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ifo Schnelldienst 5/2003 – 56. Jahrgang 20 Kinder sind in Deutschland zum Störfak- tor geworden. Sie kosten Geld, schrän- ken die Konsumfreiheit ein und führen zum sozialen Abstieg. Das Single-Dasein wird zum Normalfall, lockere Partnerschaften ersetzen die Ehe, und wenn schon eine Familie gegründet wird, dann müssen die Kinder zunächst einmal warten. Das ers- te Kind kommt Anfang 30, und allzu häu- fig bleibt es dann dabei. Die DINK-Fami- lie ist noch populärer. »Double Income, no kids« ist die Devise für eine zunehmende Zahl junger Paare: mit zwei Einkommen und keinen Kindern lebt es sich besser als mit einem Einkommen und drei Kindern. Deutschlands Fun-Gesellschaft vergreist. Noch partizipieren die Alten an der Fun- Gesellschaft. Heerscharen von Rentnern lassen sich, finanziert vom deutschen Umlagesystem, von Luxuslinern durch die Weltmeere schaukeln und von Jet- Clippern zu den entlegensten Stränden dieser Erde transportieren. Das wohl großzügigste Rentensystem der gesam- ten Welt hat die Deutschen zu Welt- meistern beim Tourismus gemacht und eine atemberaubende Infrastruktur mit Seebädern und Vergnügungsvierteln auf Mallorca, den Kanaren und vielen ande- ren Inseln der Welt geschaffen. Kaum irgendwo sonst wird den Aktiven so viel von ihrem Arbeitseinkommen wegge- nommen, wie es in Deutschland ge- schieht, um den Alten ein auskömmli- ches Transfereinkommen zu sichern. Wenn aber die Dink-Generation selber alt wird, dann wird sie vergebens darauf hoffen, das Rentnerleben ihrer Eltern zu kopieren. Dann fehlen die Beitragszah- ler, die zur Finanzierung der Renten in der Lage wären. Die wenigen Familien mit Kindern, die sich dem Zeitgeist widersetzen, werden von der Politik vernachlässigt, und das Land der Dichter und Denker muss sich von der OECD ein miserables Bildungssystem vorhalten lassen, weil es in Relation zu sei- nem Sozialprodukt weit weniger als der Durchschnitt der OECD-Länder für die öf- fentliche Bildung ausgibt. Die Perversion der politischen Werteskala ist nicht zu überbieten. Aber es geht mittlerweile nicht nur um per- vertierte Werte, sondern um die Funk- tionsfähigkeit der staatlichen Sozialsyste- me und damit auch um die Funktion des Staatswesens an sich. Die Zahl derer, die in den Genuss des staatlichen Umvertei- lungssystems kommen wollen, wird immer größer, und die Gruppe der Beitragszah- ler schrumpft zusehends. Das Rentensys- tem schliddert in die Krise. Die schönen Versprechungen der Politiker und Ver- bandsvertreter, die auf die Demographen nicht hören wollten, entpuppen sich als Luftblasen. Unlösbare Verteilungskämpfe zwischen den Alten und den Jungen dro- hen, das politische System der Bundes- republik Deutschland zu erschüttern. Dieser Beitrag will aufrütteln, mahnen und mithelfen, einen Politikwechsel herbeizu- führen. Er trägt die wichtigsten Fakten zur demographischen Krise Deutschlands zu- sammen, zeigt die Folgen dieser Krise auf und versucht, ihre Ursachen zu ergrün- den. Aus der Ursachenanalyse ergeben sich Implikationen für gesellschafts- und wirtschaftspolitische Maßnahmen, die das die Ursachen und die Politikimplikationen Hans-Werner Sinn 1 Das demographische Defizit – die Fakten, die Folgen, Deutschland altert schneller als fast alle Länder dieser Welt und hat eine der niedrigsten Gebur- tenraten überhaupt. Dieser Aufsatz beschreibt die demographischen Fakten und analysiert die Fol- gen für das Rentensystem und die Dynamik unseres Landes. Aber er bleibt bei diesen traditionel- len Analysefeldern nicht stehen, sondern untersucht auch die ökonomischen Ursachen der Kinder- losigkeit der Deutschen, zu denen in vorderster Front das Rentensystem selbst zu zählen ist. Die Rentenversicherung hat den Menschen die Verantwortung für ihr Einkommen im Alter genommen und damit die Kinderlosigkeit der Deutschen maßgeblich mitverursacht. Zur Korrektur der Fehlent- wicklung wird empfohlen, die Renten nach dem alten System deutlich zu kürzen und zusätzliche, von der Kinderzahl abhängige Rentenansprüche einzuführen. Personen, die kein Geld für die Kin- dererziehung ausgeben, sollen ihr Geld statt dessen in die Riester-Rente investieren. 1 Ich danke Regina von Hehl sehr herzlich für die sorg- fältige Forschungsassistenz zu diesem Aufsatz.

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Kinder sind in Deutschland zum Störfak-tor geworden. Sie kosten Geld, schrän-ken die Konsumfreiheit ein und führen zumsozialen Abstieg. Das Single-Dasein wirdzum Normalfall, lockere Partnerschaftenersetzen die Ehe, und wenn schon eineFamilie gegründet wird, dann müssen dieKinder zunächst einmal warten. Das ers-te Kind kommt Anfang 30, und allzu häu-fig bleibt es dann dabei. Die DINK-Fami-lie ist noch populärer. »Double Income, nokids« ist die Devise für eine zunehmendeZahl junger Paare: mit zwei Einkommenund keinen Kindern lebt es sich besser alsmit einem Einkommen und drei Kindern.Deutschlands Fun-Gesellschaft vergreist.

Noch partizipieren die Alten an der Fun-Gesellschaft. Heerscharen von Rentnernlassen sich, finanziert vom deutschenUmlagesystem, von Luxuslinern durchdie Weltmeere schaukeln und von Jet-Clippern zu den entlegensten Strändendieser Erde transportieren. Das wohlgroßzügigste Rentensystem der gesam-ten Welt hat die Deutschen zu Welt-meistern beim Tourismus gemacht undeine atemberaubende Infrastruktur mitSeebädern und Vergnügungsvierteln aufMallorca, den Kanaren und vielen ande-ren Inseln der Welt geschaffen. Kaumirgendwo sonst wird den Aktiven so vielvon ihrem Arbeitseinkommen wegge-nommen, wie es in Deutschland ge-schieht, um den Alten ein auskömmli-ches Transfereinkommen zu sichern.Wenn aber die Dink-Generation selberalt wird, dann wird sie vergebens daraufhoffen, das Rentnerleben ihrer Eltern zukopieren. Dann fehlen die Beitragszah-ler, die zur Finanzierung der Renten in derLage wären.

Die wenigen Familien mit Kindern, die sichdem Zeitgeist widersetzen, werden vonder Politik vernachlässigt, und das Landder Dichter und Denker muss sich von derOECD ein miserables Bildungssystemvorhalten lassen, weil es in Relation zu sei-nem Sozialprodukt weit weniger als derDurchschnitt der OECD-Länder für die öf-fentliche Bildung ausgibt. Die Perversionder politischen Werteskala ist nicht zuüberbieten.

Aber es geht mittlerweile nicht nur um per-vertierte Werte, sondern um die Funk-tionsfähigkeit der staatlichen Sozialsyste-me und damit auch um die Funktion desStaatswesens an sich. Die Zahl derer, diein den Genuss des staatlichen Umvertei-lungssystems kommen wollen, wird immergrößer, und die Gruppe der Beitragszah-ler schrumpft zusehends. Das Rentensys-tem schliddert in die Krise. Die schönenVersprechungen der Politiker und Ver-bandsvertreter, die auf die Demographennicht hören wollten, entpuppen sich alsLuftblasen. Unlösbare Verteilungskämpfezwischen den Alten und den Jungen dro-hen, das politische System der Bundes-republik Deutschland zu erschüttern.

Dieser Beitrag will aufrütteln, mahnen undmithelfen, einen Politikwechsel herbeizu-führen. Er trägt die wichtigsten Fakten zurdemographischen Krise Deutschlands zu-sammen, zeigt die Folgen dieser Krise aufund versucht, ihre Ursachen zu ergrün-den. Aus der Ursachenanalyse ergebensich Implikationen für gesellschafts- undwirtschaftspolitische Maßnahmen, die das

die Ursachen und die Politikimplikationen

Hans-Werner Sinn1

Das demographische Defizit – die Fakten, die Folgen,

Deutschland altert schneller als fast alle Länder dieser Welt und hat eine der niedrigsten Gebur-

tenraten überhaupt. Dieser Aufsatz beschreibt die demographischen Fakten und analysiert die Fol-

gen für das Rentensystem und die Dynamik unseres Landes. Aber er bleibt bei diesen traditionel-

len Analysefeldern nicht stehen, sondern untersucht auch die ökonomischen Ursachen der Kinder-

losigkeit der Deutschen, zu denen in vorderster Front das Rentensystem selbst zu zählen ist. Die

Rentenversicherung hat den Menschen die Verantwortung für ihr Einkommen im Alter genommen

und damit die Kinderlosigkeit der Deutschen maßgeblich mitverursacht. Zur Korrektur der Fehlent-

wicklung wird empfohlen, die Renten nach dem alten System deutlich zu kürzen und zusätzliche,

von der Kinderzahl abhängige Rentenansprüche einzuführen. Personen, die kein Geld für die Kin-

dererziehung ausgeben, sollen ihr Geld statt dessen in die Riester-Rente investieren.

1 Ich danke Regina von Hehl sehr herzlich für die sorg-fältige Forschungsassistenz zu diesem Aufsatz.

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Schlimmste vielleicht noch verhindern können und langfris-tig wieder eine ausgeglichenere Bevölkerungsstruktur her-beiführen werden.

Die Fakten

Die Alterung der deutschen Bevölkerung wird durch Abbil-dung 1 verdeutlicht, in der die Entwicklung des Medianal-ters der Deutschen dargestellt ist, also jenes Alters, das dieBevölkerung in zwei gleich große Gruppen von älteren undjüngeren Personen teilt. Man sieht, dass dieses Medianal-ter noch etwa bis zum Jahr 1975 bei 35 Jahren lag, dochinzwischen auf 40 Jahre gestiegen ist und bis zum Jahr 2035um weitere zehn Jahre auf über 50 ansteigen wird.

Im internationalen Vergleich liegt Deutschland, wie Tabel-le 1 verdeutlicht, derzeit hinter Japan, Italien und der Schweizunter allen OECD-Ländern und damit sicherlich auch welt-weit an vierter Stelle, was das Medianalter betrifft. Nach ei-

ner Pressestellungnahme des Sachverstän-digenrates zur Begutachtung der gesamt-wirtschaftlichen Entwicklung aus dem Jahr1999 werden wir uns aber weiter in dieserStatistik voranschieben. Im Jahr 2035 wer-den die Deutschen vermutlich das ältesteVolk auf der Erde sein.

Was ist die Ursache für das hohe und wei-ter zunehmende Durchschnittsalter der Deut-schen? Leben wir länger als andere? Ist esdas bessere Gesundheitssystem oder viel-leicht das Rentenversicherungssystemselbst, das die Deutschen so alt werdenlässt, und wächst deshalb die Zahl der Deut-schen? Die Antwort ist ein klares Nein.

Einerseits ist nämlich, wie Tabelle 2 ver-deutlicht, die Lebenserwartung, also das durchschnittlichesynthetische Sterbealter2, der Deutschen im internationalenVergleich keineswegs auffällig hoch. Im Gegenteil, die deut-sche Lebenserwartung liegt derzeit nicht einmal beim Durch-schnitt der westeuropäischen Länder, der bei 78,6 Jahrenangesiedelt ist.

Andererseits schrumpft ja die deutsche Bevölkerung nach al-len Projektionen, die verfügbar sind. Abbildung 2 zeigt eine

Abb. 1

Tab. 1Wer ist der Älteste?

2000a)

Land Medianalter

1. Japan 41,22. Italien 40,23. Schweiz 40,24. Deutschland 40,15. Schweden 39,76. Finnland 39,47. Bulgarien 39,18. Belgien 39,19. Griechenland 39,1

10. Dänemark 38,7a) Einbezogen wurden Staaten mit mehr als 140 000 Einwohner.

Quelle: United Nations, Population Division (2001).

Tab. 2Lebenserwartung bei Geburt im Jahr 2003in Jahren

Westeuropa inkl. EFTA OsteuropaSchweden 80,0 Tschechien 75,2Schweiz 80,0 Polen 73,9Island 79,8 Ungarn 72,2Italien 79,4 Bulgarien 71,8Frankreich 79,3 Russland 67,7Liechtenstein 79,3 Ukraine 66,5Spanien 79,2Norwegen 79,1Griechenland 78,9 USA 77,1Niederlande 78,7Deutschland 78,4Belgien 78,3 Japan 80,9Ver. Königreich 78,2Österreich 78,2Finnland 77,9 AfrikaLuxemburg 77,7 Ägypten 70,4Irland 77,4 Liberia 48,2Dänemark 77,1 Kenia 45,2Portugal 76,4ungew. Durchschnitt 78,6

Quelle: U.S. Bureau of the Census, International Data Base, Home-page (http://www.census.gov/ipc/www/idbprint.html), 2003, Table 10.

2 Die Lebenserwartung für ein bestimmtes Kalenderjahr ist definiert als dasarithmetische durchschnittliche Sterbealter einer in diesem Kalenderjahrgeborenen Alterskohorte, das sich ergeben würde, wenn sich der Morta-litätsverlauf im Lebenszyklus gegenüber den Verhältnissen des Geburts-jahres nicht ändern würde.

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solche Projektion des Bevölkerungsbestan-des. Obwohl eine jährliche Zuwanderung von200 000 Personen unterstellt wird, geht die inDeutschland ansässige Bevölkerung nach die-ser Projektion bis zum Jahr 2050 um 12,5 Mill.Personen zurück. Die Zahl der Deutschenselbst, ohne die Einbürgerungen gerechnet,wird in dieser Zeitspanne um schätzungsweise20 Mill. Menschen abnehmen. Nur die Zahl derRentner wird absolut und relativ steigen.

Die wahre Ursache der im internationalenVergleich besonders raschen Alterung desdeutschen Volkes ist die Verringerung derZahl der Geburten. Wie Abbildungen 3 und4 zeigen, liegt die Fertilität der Deutschenziemlich weit am Ende der internationalenRangskala. Nur Griechenland, Österreich, Ita-lien und Spanien haben noch niedrigere Fer-tilitätsziffern. Zwar ist der Trend der Fertili-tätsraten in allen Ländern nach unten ge-richtet, doch liegt Deutschland seit etwa1970 am unteren Rand des Spektrums derländerspezifischen Kurven. Bemerkenswertist der Umstand, dass Frankreich, ein be-nachbartes Land, das auf einem ganz ähn-lichen Entwicklungsniveau wie Deutschlandangesiedelt ist, eine deutlich höhere Gebur-tenrate aufweist. Zu den möglichen Ursachenwird weiter unten noch Stellung genommen.

Es ist in diesem Zusammenhang bemer-kenswert, dass Deutschland noch in der Mit-te des 19. Jahrhunderts unter allen Ländern,die heute zu den OECD-Ländern zählen, diedritthöchste Fertilität aufwies. Abbildung 5zeigt den dramatischen Rückgang der Ferti-lität in den letzten 120 Jahren.

Das 19. Jahrhundert war eine Periode, inder die deutsche Bevölkerung geradezu ex-plodierte. Deutschland überflügelte beimBevölkerungsvolumen in dieser PeriodeFrankreich, dessen Bevölkerungspyramidewegen extrem niedriger Geburtenraten zueiner Urnenform degeneriert war. Das führ-te zu Friktionen im Machtgefüge der euro-päischen Länder, die schließlich im erstenWeltkrieg gipfelten. Zugleich verursachte derdeutsche Geburtenüberschuss eine Mas-senauswanderung in die USA, so dass dieDeutschen dort noch vor den Briten zurgrößten Bevölkerungsgruppe wurden. Dasalles ist lange vorbei. Deutschland ist in ei-ner Zeitspanne von 150 Jahren im Hinblick

Abb. 2

Abb. 3

Abb. 4

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auf die internationale Rangskala der Fertili-tätsziffern von einem zum anderen Extremübergegangen.

Wie dramatisch die demographische Trend-wende verlief, wird durch einen Vergleich derAlterspyramiden der Jahre 1875 und 2000deutlich, wie er in Abbildung 6 dargestelltwird. Man sieht, dass aus der Pyramide ei-ne Art Tannenbaum geworden ist, dessendicke untere Äste bei einem Lebensalter vonknapp unter 40 Jahren liegen. Im Jahr 2003liegt die am dichtesten besetzte Altersklas-se der 1964 Geborenen bereits bei 39 Jah-ren. Die Kohorten um 40 erzeugen derzeitden Rest an wirtschaftlicher Dynamik, derin Deutschland noch anzutreffen ist, und siezahlen die Renten. In 30 Jahren werden die-se Kohorten um die 70 sein und allesamt imRentenalter stehen, ohne dass ihr andereKohorten nachfolgen, die dann die Alters-lasten tragen können. Das ist das Problem.

Abbildung 7 zeigt einen internationalen Ver-gleich einer wichtigen Kennziffer der Alters-pyramide, nämlich des so genannten Al-tersquotienten. Der Altersquotient misst hierdie Zahl der über 64-Jährigen in Relation zuden Menschen im Alter von 15 bis 64 Jah-ren. Die dargestellten Kurven bieten einenLändervergleich für ein volles Jahrhundert,von 1950 bis 2050. Man sieht, dass der Al-tersquotient in allen verglichenen Länderndeutlich ansteigt, dass aber Deutschland so-wohl beim Anstiegswinkel als auch beim Ni-veau des Altersquotienten eine Extremposi-tion einnimmt. Selbst in Japan, wo die Fer-tilität schon früh zurückging, steigt der Al-tersquotient nicht auf ähnlich hohe Werte wiein Deutschland. Deutschland vergreist wegenseiner Kinderarmut schneller und nachhalti-ger als fast alle anderen Länder.

Die Folgen der demographischenKrise

Unter den Folgen der demographischen Kri-se stehen jene für die umlagefinanzierte Ren-tenversicherung im Zentrum, denn mit demAnstieg des Altersquotienten steigt die Zahlder Rentner, die von den jungen, arbeitsfä-higen Menschen versorgt werden müssen,und das bedeutet entweder einen Anstiegdes Beitragssatzes oder eine Senkung des

Abb. 5

Abb. 6Deutsche Alterspyramide zur Zeit Bismarcks (1875) und 2000

Abb. 7

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Rentenniveaus. Die schon etwas älteren Berechnungen derOECD, die in Abbildung 7 dargestellt sind, zeigen fürDeutschland innerhalb von 100 Jahren eine Verdreifachungund für die Zeit von 2000 bis etwa 2040 noch knapp eineVerdoppelung des Altersquotienten. Dabei wurde aber derAnstieg des Altersquotienten eher unterschätzt. Die jüngs-ten Berechnungen des deutschen Statistischen Bundes-amtes lassen sogar schon in der Zeitspanne von 2000 bis2035, dem Jahr, in dem nach heutigen Erkenntnissen diedemographische Krise kulminieren wird, mehr als eine Ver-doppelung des Altersquotienten erwarten, und dies, obwohlin der zentralen Variante (Variante 2) eine erhebliche Zu-wanderung von 200 000 Personen pro Jahr unterstellt wird(vgl. Statistisches Bundesamt 2000).

Man muss kein formelles Rentenmodell berechnen, um zuerkennen, dass eine solche Verdoppelung entweder eineVerdoppelung des Beitragssatzes zur Rentenversicherungvon jetzt etwa 20 auf 40% oder eine Halbierung der Rentenrelativ zu den Bruttolöhnen bedeuten wird. Innerhalb die-ses Spektrums kann sich die Politik einen Punkt aussuchen,aber die fundamentale Verknappung der Beitragszahler, jadie krisenhafte Zuspitzung der Rentensituation, kann sienicht verhindern.

Abbildung 8 zeigt das Ergebnis verschiedener Detailrech-nungen zur Entwicklung des Beitragssatzes, die dazu mitdem CESifo-Rentenmodell durchgeführt wurden.3 Dabeiwerden einerseits die Reformen der Jahre 1992, 1999 und2001 berücksichtigt, mit denen die Renten in verschiede-nen Stufen abgesenkt wurden. Andererseits werden al-ternativ auch die versteckten Lasten, die aus einem stei-genden Bundeszuschuss resultieren und durch Steuern fi-nanziert werden müssen, mit ausgewiesen. Man sieht, dass

die inzwischen schon wieder revidierte Reform von 1992für das kritische Jahr 2035 eine Beitrags- und Steuerbe-lastung von etwa 32% impliziert. Die Einführung der so ge-nannten Nettolohnanpassung hatte gegenüber dem an-dernfalls zu erwartenden Belastungswert von 40% somitbereits eine erhebliche Absenkung zur Folge. Die neues-ten Reformen einschließlich der so genannten Riester-Reform des Jahres 2001 haben demgegenüber nur nochgeringe Änderungen gebracht. In der Spitze wird danachder kombinierte Beitrags- und Steuersatz bis zur Mitteder dreißiger Jahre auf 30% steigen. Rechnet man denEffekt des steigenden Bundeszuschusses heraus, sokommt zwar beim Beitragssatz zu einer scheinbar mäßi-gen Belastung von etwa 25%, aber wegen der fehlendenBerücksichtigung der Belastung aus dem wachsendenBundeszuschuss würde eine solche Zahl nur die tatsäch-lichen Verhältnisse verschleiern. 30% Gesamtbelastung istmehr als der Arbeitsmarkt verkraften kann, zumal ja zu-nehmende Lasten aus der Pflegeversicherung und derKrankenversicherung hinzu kommen. Die Gesamtbelas-tung mit allen Sozialversicherungsabgaben liegt nach ei-ner Projektion des ifo Instituts im Jahr 2035 bei 62,5% (vgl.Koll 2001). Sie spaltet sich auf in 30 Prozentpunkte fürdie Rentenversicherung, 23 Prozentpunkte für die Ge-setzliche Krankenversicherung, 3 Prozentpunkte für diePflegeversicherung und 6,5 Prozentpunkte für die Ar-beitslosenversicherung.

Die Erhöhung des Bundeszuschusses zur Rentenversi-cherung ist ein optischer Trick zur Geringrechnung der Be-lastung, aber keine Lösung, weil auch ein solcher Zu-schuss durch Steuern finanziert werden muss, die vonden Arbeitenden zu entrichten sind. Versuche, neben denLohneinkommen die Kapitaleinkommen zur Finanzierung

der Renten (Stichwort: Wertschöpfungs-abgabe) heranzuziehen, werden scheitern,weil die internationale Kapitalmobilität diewirksame Besteuerung des Kapitals ver-hindert.

Auch führen Ansätze, die darauf hinaus-laufen, die Beamten beitragspflichtig zumachen, nicht weiter. Einerseits ist der An-teil der Beamten mit nur 6% an der Ge-samtzahl der Erwerbstätigen viel zu gering,als dass die Einbeziehung der Beamteneine nennenswerte Linderung bringenkönnte (vgl. Statistisches Bundesamt

Abb. 8

3 Mit Hilfe dieses Rentenmodells wurden seinerzeit auchdie Berechnungen für das Gutachten des Wissen-schaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirt-schaft (1998) durchgeführt, das eine 4%-ige Erspar-nis für eine Teilkapitaldeckung der Rentenversicherungempfahl und schließlich in der so genannten »Riester-Rente« mündete.

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2001), andererseits entsteht insofern einGerechtigkeits- und Anreizproblem für dieFunktionsfähigkeit des staatlichen Sektors,als die Beamtengehälter ja wegen des Um-stands, dass keine Pensionsbeiträge ab-gezogen wurden, von vornherein entspre-chend niedriger taxiert sind. Der Wettbe-werb auf dem Arbeitsmarkt, an dem sichauch der Staat beteiligt hat, hat eine gleich-gewichtige Nettolohnstruktur zwischen Be-amten und privat Beschäftigten hervorge-bracht, die man nicht durcheinander brin-gen sollte, zumal der öffentliche Sektorwegen der in den letzten Jahren gegen-über dem privaten Sektor zurückgeblie-benen Lohnsteigerung ohnehin schonSchwierigkeiten hat, fähiges Personal zuakquirieren. Auf die fehlenden Rentenbei-träge zu verweisen, ist vordergründig.

Die wirklichen Lösungsansätze für Deutschlands demogra-phische Krise liegen nicht in immer neuen Einfällen zur Um-verteilung von Einkommen innerhalb einer Generation, son-dern bei der Kapitaldeckung und bei Maßnahmen zur An-hebung der Geburtenraten, doch dazu später mehr.

Die problematischen Folgen der demographischen Krise be-schränken sich nicht auf das Rentensystem. Auch die geis-tige und wirtschaftliche Dynamik Deutschlands wird erlahmen.Nach einer Untersuchung von Guilford aus dem Jahre 1967erreichen Wissenschaftler im Durchschnitt aller Disziplinen imAlter von circa 35 Jahren ein Maximum ihrer Leistungskraft(vgl. Weinert 1997, S. 98; Guilford 1967; Lehmann 1953).Schon heute liegen die geburtenstärksten Jahrgänge inDeutschland mit einem Lebensalter von etwa 40 Jahren deut-lich über diesen Werten. Diese Jahrgänge werden Deutsch-land noch ein paar Jahre Dynamik bringen, doch nach ei-nem weiteren Jahrzehnt sind die heute 40-Jährigen 50 Jah-re alt. Mit 50 reißt man keine Bäume mehr aus, sondern be-ginnt, sich auf das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben vor-zubereiten.

Manchmal wird vermutet, die altersbedingte Verringerungder Erwerbstätigkeit sei ein Vorteil für den Arbeitsmarkt, weilso die Arbeitslosenquote gesenkt werden könne. Diese Ver-mutung ist freilich irrig. Sie entspringt aus einer allzu primi-tiven mechanischen Sichtweise des Wirtschaftsgeschehensund übersieht, dass die Alterung nicht nur Arbeitnehmer,sondern auch Arbeitgeber aus dem Arbeitsmarkt eliminiert.Zu beachten ist nämlich, dass neue Unternehmen, die neueArbeitsplätze schaffen, von jungen Leuten gegründet wer-den. Das durchschnittliche Alter der Unternehmensgrün-der liegt in Deutschland bei 34 bis 35 Jahren, es fällt alsomit dem Alter der maximalen wissenschaftlichen Leis-tungsfähigkeit zusammen (Brüderl, Preisendörfer und Zieg-

ler 1996). Da die am dichtesten besetzten Altersklassen äl-ter als 35 Jahre sind, ist als Ergebnis einer weiten Alterungder deutschen Bevölkerung nicht eine Verminderung der Ar-beitslosigkeit, sondern ganz im Gegenteil eine Verschärfungdes ohnehin schon bestehenden Mangels an Unternehmernund Arbeitsplätzen. Dass ein Land von Greisen eine gerin-gere Arbeitslosigkeit als ein Land von jungen, arbeitsfähigenMenschen aufweisen würde, ist eine absurde und naive Vor-stellung.

Die Alterung der deutschen Bevölkerung wird die Innova-tionskraft des Landes, von der seine internationale Wettbe-werbsfähigkeit maßgeblich abhängt, weiter verringern.Deutschland hat im internationalen Vergleich immer noch ei-ne sehr gute Position bei den Patentanmeldungen, dochist das Wachstum der Zahl der Patentanmeldungen, wie Ab-bildung 9 zeigt, schon seit den achtziger Jahren des letztenJahrhunderts weit hinter den USA zurückgeblieben, die indieser Hinsicht eine besonders bemerkenswerte Entwick-lung hatten. Während Amerikaner 1980 doppelt so viele Pa-tente in ihrem Heimatland anmeldeten wie die Deutschenin dem ihren, sind es heute drei Mal so viele. Allerdings istdie Zahl der deutschen Patente angesichts der vergleichs-weise geringen Größe Deutschlands immer noch hoch.

Die Investoren nehmen die demographischen Probleme vor-weg und halten sich schon heute zurück. Auch die Aktien-märkte, die sehr stark von den langfristigen Gewinnerwar-tungen der Anleger geprägt sind, antizipieren die zu erwar-tende Entwicklung schon heute. Vielleicht ist der allgemei-ne Attentismus der Investoren und der im internationalenVergleich starke Verfall der deutschen Aktienkurse bereitsauf diesen Effekt zurückzuführen. Nur die Aktien von Al-tersheimen werden von dieser Entwicklung ausgenommensein. Sie werden sich durch wachsende Kurse nach oben-hin vom allgemeinen Trend abheben, denn in den Alters-heimen liegt die Zukunft des Landes.

Abb. 9

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Deutschland verwandelt sich unter dem Einfluss der de-mographischen Probleme allmählich in eine Gerontokratie,in der die Alten das Sagen haben. Schon heute kann eskeine Partei wagen, gegen die Interessen der Rentner zuagieren. Als die Riester-Reform durch den Bundestag ge-bracht wurde, wurde die SPD links von der CDU/CSU über-holt und gezwungen, auf die Absenkung des Rentenniveausund der Beiträge zu verzichten. Dieser Trend wird sich inder Zukunft verfestigen. Abbildung 10 zeigt, wie sich die stra-tegischen Mehrheiten in der wahlberechtigten deutschenBevölkerung in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wer-den. Die Kurve des Medianalters der Wähler gibt jenes Le-bensalter an, das die Gruppe der nach dem Alter aufge-listeten Wahlberechtigten in zwei gleich große Gruppen auf-spaltet. In der Demokratie kann keine Entscheidung gegendie Interessen des Medianwählers durchgeführt werden, weilsie keine Mehrheiten fände, und die Parteien werden unge-achtet ihrer ideologischen Vorprägung stetsbestrebt sein, Programme zu entwickeln,die den Präferenzen des Medianwählersmöglichst nahe kommen. Heute ist derdeutsche Medianwähler 47 Jahre alt, dochin 20 Jahren wird er bereits 54 Jahre alt sein.Dies wird eine signifikante Veränderung derPolitik erzwingen.

Die als »Indifferenzalter« bezeichnete Kur-ve in der Abbildung bezieht sich auf eineparallele Renten- und Beitragskürzung, et-wa von der Art, wie sie mit der Riester-Re-form versucht und auch partiell vorgenom-men wurde. Versicherungsmathematischgesehen benachteiligt eine solche Reformdie Rentner und die älteren Erwerbstätigen,die dem Rentenalter bereits nahe sind. Sieentlastet jedoch jüngere Versicherte, weildie Senkung der Beitragssätze für sie bar-wertmäßig einen größeren Vorteil bedeu-

tet als die Kürzung ihrer eigenen Renten anNachteilen hervorruft. Das Indifferenzalter istjenes Lebensalter, in dem Vor- und Nachtei-le sich bezüglich der erwarteten Barwerterechnerisch gerade aufheben. Liegt das In-differenzalter über dem Medianalter, dann pro-fitiert die Mehrheit der Wahlberechtigten voneiner Reform à la Riester. Liegt es darunter,dann profitiert eine Mehrheit von einer weite-ren Ausdehnung des umlagefinanzierten Ren-tensystems, also vom Gegenteil der Riester-Reform. Nach dem in der Abbildung darge-stellten Ergebnis ist eine strategische Mehr-heit für Rentenreformen vom Riester-Typ nurnoch bis etwa 2015 gesichert. Danach sindsolche Reformen kaum noch durchsetzbar.Dann kippt das politische System Deutsch-lands um.

Die ökonomischen Ursachen der demographischen Krise

Die demographische Krise Deutschlands ist das Ergebniseines allgemeinen Wandels in den Einstellungen der Men-schen zur Ehe, zu Kindern, zur Rolle der Frau und zu ande-ren Aspekten des Lebens, die ebenfalls Rückwirkungen aufdie Kinderzahl haben. Der Wandel dieser Einstellungen ist frei-lich nicht gottgegeben und auch nicht nur auf die Zufällig-keiten kulturgeschichtlicher Entwicklungen zurückzuführen,sondern hat großenteils handfeste ökonomische Ursachen.Der Marxsche Leitspruch, dass das Sein das Bewusstseinbestimme, gilt sicherlich auch für den Wandel der Einstellun-gen zu Kindern und Familie.

Abb. 10

Abb. 11

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Ökonomische Fertilitätsanreize: der Beitritt des Saarlandes und der neuen Bundesländer

Wie stark die Fertilitätsentscheidung von ökonomischen An-reizen bestimmt wird, zeigt ein Blick auf die Geburtenentwick-lung in der DDR nach der Einführung eines umfangreichen Pro-gramms zur Erhöhung der Fertilitätsanreize im Jahr 1972, dasvon einer Stärkung der Rechte der Mütter am Arbeitsplatz überein breites Angebot an Betreuungseinrichtungen für Kinder abdem Krippenalter und einer Erhöhung der finanziellen Beihil-fen für junge Familien bis zur besseren Wohnraumversorgungfür Familien mit Kindern reichte (vgl. Lampert 1976, S. 200–206).Wie Abbildung 11 darlegt, hatte dieses Programm eine durch-schlagende Wirkung. Während die Fertilitätsentwicklung inWest- und Ostdeutschland bis etwa 1972 sehr ähnlich verlief,zeigt sich für die DDR nach dem Beginn des Programms einsehr deutlicher Anstieg der Geburtenrate.

Ein ähnliches Indiz liefert der Beitritt des Saarlandes zur Bundes-republik Deutschland im Jahr 1957, das nach dem Krieg zu-nächst unter französischer Verwaltung stand. Während die Ge-burtenrate des Saarlandes bis zu diesem Zeitpunkt auf demvergleichsweise hohen französischen Niveau lag, fiel sie nachdem Beitritt zur Bundesrepublik deutlich ab und näherte sichdem bundesrepublikanischen Durchschnitt in den Folgejahrenmehr und mehr an. Abbildung 12 zeigt diesen Sachverhalt.

Die Ursache für diese Entwicklung kann darin gesehen wer-den, dass das umfangreiche französische Förderprogrammfür Familien mit Kindern mit dem Beitritt durch die ver-gleichsweise mageren fiskalischen Anreize ersetzt wordenwar, die der westdeutsche Staat anbot. Noch heute liegtdie Fertilitätsrate Frankreichs mit 1,9 immer noch weit überder deutschen Fertilitätsrate von 1,3 (vgl. Eurostat 2002, S. 5– vorläufige Schätzung).

Es ist übrigens bemerkenswert, dass sowohl die Gebur-tenrate des Saarlandes als auch die der neuen Bundeslän-der nach dem Beitritt zur Bundesrepublik zunächst sehr

deutlich unter das bundesrepublikanische Ni-veau fielen. Das mag daran gelegen haben,dass der Regimewechsel bei den Betroffe-nen ein stärkeres Problembewusstsein ge-schaffen und insofern eine besonders star-ke Änderung des Reproduktionsverhaltenshervorgerufen hat.

Das Beispiel Frankreich

Es ist nicht einfach, die Unterschiede zwischenden Fördersystemen Frankreichs und Deutsch-lands zu objektivieren. Hervorzuheben ist je-doch neben der sehr viel besseren Versorgungmit Kindergärten und Kinderkrippen sowie derGanztagsschule ganz allgemein der Umstand,dass in Frankreich ein anderes Grundver-ständnis bezüglich der Leistungsfähigkeit der

Familien mit Kindern vorzuliegen scheint. Dieses Grundver-ständnis hat z.B. dazu geführt, dass die Kinder einer Familiein das Splitting-System der Einkommensteuer (quotient fami-lial) einbezogen werden, ähnlich wie es in Deutschland bei Ehe-partnern der Fall ist. Die in der deutschen Politik vorherrschendeVorstellung ist, dass die steuerliche Leistungsfähigkeit vonder Kinderzahl unabhängig sei und dass der Staat die Kinder-erziehung mit festen, für alle gleichen Geldbeträgen bezu-schussen solle. In Frankreich herrscht statt dessen die Mei-nung vor, dass Kinder die steuerliche Leistungsfähigkeit einerFamilie reduzieren und deshalb durch einen Abzug von Frei-beträgen und eine Absenkung der Progression des Einkom-mensteuertarifs Berücksichtigung finden sollten. Dort argu-mentiert man, das deutsche System sei ungerecht, weil es Fa-milien mit gleicher Leistungsfähigkeit unterschiedlich starkbesteuere, und zwar umso mehr je höher die Zahl der Kindersei. Die Unterschiede hätten zur Folge, dass sich in Deutsch-land die fiskalischen Anreize, Kinder in die Welt zu setzen, beiden ärmeren Familien bis hin in den Bereich der Asozialität kon-zentrierten, während sie in Frankreich auch bei mittleren undhöheren Einkommensschichten erheblich seien. Der französi-sche Weg sei insofern vorzuziehen, als er dazu führe, dass Kin-der insbesondere auch in den sozial intakten Familien der Mittel-schicht auf die Welt kommen und groß gezogen werden. Dasführe zu einer besseren Ausbildung der Kinder und sorge beimErbgang sozusagen automatisch, ohne staatliche Eingriffe, füreine gleichmäßigere Vermögensverteilung.

Das französische Anreizsystem hilft ein wenig beim erstenKind, dafür aber umso stärker beim zweiten und vor allembeim dritten Kind.4 Dies könnte einer der Gründe für den mess-baren Erfolg der französischen Familienpolitik sein, denn nacheiner Untersuchung von Birg (2003) reagiert die Entscheidungfür das erste Kind viel weniger auf ökonomische Anreize als

Abb. 12

4 Das erste und zweite Kind werden jeweils mit dem halben Gewicht, dasdritte mit dem ganzen Gewicht bei der Splitting-Formel berücksichtigt.

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die Entscheidung für das zweite oder dritte Kind. Auch istdie Förderung des zweiten und dritten Kindes implizit einAnreiz für die Geburt des ersten Kindes, aber umgekehrt istnatürlich eine Förderung des ersten Kindes kein Anreiz, daszweite oder dritte Kind zu bekommen.

Berechnungen des ifo Instituts zeigen, dass das erste Kind inDeutschland stärker als in Frankreich gefördert wird, dass aberin Frankreich das zweite und dritte Kind stärker gefördert wer-den. Die staatliche Entlastung durch das Kindergeld und durchSteuerersparnisse beim zweiten und dritten Kind ist prozen-tual gesehen deutlich größer als in Deutschland (vgl. Meisterund Ochel 2003). Ein französisches Ehepaar mit drei Kindernund einem Einkommensbezieher, der den Durchschnittslohneines Industriearbeiters bekommt, hat ein um 9,1% höheresFamilieneinkommen als ein Ehepaar mit zwei Kindern und demgleichen Bruttoeinkommen. Für Deutschland beträgt der ent-sprechende Einkommenszuwachs nur 6,5%. Erzielt auch derzweite Ehepartner ein Arbeitseinkommen inHöhe von einem Drittel des Durchschnitts, sobeträgt der Zuwachs an Nettoeinkommen fürdas dritte Kind in Frankreich 7,5% und inDeutschland 5,9%. Die Wirkung des Kinder-splitting zeigt sich insbesondere auch daran,dass, falls das Arbeitseinkommen des zwei-ten Ehepartners zwei Drittel des Durchschnittsbeträgt, die zusätzliche Entlastung in Frank-reich 7,7%, in Deutschland dagegen nur noch4,8% ausmacht. Gerade auch dann, wenn dieEhefrauen berufstätig sind, werden die Fami-lien in Frankreich viel stärker entlastet, wennsie sich für das dritte Kind entscheiden, als dasin Deutschland der Fall ist. Noch deutlich grö-ßer sind die Förderunterschiede bei Familien,die über überdurchschnittliche Einkommenverfügen.

Kindergärten und Ganztagsschulen

Im Vergleich zu Frankreich und anderen Län-dern steht Deutschland auch bei den Sach-leistungen zurück. Abbildung 13 vergleichtdie Unterbringung von Kindern in Kinder-gärten. Das Land, das den Kindergarten er-funden und als eine Institution mitsamt ihresNamens in alle Welt exportiert hat, liegt beider Versorgung mit Kindergartenplätzen weithinter vergleichbaren Ländern.

Ähnlich ist die Situation bei den Ganztags-schulen. Es gibt kaum noch Länder mit Halb-tagschulen, wie sie in Deutschland üblichsind. Die Ganztagsschule ist in den meistenOECD-Ländern die Regel. Wegen der feh-lenden Ganztagsschulen werden in Deutsch-land junge Frauen vor die schwierige Ent-scheidung gestellt, entweder ihren Beruf aus-

zuüben oder Kinder groß zu ziehen. Der Übergang zu Ganz-tagsschulen würde diesen Konflikt deutlich entschärfen, denEinkommensverzicht, der mit der Kindererziehung verbun-den ist, verringern und die Geburtenraten erhöhen.

Die Wirkung von Kindergärten und Ganztagsschulen auf dieKinderhäufigkeit resultiert aus dem Umstand, dass ohne die-se Einrichtungen die Frauen gezwungen sind, ihre Berufstä-tigkeit stark zurückzunehmen und vor die Alternative Karriereoder Kinder gestellt werden, wobei die Entscheidung zuneh-mend zugunsten der Karriere ausfällt. Das Fehlen von Kin-dergärten und Ganztagsschulen bedeutet einen erheblichenEinkommensverzicht der Frauen, wenn sie sich für Kinder ent-scheiden. Dieser Einkommensverzicht stellt vermutlich dengrößten Teil der Kosten der Kindererziehung dar und erklärtdie internationalen Unterschiede in den Fertilitätsraten ver-mutlich in hohem Umfang.

Abb. 13

Abb. 14

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Die Löhne der Frauen

Dies gilt umso mehr, als die Lohneinkommen der Frauenrelativ zu den Lohneinkommen der Männer in der Nach-kriegszeit erheblich gestiegen sind. Abbildung 14 gibt ei-nen Überblick über die Entwicklung in Deutschland.

Man sieht z.B., dass die Gehälter vollzeitbeschäftigter weib-licher Angestellter, die noch im Jahre 1960 bei 55% derGehälter ihrer männlichen Kollegen lagen, inzwischen aufüber 70% angestiegen sind.

Höhere Löhne für die Frauen bedeuten höhere Opportuni-tätskosten für die Kindererziehung, und insofern kann in ih-nen ein Grund für die im Zeitverlauf sinkenden Geburtenra-ten gesehen werden. Wie wichtig dieser Effekt für sich ge-nommen ist, ist aber umstritten. Immerhin ist es bemerkens-wert, dass die Geburtenraten in Frankreich höher als inDeutschland sind, obwohl dort die Relation von Frauen- undMännerlöhnen höher als in Deutschland zu sein scheint. Eherist zu vermuten, dass die gestiegenen Einkommen der Frau-en indirekt wirken, indem sie den Effekt fehlender Kindergär-ten und Ganztagsschulen verstärken. Je höher die Lohnein-kommen der Frauen sind, desto größer ist der Anreiz, beimFehlen solcher Einrichtungen auf Kinder zu verzichten.

Auch die Rentenversicherung gehört zu den Ursachen

Unter den ökonomischen Ursachen der Kinderlosigkeit derDeutschen ist die Rentenversicherung besonders hervor-zuheben. Die Rentenversicherung leidet nicht nur unter denFolgen der demographischen Krise, sondern hat diese Fol-gen selbst mit hervorgebracht.

Die Rentenversicherung nach dem Umlageverfahren ist ei-ne Versicherung gegen Kinderlosigkeit und die daraus ent-stehende Altersarmut. Auch wenn man selbst keine Kinderhaben kann, muss man im Alter nicht darben, weil man vonden Kindern anderer Leute ernährt wird. Der gegenseitigeVersicherungsschutz ist ein großer Vorteil für alle Beteiligten.Problematisch ist aber, dass diese Versicherung gegen Kin-derlosigkeit die ökonomischen Gründe für den Kinderwunschaus der Familienplanung ausblendet, indem sie die Leis-tungen der Kinder an die vorangehende Generation fast voll-ständig sozialisiert.

Nicht nur in den Entwicklungsländern haben Menschen Kin-der, um sich vor Altersarmut zu schützen. Vor der Einführungder Rentenversicherung durch Bismarck war es auch inDeutschland üblich, Kinder zu bekommen, um den eigenenAlterskonsum sicherzustellen. Dieses Motiv entfällt heute inDeutschland. Auf eigene Kinder kommt es bei der Versorgungim Alter nicht mehr an. Es reicht, wenn andere Leute Kinderin die Welt setzen, die später die Rente zahlen. Ob man selbstKinder hat oder nicht, die eigene materielle Versorgung im Al-

ter wird davon kaum berührt, und deshalb ist eines der wich-tigsten Motive für den Kinderwunsch erloschen. Kaum ein jun-ges Paar verbindet den Kinderwunsch heute mehr mit der Fra-ge, wie der eigene Lebensabend zu sichern ist. Der fehlendeZusammenhang zwischen Kinderwunsch und Rententhemain den Köpfen der Menschen zeigt in aller Deutlichkeit, aufwelch dramatische Weise das staatliche Rentensystem auf diegesellschaftlichen Normen Einfluss genommen hat.

Es ist kein Zufall, dass Deutschland, welches als erstes Landeine umfassende staatliche Rentenversicherung eingeführthat, heute zu den Ländern mit der niedrigsten Geburtenrategehört. Generationen von Deutschen haben seit 1889 die Er-fahrung gemacht, dass man auch ohne eigene Kinder im Al-ter zurechtkommt, und so haben sich auf dem Wege der Nach-ahmung von Generation zu Generation neue Lebensmusterverbreitet, die an die neuen institutionellen Verhältnisse ange-passt sind. Das Single-Dasein ist zu einem attraktiven Le-bensmuster geworden, und die Zahl der jungen Paare, die zu-mindest vorläufig keine Kinder haben wollen und auch die Hei-rat noch nicht einplanen, hat dramatisch zugenommen.

Früher erwuchs aus der Kinderlosigkeit eine Bedrohung für daseigene Leben, die es unter allen Umständen zu vermeiden galt.Heute entsteht aus der Kinderlosigkeit ein massiver materiel-ler Vorteil, den immer mehr Menschen für sich reklamieren. Derneue Golf und der Urlaub auf den Malediven können mit demGeld finanziert werden, das bei der Kindererziehung eingespartwurde oder das die Frau hinzuverdienen konnte, weil sie sichstatt für Kinder für eine Berufstätigkeit entschied. Gerade auchdie untere Mittelschicht der Gesellschaft, die früher hohe Ge-burtenraten aufwies, hat in der Kinderlosigkeit einen Weg ent-deckt, den materiellen Aufstieg zu schaffen. Die Bedrohung,die aus der Kinderlosigkeit erwächst, ist zwar auch heute nochvorhanden, aber sie verlagert sich diffus auf das gesamte Ge-meinwesen. Deutschland vergreist, die Dynamik des Landeslässt nach, der Sozialstaat gerät in die Krise, und dennoch hatder Einzelne kaum etwas davon, wenn er seinen Beitrag zurVerhinderung dieser Entwicklung leistet.

Der Zusammenhang zwischen Kinderlosigkeit und Renten-versicherung ist unter dem Stichwort »Social Security Hy-pothesis« in der Literatur ausgiebig diskutiert und doku-mentiert worden. So haben Ehrlich und Chong (1998) so-wie Ehrlich und Kim (2001) in Studien, die 57 Länder um-fassten, nachweisen können, dass die Einführung und derAusbau umlagefinanzierter Rentensysteme im Zeitraum von1960 bis 1992 einen signifikanten negativen Einfluss aufFamilienbildung und Geburtenziffer haben. Ähnliche Resul-tate finden Cigno und Rosati (1996; 1997)5, wobei sie in ei-

5 Hinsichtlich der Effekte umlagefinanzierter Renten für die private Erspar-nis kommen die Studien allerdings zu unterschiedlichen Resultaten:Während Ehrlich und Chong sowie Ehrlich und Kim (1998; 2001) einennegativen Zusammenhang finden, ergibt sich bei Cigno und Rosati (1996;1997) – bei etwas anderer Spezifikation der relevanten Variablen – ein po-sitiver Zusammenhang.

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ner neueren Studie aus dem Jahr 2000 speziell auch fürDeutschland zu eindeutigen, die Hypothese bestätigendenResultaten kommen (vgl. Cigno, Casolaro und Rosati 2000).

Wie groß die fiskalischen Fehlanreize, die über das Renten-versicherungssystem laufen, wirklich sind, lässt sich sehrdeutlich ermessen, wenn man einmal fragt, welchen fiska-lischen Beitrag ein neu geborenes Kind, das eine durch-schnittliche Erwerbsbiographie aufweist und selbst wiederfür eigene Nachkommen sorgt, für andere Mitglieder desRentensystems leistet. Das Kind wird erwachsen, zahlt dannbis zum eigenen Rentenalter Beiträge und bezieht an-schließend eine Rente, die freilich auf dem Wege der Bei-tragszahlung von den eigenen Nachkommen aufgebrachtwird. Wie vom Autor in einer früheren Studie ausgeführt wur-de, lag der Barwert des fiskalischen Beitrags eines neu ge-borenen Kindes für das Rentensystem im Jahr 1997 beiknapp 90 000 q, und selbst wenn man die staatliche Hil-fen für die Kindererziehung einschließlich der freien Schul-ausbildung abzieht, kam man in diesem Jahr immer nochauf einen Betrag von etwa 35 000 q.6 Dabei handelt essich um eine äußerst vorsichtige Schätzung, die die wah-ren Verhältnisse insofern untertreibt, als von einer Konstanzdes Beitragssatzes zur Rentenversicherung ausgegangenwird. Der Barwert von 90 000 q ist eine positive fiskalischeExternalität, die Eltern, die sich für ein Kind entscheiden, fürandere Gruppen der Gesellschaft außerhalb ihrer eigenenNachkommenschaft ausüben. Er ist einer Kindersteuergleichzusetzen, die der Staat den Eltern bei der Geburt ih-res Kindes auferlegt, jedoch verbunden mit dem Verlangeneiner marktüblichen Verzinsung stundet, bis das Kind er-wachsen ist. Würde der Staat die Wirkung dieser Steuerdurch eine entsprechende Transferleistung von 90 000 qzum Zeitpunkt der Geburt eines Kindes kompensieren, sowürden, das wird jedermann auch ohne die entsprechen-den ökonometrischen Untersuchungen einleuchten, si-cherlich sehr viel mehr Kinder geboren.

Politikimplikationen

Was sind die Politikimplikationen aus diesen Erkenntnissen?Man kann die staatlichen Politikmaßnahmen, die als Reak-tion auf die demographische Krise diskutiert werden, in pas-sive und aktive Politikmaßnahmen unterteilen. Passive Maß-nahmen versuchen, die Konsequenzen der Krise für diestaatliche Rentenversicherung und den Arbeitsmarkt auf-

zufangen. Aktive Maßnahmen zielen auf die Erhöhung derGeburtenraten ab.

Die Erhöhung des Rentenalters

Zu den passiven Maßnahmen zählt die Erhöhung der Al-tersgrenze für das Rentenalter. Statt der Frühverrentung undder Altersteilzeit, die Politiker sich ausgedacht haben, umtemporär die Arbeitsmarktstatistiken zu schönen und dienächsten Wahlen überstehen zu können, müssen die Deut-schen länger arbeiten, um den fehlenden Nachwuchs anjungen Menschen zu kompensieren. So war es schon im-mer in der Geschichte der Menschheit. Wer keine Kinderhatte, die ihn im Alter ernähren, musste weiterarbeiten, solange es ging, und trotz der Kollektivierung der Rentenver-sicherung hat sich an diesem Zusammenhang nichts ge-ändert.

Freilich muss das Rentenalter ganz erheblich ausgedehnt wer-den, um die demographischen Verwerfungen, die Deutsch-land bevorstehen, zu kompensieren. Nach Berechnungen derVereinten Nationen müsste das formelle deutsche Rentenal-ter von 65 auf 77 Jahre ansteigen, wollte man die Renten inRelation zu den Bruttolöhnen im Jahr 2050 konstant auf demNiveau von 1995 halten, was wohl jenseits des auf abseh-bare Zeit gültigen Akzeptanzbereichs für die Politik liegen dürf-te (vgl. United Nations, Department of Economic and SocialAffairs, Population Division 2001, S. 42).

Einwanderung

Eine bequemere Alternative scheint deshalb in der Einwan-derung von neuen Beitragszahlern zu liegen. In der Tat leis-ten Einwanderer wie Kinder einen positiven fiskalischen Bei-trag für den Rest der Gesellschaft. Eine permanente Zu-wanderung, bei der auch die Kinder und Kindeskinder derEinwanderer bleiben, hilft der Rentenversicherung am meis-ten. Bei einer solchen Einwanderung kann man davon aus-gehen, dass die gesamten Bruttobeiträge während des Ar-beitslebens der Einwanderer als Nettobeitrag für das Fis-kalsystem zu rechnen sind, weil ja die Rentenansprüche derEinwanderer von deren eigenen Kindern bedient werden.Nach einer überschlägigen Rechnung war Ende der neun-ziger Jahre bei einem 20-jährigen Einwanderer ein barwert-mäßiger Vorteil in der Größenordnung von bis zu 175 000qzu verzeichnen.7 Freilich ist die Einwanderung meistens nichtpermanent. Schon nach zehn Jahren vom Zeitpunkt der Ein-wanderung gerechnet sind mehr als die Hälfte der Einwan-derer wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt, und nach25 Jahren sind es bis zu 75% (vgl. Sinn und Werding 2001).Eine solche temporäre Einwanderung führt zu wesentlich

6 Unterstellt wurde: Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Be-schäftigung im Alter von 20 Jahren; Entwicklung des jährlichen Arbeits-einkommens über die Erwerbsphase hinweg nach einem durchschnittli-chen Lohnprofil, das auf Mikrodatenbasis hergeleitet wurde; Berücksich-tigung der durchschnittlichen Wahrscheinlichkeit vorzeitiger Invalidität abdem 54. Lebensjahr, definitives Ausscheiden aus dem Berufsleben mit65 Jahren; das durchschnittliche Lohneinkommen aller Versicherten wächstreal um 1,5% pro Jahr, es wird ein Kapitalmarktzins von real 4% und einBeitragssatz zur Sozialversicherung von 20% unterstellt (vgl. Sinn 2001).

7 Die unterstellten Prämissen bei der Berechnung des Wertes entsprechendenen bei der Berechnung des fiskalischen Beitrages eines Kindes (lautFußnote 6). Die Erwerbsphase beginnt allerdings direkt nach der Einwan-derung (vgl. Sinn 2001).

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kleineren Vorteilen für das Rentensystem, weil die Renten-ansprüche der Migranten trotz der Rückkehr in ihr Heimat-land erhalten bleiben und nicht durch deren eigene Kinder,sondern durch das Kollektiv der deutschen Beitragszahlerabgedeckt werden. Man kann bei einem Einwanderer, dermit 20 Jahren kommt, dann bis zum 65. Lebensjahr arbei-tet und keine Kinder im deutschen Rentensystem belässt,mit schätzungsweise nur etwa 40% des genannten Betra-ges, also mit bis zu 70 000 q rechnen.

Ohne Zweifel ist die Einwanderung eine Stütze für das deut-sche Rentensystem. Allerdings darf man nicht übersehen,dass die Einwanderer nicht nur das Rentensystem entlas-ten, sondern dem Staat an anderer Stelle zur Last fallen.Einwanderer profitieren von der Umverteilung zugunsten är-merer Beitragszahler in der Krankenversicherung und vonstaatlichen Leistungen wie der Sozialhilfe, dem Arbeitslo-sengeld und der Arbeitslosenhilfe, die sie überdurchschnitt-lich in Anspruch nehmen. Außerdem steht ihnen, und das istein ganz erheblicher Effekt, die breite Palette unentgeltlich an-gebotener, aber kostenträchtiger staatlicher Leistungen zurVerfügung, die von der Benutzung von Straßen, Brücken,Parks und anderen Bestandteilen der öffentlichen Infrastruk-tur bis hin zum Schutz des Rechtsstaates durch seine Rich-ter und Polizisten reichen. Dafür zahlen sie zwar Steuern, dochreichen diese Steuern nicht aus, die verursachten fiskalischenKosten zu tragen. Zuwanderer haben ein unterdurchschnitt-liches Einkommen und gehören deshalb zu denjenigen Be-völkerungsgruppen, die im Sozialstaat deutscher Prägungmehr Ressourcen vom Staat erhalten, als sie an ihn in Formvon Steuern und Beiträgen abgeben müssen. Nach Berech-nungen, die das ifo Institut im Jahr 2001 auf der Basis dessozioökonomischen Panel für die bisher nach DeutschlandZugewanderten angestellt hat, lag die fiskalische Nettolast,die Zuwanderer für den Staat verursachen, pro Kopf und Jahrim Durchschnitt der ersten zehn Jahre bei 2 300 q (vgl. Sinnet al. 2001, S. 226 f.). Dabei sind auch die Vorteile für die Ren-tenversicherung barwertmäßig bereits berücksichtigt worden.So gesehen verändert sich das Bild, das ein alleiniger Blickauf die Rentenversicherung liefert, erheblich.

Damit die Zuwandernden den alternden Sozialstaat tat-sächlich entlasten oder zumindest nicht weiter belasten,müsste ihnen wenigstens temporär ein Teil der sozialstaat-lichen Leistungen verwehrt werden, was eine Lockerung desin der europäischen Rechtsprechung verankerten Inklu-sionsprinzips für Arbeitnehmer verlangt. Der wissenschaft-liche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen und dasifo Institut haben deshalb im Zusammenhang mit der be-vorstehenden Osterweiterung und der EU-Regierungskon-ferenz des Jahres 2004, bei der über die neuen rechtlichenGrundlagen der EU einschließlich einer Verfassung beratenwerden soll, vorgeschlagen, das EU-Recht in Richtung ei-nes Prinzips der »verzögerten Integration« der Einwandererin den Sozialstaat zu verändern.

Vermutlich wird dort aber eine ganz andere Entwicklung ein-setzen, denn wenn, wie es offenbar einige Länder erwä-gen, eine EU-Staatsbürgerschaft eingeführt wird, dann wirddas Inklusionsprinzip eher noch erweitert. Derzeit genießennur einwandernde Arbeitnehmer den Schutz der Sozialge-setze des gastgebenden Landes. Wer nicht als Arbeitneh-mer, sondern aus anderen Gründen einwandert, hat keinerleiAnspruch auf Sozialhilfe oder andere soziale Leistungen,ausgenommen den Krankenversicherungsschutz. Wird dieeuropäische Staatsbürgerschaft eingeführt, so folgt zwin-gend, dass alle Zuwanderer in den Genuss sozialstaatlicherLeistungen kommen, nicht nur die zuwandernden Arbeit-nehmer. Die Zuwanderung ist unter diesen Verhältnissen keinBeitrag zur Lösung, sondern ein Beitrag zur Vergrößerungder Probleme des Sozialstaats.

Dass die Zuwanderung keine Lösung des Rentenproblemsbietet, wird auch klar, wenn man sich vor Augen führt, wieviele Menschen zuwandern müssten, wollte man das Ren-tensystem durch eine Zuwanderung in dem Sinne stabili-sieren, dass der Altersquotient der Bevölkerung, also dasVerhältnis von Alten (ab 60 Jahren) und Jungen (20 bis59 Jahre) konstant bleibt. Unterstellt man einmal fiktiv, dassalle Zuwandernden jung bleiben und dem Rentensystemdauerhaft als Beitragszahler zur Verfügung stehen, so ergibtsich rechnerisch bis zum Jahr 2035 eine notwendige Net-toeinwanderung von 43 Mill. Menschen nach Deutschland.Die Gesamtbevölkerung der in Deutschland ansässigenMenschen müsste dann auf ca. 100 Mill. ansteigen. Be-rücksichtigt man, dass heute bereits 7 Mill. Ausländer inDeutschland leben, so bestünde die in Deutschland ansäs-sige Population zur Hälfte aus Ausländern und zur Hälfte ausInländern, wenn man von der rechtlich möglichen Änderungder Staatsbürgerschaft einmal absieht.

Aber natürlich ist die Annahme, dass die Ausländer nichtaltern, nicht realistisch. Die aus dem Ausland hereinströ-menden Populationen sind nicht frei von den demographi-schen Problemen, unter denen Deutschland leidet. Auch dieZuwanderer werden älter und gehen irgendwann in die Ren-te, ohne dass sie durch eigene Nachkommen für den vol-len Ersatz sorgen könnten. Wenn die zuwandernden Po-pulationen die gleiche Altersstruktur wie die bereits vorhan-dene Population aufweisen, ist nichts gewonnen; sie müss-ten schon deutlich jünger sein. Berechnungen der Verein-ten Nationen zum Umfang der zur Stabilisierung des Ren-tensystems notwendigen Ersatz-Einwanderung (replace-ment migration), bei denen diese Effekte berücksichtigt wer-den, zeigen ein extrem problematischeres Bild. Danach sindbis zum Jahr 2050 nicht weniger als 190 Mill. Zuwandereroder 3,4 Mill. Personen pro Jahr erforderlich, um das Ver-hältnis von Alten und Jungen in Deutschland, also den Al-tersquotienten, auf dem Niveau des Jahres 1995 zu stabi-lisieren (vgl. United Nations, Department of Economic andSocial Affairs, Population Division 2001, S. 42). Die in

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Deutschland lebende Bevölkerung müsste dementspre-chend auf 299 Mill. Personen ansteigen. 80% dieser Be-völkerung wären dann seit dem Jahr 1995 nach Deutsch-land Eingewanderte und deren Nachfahren. Das sind as-tronomisch hohe Zahlen, die so natürlich niemals realisiertwerden und auch keinesfalls als Empfehlungen interpretier-bar sind. Gerade die Größe der Zahlen zeigt in aller Deut-lichkeit, wie gering der Beitrag zur Lösung der demogra-phischen Probleme Deutschlands ist, den man von der Zu-wanderung erwarten kann. Das Thema wird in der öffent-lichen Diskussion überschätzt, und es wird missbraucht, umheute schon aus ganz anderen Gründen billige Arbeitskräf-te ins Land zu holen.

Dabei braucht auch der Arbeitsmarkt selbst vorläufig keineEinwanderung. Einerseits leidet Deutschland unter einer Mas-senarbeitslosigkeit, also einem Mangel an Stellen, und nichteinem Mangel an Menschen. Andererseits ist der Zeitpunktnoch nicht gekommen, an dem das Erwerbspersonenpo-tential aus demographischen Gründen abzubröckeln be-ginnt. In der Abbildung 15 sind entsprechende Projektio-nen des IAB Nürnberg dargestellt.

Man sieht, dass bei einer mäßigen Zuwanderung von 100 000bis 200 000 Personen pro Jahr, wie sie derzeit stattfindet,erst ab etwa 2015 eine Abnahme der Erwerbsbevölkerungzu erwarten ist. Will man diese Abnahme kompensieren unddie Erwerbsbevölkerung stabilisieren, so ist etwa von diesemZeitpunkt an eine Zuwanderung erforderlich. Heute wird dieZuwanderung indes noch nicht gebraucht. Ließe man jetztschon eine Zuwanderung von 500 000 Personen pro Jahrzu, so stiege die Zahl der Erwerbspersonen in den nächs-ten Jahren sogar rasch an und würde bis zum Jahr 2018

ein Maximum erreichen, das um etwa 4 Mill.Personen oder 10% über dem heutigen Wertliegt. Auch diese Zahlen zeigen, dass die Zu-wanderungsdebatte in Deutschland von fal-schen Voraussetzungen ausgeht.

Teilkapitaldeckung der Renten-versicherung

Zu den sinnvollen passiven Reformen zurMilderung der Konsequenzen der demo-graphischen Krise gehört die Teilumstellungder Rentenversicherung vom Umlagesystemauf ein Kapitaldeckungssystem. Jede Ge-neration wird einmal alt, und dann kann sienur leben, wenn sie in ihrer Jugend selbstvorgesorgt hat. Entweder muss sie Hu-mankapital gebildet haben, indem sie Kin-der in die Welt gesetzt und groß gezogenhat. Oder sie muss gespart und somit di-rekt oder indirekt Realkapital gebildet haben,um vom Verzehr dieses Kapitals zu leben.

Eine Generation, die weder Human- noch Realkapital ge-bildet hat, muss hungern.

Die Deutschen bilden derzeit aus den genannten Grün-den viel weniger Humankapital, als es ihre Vorfahren ta-ten. Der relative Einkommensverzicht, den junge Menschenheute für die Kindererziehung in Kauf nehmen, ist wesentlichgeringer, als er es früher war. Wenn sie gleichwohl im Al-ter nicht darben wollen, so bleibt nur die Möglichkeit, heu-te schon erhebliche Teile des Einkommens zu sparen, umsich auf dem Wege der Kapitalbildung eine Rente zu si-chern, deren Zahlung man den wenigen zukünftigen Bei-tragszahlern nicht mehr zumuten kann. Realkapital mussin dem Maße gebildet werden, wie es an Humankapitalfehlt. Dies ist der richtige Gedanke, der der Rentenreformdes Jahres 2000 zugrunde liegt, die mit dem Namen Ries-ter verbunden ist und vom Wissenschaftlichen Beirat beimBundesministerium für Wirtschaft vorbereitet wurde (vgl.Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirt-schaft 1998).

Nach Berechnungen des CES reicht bereits eine 4%-igeErsparnis aus, um bis zum Jahr 2036, dem Maximum derdemographischen Krise, so viel Kapital zu bilden, dass dar-aus ein Viertel der Altersrenten finanziert werden kann (vgl.Sinn 1999; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministe-rium für Wirtschaft 1998). Und bis zum Jahr 2075, wenn al-le Rentner während ihres gesamten Lebens in die kapital-gedeckte Zusatzversorgung eingezahlt haben, kann die Hälf-te der Altersrente gedeckt werden. Die Teilkapitaldeckung,die der Beirat vorgeschlagen hatte und die inzwischen Ge-setz geworden ist, bietet tatsächlich einen gangbaren Wegzur Überwindung der Probleme des deutschen Rentenver-sicherungssystems.

Abb. 15

Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials in Deutschland

Datenbasis nach dem Wohnortkonzept. Es wird unterstellt, dass der Frauenanteil amErwerbspersonenpotential von 1996 bis 2016 um 2 Prozentpunkte zunimmt.

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Allerdings darf die Entscheidung über das Riester-Sparennicht in das eigene Belieben der Beitragszahler gestellt wer-den. Freiwillig kommt die notwendige Ersparnis nicht zu-stande, wie die geringe Beteiligungsquote bei der Riester-Rente von nicht einmal 10% im ersten Jahr nach ihrer Ein-führung zeigt. Der Grund liegt nicht in der Unmündigkeitder Bürger, sondern in Wechselwirkungen mit dem restlichenSozialsystem. Wenn ein Geringverdiener freiwillig spart, wirdihm das nicht viel nützen, weil er dadurch nur den Anspruchauf ergänzende Sozialhilfe verringert, den er ohnehin im Al-ter hat. Außerdem muss der Sparer immer befürchten, dassihm bei weiteren Rentenreformen im Alter die Umlagerentemit der Begründung versagt wird, dass er ja über eigeneMittel verfüge. Deswegen muss das Riester-Sparen auch imFalle einer kindergerechten Ausgestaltung zur Pflicht ge-macht werden, und so war es von Seiten der Wissenschaftja auch empfohlen worden.

Riester-Rente für Kinderlose

Statt nur passiv auf die abnehmenden Geburtenraten zu rea-gieren und die Konsequenzen für die Sozialsysteme ander-weitig abzufedern, kann man versuchen, den Ursachen desBevölkerungsschwunds entgegenzuwirken, also eine akti-ve Bevölkerungspolitik zu betreiben. Dies ist seit dem Miss-brauch der Bevölkerungspolitik in der Nazi-Zeit ein heiklesThema. Aber man kann es nicht weiter tabuisieren und diezu erwartenden Probleme sehenden Auges auf sich zu kom-men lassen. Es ist Zeit, dass Deutschland sein Tabu über-windet.

Das heißt nicht, dass einer staatlichen Bevölkerungspoli-tik das Wort geredet werden soll, deren Ziel es ist, in diefreien Entscheidungen der Menschen einzugreifen und siebei der Kinderwahl zu bevormunden. Es kann nicht Auf-gabe des Staates sein, lenkend in die Familienplanung ein-zugreifen, wie es ja noch nicht einmal zu seinen Aufgabengehört, die Bürger bei normalen ökonomischen Entschei-dungen zu bevormunden. Aber das genau ist der Punkt.Heute greift der Staat auf dem Wege über das Renten-system ganz massiv in die Familienplanung ein, indem erdie Beiträge der Kinder zur Rentenversicherung sozialisiertund so die natürlichen ökonomischen Motive für den Kin-derwunsch aus den Köpfen der Menschen vertreibt. Die-se massive Staatsintervention erfolgte aus anderen Grün-den, sicherlich nicht mit der Absicht, die Kinderzahl zu re-duzieren. Faktum ist aber, dass sie diese Wirkung hat unddie Fertilitätsentscheidung verzerrt. Insofern kommt die Po-litik heute nicht mehr an der Frage vorbei, wie sie die un-gewollten Verzerrungen vermindern kann. Nicht mehr, son-dern weniger Staatseinfluss auf die Familienplanung ist zufordern.

Auf den ersten Blick spricht vieles dafür, den Kinderwunschdadurch zu stärken, dass den jungen Familien in Zukunft

mehr geholfen wird, als es in der Vergangenheit der Fallwar. So ist daran zu denken, die Zahl der Kindergärtenpro Kind im entsprechenden Alter wieder auf das interna-tionale Niveau zu erhöhen, das Ehegattensplitting um einKindersplitting nach französischem Muster zu erweiternoder den so genannten Familienlastenausgleich durch pe-kuniäre Ausgleichszahlungen wie z.B. das von derCDU/CSU vorgeschlagene Familiengeld zu erweitern. Dasalles sind sinnvolle und erwägenswerte Maßnahmen, diebei der Nachwuchsplanung die gewünschten Wirkungenentfalten werden.

Das Problem ist aber, dass sie alle auf eine doppelte Inter-vention des Staates hinauslaufen. Durch die staatlicheRentenversicherung wird der Kinderwunsch vertrieben,und durch andere, kompensierende staatliche Ausgabenwird er von neuem geweckt. Eine solche doppelte Inter-vention ist für sich genommen nicht sinnvoll, denn bei bei-den Interventionen gibt es noch andere Verzerrungen imVerhalten, die sich nicht kompensieren, sondern addierenund per saldo zu Nachteilen für die Staatsbürger führen.So ruft z.B. die Rentenversicherung künstliche Anreize zurFrühverrentung, zum Verzicht auf Arbeit oder zur Schwarz-arbeit hervor, und beim Familiengeld muss man mit künst-lichen Anreizen für die Immigration Kinderreicher sowiemit einem Anstieg der Schwarzarbeit und einer Leis-tungsverweigerung bei denjenigen rechnen, die dieses Fa-miliengeld durch ihre Steuern finanzieren sollen. Ange-sichts der ohnehin schon exorbitant hohen Steuerbelas-tung der deutschen Arbeitnehmer kann dies kein gang-barer Weg sein.

Besser ist es, die primäre Intervention in die Familienplanungzurückzufahren, die im Rentensystem angelegt ist, indemdas Ausmaß der fiskalischen Umverteilung von den Fami-lien mit Kindern zu den Personen ohne Kinder reduziert wird.Einen Ansatzpunkt für die möglichen Reformen liefert dieRiester-Rente, die mit der Rentenreform des Jahres 2000eingeführt wurde. Wie erläutert, ist die richtige Erwägunghinter dieser Reform, dass die Deutschen heute weniger Hu-mankapital bilden, als es frühere Generationen taten, undheute zum Ausgleich zusätzliches Realkapital ansparen müs-sen. Die Riesterrente ist aber noch nicht zu Ende gedacht.Sie kuriert die Symptome der deutschen Krankheit, dochnicht ihre Ursachen. Sie verringert die Fehlanreize für die Fa-milienplanung nicht und führt zu kaum erträglichen Lastenbei denjenigen, die durch die Erziehung von Kindern be-reits den vollen Beitrag zur Finanzierung der Umlagerentenleisten.

Statt eine ganze Generation kollektiv in die Verantwortungzu nehmen, sollten die notwendigen Rentenkürzungen unddas kompensierende Riester-Sparen auf die Kinderlosenkonzentriert werden. Wer keine Kinder in die Welt setzt undgroßzieht, dem kann eine erhebliche Rentenkürzung zu-

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gemutet werden. Die Rente sollte nicht auf null reduziertwerden, denn das würde ihre ökonomische Hauptfunk-tion als Schutz gegen die ökonomischen Konsequenzender Kinderlosigkeit negieren und unberücksichtigt lassen,dass die Kinderlosen auf dem Wege des Familienlasten-ausgleichs einen gewissen, wenn auch geringen Beitragzur Mitfinanzierung der Kinder leisten. Doch erscheint beimdurchschnittlichen Rentenbezieher eine Kürzung der Ren-te auf die Hälfte als angebracht. Nur wer mindestens dreiKinder großzieht und durchschnittliche Beiträge gezahlthat, dem kann die umlagefinanzierte Rente im bisher er-warteten Umfang erhalten bleiben. Wer ein Kind oder zweiKinder hat, dem kann eine anteilige Rentenkürzung zuge-mutet werden. Die Rentenbeiträge sind demgegenübernicht zu verändern, weil sie zur Finanzierung der jetzt Al-ten gebraucht werden.

Die Betroffenen müssen angehalten werden, in dem Maßeeine Riester-Rente anzusparen, wie ihnen die umlagefinan-zierte Rente gekürzt wird. Dabei wird die derzeit vorgese-hene Ersparnis von nur 4% bei Kinderlosen nicht ausreichen,um den Verlust der Hälfte der Umlagerente wettzumachen.Es ist sicherlich von einem Betrag in der Größenordnung von6 bis 8% auszugehen, wenn eine solch umfangreiche Ren-tenkürzung kompensiert werden soll.

Die Staffelung von Umlagerente und Riester-Rente nachder Kinderzahl wird zu der wünschenswerten Änderungder Familienplanung führen. Wenn Kinderlose 6 bis 8%ihres Bruttoeinkommens für ein bloß kompensierendesRiester-Sparen verwenden müssen, erhalten Kinder in derLebensplanung wieder ein stärkeres Gewicht. Manch einbislang noch unschlüssiges junges Paar wird sich unterdiesen Umständen vielleicht doch für Kinder entscheiden.Und wie gesagt: Es geht nicht darum, den Staat bei derFamilienplanung mitreden zu lassen, sondern ganz imGegenteil, ihn wieder ein Stück weit aus der Familienpla-nung herauszunehmen.

Bei der Rentenkürzung für Kinderlose dürfen allerdings diebereits aufgebauten Anwartschaften nicht angetastet wer-den. Es geht nur um die heute noch jüngeren Menschen.Sie haben Zeit genug, sich auf dem Wege des Riester-Spa-rens eine auskömmliche Rente zu sichern, falls sie keine Kin-der haben können oder wollen. Je älter man ist, desto mehrAnwartschaften hat man im alten System erworben, unddesto geringer sind die Möglichkeiten, die Riester-Rente an-zusparen. Ältere Menschen werden deshalb von der not-wendigen Reform kaum erfasst, und wer schon Rente be-zieht, den betrifft sie gar nicht.

Um die Reform politisch und rechtlich korrekt darzulegen,sollte man sie im Übrigen so durchführen, dass zunächstalle betroffenen Renten um einen einheitlichen Prozent-satz gekürzt werden und hernach eine Sonderrente in Ab-

hängigkeit von der Kinderzahl eingeführt wird, die zu dergekürzten Normalrente additiv hinzutritt. Der Rentenan-spruch würde dann zum einen auf der Zahlung von Bei-trägen an Rentner und zum anderen auf der Erziehungs-leistung gründen.8

Die Einführung einer von der Kinderzahl abhängigen Ren-te ist nicht nur geeignet, die Staatsintervention in die Fa-milienplanung zurückzunehmen und die natürlichen Moti-ve für den Kinderwunsch wieder stärker zur Geltung kom-men zu lassen. Sie ist zudem auch gerecht, denn sie folgtdem Verursacherprinzip und dem Leistungsfähigkeits-prinzip.

Wer keine Kinder hat und insofern zu wenig tut, um seineeigene Rente im Umlagesystem zu sichern, muss die Kon-sequenzen tragen und selbst auf dem Wege der Ersparnisfür Ersatz sorgen.

Und wer keine Kinder hat, kann sparen, weil er keine Aus-gaben für die Kindererziehung leisten muss. Er ist ver-gleichsweise liquide und kann die bei der Kindererziehungeingesparten Geldmittel am Kapitalmarkt anlegen, um aufdiese Weise seine gekürzte Umlagerente zu ergänzen.

Man mag gegen den Vorschlag einwenden, mit der Zah-lung des Rentenbeitrages erbrächten junge, kinderloseBürger bereits eine Leistung für die eigene Rente, und in-sofern sei es ungerecht, sie auf dem Wege des Riester-Sparens zu einer zweiten Leistung zu zwingen. DiesesArgument verkennt, dass es im Generationenzusammen-hang zu den normalen Pflichten einer jeden Generation ge-hört, zwei Leistungen zu erbringen: In der leistungsfähigenLebensphase muss man seine Eltern und seine Kinderernähren. Die erste dieser beiden Leistungen wird in Formder Rentenbeiträge erbracht, die ja in vollem Umfang andie heutigen Rentner fließen. Doch die zweite Leistung wirdvon vielen Menschen nicht erbracht, weil sie sich gegenKinder entscheiden. So gesehen ist es sehr wohl gerecht,nun auch diesen Menschen eine zweite Leistung in Formdes Riester-Sparens abzuverlangen. Dadurch sichern siesich die Rente, deren Vollfinanzierung man den wenigenzukünftigen Beitragszahlern nicht mehr zumuten kann, undes wird möglich, den Eltern einen größeren Teil der vonihren eigenen Kindern gezahlten Rentenbeiträge zu be-

8 Überlegungen, die Rentenansprüche an der »Qualität« der Humankapital-investition, also beispielsweise am Einkommen und den Beiträgen der ei-genen Kinder auszurichten, drängen sich auf, um auf diese Weise ent-sprechende Anreize für eine gute Ausbildung der eigenen Kinder zu set-zen. Indes würde eine solche Differenzierung des Vorschlages politischwahrscheinlich eine Überfrachtung bedeuten. Ihr könnte auch mit dem Ar-gument entgegengetreten werden, dass die durch eigene Anstrengun-gen der Eltern begründeten Unterschiede im Einkommensniveau der Kin-der minimal sind. Zum größten Teil resultieren solche Unterschiede ver-mutlich aus angeborenen Unterschieden in der Intelligenz oder Leis-tungsfähigkeit. Eine weitgehende Versicherung der Eltern gegenüber sol-chen Unterschieden erscheint als angebracht.

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lassen. Menschen, die mehrere Kinder großziehen, an derRiester-Rente zu beteiligen, hieße indes, ihnen eine drei-fache Last aufzuerlegen. Als Beitragszahler ernähren siedie jetzt Alten, als Eltern finanzieren sie über die Kostender Kindererziehung die Renten aller zukünftiger Renten-bezieher, und als Riester-Sparer müssten sie zusätzlich ih-re eigenen Renten finanzieren.

Schlussbemerkung

Dieser Artikel kommt zu spät, denn die am stärksten be-setzten Alterskohorten der Deutschen sind gerade dabei,in ihr fünftes Lebensjahrzehnt einzutreten. Diese Kohortenwerden die Kinder nicht mehr zur Welt bringen, die Deutsch-land braucht, wenn es sich als dynamisches Volk und Wirt-schaftsnation nicht von der Weltbühne verabschieden möch-te. Politisch korrekt ist es nicht, dies in einem Land zu be-klagen, das negative Erfahrungen mit einer staatlichen Be-völkerungspolitik hat machen müssen. Aber es ist notwen-dig, denn eine politische Korrektheit, die von den Wellen blo-ßer Illusionen und gesellschaftlicher Ideologien getragen wird,wird ohnehin eines Tages an den Klippen der ökonomischenWirklichkeit zerschellen.

Ein pragmatischer Umgang mit dem Thema Familienpla-nung und Fertilität ist dringend geboten, um den Schaden,der aus einer Vergreisung des Landes zu entstehen droht,zu begrenzen. Dazu muss auch der Staat umsteuern, denner ist es, der durch seine sozialen Sicherungssysteme, diedas Schicksal des Einzelnen von den Konsequenzen sei-ner Fertilitätsentscheidungen abgetrennt haben, ganz maß-geblich zur Änderung des gesellschaftlichen Wertes derFamilie und zur Kinderlosigkeit der Deutschen beigetragenhat. Richtig ist es, wenn der Staat sich stärker an den Kos-ten der Kindererziehung beteiligt und die Kinder auch steu-erlich stärker berücksichtigt. Die verstärkte Bereitstellungvon Kindergärten, der Übergang zu Ganztagsschulen unddas Kindersplitting nach französischem Muster sind Maß-nahmen, die sich aufdrängen und den gewünschten Erfolghaben werden.

Man darf aber nicht verkennen, dass es sich dabei teilweiseum Maßnahmen handelt, die durch die Idee der doppeltenIntervention des Staates begründet werden und deshalb auchunerwünschte Nebeneffekte zur Folge haben könnten. Vie-les spricht dafür, dass sich der Staat zurücknimmt, indem erdas Ausmaß der Sozialisierung der Rentenbeiträge, die Kin-der an die Generation ihrer Eltern zahlen, reduziert. Auchdas Bundesverfassungsgericht hat dies in seinem Mütter-rentenurteil von 1992 ausdrücklich gefordert, wenngleich beiihm die Rückwirkungen auf die Familienplanung nicht imVordergrund standen. Wer keine Kinder hat, kann das bei derKindererziehung eingesparte Geld am Kapitalmarkt anlegen,um sich so die Rente zu sichern, deren Zahlung er den Kin-

dern anderer Leute in voller Höhe nicht mehr zumuten kann.Das muss die Devise für eine neue Rentenreform sein, bei derdie Rente allgemein gekürzt und durch einen kinderbeding-ten Rentenanspruch nach dem Umlagesystem oder eineselbst anzusparende Riester-Rente ergänzt wird.

Die Reformen verlangen mehr Mut von den Politikern undden Vertretern der Rentenversicherungssysteme, als heuteerkennbar ist. Der Erkenntnisprozess der Wähler ist in die-ser Hinsicht noch nicht weit genug gediehen. Viel Wasserwird den Rhein herunterfließen, bis energische Politikmaß-nahmen ergriffen werden können. Aber die Politiker und Ver-bandsvertreter, die sich sperren, das Thema weiter tabui-sieren oder es mit kleinmütigen juristischen Argumenten bei-seite schieben, machen sich schuldig an der Zukunft desdeutschen Volkes.

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