PORZ LÖVENICH • MARIENBURG • MAUENHEIM • MERHEIM ...

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PORZ PORZ Gemeinschaft wird gelebt In Elsdorf ziehen die Bürger an einem Strang – Weltmeister Cullmann kam aus Urbach hierher VON RENÉ DENZER Supermarkt, Bäckerei oder Frisör, das alles sucht man in Elsdorf ver- gebens. Und doch sind etliche Menschen im Veedel deswegen nicht unzufrieden. „Wenn wir was brauchen, dann gehen wir zu mei- ner Tante“, sagt Konrad Klein. Franziska Zimmermann ist eine Institution. Schließlich betreibt sie seit Jahrzehnten einen Tante-Em- ma-Laden an der Hermann-Löns- Straße. In dem ist nicht nur der Vorsit- zende des Ortsrings Urbach/Els- dorf Stammgast, sondern auch ein Welt- und Europameister. Bernd Cullmann wohnt seit 47 Jahren im Veedel. Nach der Hochzeit ist er nach Elsdorf gezogen. Der Weg war nicht all zu weit. „Früher habe ich in Urbach gewohnt“, so der ehemalige FC-Kicker. Die Grenze zwischen den bei- den Stadtteilen ist heute fast flie- ßend. Früher sei sie deutlicher ge- wesen, sagt Cullmann. Da habe es noch nicht so eine dichte Bebau- ung an der Friedensstraße und Frankfurter Straße gegeben. Heute sieht es anders aus. Aber trotz der räumlichen Nähe gibt es eine klare Trennung. „Der Elsdorfer an sich versteht sich eben in erster Linie auch als Elsdorfer“, sagt Cull- mann, der 1974 Fußballweltmeis- ter und 1980 Europameister ge- worden ist. Das meint er nicht bö- se, aber das Veedel habe eben ei- nen besonderen Charakter. Das zeige sich besonders in der Dorf- gemeinschaft. Die ist es auch, die Konrad Klein mit als erstes anführt, wenn er von seinem Heimatstadtteil spricht. „Egal, ob Alt oder Jung, hier arbei- ten alle zusammen und ziehen an einem Strang.“ Dies sehe man im- mer wieder bei den Veranstaltun- gen, die es im Veedel gebe. Ob Maibaumaufstellen, Bänke repa- rieren oder Seifenkistenrennen – alle packen mit an. Der Spruch, dass man sich kenne und helfe, sei in Elsdorf kei- ne Floskel. Als Beispiel nennt Klein den ehemaligen Landwirt Willi Hohnrath. Er stellt beispiels- weise den Karnevalisten der Fide- len Elsdorfer seine Tenne für den alljährlichen Bau des „Zochwa- gens“ zur Verfügung, der, mit selbst gemachten Papierblüten de- koriert, immer wieder in der Kate- gorie „Schönster Wagen“ beim Porzer Rosensonntagszoch den ersten Platz belegt. „Ich glaube, so eine Dorfgemeinschaft sieht man anderswo selten“, sagt der 57-Jäh- rige. Er ist allerdings auch der Meinung: „Ich kann nicht aufs Dorf ziehen und an der Gemein- schaft nicht teilhaben, dann kann ich auch in der Stadt bleiben.“ Da verwundert es nicht, wenn Klein den Dorfplatz als seinen Lieb- lingsort im Veedel bezeichnet. Landwirtschaftlich geprägt Letzterem ist seine Familie seit Generationen verbunden. Klein spricht in dem Zusammenhang von seiner Ur-Ur-Ur-Oma. Das Veedel selbst sei immer landwirt- schaftlich geprägt gewesen. Noch heute ist Elsdorf von Ackerflächen umgeben. Somit kann die Dorfge- meinschaft auch immer wieder auf Maschinenkraft bei ihren Ver- anstaltungen zurückgreifen: „Ich weiß gar nicht, wie andere Veedel ohne Traktor auskommen“, sagt Konrad Klein lächelnd. Eines der bekanntesten Gebäude in Elsdorf ist das „Heiligenhäus- chen“, das älteste bestehende ist das Fachwerkhaus des 1789 erbau- ten adligen Landgutes „Berger- hof“. Bis in diese Zeit galt Elsdorf als Weiler, eine Wohnsiedlung, be- stehend aus wenigen Gebäuden. Doch auch Elsdorf ist mit den Jah- ren gewachsen. Neben dem alten Ortskern west- lich der Bundesstraße 8 entstand ein neuesWohngebiet östlich der B 8. Das wiederum ist von einem me- terhohen Lärmschutzwall entlang der Frankfurter Straße vom alten Ortskern abgegrenzt. Vielleicht sei das auch ein Grund, weswegen sich aus diesem Teil von Elsdorf weniger Leute an den Veranstal- tungen beteiligen, mutmaßt Klein. Dabei sei der Elsdorfer offen ge- genüber Neuem. „Na gut, viel- leicht machen wir nicht immer den ersten Schritt. Aber wenn man auf uns zukommt, wird man mit offe- nen Armen empfangen.“ So hat es auch Bernd Cullmann erlebt, der sich seit fast fünf Deka- den im Veedel pudelwohl fühlt. „Mir fehlt es hier an nichts“, sagt er. Das hat sich in seiner Familie rumgesprochen. Sohnemann Carsten, der ebenfalls beim FC ge- spielt hat, hat es seinem Vater gleich getan und auch in Elsdorf gebaut. * Platzierung im Vergleich aller 86 Kölner Stadtteile Ein Veedel mit Potenzial Urbach im Aufwind – Akteure vor Ort packen kräftig mit an VON RENÉ DENZER Urbach, das Dorf der großen Hö- fe? Wenn man sich heute den Stadtteil anschaut, will man es gar nicht glauben, dass es die wirklich mal gegeben hat. Von Bürgerhaus, vielen unterschiedlichen Ladenlo- kalen und zahlreichen Gaststätten können noch ältere Bürger erzäh- len oder Interessierte in Friedhelm Specks Buch über den Stadtteil le- sen. Heute gibt es Leerstände, viele Spielhallen, hier und da Ecken, die nicht in einem Reiseführer über das Veedel auftauchen würden. Und dennoch bleiben die Bürger hier. Warum? „Weil sie sich ei- gentlich in Urbach wohlfühlen“, sagt Simin Fakhim-Haschemi. Sie ist Vorsitzende des Bürgervereins, der sich 2015 gegründet hat und will nicht alten Zeiten nachtrau- ern. Nur zu sagen, dass früher alles besser war, reicht der Kinderärztin nicht. Mit ihrem ehrenamtlichen Engagement will sie etwas bewe- gen. Und damit ist sie nicht die ein- zige im Veedel. Denn trotz der ne- gativen Entwicklung der vergan- genen Jahre lässt es sich in Urbach gut leben, findet auch Jochen Rei- chel, der sich ebenfalls im Vor- stand des Bürgervereins engagiert. Reichel geht noch einen Schritt weiter: „In Urbach steckt viel Po- tenzial.“ Dafür müsse man sich nur im Stadtteil umschauen. Er zählt auf: Bungert, Spielplätze, Grünflächen. „Mein Traum wäre es, den Zaß’schen Saal wieder zu reaktivieren“, sagt er. Dem Ort, wo „Burschengelage“ und „Tanzlust- barkeiten“ Anziehungspunkt im Dorf waren, wie Friedhelm Speck in seinem Buch schreibt. Diesen Ort zwischen Frankfur- ter Straße und Kupfergasse, auf Höhe der Gaststätte Urbacher Hof, gibt es noch heute imVerborgenen. Hier hat es früher Karnevalssit- zungen, Konzerte, Theaterauffüh- rungen und Schauturnen gegeben. Wieso auch nicht wieder in Zu- kunft? Reichel spricht in dem Zu- sammenhang von einer „Vision“. Dass eine solche auch Realität werden kann, hat die noch gar nicht all zu lange Vergangenheit gezeigt. Fakhim-Hashemi ver- weist auf das Engagement der Ur- bacher Räuber, die mit Spenden und mit etlichen Stunden ehren- amtlicher Arbeit am Mühlenweg einen neuen Spielplatz für die Pänz aus der Taufe gehoben haben. Und es gibt weitere positive Bei- spiele: Die Neugestaltung des Kir- chenumfeldes etwa. „Das ist ein echter Hingucker geworden“, fin- det die Kinderärztin. So manches Brautpaar lasse sich jetzt gerne vor St. Bartholomäus ablichten. Im Schatten der Pfarrkirche gibt es eine Institution im Veedel: das Hospiz. An dieser Einrichtung zei- ge sich, wie hoch die Identifikati- on von Vereinen und Gruppierun- gen mit dem Hospiz im Speziellen und dem Stadtteil im Allgemeinen ist. „Deutlich wird das bei dem Hospizbasar, den der Ortsring Ur- bach/Elsdorf aus der Taufe geho- ben hat“, so Fakhim-Hashemi. Gemeinsam angepackt wird auch bei Müllsammelaktionen im Veedel. Da komme leider immer wieder einiges zusammen, sagt die Vereinsvorsitzende. An manchen Ecken sei die Situation aber besser geworden, findet sie. Das wieder- um ist dem Bürgerverein zuver- danken, der dafür gesorgt hat, dass nach und nach mehr Mülleimer im Veedel aufgestellt worden sind. Zwar gibt es immer noch unbelehr- bare Mitbürger, aber so mancher findet jetzt eher mit seinem Müll den Weg zum Abfalleimer. Auch die Verschönerungs- und Pflanz- aktionen sorgen für weitere Ak- zente im Stadtteil. Getreu dem Motto: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Nicht alles gehe nun einmal von heute auf morgen. Langer Atem, Disziplin und Hartnäckigkeit sei- en gefragt. Das zahlt sich aus, für den Stadtteil und seine Bürger. Das Verhältnis des Bürgervereins zu Ämtern und Verwaltung bezeich- nen Fakhim-Hashemi und Reichel als „gut und unkompliziert“. Auch, weil registriert werde, dass es Bür- ger im Stadtteil gibt, die nicht nur reden, sondern sich auch nicht zu schade dafür sind, im Dreck zu wühlen. Die Nähe zum Flughafen, die sehr gute Bus-Anbindung, die Nahversorgung und mit der Kup- fergasse eine Grundschule, die über den Stadtteil hinaus einen gu- ten Ruf genießt – dies seien alles Faktoren, auf die man im Stadtteil bauen kann und muss, findet Rei- chel. Er wiederholt: „In Urbach steckt viel Potenzial, Akteure wie Schützen, Sport-, Karnevals- und Brauchtumsvereine werden das nutzen.“ * Platzierung im Vergleich aller 86 Kölner Stadtteile Auf Maschinenkraft kannWilli Hohnrath als Landwirt zurück- greifen. Das „Heiligenhäuschen“ (l.) ist eins der bekanntesten, der „Bergerhof“ das älteste Gebäude von Elsdorf, das landwirtschaft- lich geprägt ist. Fotos: Denzer Sicherheit 2,2 (18*) Veedels- Veedels- Zeugnis Zeugnis Veedels- Veedels- Menschen Menschen Für mich ist Elsdorf Heimat. Hier bin ich in einer tollen Dorfgemeinschaft groß geworden. Die wird im Veedel groß geschrieben und gelebt. Das einzige Negative ist: Bezahlbaren Wohnraum für Studis gibt es im Stadtteil nicht. Da ist man schon auf Hotel Mama angewiesen. Anna Demmer (22), Studentin Elsdorf, dasVeedel, in dem sich jeder kennt und jeder grüßt. Das ganze Dorf stellt zusammen den Maibaum auf, und das Seifen- kistenrennen am legendären „Elsdorfer Berg“ ist ein festgesetzter Termin bei jedem im Dorf. Hier ziehen viele gerne hin – und ich niemals weg. Frederic Braun (28), Soldat Veedels- Veedels- Zahlen Zahlen Baudenkmäler: 3 Schulen: 0 Durchschnittsalter: 45,7 Fläche: 1,77 km² Einwohner: 1713 Haushalte: 763 Durchschnittsalter: 45,7 ALTSTADT-NORD • ALTSTADT-SÜD • BAYENTHAL • BICKENDORF • BILDERSTÖCKCHEN • BLUMENBERG • BOCKLEMÜND/MENGENICH • BRAUNSFELD • BRÜCK • BUCHFORST • BUCHHEIM • CHORWEILER • DELLBRÜCK • DEUTZ • DÜNNWALD • EHRENFELD • EIL • ELSDORF • ENSEN • ESCH/AUWEILER • FINKENBERG • FLITTARD • FÜHLINGEN • GODORF • GREMBERGHOVEN • GRENGEL • HAHNWALD HEIMERSDORF HÖHENBERG HÖHENHAUS HOLWEIDE HUMBOLDT/GREMBERG IMMENDORF JUNKERSDORF KALK KLETTENBERG LANGEL LIBUR LIND LINDENTHAL LINDWEILER LONGERICH Zu einem echten „Hingucker“ imVeedel ist das Umfeld von St. Bartho- lomäus mit seiner Freitreppe geworden. Farbtupfer bringen dieVer- schönerungs- und Pflanzaktionen wie hier vor der Sparkasse an der Kaiserstraße. Eine Institution imVeedel ist das Hospiz. Fotos: Denzer Veedels- Veedels- Zeugnis Zeugnis Veedels- Veedels- Menschen Menschen Ich lebe schon immer im Zentrum von Urbach und schätze dieVielfalt an Vereinen und deren Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Mir gefallen nicht die verdreckten Straßen, die Lautstärke und derVerkehr.Wegen negativer Erfahrungen finde ich es bei Dunkelheit in Urbach beklemmend. Rainer Czakalla (54), IT-Produktmanager Ich wohne in einem ruhigen Teil von Urbach mit netten Leuten. Ich bekomme alles für den täglichen Bedarf. Zwar gibt es we- nige, aber dafür schöne Lokale. Die Anbindung des Vee- dels an den ÖPNV ist sehr gut. Ich bin von Urbach aus schnell im Kulturzentrum, das mich sehr interessiert. Antoinette Joisten (68), Rentnerin Veedels- Veedels- Zahlen Zahlen Einwohner: 12 617 Protestanten: 2087 Fläche: 2,29 km² Zugelassene Kfz: 6144 Frauen ab 18: 5454 Katholiken: 4292 Sicherheit 3,4 (74*) LÖVENICH MARIENBURG MAUENHEIM MERHEIM MERKENICH MESCHENICH MÜLHEIM MÜNGERSDORF NEUBRÜCK • NEUEHRENFELD • NEUSTADT-NORD • NEUSTADT-SÜD • NIEHL • NIPPES • OSSENDORF • OSTHEIM • PESCH • POLL • PORZ • RADERBERG RADERTHAL RATH/HEUMAR RIEHL RODENKIRCHEN ROGGENDORF/THENHOVEN RONDORF SEEBERG • STAMMHEIM • SÜLZ • SÜRTH • URBACH • VINGST • VOGELSANG • VOLKHOVEN/WEILER • WAHN • WAHNHEIDE • WEIDEN • WEIDENPESCH WEIß WESTHOVEN WIDDERSDORF WORRINGEN ZOLLSTOCK ZÜNDORF www.ksta.de/ veedels-check Veedels- Veedels- Check Check Nahverkehr 3,4 (72) Gemeinschaftsgefühl 2,6 (19) Einkaufsmöglichkeiten 3,6 (62) Sauberkeit 2,4 (11) Parkmöglichkeiten 3,2 (59) Kinderfreundlichkeit 2,3 (25) Gastronomie 3,6 (51) Die Elsdorfer sind mit ihrem Veedel ganz zufrieden. Mit der Ge- samtnote von 2,5 liegt der Stadtteil damit auf Platz 31 der 86 Stadtteile. Ausreißer nach unten gibt es bei unserer nicht-reprä- sentativen Umfrage nur in Sachen Einkaufsmöglichkeiten, Gas- tronomie und auch beim Kölsch-Gefühl – im Schnitt steht hier die Note 3,6. Das hat aber keine dramatischen Auswirkungen: Für satte 81,5 Prozent der Elsdorfer kommt ein Umzug in ein an- deres Veedel nämlich nicht infrage. Nahverkehr 2,6 (52) Gemeinschaftsgefühl 3,4 (64) Einkaufsmöglichkeiten 3 (49) Sauberkeit 3,8 (72) Parkmöglichkeiten 3,1 (51) Kinderfreundlichkeit 3,4 (81) Gastronomie 4,1 (63) Als Gesamtnote geben die Urbacher ihrem Veedel in unserer nicht-repräsentativen Umfrage eine 3,5. Damit liegt Urbach im hinteren Drittel. Nahverkehr und Einkaufsmöglichkeiten sehen die Urbacher in ihrem Veedel noch als ganz in Ordnung an, an- ders sieht es beim gastronomischen Angebot aus. Mit 4,1 kommt das Kölsch-Gefühl ebenfalls auf keinen guten Wert. Allerdings kommt dennoch für 70,6 Prozent der Urbacher ein Umzug in ein anderes Veedel nicht infrage. URBACH ELSDORF

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PORZ PORZ

Gemeinschaft wird gelebtIn Elsdorf ziehen die Bürger an einem Strang – Weltmeister Cullmann kam aus Urbach hierherVON RENÉ DENZER

Supermarkt, Bäckerei oder Frisör,das alles sucht man in Elsdorf ver-gebens. Und doch sind etlicheMenschen im Veedel deswegennicht unzufrieden. „Wenn wir wasbrauchen, dann gehen wir zu mei-ner Tante“, sagt Konrad Klein.Franziska Zimmermann ist eineInstitution. Schließlich betreibt sieseit Jahrzehnten einen Tante-Em-ma-Laden an der Hermann-Löns-Straße.

In dem ist nicht nur der Vorsit-zende des Ortsrings Urbach/Els-dorf Stammgast, sondern auch einWelt- und Europameister. BerndCullmann wohnt seit 47 Jahren imVeedel. Nach der Hochzeit ist ernach Elsdorf gezogen. Der Wegwar nicht all zu weit. „Früher habeich in Urbach gewohnt“, so derehemalige FC-Kicker.

Die Grenze zwischen den bei-den Stadtteilen ist heute fast flie-ßend. Früher sei sie deutlicher ge-wesen, sagt Cullmann. Da habe esnoch nicht so eine dichte Bebau-ung an der Friedensstraße undFrankfurter Straße gegeben. Heutesieht es anders aus. Aber trotz derräumlichen Nähe gibt es eine klare

Trennung. „Der Elsdorfer an sichversteht sich eben in erster Linieauch als Elsdorfer“, sagt Cull-mann, der 1974 Fußballweltmeis-ter und 1980 Europameister ge-worden ist. Das meint er nicht bö-se, aber das Veedel habe eben ei-nen besonderen Charakter. Daszeige sich besonders in der Dorf-gemeinschaft.

Die ist es auch, die Konrad Kleinmit als erstes anführt, wenn er vonseinem Heimatstadtteil spricht.„Egal, ob Alt oder Jung, hier arbei-ten alle zusammen und ziehen aneinem Strang.“ Dies sehe man im-mer wieder bei den Veranstaltun-gen, die es im Veedel gebe. ObMaibaumaufstellen, Bänke repa-rieren oder Seifenkistenrennen –alle packen mit an.

Der Spruch, dass man sichkenne und helfe, sei in Elsdorf kei-ne Floskel. Als Beispiel nenntKlein den ehemaligen LandwirtWilli Hohnrath. Er stellt beispiels-weise den Karnevalisten der Fide-len Elsdorfer seine Tenne für denalljährlichen Bau des „Zochwa-gens“ zur Verfügung, der, mitselbst gemachten Papierblüten de-koriert, immer wieder in der Kate-gorie „Schönster Wagen“ beim

Porzer Rosensonntagszoch denersten Platz belegt. „Ich glaube, soeine Dorfgemeinschaft sieht mananderswo selten“, sagt der 57-Jäh-rige. Er ist allerdings auch derMeinung: „Ich kann nicht aufsDorf ziehen und an der Gemein-schaft nicht teilhaben, dann kannich auch in der Stadt bleiben.“ Daverwundert es nicht, wenn Kleinden Dorfplatz als seinen Lieb-lingsort im Veedel bezeichnet.

Landwirtschaftlich geprägtLetzterem ist seine Familie seitGenerationen verbunden. Kleinspricht in dem Zusammenhangvon seiner Ur-Ur-Ur-Oma. DasVeedel selbst sei immer landwirt-schaftlich geprägt gewesen. Nochheute ist Elsdorf vonAckerflächenumgeben. Somit kann die Dorfge-meinschaft auch immer wiederauf Maschinenkraft bei ihren Ver-anstaltungen zurückgreifen: „Ichweiß gar nicht, wie andere Veedelohne Traktor auskommen“, sagtKonrad Klein lächelnd.

Eines der bekanntesten Gebäudein Elsdorf ist das „Heiligenhäus-chen“, das älteste bestehende istdas Fachwerkhaus des 1789 erbau-ten adligen Landgutes „Berger-

hof“. Bis in diese Zeit galt Elsdorfals Weiler, eine Wohnsiedlung, be-stehend aus wenigen Gebäuden.Doch auch Elsdorf ist mit den Jah-ren gewachsen.

Neben dem alten Ortskern west-lich der Bundesstraße 8 entstandein neues Wohngebiet östlich der B8. Das wiederum ist von einem me-terhohen Lärmschutzwall entlangder Frankfurter Straße vom altenOrtskern abgegrenzt.Vielleicht seidas auch ein Grund, weswegensich aus diesem Teil von Elsdorfweniger Leute an den Veranstal-tungen beteiligen, mutmaßt Klein.Dabei sei der Elsdorfer offen ge-genüber Neuem. „Na gut, viel-leicht machen wir nicht immer denersten Schritt. Aber wenn man aufuns zukommt, wird man mit offe-nen Armen empfangen.“

So hat es auch Bernd Cullmannerlebt, der sich seit fast fünf Deka-den im Veedel pudelwohl fühlt.„Mir fehlt es hier an nichts“, sagter.

Das hat sich in seiner Familierumgesprochen. SohnemannCarsten, der ebenfalls beim FC ge-spielt hat, hat es seinem Vatergleich getan und auch in Elsdorfgebaut.

* Platzierung im Vergleich aller 86 Kölner Stadtteile

Ein Veedel mit PotenzialUrbach im Aufwind – Akteure vor Ort packen kräftig mit anVON RENÉ DENZER

Urbach, das Dorf der großen Hö-fe? Wenn man sich heute denStadtteil anschaut, will man es garnicht glauben, dass es die wirklichmal gegeben hat. Von Bürgerhaus,vielen unterschiedlichen Ladenlo-kalen und zahlreichen Gaststättenkönnen noch ältere Bürger erzäh-len oder Interessierte in FriedhelmSpecks Buch über den Stadtteil le-sen.

Heute gibt es Leerstände, vieleSpielhallen, hier und da Ecken, dienicht in einem Reiseführer überdas Veedel auftauchen würden.Und dennoch bleiben die Bürgerhier. Warum? „Weil sie sich ei-gentlich in Urbach wohlfühlen“,sagt Simin Fakhim-Haschemi. Sieist Vorsitzende des Bürgervereins,der sich 2015 gegründet hat undwill nicht alten Zeiten nachtrau-ern. Nur zu sagen, dass früher allesbesser war, reicht der Kinderärztinnicht. Mit ihrem ehrenamtlichenEngagement will sie etwas bewe-gen. Und damit ist sie nicht die ein-zige im Veedel. Denn trotz der ne-gativen Entwicklung der vergan-genen Jahre lässt es sich in Urbachgut leben, findet auch Jochen Rei-

chel, der sich ebenfalls im Vor-stand des Bürgervereins engagiert.Reichel geht noch einen Schrittweiter: „In Urbach steckt viel Po-tenzial.“ Dafür müsse man sichnur im Stadtteil umschauen. Erzählt auf: Bungert, Spielplätze,Grünflächen. „Mein Traum wärees, den Zaß’schen Saal wieder zureaktivieren“, sagt er. Dem Ort, wo„Burschengelage“ und „Tanzlust-barkeiten“ Anziehungspunkt imDorf waren, wie Friedhelm Speckin seinem Buch schreibt.

Diesen Ort zwischen Frankfur-ter Straße und Kupfergasse, aufHöhe der Gaststätte Urbacher Hof,gibt es noch heute imVerborgenen.Hier hat es früher Karnevalssit-zungen, Konzerte, Theaterauffüh-rungen und Schauturnen gegeben.Wieso auch nicht wieder in Zu-kunft? Reichel spricht in dem Zu-sammenhang von einer „Vision“.

Dass eine solche auch Realitätwerden kann, hat die noch garnicht all zu lange Vergangenheitgezeigt. Fakhim-Hashemi ver-weist auf das Engagement der Ur-bacher Räuber, die mit Spendenund mit etlichen Stunden ehren-amtlicher Arbeit am Mühlenwegeinen neuen Spielplatz für die

Pänz aus derTaufe gehoben haben.Und es gibt weitere positive Bei-spiele: Die Neugestaltung des Kir-chenumfeldes etwa. „Das ist einechter Hingucker geworden“, fin-det die Kinderärztin. So manchesBrautpaar lasse sich jetzt gerne vorSt. Bartholomäus ablichten.

Im Schatten der Pfarrkirche gibtes eine Institution im Veedel: dasHospiz. An dieser Einrichtung zei-ge sich, wie hoch die Identifikati-on von Vereinen und Gruppierun-gen mit dem Hospiz im Speziellenund dem Stadtteil im Allgemeinenist. „Deutlich wird das bei demHospizbasar, den der Ortsring Ur-bach/Elsdorf aus der Taufe geho-ben hat“, so Fakhim-Hashemi.

Gemeinsam angepackt wirdauch bei Müllsammelaktionen imVeedel. Da komme leider immerwieder einiges zusammen, sagt dieVereinsvorsitzende. An manchenEcken sei die Situation aber bessergeworden, findet sie. Das wieder-um ist dem Bürgerverein zuver-danken, der dafür gesorgt hat, dassnach und nach mehr Mülleimer imVeedel aufgestellt worden sind.Zwar gibt es immer noch unbelehr-bare Mitbürger, aber so mancherfindet jetzt eher mit seinem Müll

den Weg zum Abfalleimer. Auchdie Verschönerungs- und Pflanz-aktionen sorgen für weitere Ak-zente im Stadtteil. Getreu demMotto: Mühsam ernährt sich dasEichhörnchen.

Nicht alles gehe nun einmal vonheute auf morgen. Langer Atem,Disziplin und Hartnäckigkeit sei-en gefragt. Das zahlt sich aus, fürden Stadtteil und seine Bürger. DasVerhältnis des Bürgervereins zuÄmtern und Verwaltung bezeich-nen Fakhim-Hashemi und Reichelals „gut und unkompliziert“.Auch,weil registriert werde, dass es Bür-ger im Stadtteil gibt, die nicht nurreden, sondern sich auch nicht zuschade dafür sind, im Dreck zuwühlen.

Die Nähe zum Flughafen, diesehr gute Bus-Anbindung, dieNahversorgung und mit der Kup-fergasse eine Grundschule, dieüber den Stadtteil hinaus einen gu-ten Ruf genießt – dies seien allesFaktoren, auf die man im Stadtteilbauen kann und muss, findet Rei-chel. Er wiederholt: „In Urbachsteckt viel Potenzial, Akteure wieSchützen, Sport-, Karnevals- undBrauchtumsvereine werden dasnutzen.“

* Platzierung im Vergleich aller 86 Kölner StadtteileAuf Maschinenkraft kann WilliHohnrath als Landwirt zurück-greifen. Das „Heiligenhäuschen“(l.) ist eins der bekanntesten, der„Bergerhof“ das älteste Gebäudevon Elsdorf, das landwirtschaft-lich geprägt ist. Fotos: Denzer

Sicherheit 2,2 (18*)

Veedels-Veedels-ZeugnisZeugnis

Veedels-Veedels-MenschenMenschenFür mich ist Elsdorf Heimat. Hier bin ich in einer tollen

Dorfgemeinschaft groß geworden. Die wird im Veedelgroß geschrieben und gelebt. Das einzige Negative ist:Bezahlbaren Wohnraum für Studis gibt es im Stadtteilnicht. Da ist man schon auf Hotel Mama angewiesen.

Anna Demmer (22), Studentin

Elsdorf, das Veedel, in dem sich jeder kennt und jeder grüßt. Das ganzeDorf stellt zusammen den Maibaum auf, und das Seifen-kistenrennen am legendären „Elsdorfer Berg“ ist einfestgesetzter Termin bei jedem im Dorf. Hier ziehenviele gerne hin – und ich niemals weg.

Frederic Braun (28), Soldat

Veedels-Veedels-ZahlenZahlenBaudenkmäler: 3

Schulen: 0

Durchschnittsalter: 45,7Fläche: 1,77 km²

Einwohner: 1713Haushalte: 763

Durchschnittsalter: 45,7

ALTSTADT-NORD • ALTSTADT-SÜD • BAYENTHAL • BICKENDORF • BILDERSTÖCKCHEN • BLUMENBERG • BOCKLEMÜND/MENGENICH •BRAUNSFELD • BRÜCK • BUCHFORST • BUCHHEIM • CHORWEILER • DELLBRÜCK • DEUTZ • DÜNNWALD • EHRENFELD • EIL •

ELSDORF • ENSEN • ESCH/AUWEILER • FINKENBERG • FLITTARD • FÜHLINGEN • GODORF • GREMBERGHOVEN • GRENGEL •HAHNWALD • HEIMERSDORF • HÖHENBERG • HÖHENHAUS • HOLWEIDE • HUMBOLDT/GREMBERG • IMMENDORF •

JUNKERSDORF • KALK • KLETTENBERG • LANGEL • LIBUR • LIND • LINDENTHAL • LINDWEILER • LONGERICH •

Zu einem echten „Hingucker“ imVeedel ist das Umfeld von St. Bartho-lomäus mit seiner Freitreppe geworden. Farbtupfer bringen dieVer-schönerungs- und Pflanzaktionen wie hier vor der Sparkasse an derKaiserstraße. Eine Institution imVeedel ist das Hospiz. Fotos: Denzer

Veedels-Veedels-ZeugnisZeugnis

Veedels-Veedels-MenschenMenschenIch lebe schon immer im Zentrum von Urbach und schätze dieVielfalt an

Vereinen und deren Möglichkeiten der Freizeitgestaltung.Mir gefallen nicht die verdreckten Straßen, die Lautstärkeund derVerkehr.Wegen negativer Erfahrungen finde ich esbei Dunkelheit in Urbach beklemmend.

Rainer Czakalla (54), IT-Produktmanager

Ich wohne in einem ruhigen Teil von Urbach mit netten Leuten. Ichbekomme alles für den täglichen Bedarf. Zwar gibt es we-nige, aber dafür schöne Lokale. Die Anbindung des Vee-dels an den ÖPNV ist sehr gut. Ich bin von Urbach ausschnell im Kulturzentrum, das mich sehr interessiert.

Antoinette Joisten (68), Rentnerin

Veedels-Veedels-ZahlenZahlenEinwohner: 12 617

Protestanten: 2087

Fläche: 2,29 km²Zugelassene Kfz: 6144

Frauen ab 18: 5454Katholiken: 4292

Sicherheit 3,4 (74*)

LÖVENICH • MARIENBURG • MAUENHEIM • MERHEIM • MERKENICH • MESCHENICH • MÜLHEIM • MÜNGERSDORF •NEUBRÜCK • NEUEHRENFELD • NEUSTADT-NORD • NEUSTADT-SÜD • NIEHL • NIPPES • OSSENDORF • OSTHEIM • PESCH • POLL • PORZ •RADERBERG • RADERTHAL • RATH/HEUMAR • RIEHL • RODENKIRCHEN • ROGGENDORF/THENHOVEN • RONDORF •SEEBERG • STAMMHEIM • SÜLZ • SÜRTH • URBACH • VINGST • VOGELSANG • VOLKHOVEN/WEILER • WAHN • WAHNHEIDE • WEIDEN •WEIDENPESCH • WEIß • WESTHOVEN • WIDDERSDORF • WORRINGEN • ZOLLSTOCK • ZÜNDORF

www.ksta.de/veedels-checkVeedels-Veedels-CheckCheck

Nahverkehr 3,4 (72)

Gemeinschaftsgefühl 2,6 (19)

Einkaufsmöglichkeiten 3,6 (62)

Sauberkeit 2,4 (11)

Parkmöglichkeiten 3,2 (59)

Kinderfreundlichkeit 2,3 (25)

Gastronomie 3,6 (51)

Die Elsdorfer sind mit ihrem Veedel ganz zufrieden. Mit der Ge-

samtnote von 2,5 liegt der Stadtteil damit auf Platz 31 der 86

Stadtteile. Ausreißer nach unten gibt es bei unserer nicht-reprä-

sentativen Umfrage nur in Sachen Einkaufsmöglichkeiten, Gas-

tronomie und auch beim Kölsch-Gefühl – im Schnitt steht hier

die Note 3,6. Das hat aber keine dramatischen Auswirkungen:

Für satte 81,5 Prozent der Elsdorfer kommt ein Umzug in ein an-

deres Veedel nämlich nicht infrage.

Nahverkehr 2,6 (52)

Gemeinschaftsgefühl 3,4 (64)

Einkaufsmöglichkeiten 3 (49)

Sauberkeit 3,8 (72)

Parkmöglichkeiten 3,1 (51)

Kinderfreundlichkeit 3,4 (81)

Gastronomie 4,1 (63)

Als Gesamtnote geben die Urbacher ihrem Veedel in unserer

nicht-repräsentativen Umfrage eine 3,5. Damit liegt Urbach im

hinteren Drittel. Nahverkehr und Einkaufsmöglichkeiten sehen

die Urbacher in ihrem Veedel noch als ganz in Ordnung an, an-

ders sieht es beim gastronomischen Angebot aus. Mit 4,1 kommt

das Kölsch-Gefühl ebenfalls auf keinen guten Wert. Allerdings

kommt dennoch für 70,6 Prozent der Urbacher ein Umzug in ein

anderes Veedel nicht infrage.

URBACHELSDORF