D-Das Ende der Marienburg -dj-

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Betroffene wollen vom Bistum gehört werden Geplante Schließung der Marienburg stößt auf Unverständnis, Wut und Trauer Von unserem Mitarbeiter Dieter Junker M Zell. Die beabsichtigte Schlie- ßung der Marienburg schlägt in der Region hohe Wellen. Enttäu- schung, Wut, Ärger, Trauer, ge- paart mit Unverständnis über die Entscheidung des Bistums Trier, diese Einrichtung zu verkaufen und alles nach Himmerod zu ver- lagern (die RZ berichtete). Dies gilt nicht zuletzt auch für Menschen, die sich seit Jahren ehrenamtlich in der Marienburg engagieren. „Ich war fassungslos, erschro- cken, wütend und traurig“, be- schreibt Ulla Schädler aus Bullay ihre Gefühle, als sie die Nachricht aus Trier erhielt. Sie ist seit Jahr- zehnten ehrenamtlich in der Mari- enburg engagiert und erlebt hier eine lebendige Kirche. „Die Mari- enburg, das steht für eine offene Form der Kirche, das ist ein Ort mit einer speziellen Magie und Atmo- sphäre, das ist mehr als einfach ei- ne Kirche der Jugend. Und das soll nun zu Ende sein?“, versteht auch Christian Kontermann die Welt nicht mehr. Der Zell-Kaimter ist im Jugendchor auf der Marienburg aktiv und hat sich bewusst für die- sen Ort des Glaubens entschieden. Und Barbara Müller aus Bullay be- tont: „Vieles von dem, was auf der Marienburg gemacht wurde, strahlte in die Pfarreien der ganzen Region aus. Das war Werbung für die Kirche.“ „Die Entscheidung, ein funktio- nierendes Konzept, sei es als Ju- gendkirche, Kirche der Generatio- nen oder einfach als aktive Ge- meinde mit gelebtem Glauben, aufzugeben und stattdessen ohne weitere Planung, abgesehen von einem 200-Betten-Haus, ein neues Projekt hochzuziehen, ergibt kei- nen Sinn“, sagt auch Katharina Kohl. Sie stammt aus Bullay, lebt jetzt in Braunschweig, und ist mit der Marienburg groß geworden. Auch ihre Schwester Hannah kann die Trierer Entscheidung nicht nachvollziehen. „Die Marienburg ist ein Ort, wo alle angenommen werden und der meinen Glauben geprägt hat“, sagt sie. Sie ist heute katholische Stadtjugendreferentin in Offenburg. „Dass ich das heute mache, hat ganz viel mit der Mari- enburg zu tun“, ist sie überzeugt. Eins sorgt dabei vor allen für Un- verständnis. „Da ist viel Wut über die Art und Weise der Kommuni- kation, über das vor vollendete Tat- sachen stellen“, meint Katharina Kohl. Und Barbara Müller betont: „Ich hätte es mir gewünscht, dass wir vorher mal gehört worden wä- ren. So wird das weitverbreitete Bild von Kirche nun eher bestä- tigt.“ In der Marienburg habe man gemeinsam Kirche erlebt und ge- lebt, erzählt Christian Kontermann. Da hätte man ein solches Vorge- hen ohne vorherige Diskussion nicht erwartet, bedauert er und sagt: „Man fühlt sich da schon ein Stück weit entmündigt.“Gerade auch die Tatsache, dass die Finan- zen als Hauptargument für die Schließung der Marienburg vom Bistum angeführt werden, könne viele nicht nachvollziehen. „Eine Offenlegung der Kostenvoran- schläge mit der Möglichkeit der Stellungnahme oder einer anderen Lösungsfindung wäre das Mindes- te gewesen, was ich mir und si- cherlich viele andere auch sich ge- wünscht hätten. Ganz zu schwei- gen von der Enttäuschung derje- nigen, die ein gesamtes Konzept für den Standort Marienburg ent- wickelt haben, und dies nun zu Tei- len stumpf auf das Kloster Him- merod übertragen sehen“, bedau- ert Katharina Kohl. Ihre Schwester Hannah gibt zudem zu bedenken: „Mich enttäuscht die Perspektiv- losigkeit für die Marienburg.“ „Hier hat die Kirche in einer fun- damentalen Art und Weise versagt und die Werte des christlichen Glaubens verraten. Statt Mitgefühl, Glaube und Wertschätzung schei- nen finanzielle Interessen und per- sönliche Profilierung stark im Mit- telpunkt zu stehen. In Zeiten, in de- nen wir über Mitbestimmung, Au- genhöhe und synodalen Weg dis- kutieren, hat das Bistum Trier da- von wenig verstanden und in die- sem Fall nichts umgesetzt“, gibt sich Katharina Kohl ernüchtert. Die Gruppe der Ehrenamtlichen sucht nun das Gespräch mit dem Bistum. „Es gab bereits Gespräche mit Vertretern der Jugendarbeit. Aber das kann nur ein erster Schritt gewesen sein“, sagt Barba- ra Müller. Es gehe auch darum, dass in der Region der deutliche Wunsch bestehe, die Marienburg als gelebten Ort von Kirche zu er- halten, sagt Ulla Schädler. Viel- leicht sei ja eine Zweigstelle von Himmerod auf der Marienburg denkbar, meint sie. „Wir wollen mit allen ins Gespräch kommen, über Alternativen nachdenken, im Miteinander nach Lösungen su- chen. Uns geht es hier nicht um ei- ne Konfrontation mit dem Bistum“, macht Christian Kontermann klar. Und Barbara Müller ergänzt: „Ich wünsche mir einfach, gehört zu werden.“ Mittlerweile wurden WhatsApp- und Facebook-Gruppen eingerich- tet, eine Homepage freigeschaltet, auch um den Menschen einen Ort für ihre Wut, ihre Enttäuschung und ihre Gedanken zu geben. „Uns geht es darum, dass es ein Miteinander gibt, die Ehrenamtli- chen, die Mitarbeitenden, die Menschen in der Region, um eine Lösung zu finden. Dabei darf aber aus unserer Sicht nicht nur das Fi- nanzielle die einzige Rolle spielen. Die Marienburg ist mehr“, macht Christian Kontermann deutlich. Und er betont: „Genau solche Orte wie die Marienburg waren für mich als Katholik bei all den ne- gativen Schlagzeilen, bei all der Rückwärtsgewandtheit, bei all dem Eingefahrenen, immer das Zei- chen: Kirche geht anders, Kirche geht lebendig, Kirche geht offen, Kirche geht gemeinsam, Kirche geht neu. Wenn man solche Orte aufgibt, wo solche Keime entste- hen, wachsen Zweifel an Kirche. Y Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.pro- marienburg.de Zwar hängen zurzeit Wolken über der Marienburg, am Wochenende aber hat sich wieder einmal gezeigt, dass es durchaus noch einen Lichtblick am Hori- zont bezüglich der Zukunft der Einrichtung gibt. Viele Menschen kämpfen nämlich für die Marienburg. Foto: Thomas Brost „Man fühlt sich ein Stück weit entmündigt.“ Christian Kontermann aus Zell-Kaimt

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Betroffene wollen vom Bistum gehört werdenGeplante Schließungder Marienburg stößtauf Unverständnis, Wutund Trauer

Von unserem MitarbeiterDieter Junker

M Zell. Die beabsichtigte Schlie-ßung der Marienburg schlägt inder Region hohe Wellen. Enttäu-schung, Wut, Ärger, Trauer, ge-paart mit Unverständnis über dieEntscheidung des Bistums Trier,diese Einrichtung zu verkaufenund alles nach Himmerod zu ver-lagern (die RZ berichtete). Dies giltnicht zuletzt auch für Menschen,die sich seit Jahren ehrenamtlich inder Marienburg engagieren.„Ich war fassungslos, erschro-

cken, wütend und traurig“, be-schreibt Ulla Schädler aus Bullayihre Gefühle, als sie die Nachrichtaus Trier erhielt. Sie ist seit Jahr-zehnten ehrenamtlich in der Mari-enburg engagiert und erlebt hiereine lebendige Kirche. „Die Mari-enburg, das steht für eine offeneForm der Kirche, das ist ein Ort miteiner speziellen Magie und Atmo-sphäre, das ist mehr als einfach ei-ne Kirche der Jugend. Und das sollnun zu Ende sein?“, versteht auchChristian Kontermann die Weltnicht mehr. Der Zell-Kaimter ist imJugendchor auf der Marienburgaktiv und hat sich bewusst für die-sen Ort des Glaubens entschieden.Und Barbara Müller aus Bullay be-tont: „Vieles von dem, was auf derMarienburg gemacht wurde,strahlte in die Pfarreien der ganzenRegion aus. Das war Werbung fürdie Kirche.“„Die Entscheidung, ein funktio-

nierendes Konzept, sei es als Ju-gendkirche, Kirche der Generatio-nen oder einfach als aktive Ge-meinde mit gelebtem Glauben,aufzugeben und stattdessen ohneweitere Planung, abgesehen voneinem 200-Betten-Haus, ein neuesProjekt hochzuziehen, ergibt kei-nen Sinn“, sagt auch KatharinaKohl. Sie stammt aus Bullay, lebtjetzt in Braunschweig, und ist mitder Marienburg groß geworden.Auch ihre Schwester Hannah kanndie Trierer Entscheidung nichtnachvollziehen. „Die Marienburgist ein Ort, wo alle angenommenwerden und der meinen Glaubengeprägt hat“, sagt sie. Sie ist heutekatholische Stadtjugendreferentinin Offenburg. „Dass ich das heutemache, hat ganz viel mit der Mari-enburg zu tun“, ist sie überzeugt.

Eins sorgt dabei vor allen für Un-verständnis. „Da ist viel Wut überdie Art und Weise der Kommuni-kation, über das vor vollendete Tat-sachen stellen“, meint KatharinaKohl. Und Barbara Müller betont:„Ich hätte es mir gewünscht, dasswir vorher mal gehört worden wä-ren. So wird das weitverbreiteteBild von Kirche nun eher bestä-tigt.“ In der Marienburg habe mangemeinsam Kirche erlebt und ge-lebt, erzählt Christian Kontermann.Da hätte man ein solches Vorge-hen ohne vorherige Diskussionnicht erwartet, bedauert er undsagt: „Man fühlt sich da schon einStück weit entmündigt.“Geradeauch die Tatsache, dass die Finan-zen als Hauptargument für dieSchließung der Marienburg vomBistum angeführt werden, könneviele nicht nachvollziehen. „EineOffenlegung der Kostenvoran-schläge mit der Möglichkeit derStellungnahme oder einer anderenLösungsfindung wäre das Mindes-te gewesen, was ich mir und si-cherlich viele andere auch sich ge-

wünscht hätten. Ganz zu schwei-gen von der Enttäuschung derje-nigen, die ein gesamtes Konzeptfür den Standort Marienburg ent-wickelt haben, und dies nun zu Tei-len stumpf auf das Kloster Him-merod übertragen sehen“, bedau-ert Katharina Kohl. Ihre SchwesterHannah gibt zudem zu bedenken:„Mich enttäuscht die Perspektiv-losigkeit für die Marienburg.“„Hier hat die Kirche in einer fun-

damentalen Art und Weise versagtund die Werte des christlichenGlaubens verraten. Statt Mitgefühl,

Glaube und Wertschätzung schei-nen finanzielle Interessen und per-sönliche Profilierung stark im Mit-telpunkt zu stehen. In Zeiten, in de-nen wir über Mitbestimmung, Au-genhöhe und synodalen Weg dis-

kutieren, hat das Bistum Trier da-von wenig verstanden und in die-sem Fall nichts umgesetzt“, gibtsich Katharina Kohl ernüchtert.Die Gruppe der Ehrenamtlichen

sucht nun das Gespräch mit demBistum. „Es gab bereits Gesprächemit Vertretern der Jugendarbeit.Aber das kann nur ein ersterSchritt gewesen sein“, sagt Barba-ra Müller. Es gehe auch darum,dass in der Region der deutlicheWunsch bestehe, die Marienburgals gelebten Ort von Kirche zu er-halten, sagt Ulla Schädler. Viel-leicht sei ja eine Zweigstelle vonHimmerod auf der Marienburgdenkbar, meint sie. „Wir wollenmit allen ins Gespräch kommen,über Alternativen nachdenken, imMiteinander nach Lösungen su-chen. Uns geht es hier nicht um ei-ne Konfrontation mit dem Bistum“,macht Christian Kontermann klar.Und Barbara Müller ergänzt: „Ichwünsche mir einfach, gehört zuwerden.“Mittlerweile wurden WhatsApp-

und Facebook-Gruppen eingerich-

tet, eine Homepage freigeschaltet,auch um den Menschen einen Ortfür ihre Wut, ihre Enttäuschungund ihre Gedanken zu geben.„Uns geht es darum, dass es einMiteinander gibt, die Ehrenamtli-chen, die Mitarbeitenden, dieMenschen in der Region, um eineLösung zu finden. Dabei darf aberaus unserer Sicht nicht nur das Fi-nanzielle die einzige Rolle spielen.Die Marienburg ist mehr“, machtChristian Kontermann deutlich.Und er betont: „Genau solche Ortewie die Marienburg waren fürmich als Katholik bei all den ne-gativen Schlagzeilen, bei all derRückwärtsgewandtheit, bei all demEingefahrenen, immer das Zei-chen: Kirche geht anders, Kirchegeht lebendig, Kirche geht offen,Kirche geht gemeinsam, Kirchegeht neu. Wenn man solche Orteaufgibt, wo solche Keime entste-hen, wachsen Zweifel an Kirche.

Y Weitere Informationen gibt esim Internet unter www.pro-

marienburg.de

Zwar hängen zurzeit Wolken über der Marienburg, am Wochenende aber hat sich wieder einmal gezeigt, dass es durchaus noch einen Lichtblick am Hori-zont bezüglich der Zukunft der Einrichtung gibt. Viele Menschen kämpfen nämlich für die Marienburg. Foto: Thomas Brost

„Man fühlt sich ein Stückweit entmündigt.“Christian Kontermann aus Zell-Kaimt