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Tagungsbericht Daniel Gros* Human-Computer-Interaction und Informationswissenschaft Human Computer Interaction International Conference 2017 (HCII2017) https://doi.org/10.1515/iwp-2018-0014 Die Human Computer Interaction International Conference 2017 (HCII2017) fand vom 12.bis zum 14.Juli in Vancouver, BC, Kanada statt. Thematische Schwerpunkte waren die Mensch-Computer-Interaktionen sowie das Management von Informationen. Dabei setzen 13 parallel stattfindende Teilkonferenzen thematische Schwerpunkte. 1 Insgesamt gab es aus 71 Ländern mehr als 4.340 Einreichungen. An- genommen wurden 1.228 Paper und 177 Poster. Sie bilde- ten die Grundlage der Konferenz. Dieser Tagungsbericht fokussiert sich vor allem auf die thematischen Schnittstel- len zwischen HCI-Forschung und Informationswissen- schaft. Ausgewählte Vorträge werden im Folgenden zu- sammengefasst. Forschung im 21.Jahrhundert Die Keynote zur Eröffnung der HCII2017 hielt Ben Shnei- derman, bekannt durch die Entwicklung von Hyperties. Er stellte wichtige Inhalte seines Buches The New ABCs of Research: Achieving Breakthrough Collaboratiosvor. Qualitative Verbesserungen der Gesundheitsversorgung, der ökologischen Nachhaltigkeit oder von Sicherheitssys- temen hängt laut Shneiderman von der breiten Anwen- dung und der Lösung von Forschungsfragen ab. Kreativi- tät und vor allem Teamwork werden immer wichtiger, um komplexe Problemstellungen zu lösen. Hierbei spie- len insbesondere das Internet, Social Media und visuelle Kommunikationswerkzeuge eine wichtige Rolle, um die Zusammenarbeit zu verstärken. Problemstellungen, neue Technologien und auch erhöhte Ambitionen dienen als Ausgangspunkt für die Forschung und Entwicklung neu- er Erkenntnisse. Leitprinzipien und Strategien helfen hierbei Lösungen zu finden oder Theorien aufzubauen. IKT in der Stadt HCI-Forschung findet nicht nur beim Wechselspiel zwi- schen Rechner und Mensch in abgegrenzten privaten wie beruflichen Räumen statt, sondern auch im öffentlichen urbanen Raum. Ping Zhou (Hunan, China) und Zhiyong Fu (Peking, China) zeigen in ihrer Discussion on the Dynamic Construction of Urban Public Space with Interactive Public Artdie Bedeutung von interaktiver computergenerierter Kunst für die Urbanität einer Stadt, insbesondere einer Stadt in der Wissensgesellschaft. Kunstwerke in einer Stadt sind eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Sie hel- fen, öffentlichen Raum mitzugestalten. IKT-basierte inter- aktive Kunst ändert den Status der Kunstobjekte von sta- tisch zu dynamisch; die Menschen werden in den Kunstprozess aktiv miteinbezogen. Die Autoren stellen fest: Interactive urban public space enhances the partici- pation of the masses, promote the development of multi culture and boost urban life aesthetics. Bei der Interakti- on zwischen Mensch und digitalem Kunstwerk findet ein- deutig Human-Computer-Interaction statt. Zhou und Fu prognostizieren, dass künftig mehr und mehr interaktive Kunst das Stadtbild bereichern und neue Vitalität in öf- fentliche städtische Räume bringen wird. Der Beitrag ist ein Beispiel für die Interdisziplinarität von HCI-Forschung, denn hier spielen Informatik, Design sowie Stadtplanung herausragende Rollen. Aylin Ilhan (Düsseldorf) präsentierte ihre Forschungs- arbeit Do Car Drivers Really Need Mobile Parking Pay- ment? A Critical Evaluation of the Smart Service apparkB in Barcelona. Dabei setzte sich Ilhan besonders mit der Be- darfs- und Akzeptanzanalyse sowie der Zufriedenheit mit dieser Dienstleistung auseinander. Dazu wurden nicht nur eine kurze ethnografische Feldforschung und Interviews mit wichtigen Organen aus der Verwaltung und Mobilitäts- infrastruktur in Barcelona durchgeführt, sondern auch ei- *Kontaktperson: Daniel Gros, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Abteilung für Informationswissenschaft, Universitätsstraße 1, 40225 Düsseldorf, E-Mail: [email protected] 1 Zum Programm: http://2017.hci.international/program [7.9.2017]. Information. Wissenschaft & Praxis 2017 2018; 69(23): 136140 Bereitgestellt von | Heinrich Heine Universität Düsseldorf Angemeldet Heruntergeladen am | 07.07.18 11:10

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Tagungsbericht

Daniel Gros*

Human-Computer-Interaction undInformationswissenschaftHuman Computer Interaction International Conference 2017 (HCII2017)

https://doi.org/10.1515/iwp-2018-0014

Die Human Computer Interaction International Conference2017 (HCII2017) fand vom 12. bis zum 14. Juli in Vancouver,BC, Kanada statt. Thematische Schwerpunkte waren dieMensch-Computer-Interaktionen sowie das Managementvon Informationen. Dabei setzen 13 parallel stattfindendeTeilkonferenzen thematische Schwerpunkte.1 Insgesamtgab es aus 71 Ländern mehr als 4.340 Einreichungen. An-genommen wurden 1.228 Paper und 177 Poster. Sie bilde-ten die Grundlage der Konferenz. Dieser Tagungsberichtfokussiert sich vor allem auf die thematischen Schnittstel-len zwischen HCI-Forschung und Informationswissen-schaft. Ausgewählte Vorträge werden im Folgenden zu-sammengefasst.

Forschung im 21. Jahrhundert

Die Keynote zur Eröffnung der HCII2017 hielt Ben Shnei-derman, bekannt durch die Entwicklung von Hyperties.Er stellte wichtige Inhalte seines Buches „The New ABCsof Research: Achieving Breakthrough Collaboratios“ vor.Qualitative Verbesserungen der Gesundheitsversorgung,der ökologischen Nachhaltigkeit oder von Sicherheitssys-temen hängt laut Shneiderman von der breiten Anwen-dung und der Lösung von Forschungsfragen ab. Kreativi-tät und vor allem Teamwork werden immer wichtiger,um komplexe Problemstellungen zu lösen. Hierbei spie-len insbesondere das Internet, Social Media und visuelleKommunikationswerkzeuge eine wichtige Rolle, um dieZusammenarbeit zu verstärken. Problemstellungen, neueTechnologien und auch erhöhte Ambitionen dienen alsAusgangspunkt für die Forschung und Entwicklung neu-

er Erkenntnisse. Leitprinzipien und Strategien helfenhierbei Lösungen zu finden oder Theorien aufzubauen.

IKT in der Stadt

HCI-Forschung findet nicht nur beim Wechselspiel zwi-schen Rechner und Mensch in abgegrenzten privaten wieberuflichen Räumen statt, sondern auch im öffentlichenurbanen Raum. Ping Zhou (Hunan, China) und Zhiyong Fu(Peking, China) zeigen in ihrer „Discussion on the DynamicConstruction of Urban Public Space with Interactive PublicArt” die Bedeutung von interaktiver computergenerierterKunst für die Urbanität einer Stadt, insbesondere einerStadt in der Wissensgesellschaft. Kunstwerke in einerStadt sind eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Sie hel-fen, öffentlichen Raum mitzugestalten. IKT-basierte inter-aktive Kunst ändert den Status der Kunstobjekte von sta-tisch zu dynamisch; die Menschen werden in denKunstprozess aktiv miteinbezogen. Die Autoren stellenfest: „Interactive urban public space enhances the partici-pation of the masses, promote the development of multiculture and boost urban life aesthetics“. Bei der Interakti-on zwischen Mensch und digitalem Kunstwerk findet ein-deutig Human-Computer-Interaction statt. Zhou und Fuprognostizieren, dass künftig mehr und mehr interaktiveKunst das Stadtbild bereichern und neue Vitalität in öf-fentliche städtische Räume bringen wird. Der Beitrag istein Beispiel für die Interdisziplinarität von HCI-Forschung,denn hier spielen Informatik, Design sowie Stadtplanungherausragende Rollen.

Aylin Ilhan (Düsseldorf) präsentierte ihre Forschungs-arbeit „Do Car Drivers Really Need Mobile Parking Pay-ment? A Critical Evaluation of the Smart Service apparkB inBarcelona“. Dabei setzte sich Ilhan besonders mit der Be-darfs- und Akzeptanzanalyse sowie der Zufriedenheit mitdieser Dienstleistung auseinander. Dazu wurden nicht nureine kurze ethnografische Feldforschung und Interviewsmit wichtigen Organen aus der Verwaltung undMobilitäts-infrastruktur in Barcelona durchgeführt, sondern auch ei-

*Kontaktperson: Daniel Gros,Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf,Abteilung für Informationswissenschaft, Universitätsstraße 1,40225 Düsseldorf, E-Mail: [email protected]

1 Zum Programm: http://2017.hci.international/program [7.9.2017].

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ne Umfrage für die Bewohner Barcelonas entwickelt undverteilt. Interessanterweise stellte sich heraus, dass diemeisten Befragten die App nicht nutzen, weil sie kein Autobesitzen. Grund für die mangelnde Akzeptanz ist die Formder Mobilität der Bewohner Barcelonas, für die eine um-weltfreundliche Lebensweise im Vordergrund zu stehenscheint. Die wenigen befragten Nutzer, bestätigen diekomfortable Handhabung wegen der problemlosen Ver-längerung der Parkuhr von jedem Standort aus und emp-fahlen die Anwendung Freunden oder anderen Städtenweiter.

Social Media

Social Media lassen sich in vielen Situationen im heutigenLeben der Menschen nicht mehr wegdenken und warendaher auch als Thema auf der HCII2017 stark vertreten.Schließlich ist es wichtig genauer zu analysieren und zuverstehen, wie sich die Nutzer auf den verschiedenen Soci-al-Media-Kanälen verhalten, weil Social Media schon lan-ge nicht mehr auf die Kommunikation zwischen Familieund Freunden beschränkt ist.

Kaja J. Fietkiewicz und Aylin Ilhan (Düsseldorf) dis-kutieren in ihrem Poster „Breaking News Commentary:User’s Reactions to Terrorist Attacks in English-speakingTwittersphere“ darüber, wie sich Twitter Nutzer zu aus-gewählten Terror Attacken in Europa – Charlie Hebdo,Paris Attacks und Brüssel Attacks – verhalten haben. Hier-bei wurden insgesamt 21.000 Tweets gesammelt und hin-sichtlich ihrer Retweets, Likes, Erwähnungen (@) undLinks (zu externen Seiten) genauer untersucht. Das aus-gewählte Zeitintervall der Tweets beschränkte sich auf eineWoche. Besonders die Retweets und Likes zu den Ereignis-tagen waren hier am höchsten und nahmen danach ab.Zudem präferierten Nutzer scheinbar externe Links im Ver-gleich zu den Erwähnungen (@).

In einem thematisch verwandten Vortrag „Inter-coun-try Differences in Breaking News Coverage via Microblog-ging: Reporting on Terrorist Attacks in Europe from the USA,Germany and UK“ analysierte Fietkiewicz speziell das Ver-halten von Nachrichtenagenturen bezüglich der Terror-angriffe und bezog in ihrer Untersuchung zusätzlich zu derWoche nach dem Ereignis auch die Woche vor dem Ereig-nis mit ein. Sie versuchte herauszufinden, ob die Nach-richtenagenturen aus verschiedenen Ländern in ähnlicherWeise über die Terroranschläge berichtet haben. Haupt-augenmerk liegt hier auf den Retweets. Es gibt nicht nurUnterschiede zwischen den einzelnen Ländern in der Twit-ter-Aktivität, sondern auch eine Korrelation zwischen demThema des Tweets (Terroranschlag) und der Verbreitung

durch die Nutzer (Retweets oder Retweetability). Im Hin-blick auf die einzelnen auslösenden Ereignisse war dieRetweetability in den ersten Tagen nach dem Anschlagbesonders hoch. In dieser Zeitspanne haben auch diemeis-ten Nachrichtenagenturen verhältnismäßig viel über dieauslösenden Ereignisse getwittert. Interessanterweise gibtes auch eine Veränderung in der Aufmerksamkeit, welchediese Breaking News hervorrufen. Wenn man die Twitter-Aktivität und die Retweetability zwischen den drei unter-suchten Angriffen vergleicht, ist mit der Zeit ein deutlicherRückgang in der Nachrichtenberichterstattung und derWeiterverbreitung zu erkennen, auch wenn nur einige Mo-nate zwischen den Angriffen lagen.

In den Bereich der Digital Humanities – bzw. genauer:der Digital History – gehört der Beitrag von Mechtild Stock(Kerpen) über „HCI Research and History: Special InterestsGroups on Facebook as Historical Sources“. Diskutiert wirdder Ansatz, ob Posts auf Facebook, insbesondere von his-torisch orientierten Interessensgruppen, die Quellenlageder Geschichtswissenschaft erweitern können. Am Bei-spiel der Gruppe „Kerpener und Ex-Kerpener“ (heute:„Kerpener Bilder und Geschichte(n)“) ist für die Autorinvor allem für die Stadt- und Regionalgeschichte klar: „OnFacebook you can find information you will hardly findelsewhere: first-hand impressions, images and commentsof ‚common people‘“. Allerdings bedarf der Wust an Infor-mationen, mit dem man auf Social Networking Serviceswie Facebook konfrontiert wird, eine informetrische bzw.statistische Bearbeitung, um das historisch Wesentlichevon eher nicht-relevanten Posts sauber zu trennen.

Daniel Gros präsentierte die Ergebnisse eines Teamsder Düsseldorfer Informationswissenschaft zu einer Um-frage über Twitch-Nutzer: „World of Streaming: Motivationand Gratification on Twitch“. Der Social Live StreamingService Twitch, gegründet im Jahr 2014, ist ein aufsteigen-des Medium, welches immer stärker von vielen Nutzern(oder Gamern) – Viewern sowie Streamern – verwendetwird. Die Forscher untersuchen die Motivationsgründe zurNutzung des Dienstes als Zuschauer unter zwei Aspekten:a) die wöchentliche Nutzungszeit und b) die BereitschaftGeld für ein Abonnement oder eine Spende auszugeben.Die Ergebnisse zeigen, dass Twitch stark zur Unterhaltunggenutzt wird. Zudem wollen Zuschauer neue Strategienund Techniken für bestimmte Spiele lernen, um sich zuverbessern. Der Gemeinschaftsfaktor scheint für die meis-ten weniger im Vordergrund zu stehen, hingegen scheintdieser für Nutzer mit einer höheren wöchentlichen Nut-zungszeit wichtiger zu sein: „some viewers pay money andtime to be part of a community“. In zukünftiger Forschungwollen die Autoren auch die Motivationsgründe von Strea-mern untersuchen. Sind Streamer eher auf eine mögliche

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Karriere als Streamer aus oder möchten sie einfach nurihremHobby nachgehen?

Sicherheit

Franziska Zimmer (Düsseldorf) präsentierte eine For-schungsarbeit über „Law Infringements in Social Live Strea-ming Services“. An den Beispielen Periscope, Ustream undYouNow (denmeist genutzten Services) wurden Rechtsver-letzungen von Streamern aufgezeigt. Die Plattformen er-möglichen es den Streamern, mit den Zuschauern in Echt-zeit zu interagieren, während sie selbst live senden. Mitdieser Mensch-Computer-Interaktion tauchen juristischeProbleme auf. Es wurden eine empirische Untersuchungund eine inhaltliche Analyse der Live-Streams durch-geführt. Bei der Beobachtung von mehr als 7.600 Streamsaus Japan, Deutschland und Amerika, bei denen knapp 18Prozent Rechtsverletzungen identifiziert wurden, wurdedas am stärksten restriktive Gesetz, das deutsche Gesetz,verwendet. Auf dem basierend definierten die Autoren Ka-tegorien der potentiellen Rechtsverletzungen, die währendderNutzung von Social Live Streaming Services beobachtetwerden können. Dies sind unter anderem Urheberrechts-verletzungen bezogen auf Musik (53,5 %), Video (25,4 %)und Verletzungen des Persönlichkeitsrechtes (9,2 %). Zu-demwurden Altersgruppen, Geschlechter, Motive, Inhalte,Länder und die Plattformen untersucht. Bezogen auf dieLänder gibt es einen eindeutigen Unterschied zwischenJapan (20,3 %) und Deutschland (23,7 %) einerseits undAmerika (11,6 %) andererseits. Auch zwischen den Serviceslassen sich deutliche Unterschiede zwischen Ustream(20,6 %), Periscope (18,7 %), und YouNow (13,2 %) aus-machen. In ihrer zukünftigen Forschung möchte Zimmernoch andere SLSSs mit einbeziehen und erweiterte statisti-sche Auswertungen vornehmen.

Der Vortrag „Exploring Consumers’ Attitudes of SmartTV Related Privacy Risks“ von Marco Ghiglieri (Darmstadt)beschäftigte sich mit der Einstellung von Nutzern bezüg-lich der Risiken der Privatsphäre, die von Smart TV aus-gehen. Ihre Vielzahl ist bekannt, aber den Nutzern nichtbewusst, oder erscheint ihnen akzeptabel. Eine Online-Umfrage mit 200 Teilnehmern sollte klären, ob sich dieNutzer der Gefahren bewusst sind. Die Ergebnisse zeigen,dass diese ein extrem geringes Bewusstsein bezüglichdieser Thematik aufweisen. Weiterhin wurde untersucht,wie die Einstellung der Nutzer bezüglich spezieller Risi-ken bei Smart TV aussieht. Dazu wurde eine Anzahl anFaktoren isoliert, die die Rankings beeinflussen und wel-che wiederum verwendet wurden, um Aufmerksamkeiterregende Nachrichten zu erzeugen. Diese Nachrichten

wurden in einer Online-Umfrage mit 155 Teilnehmern ge-testet. Ergebnis war, dass die Nutzer nicht dazu bereitsind, ihr Smart TV vom Internet zu trennen, weil sie dieInternet Funktionalität des Smart TV mehr schätzen alsihre Privatsphäre.

Mobile Applikationen und Geräte

Der Vortrag „Mobile-Application based Cognitive BehaviorTherapy (CBT) for Identifying and Managing Depressionand Anxiety“ von Siva Abhishek Addepally und SaptarshiPurkayastha (Indianapolis, USA) stellt eine App vor, diedem Nutzer helfen soll, Depressionen und Angstzuständezu kontrollieren. Mobile Technologien sind eine kosten-effiziente und nützliche Plattform, um therapeutischeFunktionen zu gewährleisten. Die Applikation ähnelt einerWebsite zur Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT), welcheüber das Internet frei zugänglich ist. Vergangene Unter-suchungen haben gezeigt, dass KVT über das Internet de-pressive Symptome der Nutzer effektiv mildert. Aber dieseMethoden wurden mit ein paar Rückschlägen assoziiert,was zum Abbruch und reduziertem Nutzen der Therapieführte. Um diese Nachteile zu überbrücken, wurde dieApplikation MoodTrainer entwickelt. Diese App ist mitspezifischen Eingriffen und KVT-Modulen ausgestattet,welche das Ziel haben, dem Nutzer eine dynamische Psy-chotherapie zu bieten. Die spezifischen Eingriffe, die aufein Mobiltelefon zugeschnitten sind, sichern, dass der Nut-zer konstant mit der App agiert und darauf fokussiert ist,seine negativen Gedankengänge zu ändern. Das Tool solljedoch keine klinische Therapie oder einen Arzt ersetzen.Es ist eher als ein unterstützendes Hilfsmittel gedacht, umdie Selbstüberwachung zu verstärken. Auch von den Ärz-ten kann es als Hilfe verwendet werden.

Obwohl es effektiver wäre, eine neue Sprache in Formvon Face-to-Face-Unterricht zu lernen, wird ein eigenstän-diges und individuelles Studium von vielen Menschen be-vorzugt. Um eigenständiges Lernen interessanter zu ge-stalten, implementierten Leijing Zhou, Jie Yu, Chun’anLiao und Yan Shi (Ningbo, China) in einer Applikation zumLernen einer neuen Sprache (Englisch) Gamification-Ele-mente: „Learning as Adventure: An App Designed with Ga-mification Elements to Facilitate Language Learning“. Inder Applikation ADVENTURE schlüpft man in die Rolleeiner Figur, welche eine Storyline verfolgt und in Form vonMissionen Erfahrungspunkte sammelt, die zum Erreicheneines höheren Levels benötigt werden. Die Missionen be-stehen bspw. aus dem Zusammensetzen eines Satzesdurch vorgegebene Wörter, und je nach Korrektheitsgraderhält man entsprechend viele Erfahrungspunkte. DieWis-

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senschaftler stellten fest, dass die Applikation das Lerneninteressanter und effizienter zugleichmachen.

In Japan geschehen Kindesentführungen meist, wennein Kind alleine ist. Shuta Nakamae (Tsukuba, Japan) stell-te die Entwicklung eines BLE-Geräts (Bluetooth Low Ener-gy) vor, welches die Kriminalitätsrate an Kindern senkensoll: „BLE-Based Children’s Social Behavior Analysis Sys-tem for Crime Prevention“. Das Gerät hält fest, ob das Kindz. B. alleine oder mit Freunden zusammen war sowie seineAktivitäten (Gehen, Stehen). Die Daten werden den Elternzugesendet, sodass diese versuchen können, die Zeit desAlleinseins zu reduzieren. Getestet wurde das Gerät bishernur an einer Studentengruppe, um die Funktionalität zuüberprüfen. Als nächsten Schritt soll das Gerät im Alltageiner Familie getestet werden. Fraglich ist, ob das Gerätauch für junge Teenager sinnvoll ist, weil sie bereits an-fangen, eigenständig dieWelt zu erkunden.

Beobachtet man morgens die Menschen in der Bahn,so sieht man, dass die Mehrheit nicht mit den Menschen inder nahen Umgebung kommuniziert. Die Applikation„Ninja Messenger: Mobile App for a GPS-based Location-specific Communication System“ von Rijaa Banerjee undYugo Takeuchi (Hamamatsu, Japan) wurde entwickelt, umdie Kommunikation in der realen Welt zu fördern. Via GPSkönnen Personen in der Nähe anonym angeschrieben wer-den. Dabei gibt es drei verschiedene Modi: Shuriken-, No-roshi- und Makibishimodus. Der Shurikenmodus richtetsich an bestimmte Personen in der Umgebung. Der Noros-himodus dient dazu, ungezielt Leute in der Umgebungbspw. nach Hilfe zu fragen oder etwas zusammen zu unter-nehmen. Der dritte Modus, der Makibishimodus, ermög-licht das Bereitstellen von Informationen bezüglich derUmgebung.

Über Video-Ladesymbole, VirtualReality und das Suchen in großenDatenmengen

Der Effekt von Video-Ladesymbolen wurde im Zusammen-hang mit der gefühlten Wartezeit in dem Vortrag „TheEffect of Video Loading Symbol onWaiting Time Perception“von Woojoo Kim und Shuping Xiong (Daejeon, South Ko-rea) vorgestellt. 60 junge Erwachsenen nahmen an derStudie teil und gaben subjektive Bewertungen anhandeiner 7-Punkte Likert Skala für 48 Ladesymbole ab: 3 War-tezeiten * 4 Fortschrittsanzeigen * 2 Formen * 2 Verschöne-rungen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Dauer und dieFortschrittsanzeige die wahrgenommene Wartezeit desNutzers beeinflussen, während die Form und Verschöne-

rungen keinen Einfluss haben. Ladesymbole mit wieder-holenden und linearen Fortschrittsfunktionen werden alslänger wahrgenommen als die Power- und die Invers-Power-Fortschritts-Funktionen. Den Ladefortschritt an-zugeben und manipulierte Fortschrittsfunktionen zu ver-wenden, wird somit empfohlen. Design-Faktoren und Ver-schönerungen werden als weniger effektiv angesehen.

Im Jahr 2016 startete der Hype umVirtual-Reality-(VR-)Systeme. EinProblem ist dabei dieVerfolgung einer Storyli-ne,welche vonvielenSystemennicht beachtetwird. Biswa-jit Sarker (Uppsala, Sweden) untersucht in seiner For-schung „Decoding the User Experience in Mobile VirtualReality Narratives“ die Effekte von Hinweisen in VR-An-wendungen, indem er eine Reihe von Testpersonen (n=10)beobachtete und anschließend interviewte. Er stellte fest,dass Nutzer besonders von den audiovisuellen Hinweisenangezogen und geleitet werden, was der Verfolgung derStoryline hilft. Es ist hierbei wichtig, nicht zu viele audiovi-suelle Hinweise zu verwenden, weil die Angst entsteht,nicht alles verfolgen zu können (FOMO, Fear Of MissingOut).

Tamara Babaian, Wendy Lucas, Alina Chircu und No-reen Power (Waltham, USA) präsentierten die AssociationMap-Large (AM-L), eine interaktive Visualisierung von As-soziationen zwischen Entitäten: „Extending an AssociationMap to Handle Large Data Sets“. AM-L ist die Erweiterungeiner früheren Version des Interfaces namens AM, welchesum Such- und Interaktionsfeatures erweitert wurde, umgroße Datensets zu unterstützen. Es wurde eine Nutzer-untersuchung mit 32 Teilnehmern durchgeführt, welchedie Durchführung und Erfahrungen mit AM-L mit einertabellenartigen Repräsentation der gleichen Daten im Kon-text eines Enterprise-Systems verglich. Die Teilnehmerhatten unterschiedliche Erfahrungen bezüglich der Ver-wendung von AM-L und erhielten sowohl einfache alsauch schwierige Aufgaben, die mit beiden Systemen gelöstwerden sollten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Nutzermehr Spaß bei der Verwendung von AM-L haben, sichweniger anstrengen mussten und die Aufgaben schnellerlösten. Bei der Korrektheit der Ergebnisse war eine Lern-kurve festzustellen. So zeigte sich eine allgemein schlech-tere Durchführung bei den ersten zwei einfachen Fragenund der ersten schweren Frage. Dies wurde jedoch bei dendarauffolgenden Fragen besser. Da das AM-L Interfaceanders als alles andere ist, womit die Nutzer je Erfahrunggesammelt haben, ist es nicht überraschend, dass zumBeispiel ein Training zu Beginn, sehr hilfreich für denGebrauch wäre. Die vorgeschlagenen Verbesserungen derTeilnehmer werden in das Interface eingebaut und in spä-teren Untersuchungen ausgewertet.

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Fazit

Aufgrund der Themenvielfalt ist die HCII für Informatikersowie für Forscher aus anderen Bereichenwie der Informa-tionswissenschaft interessant. Besonders bemerkenswertist die Tatsache, dass vier verschiedene informationswis-senschaftlichePaper und ein Poster derAbteilung für Infor-mationswissenschaft der Heinrich-Heine-Universität Düs-seldorf angenommen worden sind. Da sich HCI-Forschungvornehmlichmit den Interaktionen zwischen Informations-systemen und ihren Nutzern befasst, ist die thematischeNähe sowohl zur informationswissenschaftlichen Nutzer-forschung als auch zur Social-Media-Forschung weit-gehend gegeben. Sämtliche Proceedings wurden in unter-schiedlichen Reihen in insgesamt 30 Bänden (http://2017.hci.international/proceedings) bei Springer veröffentlicht.

Deskriptoren: Tagung, International, Mensch-Maschine-Kommunikation, Mobilkommunikation, Soziales Netz

Vortragende der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in Vancouver,BC (v.l.n.r: Aylin Ilhan, Kaja J. Fietkiewicz, Daniel Gros, FranziskaZimmer).

Daniel Gros

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Abteilung für Informationswissenschaft

[email protected]

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