Damit sie nicht vergessen werden - Osnabrück...2008/07/21  · Damit sie nicht vergessen werden...

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Damit sie nicht vergessen werden Stolpersteine für die in Auschwitz ermordete Familie Strauss aus dem Schinkel Opfer der Nationalsozialisten: Familie Strauss aus dem Schinkel wurde in Auschwitz ermordet. Vor ihrem ehemaligen Wohn- haus im Schinkel erinnern jetzt Stolpersteine an sie. Foto: Michael Hehmann jweb OSNABRÜCK. Sie wur- den im Vernichtungslager Auschwitz ermordet: Hein- rich und Sibilla Strauss, ihre vier Kinder – das jüngste im Alter von vier Jahren. Über- liefert ist neben den Ge- burts- und Todesdaten nur noch die letzte Wohnung der Sinti. Sie war in der Schüt- zenstraße 24. Dort sind vor dem Hauseingang jetzt sechs Stolpersteine in den Gehweg eingelassen, um an diese Opfer des Nationalso- zialismus zu erinnern. Die messingbesetzten Pflastersteine sind in die Gehwege vor den ehemaligen Wohnungen oder den Wir- kungsstätten der Betroffenen eingelassen – sie lenken die Aufmerksamkeit der Passan- ten auf das Schicksal der Ver- folgten. Die Diskriminierungen der Nationalsozialisten hat- ten schon kurz nach ihrer Machtübernahme begonnen. In Osnabrück lebten zu der Zeit etwa 600 Sinti. 1935 wurde ihnen die Heirat mit „arischen“ Deutschen verbo- ten, 1937 wurden sie rechtlos und mussten mit Verhaftung rechnen. 1939 traf die Sinti – und damit auch die Familie Strauss – der sogenannte Festsetzungsbeschluss. Den setzten die Nationalsozialis- ten in Osnabrück so um: Die Sinti wurden in das Bara- ckenlager „Papenhütte“ am Kiefernweg in Eversburg ge- sperrt. Das Regime enteig- nete ihre Häuser. Die Sinti wie auch die Roma mussten Zwangsarbeit leisten. Viele Frauen und Männer wurden zwangssterilisiert. Am 1. März 1943 holten Po- lizei und Gestapo 54 Sinti aus dem Lager am Kiefernweg und sperrten sie am Haupt- bahnhof in den Zug, darunter war auch die Familie Strauss. Es war ein Todeszug: Sie soll- ten im Vernichtungslager Auschwitz sterben. Margot Strauss, das jüngste Kind der Familie, starb mit vier Jahren am 28. April 1943. Ihr Bruder Walter wurde im Alter von 17 Jahren am 6. Juli 1943 ermor- det; Sibilla, die Mutter, am 14. Juli 1943 im Alter von 46 Jah- ren und Heinrich, ihr Mann, am 7. Dezember 1943 im Alter von 47 Jahren. Ihre Tochter Anna wurde am 11. Juli 1944 ermordet – sie war 24 Jahre alt. Wann genau die 1934 ge- borene Tochter Hildegard ums Leben kam, ist nicht be- kannt. SPD-Ratsfrau Lotte Schwanhold und die Firma Köster sind die Paten für die Stolpersteine der Familie Strauss aus dem Stadtteil Schinkel. Sie unterstützen damit das Gedenken an diese Familie, die den rassistischen Vorstellungen der National- sozialisten zum Opfer fiel. Projekt Stolpersteine: Suche nach Paten und Hinweisen An 300 Orten in Deutschland und in einigen Nachbar- ländern wie Öster- reich, Ungarn und den Niederlanden erinnern Stolper- steine an Opfer des Nationalsozialis- mus. Hier sind seit dem vergangenen Jahr 32 Stolper- steine verlegt wor- den. Die Idee, mit Blick- fängen im Bürger- steig die Menschen in ihrem heutigen Alltag auf die Opfer der Nazis aufmerk- sam zu machen, stammt vom Kölner Künstler Gunter Demnig. Die Stadt Osnabrück hat sich seinem Projekt an- geschlossen. Seit 2007 gibt es den Initiativkreis Stolpersteine, der die Umsetzung in Osnabrück koordi- niert, und den Ar- beitskreis Opferre- cherche, der sich mit den Verfolgten der Nationalsozia- listen beschäftigt: Juden, Sinti, Eutha- nasie-Opfern, Men- schen, die aus poli- tischen und religiö- sen Gründen oder wegen ihrer sexuel- len Orientierung zu Opfern wurden, so- wie Deserteuren. Die Recherche wird von der Universität Osnabrück wissen- schaftlich begleitet – und sie ist auf das Engagement von Bürgern angewie- sen. Für 95 Euro kön- nen sich Bürger als Paten engagieren und die Herstellung sowie Verlegung der Stolpersteine fi- nanzieren. Auch Vereine, Firmen, Einrichtungen und Schulen können Pa- ten werden. Das Büro für Friedens- kultur der Stadt Osnabrück infor- miert unter der Te- lefonnummer 05 41/323-23 22. Internet: www.osnabrueck.de /stolpersteine.

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Damit sie nicht vergessen werdenStolpersteine für die in Auschwitz ermordete Familie Strauss aus dem Schinkel

Opfer der Nationalsozialisten: Familie Strauss aus dem Schinkel wurde in Auschwitz ermordet. Vor ihrem ehemaligen Wohn-haus im Schinkel erinnern jetzt Stolpersteine an sie. Foto: Michael Hehmann

jweb OSNABRÜCK. Sie wur-den im VernichtungslagerAuschwitz ermordet: Hein-rich und Sibilla Strauss, ihrevier Kinder – das jüngste imAlter von vier Jahren. Über-liefert ist neben den Ge-burts- und Todesdaten nurnoch die letzte Wohnung derSinti. Sie war in der Schüt-zenstraße 24. Dort sind vordem Hauseingang jetztsechs Stolpersteine in denGehweg eingelassen, um andiese Opfer des Nationalso-zialismus zu erinnern.

Die messingbesetztenPflastersteine sind in dieGehwege vor den ehemaligenWohnungen oder den Wir-kungsstätten der Betroffeneneingelassen – sie lenken dieAufmerksamkeit der Passan-ten auf das Schicksal der Ver-folgten.

Die Diskriminierungender Nationalsozialisten hat-ten schon kurz nach ihrerMachtübernahme begonnen.In Osnabrück lebten zu derZeit etwa 600 Sinti. 1935wurde ihnen die Heirat mit„arischen“ Deutschen verbo-ten, 1937 wurden sie rechtlosund mussten mit Verhaftungrechnen. 1939 traf die Sinti –und damit auch die FamilieStrauss – der sogenannteFestsetzungsbeschluss. Densetzten die Nationalsozialis-ten in Osnabrück so um: DieSinti wurden in das Bara-ckenlager „Papenhütte“ amKiefernweg in Eversburg ge-sperrt. Das Regime enteig-nete ihre Häuser. Die Sintiwie auch die Roma musstenZwangsarbeit leisten. VieleFrauen und Männer wurdenzwangssterilisiert.

Am 1. März 1943 holten Po-lizei und Gestapo 54 Sinti ausdem Lager am Kiefernwegund sperrten sie am Haupt-bahnhof in den Zug, darunterwar auch die Familie Strauss.Es war ein Todeszug: Sie soll-ten im VernichtungslagerAuschwitz sterben. MargotStrauss, das jüngste Kind derFamilie, starb mit vier Jahrenam 28. April 1943. Ihr Bruder

Walter wurde im Alter von 17Jahren am 6. Juli 1943 ermor-det; Sibilla, die Mutter, am 14.Juli 1943 im Alter von 46 Jah-ren und Heinrich, ihr Mann,am 7. Dezember 1943 im Altervon 47 Jahren. Ihre TochterAnna wurde am 11. Juli 1944ermordet – sie war 24 Jahrealt. Wann genau die 1934 ge-borene Tochter Hildegardums Leben kam, ist nicht be-kannt.

SPD-Ratsfrau LotteSchwanhold und die FirmaKöster sind die Paten für dieStolpersteine der FamilieStrauss aus dem StadtteilSchinkel. Sie unterstützendamit das Gedenken an dieseFamilie, die den rassistischenVorstellungen der National-sozialisten zum Opfer fiel.

Projekt Stolpersteine: Suche nach Paten und HinweisenAn 300 Orten inDeutschland und ineinigen Nachbar-ländern wie Öster-reich, Ungarn undden Niederlandenerinnern Stolper-steine an Opfer desNationalsozialis-mus. Hier sind seitdem vergangenenJahr 32 Stolper-steine verlegt wor-den. Die Idee, mit Blick-fängen im Bürger-steig die Menschenin ihrem heutigenAlltag auf die Opfer

der Nazis aufmerk-sam zu machen,stammt vom KölnerKünstler GunterDemnig. Die StadtOsnabrück hat sichseinem Projekt an-geschlossen.Seit 2007 gibt esden InitiativkreisStolpersteine, derdie Umsetzung inOsnabrück koordi-niert, und den Ar-beitskreis Opferre-cherche, der sichmit den Verfolgtender Nationalsozia-listen beschäftigt:

Juden, Sinti, Eutha-nasie-Opfern, Men-schen, die aus poli-tischen und religiö-sen Gründen oderwegen ihrer sexuel-len Orientierung zuOpfern wurden, so-wie Deserteuren.Die Recherche wirdvon der UniversitätOsnabrück wissen-schaftlich begleitet– und sie ist auf dasEngagement vonBürgern angewie-sen.Für 95 Euro kön-nen sich Bürger als

Paten engagierenund die Herstellungsowie Verlegungder Stolpersteine fi-nanzieren. AuchVereine, Firmen,Einrichtungen undSchulen können Pa-ten werden. DasBüro für Friedens-kultur der StadtOsnabrück infor-miert unter der Te-lefonnummer0541/323-2322.

Internet:www.osnabrueck.de/stolpersteine.