Das Ahlemer Käse-Seminar 2015 - BL Medien · Pasta filata ist ein ausgesprochener Wachstumsmarkt...

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Intensive Diskussionen in noch größerem Forum Das Ahlemer Käse-Seminar 2015 Das Ahlemer Käse-Seminar feierte am 15./16. September sein 20jähriges Bestehen – mit einer Rekordbeteiligung von 120 Teilnehmern plus 24 Gästen und Referenten. Wie Bernd von Borstel vom Vorstand des Fachverbands der Milchwirtschaftler Niedersachsen und Sachsen-Anhalt am 15. September in Göttingen erinnerte, nahm das Seminar seinen Anfang in Hannover-Ahlem an der dortigen Kaderschmiede für Molkereiingenieure, es fand nun aber

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Intensive Diskussionen in noch größerem Forum

Das Ahlemer Käse-Seminar 2015

Das Ahlemer Käse-Seminar feierte am 15./16. September sein 20jähriges

Bestehen – mit einer Rekordbeteiligung von 120 Teilnehmern plus 24 Gästen

und Referenten. Wie Bernd von Borstel vom Vorstand des Fachverbands der

Milchwirtschaftler Niedersachsen und Sachsen-Anhalt am 15. September in

Göttingen erinnerte, nahm das Seminar seinen Anfang in Hannover-Ahlem

an der dortigen Kaderschmiede für Molkereiingenieure, es fand nun aber

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bereits zum 16. Mal in Göttingen statt und hat dabei seinen Ursprungsnahmen behalten.

Eine Gratulationsbotschaft überbrachte der geschäftsführende

Vorsitzende des Zentralverbands Deutscher Milchwirtschaftler (ZDM),

Torsten Sach. Ein solch erfolgreiches Seminar diene auch der Profilierung

des Berufsstandes, dessen Aufgabe ja in Informationsvermittlung und

Networking besteht. Er, so Sach, sei sich sicher, dass das Ahlemer Käse-

Seminar auch in vielen Jahren noch bestehen wird, denn Social Media

werden die persönliche Begegnung nie ersetzen können.

Muss Käse gepresst werden?

Max Wiedemann, ehemaliger ALPMA-Verkaufsleiter, provozierte die

Teilnehmer mit der Frage, ob man Käse tatsächlich noch pressen und im

Salzbad behandeln müsse. Wiedemann sprach dabei natürlich von

Produkten für den Conveniencemarkt, nicht aber von traditionellen Sorten.

Als Verfahren der Wahl schlug Wiedemann die Extrusion vor. Seine

Bemerkung dazu: „Bei den aktuellen Käsepreisen ist ein Presssystem gar

nicht bezahlbar“.

Vergleich der Käseherstellungsverfahren: Die Extruderlösung kommt mit wenigen Schritten aus (Quelle: Wiedemann)

Bei der Extrusion lassen sich bei attraktivem Investitionsaufwand auch hohe Leistungen realisieren (kürzlich

wurde ein 7 t/h Linie in Georgsmarienhütte für Mozzarella installiert). Mit dem auf Schneckenförderung

basierenden Verfahren lassen sich ggü. herkömmlicher Käseherstellung mit Presswanne mehrere

Verfahrensschritte in einer Maschine unterbringen. Nämlich Wärmen, Pressen, Kühlen, Salzen und Formen.

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Damit verbunden ist auch der Vorteil, dass die Molke salzfrei bleibt (ggü. Bruchsalzung). Am Ende, so

Wiedemann, kann zwischen herkömmlichen Käse und solchen aus der Extrusion kein Unterschied festgestellt

werden. Selbst Gaslochkäse ließen sich extrudieren – Wiedemann: „Vergessen Sie alles, was in den

milchwirtschaftlichen Fachbüchern steht“.

Besonders vorteilhaft für Convenience-Käse ist es, gleich Stangen auszuformen, die später nur noch

aufgeschnitten werden. Ihre Salzung kann ggf. mit speziellen Geräten gelöst werden. Ein Imageverlust für Käse

sei durch die Extrusion nicht zu befürchten, meinte Wiedemann, der als Beispiel Analogkäse zitierte, bei dem

man heute den Anteil an Pflanzenfett oft durchaus positiv sieht. Allerdings müsse sich die Milch insgesamt

Gedanken über eine Imageverbesserung machen, damit es irgendwann wieder einmal heißt „Milch macht

munter“.

Markt

Monika Wohlfahrth, Geschäftsführerin der Zentralen Milchmarkt-

Berichterstattung ZMB, schilderte die jüngsten Marktentwicklungen

international und national. Aktuell ist auch der Käsemarkt ein Käufermarkt,

erstmals seit 2009 wird wieder interveniert. Ursache dafür ist ein

unglückliches Zusammentreffen von Produktionsausweitung, Quotenende,

Importsperre in Russland, Importeinbruch in China, politischer Instabilität

in vielen Regionen und niedriger Ölpreis. Noch seien die Milchpreise aber

nicht auf das tatsächliche Niveau der aktuellen Verwertung gesunken,

warnte Wohlfarth. Solange die Milcherzeuger noch Hoffnung auf baldige

Preisanhebungen hegen, würden sie ihre Produktion kaum einschränken.

In der Diskussion schätzte Wohlfarth die aktuelle Auslastung der deutschen Käsereikapazitäten auf 90%, das

besondere Problem sei im Absatz von Schnittkäse gegeben, während bei Mozzarella der Warenabfluss besser

funktioniert.

Weltweit sind die Käse- und Molkenpreise gesunken, steigende Nachfrage wird nur aus den USA, Japan,

Südkorea und Mexiko berichtet. Dagegen wächst der Inlandsmarkt langsamer als noch im letzten Jahrzehnt.

Kurzfristig, so Wohlfarth, gibt es keine Anzeichen für eine Marktwende, die langfristigen Aussichten sind aber

immer noch positiv.

Käse im LEH

Hans Wortelkamp, B&L MedienGesellschaft (Milch-Marketing, Käse-

Theke, moproweb.de, käseweb.de) beschrieb die Absatzwege von Käse im

Lebensmitteleinzelhandel. 6.000 Lebensmittelhersteller treffen auf sechs

große Handelsketten. Die vier größten machen 85% des Marktes (Edeka,

Rewe, Lidl, Aldi). Aktuell feiern die Discounter ein Comeback, unter

anderem weil sie in ihr Filialnetz, ihre Werbung und ihre Sortimente

investiert haben - 44% des Food-Absatzes machen heute die Discounter,

wieder ein Weltrekord für Deutschland.

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Abb.: Wortelkamp

Der Käsemarkt ist anders als andere Foodsegmente seit vielen Jahren ein Wachstumsbereich. Die Weiße Linie

liegt in der Bedeutung mit 9,5 Mrd. € zwar vorn, Käse SB macht aber auch 6,6 Mrd. € Umsatz, und die Theke ist

mit einem Volumen von 870 Mio. € immer noch sehr attraktiv für den Absatz. Bei einem Pro-Kopfverbrauch

von 24,4 kg (2014) dominiert Schnittkäse mit 6.9 kg, gefolgt von Frischkäse mit 6,8 kg und Pasta filata mit 4,1

kg. Pasta filata ist ein ausgesprochener Wachstumsmarkt mit + 12% plus in 2014, noch vor Feta mit + 10,8%

und Reibekäse mit + 10%. Die Käsetheke hat einen Umsatzanteil von 11%. Während bei der Weißen Linie jedes

zweite Kilo Handelsmarke ist, wird bei Käse noch immer 53% des Geschäfts mit Markenware gemacht.

Wortelkamp zeigte auf, dass die Käsereien gerade die Käsetheke nicht vernachlässigen dürfen, weil sie Margen

und Raum zur Profilierung bietet und bei den Verbrauchern als „mit besseren Produkten ausgestattet“ gesehen

wird. Käse wird auf Dauer Wurst in der Verbrauchergunst ablösen, meinte Wortelkamp, der Verbrauch werde

„locker“ auf 26 – 27 kg kommen. Im Käseabsatz schlummert, so Wortelkamp weiter, enormes Potenzial: hier ist

echte Regionalvermarktung ebenso wie Differenzierung vom Wettbewerb möglich, auch kann ein

internationales Sortiment angeboten werden. Die Theke fungiert als Kommunikationstreff und kann für den

Handel imageprägend sein. Nur, die Branche muss dem Handel auch bei der Schulung des Thekenpersonals

helfen, sagte Wortelkamp. Anders als im SB-Bereich, wo man entweder der Beste oder der Billigste sein muss.

Und noch ein Manko, bei dem die Theke helfen kann: Deutschland ist zwar der größte Käsehersteller in der EU,

aber auch der mit den wenigsten typischen Sorten – im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern.

Haftung von Führungskräften

Dr. Benjamin Lüders (Lüders Warneboldt & Partner, Hannover) schilderte das

Haftungsrecht für Führungskräfte. „Führungskraft“ ist nicht als Begriff definiert,

jeder im Unternehmen, der eine besondere Verantwortung und eigene

Entscheidungskompetenz hat, kann im Einzelfall eine Führungskraft sein. Von

der sog. Innenhaftung, also Haftung ggü. dem Unternehmen, betroffen sind bei

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Geschäftsführern Bereiche wie Legalitätspflicht, Treuepflicht und ordnungsgemäße Unternehmensführung. Bei

leitenden Angestellten ist dies i.a. im Dienstvertrag geregelt. Bei einer Haftung spielt das Ausmaß von

Fahrlässigkeit eine zentrale Rolle. Eine Außenhaftung ist i.d.R. nur für das Unternehmen üblich, bei

beschränkter Haftung kann aber an Geschäftsführer herangetreten werden. In Frage kommen z.B. Dinge wie

Schädigung der Kreditwürdigkeit, Fehler bei Insolvenzanträgen, Haftung für nicht abgeführte Steuern.

Angestellte haften für die Verletzung eigener Verpflichtungen, die ggü. Dritten bestehen (z.B. Verkehrsunfall,

Nicht-Verhindern von Straftaten). Hier kann auch ein Freistellungsanspruch bestehen.

Lüders riet dazu, im Unternehmen ein Compliance System zu schaffen, da dies als Indiz dafür spricht, dass eben

kein Vorsatz oder Leichtfertigkeit vorliegen. Dies kann insbesondere bei Steuerfragen oder

Produktbeanstandungen greifen. Weitgehend unbekannt ist, dass eine Entlastung der Geschäftsführung durch

die Gesellschafter kein „Persilschein“ ist, zumindest wenn den Gesellschaftern Sachverhalte nicht bekannt sind.

Eine Haftpflichtversicherung greift übrigens nicht bei Vorsatz, der schon aus erkennbaren Anzeichen für ein

Fehlverhalten oder nicht genug Sorgfalt beim Prüfen von Missständen hergeleitet werden kann.

Für den Aufsichtsrat hat sich in den letzten Jahren die Haftung deutlich verschärft, Aufsichtsratsmitglieder

müssen sicherstellen, dass ein hinreichendes Berichtswesen vorliegt, mit dem sie Sachverhalte rechtzeitig

erkennen können.

Auf dem Ahlemer Käse-Seminar wurde angeregt diskutiert, hier im Bild: Lutz Lemke, Sachsenmilch

Personalführung

Thorsten Lucht, Uckermärker Milch, stellte einige seiner Gedanken zum

Thema Wertschätzung vor. Mitarbeitern gegenüber entgegengebrachte

(echte) Wertschätzung kann ungeheuer motivierend wirken und mit wenig

Aufwand viel bewirken. Wertschätzung muss den ganzen Menschen

umfassen und darf nicht rein aus dem Verstand geboren sein. Und:

Wertschätzung hat auch etwas mit Selbstwertgefühl zu tun. Nur wer

seinen eigenen Wert kennt, der kann anderen die richtige Wertschätzung

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zollen, lautete sinngemäß ein Zitat, mit dem Lucht verdeutlichte, um was es geht. Effiziente Personalführung

funktioniert also nur mit Herz und Verstand!

Reinigung - Hygiene

Desinfektion

Dr. Bertram Schmid (ASIRAL) beschrieb die Eigenschaften von Chlordioxid

als Desinfektionsmittel. Einsatzgebiete in der Milchverarbeitung sind unter

anderem: Wasch-, Trink- und Brüdenwasseraufbereitung, CIP,

Pasteur/Rückkühler, Stoßdesinfektion, Schaumreinigung usw. ClO2 ist von

der Trinkwasserverordnung zugelassen, in kleinsten Mengen biozid und

zeigt keine Wirkungslücken. Die Wirkung ist pH-unabhängig, Biofilme

werden von der Verbindung besonders gut abgebaut. Allerdings ist ClO2

nicht lagerstabil, so dass es frisch zubereitet werden muss. Enthalten ist

eine hohe Konzentration an Chloriden, so dass Korrosionsgefahr besteht.

Mikroorganismen werden durch Oxidation zerstört, daher bilden sich

weniger halogenierte Verbindungen (AOX).

Schmid zeigte auch die praktische Anwendung von ClO2 in Molkereien auf: die Rohstoffe werden in einen

Reaktor gefördert, in dem Lösungen mit 20 g ClO2/l entstehen. Dabei kann zentral oder dezentral gearbeitet

werden. Wichtig ist eine genaue Überwachung um Korrosion zu vermeiden. ASIRAL verwendet keine Salzsäure

sowie ein Injektorverfahren, damit der Chloridgehalt verringert und die entstehende Lösung sofort abgezogen

wird. Die ASIRAL Anlage extrahiert nur das Gas, überschüssige Rohstoffe werden abgetrennt. Das Verfahren

liefert eine ClO2-Lösung mit neutralem pH und einem Leitwert, der Leitungswasser vergleichbar ist.

Das zum Patent angemeldete ASIRAL Verfahren erzeugt jeweils nur die notwendige Biozid-Konzentration. Zwei

Anlagen stehen bei DMK in Altentreptow, ein Prototyp versorgt bei Döhler fünf CIP-Kreisläufe.

Erfahrungsgemäß ist es besser, Leitungen nicht zu lang auszulegen (max. 150 m), und ggf. dezentral zu

arbeiten.

Elektrolyse

Frank Pompetzki widmete sich der elektrolytischen Herstellung von

elektrochemisch verändertem Wasser als Desinfektions- und bedingt als

Reinigungsmittel. Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass Gefahrstoffe eliminiert

werden. Die dazu gehörende Anlagentechnik ist modular und einfach zu

transportieren.

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Technik

Roboter

Für Rob van Dalen, Bosgraaf (Elten), können längere Standzeiten von 30

oder gar 40 Stunden und ein 24/7 Betrieb von Käsereien nur erreicht

werden, wenn konventionelle Technik durch Roboter abgelöst wird, die die

Vorgänge neuartig lösen. In der Käsereifung sind Roboter längst etabliert,

aber in der eigentlichen Käserei noch eher wenig verbreitet.

van Dalen berichtete von der Käserei Rouveen (NL), die ihren Käse aus

sieben Milchsorten in 20 Varianten herstellt. Dort kam man mit

herkömmlichen Plastifizierungslinien nicht zurecht, da diese zu lange

Umrüstzeiten haben. Die Lösung realisierte Bosgraaf unter Verzicht auf

Förderanlagen. Ein Roboter nimmt die Käse vom Brett und taucht sie in die

Coatinglösung, ein anderer stellt sie auf saubere Bretter. So gibt es nur zwei

Kontaktstellen zwischen Anlage und Käse, die leicht sauber zu halten sind.

Die Linie arbeitet trocken und ist schnell umstellbar.

In der Käserei Taulov (DK, Arla Foods) hat Bosgraaf Roboter direkt in den Käsereiprozess integriert. Dort sollte

die Peripherie unbedingt trocken gehalten werden. Das auf optimale Molkenqualität ausgelegte System füllt

über Casomatic-Säulen den Käsebruch in Formen mit Molkenwanne ab. Roboter stellen die Formen in den

Zulauf der Kassettenpressen, danach erfolgt das Auspacken und Ausgießen der Molkenwanne ebenfalls über

Roboter. Auch das Vereinigen von Käseform, Deckel und Molkenwanne sowie das Auflegen von Caseinmarken

und das Auflegen von Deckel, Form und Wanne in den Zulauf zur Wachmaschine übernehmen die Roboter.

Hierbei müssen quasi nur die Greifer gereinigt werden, lt. van Dalen werden die Pressen kaum mehr gereinigt.

Arla Foods kann so längere Produktionszeiten erreichen und muss insgesamt viel weniger reinigen, was

beträchtliche Kosten spart.

Die ABB Roboter selbst können (nicht zu aggressiv) gereinigt werden. Allerdings neigen sie ohnehin

ablaufbedingt kaum zur Verschmutzung. Die Greifer und alle Kontaktteile können hingegen auch aggressiv

gereinigt werden, eine Zwischenreinigung oder auch ein Greiferwechsel sind machbar.

Prozessoptimierung

Michael Sievers, FOSS, stellte die brandneue „MilkoStream“ inline-

Messtechnik vor. Mit dieser ersten echten inline-FTIR-Lösung lassen sich

Rohstoffe optimal verwerten, da mittels inline Analyse und Regelung in

Echtzeit Prozessgenauigkeiten erreicht werden können, die über dem

liegen, was das Labors leisten kann. Die FTIR-Lösung von FOSS arbeitet

ohne Bypass und misst Fett, Protein, Lactose und TM direkt in der

Rohrleitung (der Sensor ragt 48 mm in das Rohrinnere). Der mit einem

Diamantfenster ausgestattete Sensor (Dynamic Diamond Probe) wird

einfach mit der normalen CIP mitgereinigt, dabei erfolgt auch die

Referenzmessung. Laut Sievers zeichnet sich das System durch geringen Wartungs- und Instandhaltungsbedarf

aus, die Nullpunktjustierung braucht keine zusätzlichen Chemikalien. Eine Trennung des Interferometers vom

Prozess wird über eine spezielle Lichtleitung erreicht, die Wartungskosten sind lt. Sievers niedrig.

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Luft in der Probe wird automatisch erkannt, Ergebnisse sind alle sieben Sekunden anzeigbar, wobei aus der

permanenten Messung für die gleitende Mittelwertbildung alle 60 Sekunden ein Wert gebildet wird. Eine

globale Kalibrierung reicht aus zum Erfassen von homogenisierter Milch, nicht homogenisierter Rohmilch,

Magermilch, Fett und Protein in standardisierter Milch (Zugabe von Retentat, Permeat, Lactose) und Wasser.

Das System arbeitet mit einer Genauigkeit von 0,05% bei Fett und Protein, bei den anderen Messgrößen mit

0,1%. Dies erlaubt es, einen Prozess bei z.B. Protein auf 0,02% genau zu regeln.

Für inline-Messungen bei Mozzarella und Frischkäse inkl. Greek Yogurt hat FOSS auf NIR basierende Lösungen

entwickelt. Zur Messung von Käseblöcken laufen Entwicklungsarbeiten, berichtete Sievers. Molke wurde bisher

für MilkoStream noch nicht studiert.

Käseportionierung

Nadim Harb (links) und Andreas Blin,

ALPMA, schilderten

Portionierungssysteme für Schnitt- und

Hartkäsebruch. Der Fokus lag auf der

ARP-T Portionierung für

bruchgelochten Käse und der Formatic

(Abfüllen unter Molke). Berichtet

wurde über eine Installation in

Dänemark, die 1,20 m lange

Käsestangen herstellt – was große

Vorteile für das spätere Aufschneiden

bietet. Hier werden bis zu 5 Takte der

ARP-T in 2 m lange Formen eingefüllt,

das Ausformen erfolgt mit Druckluft direkt ins Salzbad.

Die Formatic erlaubt große Format- und Gewichtsvielfalt in der Käseproduktion. Vorteil ist insbesondere auch,

dass die Käse keine oder kaum Randlochung aufweisen. Bei 15 kg schweren Käsen wird ein

Variationskoeffizient von < 1% beim Produktgewicht erreicht. Dies stellt ALPMA zum einen über die Ermittlung

von Entleerungskurven und passende Regelung der Pumpendrehzahl sicher. Daneben kann eine Tomografie

eingebaut werden, die die jeweils durch das Rohr gehende Bruchmenge ermittelt. So lassen sich

Variationskoeffizienten von < 1% erreichen, während ohne jede Regelung mit >2% zu rechnen ist.

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Der Vortrag schloss ab mit Hinweisen auf laufende Projekte, unter anderem eine 18.000 l Schnittkäserei für

Italien, eine 30.000 l Schnittkäserei in den USA für bruchgelochte Käse, eine 45.000 l Schnittkäserei in

Österreich mit drei Formatic und einem ARP-T Portionierer oder eine 40.000 t Schnittkäserei in Bulgarien mit

ARP-T.

Proteinanreicherung

Dirk Kuckelsberg, DuPont (vormals Danisco) befasste sich mit Pizzakäse,

bei dem der Proteingehalt der Kesselmilch über Anreicherung eingestellt

wird. Hierbei sollte unbedingt auch auf die Gerinnungsparameter und

Säuerungskinetik geachtet werden, so Kuckelsberg. Der Referent

berichtete von einer praktischen Umsetzung, bei der die

qualitätskritischen Prozessmerkmale wie Einlab pH-Wert (bei

Standadridisierung auf 50 g/l ergab sich z.B. ein optimaler pH von 6,1),

Entmineralisierung oder Strech pH-Wert optimiert wurde, ohne Ausbeute,

Reifung oder Weiterverabeitungseigenschaften zu vernachlässigen. Durch

Säuerung (Karbonisierung) würde die Gerinnungszeit deutlich kürzer.

Daher wurde die Gerinnungsmitteldosage angepasst, dies kommt

nebenbei dem fertige Käse zugute, weil er keine Restenzymaktivität mehr enthalten soll. Zudem wurde die

Säuerungsleistung einer Starterkultur aus dem CHOOZIT Programm von DuPont/Danisco an die Pufferkapazität

der Kesselmilch angepasst. Aus diesem Ansatz hat der Kulturenlieferant Rezepturen für die Verarbeitung

proteinangereicherter Kesselmilch entwickelt.

Abb.: Kuckelsberg

Kuckelsberg abschließend: Bei Proteinanreicherung muss das Zusammenspiel von Kultur, Protein- und Ca-

Gehalt der Milch und Gerinnungsenzymbeachtet werden.

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Listerien

Uwe Schwarz, HYPRED, wies darauf hin, dass Listerien auch in Biofilmen

vorkommen können. Daher muss in der Praxis Vorsorge gegen Biofilme

getroffen werden. HYPRED bietet ein Detektionskit, das einen visuellen

Nachweis von Biofilmen ermöglicht. Die Ablagerungen lassen sich durch

enzymatische Reinigungen beseitigen, z.B. auf Oberflächen durch mehrere

Sonderreinigungen hintereinander, in CIP-fähigen Bereichen durch

enzymatische Reinigung mit Peressigsäure-Nachspülung.

Vorbeugend sollte z.B. bei Wärmetauschern eine Grundreinigung

durchgeführt werden mit einem Protokoll für die enzymatische Reinigung

(tatsächliche Temperatur im Erhitzer) und begleitet von einem Experten. Dabei wird ein Bericht über das

Nachspülwasser erstellt, der darlegt, ob Biofilm vorhanden war und ggf. welche Mikroorganismen vorgefunden

wurden.

Bei Bodenabläufen ist auf hygienisches Design zu achten, daneben auch auf die eigentliche Reinigung

(Frequenz, Art des Vorgehens usw.). HYPRED zeigte auf dem das Seminar begleitenden Stand zusätzlich

Beispiele für empfehlenswerte Konstruktionen von Bodenabläufen. Ein Keimmonitoring empfiehlt sich, so

Schwarz aus seiner Erfahrung berichtend. Der Experte schlägt eine automatisierte Reinigung der Bodenabläufe

mit Einsatz von Enzymreinigern in definierten Intervallen vor, hilfreich sind eine trockene Produktion und

selbstablaufende Böden.

Arbeitskleidung kann im Spind ozonisiert werden, sie sollte außerdem häufig gewechselt werden. Daneben sind

auch Luft und Flächen zu entkeimen – alles geregelt in einem Hygiene(zeit)plan. Zudem ist an Verschleppungen

über Hubwagen, Stapler oder Palettenbewegungen zu denken. In jedem Fall empfiehlt Schwarz eine ATP

Kontrolle mit Methoden der 2. Generation.

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Abb.: HYPRED

Gefährdungspotenzial

Dr. Josef Hüfner, Milchw. Institut Dr. Hüfner (MIH), umriss das

Gefährdungspotenzial durch Listerien. Diese Keime sind nicht unbedingt

ein Hygieneproblem, sondern eher ein Problem des Hygienemanagements,

so Hüfner.

Listerien sind Bestandteil des Produktionsumfeldes. Eher selten erfolgt ein

Neueintrag von außen, meist wird ein und dieselbe Spezies über einen

längeren Zeitraum immer wieder nachgewiesen . Zweifelsohne gibt es

kritische Bereiche, wie Nasszonen, unterspülte Fliesen,

Verdampfungskühler, Froster, Förderbänder, reinigungsunzugängliche

Gelenke, Muffen, etc. Immer häufiger werden diese Keime jedoch auch in

gereinigten Umgebungen nachgewiesen. Das ist lt. Referent aber so lange

kein Problem, bis die Keime überhand nehmen. Eine besonders wichtige

Maßnahme ist also das Schaffen einer listerienfeindlichen Umgebung, v.a.

durch Trockenhalten des Produktionsumfeldes. Da Listerien auch über die

Rohmilch eingeschleppt werden können, sollte Rohmilch nicht verarbeitet werden, sofern keine saubere

Trennung im Betrieb erfolgt.

Listerien sind rel. Salz- und kältetolerant, wachsen jedoch nur bedingt bei tiefen pH Werten. So ist es auch zu

verstehen, dass Listerien vor allem ein Problem von Rotschmierekäsen sind (vor allem Sauerkäse, wo bewusst

eine pH Anhebung mit Natron erfolgt). Bekannt ist, dass Schutzkulturen Listerien hemmen, z.B. mesophile

Milchsäurebakterien, einige Laktobazillen oder auch eine intakte Rotschmierekultur. Auch über die Rohmilch

eingetragene Enterokokken hemmen das Listerienwachstum. Neben Weichkäse stellt zunehmend Schnittkäse

ein Problem dar. Diese Keime werden häufig mit einer sog. gemischten Säuerungstechnologie

(mesophil/thermophil) fabriziert. Die hier verwendeten thermophilen Steptokokken haben jedoch kaum eine

Hemmwirkung (keine Bacteriocine, wenig Säure), andererseits haben solche Käse höhere Anteile an Galaktose,

welche auch von einem Großteil der Listerien verstoffwechselt wird. Ähnlich erklärbar ist die stärkere

Anfälligkeit von Weichkäsen des Typs „Stabilisee“ gegen Fremdkeime (u.a. auch Listerien).

Bei positivem Listerienbefunden, auch für den Fall, dass nur Listeria ssp. (wie L.innocua) nachgewiesen wird,

werden häufig Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen verstärkt. Dies kann bisweilen jedoch das Gegenteil

bewirken, da nicht selten das bisher vorhandene Gleichgewicht zwischen „Nutz- und Schadflora“ gestört wird.

Hüfner empfiehlt daher, nur bei „echten“ Listerienproblemen (Nachweis von L. m.) das

Desinfektionsmanagement zu ändern . Positive Befunde, auch von Listeria ssp. sind jedoch ernst zu nehmen

und möglicherweise das Listerienmonitoring zu intensivieren.

2016 findet das Ahlemer Käse-Seminar, wieder organisiert von der

Fachverbands der Milchwirtschaftler Niedersachsen und Sachsen-Anhalt -

Bildungswerk – GmbH, am 13./14. September statt.

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Bernd von Borstel (rechts)

vom Vorstand des

Fachverbandes würdigte den

20jährigen Einsatz der

„Luchts“ für die Ahlemer

Käse-Seminare, links Hans

Lucht, Mitte Thorsten Lucht.

Hans Lucht hat die Ahlemer

Seminare seit 20 Jahren

organisiert, Thorsten Lucht

hatte das Ahlemer Käse-

Seminar 20 Jahre lang

moderiert und auch das

Fachprogramm federführend

gestaltet