Das Handbuch Öffentlichkeits beteiligung...Das vorliegende Handbuch soll einen Einblick...

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ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR UMWELT UND TECHNIK Österreichische Post AG · Sponsoring.Post · Benachrichtigungspostamt 1020 Wien · GZ 02Z034088 S ÖGUT-NEWS 3/2004 In Zusammenarbeit mit: Das Handbuch Öffentlichkeits beteiligung - Die Zukunft gemeinsam gestalten Österreichische Post AG · Sponsoring.Post · Benachrichtigungspostamt 1020 Wien · GZ 02Z034088 S ÖGUT-NEWS 1/2005

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  • ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR UMWELT UND TECHNIK

    Österreichische Post AG · Sponsoring.Post · Benachrichtigungspostamt 1020 Wien · GZ 02Z034088 S ÖGUT-NEWS 3/2004

    In Zusammenarbeit mit:

    Das HandbuchÖffentlichkeits

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    Die Zukunft gemeinsam gestalten

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  • AutorInnen

    Kerstin Arbter Büro ArbterMartina Handler ÖGUTElisabeth Purker ÖGUTGeorg Tappeiner Ökologie InstitutRita Trattnigg Lebensministerium

    Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik

    Wien, Jänner 20051.Auflage

    Das HandbuchÖffentlichkeitsbeteiligungDie Zukunft gemeinsam gestalten

    Impressum:

    ÖGUT-News 01/2005Medieninhaber und Herausgeber:Österreichische Gesellschaft für Umweltund Technik (ÖGUT),Hollandstraße 10/46, 1020 Wien und Bundesministerium für Land- und Forst-wirtschaft, Umwelt und Wasserwirt-schaft (Lebensministerium),Stubenbastei 5, 1010 Wien

    Projektkoordination Auftraggeber:Rita Trattnigg, LebensministeriumProjektleitung: Martina Handler, ÖGUTRedaktionelle Bearbeitung: Anita ZieherGestaltung: A BISS Z PRODUCTIONS,1090 WienCartoons: Klaus Pitter, 1170 WienDruck: just-print-it, 4020 Linz

    Copyright:Bundesministerium für Land- und Forstwirt-schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft undÖsterreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT)

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    Die Öffentlichkeit bei Entscheidungen einzubeziehen, die sie betreffen, ist einewichtige Voraussetzung für eine zukunftsfähige Entwicklung und Kernelementeines modernen Politikverständnisses. Um die Zukunft gemeinsam zu gestalten,bedarf es der Mitwirkung aller gesellschaftlichen Kräfte: Der Bürgerinnen undBürger sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und NGOs ebenso wieder Politik und Verwaltung.Aktives Engagement ist das Fundament für dieZukunftsfähigkeit unserer Lebensräume.

    Dieses Handbuch zeigt, dass verstärkte Öffentlichkeitsbeteiligung vielfachen Nut-zen bringt – eine höhere Akzeptanz von Entscheidungen, ausgewogenere Lösun-gen, bessere Entscheidungsqualität, weniger Konflikte und mehr Identifikation derBevölkerung mit ihrem Lebensumfeld. Damit entsteht letztlich auch ein größeresVertrauen in Entscheidungen und die Politik.

    Wenn Betroffene zu Beteiligten werden, können Vorhaben und Projekte wie bei-spielsweise die nachhaltige Entwicklung von Flusslandschaften, der Ausbau desStraßen- und Schienennetzes oder innovative Entwicklungs- und Mobilitätskonzep-te für den ländlichen Raum gelingen und umgesetzt werden. Dabei ist die Balanceentscheidend: Nur der Ausgleich von verschiedenen Interessen und Ansprüchenkann langfristig zu einer gesunden und lebenswerten Umwelt, wirtschaftlichemErfolg und Wohlstand und sozialem Zusammenhalt in der Gesellschaft führen.

    Aktuelle Vereinbarungen und Konzepte auf österreichischer und EU-Ebene wie dieAarhus Konvention, das EU-Weißbuch „Europäisches Regieren“, diverse EU-Richt-linien und die Österreichische Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung setzen aufdie Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger und Vertreterinnen und Vertreterverschiedener Interessen. Damit alle Beteiligten davon profitieren, braucht esjedoch geeignete Rahmenbedingungen und Qualitätskriterien. Dazu finden Sie indiesem Handbuch in Form von Check-Listen viele nützliche Anregungen undEmpfehlungen.

    Die zahlreichen guten Beispielen aus ganz Österreich – vom Mediationsverfahrenim Naturschutzgebiet über die Gemeinde- und Regionalentwicklung bis hin zumIntegrationsleitbild – zeigen sehr eindrucksvoll die Vielfalt der Anwendungsberei-che und dass Öffentlichkeitsbeteiligung bereits an vielen Orten gelebt wird.

    Das vorliegende Handbuch soll einen Einblick geben, Informationen bereitstellenund Lust auf die Mitgestaltung unserer Lebensräume machen.Wir möchten Siedamit auf Ihrem Weg zu einer aktiven Öffentlichkeitsbeteiligung unterstützen.

    Ihr Umweltminister Josef Pröll

    Vorwort

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    ort

    Unterschiedliche Interessen zusammenführen,gemeinsam neue Lösungen entwickeln

    Es war die Gründungsidee der ÖGUT, Interessensgegensätze zu überwindenund gemeinsam mit VertreterInnen von Umweltorganisationen,Wirtschaft undVerwaltung neue und konsensuale Lösungen zu entwickeln.Was vor dem Hin-tergrund des Konfliktes um das Kraftwerk Hainburg als nahezu unlösbare Auf-gabe galt, ist heute in vielen Bereichen gelebte Realität.

    Mit dem Handbuch Öffentlichkeitsbeteiligung steht ein praxisorientierterWegweiser zur Verfügung, der Ihnen einen Überblick darüber bietet, wasÖffentlichkeitsbeteiligung ist und wie sie gelingt. Eine Vielzahl von Beispielenaus der Praxis zeigt, wie durch die Beteiligung von BürgerInnen sowie weitererAkteurInnengruppen konstruktive und vor allem tragfähige Lösungen gefundenwerden können. Sie finden im Handbuch Beispiele aus sehr heterogenenAnwendungsbereichen und unterschiedlicher Beteiligungstiefe, da es vordring-liches Ziel war, die bestehende Vielfalt an Beteiligungsprozessen zu zeigen.

    Das vorliegende Handbuch ist ein wichtiger Meilenstein der ÖGUT gemein-sam mit dem Lebensministerium und weiteren ÖGUT-Mitgliedern auf demWeg, die Idee von Beteiligung und konsensualer Konfliktlösung sowie dasWissen darüber in Österreich stärker zu verankern. Es setzt unsere vielfältigen Aktivitäten zum Thema Partizipation erfolgreich fort, wobei ich vorallem das Handbuch Umweltmediation und die Einrichtung der Websitewww.partizipation.at, auf der Sie eine Fülle von Informationen zum Thema undBeispiele partizipativer Prozesse finden, hervorheben möchte.

    Das Handbuch Öffentlichkeitsbeteiligung entstand in Zusammenarbeit mit denExpertInnen aus der ÖGUT-Strategiegruppe Partizipation. Ihnen, sowie denAutorInnen und jenen Beteiligten, die uns bei den Recherchen zu den Fallbei-spielen unterstützt haben, möchte ich ganz herzlich für ihre wertvollen Beiträ-ge danken.Weiters gilt mein Dank dem Lebensministerium – besonders RitaTrattnigg – und den Sponsoren des Handbuchs. Ohne die genannten Personenund Institutionen wäre die Erstellung des Handbuches in dieser Form nichtmöglich gewesen.

    Ich hoffe, dass Sie das Handbuch Öffentlichkeitsbeteiligung motiviert undunterstützt, Beteiligungsprozesse ins Leben zu rufen, erfolgreich durchzuführenund sich an der Gestaltung unseres gemeinsamen Lebensraumes zu beteiligen.Denn nur gemeinsam getragene Lösungen sind Lösungen im Sinne einernachhaltigen Entwicklung Österreichs.

    Herbert GreisbergerGeneralsekretär

    Geleitwort

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    Inha

    lt Inhalt

    Sich beteiligen heißt die Zukunft mitgestalten 5

    Öffentlichkeitsbeteiligung – was ist das? 6

    Wie Öffentlichkeitsbeteiligung beginnt 14

    Wie Öffentlichkeitsbeteiligung gelingt 18

    Praxisbeispiele aus Österreich 22

    • Skaterpark Am Schöpfwerk,Wien.............................................................................................................. 23• Mediationsverfahren Natura 2000 Verwall im Montafon...................................................................... 24• Leitbildentwicklung für die Flusslandschaft der Möll ............................................................................. 26• Lebenswert Wohnen – Schwerpunkt im Rahmen des Grazer EU-LIFE Projektes G.O.A.L. ....... 28• Planungszelle Obere Neutorgasse, Graz .................................................................................................. 30• Jugenddeklaration zur Nachhaltigen Entwicklung der Bodenseeregion ............................................ 32• Lokaler Aktionsplan für Beschäftigung und Bildung (LABB) Munderfing.......................................... 34• Regionalcluster Hartberg – Entwicklung eines regionalen Wirtschaftsraumes............................... 36• „Nachhaltige Verwaltung“ Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems............................................... 38• Gemeinden mobil – Nachhaltige Mobilität – Mikronetzwerk Rheintal ............................................. 40• Lokale Agenda 21 Alsergrund – Verkehrsberuhigung im Grätzel Himmelpfortgrund,Wien ........ 42• Offener Planungsprozess für die 2.Tunnelröhre der A10 Tauernautobahn...................................... 43• Strategische Umweltprüfung (SUP) zum Wiener Abfallwirtschaftsplan ............................................ 44• Verschiedene Herkunft – Gemeinsame Zukunft – „Integrationsleitbild der Stadt Krems“.......... 46

    Öffentlichkeitsbeteiligung – auch eine Zukunftsaufgabe 47

    Praxismaterial 50• Nutzen der Öffentlichkeitsbeteiligung – Argumente für verschiedene AkteurInnengruppen ....... 50• Initiierung von Beteiligungsprozessen – Checkliste................................................................................ 53• Vorbereitung von Beteiligungsprozessen – Checkliste.......................................................................... 54• Durchführung von Beteiligungsprozessen – Checkliste........................................................................ 55• Öffentlichkeitsarbeit in Beteiligungsprozessen – Checkliste .............................................................. 56• Finanzierung von Beteiligungsprozessen –

    Übersicht über regionale, nationale und EU-Förderungen.................................................................. 57

    Methoden 58

    Glossar 62

    Literatur, Internet-Adressen 63

    AutorInnenverzeichnis, Dank 64

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    leit

    ung

    Vielleicht ist Ihnen die eine oderandere Situation vertraut:

    � Als BürgerIn wurden Sie eingela-den, an einem Beteiligungsprozess(�Glossar) teil zu nehmen. OderSie fragen sich, wie Sie selbst aktivwerden und Ihre Ideen bei Projek-ten einbringen können.

    � An Sie als PolitikerIn wurde vonBürgerInnen der Wunsch herange-tragen, eigene Ideen zu einem Vor-haben beitragen zu können. OderSie möchten die BürgerInnen IhrerGemeinde an einem Entwicklungs-prozess beteiligen.

    � Als VertreterIn der Verwal-tung sind Sie sowohl von Seitender Politik als auch von BürgerIn-nen mit dem Anliegen konfron-tiert, Interessierte in die Entwick-lung oder in die Durchführungeines Projektes einzubeziehen.

    � Als UnternehmerIn wollen SieIhre Aktivitäten ausweiten. Siemöchten Ihr Projekt mit einermöglichst breiten Akzeptanzdurchführen und deshalb in Dialogmit den Betroffenen (�Glossar)treten.

    � Als VertreterIn einer Inter-essengruppe ist es Ihr Wunsch,die Interessen derer, die Sie ver-treten, bestmöglich in Entschei-dungsprozesse einzubringen.

    Die Beteiligung unterschiedlichergesellschaftlicher AkteurInnen(�Glossar) – BürgerInnen, Interes-senvertreterInnen, UnternehmerIn-nen, PolitikerInnen,VertreterInnender Verwaltung – an einer Planungbedeutet eine Vervielfachung derIdeen und des Wissens. Je mehr Men-schen zusammenkommen, umso mehrSichtweisen und Vorschläge werdeneingebracht und diskutiert. So könnenumfassende, den vielfältigen Interes-sen entsprechende Lösungen ent-wickelt werden. Öffentlichkeitsbeteili-gung bei der Entscheidungsfindungkann sowohl die Qualität von Projek-ten oder Beschlüssen als auch ihreAkzeptanz erhöhen.

    Dieses Handbuch informiert Sie, wieSie sich an der Gestaltung des ge-meinsamen Lebensraumes wie auchan Entscheidungen über gesellschaft-lich wichtige Fragen aktiv beteiligenkönnen.

    Sie erfahren� was Öffentlichkeitsbeteiligung

    bedeutet,� wie Beteiligungsprozesse ablaufen

    können,� welche Rahmenbedingungen und

    Qualitätskriterien für ein Gelingennötig sind

    und Sie lernen anhand ausgewählterFallbeispiele die Vielfalt der Öffent-lichkeitsbeteiligung in der Praxiskennen.

    Sich beteiligen heißtdie Zukunft mitgestalten

    Immer mehr Menschen wollen bei der Gestaltung ihres Lebensumfeldes wie etwa ihresStadtviertels, ihrer Gemeinde oder Region mitreden. Sie wollen mitbestimmen, wennes um zukünftige Entwicklungen und damit um ihre Lebensqualität geht. Auch vieleEntscheidungsträgerInnen aus Politik und Verwaltung sehen den Nutzen des Austauschesund der Zusammenarbeit mit interessierten BürgerInnen immer deutlicher.

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    BürgerInnen, UnternehmerInnen undInteressenvertreterInnen wollen vor(politischen) Entscheidungen, die siebetreffen, umfassend informiert wer-den. Oder sie wollen bei Entwicklungenmitreden, sich aktiv in aktuelle Projekteeinbringen und wenn möglich auch mit-entscheiden. All das ist mit Beteiligunggemeint.

    Beteiligung ist ein Grundprinzip derDemokratie. Auch die Teilnahme anWahlen, an Volksabstimmungen undVolksbefragungen und die Unterstüt-zung von Volksbegehren sind Formender Beteiligung. Die Möglichkeit, sich

    darüber hinaus als BürgerIn oder alsVertreterIn einer Interessengruppe beiPlanungen und Entwicklungen imöffentlichen Bereich zu engagieren,wird heute zunehmend als sinnvolleErgänzung gesehen, eingefordert undgefördert.

    Beteiligen sich BürgerInnen als Einzel-personen oder BürgerInneninitiativenan einem Vorhaben, um ihre Interessenals Privatpersonen oder als Gruppevon Privatpersonen einzubringen, sosprechen wir von „BürgerInnen-beteiligung“. Der Begriff der„Öffentlichkeitsbeteiligung“bezeichnet die Einbindung verschiede-ner AkteurInnengruppen in einenBeteiligungsprozess – einzelne Bürger-Innen und BürgerInneninitiativen eben-so wie VertreterInnen von Interessen-gruppen wie etwa Umweltorganisatio-nen, Jugendvereine oder Kammern, diestellvertretend die Anliegen ihrerGruppe einbringen. Diese Interessen-vertreterInnen werden als „organisier-te Öffentlichkeit“ bezeichnet. NachMöglichkeit soll ein Beteiligungsprozessallen Betroffenen und Interessierten,also einer „breiten Öffentlichkeit“offen stehen. Bei manchen Beteiligungs-verfahren ist das allerdings nicht sinn-voll oder machbar, weil die Gruppe auf-grund der Größe in ihrer Arbeitsfähig-keit beeinträchtigt wäre. Dann ist esdie Aufgabe der „organisierten Öffent-lichkeit“, die Interessen aller Betroffe-nen zu vertreten.

    Öffentlichkeitsbeteiligung – was ist das?

    Eine neue Straße wird geplant, ein regionales Tourismuskonzept entworfen,eine Industrieanlage soll erweitert werden – es gibt viele Beispiele für Vorhaben,die Auswirkungen auf unsere Lebenswelt haben.

    BürgerInnen-initiativen

    Einzel-personen

    BürgerInnen-initiativen

    Einzel-personen

    Interessengruppen(Vereine, Kammern,Kammern, Verbände etc.)

    Interessengruppen(Vereine, Kammern, Verbände etc.)

    Beteiligung von BürgerInnen und -initiativen + Interessengruppen= Öffentlichkeitsbeteiligung

    BürgerInnenbeteiligung

    Organisierte Öffentlichkeit

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    Anwendungsfelder derÖffentlichkeitsbeteiligung

    Was sind mögliche Anwendungsfelder für Beteiligungsprozesse? Bei welchen Aufgabenstellungen ist Öffentlichkeitsbeteiligung möglich? Die Antwort lautet: fast überall! Das zeigt die folgende Übersicht mit einigenPraxisbeispielen aus Österreich.

    � KapitelPraxisbeispieleS. 22 ff.

    Verkehr und Mobilität• Gemeinden Mobil – Gemeinde-

    übergreifendes Mobilitätskonzeptim Rheintal (�S. 40)

    • Offener Planungsprozess für die2. Tunnelröhre der A10-Tauern-autobahn (�S. 43)

    Abfallwirtschaft• Strategische Umweltprüfung zum

    Wiener Abfallwirtschaftsplan (�S. 44)

    • Mediationsverfahren zur Abfall-verbrennung im ZementwerkLeube in St. Leonhard

    Wasserwirtschaft• Partizipative Erstellung des Fluss-

    leitbilds für die Möll (�S. 26)• „Wasserzeichen“ – Projekt zur

    Renaturierung der Großen Mühl

    Energiewirtschaft• BürgerInnenversammlungen und

    Umweltstammtische zum Wind-kraftprojekt in Oberzeiring

    • Partizipative Erstellung desEnergiekonzeptes in Güssing

    Tourismus/Freizeit• Entwicklung eines Tourismus-

    konzeptes mit der Bevölkerung inHinterstoder

    • Mediationsverfahren rund um dieErrichtung eines Golfplatzes in Telfs

    Innerbetriebliche Partizipation

    • „Nachhaltige Verwaltung“ – Inner-betrieblicher Entwicklungsprozessder BezirkshauptmannschaftKirchdorf/Krems (�S. 38)

    • Mobilitätsmanagement in öster-reichischen Betrieben unter Einbe-ziehung der MitarbeiterInnen zurFörderung umweltverträglicherVerkehrsmittel

    Gemeinwesenarbeit• Entwicklung eines Leitbildes für die

    Integration von MigrantInnen inKrems (�S. 46)

    • Lösung eines Konflikts zwischenSkatern und BewohnerInnen derWohnhausanlage „Am Schöpf-werk“ in Wien (�S. 23)

    Regionalentwicklung• Regionalcluster Hartberg –

    Entwicklung eines regionalen Wirt-schaftsraums (�S. 36)

    • Regionale Agenda 21 MühlviertlerAlm

    Politische/GesellschaftlicheEntwicklungen

    • Jugenddeklaration zur NachhaltigenEntwicklung der Bodenseeregion(�S. 32)

    • Delphi-Verfahren zum Einholenvon ExpertInnenmeinungen zurkünftigen Technologieentwicklungin Österreich

    • Neosokratischer Dialog zu ethi-schen Fragen der Transplantationvon Tierorganen in Menschen

    Naturraum• Mediation zur Nutzung eines

    Natura-2000-Gebietes imMontafon (�S. 24)

    • Beteiligungsverfahren zum Schutzder biologischen Vielfalt im Stadt-wald Mödling

    • Ozon-Konsensuskonferenz derLänder Wien, Niederösterreichund Burgenland

    Gestaltung und Nutzung vonPlätzen und Grünräumen

    • Zukunftswerkstatt mit Mädchenzur Gestaltung des Odeonparks inWien Leopoldstadt

    • Planungszelle zur Neugestaltungder Neutorgasse in Graz (�S. 30)

    Wohnen und Wohnumfeld-verbesserung

    • „GOAL – Gesund ohne Auto undLärm“ – Wohnumfeldverbesserun-gen in drei Grazer Wohngebieten(�S. 28)

    • Fokusgruppe zur Wohnhaussanie-rung im Rahmen des Programmes„Haus der Zukunft“

    Dorf- und Stadtentwicklung• Lokale Agenda 21 in Wien Alser-

    grund – Verkehrsberuhigung amHimmelpfortgrund (�S. 42)

    • Lokaler Aktionsplan Beschäftigungund Bildung – Munderfing (�S. 34)

    � siehe auchwww.partizipation.at

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    � Auf der höchsten Entscheidungs-ebene, der Ebene der Politiken(�Glossar) – etwa bei der Erarbei-tung von Strategien, Leitbildern,strategischen Konzepten – und derRechtsakte, also bei Gesetzen undVerordnungen,

    � bei Plänen und Programmenund

    � bei konkreten Projekten.

    Einsatz der Öffentlichkeitsbeteiligung

    Ein Beteiligungsprozess kann auf unterschiedlichen Ebenen zum Einsatz kommen.

    Politiken und RechtsakteGeben Ziele und grobe Entwicklungsrichtung vor,

    meist abstrakt formuliertz. B.: Abfallwirtschaftsgesetz des Landes Wien

    Pläne und ProgrammeBündel verschiedenster Einzelmaßnahmen zur Erreichung

    eines Ziels, konkreter formuliertz. B.: Wiener Abfallwirtschaftskonzept

    ProjekteDetailliert geplante oder

    beschriebene Einzelmaßnahmenz. B.: Dritte Wiener Müllverbrennungsanlage

    Um Missverständ-nissen vorzubeugen:Ein Beteiligungs-prozess ist KEINGerichtsverfahren!

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    Einerseits bestimmt die Art des Ver-fahrens – ob es sich also um ein for-males oder informales Verfahren(�S. 10) handelt – oder die gewählteMethode, wie stark die Interessenvon BürgerInnen oder Interessen-vertreterInnen einfließen können.Andererseits ist die Bereitschaft derEntscheidungsträgerInnen aus Politik,Verwaltung und Wirtschaft ausschlag-gebend, inwieweit sie die Ideen vonBürgerInnen in Planung und Entschei-dung berücksichtigen.

    Je nach gegebenen Rahmen-bedingungen

    � werden Betroffene und Interes-sierte über das Vorhaben undseine Auswirkungen informiert,zum Beispiel durch eine Informa-tionsveranstaltung oder durch dasAuflegen von Plänen zur Einsicht-nahme. Ziel der informativenÖffentlichkeitsbeteiligung istes, der breiten Öffentlichkeit Pla-nungen oder Entscheidungenbekannt und verständlich zumachen, wobei diese kaum Mög-lichkeit hat, die Entscheidung zubeeinflussen.

    � können BürgerInnen und Interes-senvertreterInnen zu vorgelegtenVorschlägen Stellung nehmensowie ihre Ideen und Vorschlägeeinbringen, wie zum Beispiel beider Erstellung eines Flächenwid-mungsplans. Bei der konsultati-ven Öffentlichkeitsbeteiligunggeht es also darum, Rückmeldun-

    gen der Betroffenen zu Vorschlä-gen, Plänen oder Entscheidungenzu erhalten, die bei der Entschei-dung zu berücksichtigen sind.

    � besteht auch die Möglichkeit, dassBetroffene und Interessierte beider Entwicklung des Vorhabens,seiner Ausführung und Umsetzungmitbestimmen, wie das zum Bei-spiel bei der Teilnahme an einemRunden Tisch oder bei einemMediationsverfahren der Fall ist.Der Grad der Mitbestimmungreicht von der gemeinsamen Ent-wicklung von Vorschlägen bis hinzu weitgehenden Entscheidungs-rechten der beteiligten BürgerIn-nen.

    Stufen der Öffentlichkeitsbeteiligung

    Wie weit reichend die Beteiligungsmöglichkeiten und -rechte in einemBeteiligungsprozess sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

    InformationAushang,Wurfsendung,Informationsveranstaltung,Öffentliche Einsichtnahme etc.

    KonsultationÖffentliche Diskussionsveranstaltung,Befragung,BürgerInnenversammlung,Stellungnahmen etc.

    MitbestimmungArbeitsgruppe,Runder Tisch,Planungszelle,Umweltmediation etc.

  • Formale Verfahren sind verpflich-tend durchzuführen.Wer sich beteiligt,wie weit reichend die Beteiligungsrech-te sind, wie das Verfahren abläuft undwas mit den Ergebnissen geschieht, istgesetzlich geregelt. Die stärkste Positi-on in einem formalen Verfahren ist dieParteistellung (�Glossar).Als Parteihaben Sie weit reichende Gestaltungs-möglichkeiten. Sie haben das Recht,� alle verfügbaren Informationen zu

    erhalten (Akteneinsicht),� eine Stellungnahme abzugeben, die

    erörtert werden muss,� einen Antrag zu stellen, um bei-

    spielsweise ein weiteres Gutachteneinzufordern,

    � Entscheidungen zu beeinspruchenoder vor übergeordneten Instanzenanzufechten.

    Zu den formalen Verfahren zählenGenehmigungsverfahren, wie Umwelt-verträglichkeitsprüfungen (UVP-Verfah-ren) oder Naturschutzverfahren fürBetriebsanlagen oder Wasserbaupro-jekte, ebenso wie Planungsverfahrenzur Erstellung von Flächenwidmungs-plänen oder Regionalprogrammen.AmEnde eines formalen Verfahrens liegteine behördliche (z. B. ein Bescheid)und/oder eine politische Entscheidung(z. B. Gemeinderatsbeschluss) vor.

    Informale Beteiligungsverfahrensind nicht auf diese Weise geregelt undkönnen je nach Anlass unterschiedlichgestaltet sein. Sie basieren auf Freiwillig-keit und dem Prinzip der gemeinsamenAufgabenbearbeitung. Sie haben zumZiel, Informationen zu sammeln, Mei-nungen auszutauschen oder gemeinsameine Lösung zu finden und manchmalauch, diese gemeinsam umzusetzen.Wer sich beteiligt, wie gearbeitet wirdund welche Spielregeln dabei gelten,wird im Vorfeld festgelegt oder von denMitwirkenden selbst bestimmt. DieMethoden informaler Beteiligung sindvielfältig und flexibel, Beispiele dafürsind Runder Tisch, Lokale Agenda 21(�Glossar), Mediationsverfahren u. a.Die Verbindlichkeit der in informalenProzessen erarbeiteten Lösungen hängtvon der Vereinbarung über den Umgangmit den Ergebnissen ab. Die Ergebnissehaben in der Regel empfehlenden Cha-rakter und dienen der Entscheidungs-vorbereitung für Gremien wie denGemeinderat. Sie können aber auchdurch einen GemeinderatsbeschlussVerbindlichkeit erlangen.Formale und informale Verfahren sindoft verschränkt (siehe Grafik). So be-steht laut UVP-Gesetz die Möglichkeit,ein UVP-Verfahren auf Antrag der Pro-jektwerberIn durch eine Mediation, eininformales Verfahren, zu unterbrechen.Das Ergebnis der Mediation – oft inForm eines zivilrechtlichen Vertrags ver-bindlich verankert – kann in das wiederaufgenommene Genehmigungsverfahrenübernommen werden.

    Formale und informale Öffentlichkeitsbeteiligung

    Ist die Errichtung von Betriebsanlagen, Straßen oder Einkaufszentren u. a. geplant, so sindin fast allen Fällen behördliche Genehmigungsverfahren gesetzlich vorgeschrieben, in denenauch die Beteiligungsrechte festgelegt sind. Soll hingegen ein Gemeindekonzept erstelltwerden oder über die Chancen und Risiken von Neuen Technologien diskutiert werden, gibtes keine rechtlichen Vorgaben zur Durchführung des Beteiligungsprozesses.

    Formales VerfahrenStart des

    UVP-Verfahrens

    Informaler Prozess Umweltmediation

    Formales VerfahrenWiederaufnahme des

    UVP-Verfahrens

    Beispiel

    � KapitelMethodenS. 58 ff.

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    Nutzen der Öffentlichkeits-beteiligung

    Ein Beteiligungsprozess führt Perso-nen mit unterschiedlichen Interessen,Meinungen und Ideen zusammen, diemöglicherweise nicht miteinander inBeziehung getreten wären. Unter-schiedliche Sichtweisen, Bedürfnisseund Erfahrungen werden ausge-tauscht, wodurch umfangreicheresWissen über die verschiedenenFacetten des Vorhabens entsteht. Spä-tere Entscheidungen können daraufaufbauen und sind so besser vorbe-reitet und abgesichert.

    Wenn alle Interessierten die Möglich-keit erhalten, an einem sie betreffen-den Vorhaben mitzuarbeiten, erhöhtdas die Identifikation und die Zufrie-denheit mit dem Ergebnis. Dadurchhaben die in einem Beteiligungsver-fahren erreichten Ergebnisse oft einehöhere Akzeptanz und eine längereHaltbarkeit: Die Umsetzung erfolgtrascher, es muss später weniger oftnachgebessert werden, wodurch wie-derum Zeit und Geld gespart werdenkann. Interessenskonflikte im Rahmeneines Beteiligungsprozesses zu behan-deln, kann auch dazu beitragen, dro-hende Rechtsstreitigkeiten abzuwen-den.

    Als BürgerIn profitieren Sie davon,im Beteiligungsverfahren Ihre Ideen,Meinungen und Vorstellungen zueinem Thema oder zu einem Vorha-ben einbringen zu können. Zudemsind Sie über sämtliche Aspekte desVorhabens besser und aktueller in-formiert als Außenstehende undgewinnen Einsicht in Entscheidungs-prozesse.

    Als PolitikerIn erhalten Sie durchBeteiligungsverfahren besseren Ein-blick in die Bedürfnisse unterschiedli-cher Bevölkerungsgruppen und kön-nen die Kommunikation mit den Bür-gerInnen verbessern. Beteiligungsver-fahren ermöglichen es, widerstreiten-de Interessen besser zu integrierenund fördern eine Kultur der Zusam-menarbeit und des Dialogs. Das wie-derum kann das Interesse an derPolitik wecken und BürgerInnen zurverstärkten Teilhabe ermutigen.

    Für Sie als MitarbeiterIn der Ver-waltung können Beteiligungsverfah-ren eine Entlastung bedeuten, weil dasProjekt gemeinsam mit den Betroffe-nen erörtert oder erarbeitet wurdeund Sie deshalb mit weniger Einsprü-chen und nachträglichen Beschwerdenrechnen können. Beteiligungsverfahrenleisten darüber hinaus einen wichtigenBeitrag, das Vertrauen in die Verwal-tung zu stärken.

    Nutzen und Grenzen der Öffentlichkeitsbeteiligung

    Beteiligungsprozesse können für alle Beteiligten von großem Nutzen sein.Sie sind aber keine Wundermittel, die Sie immer und überall zur Problemlösungeinsetzen können.

    � PraxisteilArgumenteNutzenS. 50 ff.

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    Nutzen und Grenzen von Öffentlichkeitsbeteiligung

    Den Dialog mit betroffenen BürgerIn-nen zu suchen, kann Ihnen als Unter-nehmerIn helfen, Konflikte mit An-rainerInnen zu entschärfen oder garnicht erst entstehen zu lassen. DieBereitschaft zum Gespräch fördert dasgegenseitige Verständnis und Vertrauen.Das kann in GenehmigungsverfahrenBerufungen vermeiden helfen und somitKosten sparen.

    Für InteressenvertreterInnen bietetsich durch die Teilnahme an einem Be-teiligungsprozess die Möglichkeit, dieInteressen und Ideen der eigenenGruppe bekannter zu machen undderen Chance auf Umsetzung zu er-höhen. Die Auseinandersetzung mitanderen Positionen schärft das eigeneProfil und kann die Kompetenz fürzukünftige Interessensaushandlungenstärken.

    Wenn Menschen mit unterschiedlichenIdeen und Vorstellungen, mit unter-schiedlichem beruflichen Hintergrundund unterschiedlicher Lebenserfahrungzusammenkommen, treffen meistgegensätzliche Ansichten aufeinander.Deshalb erfordert Beteiligung auchZeit und die Bereitschaft, sich mitanderen Meinungen auseinanderzu-setzen und Diskussionen und Konflikteauszutragen. In der Gegenüberstellungverschiedener Standpunkte ergebensich jedoch oft erst tiefere Einblicke inProblemstellungen und damit neueIdeen zu deren Lösung. Scheuen Siealso nicht die Auseinandersetzung, siebringt Sie einer gemeinsamen Lösungnäher!

    Grenzen für Öffentlichkeits-beteiligung

    Beteiligungsprozesse können wesent-lich zu einer verbesserten, nachvoll-ziehbaren Entscheidungsfindung beiAngelegenheiten von öffentlichemInteresse beitragen.Aber sie habenauch ihre Grenzen.

    Beteiligungsprozesse haben wenigAussicht auf Erfolg, wenn

    � die Betroffenen nicht daran teilneh-men wollen, weil sie beispielsweiseAngst haben, vereinnahmt zu wer-den, schlechte Erfahrungen mitBeteiligungsverfahren gemachthaben oder andere Möglichkeitensehen, ihre Interessen besser durch-zusetzen.

    � die Unterstützung seitens der Ent-scheidungsträgerInnen fehlt, etwaweil die Politik oder die Verwaltungeine Einschränkung ihrer Entschei-dungsmacht befürchtet.

    � es keinen Handlungsspielraum gibt,weil die wesentlichen Entscheidun-gen bereits gefallen sind.

    � soziale Ungleichheiten und unter-schiedliche Zugänge zu Beteiligungs-prozessen nicht ausgeglichen wer-den können; wenn es beispielsweisenicht gelingt, schwer erreichbareoder benachteiligte Gruppen (wiez. B. MigrantInnen) zu beteiligen.

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    Internationale Dokumente wie dieRio-Deklaration, die Charta von Aal-borg oder die Aarhus-Konventionmarkieren Meilensteine auf dem Wegzu einer Nachhaltigen Entwicklungund der Einbeziehung der Öffentlich-keit in Entscheidungsprozesse. Mitt-lerweile haben die dort festgelegtenIdeen Eingang in Gesetze und Politi-ken (�Glossar) gefunden – sowohlauf österreichischer als auch auf EU-Ebene.

    Weitere Beispiele für österreichischeGesetze, die Regelungen zu Öffent-lichkeitsbeteiligung enthalten, sind dieGewerbeordnung, das Wasserrechts-gesetz oder die Raumordnungsgeset-ze der Länder.Auch im Bundes-Ver-

    fassungsgesetz finden sich Bestim-mungen zu Beteiligungsrechten, wiez. B. zu direktdemokratischer Beteili-gung durch Volksbegehren,Volksab-stimmung und Volksbefragung.Welche rechtlichen Regelungen füreinen Beteiligungsprozess Geltunghaben, hängt vom konkreten Fall ab.Für erste Informationen kontaktierenSie am besten die zuständigen Stellender Verwaltung oder wenden sich andie Umweltanwaltschaft Ihres Bun-deslandes.

    Rechtlicher und politischer Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung

    Der Wunsch, Öffentlichkeitsbeteiligung stärker zu verankern und die Förderung einerNachhaltigen Entwicklung (�Glossar) stehen in einem engen Zusammenhang.

    Brundtland-Bericht 1987Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, „die die Bedürfnisse der heutigen Generation befriedigt, ohne zu riskieren, dasszukünftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht befriedigen können“. Daher muss sich Nachhaltige Entwicklung an den Prinzipienorientieren: Bewahrung der Umwelt, wirtschaftliche Entwicklung, soziale Gerechtigkeit und politische Beteiligung.UN-Konferenz in Rio de Janeiro 1992Beschluss der „Rio-Deklaration“ und der „Agenda 21“, des Arbeitsprogramms für das 21. Jahrhundert: Die umfassende Ein-beziehung der Bevölkerung in politische Entscheidungsprozesse ist wichtige Voraussetzung für eine Nachhaltige Entwicklung.Ein kommunales Handlungsprogramm, die „Lokalen Agenda 21“ (�Glossar), wird formuliert.Europäische Konferenz in Aalborg 1994„Charta von Aalborg“: Die unterzeichnenden Städte und Gemeinden verpflichten sich u. a. zur Entwicklung langfristiger Aktions-pläne für ihre Kommunen im Sinne der Lokalen Agenda 21 unter breiter Einbeziehung der Bevölkerung.Aarhus-Konvention 1998regelt den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über die Umwelt, die Öffentlichkeitsbeteiligung bei bestimmten umwelt-bezogenen Entscheidungen und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten.Weißbuch „Europäisches Regieren“ 2001definiert erstmals Grundsätze guter Regierungs- und Verwaltungsführung. Dazu gehört vor allem die Einbeziehung der Öffentlich-keit in die Politikgestaltung und Entscheidungsfindung auf allen Ebenen der EU (national, lokal etc.).Österreichische Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung 2002setzt auf eine Politik, die langfristig und ganzheitlich ausgerichtet ist und ökologische, ökonomische und soziale Aspekte gleicher-maßen integriert.Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung werden als „Schlüssel“ zur Umsetzung der Strategie gesehen.Aalborg +10 Konferenz 2004Beschluss der so genannten „Aalborg Verpflichtungen“: Maßnahmen zur Sicherung der Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit vonStädten und Gemeinden in zehn Themenbereichen (u. a. Planung, Mobilität, Gesundheit, Good Governance).

    Meilensteine in Richtung Nachhaltige Entwicklung und Öffentlichkeitsbeteiligung

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    Die Initiative für einen Beteiligungs-prozess kann jede/r ergreifen:

    � BürgerInnen schließen sich zusam-men, um Lärmschutzmaßnahmenbeim neuen Autobahnzubringereinzufordern.

    � Umweltorganisationen werdenaktiv, um ein Naturschutz- undNaherholungsgebiet zu erhalten.

    � MitarbeiterInnen der Verwaltungerhalten den Auftrag, ein regionalesVerkehrskonzept auf breiter Basiszu erstellen und die Zustimmungder betroffenen Interessengruppendafür zu sichern.

    � Politische EntscheidungsträgerInnenwollen gemeinsam mit den Bürger-Innen ihrer Gemeinde ein zu-kunftsweisendes Leitbild zur Ge-meindeentwicklung erarbeiten.

    � Ein Projektwerber plant die Erwei-terung einer Industrieanlage undwill die Rahmenbedingungen vorabmit den AnrainerInnen regeln, umdie Akzeptanz für das Projekt sicherzu stellen und Konflikte und Verzö-gerungen zu vermeiden.

    Wie Öffentlichkeitsbeteiligungbeginnt

    Was sind nun die konkreten Schritte, um einen Beteiligungsprozess zu initiieren?

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    Wie Öffentlichkeitsbeteiligung beginnt

    � ChecklisteInitiierung S. 53

    Informieren Sie sich und andere

    � Holen Sie umfassende Informatio-nen über die Hintergründe undBegleitumstände ein. Gibt esbereits Aktivitäten? Welche Forde-rungen, Ideen oder Anregungenwerden von Betroffenen vorge-bracht? Was sind die konkretenAnliegen und Konfliktbereiche?Recherchieren Sie in Zeitungenund im Internet und suchen Siedas Gespräch mit Personen ausIhrer Gemeinde oder IhremUmfeld. Sie können sich auch beiBürgerInnenbüros, den Landesum-weltanwaltschaften oder imGemeindeamt erkundigen.

    � Wenn Sie als BürgerIn oder Ver-treterIn einer Interessengruppenoch Verbündete für eine Initiativesuchen, machen Sie Ihr Themaöffentlich: über Zeitungsartikel,Veranstaltungen, Plakate, Postwurf-sendungen, Flugzettel oder per-sönliche Gespräche. Gibt es zuIhrem Thema noch keine Initiativeund haben Sie vor, eine zu grün-den, definieren Sie gemeinsam mitanderen Interessierten Ihre Zieleund zwar möglichst konkret: Waswollen Sie erreichen? Wie soll dieSituation aussehen, nachdem derBeteiligungsprozess erfolgreichverlaufen ist? Stellen Sie sich IhreZiele möglichst bildhaft vor, dennBilder sind ideale Zugpferde.Wichtig ist, dass Ihre Ziele realis-tisch sind. Sie können auch zwi-schen Zielen unterscheiden, dieSie unbedingt erreichen wollenund solchen, bei denen Sie notfallsauch Abstriche in Kauf nehmen.

    � Informieren Sie als Projektwerbe-rIn, als politische Entscheidungs-trägerIn oder als MitarbeiterIn derVerwaltung die Bevölkerung aktivüber ein Projekt bzw. über denZugang zu Information.Wichtigsind konkrete, anschauliche undallgemein verständliche Informa-tionen. Die ausgewogene Darstel-lung sowohl der Vorteile als auchder möglichen Beeinträchtigungendurch das Projekt ist ebenfallseine wichtige, vertrauensbildendeMaßnahme.

    Klären Sie, ob die Voraus-setzungen für einen formalenBeteiligungsprozess gegebensind

    � Wenn an die Verwaltungsbehördenein Anliegen oder Projekt heran-getragen wird, wird untersucht, obÖffentlichkeitsbeteiligung ver-pflichtend vorgesehen ist, bei-spielsweise in einem UVP-Verfah-ren, bei einer Strategischen Um-weltprüfung (SUP �Glossar), beieiner Flächenwidmungsplanungoder bei wasserwirtschaftlichenPlanungen.

    � Erkundigen Sie sich als BürgerInoder InteressenvertreterIn, wannund in welcher Form Sie Einfluss-möglichkeiten haben, um keineFristen zu versäumen. Das könnenSie beispielsweise in IhremGemeindeamt, bei den zuständigenVerwaltungsbehörden oder beiden Umweltanwaltschaften tun.

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    Wie Öffentlichkeitsbeteiligung beginnt

    Wägen Sie den Nutzen einesinformalen Beteiligungsprozessesab

    � Überlegen Sie, ob die vorgesehenenverpflichtenden Beteiligungsmöglich-keiten für die Umsetzung Ihres An-liegens oder Projektes ausreichenoder ob nicht ein intensiverer Be-teiligungsprozess möglicherweisebessere und nachhaltige Ergebnissebringt.

    � Ist formal keine Öffentlichkeitsbetei-ligung vorgesehen, wägen Sie denNutzen eines informalen Beteili-gungsprozesses ab; insbesonderewenn es sich um ein konfliktträchti-ges Thema handelt, Sie als Vertreter-In der Politik oder Verwaltung mitder Bevölkerung neue Wege derZusammenarbeit suchen, eineaußergewöhnliche Idee verwirk-lichen oder die größtmöglicheAkzeptanz für ein Vorhaben er-reichen wollen.

    Entwickeln Sie Ideen für denAblauf des Beteiligungsprozesses

    � Wenn Sie einen intensiveren Beteili-gungsprozess durchführen möchten,überlegen Sie, wie ein solcher Pro-zess für Ihr spezielles Thema aus-sehen könnte.

    � Schreiben Sie Ihre Ideen nieder undformulieren Sie ein erstes Konzept.Damit werden Ihre Ideen auch fürandere Personen nachvollziehbar,die Sie von der Sinnhaftigkeit IhresVorhabens überzeugen wollen.Überlegen Sie dabei auch, welchenNutzen ein Beteiligungsprozess fürandere betroffene Gruppen, diepolitischen EntscheidungsträgerIn-nen oder die Verwaltung haben kannund wo die Chancen und Riskenliegen.Argumente, die Ihnen bei der Über-zeugungsarbeit helfen können, fin-den Sie auf Seite 50 (�Nutzen vonÖffentlichkeitsbeteiligung)!

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    Wie Öffentlichkeitsbeteiligung beginnt

    � Zur Planung Ihres Beteiligungspro-zesses können Sie sich auch nütz-liche Tipps und Informationen beiprofessionellen ProzessbegleiterIn-nen (�Glossar) holen.

    Klären Sie die Möglichkeiten füreinen Beteiligungsprozess mitanderen Betroffenen, der Politikund der Verwaltung ab

    � Kontaktieren Sie als BürgerIn bzw.InteressenvertreterIn die zuständi-gen PolitikerInnen oder Verwal-tungsstellen, um heraus zu finden,ob diese einen Beteiligungsprozesszu Ihrem Anliegen unterstützenwürden. Stellen Sie Ihr Konzeptfür einen Beteiligungsprozess vorund streichen Sie den Nutzen(�S. 50) des Vorhabens heraus.

    � Für BürgerInnen und Interessen-vertreterInnen ist es sinnvoll, alsGruppe aufzutreten, um zu doku-mentieren, dass hinter der Ideenicht nur einzelne Personen, son-dern viele Menschen stehen.

    � Besprechen Sie die nächstenSchritte, die notwendig sind, umden Beteiligungsprozess zu startenund treffen Sie klare Vereinbarun-gen, wer was mit wem bis wannerledigt.

    � Klären Sie, wer die Leitung oderKoordination im Beteiligungspro-zess übernimmt und wie dieFinanzierung aussieht.

    � Stimmen Sie das Konzept für denBeteiligungsprozess mit den Betei-ligten ab.

    Wenn Ihre Überzeugungsarbeiterfolgreich war, kann es mit denVorbereitungen für die Durch-führung des Beteiligungs-prozesses losgehen.

    � PraxisteilFinanzierungS. 57

    Informieren Sie sich und andere

    Klären Sie, ob die Voraussetzungen für einen formalenBeteiligungsprozess gegeben sind

    Wägen Sie den Nutzen eines informalen Beteiligungsprozesses ab

    Entwickeln Sie Ideen für den Ablauf des Beteiligungsprozesses

    Klären Sie die Möglichkeiten für einen Beteiligungsprozess mit anderen Betroffenen,

    der Politik und der Verwaltung ab

    Schritt für Schrittzum Beteiligungs-prozess

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    Klären Sie Ziele und Aufgaben-stellung

    � Allen Beteiligten muss klar sein,welches Ziel der Beteiligungspro-zess verfolgt und wie die konkreteAufgabenstellung lautet. Um die Fra-gestellung auf den Punkt zu bringen,ist es hilfreich, die momentane Aus-gangssituation sowie Entwicklungenin jüngster Vergangenheit zu durch-leuchten, z. B.: Was ist unser Anlie-gen? Wie ist es entstanden? Wer istdavon betroffen?

    � Die Aufgabenstellung muss vomErgebnis her offen sein, ein entspre-chender Gestaltungsspielraum istnotwendig.Wenn bereits in einigenTeilbereichen Vorentscheidungengetroffen wurden – etwa wenn derBau einer Straße beschlossen istund es im Prozess nur um dieDetails der Umsetzung geht – müs-sen diese Fixpunkte offen gelegtwerden.Wichtig für das Gelingendes Prozesses ist es, dass für alleBeteiligten klar ist, über welcheThemen diskutiert wird und überwelche nicht (mehr).

    Wie Öffentlichkeitsbeteiligunggelingt

    Entscheidend für das Gelingen des Beteiligungsprozesses ist eine profundeVorbereitung. Dadurch schaffen Sie bereits vor dem Beginn der erstenVeranstaltung günstige Voraussetzungen für einen erfolgreichen Verlauf. Währendder Durchführung des Prozesses empfiehlt es sich, kontinuierlich zu reflektieren,ob die erforderlichen Qualitätskriterien beachtet werden, damit Ihr Vorhaben den Erfolgskurs hält.

    � ChecklistenVorbereitung undDurchführung S. 54 ff.

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    Wie Öffentlichkeitsbeteiligung gelingt

    Laden Sie alle Betroffenen ein,sich zu beteiligen

    � Der Beteiligungsprozess soll füralle interessierten oder vomThema betroffenen Personen oderGruppen offen sein. Haben vielePersonen ähnliche Interessen, kön-nen sie eine/n VertreterIn bestim-men, der/die ihre Anliegen imBeteiligungsprozess vertritt. Um-weltinteressen können durch Um-weltschutzorganisationen oder dieUmweltanwaltschaften der Bun-desländer eine Stimme bekom-men.Wichtig ist, dass alle betroffe-nen Interessengruppen zur Teilnah-me eingeladen werden. Frauen undMänner sollen möglichst in einemausgewogenen Verhältnis vertretensein.

    � Für eine erfolgreiche Zusammen-arbeit im Beteiligungsprozess istes notwendig, gemeinsam Spielre-geln über den Umgang miteinan-der und mit Informationen festzu-legen. Darin kann beispielsweisefestgehalten werden, dass alle Teil-nehmerInnen die gleichen Rechteund Pflichten haben, die gleichenInformationen bekommen, gleich-berechtigt zu Wort kommen undgleichen Einfluss auf das Resultatdes Prozesses haben.

    � Die Teilnahme an Beteiligungspro-zessen ist immer freiwillig! DieBetroffenen werden dann teilneh-men, wenn sie den Nutzen für sicherkennen und mögliche Befürch-tungen ausgeräumt werden kön-nen.

    Planen Sie ausreichend Zeitund Geld ein

    � Für einen Beteiligungsprozess istausreichend Zeit nötig. DamitBetroffene und Interessierteabschätzen können, ob sie für eineTeilnahme genug Zeit zur Verfü-gung haben, ist ein Zeitplan sinn-voll. Zeit müssen Sie beispielswei-se für die Teilnahme an Veranstal-tungen oder Sitzungen, für dasLesen von Unterlagen, die Beschaf-fung zusätzlicher Informationen,für Abstimmungsgespräche oderdie Organisation von Treffen ein-planen. Der zeitliche Rahmen soll-te ausreichend und realistischbemessen sein, um nicht unnötigZeitdruck zu produzieren undeinen Zeitpuffer für unvorherseh-bare zusätzliche Erfordernisse zuhaben.

    � Personen, die in ihrer Freizeitunentgeltlich an Beteiligungspro-zessen teilnehmen, sollten als Aus-druck der Wertschätzung ihresEngagements eine Anerkennungerhalten. Denkbar sind nebenfinanziellen Entschädigungenbeispielsweise eine Auszeichnungbeim Abschlussfest des Prozessesmit der/dem BürgermeisterIn,andere öffentliche Ehrungen,gemeinsame Ausflüge, Danksagun-gen mit Fotos der TeilnehmerIn-nen in den regionalen Zeitungenoder Vergünstigungen für öffent-liche Dienstleistungen (Freibad,öffentliche Verkehrsmittel,Bücherei,Ausstellungen etc.).

    Holen Sie sichprofessionelleUnterstützung

    Jeder Beteiligungsprozessprofitiert von einer profes-sionellen Begleitung, dieam besten so genanntenProzessbegleiterInnen(�Glossar) übertragenwird. Ihre Aufgabe ist dieVorbereitung, Begleitung,Moderation und Nachbe-reitung des Beteiligungs-prozesses.

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    Wie Öffentlichkeitsbeteiligung gelingt

    � Eine wichtige Grundvoraussetzungist die Sicherstellung der Finanzie-rung des Beteiligungsprozesses.Wel-che Kosten können in einem Beteili-gungsprozess anfallen? Die Höhe der Kosten ist von dergewählten Methode, der Dauer undGröße des Vorhabens etc. abhängigund im Einzelfall zu kalkulieren. EineRichtgröße erhalten Sie durchKostenaufstellungen, die zu einzel-nen Praxisbeispielen in diesemHandbuch vorliegen.Wollen Sieumfangreichere Leistungen beauf-tragen, empfehlen wir Ihnen,Ver-gleichsangebote einzuholen. ZumBeispiel Honorare für Prozess-begleiterInnen und Gutachten, Mie-ten für Sitzungsräume, Kosten fürSpeisen und Getränke bei den Sit-zungen, die Erstellung und Verteilungvon Informationsmaterial, eineInternetseite, eventuelle Aufwands-entschädigungen für ehrenamtlichBeteiligte etc.

    � AnsprechpartnerInnen zur Siche-rung der Finanzierung der Öffent-lichkeitsbeteiligung sind jene Stellenund Organisationen, die vorrangigNutzen aus dem Beteiligungspro-zess ziehen. Das können einerseitsdie Verwaltung oder die Politik (z. B.der Gemeinderat) sein oder ande-rerseits betroffene Interessengrup-pen oder ProjektwerberInnen. Emp-fehlenswert ist jedenfalls, sich ummehrere Finanzierungsquellen zubemühen. Das sichert die Unabhän-gigkeit und Glaubwürdigkeit desVerfahrens und verhindert, dass derEindruck „wer-zahlt-schafft-an“ ent-steht.

    Legen Sie Einflussmöglichkeitenund den Umgang mit den Ergeb-nissen offen

    � Allen TeilnehmerInnen muss vonAnfang an klar sein, welchen Einflusssie auf das Ergebnis haben und werim Beteiligungsprozess welche Ent-scheidungen trifft.Werden die Teil-nehmerInnen nur informiert, kön-nen sie auch Stellungnahmen abge-ben oder entscheiden sie sogar mit?

    � Ebenso muss geklärt werden, wasmit den Ergebnissen des Beteili-gungsprozesses geschieht, wie ver-bindlich sie sind und wie die Ergeb-nisse in den nachgelagerten forma-len Entscheidungsstrukturen (z. B.Gemeinderatbeschluss) verankertwerden.Wird das Ergebnis etwa alsEmpfehlung an den Gemeinderatzur Beschlussfassung weitergeleitetoder wird es in einem zivilen Ver-trag zwischen den Beteiligten veran-kert?

    Verknüpfen Sie den Prozess mitbestehenden Entscheidungs-strukturen

    � Für die meisten Aufgabenstellungenim öffentlichen Bereich gibt es for-male, gesetzlich geregelte Entschei-dungsverfahren, beispielsweise fürdie Erteilung einer behördlichenGenehmigung für eine Industrieanla-ge. Informale Beteiligungsprozessesind nicht gesetzlich reglementiertund daher haben ihre Ergebnisse inder Regel nur empfehlenden Cha-rakter. Öffentliche Unterstützungkann den Ergebnissen aus demBeteiligungsprozess Gewicht verlei-hen. Es besteht aber in der Regelkein Rechtsanspruch, dass diese inder Entscheidung übernommen

    � Kapitel Praxisbeispiele S. 22 ff.

    � PraxisteilFinanzierung S. 57

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    Wie Öffentlichkeitsbeteiligung gelingt

    werden. Daher ist es wichtig, dassinformale Beteiligungsprozesse indie formalen Entscheidungsabläufeeingebettet sind (�S. 10).

    � Vorab muss die Unterstützungdurch die politischen Entschei-dungsträgerInnen und die Verwal-tung geklärt werden. Idealerweisegeben die EntscheidungsträgerIn-nen die Zusage, dass die Ergebnis-se des Beteiligungsprozesses über-nommen bzw. Abweichungendavon begründet werden. Eine sol-che Zusicherung ist ein wesentli-ches Fundament für den Erfolg derÖffentlichkeitsbeteiligung und einstarkes Signal für die Beteiligten,dass Politik und Verwaltung denProzess unterstützen und ernstnehmen.

    Sorgen Sie für Informationsfluss

    � Um einen konstruktiven und aus-gewogenen Beteiligungsprozess zugarantieren, ist es notwendig, allenBeteiligten rechtzeitig und konti-nuierlich alle für den Prozess rele-vanten Informationen zur Verfü-gung zu stellen.

    � Oft besteht großes Interesse amBeteiligungsprozess auch beijenen, die nicht unmittelbar invol-viert sind oder sich nicht durchge-hend beteiligen können. DurchÖffentlichkeitsarbeit sorgen Siefür Transparenz und können dieUnterstützung des Vorhabens inder Öffentlichkeit erhöhen.

    � Eine gute Dokumentation desBeteiligungsprozesses durch Zwi-schenberichte, Protokolle, Fotosetc. macht die Ergebnisse nachvoll-ziehbar – auch für jene, die nichtdaran teilgenommen haben. Sieerleichtert außerdem die Argu-mentation gegenüber Entschei-dungsträgerInnen, die am Ende desProzesses die Umsetzung desErgebnisses beschließen sollen.

    � ChecklisteÖffentlichkeits-arbeit S. 56

    Klären Sie Ziele und Aufgabenstellungen

    Laden Sie alle Betroffenen ein, sich zu beteiligen

    Planen Sie ausreichend Zeit und Geld ein

    Legen Sie Einflussmöglichkeiten und den Umgang mit den Ergebnissen offen

    Verknüpfen Sie den Prozess mit bestehendenEntscheidungsstrukturen

    Sorgen Sie für Informationsfluss

    Mit einer gutenVorbereitung zurerfolgreichen Durch-führung

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    Es werden insgesamt 14 Beispiele dar-gestellt, die die Bandbreite möglicherAnwendungsfelder von Öffentlichkeits-beteiligung aufzeigen – von Verkehrs-und Mobilitätsfragestellungen, überRegionalentwicklung bis hin zu Ansät-zen in der Gemeinwesenarbeit. Damitwird die bestehende Vielfalt an Beteili-gungsprozessen illustriert. Sie erfahrenhier, wie Beteiligungsprozesse in Öster-reich durchgeführt wurden, welcheMethoden zum Einsatz kamen undwelche Ergebnisse damit erzieltwerden konnten.

    Die Auswahl der Fallbeispiele erfolgtenach unterschiedlichen Kriterien wieAktualität, Stand der Umsetzung, Inno-vationsgehalt und Übertragbarkeit aufandere Situationen. Es sind einerseitsBeispiele aus Anwendungsfeldern, indenen schon viel Erfahrung mit Öffent-lichkeitsbeteiligung gesammelt wurdeund andererseits aus Bereichen, indenen erst einzelne Pilotprojektedurchgeführt wurden.

    Die ausgewählten Beispiele unterschei-den sich auch hinsichtlich der Beteili-gungsintensität: Manche setzen vorran-gig auf der Stufe der Information undKonsultation an, andere eröffnen denbeteiligten AkteurInnen weitgehendeMitwirkungsrechte. Auch der Gegen-stand des Beteiligungsprozesses ist inden Beispielen unterschiedlich: Beimanchen stehen sämtliche Aspekteeiner Planung zur Diskussion, bei ande-ren wiederum wird nur über verschie-dene Projektvarianten oder begleitendeMaßnahmen zum Projekt ein Beteili-gungsverfahren durchgeführt.

    Im Infokasten zu Beginn jedes Beispielskönnen Sie sich über die wesentlichenEckdaten des Prozesses informieren.Im weiteren Text werden Anlass,Zielsetzung,Ablauf und die Ergebnissekurz beschrieben.Wollen Sie weiterge-hende Informationen, so finden Sieeinerseits zu jedem PraxisbeispielAnsprechpersonen und Websites undauf www.partizipation.at eineausführliche Darstellung der Prozesse.

    Die Praxisbeispiele auf den nächstenSeiten können nur einen kleinen Ein-blick in die Vielfalt der österreichischenBeteiligungspraxis bieten. Sie sollenIhnen aber eine Übersicht über mögli-che Anwendungsfelder und Vorgehens-weisen vermitteln und Sie ermutigen,auch in Ihrem Bereich Öffentlichkeits-beteiligung einzusetzen.

    Praxisbeispiele aus Österreich

    Auf den folgenden Seiten finden Sie einige Beispiele, die den aktuellen Stand derBeteiligungspraxis in Österreich zeigen.

    � siehe auchwww.partizipation.at

  • Anlass� Konflikte zwischensportbegeisterten Ju-gendlichen, die in derWohnanlage skaten,und ruhebedürftigenerwachsenen Bewoh-nerInnen, die sich durchden verursachten Lärmgestört fühlen

    Zielsetzung � Gemeinsame Erar-beitung einer Lösung,die sowohl das Ruhe-bedürfnis der Bewoh-nerInnen berücksichtigt,als auch den Jugendli-chen Gelegenheit zurAusübung ihres Sportsgibt

    AblaufAls der Konflikt zwi-schen BewohnerInnender Wohnanlage undden jungen Skaternakut wurde, nahmen dieMitarbeiterInnen desStadtteilzentrums

    Bassena Kontakt mit al-len Beteiligten auf. DieJugendlichen erhieltenGelegenheit, in Radio-sendungen des „RadioSchöpfwerk“ – dem ei-genen Radioprogrammder Wohnanlage – aufihr Anliegen, dass es zuwenig Freiräume gibt,hinzuweisen.Im Zuge der Recherchefand in einer der vomLärm betroffenen Woh-nungen eine „Hörpro-be“ statt, wodurch dieSkater erfahren konn-ten, welchen Lärm ihreSportausübung verur-sacht. Im darauf an-schließenden Vermitt-lungsgespräch im Stadt-teilzentrum wurde ver-einbart, dass die Jugend-lichen nicht mehr inder Anlage skaten. Da-für halfen die Erwach-senen bei der Suchenach einem alternativenSkaterplatz.

    Gemeinsam wurdeschließlich ein geeigne-ter Platz in der Näheder Wohnanlage gefun-den. Nach einer Platz-begehung durch Skater,Erwachsene und Magis-tratsvertreterInnen undeinem Termin bei derBezirksvorsteherinwurde eine schnelleUmgestaltung des Plat-zes zu einem richtigenSkaterplatz beschlos-sen. Die Jugendlichenarbeiteten bei der Pla-nung des Platzes mit.

    Ergebnisse� Einbeziehung derJugendlichen in dieGestaltung des neuenSkaterplatzes� Eröffnung des Platzesein halbes Jahr nach-dem der Konflikt akutgeworden war.

    SkaterparkAm Schöpfwerk

    Ort: WienBeteiligte: jugendliche und erwach-sene BewohnerInnen der SiedlungAm SchöpfwerkBegleitung und Beratung:Stadtteilzentrum BassenaKosten/Finanzierung: 46.000 Euro/Stadt Wien und private SponsorenProjektlaufzeit:01/2003 bis 06/2003Methode:moderierte Konfliktgespräche Ansprechperson:Renate Schnee,Leiterin Stadtteilzentrum BassenaT +43 (0)1 667 94 80E [email protected] Infos: www.bassena.at

    Eröffnung des Skaterplatzes am 24. Juli 2003Foto: Bassena

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    Dank an: Renate Schnee, Stadtteilzentrum Bassena

    „Die haben es wirklichgeschafft, den schwierigenKonflikt nachhaltig aus der Wohnsiedlung zuschaffen.“

    Ein Bezirkspolitiker

    „Das kann ich anderenJugendlichen nurempfehlen: Ihr müsst euch halt zusammentunund verhandeln.Wir habenda echt was erreicht!“

    Ein Jugendlicher

  • MediationsverfahrenNatura 2000 Verwall

    Exkursion insSilbertal: Ver-handlungen anOrt und StelleFoto: Wolfgang Pfefferkorn

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    Ort: Verwall, Gebiet im Montafon,VorarlbergBeteiligte: VertreterInnen aus denBereichen Landwirtschaft, Forstwirt-schaft, Jagd,Tourismus, Naturschutz,Bürgermeister der vier betroffenenGemeinden,VertreterInnen derBezirkshauptmannschaft Bludenzsowie der Vorarlberger Landesregie-rung, LandesumweltanwältinFinanzierung: Amt der Vorarlber-ger LandesregierungBegleitung und Beratung:Planungsbüro Rosinak&Partner, WienProjektlaufzeit: 01/2001 bis10/2003; ab 2004 Treffen des BeiratesMethode: Mediation

    Anlass� Heftige Konfliktezwischen Grundeigen-tümerInnen, NutzerIn-nen und Behörden imGebiet Verwall nacherfolgter Ausweisungals Natura 2000-Gebietdurch die Landesregie-rung� Konfliktfelder: touris-tische und land- undforstwirtschaftlicheNutzung des Gebietesin Verbindung mit Fra-gen des Naturschutzes� Zunehmende Ver-schlechterung des Ge-sprächsklimas zwischenBehörden und Betroffe-nen

    Zielsetzung� Erarbeitung von Ver-einbarungen über diezukünftige Nutzung desausgewiesenen Schutz-gebietes zwischen denGrundeigentümerInnen,NutzerInnen, verschie-denen anderen Interes-sengruppen und denBehörden

    AblaufDie Vorarlberger Lan-desregierung entschlosssich auf Vorschlag derUmweltanwaltschaft, einMediationsverfahrendurchzuführen.Zunächst führten dieMediatoren Vorgesprä-che und hielten Infor-mationsveranstaltungenab, um einen Überblicküber die Konfliktsitua-tion zu gewinnen undden vorläufigen Kreisder Verfahrensteilneh-merInnen festzulegen.Am Beginn standen derInformationsaustauschund die Aufarbeitungder bisherigen Ereignis-se im Mittelpunkt. Nachdrei Verhandlungsrun-den, zahlreichen Treffender Arbeitsgruppen(Landwirtschaft, Forst-wirtschaft, Jagd undTourismus), Exkursio-nen und Begehungenlag ein gemeinsam

    „Durch kleine Schrittekonnte zwischen denTeilnehmerInnen eineVertrauensbasis hergestelltwerden – so wurde eineZusammenarbeit und dieAufarbeitung vonschwierigen zurückliegenden Ereignissenmöglich. Ohne dasMediationsverfahrenhätten wir die Umsetzungdes Natura 2000-Gebiets-managements nichtgeschafft.“

    Max Albrecht

  • erarbeiteter Gesamt-entwurf für die Verein-barungen vor. Kern derVereinbarungen warenVorschläge, wie die ein-zelnen Nutzungen imGebiet Verwall mit denErfordernissen einesNatura 2000-Gebietesin Einklang gebracht

    werden können. NachDiskussion des Ent-wurfs in den Herkunfts-gruppen der im Media-tionsforum Beteiligtenwurde das Mediations-verfahren mit einer Ver-einbarung abgeschlos-sen.

    Ergebnisse� Vereinbarung mitFestlegungen über diezukünftige Nutzung so-wie über das Gebiets-Monitoring (Berichtüber Zustand und Maß-nahmenumsetzung an-hand von bestimmtenIndikatoren), auf die inder Natura 2000-Ge-bietsverordnung ver-wiesen wird� Gebietsverordnung,die auf den Vereinba-rungen des Mediations-verfahrens beruht undim Oktober 2003 inKraft getreten ist� Zusatzprotokoll, indem all jene Positionenund Vorschläge festge-halten wurden, über diees im Verfahren keineEinigung gab.

    � Einrichtung einesBeirates, in dem Behör-denvertreterInnen, dieBetroffenen und alleInteressengruppen ver-treten sind. Der Beirattrifft sich ab 2004 ein-mal jährlich, um allewichtigen Angelegenhei-ten das Natura 2000-Gebiet betreffend unddie getroffenen Verein-barungen zu bespre-chen.

    TIPP:Mehr zum Thema Parti-zipation im Zusammen-hang mit Schutz undnachhaltiger Nutzungder biologischen Vielfaltfinden Sie unterwww.biodiv.at/chm

    Sitzung des Ver-handlungsteamsMontafonFoto: Katharina Lins

    Das hintereSilbertal imNatura 2000Gebiet VerwallFoto: Katharina Lins

    Ansprechperson:Max Albrecht,Amt der Vorarlberger LandesregierungT: +43 (0)5574/511-24511E: [email protected] Infos:www.partizipation.at (ausführlicheDarstellung als Download)

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    Dank an: Wolfgang Pfefferkorn und Helmut Hiess, Rosinak&Partner; Max Albrecht,Amt der Vorarlberger Landesregierung

  • Ort: Mölltal, KärtnenBeteiligte: BürgerInnen aus demMölltal, NGOs, Interessengruppen(z. B. Nationalpark Hohe Tauern,Energieversorgungsunternehmen),VertreterInnen von Gemeinden,Land und Bund, Forschungsteam ausverschiedenen Disziplinen z. B.Hydrobiologie, Landschaftsplanung,Landwirtschaft etc.Begleitung und Beratung:Universität für Bodenkultur Wien,Abt. Hydrobiologie; Österr. Institutfür Nachhaltige Entwicklung,WienFinanzierung: BMBWK im Rah-men des Forschungsschwerpunktes„Kulturlandschaft“

    Leitbildentwicklungfür die Möll

    Anlass� Forschungsprojekt„FlusslandschaftstypenÖsterreichs – Leitbilderfür eine nachhaltigeEntwicklung von Fluss-landschaften“

    Zielsetzung� Erarbeitung einesfachlichen Leitbildes mitZielsetzungen und Maß-nahmen für die Fluss-landschaft der Möll, dasden Vorgaben der Was-serrahmenrichtlinie ent-spricht und umweltbe-zogene, soziale undwirtschaftliche Aspektegleichermaßen berück-sichtigt; mit begleiten-der Information derÖffentlichkeit und derErarbeitung eines parti-zipativen Leitbildes fürdas gesamte Mölltaldurch BürgerInnen

    AblaufIm Mittelpunkt diesesForschungsprojektesstand die Erarbeitungeines fachlich-wissen-schaftlichen Leitbildeszur Erreichung einesguten ökologischen Zu-stands der Möll. DasForschungsprojekt wur-de durch vier partizipa-tive Elemente ergänzt.

    � 1. Mölltalwork-shopDie begleitende Öffent-lichkeitsbeteiligung star-tete mit dem 1. Mölltal-workshop zur Informa-tion der AkteurInnenaus der Verwaltung, ausder Praxis sowie ausder Region zu den In-halten und Zielsetzun-gen des Forschungspro-jektes. Danach definier-te das Forschungsteam,wie die Möll aussehenmüsste, um die nachder Wasserrahmen-

    richtlinie erforderliche„gute ökologische Qua-lität“ zu erfüllen.Auchder aktuelle ökologi-sche Zustand der Möllund die Nutzungen amFluss wurden erhoben.

    � ZukunftsgesprächIn der Zwischenzeitentwickelten interes-sierte MölltalerInnen imRahmen eines Zukunfts-gesprächs ein partizipa-tives Leitbild für das ge-samte Mölltal. Dieses sogenannte partizipativeMölltalleitbild enthältZiele und Maßnahmenin den Bereichen „Le-bensader Möll“, Natur-und Kulturlandschaft,Land- und Forstwirt-schaft, Gesellschaft undKultur,Wirtschaft undTourismus.

    Revitalisierungs-maßnahmen –vor OrtdiskutiertFoto: Inst. f. Hydrobiologie& Gewässermanagement

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    „Das beste Leitbild istnichts wert, wenn es nichtvon den Menschenentwickelt und getragenwird, die in der Regionleben.“

    Ein Teilnehmer

  • � 2. Mölltalwork-shopIm 2. Mölltalworkshopwurden das „Partizipati-ve Mölltalleitbild“, dieErhebungen zum aktu-ellen Zustand der Möllsowie Vorgaben derWasserrahmenrichtliniepräsentiert und disku-tiert.

    � Fachliches LeitbildDanach erstellte dasForschungsteam einfachliches Leitbild fürdie Möll zur Erreichungdes erforderlichen gu-ten ökologischen Zu-stands. Dieses be-schreibt die typischenMerkmale des Fließge-wässers sowie die imFluss lebenden Tiereund Pflanzen, die es ge-ben würde, wenn derFluss vom Menschennur geringfügig beein-flusst wäre. Diesesfachliche Leitbild für

    den Möllfluss ergänztedas partizipative Leit-bild für das gesamteMölltal.Das Forschungsteamerarbeitete außerdemkonkrete wasserwirt-schaftliche Maßnahmenzur Verbesserung derMöll (z. B. Rückbau derFlussverbauungen, mehrWasser für die Möll ausdem flussaufwärts gele-genen Speichersee) undbewertete diese hin-sichtlich ihrer Nachhal-tigkeit und ihres Ver-hältnisses von Kostenund Wirksamkeit.

    � 3. Mölltalwork-shopIm 3. Mölltalworkshopwurden die Bewer-tungsergebnisse mitden Beteiligten disku-tiert und ihre Tendenzbestätigt.Anschließenderarbeitete das For-schungsteam konkrete

    Empfehlungen zur Ver-besserung der Gewäs-serqualität der Möll aufBasis der fachlichen Er-gebnisse, der Mölltal-workshops und vonInterviews mit denbeteiligten Interessen-gruppen.

    Da das Projekt ein rei-nes Forschungsprojektwar, gab es keinen ab-schließenden politi-schen Beschluss zumLeitbild für die Möll.Allerdings wurden dieEmpfehlungen in dasnachfolgend erstellteGewässerbetreuungs-konzept für die Möllübernommen. Die Um-setzung erster Maß-nahmen ist nach Fertig-stellung des KonzeptsEnde 2004 vorgesehen.

    Ergebnisse� Acht Empfehlungenfür konkrete Maßnah-men zur Verbesserungdes Zustands der Möll� Übernahme derEmpfehlungen in dasGewässerbetreuungs-konzept, das wesentli-che österreichischewasserwirtschaftlichePlanungsinstrument.

    StudentInnen-exkursion Foto: Inst. f. Hydrobiologie& Gewässermanagement

    NaturnaherFlussabschnittder MöllFoto: UmweltbüroKlagenfurt

    Projektlaufzeit: 02/2000 bis06/2004 (Forschungsprojekt inkl.BürgerInnenbeteiligungsprozess)Methoden: Workshops, Zukunfts-gespräch Ansprechperson:Wilhelm Pacher,Bürgermeister ObervellachT: +43 (0)4782 3055E: [email protected] Infos:www.flusslandschaften.at

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    Dank an: Susanne Muhar, Sabine Preis, Universität für Bodenkultur,Abt. Hydrobiologie;Alfred Strigl, Österreichisches Institut für Nachhaltige Entwicklung;Gregory Egger, Institut für Ökologie und Umweltplanung; Josef Kaufmann, Gemeinde Winklern im Mölltal;Angelika Staats,Wasserschule Nationalpark Hohe Tauern

  • Ort: GrazBeteiligte: BürgerInnen aus dreiGrazer Stadtteilen, Lokale Agenda21 MAnagerInnen (LAMA), Umwelt-amt GrazKosten/Finanzierung:ca. 140.000 Euro/50 % Stadt Graz, 50 % EU-LIFEBegleitung und Beratung:ARGE Müllvermeidung, GrazProjektlaufzeit:01/2001 bis 06/2003Methoden: Informationsveranstal-tungen, Befragungen, Aktivierung,Arbeitsgruppen

    Anlass� G.O.A.L. – GesundOhne Auto und Lärm:Aktionsprogramm zurSenkung der Lärm- undSchadstoffbelastungdurch eine Reduktiondes motorisierten Ver-kehrs und zur Erhö-hung des persönlichenWohlbefindens und derkörperlichen Fitness

    Zielsetzung� Im Modul „Lebens-wert Wohnen“: Ge-meinsame Erarbeitungvon Maßnahmen zurSteigerung der Lebens-qualität in drei GrazerSiedlungen mit aktiverEinbeziehung der Be-völkerung und Unter-stützung durch ehren-amtliche Mitarbeiter-Innen der Stadt Graz

    AblaufDas Projekt G.O.A.L.umfasste insgesamt sie-ben Schwerpunkte, diesich mit unterschiedli-chen Möglichkeiten zurVerkehrs- und Lärmver-meidung und zur Ver-besserung der Lebens-qualität beschäftigten.Ein besonders innovati-ver Weg wurde mitdem Schwerpunkt „Lebenswert Wohnen“gewählt. In drei Wohn-gebieten – im StadtteilLend, in der Neue Hei-mat-Siedlung Laudon-gasse/Starhemberggasse

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    „Das war das erste Mal,dass die Stadt in meineSiedlung gekommen ist!“

    Ein Bewohner einerSiedlung

    „Die Ausbildung zumLAMA ist der ,Einstieg’ ineinen fortlaufenden (Lern-)Prozess, in dem wir LAMAsunsere Rolle und unserTätigkeitsfeld gemeinsammit unseren Mitbewoh-nerInnen noch weiterkennenlernen, das dazunötige Wissen vertiefen unddann verstärkt einsetzenwerden!“

    Lisbeth Postl, LAMA

    Die LAMAsLAMAs sind BewohnerInnen rund um die ausgewählten Wohngebiete, die als VermittlerInnen zwischen Bewohne-rInnen, Siedlungsgenossenschaften und der Stadtverwaltung auftreten.Insgesamt 14 Interessierte erhielten für ihre ehrenamtliche Tätigkeit als LAMA eine kostenlose Ausbildung inModeration, Konfliktmanagement, Öffentlichkeitsarbeit etc., die mit einem Zertifikat der Stadt Graz öffentlichanerkannt wurde. Zudem haben sie laufend die Möglichkeit, sich in verschiedenen Schwerpunktthemen weiter-zubilden. Die Praxisarbeit in der eigenen Siedlung wird durch ein begleitendes Coaching unterstützt. Der LAMA-Stammtisch bietet den LAMAs die Möglichkeit, ihre Erfahrungen auszutauschen und zu reflektieren.Ein Ausweis der Stadt – die LAMA Card – weist die LAMAs als ehrenamtliche MitarbeiterInnen der Stadt aus.

    Lebenswert Wohnen –G.O.A.L., Graz LAMA in

    Diskussion

  • und in der Terrassen-haussiedlung – ent-wickelten Lokale Agen-da MAnagerInnen(LAMAs) gemeinsammit und für Bewohne-rInnen, Siedlungsgenos-senschaften und Stadt-verwaltung Maßnah-men, die zu einer höhe-ren Lebensqualität bei-tragen und das Mitein-ander fördern sollen.

    Die Arbeit derLAMAsDie LAMAs und dieProjektleitung infor-mierten die Bewohne-rInnen in den drei Sied-lungen über die Pro-jektidee und führtensiedlungsspezifisch Be-fragungen und Grup-pengespräche zum The-ma Lebensqualitätdurch. Zentrale Themenin den Siedlungen wa-ren der Umgang mitJugendlichen (Drogen-

    und Lärmproblematik),die Belastung durchVerkehrs- aber auchNachbarschaftslärm so-wie Probleme zwischenSiedlungsverwaltungund MieterInnen.In jeder Siedlung wurdeein G.O.A.L.-Komiteegegründet, das aus derProjektleitung,Vertre-terInnen von Politikund Verwaltung, Bewoh-nerInnen und BürgerIn-neninitiativen sowie denLAMAs bestand. DieseKomitees konkretisier-ten entsprechend denvorliegenden Wünschenund Problemen für jedeSiedlung Arbeitsschwer-punkte und garantier-ten eine hohe Verbind-lichkeit für die Umset-zung. LAMAs und Be-wohnerInnen erarbeite-ten dann in Arbeits-gruppen Verbesserungs-ideen und Maßnahmen-vorschläge.

    Ergebnisse� Verbesserung desVerhältnisses zwischenSiedlungsgenossenschaf-ten und MieterInnen,z.B. durch die transpa-rentere Darstellung derJahresabrechung derMietkosten oder Be-wohnerInnenbeteiligungim Rahmen von Sanie-rungsvorhaben � Initiierung von Me-diationsverfahren zumThema Lärm in Lendund zum Thema Skatenin St. Peter� Initiierung eines Eis-laufplatzes, Unterstüt-zung bei der Akzeptanzfür einen Skaterpark imVolksgarten,Trainings-kurse für Jugendliche inHip Hop, Streetball undFußball

    � Durchführung vonWohnumfeldverbesse-rungen, z. B. Erarbeitungeines Leitfadens zumlärmarmen Umbau vonWohnungen in der Ter-rassenhaussiedlung;Aufstellen von „Hunde-stationen“, Energiespar-projekt, Bepflanzungs-aktion� Durchführung eines„Verkehrs- und Lärm-gipfels“ in der Terras-senhaussiedlung� Fortführung undWeiterentwicklung desProjektteils „Lebens-wert Wohnen“ vonG.O.A.L. als fixer Be-standteil der LA21-Ak-tivitäten der Stadt Graz� Durchführung einesweiteren Ausbildungs-lehrgangs für LAMAs.

    AgendafestFotos: Andrea Grabher

    Ansprechperson:Peter Gspaltl,Agenda 21-Koordinator,Umweltamt Stadt GrazT: +43 (0)316 872-4303E: [email protected] Weitere Infos:www.goal-graz.at

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    Dank an: Peter Gspaltl, Umweltamt Stadt Graz;Andrea Grabher, ARGE Müllvermeidung

  • Planungszelle Obere Neutorgasse, Graz

    Anlass� Einstimmiger Be-schluss des Grazer Ge-meinderates, die Fuß-gängerzone in derOberen Neutorgasse inGraz zu erweitern unddazu ein BürgerInnen-beteiligungsverfahrendurchzuführen

    Zielsetzung� Entwicklung von Vor-schlägen zur Verkehrs-beruhigung der OberenNeutorgasse

    AblaufDer Beteiligungsprozessstartete mit einer Infor-mationsveranstaltungfür die breite Öffent-lichkeit zur Erläuterungdes geplanten Verfah-rens. Danach sammel-ten AnrainerInnen undGeschäftsleute in einerZielgruppenwerkstattIdeen zur Verkehrsberu-higung in der Neutor-gasse. Interessenvertre-terInnen ergänzten die-se Vorschläge in einerDiskussion am RundenTisch.

    IntensiveKleingruppen-arbeit

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    Ort: GrazBeteiligte: AnrainerInnen,Geschäftsleute, Interessenvertrete-rInnen (Kammern, politische Manda-tarInnen, NGOs), BürgerInnenBegleitung und Beratung:Forum b – Büro für Beteiligungs-verfahren, Fürstenau, DeutschlandKosten/Finanzierung: 40.000 bis50.000 Euro/Stadt GrazProjektlaufzeit:11/2002 bis 03/2003Methoden:Planungszelle, Informations-veranstaltung, Zielgruppenwerkstatt,Runder Tisch

    „Engagierte BürgerInnenkonnten sich einmal kreativbei der Gestaltung ihresLebensraums einbringen –damit gelang der positiveUmschwung vom passiven,Jammern‘ zum aktivenMitgestalten.“

    Peter Schmidl,ein Bürgergutachter

    Der Ablauf

    VORPHASEGemeinderatsent-scheidung zurDurchführung desBeteiligungspro-zesses

    BETEILIGUNGZIELGRUPPEN+ INTERES-SENVERTRE-TER/INNEN• Informations-veranstaltung• Zielgruppen-werkstatt• Runder Tisch

    PLANUNGS-ZELLEN• Vier Planungszel-len zur Erstellungeines Ideenkon-zeptes

    RÜCKKOPP-LUNGDiskussion derErgebnisse mitden Interessen-vertreterInnen

  • Inzwischen wurden 65GrazerInnen nach demZufallsprinzip für vierArbeitsgruppen, die sogenannten Planungszel-len, ausgewählt. Ihre Ar-beit startete mit einerEinführung und einerIdeensammlung. Exper-tInnen der Stadt- undVerkehrsplanung ver-mittelten ihnen Grund-lageninformation, die siedurch eine Ortsbege-hung in der Neutorgas-se ergänzten.Auf dieserBasis erstellten die Bür-gerInnen Ideenkonzepte

    und veranschaulichtenihre Vorstellungendurch Gestaltungspläne.Insgesamt arbeitetensie einen Abend undzwei ganze Tage an Lö-sungen für eine ver-kehrsberuhigte Neutor-gasse. Dafür bekamensie eine Aufwandsent-schädigung.Die Ergebnisse aus denPlanungszellen wurdenmit den Interessenver-treterInnen am RundenTisch diskutiert. DerProzessbegleiter fasstedie Ergebnisse im Bür-

    gerInnengutachten zu-sammen, das von Ver-treterInnen aus denvier Planungszellennochmals gegengelesenwurde.Anschließendpräsentierten die Bür-gerInnen ihre Ergebnis-se den Entscheidungs-trägerInnen der StadtGraz, u. a. dem zustän-digen Stadtrat. Dieserstellte die Ergebnisseim Stadtsenat vor. DieEmpfehlungen der Bür-gerInnen wurden vonallen im Gemeinderatvertretenen Fraktionenmitgetragen und beiden Budgetverhandlun-gen verankert.

    Ergebnisse� Vorschläge zur Ver-kehrsberuhigung undUmgestaltung derOberen Neutorgasse:konsensuale Empfeh-lung, die auch neue,innovative Ideenbeinhaltet� Präsentation derErgebnisse im Stadt-senat, Unterstützungdurch alle Fraktionendes Grazer Gemeinde-rats sowie Verankerungder Maßnahmen imBudget� Umsetzung derersten Maßnahmen abHerbst 2004.

    Ansprechperson:Kurt Hörmann,BürgerInnenbüro GrazT: +43 (0)316 872-5602E: [email protected] Weitere Infos:BürgerInnengutachten unterwww.graz.at/buergerinnenbuero//

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    Dank an: Kurt Hörmann und Petra Gradwohl, BürgerInnenbüro Graz; Peter Schmidl, ein Bürgergutachter

    Begehung vor Ort

    Gestaltungs-ideen werdenerarbeitetFotos: forum b

    BÜRGER-GUTACHTEN• Erstellung• Rückkopplungmit den Planungs-zellen• Übergabe an po-litische Entschei-dungsträgerInnen

    BESCHLUSS• Präsentation imStadtsenat• Verankerung imBudget

    UMSETZUNG• Informationüber die Umset-zung• erste Umset-zungsschritte

  • Ort: Bodenseeregion (Deutschland, Fürstentum Liechten-stein, Österreich, Schweiz)Beteiligte: 1.200 Jugendliche ausBaden-Württemberg, Bayern,Vorarlberg und mehreren Schweizer KantonenBegleitung und Beratung:JugenddornbirnFinanzierung: Bodensee Agenda 21,Büro für Zukunftsfragen, Jugend-abteilung des Landes VorarlbergProjektlaufzeit:08/2002 bis 12/2003Methoden: Konferenzen,Work-shops, Projektmärkte, Runde Tische,Internetpartizipation

    JugenddeklarationBodenseeregion

    Anlass� 1998 gründete dieInternationale Boden-seekonferenz (IBK), einZusammenschluss derLänder der Bodensee-region zur Lösung derUmweltprobleme die-ser Region, die Boden-see Agenda 21; Schwer-punkt 2003 waren Kin-der und Jugendlicheund ihre Vorschläge füreine Nachhaltige Zu-kunft

    Zielsetzung� Kinder und Jugend-liche erarbeiten eineJugenddeklaration zurNachhaltigen Entwick-lung der Bodensee-region

    AblaufDie Jugenddeklarationwurde auf verschiede-nen Veranstaltungen mitSchülerInnen,Vertreter-Innen von Jugendparla-menten und -gemein-deräten, Jugendverbän-den und -organisatio-nen vorbereitet.Zunächst wurden The-men, die Jugendlichebesonders interessie-ren, zusammengetragenund eine Liste mit 18Themenbereichen ent-wickelt. Diese wurdezur Abstimmung ins In-ternet gestellt.

    Die Themen• Politische Beteili-gungsmöglichkeiten • Menschenrechte • Arbeitsmarkt • Energie und Klima-probleme • Wassererhielten dabei diemeisten Stimmen und

    wurden, wiederum viaInternet, weiter ausge-arbeitet und mit einemkonkreten Forderungs-katalog versehen.

    Insgesamt arbeitetenüber 350 Jugendlicheaus der Region am De-klarationsentwurf aktivmit. Dieser wurde dannin den 1. Internationa-len Jugendgipfel einge-bracht, nochmals vonden TeilnehmerInnen in-tensiv diskutiert, kon-kretisiert und schließ-lich verabschiedet. Da-bei wurde von Anfangan Wert darauf gelegt,dass die Jugendlichenselbständig ohne Ein-fluss von Erwachsenenihre Themen und For-derungen formulierenkönnen und die Diskus-sionen selbst moderier-ten.

    Übergabe derDeklaration anVorarlbergerPolitikerInnen

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    „Die VorarlbergerJugendlichen wurden daserste Mal von denPolitikern angehört. Jetztkennen sie unsereWünsche und Forderungenund können diese in ihreEntscheidungen einfließenlassen. Ich habe schon dasGefühl, dass sie uns ernstnehmen.“

    Ein jugendlicherTeilnehmer

  • ErgebnisseInternationalerJugendgipfel am14.11.2003 inFriedrichshafen:Die Jugenddeklarationzur Nachhaltigen Ent-wicklung wurde von Ju-gendlichen vorgestelltund diskutiert. Diemehr als 1.200 anwe-senden Jugendlichenverabschiedeten dieDeklaration und über-gaben diese stellvertre-tend für die politischenEntscheidungsträgerIn-nen der Region Boden-see dem Baden-Würt-tembergischen Umwelt-und Verkehrsminister.

    Die 1. Jugenddeklara-tion zur NachhaltigenEntwicklung der Boden-seeregion umfasst fol-gende Themen und bei-spielhafte Forderungen(in der Deklarationwurden dazu konkrete

    Maßnahmen formu-liert):� Politische Beteili-gungsmöglichkeiten:Einführung direktdemo-kratischer Elemente(Referendum, Initiative),Einbindung jugendlicherVertreterInnen in dieEntscheidungsfindungim Gemeinderat� Menschenrechteund Integration:Weltweite Achtungder Menschenrechte,Wichtigkeit vonsozialer Akzeptanz undIntegration.� Arbeitsmarkt:Bessere Schulbil-dung, „Arbeiten musssich lohnen“, Aufklä-rung und Information� Energieträger undKlimaprobleme: Ver-stärkte Verlagerung desSchwerverkehrs auf dieSchiene, Förderung derForschung im Bereicherneuerbare Energien,

    Steuern vor allem aufSchadstoffe und schädli-che Auswirkungen� Wasser: Enge Ein-bindung der BürgerIn-nen in regionale Ent-scheidungsprozesse zurVerwendung des Was-sers, stärkere Überwa-chung der regionalenIndustrie, kein Verkaufder Wasserversorgungoder Wasserrechte anFremdfirmen andererStaaten.

    In Vorarlberg wurdediese Deklaration vonden Jugendlichen selbstnoch einmal überarbei-tet und auf die spezifi-sche Situation im Landabgestimmt. Mit der Ju-genddeklaration habensich bisher mehrere Po-litikerInnen befasst undFachabteilungen beauf-tragt, ExpertInnenstel-lungnahmen zu verfas-sen und Möglichkeiten

    der Umsetzung abzu-wägen.Die Jugendlichen derRegion haben weiterhindie Möglichkeit, sich inden Diskussionsprozesszum Thema Zukunftder Bodenseeregionund zu den Forderun-gen der Deklarationeinzubringen. Dazusteht ihnen sowohl dieInternetplattform alsauch Unterstützung beiDiskussionsveranstal-tungen oder Projektenzur Verfügung.Außer-dem wurde in Vorarl-berg ein fortlaufenderDialogprozess zwischenden Jugendlichen undden zuständigen Politi-kerInnen vereinbart.

    Im Jahr 2005 findetder 2. InternationaleJugendgipfel statt, beidem der Stand derUmsetzung diskutiertwerden wird.

    Vorbereitungen zum Jugendgipfel

    Fotos: Büro f. Zukunftsfragen

    Ansprechperson:Florian SchiemerT: +43 (0)650 7902065E: [email protected] Infos:www.bodensee-agenda21.net/

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    Dank an: Bertram Meusburger und Doris Fink, Büro für Zukunftsfragen, Land Vorarlberg; Florian Schiemer, teilnehmender Jugendlicher

  • Ort: Gemeinde Munderfing, Ober-österreichBeteiligte: VertreterInnen aus denBereichen Wirtschaft, Politik,Verwaltung, Interessensvertretungen,Bildungseinrichtungen/Schulen,BürgerInnenFinanzierung: Land Oberöster-reich, Europäischer Fonds fürRegionale EntwicklungBegleitung und Beratung: InstitutRetzl, Institut für Gemeindeforschungund Unternehmensberatung, LinzProjektlaufzeit: 11/2003 – laufendMethoden: Zukunftskonferenzen,Arbeitsgruppen,Veranstaltungen,Netzwerkaufbau etc.

    Lokaler Aktionsplan fürBeschäftigung und Bildung

    Anlass� Fortsetzung der po-sitiven Erfahrungen mitÖffentlichkeitsbeteili-gung im Rahmen derLokalen Agenda 21 inder rund 2.700 Einwoh-nerInnen zählendenGemeinde Munderfing� Förderung einer zu-kunftsfähigen Wirt-schaftsentwicklung inder Gemeinde undErhaltung der Wettbe-werbsfähigkeit unterden gegebenen Rah-menbedingungen (z. B.Globalisierung, Struk-turprobleme im länd-lichen Raum)

    Zielsetzung� Mit dem „LokalenAktionsplan für Be-schäftigung und Bil-dung“ (LABB) soll dieVernetzung von Wirt-schaft, Politik,Verwal-tung, Bildungseinrich-tungen, Sozialpartnernund BürgerInnen vorOrt intensiviert wer-den. Unter Einbindungvon lokalen und regio-nalen SchlüsselakteurIn-nen sollen Kooperatio-nen gestärkt und neueImpulse für Beschäfti-gungs- und Wirtschafts-wachstum erzeugt wer-den. Besonderes Augen-merk erhalten weicheStandortfaktoren wieLebensqualität (Um-welt, Betreuungsange-bote für Kinder usw.)

    AblaufVertreterInnen aus Poli-tik,Wirtschaft,Verwal-tung, Bildungseinrich-tungen, lokalen, regiona-len und überregionalenOrganisationen und in-teressierte BürgerInnenerarbeiteten gemeinsamden „Lokalen Aktions-plan für Beschäftigungund Bildung“ zur För-derung der lokalen Be-schäftigungspolitik. DieGemeindeverwaltungführte zahlreiche Vorge-spräche, um alle wich-tigen PartnerInnen insBoot zu holen (Unter-nehmen,Arbeitsmarkt-service,Wirtschafts-kammer, Schulen, El-tern, interessierte Bür-gerInnen etc.).

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    „Uns wurde während derKonferenz bewusst,welches enorme Potenzialin der Gemeinde und beiden beteiligten ExpertInnenvorhanden ist. Dieseeigenen Stärken bewusstund in Kooperation mitanderen zu nutzen, ist inZukunft eine derwichtigsten Aufgaben.“

    Erwin Moser

    „Ohne einen organisiertenProzess ist es für Einzelnesehr schwierig, Neueseinzubringen underfolgreich umzusetzen.Der Prozess alleine erzeugtallerdings keine Wirkung,wenn er nicht durchMenschen mit ihren Ideen,Visionen und ihrem Wissenausgefüllt wird.“

    Ein Prozessbegleiter

  • � Konferenz fürBeschäftigung undBildungDie „Lokale Konferenzfür Beschäftigung undBildung – Munderfing",an der mehr als 50 Per-sonen teilnahmen, mar-kierte den offiziellenBeginn des Prozesses.Im Mittelpunkt standdie Suche nach Wegenund Lösungen, um dieBeschäftigungssituationvor Ort im Interesseder Wirtschaft und derBürgerInnen zu gestal-ten. Es wurden Stan-dards für eine zukunfts-fähige kommunale Be-schäftigungs- und Wirt-schaftspolitik definiertund Strategien festge-legt, z. B. zur Vernetzungvon Unternehmen undSchulen im Ort. Nacheinem weiteren Arbeits-treffen standen siebenkonkrete Projekte fest.

    Sehr intensiv gestaltetesich der Aufbau eineslokalen Netzwerkes,das sich aus jenen Per-sonen zusammensetzt,die nachhaltig an derUmsetzung des LABBarbeiten wollen.

    � Fortsetzung derKonferenzenAuch in Zukunft sollendiese Konferenzenstattfinden und einenimmer größeren Perso-nenkreis einbeziehen:Engagierte BürgerInnenkönnen sich über dieNetzwerkaktivitäten in-formieren und eigeneIdeen einbringen.Aufdiese Weise soll die Ak-zeptanz und Unterstüt-zung seitens der Bevöl-kerung für den LABBgesichert werden.

    Ergebnisse� Entwicklung des überdie Gemeinde hinaus ge-henden Netzwerkes„Lokales Bündnis für Be-schäftigung und Bildung“(Koordination und Un-terstützung durch Netz-werkmanagement in Ge-meindeverwaltung undNetzwerkbeirat)� Beschluss des Ge-meinderats Munderfingzur Unterstützung desLABB� 7 Projekte, die in Ei-genverantwortung derüber 50 beteiligtenNetzwerkpartnerInnenumgesetzt werden:• „Wirtschaftsserviceder Gemeinde“ als ers-te Anlaufstelle für loka-le Unternehmen• „Netzwerk Einstieg“,um Arbeitslosen undWiedereinsteigerInnenden Zugang zum loka-len/regionalen Arbeits-markt zu erleichtern

    • „KooperationsdreieckSchule – Wirtschaft –Eltern“, um junge Men-schen gezielt auf dasBerufsleben vorzu-bereiten• „Munderfinger Wirt-schaftsgespräche“ (3xim Jahr) als Plattformzum Informationsaus-tausch und zur Vernet-zung• „Regionale Schulun-gen“, um Unternehmer-Innen und Beschäftigtendie Möglichkeit zu ge-ben, sich in der Näheihres Wohnortes qualifi-zieren zu können• „Haus der Generatio-nen“ zur Schaffung vonalternativen Betreuungs-angeboten für Kinder inder Gemeinde• „Mietbüro Munder-fing“ zur Vermittlungvon Betriebs- undBüroflächen für Unter-nehmerInnen.

    LABB KonferenzFotos: Gemeinde Munderfing

    Ansprechperson:Erwin Moser, Amtsleiter der Gemeinde MunderfingT: +43 (0)7744 62 55E: [email protected] Infos:www.munderfing.atwww.institut-retzl.at

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    Dank an: Erwin Moser, Gemeinde Munderfing; Matthias Raßbach, Institut Retzl

  • Ort: Bezirk Hartberg, SteiermarkBeteiligte: UnternehmerInnen,regionale Bevölkerung,VertreterIn-nen aus dem öffentlichen Bereich(z. B. Gemeinden, Bezirkshauptmann-schaft etc.), Schulen sowie zahlreichelokale und regionale Organisationen,Verbände und Vereine Beratung und Begleitung:Österreichisches Institut für Nach-haltige Entwicklung (Wissenschaft-liche Leitung),Wien; Entwicklungs-förderungsverband Bezirk Hartberg,Hartberg; Ökologische Landen-twicklung Steiermark, Hartberg;Wallner & Schauer, Graz/Wien;Integrierte Ländliche Entwicklung,Hartberg/Graz

    Regionalcluster Hartberg

    Anlass � „Regionalcluster“ alsPilotprojekt zur Stär-kung der regionalenWirtschaft mit dem Zieleiner höheren Lebens-qualität in der Region

    Zielsetzung� Anregung einer nach-haltigen Entwicklungder Regionalwirtschaft � Vernetzung von Un-ternehmerInnen aus al-len Bereichen der Wirt-schaft im Bezirk, der re-gionalen Bevölkerungsowie VertreterInnenaus dem öffentlichenBereich� Vernetzung der Pro-duzentInnen in der Re-gion Hartberg (Zusam-menarbeit von Produ-zentInnen und Konsu-mentInnen)� Reduktion der Regi-onsimporte zugunstenregionaler Produkte(aus Landwirtschaft,

    Gewerbe, Industrie,Tourismus und anderenDienstleistungsberei-chen)� Steigerung der Re-gionsexporte (Motto:„Nicht PendlerInnen,sondern Produkte undDienstleistungen expor-tieren!“)

    AblaufIm gesamten Beteili-gungsprozess waren zir-ka 150 TeilnehmerInnenaktiv engagiert (Zu-kunftskonferenz und Ar-beitsgruppen) und biszu 1.400 weitere Perso-nen in den Prozess in-volviert. Die Kerngrup-pe bildeten ausgewählteProjektpartnerInnen, diesich regelmäßig zur Ab-stimmung und Planungvon konkreten Maßnah-men wie z.B. Regional-clusterforen trafen.AlleProjektpartnerInnen,VertreterInnen aus der

    Verwaltung und demVorstand des Entwick-lungsförderungsver-bands bildeten das Pro-jektteam, das gemein-sam ein Prozessdesignerarbeitete.

    � Start-Veranstal-tungIn einem Start-Work-shop des Projektteamsund einer Start-up Ver-anstaltung wurde dasProjekt mit Ablauf, In-halten, Zielen und Nut-zen vorgestellt und derRegionalcluster ins Le-ben gerufen. Damit ent-stand bei den Beteilig-ten eine hohe Motiva-tion, sich für die Stär-kung der Region einzu-setzen.

    � Zukunfts-konferenzIn der zweitägigen Zu-kunftskonferenz erar-beiteten über 60 Perso-

    Zukunftskonfe-renz Hartberger-land „Tatenfolgen Visionen“

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    „Die Zukunftskonfer