig und erzielte folgende Einkünfte:

• Preisgelder 250.000, davon in Dtld. 30.000• Werbeeinnahmen 450.000; davon von einem deutschen Sponsor

100.000. Der ausländische Sponsor verfügt über keine inländischeBetriebsstätte. Die Werbeeinnahmen decken auch die Nutzung desBildes und des Namens des B ab. Hierauf entfallen 20 % derWerbeeinnahmen. Im Übrigen erhält B die Zahlung für dieTeilnahme an Werbeveranstaltungen, die nicht in Deutschlandabgehalten wurden.

48

Page 49: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 2 (FG Düsseldorf vom 07.02.2012, 6 K2147/10 Revision eingelegt)

L ist wohnhaft in Liechtenstein. In Deutschland hater weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichenAufenthalt noch eine Betriebsstätte. Er vermietetSattelzugmaschinen an die S-AG in Deutschland.Diese wiederum vermietet die Sattelzugmaschinen– ohne Gewinnaufschlag – an selbständigeFrachtführer. Die Zugmaschinen wurden auf derStrecke Deutschland – Spanien eingesetzt. Derinländische Anteil der Fahrtstrecke beträgt 10 %.

L fragt, ob er in Deutschland steuerpflichtig ist.

49

Page 50: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Ermittlung des zu versteuerndenEinkommens in § 2 EStG!• Einkünfte (Steuerbefreiungen in § 3 EStG beachten): Abgrenzung zur Privatsphäre

– Gewinneinkunftsarten• Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft• Einkünfte aus Gewerbebetrieb• Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

– Überschusseinkunftsarten• Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit• Einkünfte aus Kapitalvermögen (Sie sind gem. § 2 Abs. 5b EStG grundsätzlich auszuscheiden)• Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung• sonstige Einkünfte

• Summe der Einkünfte– Abzgl. AEB (Altersentlastungsbetrag)– Abzgl. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende– Abzgl. Abzug für Landwirte gem. § 13 Abs. 3 EStG

• Gesamtbetrag der Einkünfte– Abzgl. Sonderausgaben– Abzgl. Außergewöhnliche Belastungen

• Einkommen– Abzgl. Freibeträge

• Zu versteuerndes Einkommen

50

Page 51: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abgrenzung der Sphäre der Einkünfteerzielungvon der Privatsphäre

• Liebhaberei• § 12 EStG: Kosten der privaten Lebensführung• Verträge zwischen nahen Angehörigen• Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gem. § 4

Abs. 5 EStG

51

Page 52: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Liebhaberei: Abgrenzung der Einkünfte von derPrivatsphäre• Tatbestandsmerkmal: Gewinnerzielungsabsicht/Überschusserzielungsabsicht• Klassische Fälle: Betreiben einer Pferdezucht; Jagdgemeinschaft;

Segelyachtvercharterung• Grundgedanke: Der Steuerpflichtige wird im Normalfall tätig, um Einkünfte zu

erzielen. Sind in einem Betätigungsfeld nur Verluste zu erwarten, dann gibt erdieses Tätigkeitsfeld auf, es sei denn, allein private Neigungen lassen ihn an einerbestimmten Beschäftigung festhalten.

• Problem: Ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorhanden ist, ist eine innere Tatsache,die nur mittels äußerer Indizien geprüft werden kann.

• Kriterien:– mehrjährige Verluste oder lediglich typische Anlaufverluste– Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit, obwohl keine Besserung der

wirtschaftlichen Situation erkennbar– Feststellung, ob ein Betrieb/eine Tätigkeit nach Wesensart und

Betriebsführung objektiv geeignet ist, nachhaltig positive Einkünfte zu erzielen– Gründe für die Fortführung der Tätigkeit durch den Steuerpflichtigen.

52

Page 53: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall 3 AO:(FG Sachsen vom 25.01.2012 8 K1504/08)

• Eine erfahrene und erfolgreiche GeschäftsfrauG betreibt ungeachtet ihres fehlendenPferdewissens eine Reitanlage. DieseReitanlage wirft über viele Jahre nur Verlusteab. G führt den Geschäftsbetrieb trotzdemunverändert weiter.

53

Page 54: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 3: (BFH IV R 88/76, BStBl 1980 II152)• R ist u.a. als Reisejournalistin tätig. Im Kalenderjahr 01 erzielte sie

aus dieser Tätigkeit Verluste in Höhe von € 5.000,--. In denvergangenen 6 Jahren hatte sie überwiegend Verluste (Zwischen1000 € und 4000 €), in 2 Jahren allerdings auch Gewinne von 1500 €und 500 € erzielt.

• R schreibt ihre Artikel häufig erst Jahre nach ihrer Reise. Sieunterhält Kontakte zu vielen Verlagen/Zeitschriften und wertetmanche Reiseeindrücke auch noch Jahre nach ihrer Reise aus.

• Das Finanzamt lehnt für den VZ 01 erstmals die Anerkennung derVerluste ab und beruft sich auf Liebhaberei.

• R fragt nach der Rechtslage.

54

Page 55: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 4: (FG Niedersachsen 11 K 361/10)

• H erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Nebenbei (ca. 10Stunden in der Woche) ist er in den Jahren 01 bis 03 im Networkmarketingtätig. Danach stellt er sein erfolgloses Unterfangen ein. Er versucht,Wellnessartikel zu verkaufen und seinerseits Handelsvertreter zu werben.Die Idee des Networkmarketings besteht darin, jeweils eine Vielzahl anHandelsvertretern aufzubauen, an deren Umsätzen derjenige partizipiert,der die Vertreter geworben hat. Der Aktionsbereich des H ist begrenzt,weil es ihm nicht gelingt, über seinen Bekanntenkreis weitere Kunden zugewinnen. Er erzielt Verluste zwischen T€ 6 und T€ 10 im Kalenderjahr.Dem stehen Betriebseinnahmen zwischen € 1000 und € 400 gegenüber.Die Betriebsausgaben entfallen im Wesentlichen auf Kfz-Kosten,Telefongebühren und Bewirtungskosten.

• Das Finanzamt erkennt die Verluste nicht an und verweist auf Liebhaberei.H, der vorsorglich form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat, fragtnach den Erfolgsaussichten.

55

Page 56: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Nicht abzugsfähige Aufwendungen gem. § 12EStG

Nettoprinzip: Nur das Erwerbseinkommen abzgl.der Erwerbsaufwendungen unterliegt derBesteuerung.

Privataufwendungen dürfen dasEinkommen nicht mindern.

Bei gemischt veranlassten Aufwendungen:Aufteilungsgebot.

56

Page 57: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abwandlung Fall ESt 3:

• In den Reisekosten für 01 sind Kosten für eineItalienrundreise mit einem Wohnmobil enthalten, die die Rgemeinsam mit ihrem Ehemann durchgeführt hat. DieseRundreise diente auch privaten Zwecken. Es wurden vieleSehenswürdigkeiten von allgemeinem touristischenInteresse besucht. Die Reise diente außerdemErholungszwecken. Der Ehemann der R hatte seinenJahresurlaub aus 00 extra vortragen lassen, damit einemöglichst lange und zusammenhängende Reisedurchgeführt werden konnte. Die Kosten für diese Reisebeliefen sich auf insgesamt 10.000 €. R begehrt einenvollen Abzug als Betriebsausgaben.

• Auswirkungen auf die Frage der Gewinnerzielungsabsicht?

57

Page 58: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Verträge zwischen nahen Angehörigen

Gesamtabwägung bei Prüfung der steuerlichenAnerkennung

– Vertragsschluss – nicht zwingend schriftlich – zu Beginndes Vertragsverhältnisses;

– Zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages insbesondereauch unter Beachtung des Minderjährigenschutzes;Verhältnis zu § 41 AO; nicht jeder unwirksame Vertragschließt eine Anerkennung aus;

– Klare und eindeutige Regelung derHauptleistungspflichten;

– Vertragsgestaltung wie zwischen Fremden üblich;– Tatsächliche Durchführung.

58

Page 59: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gem. § 4Abs. 4a und 5 EStGIdee: Bestimmte Betriebsausgaben berühren auch die Sphäreder privaten Lebensführung. Deswegen ist der Abzug zubegrenzen.• Abs. 4a: Schuldzinsen, die auf Überentnahmen beruhen;• Abs. 5: insbes. Geschenke; Bewirtung; Gästehäuser, Jagd,

Fischerei, Yachten; Mehraufwendungen für Verpflegung;Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb; häuslichesArbeitszimmer; Geldbußen; Zinsen auf hinterzogeneSteuern; Bestechungs- und Schmiergelder.

• Bei Abs. 5: Gleichlauf mit den Werbungskosten vgl. § 9 Abs.5 EStG!

59

Page 60: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Nutzung des Firmen-PKW durch einenArbeitnehmer bzw. den Gewerbetreibenden

60

Fahrten Wohnung-Betrieb

Private Fahrten

Beruf. Fahrten

Page 61: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Berufliche Fahrten mit Firmen-PKW

• Beim AN: Der Betrieb trägt die Kosten desFahrzeuges. Sie sind Betriebsausgaben. Beidem AN ist weder ein Sachbezug zuversteuern, noch Werbungskostenabzugsfähig.

• Bei Betriebsinhaber: Die Fahrzeugkosten sindBetriebsausgaben

61

Page 62: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Private Fahrten mit dem Firmen-PKW

• Beim Arbeitnehmer– Geldwerter Vorteil wegen der Überlassung. Üblich

pauschale Besteuerung gem. § 8 Abs. 2 S. 2 EStGiVm § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG; d.h. 1 % desListenpreises pro Monat.

• Beim Betriebsinhaber– Die Privatnutzung wird als Entnahme betrachtet.

Die Bewertung der Entnahme richtet sich nach § 6Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG; d.h. 1 % des Listenpreisespro Monat

62

Page 63: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fahrten Wohnung Betrieb:

• Beim AN:– Geldwerter Vorteil, weil der AG die Fahrt zum Betrieb

finanziert: § 8 Abs. 2 S. 3 EStG: 0,03 % desListenpreises für jeden Entfernungskilometer proMonat

• Bei einem Listenpreis von 25.000 € und einer einfachenEntfernung von 20 km ergibt sich somit mtl. steuerpflichtigerArbeitslohn von € 150.

– Werbungskosten: § 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 2: 0,3 € für jedenEntfernungskilometer für jeden Arbeitstag

– Bei einer Entfernung von 20 km und 20 Arbeitstagenergeben sich Werbungskosten von 120 €.

– Per Saldo sind jeden Monat 30 € steuerpflichtig!

63

Page 64: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fahrten Wohnung Betrieb

• Beim Gewerbetreibenden– Im Ausgangspunkt sind die Kosten für den PKW

Betriebsausgaben.– Problem: Gleichstellung mit dem Arbeitnehmer– Lösung: § 4 Abs. 5 Nr. 6 S. 3 EStG: Fiktive

Saldobetrachtung wie bei einem Arbeitnehmer,d.h. per Saldo sind jeden Monat 30 € nichtabzugsfähige Betriebsausgaben.

64

Page 65: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Einkünftedualismus

§ 2 Abs. 2 Nr. 1:Gewinneinkunftsarten:

Einkünfte aus L+F, Gewerbeund selbständiger Tätigkeit

§ 2 Abs. 2 Nr. 2:Überschusseinkunftsarten, alleanderen Einkunftsarten in der

Theorie

65

Page 66: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Unterschied zwischen Gewinn- undÜberschusseinkunftsarten

• Gewinneinkunftsarten: Wertgewinne undWertverluste durch die Veräußerung vonBetriebsvermögen werden uneingeschränktberücksichtigt.

• Überschusseinkunftsarten: Wertgewinne undWertverluste bei der Veräußerung derjenigenVermögensgegenstände, die der Einnahmeerzielungdienen, bleiben grundsätzlich unberücksichtigt.– Bsp.: Wenn der Unternehmer seine Büromöbel verkauft,

ist der Erlös einkommensteuerpflichtig. Ein Arbeitnehmer,der seinen häuslichen Arbeitstisch bei e-Bay versteigert,muss den Erlös nicht versteuern.

66

Page 67: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Ausnahme: Wertzuwachsbesteuerung bei denÜberschusseinkünften

• § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG: Veräußerungsgeschäfte beiGrundstücken

• § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG: SonstigeVeräußerungsgeschäfte; allerdings wird dieseNorm bei Wertpapieren durch § 20 Abs. 2 und§ 17 EStG verdrängt (vgl. § 23 Abs. 2 EStG)

• § 20 Abs. 2: Kapitaleinkünfte• § 17 EStG: Veräußerung von Anteilen an

Kapitalgesellschaften (Allerdings dogmatischeUmgliederung zu den Einkünften ausGewerbebetrieb)

67

Page 68: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Wie wird das Einkommen bei denÜberschusseinkunftsarten ermittelt?Einnahmen iSd § 8 EStG (Geld oder Sachwerte)

Abzgl. Werbungskosten iSd § 9 EStGEinkünfte• Jahreszuordnung gem. § 11 EStG: d.h. Prinzip der Zahlung nicht der

wirtschaftlichen Entstehung– Zufluss § 11 Abs.1: Bei Zahlung mittels Scheck, wenn der Scheck

übergeben wird; bei Überweisung oder Kreditkarte, wenn der Betraggutgeschrieben wird

– Abfluss § 11 Abs. 2: Schluss der Leistungshandlung– Kurze Frist: 10 Tage

• Werbungskosten gem. § 9 EStG: Aufwendungen zur Erwerbung…der Einnahmen, d.h. finaler Werbungskostenbegriff– Rechtspr./hM: Gleichlauf mit den Betriebsausgaben:

Veranlassungsprinzip reicht daher.Bsp.: Umgliedern von Darlehen

68

Page 69: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Arten der Einkünfte aus Vermietung undVerpachtung § 21 Abs. 1 EStG• Vermietung von unbeweglichen Vermögen, also

Grundstücken, Schiffen und Rechten, die den Vorschriftenüber Grundstücke unterliegen (etwa Erbbaurechte);

• Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffeninsbesondere beweglichem Betriebsvermögen; dieVermietung einzelner beweglicher Sachen fällt unter § 22Nr. 3 EStG;

• Einkünfte aus der zeitlich begrenzten Überlassung vonRechten (Persönlichkeitsrechten, gewerblichenSchutzrechten usw.);

• Einkünfte aus der Veräußerung von Miet- undPachtzinsforderungen.

69

Page 70: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Arten der sonstigen Einkünfte gem. § 22 EStG

• Nr. 1: Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sienicht zu einer anderen Einkunftsart gehören; etwaZuwendungen von Familienstiftungen; Renten;

• Nr. 1a: Einkünfte aus Unterhaltsleistungen, soweit sie beimGeber als Sonderausgaben abgezogen werden können;

• Nr. 2: Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften iSdes § 23 (Grundstücke und andere Wirtschaftsgüter außerKapitalvermögen);

• Nr. 3: Einkünfte aus Leistungen, die zu keiner anderenEinkunftsart gehören, etwa Vermietung beweglicherkörperlicher Gegenstände;

• Nr. 4: Entschädigungen und Zuschüsse;• Nr. 5: Altersvorsorge.

70

Page 71: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Gewinneinkunftsarten

Gewinnermittlungsarten

§§ 4, 5 EStGBetriebsvermögensvergleich

§ 4 Abs. 3 EStGEinnahme-

Überschussrechnung

71

Page 72: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Wer ist buchführungspflichtig?

72

Page 73: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Unterschiede der GewinnermittlungsartenBuchführungspflicht Einnahme-Überschuss-RechnungMessung des Vermögenszuwachses und Korrekturum die Entnahme/Einlagen

Geldverkehrsrechnung unter Anwendung des § 11EStG; Regelungen der Entnahme und Einlage geltenentsprechend.

Periodenabgrenzung etwa durch Buchung vonForderungen und Verbindlichkeiten

Keine Periodenabgrenzung

Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens werdenbilanziert, daher nur entsprechend ihremtatsächlichen Verbrauch als Aufwand erfasst

Umlaufvermögen führt bei Bezahlung sofort zumAufwand

Anlagevermögen: Bilanzierung des nichtabnutzbaren Anlagevermögens mit denAnschaffungskosten oder dem Teilwert.

Verteilung der Anschaffungskosten bei abnutzbarenWirtschaftsgütern des Anlagevermögens überAbschreibungen.

Kein Abzug der Anschaffungskosten bei nichtabnutzbarem Anlagevermögen.

Anlagevermögen: Verteilung derAnschaffungskosten bei abnutzbarenWirtschaftsgütern des Anlagevermögens überAbschreibungen entsprechend den Regelungen beiBuchführung. Insoweit keine Liquiditätsbetrachtung

Umsatzsteuer grundsätzlich erfolgsneutral Umsatzsteuer erhöht jeweils die Einnahmen undAusgaben

73

Page 74: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 5:

Gewerbetreibender A verkauft am 18.11.01 eine Maschinedes Anlagevermögens zu einem Preis von 10.000 € zzgl. 19 %USt, d.h. brutto 11.900. Der Käufer nimmt die Maschine sofortmit. A gibt die Umsatzsteuervoranmeldung am 10.12.01 abund überweist die Umsatzsteuer sofort an das Finanzamt. DieZahlung von seinem Kunden erhält er allerdings erst am5.1.01. Die Maschine hat im Zeitpunkt der Veräußerung einenBuchwert (Anschaffungskosten abzgl. AfA) von 5.000 €.Welche Gewinnauswirkungen ergeben sich für A in den VZ 01und 02, wenn man unterstellt, A sei buchführungspflichtig.Wie sieht die Berechnung aus, wenn man eine Einnahme-Überschussrechnung durchführt.

74

Page 75: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 6: Der spitzfindige Zahnarzt

Bei einer Addition seiner Monatsumsätze im Dezemberbemerkt Z, dass er ein außerordentlich erfolgreiches Jahrhatte. Er rechnet mit einem Gewinn von mindestens 500 T€.Das Geld hat er leider schon in seine Teuerste investiert. DerFiskus soll daher für dieses Jahr weitgehend leer ausgehen.Mit seinem Steuerberater ersinnt er folgende Lösung:Z nimmt bei seiner Bank einen Kredit über 500 T€ auf undinvestiert das Geld in physisches Gold, das er für den Kreditverpfändet. Das Gold ordnet er dann dem Betriebsvermögenseiner Zahnarztpraxis zu.Mindert der Kaufpreis für das Gold die Einkünfte des Z?(Im März des nächsten Jahres verkauft er es mit Gewinn undführt den Kredit zurück.)

75

Page 76: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Was kennzeichnet dieGewinneinkunftsarten allgemein?• Generelle Voraussetzungen für das Vorliegen einer

Gewinneinkunftsart (vgl. § 15 Abs. 2 EStG):• Selbständige Tätigkeit (Unternehmerrisiko und

Unternehmerinitiative; Abgrenzung von dernichtselbständigen Tätigkeit),

• Nachhaltige (auf Wiederholung gerichtete) Tätigkeit• Gewinnerzielungsabsicht/Abgrenzung Liebhaberei• Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr

(Tätigkeit wird gegen Entgelt am Markt erbracht, alsoDritten angeboten)

• Keine Vermögensverwaltung (dieses Kriterium wirdtypischerweise nur bei den gewerblichen Einkünftengeprüft)

76

Page 77: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit von dernichtselbständigen

ArbeitnehmerOffener Typusbegriff

Eingliederung undWeisungsgebundenheit

Kein Risiko über dasEntlohnungsrisiko hinaus

Unternehmer

Mitunternehmerinitiative

Mitunternehmerrisiko

Freiwilligkeit derLeistungserbringung?

77

Page 78: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 7: BFH vom 22.02.2012; X R 14/10

Fußballprofi A ist Lizenzspieler eines Bundesligavereins V. In dem Arbeitsvertrag hatteA dem V die Verwertung seiner Persönlichkeitsrechte übertragen, soweit seinArbeitsverhältnis als Lizenzspieler betroffen ist. V hatte sich bereit erklärt, den A fürLänderspiele und Auswahlspiele des DFB freizustellen. Mit dem DFB hat A eineVereinbarung unterzeichnet, in der er sich verpflichtete, nicht nur an Spielenteilzunehmen, sondern auch an Veranstaltungen teilzunehmen, die für den DFB vonBedeutung sind. Vom DFB erhielt A Gelder für die Überlassung von Bild- undNamensrechten zur Durchführung einer anlassbezogenen Promotions-Maßnahme.Gegenüber den Finanzgerichten teilte der DFB mit, dass die Arbeitsverträge keineRegelung über die Teilnahme an Werbemaßnahmen der Nationalmannschaftenthalten. Daher lasse sich der DFB vor dem Einsatz eine Erklärung unterschreiben,nach der der Spieler dem DFB die Nutzung seiner Persönlichkeitsrechte imZusammenhang mit der Nationalmannschaft gestatte. Die Abgabe dieser Erklärung seifreiwillig; ein Spieler, der sie nicht unterzeichne, würde aber vom DFB nicht eingesetztwerden. Welche Einkünfte erzielt A?

78

Page 79: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gem.§ 13 EStG- Generelle Voraussetzungen der Gewinneinkunftsarten- Planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur

Erzeugung und Verwertung von lebenden Tieren und Pflanzen(Details in § 13 Abs. 1 und 2 EStG)

Hinweis: Neben der Gewinnermittlung durch Buchführung oderEinnahme-Überschussrechnung gibt es noch die Gewinnermittlungnach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG. Sie könnte eineverfassungswidrige Verschonungsregelung für kleine Landwirte sein.

Hinweis: Bei gemischten Tätigkeiten grundsätzlich Trennungstheorie.Wenn Tätigkeiten nicht trennbar sind, einheitliche Betrachtung,maßgeblich ist die prägende Tätigkeit

79

Page 80: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Selbständige Tätigkeit gem. § 18 EStG

• Generelle Voraussetzungen der Gewinneinkunftsarten– Besonderheit: § 18 Abs. 2: Gelegentliche Tätigkeit genügt

• Eine in § 18 definierte Tätigkeit (Grundgedanke: DerEinsatz von Kapital tritt in den Hintergrund, der Einsatzder eigenen Arbeitskraft in den Vordergrund)– Katalogberuf;– Ähnlicher Beruf; Vergleichbarkeit hinsichtlich der typischen

Merkmale des Katalogberufes, insbes. bei der Ausbildung;– Sonstige Tätigkeiten im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1;– Lotterieeinnehmer (§ 18 Abs. 1 Nr. 2)– Sonstige selbständige Arbeit z.B. Testamentsvollstreckung,

Vermögensverwaltung, Aufsichtsrat

80

Page 81: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Gemischte Tätigkeiten einer natürlichen Person

• Grundsatz: Trennungstheorie• Bsp.: Anwalt ist gleichzeitig als gewerblicher

Promotionsvermittler tätig• Ausnahme: Die Betätigungen können nicht getrennt

werden, weil sie derart miteinander verbunden sind,dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen. Dannkommt es auf die Tätigkeit an, die das Gepräge verleiht.– Bsp.: Ein Architekt erbringt gleichzeitig die Leistungen

eines Generalunternehmers und verkauft schlüsselfertigeGebäude BFH XI R 10/06; BStBl II 2008, 54

– Im Zweifel liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor

81

Page 82: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 8: (BFH vom 15.12.2010, VIII R 13/10, BFH/NV 2011, 1309 undVIII R 50/09, BFH/NV 2011, 895; FG Niedersachsen vom 15.09.2011, 14 K312/09)Rechtsanwalt R ist im Wesentlichen als Insolvenzverwalter tätig. Er betreibtZweigstellen in drei verschiedenen Städten und beschäftigt einen Ökonomen sowie 6Fachkräfte und mehrere Hilfskräfte. Seine Einkünfte ermittelt er im Wege einerEinnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Einkünfte aus derInsolvenzverwaltung belaufen sich auf durchschnittlich T€ 500.R leitet die Tätigkeit seiner Mitarbeiter und delegiert lediglich Routinetätigkeiten zureigenverantwortlichen Wahrnehmung.R beschäftigt außerdem zwei Junganwälte. Sie sind im Wesentlichen mitrechtsanwaltlichen Tätigkeiten betraut. Ihre Tätigkeit wird von R überwacht. Hierauserzielt R Einkünfte in Höhe von durchschnittlich 50.000 €.Außerdem hat R für ein Internetportal die Forderungseinziehung übernommen.Hierfür beschäftigt er ca. 30 Personen. Die für die Beitreibung notwendigen Datenwerden ihm von dem Betreiber des Internetportals elektronisch zur Verfügunggestellt. Auch die Mahnschreiben werden aufgrund dieser Daten vollautomatischerstellt. Seine 30 Mitarbeiter (überwiegend Jurastudenten) beantworten dietelefonischen Rückfragen im Rahmen eines dafür eingerichteten Callcenters undbearbeiten den Schriftwechsel im Wesentlichen eigenständig. Hierbei haben sie einensehr detaillierten, von R erstellten Leitfaden zu beachten. R verdient mit dieserTätigkeit durchschnittlich € 1 Mio. jährlich. Auch sie wird buchungstechnisch imRahmen seiner Anwaltskanzlei abgewickelt.

82

Page 83: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 8: Fortsetzung

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung ändert die Finanzverwaltung denEinkommensteuerbescheid nach § 164 AO. Die ursprüngliche Veranlagungwar unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Sie ist der Auffassung, Rsei mit seiner Insolvenzverwaltung gewerblich tätig. Die Finanzverwaltungordnet den gesamten Gewinn den gewerblichen Einkünften zu, da dieInsolvenzverwaltertätigkeit untrennbar mit der anwaltlichen Tätigkeitverknüpft sei. Außerdem erhöht das Finanzamt den Gewinn per Ende 03 umT€ 150 wegen ausstehender Forderungen im Zusammenhang mit derInkassotätigkeit und wegen ausstehender Forderungen im Zusammenhangmit der Insolvenzverwaltertätigkeit um 20.000. Die Gewinnerhöhung stütztdas Finanzamt darauf, dass R buchführungspflichtig sei.R erscheint mit seinem Steuerbescheid, der am 1.2. zugestellt wurde, am 3.2.bei seinem Kollegen A und fragt, ob er erfolgversprechend Einspruch gegenden geänderten Einkommensteuerbescheid einlegen kann. Ihn ärgere nichtnur die Gewinnerhöhung. Er befürchtet auch, Gewerbesteuer zahlen zumüssen.

83

Page 84: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

• Generelle Voraussetzungen derGewinneinkunftsarten

• Negative Abgrenzung, d.h. keine Land- undForstwirtschaft, keine selbständige Arbeit

• Keine Vermögensverwaltung:– Bei Vermietungsumsätzen wird die Grenze zur

Gewerblichkeit in der Regel erst dann überschritten,wenn zusätzliche Leistungen erbracht werden, etwaumfangreiche Verwaltungsleistungen beiFerienwohnungen oder bei einem gewerblichenGrundstückshandel.

84

Page 85: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abgrenzung Gewerbebetrieb – Vermögensverwaltunghier: Betriebsverpachtung

Übliche Konstellation: Der Unternehmer will – häufig ausAltersgründen – nicht mehr tätig sein und verpachtet seinen gesamtenBetrieb, anstatt ihn zu verkaufen.Besteuerung nach dem Gesetz:• Betriebsaufgabe gem. § 16 EStG, weil keine Fortführungsabsicht

mehr besteht; d.h. sämtliche stillen Reserven müssten versteuertwerden

• Verpachtung wird im Rahmen der Einkunftsart V+V besteuert.Richterrecht: Die Betriebsverpachtung kann als bloßeBetriebsunterbrechung gewertet werden, wenn der Betriebfortgeführt werden könnte, also alle wesentlichen Wirtschaftsgüterverpachtet werden.In diesem Fall: keine Betriebsaufgabe. Die Pachterlöse werden wiegewerbliche Einkünfte versteuert.

85

Page 86: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abgrenzung Gewerbebetrieb – Vermögensverwaltunghier: Betriebsaufspaltung

Gestaltungsidee in grauer Vorzeit: Um dieSteuerverstrickung insbesondere derBetriebsgrundstücke zu vermeiden werden diesein eine reine Vermietungsgesellschaftausgegliedert.

86

Vermietungsper-sonengesellschaft

Betriebskapital-gesellschaft

Page 87: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abgrenzung Gewerbebetrieb – Vermögensverwaltunghier: Betriebsaufspaltung

• Antwort des BFH: In Fällen der Betriebsaufspaltung hatauch die Vermietungsgesellschaft gewerblicheEinkünfte. Beide Unternehmen bleiben aber auchsteuerrechtlich selbständig.

• Voraussetzungen:– Sachliche Verflechtung: Die zur Nutzung überlassenen

Wirtschaftsgüter müssen eine wesentliche Grundlage desBetriebs darstellen

– Personelle Verflechtung: Beteiligungs- oderBeherrschungsidentität; maßgeblich ist, dass eineinheitlicher geschäftlicher Betätigungswille durchgesetztwerden kann (gleiche Beteiligungsquoten oder einheitlicheBeherrschung).

87

Page 88: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abgrenzung Gewerbebetrieb – Vermögensverwaltunghier: gewerblicher Grundstückshandel

Grundgedanke: Dient ein Grundstückserwerb dem Ziel der Fruchtziehung ausder vorhandenen Substanz, dann liegen Einkünfte aus V+V vor. Geht esdagegen um die Gewinnerzielung durch Ausnutzen einer Wertsteigerung inder Substanz, dann liegen gewerbliche Einkünfte vor.BFH: Drei-Objekt-FormelEin gewerblicher Grundstückhandel liegt nicht vor, wenn in einem Zeitraum- idR fünf Jahre nach Anschaffung oder Erwerb – nicht mehr als 3 Objekte

veräußert werden. Werden 3 Objekte oder mehr veräußert, liegt ein Indiz füreinen gewerblichen Grundstückshandel vor.

Sonderkonstellationen: Aufteilung einer Immobilie in Miteigentum;unbedingter Verkaufswille bereits bei Erwerb; Bebauung nach den Wünschendes Erwerbers; besondere Nähe des Grundstücksgeschäfts zu einergewerblichen Tätigkeit (Baugeschäft/Makler).

88

Page 89: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abgrenzung Kapitalbeteiligung – gewerblicheBetätigung

PartiarischesDarlehen

Atypischestille

Gesellschaft

Typischestille

Gesellschaft

Einkünfte aus Kapitalvermögen Gewerbliche Einkünfte

Page 90: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Partiarisches Darlehen

Abwägungsgesichtspunkte- Kreditsicherheiten- Festzins neben einer Gewinnbeteiligung- Befugnis des Darlehensgebers, die Forderung

abzutreten- Fehlende Einflussmöglichkeit auf das Geschäft- Ausschluss einer Verlustbeteiligung- Jederzeitige Kündigungsmöglichkeit

90

Page 91: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Stille Gesellschaft gem. §§ 230 ff. HGB

Handelsrechtlich:Bloße Innengesellschaft, d.h. Einlage in das Geschäft desGeschäftsinhabers, der das Geschäft auf eigenes Risikobetreibt. Der stille Gesellschafter wird angemessen amErgebnis beteiligt. Eine Beteiligung am Verlust istabdingbar. Der stille Gesellschafter haftet nur mit seinerEinlage und ist zu Nachschüssen nicht verpflichtet. SeineKontrollrechte sind einem Kommanditisten vergleichbar.Weitgehend dispositives Recht, das Rechtsverhältnis kanndaher stärker einem Darlehen oder auch einergesellschaftlichen Beteiligung entsprechen.

91

Page 92: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Typisch stille – atypisch stille Gesellschaft

Typ. stille Gesellschaft Atyp. Stille Gesellschaft

Häufig Mitarbeit oder gesonderteMitsprache

Beteiligung an den stillen Reserven

Zumindest Kontrollrechte wie bei dertyp. stillen Gesellschaft

Keine Mitarbeit

Keine Beteiligung an den stillenReserven

92

Gewinn- und oder Verlustbet. biszur Höhe der Einlage

Verlustbeteiligung über die Einlagehinaus

Nur Kontrollrechte des § 233Abs. 1 und 3 HGB

Page 93: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Die Personengesellschaft imEinkommensteuerrecht• Steuersubjekt sind die Gesellschafter; die Gesellschaft selbst ist nicht

einkommensteuerpflichtig.• Die Gesellschaft ist Subjekt der Gewinnermittlung.• Ziel: Gleichlauf der Besteuerung des Gesellschafters mit dem

Einzelunternehmer, d.h. Sondervergütungen für Sonderleistungen stellenGewinnentnahme dar; betriebsnotwendiges privates Vermögen wirdeinkommensteuerlich notwendiges Sonderbetriebsvermögen desGesellschafters.

• Verfahrensrechtliche Abwicklung: Die Gesellschaft gibt eine Erklärung zureinheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ab. Aufgrund dieserErklärung wird der Gesamtgewinn festgestellt und auf die Gesellschafterverteilt (§ 180 Abs. 1 Nr. 2a AO). In den persönlichenEinkommensteuererklärungen wird der Gewinnanteil dann erfasst. DieserGewinnanteil kann im Rahmen eines Einspruch gegen denEinkommensteuerbescheid nicht mehr angegriffen werden. Der Bescheidüber die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung ist insoweitverbindlich.

93

Page 94: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Zuordnung der Einkunftsart beiPersonengesellschaften

• Ausgangspunkt: Welche Tätigkeit übt diePersonengesellschaft aus?

• Bei einer Personenhandelsgesellschaft bestehteine gewisse Vermutung für eine gewerblicheTätigkeit vgl. § 105 Abs. 1 HGB; allerdingsEintragung auch bei reiner Vermögensver-waltung denkbar (§ 105 Abs. 2 HGB)

94

Page 95: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Zuordnung der Einkunftsart bei Personen-gesellschaften: Hier § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG

• Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang diemit Einkünfteerzielungsabsicht unter-nommene Tätigkeit einer Personengesell-schaft, wenn die Gesellschaft auch– eine gewerbliche Tätigkeit ausübt oder– gewerbliche Einkünfte wegen einer Beteiligung an

einer gewerblich tätigen Gesellschaft bezieht

95

Page 96: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. EStG: Abfärbe-theorie bei Personengesellschaften• Wiederholung: Bei natürlichen Personen gilt die

Trennungstheorie, d.h. die verschiedenen Einkünftewerden gesondert qualifiziert.

• Bei Personenhandelsgesellschaften gilt die Abfärbe-oder Infektionstheorie. Wenn nur ein Teil derEinkünfte, der nicht völlig untergeordnet ist,gewerblich ist, sind sämtlich Einkünfte gewerblichinfiziert.

• Beispiel: Eine Steuerberater GbR vertreibtSoftwareprogramme für Steuerberater; eine GbR, dieGrundstücke verwaltet (V+V), beteiligt sich an einerPersonengesellschaft, die Grundstücke verwertet.

96

Page 97: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. EStG und dieBetriebsaufspaltung

Die A/B GbR vermietet verschiedeneWohnungen. Außerdem vermietet sie der A/BGmbH das Betriebsgrundstück. DerGesamtumfang der Vermietungstätigkeit istvermögensverwaltend.Problem: Durch die Betriebsaufspaltung erzieltdie A/B GbR gewerbliche Einkünfte und infiziertdamit den übrigen Geschäftsbereich.Gestaltungsmöglichkeit?

97

Page 98: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abwandlung Fall ESt 8:

Die Anwaltssozietät (GbR) nimmt den R mit seineranwaltlichen Tätigkeit und seiner Inkassotätigkeitals neuen Partner auf. Die Insolvenzverwalter-tätigkeit gliedert R aus. Sie ist nicht Teil der neuenSozietät.Im Rahmen einer Betriebsprüfung weist dasFinanzamt die Sozietät darauf hin, dass vongewerblichen Einkünften ausgegangen wird.

Zu Recht?

98

Page 99: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. EStG:Abfärberegelung bei Beteiligung• Bsp.: Eine SteuerberaterGbR beteiligt sich an

einer OHG, die Software für Steuerberatervertreibt. Durch den Zufluss der gewerblichenEinkünfte wird die GbR ebenfalls gewerblichinfiziert.

• Eine vermögensverwaltende GbR(Wohnungen) beteiligt sich an einerPersonengesellschaft, die gewerblichFremdgrundstücke bewirtschaftet

99

Page 100: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG: gewerblich geprägtePersonengesellschaft

• Voraussetzung:– nur Kapitalgesellschaften haften persönlich– nur diese, oder Personen, die nicht Gesellschafter

sind, sind zur Geschäftsführung befugt

• Rechtsfolge: Unabhängig von der Art derBetätigung liegen gewerbliche Einkünfte vor.

100

Page 101: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 9: (FG Düsseldorf vom 12.08.2010, 12 K2384/08 G; BFH vom 10.10.2012, VIII R 42/10)

Eine Wirtschaftsprüfungs- undSteuerberatungsgesellschaft wird in der Rechtsformeiner GmbH & Co. KG betrieben. DieKommanditisten, natürliche Personen, sind zurGeschäftsführung befugt. Die persönlich haftendeGesellschafterin, also die GmbH, enthält sichjedweder Tätigkeit. Die Gesellschaft führtausschließlich Aufgaben aus, die Steuerberaternund Wirtschaftsprüfern vorbehalten sind.

Welche Art von Einkünften wird erzielt?

101

Page 102: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Abwandlung Fall ESt 9

Die GmbH und Co KG vermietet nurGrundstücke. Das Ausmaß der Tätigkeit bewegtsich im Bereich der Vermögensverwaltung.Neben der GmbH wurde ein Kommanditist zurGeschäftsführung berufen.

102

Page 103: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Die Zebragesellschaft

Klassischer Fall: Vermögensverwaltende GmbH & Co KG oderGbR, die entprägt wurde, d.h. gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStGnicht gewerblich geprägt wurde.1. Stufe: Feststellung der Einkünfte auf Ebene der

Gesellschaft: Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.Einkünfteermittlung entsprechend dem System derÜberschusseinkünfte

2. Stufe: Feststellung der Einkünfte auf Ebene desGesellschafters: Bei der GmbH liegen zwangsläufigEinkünfte aus Gewerbebetrieb vor.

3. BFH GrS 2/02: Die Umqualizierung der Einkünfte vollziehtsich außerhalb der Zebragesellschaft im Rahmen derEinkommensteuerveranlagung des Gesellschafters.

103

Page 104: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 10: FG Schleswig-Holstein vom25.08.2011, 5 K 38/08Die ABCD GbR vermietet Grundstücke. An der GbR sind dieGesellschafter A und B zu je 20 % beteiligt, die Gesellschafter C und Dzu je 30 %. Zu den vermieteten Grundstücken gehört eine Spielhalle,die an die Y GmbH vermietet wird. An der Y GmbH sind C und D jehälftig beteiligt. Der Umsatz mit der Y GmbH beträgt 6 Prozent desgesamten Umsatzes der GbR. Die GbR ermittelt ihre Einkünfte aufBasis einer Einnahme-Überschuss-Rechnung. Ihr Jahresumsatz beträgtdurchschnittlich T€ 300; der Gewinn T€ 30.Die Vermietungstätigkeit entspricht vom Umfang her einervermögensverwaltenden Tätigkeit.Die Betriebsprüfung ist der Auffassung, die GbR erziele gewerblicheEinkünfte und veranlasst eine Umqualifikation der Einkünfte. Sie istferner der Auffassung, die GbR sei buchführungspflichtig. Durch dieFeststellungen der Betriebsprüfung erhöht sich der Gewinn der GbR imgeprüften Jahr durch die Einbuchung verschiedener Mietforderungenper 31.12.

104

Page 105: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall ESt 11: Die missglückte Steuergestaltung:Teil IFamilienoberhaupt (FO) ist Bauunternehmer. Sein lukratives Hobby besteht inder Grundstücksentwicklung. Er geht davon aus, dass dann, wenn er dieGrundstücke nicht persönlich entwickelt sondern unter Beteiligung seinerFamilie (GbR), er eine Veräußerungsgewinnbesteuerung vermeiden kann, weilEinkünfte aus V+V vorliegen.Nachdem ihm ein Insolvenzverwalter ein günstiges Grundstück anbot, setzt erseinen Plan in die Tat um. Seine drei Kinder begleiten ihn pro Forma zumNotar und unterschreiben den Grundstückskaufvertrag. Die FO-GbR wird imGrundbuch als Eigentümer eingetragen. FO finanziert den Erwerb und dieRenovation mit einem nur auf ihn abgeschlossenen Darlehensvertrag. Er leitetdie Renovation und sucht einen Käufer. Nach einem Jahr dürfen die Kinder ihnzum Verkauf erneut zum Notar begleiten. FO streicht einen beträchtlichenVeräußerungsgewinn ein und freut sich an seinem vermeintlich steuerfreienGewinn und belächelt andere Unternehmer, die hierfür auch nochSteuerberater einsetzen.

Wie sähe die richtige Besteuerung aus?

105

Page 106: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Die missglückte Steuergestaltung: Teil II

Das kommende Jahr war für FO nichterfolgreich. Er erzielte in seinemBauunternehmen einen hohen Verlust undentkommt knapp der Insolvenz. DerVerlustrücktrag ist dank der „genialen“Steuergestaltung des Vorjahres wertlos.

106

Page 107: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Die missglückte Steuergestaltung: Teil III

Noch ein Jahr später bekommen FO und seine Familienmitgliederunaufgeforderten Besuch zu unerträglich früher Stunde. Nach einerBeschlagnahme sämtlicher Unterlagen und mehrjähriger Prüfung kommt dieFinanzverwaltung zu dem Ergebnis,• dass der Grundstücksveräußerungsgewinn als Spekulationsgewinn

steuerpflichtig ist und• dass die Kinder diesen Spekulationsgewinn anteilig zu versteuern haben.Nach Zugang der Einkommensteuerfestsetzungen melden die KinderInsolvenz an. FO fragt nun den Steuerberater Teuer, wie er seine Kinder rettenkann. Dieser legt für die GbR, vertreten durch FO, Einspruch ein. DieFinanzbehörde weist den Einspruch zurück, ohne auch nur die Kinderanzuhören. Tochter T des FO, die im 2. Semester Jura studiert, ist derAuffassung, sie hätte zumindest angehört werden müssen und sieht sich inihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt.

107

Page 108: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Außergewöhnliche Belastungen §§ 33 ffEStG• Allgemeine Regelung in § 33• Besondere Regelung in § 33 a EStG für

Unterhalt und Ausbildung• Besondere Regelung in § 33 b EStG:

Pauschbeträge für Hinterbliebene, Behinderteund Pflegepersonen

108

Page 109: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Außergewöhnliche Belastungen iS des § 33EStGVoraussetzungen• Aufwendungen – bewusste und gewollte Vermögensminderung -,• Kein Gegenwert: Wenn infolge der Aufwendungen dem Stpfl. ein Gegenwert zufließt, dann

grundsätzlich keine Belastung, sondern bloße Umschichtung.• Problem: Wenn man bewusst und gewollt Geld ausgibt, gibt es fast immer einen Gegenwert.• Der BFH sieht die Gegenwerttheorie inzwischen selbst kritisch BStBl. 2010 II 280;

behindertengerechter Umbau eines Hauses• Jedenfalls diverse Ausnahmen

– Anschaffung medizinischer Hilfsmittel, die nicht marktgängig sind– Beseitigung von Schäden an Vermögensgegenständen – verlorener Aufwand

• keine Werbungskosten, Betriebsausgaben oder Sonderausgaben• außergewöhnlich (größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrheit bei vergleichbaren

Einkommensverhältnissen, vergleichbaren Vermögensverhältnissen und vergleichbarenFamilienstand)

• zwangsläufig; wenn sich der Stpfl. aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nichtentziehen kann und soweit die Aufwendungen notwendig sind und einen angemessenen Betragnicht übersteigen., insbesondere Krankheitskosten

• Übersteigen der zumutbaren Belastung• Antrag

109

Page 110: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Einkünfte aus KapitalvermögenGrund des GestaltungsungetümsIdeen der Steuer:• Abgeltungssteuer an der Quelle, um Steuerhinterziehung zu

vermeiden;• Besteuerung auch der Vermögenszuwächse, um Gestaltungen zu

vermeiden, bei denen die Erträge in die Substanzgewinneverschoben werden.

Folge:Eine völlig unsystematische Einkunftsart, die zumindest nicht mehr denÜberschusseinkunftsarten zugerechnet werden kann. UnterschiedlicheBesteuerungsmodelle, je nachdem ob die Kapitaleinkünfte denGewinneinkünften zuzurechnen sind, dann Teileinkünfteverfahren,oder als Kapitaleinkünfte versteuert werden oder kraftOptionsausübung doch dem Teileinkünfteverfahren obliegen oder aufAntrag der Regelbesteuerung unterworfen werden.

110

Page 111: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Grundsätzliche Funktionsweise der Steuer

• Keine Unterscheidung zwischen laufendenEinkünften und Veräußerungsgewinnen

• Einheitlicher Steuersatz von 25 % und keineEinberechnung in die Summe der Einkünfte

• Diverse Antragswahlrechte, um Unbilligkeitenim Einzelfall auszuschließen

111

Page 112: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Steuerobjekt der Kapitaleinkünfte

• § 20 EStGInsbesondere Zinsen, Gewinnausschüttungen,Veräußerungsgewinne, Versicherungserträge

• Vorrangregelung: § 20 Abs. 8 EStG:Soweit die Kapitaleinkünfte zu einer derGewinneinkunftsarten oder zu V+V gehören, unterliegensie nicht der Besteuerung der Kapitaleinkünfte.

• Anm.: § 17 EStG nicht vergessen.Die Veräußerung von Anteilen an einerKapitalgesellschaft von zumindest 1 % wird dengewerblichen Einkünften gleich gestellt.

112

Page 113: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Optionsmöglichkeiten bei den Einkünften ausKapitalvermögen

• § 32 d Abs. 2 Nr. 3 EStG: Bei einer Beteiligungvon zumindest 25 % oder von 1 % und einerberuflichen Betätigung für die Gesellschaftkann zum Teileinkünfteverfahren optiertwerden.

113

Page 114: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Berechnung der Bemessungsgrundlage derKapitaleinkünfte

• Grundsatz: Der Werbungskostenabzug ist gesondertgeregelt durch § 20 Abs. 9 EStG: Bei der Ermittlungwird ein Werbungskostenpauschbetrag von 801 €abgezogen. Der Abzug der tatsächlichenWerbungskosten ist ausgeschlossen.

• Bei einer Beteiligung von mindestens 25 % können aufAntrag höhere Werbungskosten geltend gemachtwerden § 32 d Abs. 2 Nr. 3 S. 2 EStG. Gleiches gilt beieiner Beteiligung von zumindest 1 % und beruflicherBetätigung für die Gesellschaft.

• Außerdem besondere Regeln in § 20 Abs. 4 EStG zurBerechnung des Veräußerungsgewinns.

114

Page 115: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Steuertarif und Steuererhebung derKapitaleinkünfte

• Steuertarif: § 32 d EStG: 25 %• Steuererhebung: §§ 38 ff.: Abzugsverfahren an

der Quelle• Grundsätzlich keine Steueranrechnung, weil § 32

d Abs. 1 EStG eine abschließende Regelungdarstellt.

• Ausnahme: § 32 d Abs. 6 EStG: Auf Antragwerden die Kapitaleinkünfte den Einkünften des§ 2 hinzugerechnet und der tariflichenEinkommensteuer unterworfen

115

Page 116: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Besteuerungssystematik bei Kapitaleinkünftenim Rahmen einer Gewinneinkunftsart• Steuerobjekt: Sämtliche Vermögensmehrungen im

Zusammenhang mit Bankkonten; Beteiligungen anKapitalgesellschaften etc.– Besonderheit: § 17 EStG bei Beteiligungen von zumindest 1 %

gehört der Veräußerungsgewinn selbst dann zu dengewerblichen Einkünften, wenn die Beteiligung i.ü. demPrivatvermögen zuzurechnen ist.

• Steuerbefreiungen: § 3 Nr. 40: Teileinkünfteverfahren; 40 %steuerbefreit. Korrespondierend § 3 c EStG nur anteiligerAbzug von Betriebsausgaben.

• Steuertarif: Normale Besteuerung nach Tabelle• Steuererhebung: §§ 38 ff; Abzugsverfahren

Kapitalertragsteuer mit Steueranrechnung imVeranlagungsverfahren (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG).

116

Page 117: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Systematischer Vergleich des Teileinkünfteverfahrenmit der Abgeltungssteuer

BeispielsfallA ist zu 100 % an der A-GmbH beteiligt. Die AGmbH erzielt einen Gewinn von 100.000 €, densie zu 100 % an den A ausschüttet.Die A-GmbH muss zunächst Körperschaftsteuer(15 %), Soli und GewSt abführen. DieseBelastungen belaufen sich geschätzt auf 30 %.Für die Ausschüttung stehen damit 70.000 zurVerfügung.

117

Page 118: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Besteuerung unter Berücksichtigung derAbgeltungsteuerA kann von seinen Kapitaleinkünften den Sparerfreibetrag von 801 €abziehen; den Abzug höherer Werbungskosten schließt § 20 Abs. 9 S. 1 EStGzwar grundsätzlich aus. Da A jedoch zu mehr als 25 % beteiligt ist, kann ergem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG auf Antrag höhere Werbungskostengeltend machen, wenn er denn welche hat.

Ein Betrag von 69.199 € ist bei Ansatz des Werbungskostenpauschbetrages zuversteuern. Die Abgeltungsteuer beträgt 25 % (§ 32 d Abs. 1 S. 1, d.h. 17.300€). Die Gesamtsteuerbelastung auf die € 100.000 beträgt damit etwa 47.300.

Gem. §§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 43a Abs. 1 Nr. 1 muss die A-GmbH dieKapitalertragsteuer an der Quelle abführen. A kann diese Einkünfte imRahmen der Veranlagung erklären, um etwa einen Verlustvortrag nochauszuschöpfen (§ 32 d Abs. 4) oder einen günstigeren individuellenSteuertarif (§ 32 d Abs. 6 EStG) auszunutzen.

118

Page 119: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Besteuerung unter Berücksichtigung desTeileinkünfteverfahrensBesteuerungssystematik bei Anwendung des Teileinkünfteverfahrens, etwa wenn dieBeteiligung zu einem Betriebsvermögen gehört.• Prämissen: Der individuelle Steuersatz beträgt 43 % (incl. Soli). Betriebsausgaben

sind im Zusammenhang mit der Beteiligung nicht angefallen.• Die Ausschüttung an A unterliegt nicht der Besteuerung als Kapitaleinkünfte (§ 20

Abs. 8 EStG). Trotzdem ist die Kapitalertragsteuer an der Quelle einzubehalten (§43 Abs. 1 Nr. 1 EStG iVm § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Unbeachtlich ist daher zunächst,dass die Einkünfte beim A solche aus Gewerbebetrieb sind; § 43 Abs. 4 EStG.

• Allerdings tritt die Abgeltungswirkung nicht ein (§ 43 Abs. 5 S. 2 EStG); d.h., dieseKapitalerträge sind im Rahmen der Einkommensteuer zu erklären und mit demindividuellen Steuersatz zu versteuern. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG ordnet dieAnrechnung der abgeführten Kapitalertragsteuer an.

• Bei der Besteuerung ist § 3 Nr. 40d EStG zu beachten. Die Bemessungsgrundlageerhöht sich infolge des Teileinkünfteverfahrens um 60 % der Einnahmen (€70.000), d.h. um 42.000. Da der individuelle Steuersatz 43 % beträgt, muss er €18.060 an Steuern zahlen.

• Die Gesamtsteuerbelastung beträgt etwa € 48.000 (30.000 € auf Ebene derKörperschaft und 18.000 auf Ebene des Anteilseigners).

119

Page 120: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Sonderfall Veräußerungsgewinne

Veräußerungsgewinne unterliegen grundsätzlichder gleichen Besteuerungssystematik wie laufendeGewinne.Eine Besonderheit besteht allerdings beiBeteiligungen von zumindest 1 % gem. § 17 EStG.Die Veräußerung derartiger Beteiligungen gilt alsgewerblich und führt damit zur Anwendung desTeileinkünfteverfahrens, auch wenn die Beteiligungselbst im Privatvermögen gehalten wurde.

120

Page 121: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Systematik der Körperschaftsteuer

• Besteuerung des Gewinns auf Ebene der Kapitalgesellschaft mit 15 % (§ 23 Abs. 1KStG) zzgl. Soli.

• Bei Ausschüttung an den Anteilseigner – natürliche Person – wird entweder durchdie Abgeltungssteuer von 25 % zzgl. Soli die Einkommensbesteuerungsichergestellt. Bei Einkünften in einem Betriebsvermögen findet hingegen dasTeileinkünfteverfahren Anwendung, d.h. 60 % der Einkünfte werden mit demindividuellen Steuersatz besteuert.

• Bei Ausschüttung an einen Anteilseigner, der selbst Körperschaftsteuersubjekt ist,werden die Einnahmen zu 95 % steuerfrei gestellt; 5 % gelten als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben, erhöhen also den steuerpflichtigen Gewinn (§ 8bKStG). Die Steuerbefreiung gilt auch für Veräußerungsgewinne (§ 8 b Abs. 2 KStG).

• Verfahren: Die Dividenden werden bei der Ausschüttung der Abgeltungsteuerunterworfen und im Rahmen der Veranlagung angerechnet (§ 31 KStG iVm § 36Abs. 2 Nr. 2 EStG).

• Ausschüttungen an den Anteilseigner stellen eine Gewinnverwendung dar unddürfen somit den Gewinn nicht mindern. Dies gilt insbesondere für verdeckteGewinnausschüttungen (vgl. § 8 Abs. 3 KStG).

121

Page 122: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Art der Einkünfte und Bemessungsgrundlage

• § 7 Abs. 1: Zu versteuerndes Einkommen; im wesentlichender Gewinn, der sich nach den Vorschriften desEinkommensteuerrechts ergibt (§§ 7 Abs. 2, 8 KStG). Auchdie Vorschrift des § 4 Abs. 5 EStG (nicht abziehbareBetriebsausgaben) ist daher anwendbar.

• Besonderheiten bei der Gewinnermittlung: EineKörperschaft hat zwingend nur Einkünfte ausGewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG)

• Nichtabziehbare Aufwendungen gem. § 10 KStG: Ziel zumTeil, bei einer Körperschaft, die keine Privatsphäre hat,nicht mehr Aufwendungen zum Abzug zuzulassen, wie beieiner Privatperson

122

Page 123: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Rechtsgeschäfte mit den Gesellschaftern

Rechtsgeschäfte mit den Gesellschaftern sindgrundsätzlich anzuerkennen (Trennungsprinzip);etwa Abschluss eines Geschäftsführervertrages.Hier kann es aber zu einer künstlichen Erhöhungder Betriebsausgaben durch überhöhte Preisekommen (Thema verdeckteGewinnausschüttungen, § 8 Abs. 3 KStG).

Hinweis: Bei Personengesellschaften gilt insoweitdas Einheitsprinzip.

123

Page 124: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Verdeckte Gewinnausschüttung

Vermögensminderung oder verhinderteVermögensmehrung, die durch dasGesellschaftsverhältnis und nicht betrieblichveranlasst ist. Der Vorteil kommt demGesellschafter oder einer ihm nahestehendenPerson zugute.

124

Page 125: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fallgruppen der verdecktenGewinnausschüttung• Durchführung eines Fremdvergleichs: Obergrenze des fremdüblichen ist

der Maßstab; insbesondere bei zu hohen Geschäftsführervergütungen,Tantiemen, Pensionszusagen; Darlehen zu einem unüblich niedrigen Zins,Verkauf von Gesellschaftsvermögen zu einem unüblich niedrigen Preis.

• Liebhaberei: Da eine Kapitalgesellschaft definitionsgemäß gewerblicheEinkünfte hat, können keine Liebhabereibereiche aus dem gewerblichenBereich ausgeschieden werden. Die Aufwendungen werden als vGA an dieGesellschafter behandelt, Bsp.: Segelyachtverleih.

• Fehlen einer klaren, zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung mit einembeherrschenden Gesellschafter; maßgebend die Stimmrechte in derGesellschafterversammlung, nicht die Kapitalbeteiligung. Es liegt in vollemUmfang eine vGA vor. Auf die Frage der Angemessenheit kommt es nichtan.

• Fehlende Üblichkeit/Ernsthaftigkeit.

125

Page 126: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Rechtsfolge der verdecktenGewinnausschüttung

• Die vGA, die zuvor als Betriebsausgabeabgezogen worden war, wird dem Gewinn wiederzugerechnet und damit auf Ebene derKörperschaft mit 15 % besteuert (§ 8 Abs. 3 S. 2KStG).

• Der Zufluss bei dem Anteilseigner wird wie beieiner offenen Ausschüttung besteuert, d.h.Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr.1 S. 2 EStG), sofern Beteiligung nicht zu einemBetriebsvermögen gehört.

126

Page 127: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Beispielsfall: Verdeckte Gewinnausschüttung

Die A/B GbR vermietet der A/B GmbH dasBetriebsgrundstück. Dabei erzielt sie Mieterlöse,die das ortsübliche Entgelt zu 100 % übersteigen.

Soweit die Mieterlöse das ortsübliche Entgeltübersteigen, liegen keine Mietaufwendungen vor,sondern verdeckte Gewinnausschüttungen. Sieunterliegen auf Ebene der Kapitalgesellschaft demKapitalertragsteuereinbehalt. Auf Ebene der GbRliegen gewerbliche Einkünfte vor. Damit ist dasTeileinkünfteverfahren anzuwenden.

127

Page 128: Crashkurs Steuerrecht - Goutier · der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Fall KSt 1: (BFH vom 20.10.2010; VIII R 34/08;BFH/NV 2011, 585)

A ist einer von zwei Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH. Er istzu 60 % an der GmbH beteiligt. Beide Geschäftsführer haben keinenAnstellungsvertrag mit der GmbH. A hat allerdings einenBeratungsvertrag, der ihn dazu verpflichtet, die Finanztechnik beratendzu begleiten und seine persönlichen Kontakte im Bankenbereich zumWohle der Gesellschaft zu erbringen. Er erhält mtl. 10.000 für seineberatende Tätigkeit. Die Vergütung ist jeweils am 5. des laufendenMonats fällig. Ähnliche Leistungen erbringt A auch für andereGesellschaften, an denen er nicht beteiligt ist. Allerdings fakturiert erdort nur zwischen 4.000 und maximal 7.000 € monatlich. Die GmbHzieht die Beratungskosten als Betriebsausgaben ab, A deklariert sie inseiner Steuererklärung als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. ZuRecht?

128