Das Bildliche und das Unbildliche. Nietzsche, Wagner und ... · und Nietzsche Andreas Dorschel 29...

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Das Bildliche und das Unbildliche. Nietzsche, Wagner und das Musikdrama Matthias Schmidt, Arne Stollberg (Hg.) Urheberrechtlich geschütztes Material! © 2015 Wilhelm Fink, Paderborn, ein Imprint der Brill-Gruppe

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Das Bildliche und das Unbildliche. Nietzsche, Wagner und das MusikdramaMatthias Schmidt, Arne Stollberg (Hg.)

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Das Bildliche und das Unbildliche. Nietzsche, Wagner und das MusikdramaMatthias Schmidt, Arne Stollberg (Hg.)

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Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds und des

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schaft Basel.

Lektorat: Stephan E. Hauser, Basel

Gestaltungskonzept eikones Publikationsreihe: Michael Renner, Basel

Layout und Satz: Mark Schönbächler, Morphose, Basel

Herstellung: Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Paderborn

ISBN 978-3-7705-5993-0

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Inhalt

9 Vorwort

Matthias Schmidt 13 Das Loch in der Tapete. Hörbarkeit und Sichtbarkeit bei Wagner

und Nietzsche

Andreas Dorschel 29 In den Strudeln der Einbildungskraft. Philosophische Imagination

bei Fichte, Schiller und Nietzsche

Karol Berger 43 Must one be silent about that whereof one cannot speak?

Remarks on the first scene of Die Walküre

Arne Stollberg 59 »Der widerwärtige Anblick des Sängers«. Nietzsches und Wagners

Traum-Theater

Tobias Janz 79 Parsifal und die Transzendenz der Kunst

Nicola Gess 95 »Geistersehen« in der »Schallwelt«. Anti-Theatralität und

Meta-Theater in Wagners Schriften und im Parsifal

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Federico Celestini 117 Nietzsches Ästhetik der Intermedialität

Silvan Moosmüller 131 »Zum Licht, zu dem kein Aug’ gedrungen«. Friedrich Nietzsche,

Gustav Mahler und der schöpferische Tanz des Dirigenten.

Eine phänomenologische Skizze

Andrea Gottdang 147 Wagner, Nietzsche und – Böcklin. Ein »Stimmungsbild« der

Böcklin-Rezeption um 1900

167 Autorinnen und Autoren

168 Siglenverzeichnis

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IIm Beethoven-Aufsatz von 1870 behauptet Richard Wagner, aufbauend auf Arthur Schopenhauers Konzeption von Musik als vor-individueller Objektivation des Willens, das unbedingte Primat des Hörens vor dem Sehen. Dabei bezieht er sich nicht nur auf Produktion und Rezeption des Musikdramas, sondern auf die epistemologische Situ-ation des Menschen im Allgemeinen. Er schreibt von einer »zweite[n], nur durch das Gehör wahrnehmbare[n], durch den Schall sich kundgebende[n] Welt, also recht ei-gentlich eine[r] Schallwelt«, in der sich das »Grundwesen der Welt« und zugleich die Identität dieses Wesens mit dem inneren Wesen jedes einzelnen Menschen mitteile, kurz: der Schopenhauer’sche Wille.1 Diese Schallwelt wird einer »Lichtwelt« entgegen-gesetzt, die – selbst in Form der bildenden Kunst, die immerhin eine Ideenschau er-mögliche – letztlich dem Schein verhaftet bleibt und den Wunsch, jenseits des bloßen »Schauspiels«2 das Wesen zu fassen zu bekommen, unbefriedigt lassen muss. Das Hö-ren von Musik geht für Wagner daher auch mit einer Abnahme der äußeren Sehfähig-keit einher. Er schreibt, »daß durch die Wirkung der Musik auf uns das Gesicht in der Weise depotenziert wird, daß wir mit offenen Augen nicht mehr intensiv sehen«.3

Wagners Dichotomie von Hör- und Sehwelt, deren Bedeutung für seine Musiktheaterkonzeption im Folgenden herausgearbeitet werden soll, bestimmt seine Bewertung nicht nur der einzelnen Künste, sondern auch unterschiedlicher Opern-typen. So polemisiert Wagner im Beethoven-Aufsatz heftig gegen die herkömmliche Oper (und meint damit vor allem die französische und italienische Oper seiner Zeit), die er dem »Spektakel« und das heißt dem auf die Lichtwelt gerichteten Sehen

»Geistersehen« in der »Schallwelt«. Anti-Theatralität und Meta-Theater in Wagners Schriften und im ParsifalNicola Gess

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verpflichtet sieht: »Denn zu dieser Musik [die aufgrund ihrer Orientierung an ›äußer-lichen Regelmäßigkeiten‹ in die ›Täuschung der Erscheinung der Dinge außer uns ver-webt‹ wird, N. G.] will man nun auch etwas sehen, und dieses Zusehende wird dabei zur Hauptsache«.4 Für sein Musikdrama hingegen entwirft Wagner das monströse Konzept eines sehenden Hörens. Er behauptet also nicht eine Priorität der Instrumen-talmusik, wie sie aufgrund seiner Überlegungen eigentlich naheläge, sondern fasst sein Musikdrama als einen der Schallwelt und dem Hören verpflichteten Typus von Musik-theater auf. Wagners Konzept eines sehenden Hörens basiert auf der Vorstellung eines »nach inne[n] gewendete[n] Auges«, mit dem der Wille sich selbst schaut und das »nach außen gerichtet zum Gehör wird«.5 Das heißt: Was der Komponist im Innern sieht, findet seinen unmittelbaren Ausdruck in der Musik, insbesondere in ihren Har-monien; und beim Hörer ist es genau umgekehrt: Das Hören dieser Harmonien lässt ihn »einzig in unser Inneres, wie in das innere Wesen aller Dinge blicken«.6 Im Unter-schied zu Schopenhauer postuliert Wagner also neben dem äußeren, nur auf die Welt als Vorstellung gerichteten Sehen noch ein inneres Sehen, über das ein »Bewußtsein des eigenen Selbst, also des Willens« und darüber zugleich des »Wesens der Dinge« zu er-langen ist.7 Es geht ihm um ein »Vermögen des Sehens dort, wo unser wachendes, dem Tage zugekehrtes Bewußtsein nur den mächtigen Grund unserer Willensaffekte dunkel empfindet« und aus dem nur »der Ton in die wirklich wache Wahrnehmung« dringt.8 Während man den Willen »außen« beziehungsweise im Wachzustand nur hören kann, kann man ihn »innen« oder im Traumzustand bei Wagner, im Unterschied zu Schopen-hauer, also auch sehen.

Doch will Wagner mit dieser Konstruktion eines der Schallwelt ent-sprechenden inneren Sehens natürlich letzten Endes auf die willens-metaphysische Rechtfertigung seines Musikdramas und das heißt auch eines konkreten, in der Au-ßenwelt sichtbaren Bühnengeschehens hinaus. Darum ist es für ihn notwendig, das innen Geschaute mit dem Bühnengeschehen kurzzuschließen. Hierfür greift er zur Denkfigur der Projektion: Das auf der Bühne sichtbare Geschehen wird als Übertra-gung des vom idealen Musik-Dramatiker im Inneren Geschauten auf die Bühne ge-fasst. Aus der Kombination des idealen Musikers, Beethoven, dessen innere Schau – hier spricht Wagner vom »Hellsehen« – als Musik nach außen dringt, und des idealen Dramatikers, Shakespeare, dessen innere Schau – hier spricht Wagner vom »Geister-sehen« – nach außen »projiziert« wird und die »Geister« somit »vor die Augen des Wa-chenden« bannt, resultiert der ideale Musikdramatiker, Wagner, der, »indem er in die Klangwelt hervortritt, zugleich in die Lichtwelt« gelangt.9 Musik und Bühnengeschehen des Musikdramas sind hier somit als analoge, gleichberechtigte und vor allem gleich-zeitige Emanationen einer inneren Schau gedacht; der Musikdramatiker bringt das im Inneren Geschaute in Musik zum Ausdruck und projiziert es zugleich auf die Bühne.

Doch orientiert sich Wagner zu sehr an Schopenhauer, als dass er das so stehen lassen könnte. Darum deutet er zugleich weiterhin eine Priorisierung der Musik an, indem er das Bühnengeschehen immer wieder auch als nachträgliches, aus der Musik beziehungsweise der musikalischen Eingebung oder dem Musikhören al-lererst hervorgegangenes Geistergeschehen beschreibt. Entsprechend nennt er zum

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Beispiel Beethoven »den wirkenden Untergrund des Geister sehenden Shakespeare«.10 Vor allem aber ist, wie oben bereits gesagt, völlig klar, dass die Rezeption des Musik-dramas nach dieser Logik verläuft: Erst durch das Anhören der Musik »verschwindet« für die Zuhörer die »sichtbare Umgebung« – das ist die durch Musik hervorgerufene »Depotenzierung des Gesichts« –, und der Zuschauer wird stattdessen zu einer inne-ren Schau derjenigen Geisterwelt inspiriert, die der Musikdramatiker schon vor ihn auf die Bühne gestellt hat.11 Für den Rezipienten des Musikdramas fallen somit Innen-schau und Schau der Bühne in eins; inspiriert durch die Musik, wird für ihn der Blick auf die Bühne zum Blick ins eigene Innere, wird der Bühnenraum zum Seelenraum umcodiert. Wenn Wagner, wie eingangs erwähnt, die Bilder der bildenden Kunst ab-lehnt, weil sie dem bloßen Schein verhaftet bleiben, geht mit dieser Umcodierung des Bühnenraums die Postulierung einer anderen, quasi ontologischen Bildlichkeit einher, in der das Weltwesen Gestalt gewinnt.

Wagners Umgang mit Schopenhauers willens-metaphysischen The-sen zur Musik zeichnet sich im Beethoven-Aufsatz durch die immer wiederkehrende Figur einer Unterdrückung paradoxaler Strukturen zugunsten der Etablierung von Identitäten aus. Einerseits folgt er Schopenhauers Auffassung von Musik als unmit-telbarem Ausdruck des Willens, verneint aber andererseits das von Schopenhauer aufgezeigte Paradox: dass nämlich, wenn Musik wirklich das ist, als was sie auf ihn wirkt, also unmittelbarer Ausdruck des Willens, eben gerade dieses Wesen der Musik niemals argumentativ bewiesen oder sprachlich vermittelt werden kann:

» [Den] Aufschluß über [das] innere Wesen [der Musik] und über die Art ihres […] Verhältnisses zur Welt […] zu beweisen, [erkenne] ich als wesentlich unmöglich […]; da er ein Verhältniß der Musik, als einer Vorstellung, zu Dem, was wesentlich nie Vorstellung seyn kann, annimmt und festsetzt, und die Musik als Nachbild eines Vorbildes, welches selbst nie unmittelbar vorgestellt werden kann, angesehen haben will. Ich kann deshalb nichts weiter thun, als hier am Schlusse […] jenen mir genügenden Aufschluß über die wunderbare Kunst der Töne vortragen, und muß die Beistimmung, oder Verneinung meiner Ansicht der Wirkung anheimstellen, welche auf jeden Leser theils die Musik, theils der ganze und eine von mir in dieser Schrift mitgetheilte Gedanke hat.«12

Diese Offenheit wird von Wagner schon auf den ersten Seiten seines Aufsatzes geschlossen. Sein erklärtes Vorhaben ist es, »jenes von Schopenhauer hinge-stellte, tiefsinnige Paradoxon für die philosophische Erkenntnis richtig zu erklären und zu lösen«.13 Das geschieht vor allem durch die oben beschriebene Analogisierung von Musik und nach außen projizierter Innenschau, durch die an die Stelle der para-doxen Entzogenheit des Willens dessen Erkenntnis in der Anschauung tritt. Wo bei Schopenhauer eine Kluft zwischen der Welt als Vorstellung und der Welt als Wille klafft, zielt Wagner auf Identitätsstiftung: Musik überwindet »den täuschenden Schein

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[der Dinge] […], und keine Täuschung […] ist hier möglich, daß das Grundwesen der Welt außer uns mit dem unsrigen nicht völlig identisch sei, wodurch jene dem Sehen dünkende Kluft sofort sich schließt«14 beziehungsweise auf der Bühne des Musikthe-aters ein Sehen ontologischer Bilder möglich wird.

Diese Tendenz zur Schließung von Differenzen ist auch für Wagners Theaterpraxis zentral. Sein Ideal des Bühnengeschehens als projizierter Innenschau läuft darauf hinaus, dass er sich als Theaterpraktiker, so die im Weiteren zu verfolgende These, dem anti-theatralen15 und zugleich zutiefst illusionistischen Paradigma eines »unsichtbaren Theaters«16 verschreibt, das im Folgenden in seinen Konsequenzen für Wagners Schauspieltheorie, Theaterarchitektur und Partiturschrift untersucht und an-hand einer Lektüre von Parsifal als Meta-Theater sinnfällig gemacht werden soll.

IIRichard Wagner hat sich sein Leben lang mit den Unmöglichkeiten

und Möglichkeiten von Theateraufführungen auseinandergesetzt. Insbesondere in seinen späteren Schriften, die in der Zeit der Planung und Verwirklichung Bayreuths entstanden, wird die Aufführung mit dem Zentralbegriff des »Mimen« zum Angel-punkt seiner Theorie. Die Veränderung des konventionellen Theaters bedeutet für Wagner hier vor allem die Änderung der Rolle des Darstellers. Zentraler Kritikpunkt ist dessen – laut Wagner – effektorientiertes Spiel. Der Darsteller nutze sein Versetzt-sein auf die Bühne zur affektierten Selbstpräsentation, spiele Rolle um Rolle nur als Facette der eigenen Persönlichkeit:

» Was sich uns in den gewöhnlichen Theateraufführungen darbietet, zeigt ganz den Charakter eines […] bedenklichen Gewerbes, dessen Betrieb lediglich auf die möglichst günstige Zurschaustellung der Person des Schauspielers gerichtet zu sein scheint.«17

» Hier bleibt das Theaterpublikum sich als solches ganz ebenso selbst bewußt, wie der Schauspieler von dem deutlichen Gefühle seiner ei-genen Persönlichkeit, ganz wie außerhalb des Theaters, eingenom-men bleibt.«18

Immer wieder kritisiert Wagner die Sichtbarkeit oder sogar ostenta-tive Ausstellung der Differenz von Schauspieler beziehungsweise Sänger und Rolle, und seine Alternativvorschläge laufen auch hier auf die Überwindung dieser Diffe-renz, das heißt den Versuch hinaus, jegliche Störung oder Unterbrechung des Musik-dramas durch die Aufführungsrealität, in diesem Fall die Persönlichkeit des Schau-spielers, zu vermeiden: Der Darsteller, so fordert Wagner, solle sich ins Dargestellte »entäußern«, solle sein wahres Selbst verlieren, um identisch zu werden mit seiner Rolle und auch vom Zuschauer entsprechend, das heißt in seiner Rolle und nicht als Schauspieler wahrgenommen zu werden.

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Diesem idealen Unsichtbarwerden des Darstellers zugunsten des Dar-gestellten entspricht das buchstäbliche Unsichtbarwerden der Musiker im Bayreuther Festspielhaus. Zwischen realer Welt des Publikums und idealer Welt der Bühne klafft bekanntlich ein »mystischer Abgrund«, in den Wagner bei dem Versuch, die Illusion seiner Theaterwelt zu perfektionieren, das Orchester versenkt [Abb. 1]. Wagner schreibt dazu:

» [Die] widerwärtigen Störung[en] durch die stets sich aufdrängende Sichtbarkeit des technischen Apparates der Tonhervorbringung [gilt es zu vermeiden, denn] das Sehen selbst [soll] zur genauen Wahr-nehmung eines Bildes […] bestimm[t] [werden], welches nur durch die gänzliche Ablenkung des Gesichtes von der Wahrnehmung jeder dazwischenliegenden Realität, wie sie dem technischen Apparate zur Hervorbringung des Bildes eigen ist, geschehen kann.«19

Die Unsichtbarmachung des Orchesters ist also Bedingung für das Sehen des ontologischen Bildes, und als solche ist sie Ausgangspunkt für Wagners ge-samte Konstruktion seines Theaters [Abb. 2]:

» Meine Forderung der Unsichtbarmachung des Orchesters gab dem Genie des berühmten Architekten […] sofort die Bestimmung des hieraus, zwischen dem Proszenium und den Sitzreihen des Publikums entstehenden, leeren Zwischenraumes ein: wir nannten ihn den ›mys-tischen Abgrund‹, weil er die Realität von der Idealität zu trennen habe, und der Meister schloß ihn nach vorn durch ein erweitertes zweites Proszenium ab, aus dessen Wirkung in seinem Verhältnisse zu dem dahinter liegenden engeren Proszenium er sich alsbald die wun-dervolle Täuschung eines scheinbaren Fernerrückens der eigent lichen Szene zu versprechen hatte, welche darin besteht, daß der Zuschauer

1 Das Rheingold im Bayreuther Festspielhaus, 1876.

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den szenischen Vorgang sich weit entrückt wähnt, ihn nun aber doch mit der Deutlichkeit der wirklichen Nähe wahrnimmt; woraus dann die fernere Täuschung erfolgt, daß ihm die auf der Szene auftretenden Personen in vergrößerter, übermenschlicher Gestalt erscheinen.«20

Was durch die Konstruktion dieses doppelten Proszeniums erzeugt wird, ist, mit Walter Benjamin gesprochen, nichts anderes als eine Aura, die »Erschei-nung einer Ferne, so nah sie sein mag«.21 Im Gegensatz zur Spur, in der das uneinhol-bar Ferne nah scheint – so könnte man den Effekt fassen, den die partielle Sichtbarkeit der Bühnenmaschinerie für den Zuschauer hätte – , wird durch die Aura das Nahe zum Fernen und das Reale zum Idealen verklärt. Die materiale Bühnenrealität, das »beleidigend freche Hervortreten des szenischen Bildes bis hin zur Betastbarkeit durch den Zuschauer« wird durch die Aura »zurückgedrängt«,22 oder genauer: In der Zurück-drängung wird die Aura der ontologischen Bilder erzeugt. Die Unsichtbarkeit des Orchesters und das Fernrücken des Theaters sind also als architektonische Verwirkli-chungen der Musiktheaterideologie Wagners zu verstehen.23

Mit dem unsichtbaren Orchester realisiert Wagner letztlich eine Vi-sion romantischer Musikphilosophie.24 Denn schon die Metaphysik der Musik von Wacken roder bis Schopenhauer entledigt sich des lästigen, jedoch notwendigen Per-formers durch seine Dequalifizierung zum bloßen Medium, oder indem sie ihn schlicht-weg vergisst. Schopenhauer schreibt:

» [D]ie Musik [ist], da sie die Ideen übergeht, auch von der erscheinen-den Welt ganz unabhängig, ignorirt sie schlechthin, könnte gewisser-maßen, auch wenn die Welt gar nicht wäre, doch bestehen […]. Die

2 Otto Brückwald, Grundriss des Bayreuther Festspielhauses (1876).

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Musik ist nämlich eine so unmittelbare Objektivation und Abbild des ganzen Willens, wie die Welt selbst es ist, ja wie die Ideen es sind, deren vervielfältigte Erscheinung die Welt der einzelnen Dinge ausmacht.«25

Zur Zeit Schopenhauers und auch noch zur Zeit Wagners ist die Be-hauptung, Musik sei von der erscheinenden Welt ganz unabhängig, nimmt man sie einmal buchstäblich, natürlich vollkommen falsch. So banal es klingt: Ohne Musiker konnte damals schlichtweg noch keine Musik erklingen. Doch man träumte durchaus schon von einer Musik ohne Musiker: Zahlreich sind die Geschichten aus dem 19. Jahr-hundert über unheimliche Maschinen, Puppen oder Kästchen, die geisterhaft belebt erscheinen, weil aus ihnen Musik ertönt.26 Realität wird diese Vision erst mit der Er-findung der Schallplatte und später des Radios, und auch im frühen 20. Jahrhundert finden sich Texte, die die unheimliche Seite dieser klingenden Kästen, den Tod des Performers, beschreiben. Zu genau einem solchen klingenden Kasten avant la lettre wird auch die Bayreuther Bühne. Die Musik tönt als ein homogenisierter Klang kaum lokalisierbar aus dem Boden und der Tiefe des Bühnenraums. Carolyn Abbate hat die Bayreuther Bühne deshalb treffend mit einem gigantischen Radio verglichen:

» Das zugedeckte Orchester, der zugezogene Vorhang, überwiegend Anthrazittöne, gewisse Verzierungen am Proszeniumsbogen – man denkt an Knöpfe – verwandeln die Bühne in einen gigantischen an-tiken Phonographen, ein Radiogerät anno 1925.«27

Technisches Gehäuse und transzendente Wahrheit gehen hier eine eigentümliche Verbindung ein: Gerade aus der Maschine, die in Wagners Metaphorik der orchestralen Mechanik ja in der Tat so präsent wie in der Bühnenrealität verbor-gen ist, spricht der Gott unmittelbar. Befreit von jeglicher störenden Körperlichkeit, von jeglichem Rest einer Differenz zwischen Musiker und dem durch ihn sprechenden Weltwesen bietet gerade die in ihrem Funktionieren undurchschaubare und nur als klingender Kasten präsente (Orchester-)Maschine als vollständiges Medium die Un-mittelbarkeit des Ausdrucks.

Dazu passt, dass sich der späte Wagner – um nun zu seinen Überle-gungen zum idealen Schauspieler zurückzukommen – auch euphorisch über das Pup-pentheater geäußert hat. In seinem Modell der Selbstentäußerung des Mimen wird der Körper des Darstellers idealerweise zur leeren Hülle, oder besser: zum Gefäß eines anderen »Selbst«, das nun aus ihm sprechen soll. Wagner begeistert sich:

» In dem Spieler dieses Puppentheaters und seinen ganz unvergleich-lichen Leistungen, mit denen er mich atemlos fesselte, während das Straßenpublikum in seiner leidenschaftlichsten Teilnahme […] alle gemeinen Lebensverrichtungen zu vergessen schien, ging mir seit undenklichen Zeiten der Geist des Theaters zuerst wieder lebendig auf. Hier war der Improvisator Dichter, Theaterdirektor und Akteur

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zugleich, und seine armen Puppen lebten durch seinen Zauber mit der Wahrhaftigkeit unverwüstlich ewiger Volkscharaktere vor mir auf.«28

Hier schleicht sich in Wagners Theorie des idealen Mimen das Pup-penspiel mitsamt einer allmächtigen Autorfigur ein, und daraus lässt sich folgern, dass sich der singende Mime nicht nur für seine Rolle entäußern soll, sondern sich damit vor allem auch zum Sprachrohr Richard Wagners macht. Wagner schreibt:

» Was Shakespeare praktisch nicht möglich sein konnte, der Mime je-der seiner Rollen zu sein, dies gelingt dem Tonsetzer mit größter Be-stimmtheit, indem er unmittelbar aus jedem der ausführenden Musi-ker zu uns spricht. Die Seelenwanderung des Dichters in den Leib des Darstellers geht hier nach unfehlbaren Gesetzen der sichersten Tech-nik vor sich, und der einer technisch korrekten Aufführung seines Werkes den Takt gebende Tonsetzer wird so vollständig Eines mit dem ausübenden Musiker, wie dies höchstens von dem bildenden Künstler im Betreff eines in Farbe oder Stein ausgeführten Werkes ähnlich würde gesagt werden können, wenn von einer Seelenwan-derung seinerseits in sein lebloses Material die Rede sein dürfte.«29

Der Vergleich mit dem bildenden Künstler ist bezeichnend: Der Dar-steller, sei dies der Orchestermusiker oder der Sänger, dient dem Musikdramatiker als lebloses, zu formendes Material, in das er wie in eine Bauchredner-Puppe einwandern kann. Auch »die Macht«, von der Wagner schreibt, dass sie der Mime »durch seine Nachahmung bis zur allerbestimmtesten Täuschung über sich und seine Zuschauer ausüb[e]«, ist letztlich nicht die des Mimen, sondern die des Musikdramatikers, der sich des Mimen als seines Mediums bedient, um auch sein Publikum in die »Selbstent-äußerung« zu führen. Entsprechend bewundernd äußert sich Wagner zum Beispiel über eine Lear-Aufführung:

» Nach einer Aufführung […] blieb das Berliner Publikum nach dem Schlusse des letzten Aktes noch eine Zeitlang auf seine Plätze festge-bannt versammelt, nicht etwa unter dem sonst blühenden Schreien und Toben eines enthusiastischen Beifalles, sondern kaum flüsternd, schweigend, fast regungslos, ungefähr wie durch einen Zauber gebun-den, wider welchen sich zu wehren keiner die Kraft fühlte, wogegen es jeden etwa unbegreiflich dünken mochte, wie er es nun anfangen soll-te, ruhig nach Hause zu gehen und in das Geleis seiner Lebensge-wohnheit zurückzutreten, aus welcher er sich undenklich weit heraus-gerissen empfand.«30

Soweit zu Wagners Theorie eines Musiktheaters, das man totalitär nennen könnte. In der Praxis ließ sich dieses Ideal allerdings – sieht man einmal von

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der Architektur des Opernhauses ab – nur schwer verwirklichen. Denn da Sänger nun einmal keine Puppen sind und Wagner nicht, die Fäden ziehend, alle Rollen zugleich spielen konnte – auch wenn Friedrich Nietzsche ihm im Fall Wagner durchaus das Talent dazu bescheinigt hat –, steht und fällt Wagners Vorstellung einer totalen Kon-trolle mit der Möglichkeit, seine Anweisungen den Sängern so genau als möglich mit-zuteilen. So gewinnt die Notenschrift mit ihren Akzidentien in der Partitur für Wag-ner eine immens große Bedeutung; von ihr hängt die Genauigkeit der Fixierung des Autorwillens ab. Wagners Partituren werden darum, wie er selbst beschreibt, immer minutiöser in ihren Bezeichnungen:

» [S]o habe ich, zur Erklärung der besonderen Eigenschaften gerade meiner neueren Partituren, wiederum darauf aufmerksam zu ma-chen, wie die bis hierher ungewohnte Ausführlichkeit derselben eben nur von der Nötigung zur Auffindung jener richtigen Bezeichnung des durchaus natürlichen Vortrages des Sängers eingegeben ward.«31

Mit der Rhetorik der »richtigen Bezeichnung des durchaus natürli-chen Vortrages« versucht Wagner, seine Partituren dem Ideal eines natürlichen Zeichens anzunähern. Der Vortrag soll nicht als künstlich, sondern als natürlich erscheinen, und die Zeichen wiederum sollen nichts anderes tun, als diesen natürlichen Vortrag in der Schrift zu repräsentieren, also als »bloßes Supplement« zu fungieren. Dieses Ver-fahren ist von Jacques Derrida in den Sprachursprungstheorien Jean- Jacques Rous-seaus analysiert worden, und wie bei Rousseau sollen auch bei Wagner die Zeichen der Partitur dem Dilemma der Differenz entgehen, indem sie immer schon als Abbild von dem konzipiert sind, wofür sie doch eigentlich erst das Vorbild abgeben.32 Aus dem gleichen Grund nennt Wagner seine Kompositionen auch »fixierte Improvisationen«,33 behauptet also die bloße Verschriftlichung eines eigentlich spontanen und in diesem Sinne »natürlichen« Geniestreichs.

Dass diese supplementäre Logik von grundlegender Bedeutung für Wagners Konzeption des Musiktheaters ist, zeigt sich auch daran, dass das von Wag-ner – und auch vom frühen Nietzsche – postulierte Verhältnis von Gesamtkunstwerk und Volksgemeinschaft ihr ebenfalls gehorcht: Das Gesamtkunstwerk soll eine Volks-gemeinschaft abbilden, die sich aber zugleich erst nach seinem Vorbild formt.34 Diese schon in den Spekulationen der Romantiker über eine neue Mythologie erprobte Fi-gur einer unendlichen gegenseitigen Spiegelung wird nur durch die Annahme eines alle immer schon vereinenden Volkswesens, das der Künstler lediglich zum Ausdruck gebracht habe, stillgestellt. Bei Wagner nimmt diese Rolle des imaginären Ursprungs das in »Hellsehen« und »Geistersehen« erkannte Weltwesen ein, das von Wagner häu-fig auch zum »Volkswesen«35 nationalisiert wird und in »improvisatorischem« Erguss und »natürlichem« Vortrag zum unmittelbaren Ausdruck kommen soll.

In der Theaterpraxis stößt Wagner trotzdem immer wieder an die Grenzen der Zeichen und damit auf die Unmöglichkeit einer völligen Kontrolle der Auf-führung. In letzter Konsequenz führt dieser Umstand Wagner zu der schon erwähnten

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Polemik eines »unsichtbaren Theaters«, das nach der Eliminierung des sichtbaren Or-chesters noch weiter gehen und jede menschliche Anwesenheit auf der Bühne abschaffen würde. In der Praxis war Wagner von einem solchen Schritt jedoch weit entfernt.36 Er hat eben nicht begonnen, Symphonien zu komponieren, sondern ausgerechnet die Opernbühne als Plattform für seine anti-theatrale und zugleich zutiefst illusionistische Agenda genutzt. Wagner bringt, so meine finale These, seine Kritik an der auf das Spek-takel ausgerichteten Oper und die eigenen Bemühungen um ein seine Theatralität ver-bergendes Musikdrama der ontologischen Bilder im Parsifal auf die Bayreuther Bühne und stellt dort auch gleich den Sieg seines Musiktheaters über konkurrierende Opern-formen sicher.37 Das soll abschließend anhand von Wagners Konturierung der Gralsge-meinschaft, Klingsors und Kundrys, die ich als Repräsentanten verschiedener Theater-typen lesen möchte, gezeigt werden.38

IIIDie Gemeinschaft der Gralsritter definiert und bildet sich im Ritual

der Gralsenthüllung, für das sich alle Ritter um ihren König versammeln und einen Grals- und Gottesdienst zelebrieren, an dessen Ende sie sich ihrer Lebensaufgabe – »froh im Verein, / brudergetreu, / zu kämpfen mit seligem Mute«39 – versichern. Das Ritual funktioniert als ein performativer Akt, in dem die Identität der Gruppe gleich-zeitig erzeugt und abgebildet wird. Es folgt der bereits beschriebenen Figur einer un-endlichen Spiegelung, die keinen Anfang hat, insofern Spiegelbild und Gespiegeltes gleichzeitig im performativen Akt entstehen. Notwendig für das Funktionieren des Rituals ist jedoch, dass alle Teilnehmenden an ein dem Spiegelbild vorgängiges Origi-nal glauben und somit seinen performativen Charakter gerade nicht sehen: Dieser muss – Stichwort »unsichtbares Theater«, das Wagner ja gerade angesichts seiner Frus-tration über das »Schminkewesen« formulierte, auf das selbst der Parsifal angewiesen war40 – unsichtbar bleiben.

Da das Ziel des Rituals die Formung eines Gruppenkörpers ist, müs-sen der Einzelne und die Körperlichkeit des Einzelnen in der Gralsgemeinschaft ver-drängt und im buchstäblichen Sinne unsichtbar oder zumindest unhörbar werden. Dementsprechend finden sich in der rituellen Handlung bei Wagner keine Einzelstim-men, sondern nur mehrere Chöre. Die Ritter, deren Gemeinschaft gebildet wird, singen zudem rein unisono, singen wie eine Stimme aus einem Körper. Und um das Allerhei-ligste herum (die Zeitspanne, in der der Gral enthüllt ist) singen sogar ausschließlich entkörperlichte Stimmen unsichtbar »aus der Höhe«41 der Kuppel oder, wie Titurel, aus der Tiefe des Grabes. Auch in der rituellen Handlung tritt die Körperlichkeit des Ein-zelnen in den Hintergrund, sowohl durch den vorgegebenen Ablauf und sein Aufgehen in der Synchronizität der Gruppe als auch durch eine weitgehende Bewegungslosigkeit. Mit einer körperlichen Bewegung ist lediglich der König der Gralsgemeinschaft vertre-ten (»Amfortas, mit verklärter Miene, erhebt den ›Gral‹ hoch und schwenkt ihn sanft nach allen Seiten, worauf er damit Brot und Wein segnet«), alle anderen verweilen re-gungslos »auf den Knien«.42 Ein Großteil des Rituals verläuft zudem in einer alle Kon-turen verwischenden Dämmerung, schließlich sogar in »vollste[r] Dunkelheit«,43 so

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dass hier die Tendenz zur Unsichtbarkeit der Szene ins Extrem getrieben wird. Nicht das Sehen des Spektakels, sondern das Hören auf das Numinose soll das dann folgende, eigentliche Schauspiel vorbereiten, das kein menschliches mehr ist: »Hier dringt ein blendender Lichtstrahl von oben auf die Kristallschale herab; diese erglüht sodann im-mer stärker in leuchtender Purpurfarbe, alles sanft bestrahlend.«44

Die Tendenz zur völligen Zurücknahme des einzelnen Darsteller-/Teilnehmer-Körpers liegt der Gralsgemeinschaft und dem Ritual zugrunde. Dies nicht nur aufgrund der radikalen Askese der Ritter, gegen die Amfortas verstoßen hat, son-dern auch, weil das rituelle Theater der Gralsgemeinschaft, wie Wagners ideales The-ater, ein totales ist, das kein Außen duldet und seinen performativen Charakter ver-schwinden lassen will/muss. Deshalb hört das Ritual auch eigentlich nie auf; die Bühne der Gralsritter weitet sich zur Welt, der Darsteller/Teilnehmer hat seine Identität im Ritual gewonnen und hält an dieser auch nach Beendigung des Rituals fest. Allerdings ist diese künstliche Identität permanent durch die Konfrontation mit einem Äußeren, Anderen, Nicht-Identischen gefährdet und bedarf deshalb einerseits der ständigen Wiederholung sowie andererseits der Unterdrückung alles Fremden. Im buchstäblichen Sinne wird dieses Fremde im Innern des Gralsreiches durch die Wunde des Amfortas verkörpert, die sich gerade dann immer wieder öffnet, wenn das identitätsbildende Ritual der Gralsenthüllung vollzogen werden soll, und im Außen des Gralsreiches von den zwei bedrohlichen Figuren der Oper: Klingsor und Kundry.

Zwischen Gralsreich und Klingsorwelt steht – entscheidendes Detail in den Szenenanweisungen – ein Spiegel (»Klingsor […], vor einem Metallspiegel sit-zend«45), der dem Gralsreich ein entlarvendes Zerrbild seiner selbst zurückwirft. So findet sich die hehre Enthaltsamkeit der Ritter bei Klingsor als Kastration wieder, die die Gewalt der Askese enthüllt. Und wo den Gralsrittern als »brünstig Betenden« gött-liche Schauspiele erscheinen –»ein sel’ger Schimmer da entfloß dem Grale; / ein heilig Traumgesicht / nun deutlich zu ihm spricht / durch hell erschauter Wortezeichen Male«46 –, da schafft sich Klingsor durch Technik sein eigenes spirituelles Theater. Das Pendant zum Gebet sind hier »nekromantische Vorrichtungen«,47 die dazu heran-gezogen werden können, Verstorbene oder Gottheiten über die Zukunft zu befragen. Aber am wichtigsten ist, dass der die Gralswelt spiegelnde Klingsor sich auch als The-aterdirektor betätigt – so dirigiert er, wie ein Puppenspieler, Kundry und lässt auch die Blumenmädchen tanzen – und sich zudem als Regisseur eines effektvollen Kulissen-theaters präsentiert. Mit Hilfe von Magie, von »Zauberwerkzeuge[n]«,48 konstruiert er sich eine Illusionsbühne, auf der sein Turm in den Boden versinken kann, während die Burg stehenbleibt und gleichzeitig ein Zaubergarten aus der Versenkung auftaucht [Abb. 3, 4]. Dieser präsentiert sich als ein süßlich-kitschiges Klischee von Tropen, Ara-bien und mittelalterlicher Burgromantik, das heißt als eine typische Opernkulisse. Als ebenso typische und zudem antiquierte Theaterdekoration erscheint auch Kling-sors Turm selbst, der deutlich in der Tradition der Kerkerszenen der Barockoper steht (zum Beispiel durch die Winkelperspektive, die Geschlossenheit eines eigentlich nach oben offenen Raumes, die martialische Ornamentik durch Ketten, Eisenringe, Düs-ternis usw.; [Abb. 5]).

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Ähnlich spektakuläre Verwandlungen der Bühne geschehen zwar auch im Gralsreich:

» Allmählich, während Gurnemanz und Parsifal zu schreiten schei-nen, hat sich die Szene bereits immer merklicher verwandelt; es ver-schwindet so der Wald, und in Felsenwänden öffnet sich ein Torweg, welcher die Beiden jetzt einschließt. […] Durch aufsteigende ge-mauerte Gänge führend, hat die Szene sich vollständig verwandelt: Gurnemanz und Parsifal treten jetzt in den mächtigen Saal der Grals-burg ein.«49

Der Zauberer jedoch, der hier die Kulissen schiebt, bleibt im Verbor-genen, und es wird auch keine typische Theaterdekoration, sondern ein Sakralraum präsentiert [Abb. 6].

Klingsors Illusionsbühne verunsichert das Publikum nicht. Sein (bewusst als solches präsentiertes) Kulissentheater zielt auf eine strenge Trennung von Bühnenwelt und realer Welt, die den Betrachter nicht bedroht, sondern ihn im Gegen-teil seiner Identität versichert. Das spricht gegen eine Beurteilung wie die Theodor W. Adornos, der den Zaubergarten Klingsors als ebenso »phantasmagorisch« wie die Gralswelt beschreibt.50 Adorno meint sogar, dass in der Blumenmädchenszene »Musik ihre Produktion selber am sorglichsten in der passiv-visionären Präsenz versteckt«.51

3 Max und Gotthold Brückner, Klingsors Zaubergarten; Bühnenbild für die Uraufführung des Parsifal 1882 (gestaltet nach der Zeichnung Paul von Joukowskys).

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4 Richard Wagner, Parsifal, zweiter Aufzug, zweite Szene (Klingsors Zauberschloss).

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5 Max und Gotthold Brückner, Klingsors Schloss; Bühnenbild für die Uraufführung des Parsifal 1882 (gestaltet nach der Zeichnung Paul von Joukowskys).

Demgegenüber ist jedoch zu betonen, dass Wagner mit der – von Adorno bemerkten – Anlehnung dieser Szene an Ballettmusik, die zudem (etwa im Vergleich mit dem Ve-nusberg des Tannhäuser) eigentümlich »blaß« daherkommt, den Zaubergarten als the-atralen Schein, als Machwerk Klingsors offenbart und ihn so gerade nicht mit dem phantasmagorischen »Anspruch des Seins« ausstattet.52 Auf diese Weise fungiert er als negativer Gegenpol zum Gralsreich, wo umgekehrt nicht die Demonstration, sondern eben das Verstecken der Produktion im Vordergrund steht: Phantasmagorie im Ador-no’schen Sinne. Entsprechend werden Klingsorwelt und Gralswelt einander auch mu-sikalisch gegenübergestellt. Während das Ritualtheater der Gralsgemeinschaft über eine choralartige, wenig rhythmisierte Klanglichkeit und damit über eine Musik cha-rakterisiert ist, der Wagner im Beethoven-Aufsatz die Befähigung zum »Geistersehen« zuschreibt, kommt im Zaubergarten eine Musik zum Einsatz, die, folgt man abermals dem Beethoven-Aufsatz, mit ihren Anleihen an Tanzmusik das Potential zur Transzen-dierung gerade verfehlt und einem Opernwesen entspricht, das ganz auf das Sehen eines äußerlichen Spektakels ausgerichtet ist. Dazu passt, dass die Tonartendisposi-tion des Klingsor- Aktes derjenigen des Nonnen-Balletts in Giacomo Meyerbeers Ro-bert le Diable folgt, so dass hier ein spezifischer Bezug auf die Grand Opéra deutlich wird.53 Bei Parsifal handelt es sich also einerseits auf ganzer Linie um eine im Bühnen-spektakel schwelgende »Zauber-Oper«, wie Eduard Hanslick bereits in seiner Kritik der Uraufführung bemerkte;54 und andererseits um den Versuch, die Klingsor’sche Hälfte dieses Zaubers als »bloßen Schein« zu disqualifizieren, um demgegenüber die an-dere Hälfte als »philosophische und religiöse Offenbarung« präsentieren zu können.55

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Hanslick sah jedoch noch nicht den meta-theatralen Subtext, die Konfrontation von Spektakel-Oper und Ritualtheater, die hinter dieser Dichotomisierung steckt.

Verunsichernd wirkt Klingsors Bühne darum erst als Spiegel der Grals-welt, die im Gegensatz zum Kulissentheater eben nicht als Schein, sondern als Sein erfahren werden soll. Im Klingsor’schen Spiegelbild erscheint diese sichere Realität und die von ihr versicherte Identität nun bloß noch als eine andere Form von Theater, das sich zur Totalität erheben will und deshalb seinen performativen Charakter und seine Kulissentricks verstecken muss. Mit Klingsors Bühne droht aber nicht nur die Enthüllung der verborgenen Theatralität der Gralswelt, sondern darüber hinaus auch der Theatralität des ganzen so ernst genommenen, wie ein Ritual zelebrierten »Büh-nenweihfestspiels« Parsifal selbst. Klingsors Bühne vermag Wagners Musikdrama als ein bloßes Theater und Wagner als einen versteckten Klingsor zu entlarven – wie das ja auch der enttäuschte Nietzsche tat, als er Wagner den »Klingsor aller Klingsore« nannte.56 Konsequent wird Klingsor in der Oper erfolgreich verdrängt: Er versinkt mitsamt seiner Burg in der Tiefe, wird unsichtbar.

Kundry ist die einzige Frauenfigur der Oper, die allerdings in mehre-ren Rollen auftritt: Im ersten Aufzug erscheint sie in der Rolle der dämonisch-unheim-lichen Gralsdienerin, im zweiten Aufzug als Bedienstete Klingsors, Mutter und Verfüh-rerin, im dritten Aufzug als Maria Magdalena. Außerdem erfahren wir von Klingsor, dass sie vor ihrer Zeit als Kundry schon unzählige Inkarnationen durchlaufen hat: »Herodias war’st du, und was noch? / Gundryggia dort, Kundry hier!«57 Unmöglich scheint es, ihr eine feste Identität zuzuweisen; sie bleibt die »Namenlose«.58 Diese

6 Max Brückner, Gralstempel; Bühnenbild für die Uraufführung des Parsifal 1882 (gestaltet nach Skizzen Paul von Joukowskys).

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unkontrollierbare, chamäleonhafte Wandelbarkeit ist nur eines von vielen Merkmalen, die Kundry zum einen – so die meta-theatrale Perspektive – als Schauspielerin, zum anderen – so die zeitgenössische Wahrnehmung – als Hysterikerin kennzeichnen.59

Die Hauptrolle in den Beschreibungen der Hysterie um 1900 spielt eine von den Zeitgenossen als bloße »Schauspielerei« verdächtigte exzessive Körperlichkeit, wie sie auch Wagner Kundry auf den Leib geschrieben hat. Kundrys provozierende körperliche Präsenz passt in kein vorgegebenes Rollenschema und sträubt sich gegen jede repräsentationistische Verfasstheit.

» [Kundry] stürzt hastig, fast taumelnd herein. […] Sie wirft sich an den Boden.« »[…] unruhig und heftig am Boden sich bewegend […].« »Kundry [hat sich] oft in wütender Unruhe heftig […] umgewendet […].« »Sie verfällt in heftiges Zittern; dann läßt sie die Arme matt sinken. Sie sinkt hinter dem Gebüsch zusammen und bleibt von jetzt an unbemerkt«.60

Auch Kundrys Sprechen ist verrätselt; häufig liegt es am Rand des Sprachverlustes oder ringt überhaupt erst um Sprachgewinn.

Kundry. (rauh und abgebrochen, wie im Versuche, wieder Sprache zu gewinnen) »Ach! Ach! / Tiefe Nacht… / Wahnsinn… Oh! – Wut… / Ach! Jammer! / Schlaf… Schlaf… / tiefer Schlaf… Tod!…«61

Die Männer, denen Kundry in der Oper begegnet, sind geradezu zwanghaft bemüht, ihren Worten einen eindeutigen Sinn zu geben. Der Beginn des Dialogs zwischen Klingsor und Kundry im zweiten Aufzug liest sich wie eine therapeu-tische Sitzung, in der Klingsor das Stammeln Kundrys geübt zur signifikativen Rede deutet; und auch Gurnemanz bemüht sich, Kundrys Stöhnen zu verstehen. Meistens aber reagiert keiner der Männer auf ihre stöhnenden, schreienden, lachenden Laute. Sie fallen aus dem signifikativen Sprachsystem so vollkommen heraus, dass sie nicht genü-gend Anknüpfungspunkte bieten, um sinnvoll eingeordnet werden zu können.

Die Äußerungen Kundrys fungieren in der Oper darum – dem Kli-schee der Hysterikerin um 1900 entsprechend – als negativer Gegenpol zur männlich- signifikativen Stimme. Kaja Silverman erläutert die Entstehung dieser Dichotomie an anderer Stelle wie folgt: »the male subject subsequently ›refines‹ his ›own‹ voice by pro-jecting onto the mother’s [the woman’s, N. G.] voice all that is unassimilable to the paternal position«.62 In der Folge bedeutet die weibliche Stimme, so Silverman, eine ständige Bedrohung für die männlich-paternalistische Ordnung und ihr System einer ordentlichen, entkörperlichten Sprache. Was Silverman hier beschreibt, lässt sich im zweiten Aufzug der Oper verfolgen, in dem Parsifal zu Parsifal wird. Er gewinnt dort sein Selbst durch die Annahme seines Namens, seiner Geschichte und seines Gewis-sens. All das jedoch wird ihm gegeben durch Kundry, die hier gleichzeitig die Mutter- und die Verführerinnen-Rolle spielt:

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» kundry.Parsifal! Weile!Parsifal.Parsifal?…So nannte träumend mich einst die Mutter. […]Riefest du mich Namenlosen?Kundry.Dich nannt’ ich, tör’ger Reiner:›Falparsi‹ –dich reinen Toren: ›Parsifal‹.So rief […]dein Vater […] dem Sohne zu,den er, im Mutterschoß verschlossen,mit diesem Namen sterbend grüßte;ihn dir zu künden, harrt’ ich deiner hier:was zog dich her, wenn nicht der Kunde Wunsch?«63

Parsifal wird zu Parsifal durch seine Identifizierung mit dem Bild, das ihm Kundry vorhält, mit der Erzählung, die sie ihm gibt.64 Diesen Ursprung seiner Identität muss Parsifal jedoch nach gelungener Identifizierung verdrängen, um an der Idee einer schicksals- und wesenhaften Identität als Gralsritter festhalten zu können; und so wird all das, was ihn einst ausmachte und nicht mit dem männlich-paternalis-tischen und zudem spiritualistischen Gralsprinzip vereinbar ist, auf Kundry projiziert, die im dritten Aufzug folgerichtig – wie einstmals Parsifal – als ein auf eine niedrigere Bewusstseinsstufe zurückgefallenes Wesen erscheint: sprachlos, tierähnlich im Verhal-ten, mit einem mangelnden Bewusstsein ihrer selbst. Schon im Prosaentwurf Wagners ist explizit davon die Rede, dass die »Dummheit«, die Parsifal zunächst an den Tag legt, außer ihm nur noch bei Kundry angetroffen werde.65

Die Figur der Kundry stellt in der Oper so letztlich die Vorstellung von Identität selbst in Frage. Sie deckt auf, dass Identität entweder performativ kon-struiert oder aber in einer Bildung am Anderen, das danach umso stärker verdrängt werden muss, hervorgebracht wird. Darum bedeutet auch sie eine immense Bedrohung der im Ritualtheater fundierten Gralsgemeinschaft und muss, wie Klingsor, von der Bühne des »Bühnenweihfestspiels« verschwinden. Kundrys Tod vollzieht sich in zwei Etappen. Zuerst wird sie nach der Identifizierung Parsifals nur mundtot gemacht, ihre hysterische Stimme verstummt mit Beginn des dritten Aufzugs. Und wenn sich am Ende der Oper dann die Wunde des Amfortas schließt, verschwindet auch Kundry schließlich ganz. Kundry, die die Wunde der Oper war, stirbt, und an ihrem Tod gibt es, im Unterschied zu anderen erlösenden Frauenfiguren bei Wagner, keinen Zweifel.66 Am Ende siegen also die Gralsritter – das anti-theatrale Ritualtheater vernichtet das hys-terische Theater der Kundry, nachdem es zuvor bereits das Kulissentheater Klingsors hatte verschwinden lassen. Die Oper Parsifal stellt diesen Sieg dar und möchte zugleich selbst dieser Sieg sein, als in Bayreuth begangenes »Bühnenweihfestspiel«.

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112 Nicola Gess

Endnoten 1 Richard Wagner, Beethoven, in: DS, Bd. IX, S. 38–109, hier S. 46, 49.

2 Ebd., S. 49.

3 Ebd., S. 53.

4 Ebd., S. 60, 59.

5 Ebd., S. 58.

6 Ebd., S. 57.

7 Ebd., S. 45, 47.

8 Ebd., S. 46.

9 Ebd., S. 91, 92.

10 Ebd., S. 92; Hervorhebung N. G.

11 Ebd., S. 53, 104.

12 Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung. Erster Band, hg. v. Ludger Lütke-

haus, Zürich 1988 (Werke 1), S. 340.

13 Wagner, Beethoven (Anm. 1), S. 44; Hervorhebung N. G.

14 Ebd., S. 48–49; Hervorhebung N. G.

15 Mit dem Begriff »anti-theatral« ist hier eine Bühnenpraxis gemeint, die ihr Theater-Sein ver-

bergen will. In diesem Sinne hat bereits Theodor W. Adorno die »Verdeckung der Produktion

durch die Erscheinung des Produkts« das »Formgesetz« Richard Wagners genannt (Theodor

W. Adorno, Versuch über Wagner, in: ders., Die musikalischen Monographien, hg. v. Rolf

Tiede mann, Frankfurt a. M. 1971 [Gesammelte Schriften 13], S. 7–148, hier S. 13, 82).

16 Cosima schreibt über eine Äußerung Wagners anlässlich der bevorstehenden Einstudierung

des Parsifal am 23. September 1878: »Nachdem er mir dies erzählt, kommt er auf seinen

Parsifal und sagt, ›ach! es graut mir vor allem Kostüm- und Schminke-Wesen; wenn ich

daran denke, daß diese Gestalten wie Kundry nur sollen gemummt werden, fallen mir gleich

die ekelhaften Künstlerfeste ein, und nachdem ich das unsichtbare Orchester geschaffen,

möchte ich auch das unsichtbare Theater erfinden! […]‹« (in: CT, Bd. II, S. 181).

17 Richard Wagner, Über Schauspieler und Sänger, in: DS, Bd. IX, S. 183–263, hier S. 186.

18 Ebd., S. 189.

19 Richard Wagner, Das Bühnenfestspielhaus zu Bayreuth. Nebst einem Berichte über die

Grundsteinlegung desselben, in: DS, Bd. X, S. 21–44, hier S. 35–36.

20 Ebd., S. 37.

21 Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Frank-

furt a. M. 1977 (edition suhrkamp 28), S. 15.

22 Wagner, Bayreuth (Anm. 19), S. 38.

23 Mit Adorno könnte man die durch das doppelte Proszenium erzeugte Aura auch als Produ-

zentin von »Phantasmagorien« verstehen, deren wesentliches Merkmal für Adorno darin

besteht, dass »die ästhetische Erscheinung keinen Blick mehr durchläßt auf Kräfte und Be-

dingungen ihres realen Produziertseins« (Adorno, Versuch über Wagner [Anm. 15], S. 82).

24 Hier greift der Aufsatz zurück auf einen früheren: Nicola Gess, Die Schallplatte als (Schrift-)

Spur. Das Andere Hören in den Texten Theodor W. Adornos, in: Annette Kreutziger-Herr

(Hg.), Das Andere. Eine Spurensuche in der Musikgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts,

Bern u. a. 1998 (Hamburger Jahrbuch für Musikwissenschaft 15), S. 93–108, hier S. 102–104.

25 Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung. Erster Band (Anm. 12), S. 341.

26 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Carolyn Abbate, Ventriloquism, in: Irving Lavin (Hg.),

Meaning in the Visual Arts. Views from the Outside. A Centennial Commemoration of

Erwin Panofsky (1892–1968), Princeton (NJ) 1995, S. 305–311.

27 Carolyn Abbate, Mythische Stimmen, sterbliche Körper, in: Udo Bermbach, Dieter Borch-

meyer (Hg.), Richard Wagner – »Der Ring des Nibelungen«. Ansichten des Mythos, Stutt-

gart u. a. 1995, S. 75–86, hier S. 77.

28 Wagner, Über Schauspieler und Sänger (Anm. 17), S. 210.

29 Richard Wagner, Über die Bestimmung der Oper, in: DS, Bd. IX, S. 151–182, hier S. 176–177.

30 Ebd., S. 185–186.

31 Wagner, Über Schauspieler und Sänger (Anm. 17), S. 243.

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113»Geistersehen« in der »Schallwelt«

Endnoten 32 Vgl. Jacques Derrida, Grammatologie, Frankfurt a. M. 2004 (suhrkamp taschenbuch wissen-

schaft 417), S. 171–541.

33 Wagner, Über die Bestimmung der Oper (Anm. 29), S. 149.

34 Vgl. dazu u. a. Claudia Öhlschläger/Clemens Pornschlegel, Welttheaterwelt. Zur Struktur des

Performativen im ›Gesamtkunstwerk‹ Richard Wagners, in: Gerhard Neumann, Caroline

Pross, Gerald Wildgruber (Hg.), Szenographien. Theatralität als Kategorie der Literatur-

wissenschaft, Freiburg i. Br. 2000 (Rombach Wissenschaften. Reihe Litterae 78), S. 171–217,

hier S. 215.

35 Richard Wagner, Deutsche Kunst und deutsche Politik, in: DS, Bd. VIII, S. 247–351, hier

S. 299.

36 Vgl. Öhlschläger/Pornschlegel, Welttheaterwelt (Anm. 34), S. 194–197. Öhlschläger und

Pornschlegel weisen ebenfalls auf die Ambivalenz von Wagners anti-theatraler Polemik ei-

nerseits und, mit Rücksicht auf Nancys Lektüre der Wagner-Rezeption Mallarmés, auf die

ausgeprägte Theatralität seiner Opern andererseits hin, gehen aber nicht auf die meta-the-

atrale Dimension seiner Stücke ein.

37 Ein Vorbild für diese meta-theatrale Lektüre von Musikdramen Wagners bieten David

Levins Analysen des Ring, vor allem in: David Levin, Richard Wagner, Fritz Lang and the

Nibelungen. The Dramaturgy of Disavowal, Princeton (NJ) 1998.

38 Berücksichtigt werden das Libretto, die Szenenanweisungen in der Partitur und einige

Bühnenprospekte der Uraufführung. Diese Analyse müsste durch ein genaues Studium der

Komposition ergänzt werden, für das hier aber sowohl der Raum wie die Expertise fehlen.

Vgl. dazu u. a. die erwähnten Texte von Abbate (Anm. 26 u. 27) sowie Brian Hyer, Parsifal

hystérique, in: The Opera Quarterly 22/2, 2006, S. 269–320.

39 Richard Wagner, Parsifal [Partitur. Reprint v. Richard Wagner, Sämtliche Werke, Bd. XIV/1–3,

Mainz 1972/1973], hg. v. Egon Voss u. Martin Geck, London u. a. 2006 (Edition Eulenburg

8058), S. 170–171; vgl. auch Richard Wagner, Parsifal. Textbuch mit Varianten der Partitur,

hg. v. Egon Voss, Stuttgart 2005 (Reclams Universal-Bibliothek 18362).

40 Vgl. Anm. 16.

41 Wagner, Parsifal (Anm. 39), S. 154.

42 Ebd., S. 161.

43 Ebd., S. 157.

44 Ebd., S. 160.

45 Ebd., S. 195.

46 Ebd., S. 75–76.

47 Ebd., S. 195.

48 Ebd.

49 Ebd., S. 112, 122

50 Adorno, Versuch über Wagner (Anm. 15), S. 84, 87.

51 Ebd., S. 87; Hervorhebungen N. G.

52 Ebd., S. 82.

53 »[Meyerbeer’s] scene exercised a potent iconographic and musical hold on the 19th century.

[…] the scene forms the underlying structural and tonal model of Act two of Richard Wag-

ner’s Parsifal, where the spell of Klingsor and the temptation of Parsifal by the Flower Maid-

ens, and then Kundry, are parallels of Robert caught in the vortex of Bertram’s designs,

with the nuns and the Abbess as his agents. The analogy operates, even down to the system-

atic use of b minor and E-flat major als the controlling tonalities of the episode« (Robert

Ignatius Lettelier, The Operas of Giacomo Meyerbeer, Madison [NJ] 2006, S. 130). Lettelier

bezieht sich hier auf Walter Keller, Von »Robert der Teufel« zu »Parsifal«, in: ders., Parsifal-

Variationen. 15 Aufsätze über Richard Wagner, Tutzing 1979, S. 81–89). Dagegen wird die

Musik der beiden Gralsakte, etwa durch den Bezug auf das Dresdner Amen, als »echt« kon-

notiert.

54 Eduard Hanslick, R. Wagner’s »Parsifal«. (Briefe aus Bayreuth vom Juli 1882.), in: ders., Aus

dem Opernleben der Gegenwart. Neue Kritiken und Studien, Berlin 1884 (Die moderne

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Page 26: Das Bildliche und das Unbildliche. Nietzsche, Wagner und ... · und Nietzsche Andreas Dorschel 29 In den Strudeln der Einbildungskraft. Philosophische Imagination bei Fichte, Schiller

114 Nicola Gess

EndnotenOper 3), S. 293–330, hier S. 303. Die Rezension erschien ursprünglich in: Neue Freie Presse

(Wien), 1882, Nr. 6423 (15. Juli 1882), 6434 (26. Juli 1882), 6440 (1. August 1882), 6441 (2. Au-

gust 1882).

55 Ebd.

56 Friedrich Nietzsche, Der Fall Wagner. Ein Musikanten-Problem, in: KSA, Bd. VI, S. 43.

57 Wagner, Parsifal (Anm. 39), S. 201–202.

58 Ebd., S. 201.

59 Dieser Aspekt kann hier nur angedeutet werden. Vgl. zu Lektüren des Parsifal in Bezug auf

den Hysteriediskurs der Zeit: Elisabeth Bronfen, Kundry’s Laughter, in: New German Cri-

tique 69: Richard Wagner, Autumn 1996, S. 147–161 sowie Hyer, Parsifal hystérique (Anm. 38).

Bronfen vertritt – vor dem Hintergrund der »Erfindung der Hysterie« (Hubermann) in

der Pariser Salpêtrière in den Jahren rund um die Uraufführung des Parsifal und im An-

schluss an Žižeks Lektüre Kundrys in Tarrying with the Negative – die These, dass Kundry

Parsifal »hysterisiert«. Ähnlich zeichnet auch Hyer ein Bild von Parsifal als einem an Hys-

terie als »drama of mimetic identification« (S. 309) leidenden Helden und vermag diese

Lesart en détail in einer musikalischen Analyse der ›Selbstfindung‹ Parsifals im zweiten

Aufzug nachzuweisen.

60 Wagner, Parsifal (Anm. 39), S. 30, 31, 40, 96, 107.

61 Ebd., S. 207–208.

62 Kaja Silverman, The Acoustic Mirror. The Female Voice in Psychoanalysis and Cinema,

Bloomington 1988, S. 81.

63 Wagner, Parsifal (Anm. 39), S. 305–306, 311–313.

64 Vgl. dazu auch musikalisch im Detail Hyer, Parsifal hystérique (Anm. 38), S. 276 ff.

65 Richard Wagner, Parsifal. Erster Prosaentwurf, in: DS, Bd. IV, S. 332–353, hier S. 339. Und

das geht auch ins endgültige Textbuch ein, wenn Gurnemanz im ersten Aufzug über Parsi-

fal sagt: »So dumm wie den / erfand bisher ich Kundry nur!« (Wagner, Parsifal [Anm. 39],

S. 92–93).

66 Vgl. Carolyn Abbate, Immortal Voices, Mortal Forms, in: Craig Ayrey, Mark Everist (Hg.),

Analytical Strategies and Musical Interpretation. Essays on Nineteenth and Twentieth-Cen-

tury Music, Cambridge 1996, S. 288–301, hier S. 290.

Abbildungsnachweis 1 http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bayreuth-Rheingold-1876.jpg.

2 Otto Lueger, Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Stuttgart/Leip-

zig 1904.

3, 5, 6 Parsifal 1882–1982. Une documentation illustrée autour du centenaire de la création de

l’œuvre de Richard Wagner. Exposition Halles de l’Ile, Genève, du 28 janvier au 21 février 1982,

Centre culturel allemand, Paris, du 7 au 31 mars 1982, Genève 1982.

4 Richard Wagner, Parsifal. Erstdruck der Partitur, Mainz 1883. Reprint Budapest 1993.

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