Dampflok-Baureihen 95 und 98 1-Sammler · verteilt mit den teuren Objekten im Direktvertrieb...

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E E s ist üblich in unserer Branche, dass Modell- bahnfirmen im Dezember jeden Jahres zum Endspurt ansetzen, denn die Vorweihnachts- wochen sind nun mal die beliebteste Modellbahn- zeit – da möchte jede Firma gern auch mit ihren letzten Neuheiten im Fachhandel ver treten sein, um die Kunden zu locken. Für die Hersteller von Triebfahrzeugen der großen Spurweiten indes ist es bislang nicht üblich gewesen, das Liefertempo knapp vor Toresschluss anzu z iehen. Deren Kund- schaft ist es eher gewohnt, regelmäßig übers Jahr verteilt mit den teuren Objekten im Direktvertrieb bedacht zu werden. Doch dieses Jahr war es ein wenig anders: Im Herbst meldeten gleich drei 1-Hersteller den Liefertermin formschöner Lokmo- delle an, weswegen wir uns für d ieses umfang- reiche Porträt entschieden haben. eisenbahn magazin 1/2014 74 Fahrzeuge Porträt Modellbahn Dampflok-Baureihen 95 0 und 98 3 sowie DB-Ellok-Baureihe E 50 § Die Baureihe 95 0 von Kiss stellen wir als Reichsbahn-Lokomotive in Epoche-II-Ausführung vor. Dieser fünf Kilogramm wiegende E-Kuppler ist nur eine von sechs möglichen Modellvarianten. 1-Sammler 1’E1‘-Kraftpaket von Kiss Die 1920 von der Halberstadt-Blankenburger E isenbahn als die ersten deutschen 1’E1’-Tender- loks beschafften Maschinen der so genannten Tierklasse dienten als Vorbild für die Entwicklung der preußischen Gattung T 20, der späteren Reichsbahn-Baureihe 95 0 . Entwicklung und kons - truktive Durchbildung dieses Loktyps erfolgten noch bei der Preußischen Staatsbahn. Der Bau der Maschinen erfolgte schon im DRG-Zeitalter. So trägt diese Baureihe noch alle konstruktiven Merkmale einer preußischen Lok und wurde sogar noch in das preußische Nummernschema aufge- nommen. Damit hatte die DRG eine leistungsfähi- ge Tenderlok für den Einsatz auf ihren steilen Mit- telgebirgsstrecken. Die erste 1923 gelieferte Lok Drei Highlights für Die Firmen Kiss, KM 1 und Wunder setzten Ende 2013 noch ein Achtungszeichen mit form- neuen Dampf- und Elloks des Maßstabs 1:32. Jürgen Albrecht (3)

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EEs ist üblich in unserer Branche, dass Modell-bahnfirmen im Dezember jeden Jahres zumEndspurt ansetzen, denn die Vorweihnachts-

wochen sind nun mal die beliebteste Modellbahn-zeit – da möchte jede Firma gern auch mit ihrenletzten Neuheiten im Fachhandel ver treten sein,um die Kunden zu locken. Für die Hersteller vonTriebfahrzeugen der großen Spurweiten indes istes bislang nicht üblich gewesen, das Liefertempoknapp vor Toresschluss anzu ziehen. Deren Kund-schaft ist es eher gewohnt, regelmäßig übers Jahrverteilt mit den teuren Objekten im Direktvertriebbedacht zu werden. Doch dieses Jahr war es einwenig anders: Im Herbst meldeten gleich drei 1-Hersteller den Liefertermin formschöner Lokmo-delle an, weswegen wir uns für dieses umfang -reiche Porträt entschieden haben.

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74 Fahrzeuge PorträtModellbahn

� Dampflok-Baureihen 950 und 983 sowie DB-Ellok-Baureihe E 50

§ Die Baureihe 950 von Kiss stellenwir als Reichsbahn-Lokomotive inEpoche-II-Ausführung vor. Dieserfünf Kilogramm wiegende E-Kupplerist nur eine von sechs möglichen Modellvarianten.

1-Sammler

1’E1‘-Kraftpaket von Kiss

Die 1920 von der Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn als die ersten deutschen 1’E1’-Tender-loks beschafften Maschinen der so genanntenTierklasse dienten als Vorbild für die Entwicklungder preußischen Gattung T 20, der späterenReichsbahn-Baureihe 950. Entwicklung und kons -truktive Durchbildung dieses Loktyps erfolgtennoch bei der Preußischen Staatsbahn. Der Bau derMaschinen erfolgte schon im DRG-Zeitalter. Soträgt diese Baureihe noch alle konstruktivenMerkmale einer preußischen Lok und wurde sogarnoch in das preußische Nummernschema aufge-nommen. Damit hatte die DRG eine leistungsfähi-ge Tenderlok für den Einsatz auf ihren steilen Mit-telgebirgsstrecken. Die erste 1923 gelieferte Lok

Drei Highlights für

Die Firmen Kiss, KM 1 und Wunder setzten Ende 2013 noch ein Achtungszeichen mit form-neuen Dampf- und Elloks des Maßstabs 1:32.

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trug noch die Loknummer 77 001. Insgesamtwurden 45 Maschinen gebaut: 18 bei Borsig und27 bei Hanomag. Nach 1945 verblieben 14 Ma-schinen bei der DB und 31 bei der DR, wo sie1966 im Raw Meinigen auf Ölhauptfeuerung um-gerüstet wurden. Legendär sind deren Einsätzeauf den Strecken Saalfeld–Probstzella–Sonnebergund Sonneberg–Eisfeld.

Das 5,5 kg wiegende und vollständig aus Messinggefertigte Modell der Firma Kiss steht dem Vorbildin nichts nach. Alle charakteristischen Details wur-den exakt nachgebildet. Die seidenmatte Lackie-rung und eine saubere Beschriftung runden dasgelungene Erscheinungsbild ab. Die Türen zumFührerstand, die Wasserkastendeckel und derSanddom lassen sich öffnen. Die Beleuchtung derLoklaternen, des Triebwerkes und des Führerstan-des erfolgt über warmweiße LED. Die Umsteue-rung wird mittels Servomotoren realisiert. Ange-trieben wird die Lok von einem Pittman-Motorüber einen Zahnriemen auf den vorletzten Kuppel-radsatz. Das gekapselte Getriebe ist wartungsfreimit Fett gefüllt und treibt sämtliche fünf Kuppel-radsätze an. Alle Funktionen werden von einemESU-V4.0-Decoder gesteuert. Bei der Programmie-rung des Decoders hat die Firma Kiss an alle Besit-zer von älteren Digitalzentralen gedacht und imAuslieferungszustand die Adressen 75 und 76 mitden Funktionen belegt. Eine Umprogrammierungaller Funktionen ist natürlich möglich und wird inder beiliegenden Decoderbeschreibung erläutert.

Mit einem modernen Fahrgerät können bis zu 22Funktionen abgerufen werden. Neben verschiede-nen Geräuschen und Lichtfunktionen lassen sichder geschwindigkeitsabhängige Dampfstoß ausdem Schornstein und der Zylinderdampf steuern.Im Auslieferungszustand durchfährt die Lok denGleisradius von 1020 mm. Für den Einsatz aufgrößeren Radien oder zur Aufstellung in der Vitri-ne können die beiliegenden Aufstiegstritte an dervorderen Pufferbohle und die Kolbenstangen-schutzrohre angebracht werden. Hier liegt auchder einzige Kritikpunkt bei der Modellumsetzung:Die Gewindelänge am Schutzrohr ist so kurz be-messen, dass das Gewinde bei einem der Zylindergar nicht gefasst hat. Im Fazit betrachtet, hat Kissmit seiner Baureihe 950 eine kräftige Tenderloko-motive in gleich sechs Modellvarianten zu einemPreis von 2895 € perfekt umgesetzt. Dem Modellliegen Lokführer- und Heizerfiguren bei, so dassdie Reise durch das Modellmittelgebirge sofortbeginnen kann.

Bayerischer Glaskasten von KM 1

Angekündigt wurde der Glaskasten bereits Ende2010 mit einem Liefertermin Ende 2012. Die elfMonate zusätzliche Wartezeit bis November 2013haben sich aber gelohnt, denn das Ergebnis istein Schmuckstück, das nicht nur optisch über-zeugt. Gefertigt ist der 1,3 Kilogramm wiegendeB-Kuppler weitestgehend aus Messing mit vielenfiligranen Details. So wurde der Holzboden imFührerstand mit feiner Maserung nachgebildet,

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§ Zierlich zeigt sich der bayerischeGlaskasten von KM 1, bei dem derKunde zwischen sechs Versionen derEpochen I bis III und einer Museums-lok wählen kann. Wir zeigen hier die Bundesbahn-Ausführung mit Kohlenkastenaufsatz.

und auf den Plattformen ist der Holzbohlenrostrealistisch umgesetzt. Zudem lassen sich die Wa-genübergangsbleche an beiden Lokenden herun-terklappen und werden von feingliedrigen Kettengehalten. Darüber und an den seitlichen Abgän-gen lassen sich die Handläufe nach oben klap-pen. Die drei Führerstandstüren haben bewegli-che Griffe zum Verriegeln und lassen sich öffnen.Die Rauchkammertür hat sechs bewegliche Vor-reiber und kann ebenfalls geöffnet werden.Schließlich lässt sich sogar die Klappe unter demKohlevorratsbehälter bewegen. Der Blick in denFührerstand mit seinen aufwendig nachgebilde-ten Bedienelementen und Manometern ist ein Erlebnis. Der Glaskasten hat Federpuffer und flexible Bremsschläuche mit einer Schlauchkupp-lung, die in einen Haken unter der Pufferbohlepasst. Die ab Werk montierten Schraubenkupp-

lungen könnte man gegen Klauenkupplungen er-setzen, doch ist das beim Einsatz der bayerischenKM 1-Lokalbahnwagen gar nicht erforderlich, weildiese Zuggarnitur selbst den engen Gleisradiusvon 1020 mm ohne Überpufferung bewältigt.

Für passenden Sound und einen radsynchronenDampfausstoß aus dem Schlot sorgt ein ESU-V4.0-Decoder mit Energiepuffer. Er unterstützt so-wohl den Analogbetrieb als auch Digitalzentralenmit Motorola, Selectrix, mfx und DCC inklusiveRailCom-Rückmeldung. Der erstaunlich kräftigeSound aus der zierlichen Lok kommt aus zweinach unten strahlenden Lautsprechern. Hin undwieder per Zufall oder manuell per Funktionstasteertönt das Geräusch der Kohlenklappe und derRütteleinrichtung sowie des Herunterrieselns vonKohle in die Feuerung. Weitere schaltbare Geräu-sche sind Pfeife, Glocke, Zylindervorwärmen, Licht-maschine, Luftpumpe, Abschlammen, Sicherheits-ventil, Schaffneransage und ein Abfahrtsdialogzwischen Lokführer und Schaffner. Separat zur

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Spitzen- oder Rangierbeleuchtung ist auch die Be-leuchtung für den Einmann-Führerstand schalt-bar. Die Stromaufnahme der Lok erfolgt ver-schleißarm direkt über die Kugellager der Radsät-ze. In der niedrigsten Fahrstufe schleicht der Glas-kasten mit umgerechnet 2,3 km/h dahin. Reali-siert hat KM 1 den Glaskasten in insgesamt sie-ben Varianten. Neben 98 301, 307 und 308 inDB-Epoche-III-Ausführung wurden die DRG-98306 und die Museumslok 98 307 ohne Kohlen-kastenaufsatz realisiert. Zudem gibt es zwei Län-derbahnausführungen als PtL 2/2 4533 und alspreußische T 2 „Altona 6081“. Der Vorbestellpreislag bei 990 €. Wer sich jetzt erst zum Kauf ent-schließt, muss 1490 € bzw. 1590 € für die Epo-che-I-Loks berappen.

Wunder-Werk der Elektrotraktion

In sieben Varianten hat die Firma Wunder Präzisi-onsmodelle die sechsachsige Güterzug-Einheitsel-lok der späten 1950er Jahre zum Preis von 3450 €aufgelegt. Das maßstabsgerecht 609 mm langeModell bringt 5,7 Kilogramm auf die Waage undist weitgehend aus Messing in Handarbeit gefer-tigt. Während die hier vorgestellte E 50 032 (BwWürzburg/Revisionsdatum 27.2.69/Krauss-Maf-fei Nr. 3044/1962) und ihr Epoche-IV-Pendant150 032-2 unten Einfachlampen haben, verfügendie anderen fünf Modelle der Epochen III bis Vüber Doppellampen. Als Antrieb für die beidenDrehgestelle dient ein 16-VA-Faulhaber-Motor,der über drei zwangsgekuppelte Getriebe jeweilsauf alle drei Radpaare wirkt. Die Kraftübertragungvon den Motoren zu den Getrieben erfolgt über ge-webeverstärkte Zahnriemen. Fahrwerk, Lokaufbauund Dachgalerie der Lok sind aufwendig detail-liert, ebenso der hinter einigen Seitenfenstern an-gedeutete Maschinenraum und die beiden Führer-stände. An den Pufferbohlen befinden sich flexibelbewegliche Bremsschläuche. Ab Werk vormon-tiert sind vorbildgerechte Schraubenkupplungen.Schließlich lassen sich noch die Dachklappe unddie Türen öffnen. Schade ist, dass die Optik deseingerichteten Führerstands unter den unschönverlegten Kabeln für die Beleuchtung leidet.

Aufgrund der langen Dreiachs-Drehgestellebraucht die Lok für den Fahreinsatz Gleise mit einem Radius von mindestens 1,5 m. In dem Fallsollten die in einem Tütchen beiliegenden Trittstu-fen für die Montage unter den Führerstandstürenbesser weggelassen werden. Die Stromaufnahmeder E 50 erfolgt über alle Radsätze. Die Achsensind kugelgelagert und gefedert. Mustergültig sinddie Langsamfahreigenschaften beim Betrieb miteiner DCC-Digitalzentrale mit 128 Fahrstufen: Inder niedrigsten Fahrstufe braucht die Lok pro Me-ter unglaubliche sechseinhalb Minuten – das sindbeim Vorbild 0,3 km/h! Derart langsam habenwir noch keine 1-Lok erlebt. Dafür und auch für dietolle Soundkulisse ist ein Zimo-Multiprotokoll-Digi-taldecoder verantwortlich, der auch den Motorola-Standard unterstützt und dabei über zwei Lok-adressen immerhin neun Funktionen schaltet. AlsGeräusche sind unter anderem Kurz-, Lang- und

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< § Faszinierend amE 50-Modell ist nicht

nur das gelungene Äußere nach Vorbild

der DB-Einheits-Ellok,sondern vor allem die Langsamfahr -

eigenschaft: Mit um-gerechnet gemäch -

lichen 0,3 km/h kann man mit dieser

Maschine ausge -zeichnet rangieren.

Schaffnerpfiff, zwei Bahnhofsansagen und das beiKurvenfahrten oftmals entstehende Spurkranz-quietschen zuschaltbar. Zwei weitere Funktionstas-ten sorgen dafür, dass in der Lok versteckte Servosdie beiden Pantografen gemächlich in drei Sekun-den heben bzw. senken; dabei ertönt auch einepassende Soundkulisse, und nach weiteren drei Sekunden wird die Stromversorgung für den Servoabgeschaltet. Ebenfalls separat zuschaltbar ist dieFührerstandbeleuchtung in Fahrtrichtung – sie er-lischt automatisch bei Anfahrt der Lok. Zur Be-leuchtung kommen bei dieser Lok generell Minia-turglühlämpchen zum Einsatz. In den unteren Spit-zenlichtern befinden sich jeweils übereinander eine weiße und eine rote Glühlampe. Schließlichverfügt die Lok sogar über ein per Funktionstastezuschaltbares Fernlicht, bei dem sich die Helligkeitder Front-Glühlämpchen deutlich erhöht.

Jürgen Albrecht/Peter Pernsteiner

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