Dahlke, Rüdiger - Meditation - Reisen nach Innen

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Rüdiger Dahlke Reisen nach Innen Geführte Meditationen auf dem Weg zu sich selbst scanned by AnyBody corrected by jingshen Wege zur Selbstfindung Dieses Buch ist eine umfassende Einführung in die Methoden der geführten Meditation, die im Westen eine alte Tradition hat und der langjhrigen Erfahrung des Autors in Seminaren und bei der Psychotherapie entstammt. Von der reinen Entspannung über gezielte Bearbeitung von Alltagsproblemen bis zu Heilmeditationen werden praktische Anleitungen gegeben und diese fundiert theoretisch erlutert. Neben allgemeinen Meditationen gibt es auch spezielle für Kinder. Ein besonderer Meditationszyklus von aufeinander aufbauenden inneren Reisen führt zur Ausshnung mit krperlichen und seelischen Problemen in ihrer Beziehung zur Umwelt. ISBN 3-453-14238-1 Herausgegeben von Michael Grden Genehmigte Lizenzausgabe 1997 im Wilhelm Heyne Verlag Umschlaggestaltung: Atelier Adolf Bachmann, Reischach Umschlagabbildung: Bavaria Bildagentur, Gauting Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!!

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Rdiger Dahlke

Reisen nach InnenGefhrte Meditationen auf dem Weg zu sich selbst

scanned by AnyBody corrected by jingshenWege zur Selbstfindung Dieses Buch ist eine umfassende Einfhrung in die Methoden der gefhrten Meditation, die im Westen eine alte Tradition hat und der langjhrigen Erfahrung des Autors in Seminaren und bei der Psychotherapie entstammt. Von der reinen Entspannung ber gezielte Bearbeitung von Alltagsproblemen bis zu Heilmeditationen werden praktische Anleitungen gegeben und diese fundiert theoretisch erlutert. Neben allgemeinen Meditationen gibt es auch spezielle fr Kinder. Ein besonderer Meditationszyklus von aufeinander aufbauenden inneren Reisen fhrt zur Ausshnung mit krperlichen und seelischen Problemen in ihrer Beziehung zur Umwelt.ISBN 3-453-14238-1 Herausgegeben von Michael Grden Genehmigte Lizenzausgabe 1997 im Wilhelm Heyne Verlag Umschlaggestaltung: Atelier Adolf Bachmann, Reischach Umschlagabbildung: Bavaria Bildagentur, Gauting

Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!!

InhaltEINLEITUNG ......................................................................................................5 TEIL 1 .............................................................................................................10 Der Anspruch von Meditation................................................................10 Meditation und Widerstand ...................................................................12 Die zwei Grundrichtungen der Meditation ............................................14 Die gefhrte Meditation.........................................................................15 Wirkungsmechanismen ..........................................................................18 Wissenschaftliche Erklrungsversuche..................................................23 Sinn und Anspruch dieses Buches..........................................................27 Anforderungen an die Meditierenden und Gesetze der Meditation .......35 Einflu und Auswirkungen innerer Bilder .............................................41 Chancen und Gefahren von Wundererwartung .....................................45 Gefahren und Hilfen bei inneren Reisen................................................47 Die sichere Rckkehr .............................................................................53 Die vier Schritte der bewuten Rckkehr ..............................................54 uere Haltung......................................................................................56 Innere Haltung.......................................................................................58 Meditationszeiten...................................................................................58 Trickreiche Hilfen auf dem Weg in die Tiefe .........................................62 Probleme bei der Meditation .................................................................66 Musik auf dem Weg................................................................................69 Perspektiven...........................................................................................73 TEIL II .............................................................................................................81 ALLGEMEINE MEDITATIONEN ........................................................................82 Praktische Hinweise ..............................................................................82 1. Meditation Seelenbegleiter(in) - Innere Fhrung finden ...................86 2. Meditation Der innere Meditationsort und Problembetrachtung ......96 3. Meditation Pflanzenwesen ...............................................................104 4. Meditation Totemtier und das eigene tierische Wesen ....................113 5. Meditation Elemente Luft und Wasser1............................................120 6. Meditation Elemente Erde und Feuer2.............................................128 7. Meditation Schattenwelt ..................................................................135 8. Meditation Die Schleier der Zeit......................................................142 9. Meditation Farbmandala.................................................................148 10. Meditation Klangkrper-Schwingkreis ..........................................155 11. Meditation Krper-Zentren-Meditation.........................................159 12. Meditation Nach der Arbeit ...........................................................164 13. Meditation Vor einer Aufgabe oder Arbeit ....................................168

MEDITATIONEN FR KINDER .......................................................................173

Einfhrung ...........................................................................................173 1. Meditation Tierfamilie .....................................................................178 2. Meditation Luft- und Feuerwesen....................................................184 3. Meditation Wasser- und Erdwesen ..................................................191 MEDITATIONEN ZUR HEILUNG VON KRANKHEITSBILDERN .............................197 Einfhrung ...........................................................................................197 1. Meditation Tempel der Selbsterkenntnis..........................................200 2. Meditation Tempel der Selbstverwirklichung ..................................209 MEDITATIONSZYKLUS MIKROKOSMOS MENSCH MAKROKOSMOS ERDE .................................................................................................................217 Einfhrung ...........................................................................................217 1. Meditation Reise in die Welt ............................................................220 2. Meditation Reise in den Krper.......................................................231 3. Meditation Polaritt und Verbindung..............................................242 4. Meditation Kommunikation .............................................................250 5. Meditation Atemflu und Lungenbaum............................................260 6. Meditation Grenze und Ausdruck - Haut .........................................268 7. Meditation Abwehr und Aggression.................................................277 8. Meditation Gleichgewicht und Harmonie - Niere............................286 9. Meditation Geheimnis der Mitte ......................................................295 10. Meditation Rhythmus und Lebenskraft - Blutkreislauf...................303 11. Meditation Geben und nehmen - Darm..........................................311 12. Meditation Ursprung und Wandlung - Leber ................................320 13. Meditation Entwicklungsgeschichten.............................................327 14. Meditation Lebenskreise ................................................................336 15. Meditation Zeitreise - Ausshnung mit der eigenen Geschichte....343 16. Meditation Heilung ........................................................................351 ANMERKUNGEN .............................................................................................362 Teil I.....................................................................................................362 Teil II ...................................................................................................364 Autor ....................................................................................................366

Fr Anregungen und Untersttzung danke ich meiner Frau Margit, Robert Stargalla und Josef Hien.

EINLEITUNG

Das Thema Meditation hat in den letzten Jahrzehnten auch im Westen jene Popularitt erlangt, die es im Osten schon immer hatte. Whrend die Grundmaximen der westlichen Leistungsgesellschaft ihren Siegeszug im Osten antraten, kam im Gegenzug eine wahre Flut von stlichen Meditationspraktiken zu uns. Wo wir Entwicklungshelfer fr technisches Know-How in die unterentwickelte Welt sandten, kamen von dort Gurus, um uns Meditation und vor allem Lebensphilosophie zu vermitteln. Da der Westen, so wie er Technik exportiert, anfangs auch nur Meditationstechnik importieren wollte, darf nicht verwundern. Nach unserem, von mnnlichem Denken geprgten Weltverstndnis lt sich mit der richtigen Technik alles in den Griff bekommen. Einige der Gurus paten sich dieser dem Osten an sich fremden Haltung an und boten tatschlich Meditationen als reine Techniken an, wohl in dem Wissen, da die Praxis der Meditation ganz von selbst die Lebenseinstellung beeinflut und auf die Dauer nach einer Philosophie verlangt. Unsere Erfolge im Westen beruhen auf dem funktionalen Denken der linken Gehirnhlfte, die mit ihrer Macherpolitik Enormes geleistet hat und dem biblischen Auftrag, sich die Erde Untertan zu machen, erschreckend nahe gekommen ist. Fr die Verfechter der Fortschrittsideologie verblffend, hat aber der beeindruckende Fortschritt die Menschen nicht glcklicher und zufriedener gemacht. Im Gegenteil, das Anspruchsniveau stieg mit den Errungenschaften und schafft Leid bei denen, die mit dem rasanten Tempo nicht Schritt halten und sich nicht alles leisten knnen. Mit der Zeit wuchs selbst bei den Vorreitern des Fortschritts ein Gefhl, da etwas fehlte in dem uerlich so perfekten System. Der mnnliche Pol erwies sich zunehmend als eine Seite der-5-

Medaille, deren Fehler in der fehlenden weiblichen Seite immer offenkundiger wurden. Sogar Spitzenvertreter der Industriegesellschaft erkennen inzwischen, da mit noch so vernnftigen und hochintelligenten, aber staubtrockenen Analytikern die kommenden Aufgaben nicht zu bewltigen sind. Die Industrie schickt ihre Manager zunehmend auf Selbsterfahrungs- und Meditationsseminare. Dort lernen sie dann wieder - ihrer inneren Haltung entsprechend mhsam und ihrer Wichtigkeit entsprechend fr teures Geld -, was jedes Kind noch kann: phantasieren und trumen, kreativ spielen und meditieren. Bei genauerer Betrachtung fllt auf, da viele der wirklichen Errungenschaften der Machergesellschaft von Menschen beigesteuert wurden, denen der weibliche Pol mit seinem ganzheitlichen Denken in Mustern und Bildern sehr nahe lag. So lie Albert Einstein keinen Zweifel daran, da seine bahnbrechenden Erkenntnisse, die einem neuen Weltbild Vorschub leisteten, ganz wesentlich seiner Intuition und damit gerade nicht seinen analytischen Fhigkeiten zu verdanken seien. Watson und Crick, die Entdecker der DNS-Struktur, jener Doppelspirale, die unser Erbgut birgt, enthllen in einem Buch, welch groe Rolle der weibliche Pol bei ihrem Durchbruch gespielt hatte. Zwischen Urlaub, Alltagsproblemen und zwanglosem Herumspielen mit Modellen fiel ihnen gleichsam nebenbei der Schlssel zum genetischen Code allen Lebens zu. Hier liegt wohl auch das Geheimnis, da gerade diese beiden damals jungen Forscher - das Rennen fr sich entschieden, obwohl viele altgediente Wissenschaftler mit mehr Flei und Kopfzerbrechen schon viel lnger ber dem Problem gebrtet hatten. Geradezu sprichwrtlich wurde Kekules Suche nach der Benzolformel, dem zur damaligen Zeit grten Geheimnis der organischen Chemie. Im Traum soll er eine Schlange gesehen haben, die sich in den eigenen Schwanz bi.1 Beim Aufwachen wute er dann, da es sich um eine Ringstruktur handeln mute.-6-

Den Seinen gibt's der Herr im Schlaf wei das Sprichwort, und ganz offensichtlich bedient Er sich dabei nicht des Umweges ber den Intellekt. Die alte Medizin kannte den Tempelschlaf, bei dem Asklepios, der Gott der Heilung, den Heilsuchenden im Traum erschien und auf diesem Weg mitteilte, was ihnen fehlte. Die Medizin der Antike verfgte ber wenig mehr als eben diesen Zugang zu den inneren Bilderwelten. Allein damit aber konnte sie den damaligen Menschen so weitgehend helfen, da diese jedenfalls zufriedener mit ihrer Medizin waren als die heutigen Patienten mit unserer hochmodernen High-Tech-Medizin, die so vieles machen kann und dabei so vieles offen lt. Auch aus der Geschichte wissen wir, da herausragende Menschen sich auch auf andere als intellektuelle Erkenntnisse verlieen. Von Richelieu ist bekannt, da er sich vor allen wichtigen Entscheidungen erst einmal eine Stunde aufs Ohr legte. So verschlo er es und damit sich fr die uere Welt und ihre Ratschlge und Argumente und hrte nach innen. Der Volksmund wei von der Ntzlichkeit, groe Entscheidungen noch einmal zu berschlafen. Vom englischen Seehelden Sir Francis Drake wird berichtet, er habe sich angesichts der Bedrohung durch die spanische Armada erst einmal schlafen gelegt. Als die feindliche Flotte in Sichtweite kam, habe er zwar das Bett verlassen, aber noch auf einer Partie Boule mit seinen vor Nervositt vergehenden Admiralen bestanden. Dann erst ging er an Bord und schlug mit der viel kleineren englischen Flotte den bermchtigen Gegner vernichtend. Selbst moderne wissenschaftliche Forschung kann inzwischen belegen, wie sehr der Mensch auf innere Bilder und Stimmen und damit auf den weiblichen Pol angewiesen ist. In Schlaflabors wurde experimentell nachgewiesen, da wir ohne nchtliche Traumbilder schwer erkranken. Bei entsprechenden Versuchen legen sich gesunde Menschen im Labor mit zwei Klebeelektroden in den ueren Augenwinkeln schlafen. Sobald-7-

sie eine Traumphase erreichen, was typische schnelle Augenbewegungen auslst, werden sie geweckt. Die Versuchspersonen erreichen so ihre normale Schlafzeit, ohne zu trumen und fhlen sich nach einer solchen Nacht meist wie gerdert. Nach einigen Nchten fangen sie an, tagsber mit offenen Augen Traumbilder zu sehen, die auer ihnen natrlich niemand wahrnehmen kann. Das aber erfllt aus der Sicht der Psychiatrie bereits den Tatbestand einer optischen Halluzination. Beginnen sie Stimmen zu hren, spricht man von akustischen Halluzinationen. Damit aber befinden wir uns bereits auf psychiatrischem Terrain, denn Halluzinationen gehren zu den sichersten Anzeichen von Psychosen. Die nchtlichen inneren Bilder sind also notwendig, um unser Leben zu bewltigen, ob wir sie nun bewut wahrnehmen oder nicht. Da so viele moderne Menschen ihre Trume nicht mehr erinnern, ist ein weiteres Zeichen fr unsere Entfremdung von der weiblichen Seite der Wirklichkeit. Einer berwiegend vom mnnlichen Pol bestimmten Welt erscheint das Fehlen von Trumen kaum noch der Rede wert. Ein Indianer wre ohne Erinnerung an seine Trume in einer grauenhaften Situation. Wie sollte er Visionen erlangen, die seinem Leben Sinn geben? Wir dagegen haben uns so daran gewhnt, ohne Vision auszukommen, da wir sogar Politiker zu unseren Huptlingen whlen, die gar nicht wissen, was Visionen sind, geschweige denn, wie man sie erlangt. In Afrika gab es bis in dieses Jahrhundert einen Stamm, der die Trume in den Mittelpunkt des Lebens stellte. So wie wir die Nacht benutzen, um uns fr den nchsten Tag zu regenerieren, nutzten die Senoi den Tag, um sich auf die Nacht vorzubereiten. Sie war ihnen als Mglichkeit, auf den Schwingen der Trume Kontakt zu Gttern und Ahnen herzustellen, weit wichtiger als der in uerlicher Geschftigkeit vergehende Tag. Mit ihrer Ausrichtung auf den weiblichen Pol der Wirklichkeit sollen die Senoi ber die Maen friedliche und zufriedene Menschen-8-

gewesen sein. Wir modernen Menschen dagegen erwarten zwar einiges von der weiblichen Seite, ohne aber bereit zu sein, ihr entsprechende Beachtung zu schenken. Was die Nacht, die weibliche Seite des 24-Stunden-Tages, angeht, wird das sehr deutlich. Am liebsten fallen wir abends mde ins Bett, schlafen sofort ein und wachen am Morgen erfrischt und ohne unangenehme Erinnerungen an die Nacht wieder auf. Kommt der weibliche Pol wieder zum Leben, zum Beispiel whrend einer Fastenzeit, beschwert man sich bereits ber die unruhigen, von Traumfetzen gestrten Nchte. Erfahrungen archaischer Kulturen und moderne Experimente veranschaulichen Macht und Notwendigkeit innerer Bilder und damit der weiblichen Seite. Wir knnen die eine Hlfte der Wirklichkeit nicht aus der Welt schaffen, sondern hchstens ignorieren und beseitigen, was bedeutet, sie auf die Seite zu schieben. Aber auch dort bleibt sie wirksam, und so erleben wir den weiblichen Pol in modernen Gesellschaften vielfach von seiner unerlstesten Seite. Das in den letzten Jahrzehnten aufkeimende Interesse an Meditation und esoterischer Philosophie bietet die Chance, hier auf eine bewutere und damit weniger leidvolle Ebene vorzustoen.

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TEIL 1

Der Anspruch von Meditation

Die Auseinandersetzung mit dem weiblichen Pol fhrt fast zwangslufig ins Reich der Bilder, das eng mit dem weiblichen Weltverstndnis verbunden ist. Meditation zielt in letzter Konsequenz sogar noch ber diesen Bereich hinaus auf die Mitte. Schon das Wort Meditation birgt diesen Anspruch in sich. Wie auch im Wort Medizin steckt das Lateinische mederi3 messen, das rechte Ma finden darin, das wiederum eng mit dem Begriff Mitte verbunden ist. Die Mitte im Mandala verdeutlicht dieses Ziel aller Entwicklung am klarsten. Der Mittelpunkt hat zwar keine Ausdehnung, enthlt aber doch alles: Alles kommt aus ihm und alles kehrt in ihn zurck. So ist er auch Ausdruck der Einheit in unserer polaren Welt. Wer sich auf den Entwicklungsweg macht, steuert auf dieses Ziel zu und ist damit fast zwangslufig auf einem meditativen Weg. An diesem Punkt mag schon deutlich werden, da Meditation im Gegensatz zu einem im Westen verbreiteten Vorurteil nicht zwingend schn und angenehm sein mu. Wer sich auf diesen Pfad begibt und sich auch nur zu einer einzigen Meditation niedersetzt, kann grundstzlich mit zweierlei rechnen: entweder er wird eins mit der Mitte und damit erleuchtet oder er erlebt, was seiner Erleuchtung im Wege steht, ihn von der Einheit trennt. In der Praxis wird letzteres hufiger der Fall sein und naturgem sogar viel mit eigenen Schattenseiten zu tun haben. Dabei ist es ganz egal, nach welcher Methode meditiert wird.-10-

Die Mitte, das Ein-und-Alles, kennt keine Ausnahmen und Fehler als Ausdruck von Fehlendem mehr. Hier ist alles bewut und existenzberechtigt. Hier hat die Welt der Polaritt, in der alles seinen Gegensatz braucht, aufgehrt. Es gibt viele Methoden, die zu diesem Ziel der Befreiung fhren knnen und noch mehr, die dies versprechen. Erleuchtungserlebnisse werden aus allen Kulturen und Traditionen berichtet und mit entsprechend vielfltigen Namen bezeichnet. Sie knnen sich auch bei alltglichen Beschftigungen, beim Musizieren oder Sporttreiben ereignen und sind nicht auf Meditationen beschrnkt. Das Fernziel ist in allen Traditionen, diesen Zustand auch im Alltag und sogar in der Nacht aufrechtzuerhalten. Will man aus der Vielzahl der zur Befreiung verwendeten Techniken die besten Elemente heraussuchen und zu einer noch wirksameren Methode zusammenfgen, wie es dem westlichen Denken durchaus entsprechen wrde, findet man bei der Analyse wenig Verbindendes. Die Methoden sind zum grten Teil grundverschieden, lediglich die Erleuchtungserlebnisse zeigen wieder verblffende bereinstimmung. Ob die Erleuchtung durch eiserne Disziplin gefrdert wird oder gerade durch das Gegenteil, ob durch zum uersten getriebene Bewutheit oder durch spielerische Selbstvergessenheit, ob enorme Anstrengung sie mglich macht oder totale Entspannung - immer beschreiben die Glcklichen ihren Zustand als frei von jedem Widerstand. Sie sind im Einklang mit dem Augenblick und haben an nichts etwas auszusetzen. So wird die Abwesenheit von Widerstand zur treffendsten Definition der Erleuchtungserfahrung. So wie aber Erleuchtung frei von Widerstand ist, ist Widerstand auch frei von Erleuchtung. Das bedeutet nichts anderes als: Wer nicht erleuchtet ist, lebt im Widerstand. Das klingt nur auf den ersten Blick so erstaunlich. Tatschlich verbringen wir unser Leben weitgehend in Gedanken an die verflossenen Mglichkeiten der Vergangenheit oder hngen mit-11-

Hoffnungen und Befrchtungen irgendwo in der Zukunft. Es ist gerade dieser Widerstand gegen die augenblickliche Situation, der uns so anstrengt und ermdet. Eltern kennen die Lage, wenn sie, geschafft vom Tage, den sie im Widerstand erlebt haben, am Abend versuchen, ihre Kleinen ins Bett zu bringen. Oft ist das schon deshalb schwierig, weil die gar nicht mde sind, wenn sie ihren Tag - im Augenblick versunken - spielend verbracht haben.

Meditation und Widerstand

Wenn das letzte Ziel der Meditation Freiheit von Widerstand ist, wird es auch bei den Vorbereitungen und auf dem Weg sinnvoll sein, den Widerstand so gering wie mglich zu halten. Das ist natrlich leichter gesagt als getan, setzt es doch die endgltige Lsung schon voraus. Gelingt es, den Widerstand von Beginn an fast auszuschalten, ist die Lsung auch schon nahe. Was so einfach klingt, ist in der Praxis schwer. Allerdings wird beim Zurckschauen, wenn das Ziel einmal erreicht ist, klar, da es eigentlich doch ganz einfach gewesen wre. Ein simples Beispiel mag das veranschaulichen: Fr die meisten Menschen bedeutet Glck, alles zu bekommen, was sie wollen. Sie brauchten nur alles zu wollen, was sie bekommen, schon wren sie glcklich. Was als banales Wortspiel erscheinen mag, enthlt letztlich die Lsung, auch wenn man sie offenbar erst hinterher verstehen kann. Von verschiedenen Zenmeistern ist ihr nicht enden wollendes Lachen im Moment der Befreiung berliefert, wenn sie erkennen, wie einfach alles war und die ganze Zeit ber gewesen wre und wie sie sich angestellt haben. Jedenfalls ist es sinnvoll, beim Meditieren Ablenkungsmglichkeiten wie zum Beispiel das Telefon auszuschalten, um nicht durch uere Widerstnde blockiert zu-12-

werden. Je idealer die ueren Bedingungen sind, desto weniger kann man die Probleme auf sie projizieren und desto sicherer wird man sie bei sich selbst finden, wo sie letztlich immer liegen. Wenn wir in stlichen Schriften lesen, da man inmitten eines belebten Marktplatzes genauso meditieren knne, stimmt das natrlich letztlich, und doch ist es nicht der ideale Platz, um zu beginnen.

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Die zwei Grundrichtungen der Meditation

Es ist lohnend, sich den Weg von Anfang an mglichst zu erleichtern, denn an sich ist er schwer genug. Je leichter man es sich macht, desto sicherer findet man die eigentlichen Hindernisse an der richtigen Stelle, nmlich bei sich selbst. Der Erleuchtung ist es bekanntlich egal, wie man sie erlangt. Insofern ist es sinnvoll, eine Meditationsform zu whlen, die einem nicht zu wesensfremd ist. Natrlich stellen die Zazenoder Vipassana-Meditation5 geniale und ber Jahrhunderte im Osten bewhrte Systeme dar, aber eben im Osten. Fr westliche Menschen sind die Anforderungen hier hoch und in vielen Fllen fr den Anfang unntig hoch. Was natrlich nicht heit, da man nicht spter auf solche Systeme wechseln kann. Legt man die Kriterien des Yoga-Systems zugrunde, ist es zunchst einmal berhaupt nicht mglich zu meditieren, weil man die Voraussetzungen bei weitem nicht erfllt. Unter Meditation wird hier per Definition ein sehr weit fortgeschrittener Zustand verstanden. Anders im Buddhismus, der jedes bewute Bemhen auf dem Weg als Meditation einschtzt. Deshalb wollen wir uns hier eher die buddhistische Auffassung zu eigen machen. Hinzu kommt die mit den meisten stlichen Richtungen verbundene Forderung nach Gedankenfreiheit, die in erheblichem Ausma berfordert. Es ist praktisch unmglich, auch nur eine einzige Minute ohne Gedanken zu sein. Ein kleiner erster Meditationsversuch mag das zeigen. BUNG: Legen Sie eine Uhr mit Sekundenzeiger vor sich und versuchen Sie mit offenen oder geschlossenen Augen eine-14-

Minute ohne Gedanken zu bleiben. Diese eine Minute zeigt Ihnen, wie lange eine bewut wahrgenommene Minute ist und wie unmglich es ist, keinen Gedanken zu haben. Zumindest ist da der Gedanke, da man keinen Gedanken haben sollte, der ja aber auch schon ein Gedanke ist. Und wenn man ehrlich ist, waren da wohl noch eine Menge anderer Gedanken. BUNG: Etwas mehr Aussicht besteht, wenn Sie die bung wiederholen, sich aber auf einen einzigen Gedanken festlegen, zum Beispiel auf den Atem. Aber selbst jetzt wird aller Wahrscheinlichkeit nach eine Flle anderer und damit strender Gedanken dazwischen gekommen sein. Was wir aber - wie etwa Gedanken - als strend einstufen, bringt uns natrlich sofort in Widerstand. Insofern wre es naheliegend, die Gedanken nicht als Strenfriede aus der Meditation auszuschlieen, sondern sie im Gegenteil als Teil der Meditation zuzulassen. Das bringt uns zur gefhrten Meditation, die die Gedankenbilder fr ihren Fortschritt nutzt. Damit kommen wir zur zweiten Richtung unter den Meditationen, jenen nmlich, die die Gedanken wichtig nehmen, anstatt sie zu verbannen.

Die gefhrte Meditation

Die gefhrte Meditation ist durchaus kein Kunstprodukt der neuen Esoterikszene, sondern hat eine hnlich lange Tradition wie ihre auf Gedankenfreiheit zielenden stlichen Verwandten. Bereits in den Mysterienkulten der Antike fhrten die Hierophanten die Einzuweihenden in gefhrten Reisen in deren-15-

eigene Innenwelt und bereiteten die notwendigen Entwicklungsschritte in innere Seelenlandschaften vor. Wahrscheinlich waren Reisen nach innen in jenen Zeiten so selbstverstndlich wie die heutigen nach auen. Wohl zu keiner Zeit wurde so viel nach auen und so wenig nach innen gereist wie in unserer modernen. Selbst die wenigen ueren Reisen waren frher hufig Pilgerreisen, wo das innere Erleben ber dem ueren stand. Dieser vertraute Umgang mit Reisen in die inneren Rume der Bilder und Symbole war sicherlich einer der Grnde, warum die Menschen der Antike ohne Psychotherapeuten auskamen. Sie hatten noch lebendigen Zugang zu ihren Mythen und erlebten im Theater die klassischen Tragdien in einer Weise mit, wie es sich heutige Menschen, selbst wenn sie ins Theater gehen, kaum mehr vorstellen knnen. Wo wir heute durch Film und Fernsehen geradezu von Bildern berschwemmt werden, hatten die Menschen der Antike nur wenige, aber dafr gut vertraute Bilder, die sie leicht in direkte Verbindung zu ihrem Leben bringen konnten. Betrachtet man die Einfachheit ihres Theaters und die Bedeutung, die es trotzdem oder gerade deshalb hatte, stehen wir Menschen der Moderne vor einem Rtsel. Fast ohne Illusionen und frei von Effekthascherei, die Schauspieler hinter Masken verborgen, erfllte eine antike Vorstellung nicht im mindesten unsere Erwartungen an das Theater. Es ging damals ganz offensichtlich nicht um Ablenkung von den Alltagssorgen und Entfhrung der Zuschauer in eine bessere Welt mit vordergrndigem Happy-End. Im Gegensatz zu heute rangierten Tragdien noch vor Lustspielen und machten den Hauptteil der Vorfhrungen aus. Heute ist es gerade umgekehrt, Komdien beherrschen die Bhnen, man will sich amsieren. Fr die Menschen der Antike war Theater mit seinen archetypischen Bildern und Urmustern Seelennahrung. Solche Nahrung halten wir heute fr unbekmmlich und verbringen die Zeit, statt im Theater sitzend, lieber beim-16-

Therapeuten liegend. Inwieweit das wirklich bequemer ist, hngt ganz von der jeweiligen Therapie ab. Sicherlich ist es kein Zufall, da die analytischen Psychotherapien der Freudschen und mehr noch der Jungschen Richtung so viele Anleihen beim Mythos genommen haben. Ebenso sicher ist es nicht Zufall, sondern kluge Voraussicht, wenn immer mehr Richtungen der humanistischen Psychotherapie sich den inneren Bildern zuwenden. Ein Verfahren wie das katathyme Bilderleben sttzt sich ausschlielich auf innere Bilder und hat sich mit wissenschaftlich klingendem Namen schon fast etabliert. Die ffentliche Geringschtzung der inneren Bilderwelten war ein neues und durch die Esoterikwelle auch schon wieder zu Ende gehendes Miverstndnis unserer Zeit. Unseren Groeltern waren Mrchen noch wichtig, spielten sie doch in ihrer Kindheit eine zentrale Rolle. Da die folgende Generation solch wichtige Kinderseelennahrung fast vom Speisezettel gestrichen hatte, mu als eigenartiger Ausrutscher gelten. Wer Kinder beobachtet, mit welcher inneren Anteilnahme sie erzhlte Mrchen miterleben, kann keinen Zweifel haben, da sie sie in innere Bilder von groer Lebendigkeit umwandeln. Selbst mit raffiniertestem Specialeffect-Aufwand nach bester HollywoodManier verfilmte moderne Mrchen wirken oft enttuschend auf die kleinen Zuschauer, weil sie nach der Erzhlung ganz andere, eigene Vorstellungen hatten. So betrachtet sind gefhrte Meditationen unserem westlichen Verstndnis sehr nahe und leicht zugnglich. Wahrscheinlich haben die meisten Menschen in ihrer Kindheit schon eine Reihe solcher Reisen mit gutem Erfolg und einigem Spa hinter sich gebracht.

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Wirkungsmechanismen

Fr einen ganz auf rationale Betrachtung gepolten Menschen, der noch im alten mechanistischen Weltbild gefangen ist, grenzt die Wirksamkeit von inneren Bildern ans Wunderbare, oder ist berhaupt schon ein Wunder, das es eigentlich gar nicht geben drfte. Fr einen mit den Gesetzen der Psyche vertrauten Menschen sind diese Wunder dagegen leicht durchschaubar. Wir streben bei der gefhrten Meditation hypnoide Trancezustnde an. Die Phnomene der Hypnose knnen erhellen, was hierbei passiert und darber hinaus, wie Seele funktioniert. Tatschlich gibt es im seelischen Bereich ein relativ mechanistisches und damit vorhersagbares Funktionieren, was gerade die Anhnger der mechanistischen Weltsicht hufig irritiert. Wenn man einem Menschen in tiefer Hypnose suggeriert, er bekme eine glhende Kohle auf die Hand gelegt und gibt ihm dann tatschlich eine kalte Kartoffel, wird er Brandblasen bekommen, obwohl die Kartoffel nicht einmal warm war. Ganz offensichtlich funktionieren Menschen auf Grund von bestimmten Programmen, und Hypnose kann auf diese Programmebene vordringen und hier mit entsprechend verblffenden Effekten manipulieren. Da Hypnose diese Programmierbarkeit des Menschen bewut macht, hat sicherlich erheblich zu ihrem schlechten Ruf beigetragen. In den ehemaligen kommunistischen Lndern, wo die Programmierung und vor allem Umprogrammierung von Menschen in hohen Ehren stand, hatte auch die Hypnose entsprechendes Ansehen. Soviel sich westliche Menschen aus den Industriegesellschaften aber auch auf ihren freien Willen und ihre Unabhngigkeit einbilden, die Programmierbarkeit des Menschen bleibt doch eine Tatsache, die jede Showhypnose zumeist recht primitiv und-18-

gerade dadurch eindrucksvoll demonstriert. Vor vielen Jahren mute die Hypnoseshow Hypnoland unter Proteststrmen aller mglichen Gruppierungen abgesetzt werden, weil sie durch ihre witzigen Umprogrammierungen aufzeigte, wie stark die grundstzliche Programmierung des Menschen ist, und wie sehr wir alle zu Rationalisierungen neigen. Solche Beobachtungen decken schonungslos auf, wie Programme das Leben bestimmen, die erst hinterher als sogenannter freier Wille rationalisiert werden. Sie zeigen darber hinaus, wie enorm schwer es ist, sich einprogrammierten Befehlen zu widersetzen. Selbst Menschen, deren Intelligenz gut trainiert ist, haben grte Mhe, sich unsinnigsten posthypnotischen Befehlen zu widersetzen, und neigen dann dazu, mit ihrer hohen Intelligenz besonders lcherliche Rationalisierungen zu erfinden. Bei all dem ist zu bedenken, da es dem Menschen mit Hilfe spiritueller Disziplinen mglich ist, ber diese Stufe des programmierten Automaten hinauszuwachsen. Gurdjieff benutzte folgendes Bild, um den Zusammenhang darzustellen: Er sagte, die Menschheit sei mit einem Saal schlafender und dabei lebhaft trumender Menschen vergleichbar. Sie trumten natrlich alle in ihren ganz verschiedenen Trumen, da sie lebendig seien. Nur in der einen Ecke sei jemand erwacht, und allein der knne sehen, da alle anderen schlafen, und da ganz hinten in der gegenberliegenden Ecke ein weiterer gerade erwache. In diesem Sinne knnen uns Hypnosezustnde helfen, unsere Situation zu durchschauen; Meditationen knnen uns ber den Automatenzustand hinaus in wirkliche Freiheit fhren. All das Gesagte bezieht sich bisher lediglich auf Phnomene im Bereich des Unterbewuten. Erfahrungen unserer Vergangenheit, die wir einmal gemacht haben, die aber lngst vergessen sind, wie zum Beispiel die Speisenfolge beim Fest zu unserem fnften Geburtstag, sind im Unterbewutsein gespeichert. Auch die Mehrzahl unserer Krperprozesse wie Atmung, Verdauung oder Drsenttigkeit ist uns nicht bewut-19-

und gehrt doch nicht zum Unbewuten. All diese Steuerungsphnomene gehren in das Reich des Unterbewuten. Gefhrte Meditationen knnen, entsprechende Entspannungstiefen vorausgesetzt, bis auf diese Stufe des Unterbewuten und damit die Programmierebene vordringen und hier im therapeutischen Sinne fr neue Weichenstellungen sorgen. Diese verlockende Aussicht hat jedoch ihre Grenzen und gibt machtorientierten Menschen im Endeffekt nicht die Mglichkeit, die sie sich ertrumen und die andere befrchten. Grundstzlich hat Hypnose einen erheblichen Machtschatten, der bei den meisten Hypnotiseuren leicht erkennbar ist. Auch gefhrte Meditationen bergen prinzipiell die Gefahr in sich, da die Leiter Macht ber die Meditierenden anstreben. Meditation in eigener Regie ist wesentlich gefahrloser. Im brigen reicht die Macht gefhrter Meditationen und auch der raffiniertesten Hypnose nicht aus, um das Schicksal zu manipulieren. Das Niveau von Schicksal ist so viel hher und zugleich tiefer, da es noch genug Wege findet, die anstehenden Lernaufgaben durchzusetzen. Die dennoch vorhandene enorme Durchsetzungskraft hypnotischer Befehle und, in abgemilderter Form, auch hypnoider Suggestionen liegt in der Einengung des Bewutseins auf einen sehr schmalen Bereich. Man blendet das allermeiste aus und fokussiert die Bewutheit auf eine einzige Stelle. Eine Analogie liefert die Lupe, die an sich harmloses Licht so konzentriert, da es erstaunliche Kraft bekommt. Ein anderes Anschauungsbeispiel liefert der Laserstrahl, der seine Kraft ebenfalls aus der Fokussierung und aus der Gleichrichtung aller Wellen bezieht. Durch analoge Phnomene knnen auch hypnoide Zustnde verstrkt werden. Man bemht sich, die Meditierenden in jeder Hinsicht auf das eine Ziel der Bewutseinszentrierung und auf wenige entscheidende Bilder hinzufhren. Die suggestive Stimme, das Licht, duftende Essenzen und Musik dienen vor allem diesem einen Ziel. Auch-20-

die Verwirrtechniken, die sich auf den Intellekt richten, wollen ihn im wesentlichen zur Ruhe bringen, um ihn dann gleichzuschalten und auf die Bilder festzulegen, auf die es ankommt. Die Auenreizverarmung der gewohnten Hauptsinne Sehen und Hren ist dabei das strkste Mittel der Fokussierung. Bei entsprechend starker Konzentration der Krfte bekommen diese die Macht, die Oberflche zu durchdringen und in neue Dimensionen vorzustoen. Wie das gebndelte Licht die Oberflche wegbrennt, kann auch die gebndelte Gedankenkraft die Oberflche des Bewutseins durchstoen und ins Unterbewute vordringen. Tiefe Meditation kann noch weiter bis ins Unbewute eindringen und so Zugang zu den Tiefen der eigenen Seele schaffen. Grundstzlich ist es sogar mglich, bis in Bereiche des kollektiven Unbewuten zu gelangen, jene Ebenen, die die Inder Akasha-Chronik nennen. Auch wenn solche Tiefen fr die gefhrten Meditationen anfangs gar nicht sinnvoll sind, liegt doch in der Mglichkeit, die gewohnte Benutzeroberflche unseres Gehirncomputers zu transzendieren, eine wesentliche Chance. In unserer Gesellschaft ist das Wissen um die Mglichkeiten solcher Meditations- und Trancezustnde naturgem gering; wir kmmern uns vor allem um die Oberflche der Phnomene und lassen die Tiefen der Seele ziemlich unbercksichtigt. In jenen Kulturen, die wir so gern und so falsch primitiv nennen, ist das anders. Dort gehren Tranceheilungen oder ekstasische Tanzerfahrungen zum rituellen Leben; hier werden Menschen in Trance so unempfindlich, da sie sich Speere durch die Haut schieben knnen, ohne Schmerzen zu spren, und auf Glutteppichen tanzen, die in ihrem Ausma mit denen der NewAge-Szene wenig gemein haben. Allein die Tatsache, da auch bei uns inzwischen viele Menschen solche Erfahrungen gemacht haben, zeigt aber, wie stark das Bedrfnis nach Tranceerlebnissen ist. Da Trancephnomene keine Wunder sind, sondern hufig-21-

und leicht geschehen, zeigen uns gewohnte Alltagserfahrungen. Ein interessantes Gesprch oder ein spannender Film kann bereits zu einer Auenreizverarmung fhren, die uns Straenlrm vllig berhren lt. Wenn wir uns auf eine Arbeit konzentrieren, blenden wir alle mglichen Strungen einfach aus. Bei Vorgngen, die wir vllig beherrschen, wie etwa Autofahren, rutschen wir so schnell in Trance, da wir manchmal ohne die geringste Erinnerung an die letzten fnfzig Autobahnkilometer an unserem Ziel ankommen. Jeden Abend fallen wir durch Auenreizverarmung in eine Art Trancezustand, der uns mehr oder weniger schnell die Ebene wechseln und vom Tages- ins Schlafbewutsein sinken lt. Selbst bis in Heiltrancetiefe knnen wir ganz nebenbei kommen, wenn wir uns etwa vllig verschnupft einen Film ansehen, der uns immer mehr gefangen nimmt, das heit unser Bewutsein stark fokussiert. Sogleich ist die Nase wieder frei, wir haben die Ebene, wo wir die Nase voll haben, verlassen und sind tiefer gesunken. Spirituelle bungen benutzen fast immer Techniken der Auenreizverarmung einerseits und der Bndelung des Bewutseins andererseits. Ob wir an Gebete wie den Rosenkranz denken, Mantrentechniken, Atembeobachtung, Konzentrationsbungen und dergleichen mehr. Was bei der Hypnose oder bei Techniken, die auf hypnoide Zustnde zielen, leicht einen negativen Beigeschmack erhlt, ist letztlich nichts anderes als eine sehr wirksame Technik, die in jeder Richtung einsetzbar ist. Was die Kraft hat, zu nutzen, kann, entsprechend mibraucht, in seinem Schatten auch schaden. Diese Polaritt teilt unser Verfahren mit Lupe und Laser. Alle drei knnen sehr ntzlich sein und gleichwohl auch Schaden anrichten. Die Gefahr bei Techniken, die mit hypnoiden Zustnden arbeiten, wird sptestens dann akut, wenn der entsprechende Leiter anfngt, Eigeninteressen in die bungen einzubauen. So haben viele Bhnenhypnosen neben dem entlarvenden Effekt-22-

bezglich der Bewutseinsfunktionen auch die Tendenz, den Showmaster auf Kosten seiner sich meist lcherlich machenden Versuchskaninchen zu profilieren. Die hohe Wirksamkeit einer Methode macht sie aber nicht prinzipiell verdchtig, sondern erfordert lediglich ein waches Bewutsein fr ihre Mglichkeiten. Der Versuch, die gefhrten Meditationen harmloser zu machen, indem man weniger tiefe Entspannungszustnde anstrebt, wrde ihnen auch die Wirksamkeit nehmen. Dieses Dilemma kennen alle Traditionen. Die auf dem Weg sozusagen als Nebenprodukt anfallenden Siddhis oder bersinnlichen Mglichkeiten6 knnen in geringem Ma fr den Weg genutzt und im brigen in Demut ignoriert oder zu Angabe und Machtzwecken mibraucht werden. Das Beruhigende ist allerdings, da sich diese Systeme bis zu einem gewissen Grad selbst schtzen und nicht beliebig zu mibrauchen sind. Bei der Hypnose wre es fr machtbesessene Anwender besonders interessant, mchtige und einflureiche Menschen unter ihren Einflu zu bringen. Gerade solche Menschen sind aber kaum in entsprechend tiefe Hypnose zu bekommen. Machtmenschen ziehen nach dem Affinittsprinzip ihresgleichen an. Tiefe Trance setzt aber Vertrauen voraus, und gerade das fehlt hier. Hypnotiseure zum Beispiel sind selbst kaum zu hypnotisieren.

Wissenschaftliche Erklrungsversuche

So wie Albert Einstein, ausgehend von den kleinen Unstimmigkeiten des physikalischen Weltbildes, zu seinem khnen Entwurf eines neuen Weltbildes kam, erffnet der englische Biologe Rupert Sheldrake der Biologie neue Dimensionen. Er ging wissenschaftlich an die Biologie heran und begann die Unstimmigkeiten zu untersuchen, anstatt sie zu-23-

berspielen. In diesem Sinne werden Biologie und vor allem Medizin bisher ber weite Strecken ihrem eigenen Wissenschaftsanspruch gar nicht gerecht, weil sie nicht die unerklrlichen Phnomene und Wunder untersuchen, sondern geradezu verschweigen. Wissenschaft aber mu den Mut haben, an jedem neuen Problem alles Bisherige in Frage zu stellen. Die Hypothese, da alle Schwne wei sind, kann viele tausendmal besttigt sein, die Entdeckung des ersten schwarzen Schwanes mu sie zu Fall bringen. In der Wissenschaft erledigt die Ausnahme die Regel; in Medizin und Biologie mu sie sie - wie im Sprichwort hufig besttigen, etwa nach dem kindlichen Motto: einmal ist keinmal. Die Physiker bewiesen wissenschaftlichen Mut, als sie ihr altes, gut funktionierendes Weltbild an einer winzigen Unstimmigkeit scheitern lieen und sich dadurch ein neues, viel anspruchsvolleres, ohne Kausalitt und verlliche Zeit, einhandelten. hnlich ist der englische Biologe Rupert Sheldrake in seiner Disziplin, der Biologie, Unstimmigkeiten nachgegangen, die bis dahin unbeachtet geblieben waren. Ein solch rtselhaftes Experiment sei hier exemplarisch zitiert. Bei der Untersuchung der Frage, ob erlerntes Wissen vererbbar sei, hatten Biologen ein Labyrinth gebaut und die Zeit gemessen, die Ratten brauchten, um sich daraus zu befreien. Anschlieend trainierten sie die Ratten, bis sie dies in deutlich krzerer Zeit schafften, und kreuzten sie dann untereinander. Als ihre Jungen die Aufgabe in derselben Zeit wie ihre trainierten Eltern bewltigten, glaubten die Wissenschaftler, die Vererbung von erworbenem Wissen bewiesen zu haben. Als aber weiterhin skeptische Biologen in einem anderen Teil der Welt mit einem entsprechenden Labyrinth, aber ganz anderen Ratten von neuem experimentierten, stellten sie mit Verblffung fest, da diese Ratten gleich mit der Zeit ihrer trainierten Artgenossen begannen. Nach verschiedenen Wiederholungen gab man schlielich mit dem eigenartigen Gefhl auf, da die Ratten-24-

dieser Welt immer auf dem letzten Stand zu sein schienen. Nach der Sichtung verschiedener hnlich mysteris gelagerter Ergebnisse formulierte Sheldrake seine Theorie der morphogenetischen Felder. Formgebende Entwicklungsfelder sind danach in der Lage, ohne Vermittlung von Materie und Energie Entwicklungen zu steuern und Information synchron verfgbar zu machen. In Sheldrakes Arbeit wird die Nhe zu Platos Vorstellung deutlich, da die reale Welt, die wir sehen, Spiegelbild einer transzendenten Welt vorgegebener archetypischer Ideen und Formen ist. Einfach ausgedrckt formuliert Sheldrake, was die Religion lngst wute: Am Anfang ist ein Bild, Muster oder Feld des bereits fertigen Dinges, Wesens oder Ablaufs. Dieses Muster gibt den Rahmen, in den hinein sich Materie und Energie ergieen, um das vorgegebene Ziel zu verwirklichen. Sheldrakes nichtenergetische formbildende Verursachung entsprche etwa der im Bauplan eines Hauses festgelegten Vorstellung. Die Idee des Hauses ist die immaterielle Basis, ohne die nichts in Gang kommt und die doch nicht greifbar ist; das Papier des Planes ist lediglich Trger dieser immateriellen Information. Sheldrake postuliert, da jede Form ein bergeordnetes, morphogenetisches Feld braucht. Mit diesem Ansatz lassen sich viele bisher unverstndliche Phnomene erklren, wie etwa die Regenerationsfhigkeit des Eidechsenschwanzes, aber auch die des Gehirns nach groen Zerstrungen. Das Gehirn scheint alles zu unternehmen, um seinem zugrundeliegenden morphogenetischen Feld wieder gerecht zu werden. Auch Impfungen lassen sich so erklren, reicht dem Organismus doch ein Bild des Erregers. Er mu weder wirksam noch berhaupt lebendig sein. Noch nach Jahrzehnten ist der Organismus nach dieser einmal eingespeicherten Vorlage fhig, sofort Antikrper zu produzieren. Auf diese Weise wrde auch verstndlich, warum Zellen in-25-

Kulturen wuchern, in Organen aber nur in der vorgegebenen Form wachsen. Im ersten Fall fehlt ihnen mit dem morphogenetischen Feld die Vorlage. Die Homopathie, die durch Verschtteln Information auf Wasser bertrgt, fnde hier eine ebenso befriedigende Erklrung wie chemische Phnomene, wie etwa das Beimpfen von gesttigten Lsungen zur Erleichterung der Kristallisation. Bekommt die Lsung eine Bildvorlage der zu produzierenden Kristalle, kann sie sofort mit deren Produktion beginnen. Selbst Teile von Darwins Evolutionstheorie lieen sich bei Zugrundelegung von formgebenden Feldern retten. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile, wissen die alten Weisheitslehren. Den Teilen fehlt noch das Bild, das Feld ein Haufen Steine wird von sich aus nicht zu einem Haus. Sheldrake geht von Hierarchien aus, an deren Spitze das jeweilige Feld steht: Das Feld fr die Mitochondrien (die Zellkraftwerke) liegt demnach im Zellkern, dasjenige der Zelle im Gewebe, dessen Feld im Organ. Die Felder fr die Organe knnten in bergeordneten Organen wie den Chakren liegen, die Felder fr die Chakren im ganzen Menschen. Das Bild des Menschen wre bei Gott zu suchen, wie es uns die Bibel ja auch berichtet.7 Bei Krankheitsbildern liegt folglich die primre Strung nicht im jeweiligen Organ, sondern im bergeordneten Feld, in einer Strung des hier verankerten Bildes. Anliegen der Imaginationstherapie aber ist es, intakte Bilder in bereinstimmung mit dem Gesamtfeld von Krper, Seele und Geist wiederherzustellen und auf der richtigen Ebene zu etablieren. Soviel Sheldrake mit seiner Theorie erklren kann, die Frage nach der Entstehung der ersten Bilder lst er nicht. Dazu sind wir weiter auf die Schpfungsgeschichte der Heiligen Schrift oder die noch unfertigen der Wissenschaft angewiesen. Wie Max Planck und Albert Einstein landet auch Sheldrake zum-26-

Schlu wieder bei Gott. Wer immer ganz zu Ende denkt, kommt zwingend von der Polaritt zur Einheit und damit zu Gott.

Sinn und Anspruch dieses Buches

Wie alle anderen Meditationsarten leben auch die gefhrten Reisen von der Erfahrung und nicht vom Wissen ber sie. Ein Lehrstuhl fr theoretische Meditationskunde wre ein typisch westliches Miverstndnis. Insofern ist es mein Hauptanliegen, einen weiten Bereich von Erfahrungsmglichkeiten zur Verfgung zu stellen. Andererseits erscheint es aber auch wichtig in einer Zeit, in der gefhrte Meditationen unter den verschiedensten Namen in verschiedenste Bereiche Eingang finden, das Notwendigste ber ihre Chancen, aber auch Gefahren aufzuzeigen. Die praktischen Mglichkeiten im Umgang mit diesem Buch sind vielfltig, wobei vor allem an denjenigen Leser gedacht wurde, der sehr schnell zum Benutzer und Reisenden werden will. In einer Zeit, wo fast alle Menschen versuchen Zeit zu sparen und gerade deswegen keiner mehr Zeit hat, kommen Mrchen und Geschichten im Alltagsleben zu kurz. Wir haben weder Zeit noch Lust, uns am Abend, nach getaner Arbeit, in irgendeiner Weise geistigseelisch zu bettigen. Abgekmpft sinken viele Menschen vor dem Fernseher zusammen und lassen sich mit konservierter Fertigkost berieseln. Zugleich werden die Filme einerseits immer realistischer, andererseits immer phantastischer. Die Mglichkeiten der Computeranimation erlauben uns heute, die Reiche der Phantasie in spektakulrer Weise auf die Bildschirme zu zaubern. Fantasy nennt sich das Genre und ersetzt die eigene Phantasie ber weite Strecken. Sicher sind uere Bilder auch Bilder, und sicher sind sie manchmal besser als gar keine Phantasien, aber die eigene-27-

Bilderwelt knnen sie nicht ersetzen; zum Teil behindern sie sie sogar deutlich. Kinder, die lesen, sind auf ihre Phantasie angewiesen, um die gelesenen Geschichten mit inneren Bildern zu illustrieren. Kindern, die statt dessen Videos schauen, wird alles vorgefertigt und damit fertig vorgesetzt, die eigene Phantasie wird nicht gefordert, und diese Kinder werden folglich kaum gefrdert. Die Gutenachtgeschichte regt die Phantasie an, die archetypischen Strukturen von Mrchen lassen genug Raum, die eigenen Bilder in die Struktur einflieen zu lassen. Das Erzhlen von Geschichte und Geschichten, wie es in alten Zeiten blich war, lt Raum fr die eigene innere Aus- und Mitgestaltung der Themen. Solche Geschichten leben aus sich und erfllen eine Gemeinschaft mit Leben. Sie regen eigene Trume an, ohne die inneren Reiche mit fertigen Schablonen auszufllen. Menschen, die sich dagegen Abend fr Abend stundenlang mit Fernsehprogrammen abfllen lassen, werden davon weder angeregt noch lebendig - im Gegenteil, sie sind nach solchen Abenden eher ausgelaugt und schleppen sich mhsam ins Bett, wenn sie nicht bereits vor der Glotze eingenickt sind. Allein der Ausdruck glotzen verrt, worum es hier geht. Auch das Wort fernsehen ist insofern ehrlich, als es die Menschen von sich selbst entfernt. Sowohl beim Geschichten- und Mrchenerzhlen als auch beim Zuhren beschftigt man sich mit der eigenen Seele. Beim Fernsehen schweift man von sich fort. Was nicht heien soll, da ausgesuchte Themen, die einen wirklich berhren, auch in Filmform inneres Erleben anregen knnen. Vielleicht ist die Meditationswelle, deren Zeugen wir gerade werden, auch eine Reaktion auf die Veruerlichung und die Entfernung von den eigenen Seelenkrften. Die gefhrten Meditationsreisen knnten eine Verbindung herstellen zwischen der alten Tradition des Geschichtenerzhlens und dem wiederaufgetauchten, modernen Bedrfnis nach Meditation und-28-

seelischer Nahrung. Erzhlte Seelenreisen knnen Mrcheninhalte genauso transportieren und auf diese Weise Kontakt zu eigenen inneren Mrchenstrukturen herstellen, wie sie das eigene Geschichtsbewutsein durch gesprochene Geschichten anregen oder religises Empfinden durch eigene Erfahrungen vertiefen. Das Lesen und Hren von Legenden hatte frher eine solche Funktion. Die Menschen erlebten die Geschichte von Heiligen mit, als wre es die eigene. Sie belebten ihre Seelen an Beispielen besonderer Menschen, die archetypische Muster in aller ffentlichkeit vorgelebt hatten. Was schlielich als Legende brigblieb, hatte oft nur noch wenig mit der historischen Geschichte zu tun; aber dies war gleichgltig. Es geht nur um das Muster, das es innerlich nachzuvollziehen gilt. Aus diesem Grund knnen auch die Gleichnisse und Geschichten der Heiligen Schrift eine wesentliche Quelle fr gefhrte Meditationen werden. In diesem Sinne hatte Ignatius von Loyola seine Ordensbrder angeregt, im Rahmen ihrer Exerzitien die Evangelien wie gefhrte Meditationen selbst zu durchleben. So mag es auch kein Zufall sein, da die Jesuiten bis heute diesen Kontakt zu den inneren Ebenen mit ihren Erfahrungsmglichkeiten wichtig nehmen, und da es auch Jesuiten waren, die die Zen-Meditation im Westen einfhrten. Der bergang vom Geschichtenerzhlen zur gefhrten Meditation ist vielfach flieend. Bei der Gutenachtgeschichte fr Kinder, deren Ziel aus Erwachsenensicht hufig im Einschlafen liegt, empfiehlt sich etwa nach ein paar Minuten, die Aufforderung in die Geschichte einflieen zu lassen, nun die Augen zu schlieen und sich alles weitere vorzustellen. Wenn das nicht nur ein Trick ist, um sich der Aufgabe schneller zu entledigen, werden Kinder solche Anregungen aufnehmen und oft einen flieenden bergang aus der gefhrten Reise in die Welt ihrer Trume finden. Diesbezglich hngt natrlich alles von der Geschicklichkeit der erzhlenden Erwachsenen ab, die-29-

Fden der Geschichte entsprechend stimmig und einfhlsam zu knpfen. Die Gelegenheiten, wieder Zugang zur Welt der inneren Bilder zu finden, sind naturgem enorm vielfltig, und so seien hier nur einige beispielhaft angefhrt. So knnte Weihnachten, sofern es berhaupt noch im berlieferten, christlichen Stil begangen wird, eine Mglichkeit sein, die Weihnachtsgeschichte mit geschlossenen Augen und im eigenen Erleben mit zu vollziehen. Eine Umgebung mit Kerzenlicht und Dften wre in idealer Weise geeignet, die entsprechende Trance herzustellen. In diesem Sinne knnten alle besonderen Zeiten und Feste zu solchen vertieften Erfahrungen genutzt werden. Jedes Jubilum bietet die Mglichkeit, einen Rckblick in inneren Bildern zu erleben und sich noch einmal mit den besonderen Vorkommnissen der vergangenen Periode auseinanderzusetzen. Vielfach lassen sich im Rckblick wesentliche Dinge besser und einfacher durchschauen. So kann auf einfache Art aus der Vergangenheit gelernt und eine Ausshnung erreicht werden. Ob es sich dabei um den Hochzeitstag oder ein Firmenjubilum handelt, ist im Prinzip gleichgltig. Eine Meditation bietet sich zu Silvester an, indem man das alte Jahr in seinen wesentlichen Bildern Revue passieren lt. Am Neujahrstag gibt es dann Gelegenheit, etwaige Vorstze fr das neue Jahr ber die Bilderebene auf ihren Sinngehalt zu prfen und die verschiedenen Mglichkeiten in Bildern zu durchleben. So mssen wir nicht aus Fehlern lernen, sondern knnen auf sehr viel angenehmere Weise in Gedankenmustern probehandeln. Auch fr Geburtstage empfiehlt sich diese Methode sehr. Die vorletzte Meditation aus dem hinten angefgten Zyklus Mikrokosmos Mensch = Makrokosmos Erde ist besonders geeignet, um sich mit der eigenen Geschichte auszushnen. Einem nahestehenden Menschen solch eine Meditation zu-30-

schenken, wre ein Geschenk, das mehr geben kann als manche materielle Bemhungen. Die vielleicht einfachste und lohnendste bung ist es, jeden Abend im Bett vor dem Einschlafen sich selbst den vergangenen Tag in Form einer Bildmeditation zu erzhlen. Das ist die Gutenachtgeschichte fr einen selbst, und sie knnte wie zu Kinderzeiten zu einem angenehmeren Eintauchen in die Bilderwelt der Trume verhelfen und zustzlich mit der Zeit fr einen enormen Zuwachs an Bewutheit und Wachheit im Tagesgeschehen sorgen. Die Meditationstexte in diesem Buch stellen die Brcke zu solch einer Rckkehr zu erzhlten und erlebten inneren Bildergeschichten dar. Man kann sich mit einem Seelenverwandten gemeinsam auf den Weg machen und sich gegenseitig gefhrte Meditationen schenken. Zu der geeigneten Hintergrundmusik liest man den ausgewhlten Meditationstext beziehungsweise spricht ihn. Es empfiehlt sich hier eine sehr einfache Methode: Gelesene Texte sind leicht als solche zu erkennen und wirken schnell langweilig. Deshalb ist es gut, sich jeden Satz und jede Wendung erst einmal still durchzulesen und dann frei zu sprechen. Auch bei der Kassettenmethode ist so zu verfahren, da das eigene Gelesene leicht zu monoton erscheint. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, da man sich notgedrungen die Zeit lt, die die Meditierenden grundstzlich notwendig brauchen. Es gibt natrlich auch Menschen, die in einer Art und Weise lesen, da sich diese Methode erbrigt. Das Vorsprechen ist dabei mehr als ein Notbehelf, denn gesprochene Meditationen sind lebendig und den besten Konserven auch dann vorzuziehen, wenn diese technisch besser gelungen sind. Der Unterschied entspricht dem zwischen einem erzhlten Mrchen und einem auf Video. Trotzdem drngen sich in unserer Zeit technische Hilfsmittel geradezu auf. Und es ist auch kein Zufall, da wir diese Mglichkeiten haben. Deshalb kann man sich mittels der hier-31-

angebotenen Information ber das Thema ausfhrlich unterrichten, um dann mit Hilfe von Kassetten die ersten - in diesem Fall wenigstens sicheren - Schritte zu unternehmen. Auch Mrchenkassetten sind viel besser als gar keine oder zu wenige Mrchen. Das gleiche gilt fr Meditationen. Wenn die Alternative ist, einmal im Monat eine vorgesprochen zu bekommen, sollte man diese Mglichkeit dankbar wahrnehmen und sich ansonsten mit eigenen oder fertigen Kassetten ausrsten. Mit Hilfe der Meditationen im praktischen Teil ist es sogar mglich, sich in vollkommen eigener Regie auf den Weg zu machen. Dazu ist es ntig, sich die Texte auf Kassetten zu sprechen. Spielt man parallel dazu die entsprechende Musik ab, hat man eine Kassette, die, was Musikwahl und Sprachgeschwindigkeit angeht, ganz den eigenen Bedrfnissen entspricht. Dieser Proze lt sich mit jedem einfachen Mischpult beliebig verfeinern. So kann man zum Beispiel passende Naturgerusche dazumischen. Nach einiger bung mit den vorgegebenen Meditationstexten knnen auch den eigenen Bedrfnissen angemessene Textvernderungen und Erweiterungen vorgenommen werden. Die vier Meditationen auf den beiden Kassetten zum Buch weisen in diesem Zusammenhang die Richtung. Sie erfllen die Anforderungen von den ersten bis zu deutlich fortgeschrittenen Schritten. Mit ihrer Hilfe kann man sich eine innere Fhrung verschaffen, einen geeigneten inneren Meditationsort aufbauen und erste Problemlsungen angehen. Die beiden Reisen der zweiten Kassette fhren in die uns seelenverwandte Welt der Pflanzen- und Tierwesen, mit dem Ziel, sich mit den eigenen inneren Krften auszushnen und seinen Tierverbndeten zu finden. Wenn man Kassetten besitzt, empfiehlt es sich, sie auch immer wieder anzuhren. Da sie dem Intellekt bald langweilig werden, sollte nicht zum Problem werden, denn es ist hier ja-32-

nicht in erster Linie der Intellekt angesprochen. Im Grunde sind alle Meditationen und auch Exerzitien fr den Intellekt ziemlich langweilig. Was ist langweiliger, als whrend vieler Stunden den eigenen Atem zu beobachten, wie bei der Vipassana- und Zen-Meditation, oder immer an denselben Klang zu denken, wie bei Mantra-Meditationen? Das hufige Wiederholen derselben Kassette gilt vor allem bei Meditationen, die um ein bestimmtes Problem, wie zum Beispiel ein Krankheitsbild, kreisen. Hier ist es auf jeden Fall sinnvoll, sich, falls vorhanden, eine Kassette zum Thema zu besorgen. Wenn keine fertige existiert, ist es am zweitbesten, sich eine nach dem Muster der fertigen zu erstellen. Entsprechende Mglichkeiten, um sich aus der Literatur die Themen zu erarbeiten, finden sich im Anhang bei den Bchern zur Krankheitsbilder-Bedeutung. Statt die Kassette einmal anzuhren und dann auf ein Wunder zu warten, ist es ratsam, die Meditationen einen Monat lang jeden Tag zu erleben. Steter Tropfen hhlt auch hier den Stein. Ein Krankheitsbild ist in keinem Fall ber Nacht und aus heiterem Himmel entstanden; das kann man sich hchstens mit viel Mhe einbilden. So braucht es auch Zeit, bis es die in ihm verborgenen Botschaften und Geheimnisse preisgibt. Ein Mondzyklus hat sich in der Praxis dafr gut bewhrt. Generell ist es sinnvoll, einem Krankheitsbild, das sich ja doch jeden Tag seine Aufmerksamkeit erzwingt, lieber freiwillig tglich eine halbe Stunde einzurumen, in der man ihm und seinen Beschwerden ungezwungen und bewut zuhrt. In aller Regel wird es einem dann in der brigen Zeit viel mehr Ruhe gnnen, und so ist diese halbe Stunde in jedem Fall bestens investiert. Bei schweren Krankheitsbildern empfiehlt es sich, auch danach noch weiterzumachen. Allerdings sollte man zwischendurch auch andere Meditationen, wie etwa die der Kassette Innerer Arzt8, dazwischenschalten. Bei chronischen Krankheitsbildern ist die Kassette auch deswegen geeigneter,-33-

weil das stndige Vorsprechen die Helfer auf die Dauer berfordert. Hinzu kommt, da hier die Texte wirklich gut passen sollten, da hufig wenig Zeit zu verlieren ist. Auch wenn solche Meditationen gleichsam etwas Erzwungenes haben und Not(wendigkeit) die Haupttriebfeder darstellt, lassen sich nicht alle Gesetze der Meditation auer Kraft setzen. Mit Meditation lt sich grundstzlich nichts erzwingen, schon gar kein Wunder. Zwang und Gewalt sind dem Wesen der Meditation vllig fremd. Man kann sich aber fr Wunder reif machen. Die Problematik dabei mag folgende wahre Zen-Geschichte erlutern. An einer bekannten US-amerikanischen Universitt werden paranormale Krfte untersucht. In dem Forschungsprojekt unternehmen einige Personen den Versuch, durch Gedankenkraft eine Kompanadel aus der Nord-Sd-Richtung abzulenken. Der Test ist auf vier Wochen ausgelegt, aber da sich bei keiner Versuchsperson irgend etwas rhrt, beschliet man nach einer Woche anstrengender Konzentrationsarbeit, das Projekt auf die halbe Zeit zu verkrzen. Dem wissenschaftlichen Anspruch verpflichtet, bleiben die Testpersonen bis zur letzten Minute bei der Sache, obwohl sich weiterhin nichts tut. Im Moment des Aufgebens aber bewegen sich die Nadeln bei den meisten. Nach lngerer Untersuchung dieses eigenartigen Phnomens stellte man fest, da beides notwendig ist, um einen mebaren Effekt zu erzielen: zuerst die anstrengende Konzentrationsarbeit und dann das Loslassen. Eines von beiden allein hat keine Wirkung. Eine praktisch identische Geschichte, wenn auch in ganz anderem Gewand, kennt die Zen-Tradition: Ein Mnch ist seit fnfundzwanzig Jahren im selben Kloster, ohne ein Satori (Erleuchtung von begrenzter Dauer) erlebt zu haben, obwohl er sich unter Aufbietung aller Krfte um Erleuchtung bemht. Viele der nach ihm Gekommenen haben schon Erleuchtungserfahrungen gemacht. Nach fnfundzwanzig Jahren-34-

ohne Klage und voller ununterbrochener eiserner Bemhung geht er zum Abt und fragt um Rat. Der Abt sagt: Ich glaube, du bist hier wirklich nicht am rechten Ort, und schickt ihn fort. Nach fnfundzwanzig Jahren verlt der Mnch zum ersten Mal das Kloster und fhlt sich in den Straen von Kyoto fremd und verloren. Zum Glck kommt er bald in eine Strae, wo die Menschen ihm ber alle Maen freundlich begegnen. Schlielich folgt er der Einladung einer hbschen jungen Frau, die ihn zu seiner berraschung ganz unerwartet verwhnt. Als sie ihn dann auch noch in ihren Krpertempel hereinholt, verliert er fast die Besinnung und erlangt im selben Moment Erleuchtung. Diese wundervolle Mglichkeit will er nun allen Suchern zugnglich machen und grndet ein entsprechendes Kloster. Zu seiner Verblffung erlangt keiner seiner Schler nach dieser angenehmen Methode Erleuchtung. Auch diese Geschichte will sagen, wie notwendig beides ist: konzentriertes Bemhen und Loslassen - der mnnliche und der weibliche Pol , Yin und Yang.

Anforderungen an die Meditierenden und Gesetze der Meditation

Ein weiterer Vorteil dieser Art von Meditation liegt darin, da die Anforderungen denkbar gering sind. Jeder Mensch kann sie erlernen, und wer nicht unter schweren seelischen Strungen leidet, auch recht gefahrlos. Diese Meditation nicht zu knnen ist praktisch unmglich, da jeder Mensch sich Gedanken macht und in Bildern denkt, ob er sich das bewut macht oder nicht. BUNG: Versuchen Sie einmal, folgendem Befehl nicht zu folgen: Denken Sie jetzt an eine Wiese. - Es ist vllig unmglich, dieser Aufforderung nicht zu folgen, einfach, weil jeder in sich Bilder-35-

von Wiesen hat. Allein die Erwhnung des Begriffes Wiese bewirkt Gedanken an irgendeine Wiese, und das ist bereits alles, was fr eine gefhrte Meditation ntig ist. Selbst wenn die Aufforderung lauten wrde, denken Sie jetzt einmal nicht an eine Wiese, wrde man nicht umhin knnen, im selben Moment an eine Wiese zu denken. Versuchen Sie es bei der nchsten bung. BUNG: Denken sie nun einmal nicht an ihre Nase. Sofort kommt jedem die eigene Nase ins Bewutsein, selbst wenn man vorher schon lange nicht mehr an sie gedacht hatte. Viele kennen diese paradoxe Erfahrung auch vom Zahnarztbesuch. Nie mu man so dringend schlucken wie in jenem Moment, wo der Zahnarzt es verbietet. Fr die Welt der Bilder, wie fr die ganze weibliche Seite der Wirklichkeit, gelten ganz andere Gesetze als fr die mnnliche Welt des Intellekts. So haben Verneinungen hier keine Bedeutung, sie werden einfach bergangen. Sehr deutlich kann man das auch bei der Kindererziehung erleben, da vor allem kleine Kinder noch ganz wesentlich in der weiblichen Welt der Bilder leben. Die Aufforderung Schtte deinen Kakao bitte heute nicht wieder um! kommt beim Kind ohne die Verneinung an und heit dann bezeichnenderweise Schtte deinen Kakao heute bitte wieder um! Je mehr ein Mensch noch verbunden ist mit der Welt der Bilder und Muster, desto weniger reagiert er auf Verneinungen. Bei den Zehn Geboten, die ja nicht zufllig vor allem aus verneinenden Verboten bestehen, ist der Effekt unbersehbar. Was man nicht darf macht einen gerade scharf, wei das Sprichwort, und was die Welt der Bilder angeht, stimmt dies. Wir knnen nicht umhin, gehrte Worte in Bilder umzuformen und erfllen damit schon die wesentlichste Voraussetzung fr gefhrte Meditationen. Lediglich-36-

Abstraktionen im Sinne mathematischer Begriffe wie 107 entziehen sich diesem Zugang, diese spielen aber in der Meditation sowieso keine Rolle. All die anderen Begriffe sind mit konkreten Bildern verbunden und fr die Reisen nach innen bestens geeignet. Daraus ergibt sich die wichtigste Regel fr gefhrte Meditationen: Die Formulierungen mssen so bildhaft, so anschaulich und so konkret wie mglich sein. Alles zu Abstrakte wird einfach bergangen wie Verneinungen, die ja ebenfalls Abstraktionen sind. Die Mglichkeiten der inneren Bilderebene gehen aber noch wesentlich weiter. All die Grenzen, die dem intellektuellen Denken durch die uere Realitt gesteckt sind, haben in der inneren Welt keine Bedeutung. Was denkbar ist, kann hier Gestalt annehmen, von Fabelwesen bis zu Erfindungen der fernsten Zukunft. Folgende bung mag das veranschaulichen: BUNG: Denken Sie nun einmal nicht an ein hellblaues Hausschwein mit weien Streifen und grnen Ferkeln. So sehr Sie sich auch bemhen, es ist nicht mglich, der Aufforderung zu widerstehen, und sofern Sie Schweine kennen und die Farben Blau, Wei und Grn, knnen Sie sich die surreale Schweinefamilie vorstellen. Diese Mglichkeit, Dinge Gestalt annehmen zu lassen, die es in der ueren Realitt nicht oder noch nicht gibt, ist vor allem fr therapeutische Bereiche interessant. Hier kann man sich zum Beispiel der besten vorstellbaren Therapiemethoden bedienen, schon lange bevor diese in der ueren Realitt erschaffen werden. Aus der Welt der Mrchen und Mythen sind uns diese greren Mglichkeiten der Bilderwelten seit Kindheit vertraut. Die Mrchen nehmen keine Rcksicht auf den engen Vorstellungsrahmen mnnlicher Logik, sondern bewegen sich frei in der viel ausgedehnteren Welt der Seelenmuster.-37-

Falls diese eigentlich von Anfang an vertraute Welt wider Erwarten doch Schwierigkeiten macht, liegt es mit groer Wahrscheinlichkeit am eigenen Anspruch. So kann es sein, da man die Bilder zu realistisch erwartet, zu plastisch oder einfach anders als die mit Sicherheit vorhandenen Vorstellungen. Tatschlich reichen auch schon sehr vage Einbildungen fr den Anfang. Mit der Zeit und mit entsprechender bung werden die Bilder plastischer und deutlicher. Es mag allerdings einige Zeit dauern, bevor sich unser ber die Jahre gewachsener Anspruch an Kompliziertheit mit so einfachen Dingen wie Vorstellungsbildern abfindet. So wie es einige Zeit gedauert hat, den natrlichen Zugang zur Bilderwelt zu verlernen, dauert es auch, sich nun wieder daran zu gewhnen. Natrlich konnten wir alle von frhester Kindheit an trumen, phantasieren und uns in den inneren Welten zurechtfinden. Erst mit Schulbeginn und dem hereinbrechenden Ernst des Lebens hrten wir dann von unseren Lehrern: Trum nicht! Spinn hier nicht herum! Schlaf nicht! Phantasiere nicht, sag die Wahrheit! und vor allem Konzentriere dich! Wir lernten allmhlich, welche Wahrheit gemeint war, und wie man alles Unwichtige und Phantastische ausblendet und sich auf das wenige Wichtige und Wesentliche konzentriert. Das ist fr jedes Kind ein herber Schritt, zumal es ja gerade nicht um das Wesentliche, das Wesen der Dinge, geht, sondern fast ausschlielich um Vernnftiges. Je besser die neue Botschaft aufgenommen wird, da das Rationale und Funktionale allein wesentlich ist, desto mehr treten die kreativen Bereiche der Vorstellung und Phantasie zurck. Im Erwachsenenalter dann wieder Zugang zu ihnen zu gewinnen, mag verstndlicherweise mit einiger Skepsis von Seiten des Intellekts verbunden sein, der inzwischen die Alleinherrschaft bernommen hat. Das Problem liegt aber nicht in der Kompliziertheit der Meditation, sondern gerade in ihrer Einfachheit und der Leichtigkeit des Zugangs. Nicht selten hrt man, wenn der berhmte Groschen schlielich gefallen ist:-38-

Ach, so einfach ist das, das htten Sie doch gleich sagen knnen. Nur die Vorstellungen und Gedanken so nehmen, wie sie kommen, na dann... Eine andere, ebenso einfache Regel bereitet hufig ebenfalls Probleme, das heit intellektuelle Menschen neigen dazu, aus ihr ein Problem zu machen. Es geht bei den gefhrten Meditationen jeweils darum, den ersten auftauchenden Gedanken anzunehmen. Auf die zuerst erschienene Wiese kommt es an. Diese wahrzunehmen ist an sich leicht, aber fr den an Alternativen gewhnten Intellekt trotzdem manchmal ein Problem. Die verschiedenen Mglichkeiten der Auswahl geben dem Ego ein Gefhl von Freiheit und die Macht, Entscheidungen zu fllen. Um diese Mglichkeit zu bekommen, mu es aber erst eine Auswahl schaffen. So mag es den ersten auftauchenden Gedanken beiseite schieben, was dem Meditierenden dann ein Gefhl von Beliebigkeit den Bildern gegenber vermittelt. Tatschlich ist die Auswahl des Intellekts fr diesen zwar befriedigend, weil er so alles unter Kontrolle behlt, fr den benden ist sie aber eher unbefriedigend. Grundstzlich kann man dem Ego, in dessen Dienst der Intellekt steht, fr diese Politik nicht bse sein, denn es hat tatschlich viel zu verlieren. Im letzten und tiefsten Sinne zielt Meditation auf die Mitte und damit auf Befreiung aus der Polaritt. Das aber ist zugleich die Befreiung vom Ego. Letztlich riskiert das Ego bei diesem Unterfangen alles, und so ist ihm ein gewisser Widerstand nicht zu verdenken. Allerdings kann man das Ego beruhigen - so schnell und so frh mu es auch wieder nicht abdanken. An diesem Punkt lt sich der Intellekt im brigen mit seinen eigenen Waffen schlagen, denn es ist wesentlich, eine Angelegenheit der Konzentration, gleich den ersten Gedanken wahrzunehmen und dabei zu bleiben. Da das erste Bild und der erste Eindruck entscheidend sind, lehrt bereits der Volksmund. Hufig zeigt auch die eigene Lebenserfahrung, da im Anfang-39-

alles liegt. BUNG A: Erinnern Sie sich an eine Situation in Ihrem Leben, wo Sie einem Menschen begegnet sind, der Ihnen spontan unsympathisch war, und wo Sie sich vom Intellekt eines Besseren haben belehren lassen. BUNG B: Erinnern Sie sich an eine Situation, wo Ihnen jemand vom ersten Augenblick an ausgesprochen sympathisch war und wo sie sich ebenfalls vom Intellekt durch vernnftige Argumente umstimmen lieen. Schauen Sie, wer rckwirkend betrachtet mit seiner Einschtzung besser lag. Wenn Sie anfangen, ihren ersten Eindrcken und Eingebungen zu vertrauen, werden Sie feststellen, da vielleicht nicht immer, aber doch meistens der erste Eindruck sehr treffend ist. Natrlich haben die Argumente des Intellekts ihren Wert und sollen hier nicht herabgesetzt werden. Es reicht, sie richtig einzustufen, und dann ergibt sich, da wir ihnen den grten Teil unserer Wissenschaft und damit unseres technologischen Fortschritts verdanken. Andererseits vertrauen wir dem Intellekt im tglichen Leben viel weniger, als wir uns gemeinhin eingestehen. Untersuchungen ergaben zum Beispiel, da der Inhalt einer Rede gerade fr 10% des Gesamteindrucks verantwortlich ist, den ein Politiker bei seinen Zuhrern hinterlt. 90% stammen aus anderen Quellen wie Ausstrahlung, Sympathie und nonverbaler Kommunikation. Bei den gefhrten Meditationen wird der Intellekt anfangs nicht einmal so zurckstehen mssen wie in den nchtlichen Trumen. Er kann aus dem Hintergrund beobachtend Zeuge bleiben. Sogar der Aufbau der Meditationen entspricht zumindest anfangs noch weitgehend seiner Logik. In Trumen und spter bei der freien Imagination, die sich aus den gefhrten-40-

Meditationen zwanglos ergibt, spielen die normale Logik und Chronologie nur noch eine untergeordnete Rolle, was den Intellekt zustzlich herausfordert. Im Traum passieren die unlogischsten Dinge, und die Zeiten geraten beliebig durcheinander. Insofern kann sich das Ego beruhigen, und das ist auch das beste, was es zur Meditation beisteuern kann.

Einflu und Auswirkungen innerer Bilder

Am Anfang ist es fr intellektuell gebildete Menschen schwer annehmbar, da vorgestellte innere Bilder wirksam sein sollen. Zu lange haben wir gehrt, da Trume, Phantasien und Einbildungen nicht nur nichts wert, sondern sogar schdlich seien. Andererseits zeigt die Alltagserfahrung, da eingebildete ngste erheblich ngstigen, eingebildete Krankheitsbilder schrecklich leiden lassen und sogar eingebildete Schmerzen entsetzlich schmerzen knnen. Das Wort Einbildung belegt, da bei diesem Proze Bilder die entscheidende Rolle spielen, wie brigens auch bei unserer ganz normalen Bildung. In beiden Fllen geht es um Bilder, die sich im Innern festsetzen. Ein gebildeter Mensch verfgt ber eine Menge innerer Bilder, die er sich bei Bedarf bewut machen kann. Solche Bilder schtzen wir, und sie sind ohne Zweifel wirksam, wie der Kontrast des ungebildeten Menschen zeigt. Die eingebildeten Bilder des Hypochonders, des eingebildeten Kranken, schtzen wir nicht, aber sie sind ebenfalls innen und ebenso wirksam, beschftigen sie doch manche Patienten und ihre mit Bildern unvertrauten rzte oft lebenslang. Innere Bilder sind nicht nur die Basis unserer Bildung, sondern auch unserer Kultur. Der Kult, der ihr zugrunde liegt, beruht auf Ritualen, die wieder von Symbolen abhngen. Symbole aber sind nichts anderes als Urbilder der Seele, die-41-

immer Innen sind und lediglich ab und zu im Auen von bewuten Menschen manifestiert werden. Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, da letztlich alle Bilder innere Bilder sind. Wenn wir drauen etwas sehen, fallen Lichtstrahlen von diesem Objekt auf unser Auge und lsen auf der Netzhaut in der Tiefe des Auges einen elektrischen Reiz aus. Die Flle dieser Reize fhrt zu elektrischen Reizmustern, die, ber den Sehnerv zum Sehzentrum des Gehirns geleitet, hier zu einem Bild verrechnet werden. Das eigentliche Sehen geschieht damit immer im Gehirn und folglich eindeutig innen. Die Medizin kennt deshalb zwei Arten von Blindheit. Bei der hufigeren, auf Augenfehlern beruhenden Variante10, kann man immer noch innere Bilder sehen. Bei der Seelenblindheit liegt der Defekt im Gehirn, und erst dann ist die Vorstellung von Bildern verhindert. Alle Bilder sind also innen, und doch sind die Bilder gefhrter Meditationen und Traumbilder in besonderem Mae innen. Diese Besonderheit liegt aber offenbar nicht in ihrer Wirksamkeit und Bedeutung. Den bereits erwhnten Indianern sind sie sogar wichtiger als die meisten ueren Bilder. Selbst uns waren sie immer dort wichtig, wo sie veruerlicht wurden. Es ist noch kein Haus auf dieser Erde errichtet worden, das nicht vorher in der Phantasie des Architekten oder Baumeisters als inneres Bild existierte. Jeder technischen Erfindung geht ein inneres Bild voraus. Zuerst ist immer die Vorstellung da, und erst daraus ergibt sich die materielle Manifestation. Dieser Schritt in die Manifestation ist fr uns wichtig und bleibt es auch bei den gefhrten Meditationen. Erlebt man eine wesentliche Erkenntnis oder einen tiefen Einblick, ist es immer ratsam, dem auch einen ueren Ausdruck zu geben in Form eines kleinen Rituals. Damit erhht sich einerseits die Bedeutung der Erfahrung fr uns, andererseits wird sie tiefer im Gedchtnis verankert, denn hnlich wie Trume versinken auch-42-

die Erfahrungen gefhrter und freier Bildermeditationen ansonsten schnell wieder im Unbewuten. Die Belege fr die Wirksamkeit der inneren Bilder bis in krperliche Strukturen werden im Bereich der Psychotherapie immer zahlreicher. Schon seit vielen Jahren werden gefhrte Meditationen in der Psychoonkologie mit Erfolg eingesetzt. Dieser Name steht fr jenen Bereich der Krebstherapie, der sich mit den seelischen Anteilen von Tumorerkrankungen beschftigt. Carl Simonton11 konnte belegen, da sich durch den Einsatz innerer Bilder die berlebenszeit bei Krebspatienten mehr als verdoppeln lt. Selbst Schulwissenschaftler sind inzwischen auf diese Phnomene aufmerksam geworden und haben sogleich ein neues Ressort erffnet, das sich in Zukunft mit solchen Auswirkungen beschftigen soll: die Psychoneuroimmunologie. Der etwas hochtrabende Name kann doch nicht verbergen, da es sich hier vor allem um die an sich einfache Wirkung seelischer Bilder auf den Krper handelt. Die Macht der Vorstellungen mag folgendes von Simonton angefhrtes Extrembeispiel belegen: Einem Patienten im Endstadium einer schweren und nicht weiter therapierbaren Krebserkrankung, voller Metastasen und ohne Hoffnung, wird angeboten, ein neues, am Menschen noch nicht erprobtes Krebsmittel an sich erstmals ausprobieren zu lassen. Da seine Lebenserwartung auf nur wenige Wochen veranschlagt wurde und die Situation praktisch nicht mehr zu verschlechtern war, wagten die rzte diesen Schritt. Der Patient stimmte zu und erlebte eine wundervolle Genesung. Nach einigen Wochen waren keine Anzeichen von Krebs mehr vorhanden, und er konnte als geheilt entlassen werden. Einige Monate spter las der immer noch gesunde Mann in einer medizinischen Zeitschrift, da das Medikament, das er erhalten hatte, die Erwartungen nicht erfllen konnte und keine Wirkung bei Krebs gezeigt habe. Darauf erkrankte der Patient sofort wieder an seinem Krebs und starb einige Monate spter.-43-

Solche Geschichten tauchen hin und wieder auf, und da man nicht wei, wo und wie sie einzuordnen sind, erscheinen sie in den Zeitungen unter Verschiedenes aus aller Welt und geraten schnell wieder in Vergessenheit. Dabei liee sich viel von ihnen lernen und Hoffnung schpfen bezglich der Mglichkeiten, die in Vorstellungen und inneren Bildern liegen. Bereits das Frmglich-Halten, das mit jeder weiteren Geschichte wchst, frdert die eigenen Aussichten und die unbewute Bereitschaft zu Wundern aus der Vorstellung. In diesem Sinne sei hier auch auf jenen Bericht von einer amerikanischen Mutter verwiesen, die einen mehrere Tonnen schweren Lkw hochhob, um ihr darunter geratenes Kind zu befreien. In ihrer Vorstellung, in die wohl die ganze Verzweiflung der Situation hineinflo, schaffte sie es, und dann geschah es auch - entgegen aller Physik - konkret. In Mnchen hatte der Fahrer eines Transportunternehmens fr Gefrierwaren seinen Lkw am Freitagnachmittag in den Fabrikhof gefahren und war noch kurz auf die leere Ladeflche geklettert. In diesem Augenblick kam ein anderer Fahrer in den Hof, sah die angelehnte Tr und warf sie zu. Der nun sozusagen im Gefrierfach eingesperrte Fahrer bekam sicherlich schreckliche Angst zu erfrieren. Und das tat er dann auch. Am Montagmorgen wurde er mit Erfrierungen tot aufgefunden. Nur kalt war er nicht, denn der andere Fahrer hatte auch das Khlaggregat ausgeschaltet, weshalb der Fall berhaupt bis in die Zeitungsspalten gelangte. Der Erfrorene htte gengend Luft und sogar Wasser gehabt, um die 2 Tage bei sommerlichen Temperaturen zu berstehen. In seiner Vorstellung aber hatte er gefrchtet zu erfrieren, und diesem inneren Bild war er gefolgt. Er hatte sich das Erfrieren also nur eingebildet. Natrlich gibt es keinen Grund, nur die negativen Wunder zu bestaunen, es lohnt sich vielmehr, sich auf positive Mglichkeiten bis hin zu Wundervollem einzustellen.

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Chancen und Gefahren von Wundererwartung

Hier liegen Segen und Fluch nahe beieinander. Tatschlich kann der Glaube Berge versetzen, und Wunderheilungen sind durchaus keine Seltenheit. Bezeichnenderweise haben allerdings weder Wissenschaft noch Kirche groes Interesse an ihnen. In Lourdes, wo nach wie vor glubige Katholiken Wunder erleben, hat die Kirche eine Kommission zu deren berprfung mit so strengen Kriterien eingesetzt, da nur noch wenig Wundervolles brig bleibt, aber immerhin doch einiges. Es drfte kaum einen Arzt geben, der nach nur einem Jahrzehnt Arbeit mit Patienten nicht schon einige Wunder erlebt hat. Die Medizin tut sie ihrerseits als Spontanremissionen ab. Warum gerade solche Phnomene nicht uerst intensiv erforscht werden, bleibt wohl eines der Geheimnisse der Wissenschaft. Wunder sind also nicht nur mglich, sie sind gar nicht so selten, wie unsere Zeit in ihrem Skeptizismus annimmt. Es gibt viele Grnde, das Glas lieber halb voll als halb leer zu sehen. Sogar wissenschaftlich lt sich untermauern, da ein gewisser Optimismus die Immunittslage verbessert. Problematisch wird es allerdings, sobald sich jemand bewut einbildet, es sei ganz voll. Es liegt ein grundstzlicher Unterschied zwischen dem Sehen und Setzen innerer Bilder. Das Sehen ist immer in Ordnung, das Setzen geschieht natrlich in gefhrten Meditationen, aber hierbei sind Regeln zu beachten. Solange es sich bei den gesetzten Mustern um archetypische Strukturen handelt, die jeder Seele ursprnglich zugnglich sind, handelt es sich gleichsam um ein aktives Wiedererkennen ureigener innerer Strukturen. Sobald jedoch Wunschvorstellungen gesetzt werden, wie es zum Beispiel auch bei den erwhnten Krebstherapien geschieht, ist Vorsicht geboten. Hier beginnt Magie, denn es wird mittels-45-

Gedankenkraft Macht ausgebt. Nun heit das nicht, da man solche Anstze aufgeben sollte; es wre nur gerade jetzt wichtig zu wissen, was man tut. Solange Bilderreisen zum Aufdecken innerer Strukturen genutzt werden, ist das Ganze relativ unproblematisch, selbst wenn es sich um dstere Schattenseiten handeln sollte. Werden aber Bilder aktiv gesetzt, beginnt die Gefahr allen Tuns. Man wird tendenziell schuldig. Macht man das eine, bleibt das andere ungetan und umgekehrt. Hier beginnt mitten in der Meditation, dort wo man es wohl zuletzt vermutet, wieder die ganze Problematik des mnnlichen Macherpols. Natrlich liegt es nahe, bei einer Krebserkrankung etwas zu unternehmen und sei es, mit Bildern zu zaubern. Allerdings wre es gut, sich gleich von Anfang an einzugestehen, da hier die Gefahr besteht, neuen Schatten zu schaffen und so dem eigentlichen Anliegen der Meditation entgegenzuarbeiten. Sobald man beginnt, sich gegen etwas zu wenden, ist Achtsamkeit vonnten und offenbar Widerstand im Spiel. Somit entfernt man sich vom eigentlichen Ziel der Meditation, die ja aus dem Widerstand hinausfhren will. Diesen Widerstand auszuleben, kann trotzdem sinnvoll sein, etwa im engagierten Kampf gegen Krebszellen, schafft aber nichtsdestotrotz neuen Schatten. Hier wre es wesentlich, herauszufinden, was einem fehlt und wodurch der Krebs notwendig geworden ist. Hat man erkannt, da es in der Vergangenheit an Durchsetzungs- und Kampfkraft fr den eigenen Lebensweg gemangelt hat, ist es doppelt sinnvoll, diesen Kampf auch auf der Ebene der Bilder aufzunehmen und gegen die Krebszellen zu richten. Das Wort Meditation ist hier aber im eigentlichen Sinn schon nicht mehr angemessen. Jene uns so vertraute Haltung des Gegenetwas-Angehen ist medizinisch gesprochen der Allopathie zuzuordnen und damit nicht an sich schlecht, nur anders. Meditation wrde erfordern, mit den Dingen, auch im Fall von Symptomen, in Einklang zu-46-

gehen und entspricht damit eher dem Ansatz der Homopathie. Die Meditation mit inneren Bildern ist nur ein Werkzeug und kann fr beide Richtungen benutzt werden. Wird sie allerdings im Kampf gegen irgendwelche eigenen Eigenschaften eingesetzt, die mittels Affirmationen wie beim positiven Denken zugedeckt werden sollen, ist hchste Vorsicht geboten. Hier wird Schatten produziert, und man sollte sich klarmachen, da das dem Anspruch von Meditation zuwiderluft. Notwendig mag es trotzdem sein, denn sicher ist es besser, mit Affirmationen zu berleben, als sich aus Liebeskummer umzubringen. Allerdings sollte nicht die Illusion entstehen, dadurch sei das zugrundeliegende Problem gelst. Wird die innere Bilderebene mibraucht, um Probleme im Sinne des positiven Denkens niederzumeditieren, widerspricht das dem Ansatz der Meditation und wird sich irgendwann rchen. Das heit, der unterdrckte Schatten wird sich wie bei allen allopathischen Therapieversuchen je spter desto massiver in Szene setzen. Der Weg zur Mitte mu Offenheit fr alle Erscheinungsformen der eigenen Existenz beinhalten, und das schliet ausdrcklich auch die dunklen Seiten mit ein. In Extremsituationen knnen einem auf diesem Weg auch wundervolle Erfahrungen zufallen, und je nher die Mitte rckt, desto wahrscheinlicher werden sie. Bei aller Offenheit fr solche Erfahrungen kann es jedoch nie darum gehen, Wunder zu erzwingen. Im brigen verschliet sich das Wunder von sich aus dem Macherbestreben, das es erzwingen will.

Gefahren und Hilfen bei inneren Reisen

Reisen bildet einerseits, andererseits kann es - abhngig vom Reiseziel - auch gefhrlich sein. Das unterscheidet innere wenig-47-

von ueren Reisen. Wird bei normalen Kulturreisen die Bildung durch uere Erfahrungen gewonnen, die zu inneren Bildern verarbeitet werden, geschieht dies bei inneren Reisen direkt durch die Hinwendung zu inneren Bildern und Mustern. Kurzfristig betrachtet ist Reisen immer gefhrlicher als zu Hause bleiben. Auf Reisen kann und soll einem ja sogar Fremdes und Unbekanntes begegnen. Die alljhrliche Badereise an den immer gleichen Strand desselben Meeres bildet ja nicht. Langfristig schaut die ganze Sache dagegen ganz anders aus, was folgende einfache berlegung zeigen mag. BUNG: Stellen Sie sich fr einen kurzen und schrecklichen Augenblick vor, Sie wrden von nun an nie mehr verreisen und den Rest ihres Lebens an ihrem Heimatort verbringen, eingebettet in gefahrlose und vertraute Gewohnheiten. Noch sicherer wre es, Sie verlieen ihr Haus gar nicht mehr. So knnten Sie wirklich sicher gehen, die noch verbleibenden Lebensjahre ohne Gefahr fr Leib und Leben zu berleben. Ganz offensichtlich ist Leben aber mehr als berleben. Und wo keine Gefahr fr Leib und Leben bestnde, wre die Seele in groer Gefahr, bei lebendigem Leib zu verhungern. Solch einem ewig zu Hause Sitzengebliebenen knnte jeder jeden Unsinn ber die Welt erzhlen. Wrde ihm eingeredet, aus den Nachbarlndern drohten aggressive und gefhrliche Feinde, wrde er sich vielleicht sogar zum Krieg gegen sie aufhetzen lassen und seines und das Leben anderer riskieren. Vorherige Reisen in die Nachbarlnder htten ihm derlei erspart. So aber knnen ihn weder eigenes auf Erfahrung grndendes Wissen noch lebendige Bildung vor nachteiliger Beeinflussung schtzen. Zu Hause bleiben ist also langfristig noch gefhrlicher als Reisen. Analoges gilt fr die inneren Reisen. Wer sich nie nach innen wendet, entfremdet sich gegenber seiner eigenen Seele. Nicht wer auf seine innere Stimme hrt, ist gefhrdet, sondern derjenige, der das niemals wagt. Wenn solch ein-48-

auenorientierter Mensch in einer schwierigen Lage anfngt, Stimmen zu hren, ist das meist eine Situation, die nach einem Psychiater verlangt, der den Stimmen dann aber auch wieder nicht zuhrt. Sich inneren Bildern und Stimmen rechtzeitig und freiwillig zuzuwenden, ist der beste Schutz vor einer unfreiwilligen berschwemmung durch sie. In jedem Fall ist ein gesundes Verhltnis zwischen Reisen und zu Hause bleiben anzustreben. Wer sich nur noch in der weiten Welt herumtreibt, verliert den Bezug zur Heimat und gefhrdet sich von dieser Seite durch Entwurzelung. Dies gilt ebenso fr innere Reisen. Sich in bertriebener Weise auf innere Seelenlandschaften strzen und daneben nichts anderes mehr gelten lassen kann den Bezug zur ueren Realitt und den Notwendigkeiten des Alltagslebens gefhrden. So sinnvoll es ist, die Bedeutung der Auenwelt zu relativieren und sich um Sinn und Ziel des Lebens zu kmmern, so verheerend ist es, den Bodenkontakt zu verlieren und nur noch in geistigen Ebenen zu schweben, mit der noch greren Gefahr, gnzlich in andere Welten zu entschweben. So wie einige recht peinliche, irdische Weltenbummler verchtlich auf die Spieer zu Hause herabblicken, neigen die entsprechenden esoterischen Weltenbummler hufig zu milder Verachtung all jener, die ihr Leben wirklich zu bewltigen versuchen in den Niederungen der dafr notwendigen physischen Welt. Solange man aber die Meditationsfrequenz nicht ber zwei Reisen von einer halben bis dreiviertel Stunde pro Tag erhht, befindet man sich - eine gewisse seelische Stabilitt vorausgesetzt - auf sicherem Terrain. Falls bereits das die Sensibilitt zu sehr erhht, was man an zunehmender Empfindlichkeit bis hin zu Reizbarkeit merken kann, ist an eine zeitliche Verkrzung der unternommenen Reisen zu denken. Im allgemeinen ist dieser Effekt aber gerade bei gefhrten Meditationen nicht so stark, weil hier die aufgetauchten Dinge auch gleich eine gewisse Verarbeitung erfahren.-49-

Eine weitere Gefahr groer Reisen liegt in der Mglichkeit, sich zu verirren. Bei Reisen in die uere Welt kann man dem mit guten Karten und gegebenenfalls einem kompetenten Fhrer oder berhaupt einer Gruppenreise vorbeugen. Derlei ist aber natrlich nur dann notwendig, wenn man sich in ferne, gnzlich fremde und dunkel unerforschte Bereiche vorwagen will, was man im allgemeinen vorher wei. Entsprechendes gilt fr die inneren Reisen. Tatschlich knnen gefhrte Meditationen bis an die Grenze zur Psychotherapie und manchmal auch ein gutes Stck hinein fhren. Von Freuds freier Assoziation ging Jung den Schritt zur aktiven Imagination, und diese ist wiederum auch das Ziel gefhrter Meditationen. Denn wenn man sich in den vorgegebenen seelischen Mustern gut zurechtfindet und die notwendige innere Sicherheit erlangt hat, geht der Weg weiter zu eigenen Ausflgen in die inneren Reiche, die die Domne der Psychotherapie sind. Die Entscheidung ber diesen weiteren Weg liegt dabei immer bei einem selbst. Bei entsprechenden Zweifeln ist es besser, fr die ersten Schritte die Geborgenheit einer Gruppensituation zu suchen oder sich fr anstehende heikle Schritte der Fhrung eines in den Bilderwelten erfahrenen Psychotherapeuten zu versichern. Die sicherlich beste Mglichkeit findet sich in der Bilderwelt selbst. Wie an Beispielmeditationen praktisch gezeigt werden soll, ist es leicht mglich, eine Fhrerin oder einen Begleiter in der inneren Welt zu finden, die dann bei allen weiteren Reisen schtzend und beratend zur Verfgung stehen. Frher war den Menschen die Vorstellung solch einer Hilfe auf dem Weg eher gelufig. Der Gedanke an den Schutzengel ist es fr viele Kinder bis heute. Im Augenblick erleben wir gerade eine gewisse Renaissance dieses Gedankens, tauchen doch seit einiger Zeit zunehmend Bcher auf, die sich des Engel- und insbesondere Schutzengelthemas annehmen. Im Rahmen der eigenen Reisen nach innen ist es jedem auf gnzlich unkitschige-50-

Weise mglich, die entsprechende Begleitung fr zuknftige Reisen ins weite Innenreich zu finden. Die Betonung liegt hier auf finden, nicht etwa auf suchen. In dem Kinderbuch Oh, wie schn ist Panama macht es der kleine Tiger vor, indem er nicht Pilze suchen, sondern finden geht. Tatschlich wird er auch jeweils fndig, denn der Erfolg entscheidet sich