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Das Längsschnittprojekt Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL): Familienentwicklung beim Schulübertritt O.Univ.-Prof. Dr. Brigitte ROLLETT, Ass.-Prof. Dr. Harald WERNECK und Mag. Barbara Hanfstingl FORSCHUNGSBERICHT Universität Wien Fakultät für Psychologie Institut für Entwicklungspsychologie und Psychologische Diagnostik

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Das Längsschnittprojekt

Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL):

Familienentwicklung beim Schulübertritt

O.Univ.-Prof. Dr. Brigitte ROLLETT, Ass.-Prof. Dr. Harald WERNECK

und Mag. Barbara Hanfstingl

FORSCHUNGSBERICHT

Universität Wien

Fakultät für Psychologie

Institut für

Entwicklungspsychologie und Psychologische Diagnostik

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt (t5)

Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL): Familienentwicklung beim Schulübertritt

Projektleitung

O.Univ.Prof. Dr. Brigitte Rollett

Ass.Prof. Dr. Harald Werneck

Mitarbeiterinnen des Projektes „Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL): Familienentwicklung beim Schulübertritt“

Mag. Sandra Blaas

Vera Engenhart-Klein

Manuela Gratzer

Mag. Barbara Hanfstingl

Mag. Heidelinde Hirsch

Mag. Dagmar Inwanschitz

MMag. Sandra Reichenauer

Katharina Roth

Mag. Gudrun Schmitt

Mag. Doris Wölbitsch

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt (t5)

Inhaltsverzeichnis 1. Das Projekt „Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL)........................................ 5 Brigitte Rollett und Harald Werneck

1.1 Überblick über die Resultate der ersten vier Erhebungswellen des Längsschnittsprojekts „Familienentwicklung im Lebenslauf“ (FIL) .......................... 8 1.2 Das Projekt „Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL): Familienentwicklung beim Schulübertritt“: Auswirkungen des Schulübertritts eines Kindes auf das Familiensystem ..................................................................................................... 10

1.2.1 Einleitung ............................................................................................ 10 1.2.2 Methodisches Vorgehen ..................................................................... 11

2. Die Familie beim Schulübertritt des Kindes: Mütter- und Vätertypen ................ 13 Gudrun Schmitt

2.1 Die Müttertypen zum fünften Untersuchungszeitpunkt ............................... 13 2.1.1 Beschreibungen der Müttertypen ........................................................ 15

2.2 Die Vätertypen zum fünften Untersuchungszeitpunkt................................. 16 2.2.1 Beschreibungen der Vätertypen.......................................................... 17

2.3 Aufteilung der Haushaltstätigkeiten ............................................................ 19 2.4 Aufteilung der kindbezogenen Tätigkeiten ................................................. 20 2.5 Zufriedenheit der Partnerinnen mit der Aufteilung der Zeit für Familie, Freizeit und Beruf.................................................................................................. 21 2.6 Partnerschaftsqualität aus Väter- und Müttersicht...................................... 22 2.7 Eingeschätzte Bedeutung der Familie, positive Bewertung der Kinderbetreuungs- und der Hausarbeit bei den Müttern ....................................... 24 2.8 Reaktionen der Partnerinnen auf die von den Vätertypen gelebten Rollenkonzepte ..................................................................................................... 25 2.9 Mütterliche Belastung durch die Berufstätigkeit ......................................... 26 2.10 Paarkombinationen von Müttern und Vätern .............................................. 27

2.10.1 Längsschnittliche Betrachtung der Partnerschaftsqualität................... 28 Harald Werneck, Brigitte Rollett, Barbara Hanfstingl und Sandra Reichenauer

2.11 Prädiktoren elterlicher Trennung und Scheidung ....................................... 31 3. Sozial-emotionale Entwicklung des Kindes: Das kindliche Temperament, die Bindung an die Eltern und die Beziehung zu Freunden............................................ 37 Brigitte Rollett und Barbara Hanfstingl

3.1 Das kindliche Temperament....................................................................... 37 3.1.1 Die Skalen des Temperamentfragebogens......................................... 37

Heidelinde Hirsch und Harald Werneck 3.1.2 Interkorrelationen der Skalen .............................................................. 40 3.1.3 Die kindlichen Temperamentstypen und ihre Charakterisierung......... 41

Brigitte Rollett und Barbara Hanfstingl 3.1.4 Beschreibung der Temperamentstypen .............................................. 43 3.1.5 Die Wanderung der Temperamentstypen im Längsschnitt ................. 46 3.1.6 Die Temperamentstypen im NEO-Fünf-Faktoren-Inventar.................. 48

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3.1.7 Die Temperamentstypen im Wiener Persönlichkeitsfragebogen für Kinder ............................................................................................................ 51 3.1.8 Temperamentstypen und Intelligenz ................................................... 53 3.1.9 Temperamentstypen und Anstrengungsvermeidung........................... 54

3.2 Die Bindung an die Eltern und die Beziehung zu den Freunden ................ 56 3.2.1 Die Bindung an die Eltern: Skalen des Fragebogens „Bindung an die Eltern“ ............................................................................................................ 57 3.2.2 Die Beziehung zu den Freunden: Skalen des Fragebogens „Beziehung zu Freunden“ ..................................................................................................... 59

3.3 Bindung an die Eltern, Beziehung zu Freunden und Temperamentstypen 62 4. Der Schulübertritt des Untersuchungskindes: Belastung und Bewältigung ....... 67 Brigitte Rollett und Barbara Hanfstingl

4.1 Der Fragebogen zum Schulübertritt ........................................................... 67 4.2 Die Schulübertrittstypen und ihre Charakterisierung .................................. 72 4.3 Schulübertritt und Temperament ................................................................ 79 4.4 Bindung an die Eltern und Schulübertrittsbewältigung ............................... 82 4.5 Beziehung zu den Freunden und Schulübertrittsbewältigung .................... 84 4.6 Anstrengungsvermeidung und Schulübertrittsbewältigung......................... 87 4.7 Intelligenz und Schulübertrittsbewältigung ................................................. 89 4.8 Veränderung der Schulnoten von der Grundschule zur weiterführenden Schule ................................................................................................................... 90

5. Familiale Ursachen der Entwicklung schulischer Anstrengungsvermeidung ..... 92 Brigitte Rollett

5.1 Neigung zur Anstrengungsvermeidung, Bindungserleben und Persönlichkeit: Korrelative Beziehungen............................................................... 92 5.2 Pfadanalytische Auswertungen .................................................................. 94

6. Kurzzusammenfassung ..................................................................................... 99 7. Literaturverzeichnis ......................................................................................... 100 ANHANG 1: Erhebungsinstrumente ....................................................................... 105

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

1. Das Projekt „Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL)

Brigitte Rollett und Harald Werneck

Die vorliegenden Studie stellte die fünfte Erhebungswelle des Längsschnittprojektes

„Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL)“ dar, deren Globalziel es ist, die familiäre

Entwicklung von Familien, die ihr erstes, zweites oder drittes Kind erwarteten, von

der Schwangerschaft der Mutter bis zum Erwachsenenalter zu begleiten, um

günstige und ungünstige Bedingungskonstellationen für das familiäre

Zusammenleben und die kindliche Entwicklung ermitteln zu können. Wie in diesem

Bericht dargestellt wird, können die erhaltenen Resultate für die Praxis, vor allem

aber die Prävention problematischer Entwicklungen (z.B. Schulschwierigkeiten bzw.

Verhaltensstörungen auf Seiten des Kindes oder Partnerschaftsprobleme auf Seiten

der Eltern, die im ungünstigsten Fall zu Trennung und Scheidung führen) wesentliche

Aufschlüsse liefern.

Der hier berichtete Projektabschnitt befasst sich mit der individuellen

Familienentwicklung in der Zeit des Übertritts des Untersuchungskindes von der

Grundschule in die Sekundarstufe 1. Allgemein sind derartige Übergänge als

„kritische Lebensereignisse“ anzusehen. Der Übertritt eines Kindes in die

weiterführende Schule bedeutet daher sowohl für es selbst als auch für die Familie

als Ganzes, dass neue Anforderungen bewältigt werden müssen: Die damit

verbundenen Umorientierungen und Belastungen können sich auf die

Partnerschaftsqualität der Eltern und das familiäre Zusammenleben allgemein sowie

auf die weitere kindliche Entwicklung auswirken. Im Unterschied zu

Querschnittuntersuchungen ist es im Rahmen einer Längsschnittstudie wie der

vorliegenden möglich, diese Veränderungen auf Grund der bereits vorliegenden

Informationen über die Biographie der jeweiligen Familie und die zugeordneten

Datensätze differenziert zu untersuchen und zu interpretieren.

Das Projekt „Familienentwicklung im Lebenslauf: Familienentwicklung beim

Schulübertritt“ basiert auf folgenden Vorläuferstudien: Das vom Jubiläumsfonds der

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Nationalbank in den Jahren 1990 bis 1992/93 geförderte Jubiläumsfondsprojekt Nr.

3722 „Die Bedeutung von Rollenauffassungen junger Eltern für den Übergang zur

Elternschaft” (vgl. den Abschlussbericht von Rollett & Werneck, 1993 und die im

Literaturverzeichnis angeführten Veröffentlichungen), das Projekt

„Familienentwicklung beim Übergang in das Kindergartenalter“ (Institutsfinanzierung)

und das von 1999 bis 2001 geförderte Jubiläumsfondsprojekt Nr. 7518,

„Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL): Familienentwicklung im Schulalter des

Kindes“ (vgl. den Abschlussbericht von Rollett & Werneck, 2001a, 2001b, 2001c und

die im Literaturverzeichnis angeführten Veröffentlichungen). Diese Studien führten zu

wesentlichen Erkenntnissen über Bewältigungsformen familiärer Transitionsphasen

von der Geburt eines Kindes bis zu dessen Schuleintritt.

In der ersten Vorläuferstudie wurden 175 Ehepaare untersucht, die ihr erstes,

zweites oder drittes Kind erwarteten. Die erste Erhebungswelle fand im 6.

Schwangerschaftsmonat statt; die zweite, als das Kind 3 Monate alt war. Die dritte

Erhebungswelle erfolgte, als das Kind 3 Jahre alt war und die vierte Erhebungswelle

im Grundschulalter des Kindes).

Im Rahmen der ersten beiden, unter dem Projekttitel „Die Bedeutung von

Rollenauffassungen junger Eltern für den Übergang zur Elternschaft” laufenden

Erhebungswellen wurde vor dem Hintergrund der beobachtbaren gesellschaftlichen

Veränderungen, im Verhältnis zwischen Müttern und Vätern untersucht, wie junge

Eltern die zumeist mit großen Umstellungen verbundene Phase der

Familiengründung bzw. -erweiterung gestalten, von welchen Rollenvorstellungen sie

geleitet werden und welche Problemkonstellationen dabei typischerweise auftreten.

Zu diesem Zweck wurde sowohl zum ersten Erhebungszeitpunkt im 6.

Schwangerschaftsmonat (t1) als auch drei Monate nach der Geburt des Kindes (t2)

ein umfassendes Fragebogeninventars eingesetzt: Zur Anwendung kamen dabei der

Partnerschaftsfragebogen von Hahlweg (1979), der Elternschaftsfragebogen von

Nickel, Grant und Vetter (1990) zur Erfassung der elterlichen Rolleneinstellungen

sowie ein umfassender Fragebogen zur Erfassung der Gesamtsituation (betreffend

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die Geburtsvorbereitung bzw. den Geburtsverlauf, den Gesundheitszustand des

Kindes, Umgang mit dem Kind, Kinderwunsch, Änderungen durch das Kind,

Änderungswünsche, Freizeitverhalten, Bedeutung von Beruf und Familie,

Arbeitsteilung zwischen den Partnern, Verhältnis zur Herkunftsfamilie,

Freundeskreis, Wohnsituation, soziodemographische Daten usw.). Beim zweiten

Testzeitpunkt wurden diese Erhebungsinstrumente zur Erfassung der elterlichen

Situation erneut eingesetzt. Außerdem wurden die 3 Monate alten Kinder mit den

Bayley-Scales auf ihre mentale und psychomotorische Entwicklung hin getestet und

die Mütter mit Hilfe eines eigens in Anlehnung an das Konzept von Thomas und

Chess (1977) konstruierten Temperamentfragebogen über das Temperament ihrer

Kinder befragt.

Drei Jahre später erfolgte die dritte Erhebung (t3), bei der 152 Familien erneut

befragt werden konnten, wobei neben den bereits erwähnten Verfahren

(Partnerschaftsfragebogen, Elternschaftsfragebogen und Fragebogen zur

Gesamtsituation – in leicht modifizierten Versionen) die „Kaufman Assessment

Battery for Children“ (Melchers & Preuß, 1991) und der „Wiener Entwicklungstest“

(Kastner-Koller & Deimann, 1998) zur umfassenden Erhebung des

Entwicklungsstandes der Dreijährigen eingesetzt. Außerdem kam eine adaptierte

Version des Fragebogens zur Erfassung des Temperaments zum Einsatz.

Bei der vierten Erhebungswelle (t4), die im Rahmen des Projekts

„Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL): Familienentwicklung im Schulalter des

Kindes“ durchgeführt wurde, wurden folgende Verfahren verwendet: Neben den

bereits bewährten (dem Alter entsprechend adaptierten) Fragebogenbatterie kamen

der HAWIK-III (Tewes, Schallberger & Rossmann, 2000) zur Erfassung der

Intelligenz der Kinder, die Hamburger Erziehungsverhaltensliste HAMEL

(Baumgärtel, 1979), ein eigens entwickelter Persönlichkeitsfragebogen für die

Kinder, die Bildversion des Anstrengungsvermeidungstests (AVT; vgl. H. Ambros,

1982, R. Ambros, 1985) ein Erfassungsinstrument zur Erhebung der

Bindungssicherheit, der Geschwisterbeziehung und der Beziehung der Kinder zu den

Eltern zum Einsatz.

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1.1 Überblick über die Resultate der ersten vier Erhebungswellen des Längsschnittsprojekts „Familienentwicklung im Lebenslauf“ (FIL)

Ein wesentliches Ziel der differentiellen Befunde des Längsschnittprojektes ist es,

Möglichkeiten aufzuzeigen, negative Entwicklungen in der Familie frühzeitig zu

erkennen, um entsprechende präventive Maßnahmen setzen zu können.

Betrachtet man die ersten Jahre der Familiengründungs- bzw. -erweiterungsphase

aus Perspektive der Eltern, so fallen in erster Linie die markanten Veränderungen im

Bereich der Partnerschaftsqualität ins Auge. Diese entwickelte sich von der

Schwangerschaft bis drei Jahre nach Geburt des Kindes signifikant negativ (vor

allem bei Ersteltern). Sowohl aus Sicht der Mütter wie auch der Väter kam es zu

einem Anstieg des Streitverhaltens bei gleichzeitiger Einschränkung der

Kommunikation und Abnahme des empfundenen Zärtlichkeitsverhaltens zwischen

den Partnern (speziell wenn es sich um ein männliches Kind handelte). In diesem

Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass bei der Arbeitsaufteilung im Haushalt

und bei der Kinderversorgung die Mütter – entgegen den Vorstellungen vor der

Geburt des Kindes – in zunehmendem Maß eindeutig die Hauptlast übernahmen.

Auch in den sozialen Kontakten kam es im Beobachtungszeitraum für beide

Elternteile zu beträchtlichen Veränderungen. Väter gaben dabei durchschnittlich

einen kleineren Freundes- und Bekanntenkreis an als die Mütter, wobei der Wunsch

nach mehr außerfamilialen Kontakten interessanterweise drei Jahre nach der Geburt

des Kindes deutlich anstieg. Damit zusammenhängend erhöhte sich auch

kontinuierlich, sowohl bei Vätern und Müttern (speziell den nicht-erwerbstätigen), der

Eindruck einer Belastung durch das Kind, was jedoch nicht mit generell negativer

werdenden Einstellungen gegenüber Kindern einherging. Die empfundene Belastung

der Eltern hängt – wie pfadanalytisch gezeigt werden konnte – generell vor allem von

Partnerschaftsvariablen, der Freude an Kindern, aber (insbesondere für Mütter) auch

stark vom Temperament des betreffenden Kindes ab.

Bei den Väter ergaben sich aufgrund clusteranalytischer Auswertungen folgende

Einstellungstypen: Die „Neuen“ Väter (15.9%), die „familienorientierten“ Väter

(31.7%) und die „eigenständigen“ Väter (52.4%). Die Mütter wurden unterteilt in

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„selbstbewusste, kinderliebende“ Mütter (23.8%), „emanzipierte Mütter, die Kinder

nicht als Belastung erleben“ (13.4%), „emanzipierte Mütter, die Kinder als Belastung

erleben“ (31.7%), „überforderte Mütter, die Kinder weniger als Belastung erleben“

(9.8%) und „überforderte Mütter, die Kinder als starke Belastung erleben“ (21.3%).

Von Interesse waren nun wiederum Veränderungen bzw. Verschiebungen zwischen

diesen Gruppen von einem Erhebungszeitpunkt zum nächsten. So reduzierte sich

etwa bei den Vätern die Gruppe der „Neuen“ Väter vom ersten Zeitpunkt (d.h. von

der Geburt des Kindes) bis zum zweiten, als das Kind 3 Monate alt war, fast um die

Hälfte, während in den folgenden 3 Jahren ein deutlicher Zuwachs der Gruppe der

„eigenständigen“ Väter, interpretierbar als zunehmende Distanzierung von familiären

Belangen, beobachtet wurde.

Mit Hilfe der beiden neu konstruierten Temperamentfragebögen konnten

(clusteranalytisch) Gruppen mit jeweils typischem Temperamentskalenprofil

unterschieden werden: Dies waren – analog zur klassischen New Yorker

Längsschnittstudie von Thomas und Chess, 1977 – bei den 3 Monate alten Kindern

die gut angepassten „Easy“-Babys (47.2%), die im Umgang schwierigen „Difficult“-

Babys (9.2%) und die langsam reagierenden „Slow-to-warm-up“-Babys (43.6%). Drei

Jahre später ergaben sich vier Temperamentformen: Kontaktscheue und

introvertierte Zurückgezogene Kinder (45.1%), pflegeleichte und emotional

intelligente „Easy“-Kinder (17.7%), schwierige „dominante“ Kinder (8.8%) und eine

unauffällige „Normalgruppe“ (28.3%). Im Beobachtungszeitraum von drei Jahren

konnten dabei einige bemerkenswerte Veränderungen bzw. Verschiebungen

festgestellt werden: So wurden nun etwa 90% der „Difficult“-Babys den

Zurückgezogenen Kindern zugeordnet oder fast doppelt so viele „Slow-to-warm-up“-

Babys wie erwartet den „dominanten“ Kindern.

Von den Resultaten zur vierten Erhebungswelle sind vor allem die weiter negativen

Entwicklungen im Partnerschaftsbereich bemerkenswert, wobei insbesondere die im

Vergleich zum dritten Untersuchungszeitpunkt sich nochmals deutlich

verschlechternden Werte aus Sicht der Väter hervorstechen (s. genauer z. B.

Werneck, submitted a). Aus Sicht der Mütter scheint sich die Partnerschaftsqualität in

den vorangegangenen 5 Jahren eher stabilisiert zu haben, allerdings doch auf

deutlich niedrigerem Niveau als vor der Geburt des Kindes oder auch kurz danach.

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Ein interessantes Ergebnis ist, dass weniger traditionell strukturierte Partnerschaften

besonders gefährdet für negative Entwicklungen der Partnerschaftsqualität sind. Für

die Mütter lassen sich die Veränderungen in der Partnerschaftsqualität auch durch

Temperamentindikatoren des Kindes vorhersagen, da Wechselwirkungen zwischen

der Partnerschaftsqualität und dem kindlichen Temperament vorliegen.

Die Ergebnisse der Studie zur weiteren Entwicklung der verschiedenen

Temperamentstypen widersprechen vor allem einem strikten Stabilitätskonzept des

Temperaments (s. genauer z.B. Rollett & Werneck, 2001d; Werneck, submitted b).

Insbesondere im Fall eines schwierigen Temperaments im Säuglingsalter („difficult

temperament“) ist es daher eine wichtige Konsequenz für die Praxis, den prädiktiven

Wert, etwa für spätere Verhaltensstörungen, nicht über zu bewerten, sondern als

Signal zu nützen, um durch entsprechende Maßnahmen rechtzeitig gegenzusteuern.

1.2 Das Projekt „Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL): Familienentwicklung beim Schulübertritt“: Auswirkungen des Schulübertritts eines Kindes auf das Familiensystem

1.2.1 Einleitung

Das Projekt „Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL): Familienentwicklung beim

Schulübertritt“ stellt die fünfte Erhebungswelle des Längsschnittprojekts dar. Es

konnte terminlich so festgesetzt werden, dass sich die Untersuchungskinder gerade

in dieser Schulübertrittsphase befanden. Der Übertritt von der Grundschule in eine

Sekundarstufe 1 stellt einen wichtigen Übergang dar. Als „kritische

Lebensereignisse“ werden sowohl positive als auch negative Ereignisse bezeichnet,

die einen Einschnitt in das Leben eines Menschen bedeuten, wie etwa die Heirat,

aber auch die Geburt eines Kindes oder der Tod eines Familienangehörigen (siehe

dazu z.B. Bronfenbrenner, 1981; Filipp, 1995; Lohaus, Elben, Ball & Klein-Hessling,

2004; Meckelmann, 2004; Sirsch, 2000; Valtin & Wagner, 2004). „Kritische

Lebensereignisse Probleme schaffen können und Verluste mit sich bringen, sie

machen eine Umstellung von Lebensplänen und Handlungsroutinen notwendig“

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(Montada, 2002, S. 42). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass auch der

Übertritt von der Grundschule in die Sekundarstufe 1 Einfluss auf das Gesamtsystem

der Familie hat, da nicht nur für die betroffenen Kinder Umstellungen und neue

Anforderungen zu bewältigen sind, sondern auch die Familie, die das Kind in einer

Phase der sozialen und leistungsbezogenen Veränderungen begleiten.

1.2.2 Methodisches Vorgehen

Wie dies bereits bei den ersten vier Erhebungswellen der Fall war, wurden die Kinder

erneut im Rahmen von Hausbesuchen untersucht. Die Fragebögen für die Eltern

wurden bei dieser Gelegenheit ausgeteilt und darum gebeten, sie postalisch zu

retournieren. Eine Gruppe der eingesetzten Erhebungsinstrumente bestand aus

Adaptationen der bereits in den Vorläuferstudien verwendeten Verfahren, um die

Vergleichbarkeit mit den bisherigen Resultaten zu sichern, wobei gelegentlich

Anpassungen an die veränderte Alterssituation des Kindes durch entsprechende

Umformulierungen der Items vorgenommen wurden.

Kernstücke der Untersuchungsinstrumente der vierten Erhebungswelle, die in die

hier berichtete fünfte Untersuchungswelle übernommen wurden, bildeten folgende

Verfahren: Die bereits bewährten Skalen zur Erfassung der Gesamtsituation

(soziodemographische Daten, Umgang der Eltern mit dem Kind, Änderungswünsche

hinsichtlich des familiären Zusammenlebens, Freizeitverhalten, Bedeutung von Beruf

und Familie, Arbeitsteilung zwischen den Partnern, Verhältnis zur Herkunftsfamilie,

Freundeskreis, berufliche Situation, Wohnsituation usw.), die Erfassung der

elterlichen Rollenauffassungen und Einstellungen (mit dem Elternschaftsfragebogen

von Nickel, Grant und Vetter, 1990), die Erhebung der elterlichen

Partnerschaftsqualität mit Hilfe des Partnerschaftsfragebogens von Hahlweg (1979),

Erfassung der kindlichen Entwicklung durch den Wiener Persönlichkeitsfragebogen

für Kinder (WPK) und den an die Altersgruppe angepassten

Temperamentsfragebogen.

An neuen Verfahren zur Ermittlung der mit dem erfolgten Schulübertritt

zusammenhängenden Veränderungen auf Seiten des Kindes wurden folgende

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Instrumente eingesetzt: Zur Erfassung der Bewältigung des Schulübertritts in seinen

verschiedenen Facetten wurde eine adaptierte Kurzversion eines von Ensbacher

(2001) in Anlehnung an Sirsch (2000) entwickelten Instrumentariums eingesetzt.

Ensbacher wertete den Fragebogen nur auf Einzelitemebene aus. Ein wesentliches

Anliegen der vorliegenden Studie war es, entsprechende Skalen zu entwickeln, um

anspruchsvollere statistische Auswertungen durchführen zu können. Außerdem

wurde ein Veränderungsindex zur Bewertung der erfahrenen Veränderungen infolge

des Schulübertritts in den Schularbeitenfächern Mathematik und Deutsch berechnet.

Um den Einfluss der Beziehungsgestaltung zu den Eltern und Freunden einbeziehen

zu können, wurde eine Übersetzung des Inventory of Parent and Peer Attachment

von Armsden und Greenberg (1987) in die Testbatterie aufgenommen.

Auswirkungen auf die Bereitschaft der Untersuchungskinder, Anstrengungen in

schulrelevante Tätigkeiten zu investieren, wurden mit Hilfe des

Anstrengungsvermeidungstests von Rollett und Bartram (19983) erfasst. Weitere

Indikatoren bezogen sich auf die Erfassung der Peerakzeptanz und die Zufriedenheit

mit der gewählten Schultype. In Tab. 1 sind die Teilnehmerquoten der

Untersuchungsfamilien zu den einzelnen Erhebungszeitpunkten ersichtlich.

Tab. 1 Teilnahmequoten am FIL-Projekt zu den fünf Erhebungszeitpunkten (3 Monate vor, 3 Monate nach, 3 Jahre nach, 8 Jahre und 11 Jahre nach der Geburt des Kindes)

t1 t2 t3 t4 t5 Väter 175

(100 %)a167 (95 %)

147 (84 %)

124 (71 %)

120 (69%)

Mütter 175 (100 %)

168 (96 %)

152 (87 %)

137 (78 %)

135 (77%)

Kinder – 164 (94 %)

117 (67 %)

143 (82 %)

144 (82%)

a in runden Klammern: Prozente, in Relation zum ersten Testzeitpunkt (175=100 %);

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2. Die Familie beim Schulübertritt des Kindes: Mütter- und Vätertypen

Gudrun Schmitt

Wie Eltern ihre Elternrolle zu einem gegebenen Zeitpunkt der Familienentwicklung

ausfüllen, ist mit dafür verantwortlich, wie sie mit den familiären Aufgaben umgehen

und sie bewältigen. Parallel zur Entwicklung der Kinder in der Familie ändern sich die

familiären Rahmenbedingungen und damit die Art der Bewältigung der familiären

Entwicklungsaufgaben (Rollett & Werneck, 2002b).

Um die typischen familiären Rollenkonzepte von Müttern und Vätern zum Zeitpunkt

des Schulübertritts den Untersuchungskindes ermitteln zu können, wurden

hierarchische Clusteranalysen nach dem Modell von Ward (vgl. Rollett & Bartram,

1976) mit Hilfe der Skalen des Elternschaftsfragebogens von Nickel, Grant und

Vetter (1990) durchgeführt. Dies führte zu in dem im Folgenden beschriebenen

Mütter- und Vätertypen.

2.1 Die Müttertypen zum fünften Untersuchungszeitpunkt

Die Clusteranalyse des Elternschaftsfragebogens der Mütter ergab fünf Typen. In

Tab. 2 bzw. Abb. 1 sind die Cluster anhand der Mittelwerte der jeweiligen Skalen

dargestellt.

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Tab. 2 Skalenmittelwerte der fünf Müttercluster Skalen des Elternschafts-fragebogens für Mütter

Kindorientierte Mütter

Emanzipierte, Unbelastete Mütter

Wenig traditionelle, Belastete Mütter

Berufs-orientierte, Belastete Mütter

Traditionelle Mütter

Belastung durch Kinder

2.6741

1.9969

2.8569

2.9107

2.1184

Wert von Kindern

3.4599

2.8210

2.9027

2.9676

3.3636

Traditionelle Elternrolle

1.8081

1.3868

1.5432

1.7444

1.9545

Reproduktiver Wert der Familie

2.4931

1.6999

1.6254

2.4590

2.4230

Mutterrolle vs. Berufsrolle

2.6892

1.8595

2.2398

1.6911

2.1266

-1,5

-1

-0,5

0

0,5

1

1,5

Belastu

ng

Wert des

Kindes

Tradit.

Eltern

rolle

Repro

dukt. W

ert

Mutterro

lle

Kindorientierte Mütter(N = 32)

Emanzipierte,Unbelastete Mütter (N = 23)Wenig traditionelle,Belastete Mütter (N = 21)Berufsorientierte,Belastete Mütter (N = 20)Traditionelle Mütter (N = 22)

Abb. 1 Müttertypen (Elternschaftsfragebogen von Nickel, Grant & Vetter)

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2.1.1 Beschreibungen der Müttertypen

1. Kindorientierte Mütter (27.1 %)

Die „Kindorientierten Mütter“ sind stark an ihrer Mutterrolle orientiert. Ihr

Lebensmittelpunkt sind die Kinder, nicht der Beruf. Sowohl den emotionalen Wert als

auch den reproduktiven Wert von Kindern schätzen sie sehr hoch ein, erleben aber

auch die Belastung durch Kinder. Ihre Rolleneinstellung ist eher traditionell.

2. Emanzipierte, Unbelastete Mütter (19.5 %)

Die Gruppe der „Emanzipierten, Unbelasteten Mütter“ umfasst berufstätige Mütter mit

ausgeprägt egalitärer Rolleneinstellung, die Kinder nicht als Belastung erleben. Der

Beruf ist ihnen sehr wichtig. Sowohl den emotionalen als auch den reproduktiven

Wert von Kindern schätzen sie als niedrig ein.

3. Wenig traditionelle, Belastete Mütter (17.8 %)

Die wenig „Traditionellen, Belasteten Mütter“ haben zwar eine egalitäre

Rollenauffassung, fühlen sich aber durch Beruf und Kind(er) stark belastet. Den Wert

von Kindern schätzen sie als gering, den reproduktiven Wert der Familie als sehr

gering ein.

4. Berufsorientierte, Belastete Mütter (16.9 %)

Für die „Berufsorientierten, Belasteten Mütter“ ist der Beruf extrem wichtig, sie fühlen

sich jedoch stark belastet. Für sie steht der reproduktive (funktionale) Wert von

Kindern gegenüber dem emotionalen Wert im Vordergrund. Bezüglich ihrer

15

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Rolleneinstellung liegen sie in der Mitte zwischen dem egalitären und dem

traditionellen Pol.

5. Traditionelle Mütter (18.6 %)

Die Mütter dieser Gruppe sind hinsichtlich der Rollenauffassung sehr traditionell

eingestellt. Sie schätzen sowohl den Wert von Kindern an sich als auch deren

reproduktiven Wert als hoch ein und erleben Kinder nicht als Belastung.

2.2 Die Vätertypen zum fünften Untersuchungszeitpunkt

In ähnlicher Weise wie die Müttertypen wurden Typen von Vätern bestimmt. Auch

hier ergaben sich fünf Cluster (vgl. Tab. 3 bzw. Abb. 2).

Tab. 3 Skalenmittelwerte der fünf Vätercluster Skalen des Elternschafts-fragebogens für Väter

Belastete, Traditionelle Väter

Familien-orientierte, Traditionelle Väter

Neue Väter

Belastete, nicht-Traditionelle Väter

Distanzierte Väter

Belastung durch Kinder

2.7619

2.5055

2.0381

2.7905

2.0370

Funktionaler Wert von Kindern

2.5460

2.9445

2.8880

2.1460

1.8519

Traditionelle Rollenaufteilung

2.0434

2.2805

1.4797

1.4167

1.6627

Emotionaler Wert von Kindern

2.7582

3.3383

3.1630

2.5921

2.5385

16

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

-1,5

-1

-0,5

0

0,5

1

1,5

Belastu

ng

Funkt. W

ert

Tradit.

Rollenau

ft.

Emot. Wert

Belastete, TraditionelleVäter (N = 21)

Familienorientierte,Tradit. Väter (N = 23)

Neue Väter (N= 24)

Belastete, Nicht-tradit.Väter ( N = 18)

Distanzierte Väter (N = 18)

Abb. 2 Vätertypen (Elternschaftsfragebogen von Nickel, Grant & Vetter)

2.2.1 Beschreibungen der Vätertypen

Anhand ihrer Ausprägungen in den Einstellungsskalen lassen sich die fünf

Vätertypen folgendermaßen beschreiben:

1.Belastete, Traditionelle Väter (20.2 %)

Diese Väter schätzen die Belastung durch Kinder sehr hoch ein. Sie vertreten eine

traditionelle Rolleneinstellung. Den emotionalen Wert von Kindern empfinden sie als

eher gering.

17

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

2. Familienorientierte, Traditionelle Väter (22.1 %)

Die „Familienorientierten, traditionellen Väter“ zeichnen sich durch eine sehr

traditionelle Einstellung bezüglich der Rollenaufteilung aus. Die Familie hat für sie

einen hohen Stellenwert: Sie schätzen sowohl den Wert von Kindern an sich als

auch deren funktionalen Wert als sehr hoch ein. Die Belastung durch Kinder

empfinden sie als vergleichsweise gering.

3. Neue Väter (23.1 %)

Die Gruppe der „Neuen Väter“ vertritt eine sehr egalitäre Rolleneinstellung. Diese

Väter schätzen sowohl den emotionalen als auch den funktionalen Wert von Kindern

als hoch ein und fühlen sich durch sie nicht belastet.

4. Belastete, Nicht-traditionelle Väter (17.3 %)

Die Väter dieses Clusters empfinden Kinder als große Belastung. Im Unterschied zu

„Belasteten, traditionellen Vätern“ haben sie allerdings eine sehr egalitäre

Rolleneinstellung. Sowohl den emotionalen als auch den funktionalen Wert von

Kindern stufen sie als sehr gering ein.

5. Distanzierte Väter (17.3 %)

Die „Distanzierten Väter“ fühlen sich am wenigsten belastet. Die Familie spielt in

ihrem Leben eine geringe Rolle. Den emotionalen Wert von Kindern sowie deren

funktionalen Wert schätzen sie als extrem gering ein. Ihre Rolleneinstellung ist eher

nicht traditionell.

18

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Im nächsten Abschnitt soll die Bewältigung der familiären Aufgaben und die

Zufriedenheit mit den jeweiligen Lösungen aus der Sicht der Väter dargestellt

werden.

2.3 Aufteilung der Haushaltstätigkeiten

Vergleicht man die Vätertypen hinsichtlich ihrer Bereitschaft, sich an den

Haushaltstätigkeiten zu beteiligen, werden folgende Unterschiede deutlich (Tab. 4):

Die relative Beteiligung an den Haushaltstätigkeiten ist nach eigenen Aussagen bei

den Neuen Vätern am größten, dicht gefolgt von den Belasteten, Nicht-traditionellen

Vätern. An dritter Stelle stehen die Distanzierten Väter. Auf diese folgen die

Belasteten, Traditionellen Väter, und am wenigsten engagieren sich die

Familienorientierten Väter.

Tab. 4 Vätertypen und selbsteingeschätzte Beteiligung an den Haushaltstätigkeiten N M SD F p

Belastete, Tradit. Väter 21 2.20 .42 Familienorient., Tradit. Väter 23 2.04 .47 Neue Väter 22 2.51 .51 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 2.45 .63

Aufteilung der Haushalts-tätigkeiten

Distanzierte Väter 17 2.31 .40

3.254 .015 signifikant

p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalyse; Kodierung: 1=ich nie, 2=ich seltener, 3=beide zu gleichen Teilen, 4=überwiegend ich, 5=immer ich.

Hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Aufteilung bestehen keine Unterschiede

zwischen den Gruppen (Tab. 5).

Tab. 5 Vätertypen und Zufriedenheit mit der Aufteilung der Haushaltstätigkeiten N M SD p(1)

Belastete, Tradit. Väter 21 1.99 .13 Familienorient., Tradit. Väter 23 2.07 .18 Neue Väter 22 2.05 .20 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 1.94 .20

Zufriedenheit mit der Aufteilung der Haushaltstätigkeiten Distanzierte Väter 17 1.99 .13

.366 nicht signifikant

(1)=Signifikanz des Kruskal-Wallis-Tests; Kodierung: 1=sie sollte sich mehr darum kümmern, 2=ja, bin so zufrieden, 3=sie sollte es mehr mir überlassen.

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2.4 Aufteilung der kindbezogenen Tätigkeiten

Hinsichtlich der Beteiligung an kindbezogenen Tätigkeiten existieren zwischen den

Vätertypen hoch signifikante Unterschiede (Tab. 6): Neue Väter engagieren sich bei

der Kinderbetreuung am meisten, dicht gefolgt von den Belasteten, Nicht-

traditionellen Vätern. An dritter Stelle stehen gemeinsam die Belasteten,

Traditionellen und die Distanzierten Väter. Das geringste Engagement zeigen die

Familienorientierten Väter. Tab. 7 zeigt die Ergebnisse für die Teilskalen. In der

Skala „Aktivität“ bestehen signifikante Unterschiede: Das größte Engagement zeigen

demnach die Neuen Väter und die Belasteten, Nicht-traditionellen Väter. Es folgen

die Belasteten, Traditionellen und die Distanzierten Väter. An letzter Stelle stehen

erneut die Familienorientierten Väter. An fürsorglichen Tätigkeiten beteiligen sich die

Belasteten, Nicht-traditionellen Väter am meisten, dicht gefolgt von den Neuen

Vätern. An dritter Stelle stehen die Belasteten, Traditionellen, an vierter die

Distanzierten und an letzter Stelle die Familienorientierten Väter. In der Skala

„Schule“ bestehen tendenziell signifikante Unterschiede: Wiederum ist das

Engagement der Neuen Vätern am größten, an letzter Stelle stehen die Distanzierten

und die Familienorientierten Väter.

Tab. 6 Vätertypen und selbsteingeschätzte Beteiligung an der Kinderbetreuung (Gesamtskala) N M SD p(1)

Belastete, Tradit. Väter 21 2.38 .31 Familienorient., Tradit. Väter 23 2.25 .40 Neue Väter 22 2.65 .28 Belastete, Nicht-tradit. Väter 17 2.59 .40

Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Kind - Gesamtskala Distanzierte Väter 17 2.32 .40

.001 hoch signifikant

(1)=Signifikanz des Kruskal-Wallis-Tests; Kodierung: 1=ich nie, 2=ich seltener, 3=beide zu gleichen Teilen, 4=überwiegend ich, 5=immer ich.

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 7 Vätertypen und selbsteingeschätzte Beteiligung an der Kinderbetreuung (Teilskalen) N M SD p(1)

Belastete, Tradit. Väter 21 2.13 .59 Familienorient., Tradit. Väter 22 2.05 .49 Neue Väter 21 2.46 .55 Belastete, Nicht-tradit. Väter 17 2.34 .92

Skala „Schule“

Distanzierte Väter 17 2.09 .41

.126 nicht signifikant

Belastete, Tradit. Väter 21 2.84 .37 Familienorient., Tradit. Väter 23 2.65 .57 Neue Väter 22 3.05 .39 Belastete, Nicht-tradit. Väter 17 3.03 .44

Skala „Aktivität“

Distanzierte Väter 17 2.79 .58

.035 signifikant

Belastete, Tradit. Väter 21 2.37 .31 Familienorient., Tradit. Väter 23 2.17 .41 Neue Väter 22 2.48 .23 Belastete, Nicht-tradit. Väter 17 2.55 .36

Skala „Fürsorge“

Distanzierte Väter 17 2.25 .43

.012 signifikant

(1)=Signifikanz des Kruskal-Wallis-Tests; Kodierung: 1=ich nie, 2=ich seltener, 3=beide zu gleichen Teilen, 4=überwiegend ich, 5=immer ich.

Von Interesse ist, wie weit die von den Vätern realisierte Übernahme von Haushalts-

und Kinderbetreuungstätigkeiten von ihren Partnerinnen akzeptiert wird. Dies soll im

Folgenden dargestellt werden.

2.5 Zufriedenheit der Partnerinnen mit der Aufteilung der Zeit für Familie, Freizeit und Beruf

Wie die statistische Überprüfung ergab, bestehen hinsichtlich der Zufriedenheit der

Partnerinnen der Vätertypen mit der Aufteilung der Zeit für Familie, Freizeit und Beruf

signifikante Unterschiede (Tab. 8): Die Frauen der Belasteten, Nicht-traditionellen

Väter und die Frauen der Familienorientierten Väter sind am unzufriedensten. Am

ehesten zeigen sich die Partnerinnen der Distanzierten Väter zufrieden.

21

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 8 Vätertypen und Zufriedenheit der Partnerinnen mit der Zeitaufteilung N M SD p(1)

Belastete, Tradit. Väter 21 2.43 .51 Familienorient., Tradit. Väter 21 2.14 .48 Neue Väter 21 2.33 .48 Belastete, Nicht-tradit. Väter 17 2.12 .49

Zufriedenheit der Partnerinnen mit der Zeitaufteilung für Familie, Freizeit und Beruf Distanzierte Väter 17 2.59 .51

.032 signifikant

(1)=Signifikanz des Kruskal-Wallis-Tests; Kodierung: 1=„nein, überhaupt nicht zufrieden“, 2=„nein, nicht ganz zufrieden“, 3=„ja, sehr zufrieden“

2.6 Partnerschaftsqualität aus Väter- und Müttersicht

Hinsichtlich der Beurteilung der Partnerschaftsqualität unterscheiden sich die

Vätertypen in folgender Weise voneinander (Tab. 13).

Tab. 9 Vätertypen und Partnerschaftsqualität aus Vätersicht N M SD F p

Belastete, Tradit. Väter 20 1.90 .66 Familienorient., Tradit. Väter 20 1.72 .46 Neue Väter 21 1.73 .70 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 1.81 .55

Streitverhalten aus Sicht der Väter

Distanzierte Väter 16 1.58 .49

.705 .591 nicht signifikant

Belastete, Tradit. Väter 20 2.41 .75 Familienorient., Tradit. Väter 20 2.61 .76 Neue Väter 20 2.75 .69 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 2.09 .75

Zärtlichkeit aus Sicht der Väter

Distanzierte Väter 16 2.31 .52

2.539 .045 signifikant

Belastete, Tradit. Väter 20 2.73 .54 Familienorient., Tradit. Väter 20 2.86 .57 Neue Väter 21 3.18 .63 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 2.44 .61

Gemeinsamkeit/ Kommunikation aus Sicht der Väter

Distanzierte Väter 16 2.71 .58

4.144 .004 sehr signifikant

p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen; Kodierung: 1=nie/sehr selten, 2=selten, 3=oft, 4=sehr oft.

Die größte Zärtlichkeit und die größte Gemeinsamkeit/Kommunikation in der

Partnerschaft erleben die Neuen Väter. An zweiter Stelle stehen die

Familienorientierten Väter. Es folgen die Belasteten, Traditionellen und die

Distanzierten Väter. Mit Abstand am wenigsten Zärtlichkeit und

Gemeinsamkeit/Kommunikation nehmen die Belasteten, Nicht-traditionellen Väter in

22

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

ihrer Partnerschaft wahr. Hinsichtlich der Partnerschaftsqualität aus Sicht der

Partnerinnen bestehen keine Unterschiede zwischen den Typen (Tab. 9).

Tab. 10 Vätertypen und Partnerschaftsqualität aus Müttersicht N M SD F p

Belastete, Tradit. Väter 20 1.56 .67 Familienorient., Tradit. Väter 19 1.60 .37 Neue Väter 19 1.64 .61 Belastete, Nicht-tradit. Väter 17 1.74 .61

Streitverhalten aus Sicht der Mütter

Distanzierte Väter 16 1.59 .49

.288 .885 nicht signifikant

Belastete, Tradit. Väter 20 2.80 .68 Familienorient., Tradit. Väter 19 2.69 .58 Neue Väter 19 2.88 .80 Belastete, Nicht-tradit. Väter 17 2.44 .61

Zärtlichkeit aus Sicht der Mütter

Distanzierte Väter 16 2.69 .70

1.068 .378 nicht signifikant

Belastete, Tradit. Väter 20 2.85 .52 Familienorient., Tradit. Väter 19 2.78 .71 Neue Väter 19 3.03 .66 Belastete, Nicht-tradit. Väter 17 2.68 .57

Gemeinsamkeit/ Kommunikation aus Sicht der Mütter

Distanzierte Väter 16 2.78 .64

.791 .534 nicht signifikant

p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen; Kodierung: 1=nie/sehr selten, 2=selten, 3=oft, 4=sehr oft.

Auch hinsichtlich der Bewertung des erlebten „Partnerschaftsglücks“ bestehen keine

signifikanten Unterschiede zwischen den Partnerinnen der Vätertypen. Tendenziell

beurteilen die Frauen der Neuen Väter und der Familienorientierten Väter in ihre

Partnerschaft als glücklicher, als dies bei den drei anderen Vätergruppen der Fall ist

(Tab. 11).

Tab. 11 Vätertypen und „Glücklichkeit“ der Partnerschaft aus Väter- und aus Müttersicht N M SD p(1)

Belastete, Tradit. Väter 20 4.45 1.15 Familienorient., Tradit. Väter 22 4.95 .79 Neue Väter 22 4.77 1.48 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 4.50 1.15

„Glücklichkeit“ der Partnerschaft aus Sicht der Väter Distanzierte Väter 17 4.35 1.11

.260 nicht signifikant

Belastete, Tradit. Väter 20 4.25 1.37 Familienorient., Tradit. Väter 22 4.64 1.05 Neue Väter 18 4.83 1.20 Belastete, Nicht-tradit. Väter 17 4.18 1.07

„Glücklichkeit“ der Partnerschaft aus Sicht der Mütter Distanzierte Väter 17 4.24 1.15

.182 nicht signifikant

(1)=Signifikanz des Kruskal-Wallis-Tests; Kodierung: 1=sehr unglücklich, 2=unglücklich, 3=eher unglücklich, 4=eher glücklich, 5=glücklich, 6=sehr glücklich.

23

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2.7 Eingeschätzte Bedeutung der Familie, positive Bewertung der Kinderbetreuungs- und der Hausarbeit bei den Müttern

Das Zusammensein mit der Familie wird von allen Mütter als „wichtig“ bis „sehr

wichtig“ eingeschätzt, es bestehen jedoch sehr signifikante Unterschiede (Tab. 12) je

nach Zugehörigkeit des Partners zu den Vätertypen: Die Partnerinnen der

Distanzierten Väter, der Familienorientierten Väter und der Neuen Väter messen

dem Zusammensein mit der Familie eine höhere Bedeutung zu als die Frauen der

beiden belasteten Gruppen. Auch an der Kinderversorgung und -betreuung haben

die Frauen der Distanzierten, der Familienorientierten und der Neuen Väter die

größte Freude, es folgen die Partnerinnen der Belasteten, Traditionellen Väter und

mit einigem Abstand jene der Belasteten, Nicht-traditionellen Väter. Der Erledigung

der Hausarbeit können die Frauen der Familienorientierten und der Distanzierten

Väter tendenziell am meisten Spaß abgewinnen.

Tab. 12 Vätertypen und Bedeutung von Familie und Haushalt für die Partnerinnen Bewertungen der Mütter

Vätertypen N M SD p

Belastete, Tradit. Väter 21 3.67 .48 Familienorient., Tradit. Väter 22 3.91 .29 Neue Väter 21 3.90 .30 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 3.56 .51

Bedeutung des Zusammenseins mit der Familie

Distanzierte Väter 18 3.94 .24

.006 sehr signifikant

Belastete, Tradit. Väter 21 3.52 .60 Familienorient., Tradit. Väter 23 3.74 .45 Neue Väter 22 3.64 .58 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 3.00 .77

„Ich habe Spaß daran, das Kind/die Kinder zu versorgen und zu betreuen.“

Distanzierte Väter 18 3.78 .43

.002 sehr signifikant

Belastete, Tradit. Väter 21 2.10 .94 Familienorient., Tradit. Väter 23 2.39 .84 Neue Väter 22 1.86 .56 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 1.78 1.00

„Die Hausarbeit zu erledigen macht mir Spaß.“

Distanzierte Väter 18 2.22 .94

.114 nicht signifikant

p=Signifikanz des Kruskal-Wallis-Tests; Kodierung: Zusammensein mit Familie: 1=unwichtig, 2=weniger wichtig, 3=wichtig, 4=sehr wichtig; Spaß/Schuldgefühle/Hausarbeit: 1=stimme überhaupt nicht zu, 2=stimme weniger zu, 3=stimme eher zu, 4=stimme voll zu.

24

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2.8 Reaktionen der Partnerinnen auf die von den Vätertypen gelebten Rollenkonzepte

Um die Reaktionen der Mütter auf die von den Vätertypen realisierten Rollen zu

ermitteln, wurden ihre Werte in den Skalen des Elternschaftsfragebogens von Nickel,

Grant und Vetter herangezogen (siehe Tab. 13).

Tab. 13 Vätertypen und Ergebnisse der Mütter in den Skalen des Elternschaftsfragebogens Mütter Vätertypen N M SD F p

Belastete, Tradit. Väter 21 2.61 .34 Familienorient., Tradit. Väter 23 2.57 .49 Neue Väter 22 2.42 .41 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 2.73 .42

Belastung durch Kinder

Distanzierte Väter 18 2.23 .54

3.536

.010 sehr signifikant

Belastete, Tradit. Väter 21 3.10 .45 Familienorient., Tradit. Väter 23 3.36 .42 Neue Väter 22 3,21 .33 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 2.84 .44

Wert von Kindern

Distanzierte Väter 18 2.99 .38

4.891

.001 hoch signifikant

Belastete, Tradit. Väter 21 2.19 .56 Familienorient., Tradit. Väter 23 2.53 .52 Neue Väter 22 2.05 .64 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 2.07 .49

Funktionaler Wert der Familie

Distanzierte Väter 18 1.88 .48

4.207

.003 sehr signifikant

Belastete, Tradit. Väter 21 1.81 .36 Familienorient., Tradit. Väter 23 1.87 .42 Neue Väter 22 1.50 .27 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 1.64 .29

Traditionelle Elternrolle Distanzierte Väter 18 1.55 .48

4.125

.004 sehr signifikant

Belastete, Tradit. Väter 21 2.26 .48 Familienorient., Tradit. Väter 23 2.51 .56 Neue Väter 22 2.00 .43 Belastete, Nicht-tradit. Väter 18 2.03 .43

Berufsrolle versus Mutterrolle Distanzierte Väter 18 2.14 .52

3.938

.005 signifikant

p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen; Kodierung: 1=lehne voll ab, 2=lehne eher ab, 3=stimme eher zu, 4=stimme voll zu.

Dabei zeigten sich folgende Ergebnisse: Die Partnerinnen der beiden belasteten

Vätertypen (Belastete, Traditionelle Väter und Belastete, Nicht-traditionelle Väter)

fühlen sich ebenfalls stärker durch Kinder belastet als die Frauen der anderen

Vätertypen. Die Partnerinnen der Belasteten, Traditionellen Väter sind außerdem

eher traditionell eingestellt, während jene der Belasteten, Nicht-traditionellen Väter

und der Neuen Väter egalitäre Einstellungen vertreten. Die Frauen der Neuen Väter

25

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schätzen außerdem den Wert von Kindern sehr hoch ein. Die traditionelle Mutterrolle

wird weitaus am stärksten von den Frauen der Familienorientierten, Traditionellen

Väter befürwortet. Diese Mütter sind es auch, die sowohl den funktionalen als auch

den emotionalen Wert von Kindern und Familie am höchsten einschätzen. Die

Partnerinnen der Distanzierten Väter empfinden Kinder am wenigsten als Belastung,

schätzen aber auch ihren emotionalen und funktionalen Wert eher niedrig ein.

Zudem sind sie eher egalitär eingestellt.

2.9 Mütterliche Belastung durch die Berufstätigkeit

Um zu überprüfen, ob die von den Vätertypen gelebten Rollenkonzepte

Auswirkungen auf die erlebte Belastung jener Partnerinnen haben, die in Folge einer

Berufstätigkeit eine Doppelbelastung aufwiesen, wurden für sie Belastungsscores

erhoben. Zum Erhebungszeitpunkt waren 86.5% der betreffenden Mütter berufstätig.

Tab. 14 Vätertypen und Belastung bzw. erlebte Einschränkung in ihrer Freizeit bei ihren berufstätigen Partnerinnen

N M SD p(1)

Belastete, Tradit. Väter 18 2.61 .85 Familienorient., Tradit. Väter 18 2.78 .65 Neue Väter 21 2.33 .73 Belastete, Nicht-tradit. Väter 16 2.31 .87

Belastung der Partnerinnen durch Berufstätigkeit

Distanzierte Väter 17 2.29 .77

.173 nicht signifikant

Belastete, Tradit. Väter 18 3.00 .77 Familienorient., Tradit. Väter 17 3.18 .53 Neue Väter 22 2.95 .58 Belastete, Nicht-tradit. Väter 15 3.20 .77

Einschränkung der Partnerinnen in der Freizeit durch Doppelbelastung Beruf / Familie Distanzierte Väter 16 2.44 .96

.061+

tend. signifikant

(1)=Signifikanz des Kruskal-Wallis-Tests; Kodierung: Belastung: 1=unbelastet, 2=eher unbelastet, 3=eher belastet, 4=belastet; Einschränkung durch Doppelbelastung: 1=nein, überhaupt nicht, 2=kaum, 3=ja, ein wenig, 4=ja, sehr stark.

Wie aus Tab. 14 hervorgeht, konnte mit Hilfe einer Kruskal-Wallis-Analyse zwischen

den durch die Vätertypen bestimmten Gruppen keine signifikanten Unterschiede in

der Belastung nachgewiesen werden. In ähnlicher Weise wurde die empfundene

Einschränkung in der Freizeit untersucht. Hier zeigte sich eine gewisse Tendenz: Die

Mütter, deren Partner zu den Belasteten, Nicht-traditionellen Vätern, den Belasteten,

26

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Traditionellen Vätern und den Familienorientierten, Traditionellen Vätern zählten,

gaben eine etwas höhere Einschränkung im Freizeitbereich an.

2.10 Paarkombinationen von Müttern und Vätern

Durch die Bildung von fünf Väter- und fünf Müttertypen ergeben sich 25 theoretisch

mögliche Paarkombinationen. Um zu überprüfen, ob einige Kombinationen

überzufällig häufig auftauchen, wurde die Häufigkeitstabelle mit Hilfe von Gart’s 2i

Test ausgewertet (Tab. 15). Zwar ist das Gesamtergebnis nicht signifikant, doch sind

einige Kombinationen auffällig: So tritt z.B. die Kombination Familienorientierter,

Traditioneller Väter und Kindorientierter Mütter doppelt so häufig auf als der

Erwartungswert angibt. Ähnlich verhält es sich bei der Kombination Distanzierter

Väter und Emanzipierter, Unbelasteter Mütter.

Tab. 15 Paarkombinationen Belastete,

Traditionelle Väter

Fam.orient., Traditionelle Väter

Neue Väter

Belastete, Nicht-tradit. Väter

Distanzierte Väter

Kindorientierte Mütter

7(1)

6(2)12 6.5

5 6.3

3 5.1

2 5.1

Emanzipierte, Unbelastete Mütter

1 4.3

1 4.7

7 4.5

4 3.7

8 3.7

Wenig traditionelle, Belastete Mütter

5 4.3

3 4.7

5 4.5

5 3.7

3 3.7

Berufsorientierte, Belastete Mütter

4 3.1

2 3.4

2 3.2

5 2.6

2 2.6

Traditionelle, Unbelastete Mütter

4 3.3

5 3.6

3 3.5

1 2.8

3 2.8

Signifikanz

Gart’s 2i=21.28483; df=16; p=.1678 nicht sign.

(1)=tatsächliche Anzahl; (2)=erwartete Anzahl

27

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

2.10.1 Längsschnittliche Betrachtung der Partnerschaftsqualität

Harald Werneck, Brigitte Rollett, Barbara Hanfstingl und Sandra Reichenauer

Eine hohe elterliche Partnerschaftsqualität stellt eine zentrale Voraussetzung für

befriedigende familiäre Interaktionen dar, wie sich in den letzten Jahren – in seltener

Homogenität der Befunde – in verschiedensten Untersuchungen bestätigte (vgl. z.B.

den Überblick in Reichle & Werneck, 1999). Da für die Betrachtung der

Partnerschaftsqualität auch die Ergebnisse der ersten vier Erhebungszeitpunkte

vorliegen, konnte eine längsschnittliche Betrachtung der Entwicklung der

Partnerschaftsqualität vorgenommen werden (siehe Abb. 3 und Abb. 4).

Abb. 3 Entwicklung der Partnerschaft (Bewertungen der Partner durch die Partnerinnen): 3 Monate vor (t1) / 3 Mon. nach (t2) / 3 Jahre nach (t3) / 8 J. (t4) und 11 J. (t5) nach der Geburt des Kindes

28

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Abb. 4 Entwicklung der Partnerschaft (Bewertungen der Partnerinnen durch die Partner): 3 Monate vor (t1) / 3 Mon. nach (t2) / 3 Jahre nach (t3) / 8 J. (t4) und 11 J. (t5) nach der Geburt des Kindes

Insgesamt zeigte sich aus Sicht der Väter eine Abnahme der Bewertungen der

erlebten Zärtlichkeit und der Gemeinsamkeit/Kommunikation vom ersten bis zum

aktuellen fünften Erhebungszeitpunkt.

Als weiterer Indikator der Entwicklung der Partnerschaftsqualität wurden

Bewertungen der Glücklichkeit der Partnerschaft sowohl durch die Mütter als auch

durch die Väter vorgenommen. Auch hier zeigte sich insgesamt ein kontinuierlicher

Rückgang. Gewisse Differenzierungen ergaben sich bei der Unterscheidung danach,

ob es sich bei den Untersuchungskind um das erste, zweite oder dritte Kind der

Familie gehandelt hatte: So konnte bei den Erstmüttern zum vierten Testzeitpunkt ein

29

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leichter Anstieg der Glücklichkeit beobachtet werden, zum fünften Testzeitpunkt sank

diese jedoch wieder. Bei den Zweitmüttern verringerte sich die Glücklichkeit

kontinuierlich über die Testzeitpunkte. Bei den Drittmüttern zeigte sich zwischen dem

dritten und vierten Testzeitpunkt eine Stagnation; zum fünften Erhebungszeitpunkt

sank die Glücklichkeit weiter (s. Abb. 5).

Abb. 5 Glücklichkeit der Müttern nach Erst-, Zweit- und Drittkind

Abb. 6 Glücklichkeit der Väter nach Erst-, Zweit- und Drittkind

30

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Bei den Erstvätern verminderte sich die Glücklichkeit kontinuierlich über die

Testzeitpunkte hinweg. Bei den Zweitvätern stieg die Glücklichkeit zum zweiten

Testzeitpunkt, nahm anschließend bis zum vierten Testzeitpunkt ab und stieg zum

fünften Testzeitpunkt wieder etwas an. Bei den Drittvätern sank die Glücklichkeit bis

zum dritten Testzeitpunkt, zum vierten stieg sie etwas an und sank zum aktuellen

Zeitpunkt wieder ab (Abb. 6).

2.11 Prädiktoren elterlicher Trennung und Scheidung

Harald Werneck

Unter Berücksichtigung der hohen Scheidungs- bzw. Trennungsquoten (in Österreich

seit den 1990er-Jahren weit über 40 %, siehe z. B. zusammenfassend in Werneck &

Werneck-Rohrer, 2003) besteht ein zentrales Anliegen bzw. ein wichtiger Ansatz der

Familienpsychologie darin, längsschnittlich Ursachen für eine negative Entwicklung

der Partnerschaftsqualität zu ermitteln. In diesem Sinn ist es nicht nur theoretisch

interessant, sondern auch für den gelebten Familienalltag höchst relevant,

Scheidungs- bzw. Trennungsrisiken schon zu einem möglichst frühen Zeitpunkt der

Partnerschaft bzw. Elternschaft zu identifizieren, um ihnen präventiv gegensteuern

zu können. Die Analyse potentieller Risikofaktoren in der Partnerschaft stellt die

Voraussetzung für effiziente und effektive Präventionsansätze dar.

Nach den vorliegenden Daten leben elf Jahre nach der Geburt des Kindes insgesamt

18 % der Mütter vom Kindesvater getrennt bzw. geschieden (Abb. 7).

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

0% 0%2%

12%

18%

0%

5%

10%

15%

20%

t1 t2 t3 t4 t5

Mütter(getrennt)

Abb. 7 Vom Kindesvater getrennte bzw. geschiedene Mütter

Unter Einbeziehung der längsschnittlich erhobenen Daten wurden nun mögliche

Faktoren, die eine spätere Trennungs- bzw. Scheidungsrisiken prädizieren können,

gesucht und analysiert. Vorerst interessierten dabei soziodemographische

Parameter, wie z.B. das Alter der Eltern bei der Geburt des Kindes; dabei ergaben

sich folgende Befunde: Je jünger die Mutter bei der Geburt des Kindes (t1) ist bzw.

war, desto höher stellt sich das (spätere) Risiko für eine Scheidung bzw. Trennung

vom Kindesvater dar (p < .000). Analoges gilt für das Alter der Väter: je jünger

(erfasst zu t1), desto wahrscheinlicher eine Scheidung/Trennung von der

Kindesmutter (p = .001). Eine Konfundierung mit der Zahl der Kinder liegt allerdings

nicht vor: die Scheidungs-/Trennungswahrscheinlichkeit ist unabhängig von der

Kinderanzahl (p = .562) zu sehen. Eine wichtige Rolle spielt hingegen die Dauer der

Beziehung vor der Geburt des Kindes: Je kürzer sich die Partner vor der Geburt des

ersten Kindes kannten (p = .010) und je kürzer sie vor der Geburt ihres (ersten)

Kindes zusammen wohnten (p = .049), desto wahrscheinlicher trennen sie sich

später.

Interessante Aufschlüsse liefert in diesem Zusammenhang auch die Analyse der

Schichtzugehörigkeit: Je niedriger sich der Schichtindex des Vaters (gebildet aus

Indikatoren der Ausbildung, des beruflichen Status und des Einkommens – zu t1)

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

darstellt, desto höher erweist sich die Scheidungs-/Trennungswahrscheinlichkeit 11

Jahre nach der Geburt des Kindes (p = .002). Keine Rolle spielt hier allerdings die

Schichtzugehörigkeit der Kindesmutter. Zu den äußeren Rahmenbedingungen, die

im Zug des Übergangs zur Elternschaft ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, zählen

u. a. die Wohnbedingungen. Hier zeigte sich, dass eine geringe zur Verfügung

stehende Wohnfläche (zu t1) ebenfalls mit einem hohen Scheidung-/Trennungsrisiko

(t5) assoziiert ist (p = .038).

Jene „genuin psychologischen“ Variablen, die sich als Prädiktorvariablen für eine

spätere Scheidung bzw. Trennung anbieten, nämlich die Zärtlichkeit, das

Streitverhalten und die partnerschaftliche Kommunikation (PFB; Hahlweg, 1979),

erweisen sich hingegen als relativ schlechte Vorhersage-Kriterien (zu t1 und t2). Am

ehesten ergaben sich hier noch Trends für die Skala Streitverhalten: Je höher das

Streitverhalten der Männer von den Frauen beurteilt wird (zu t1 bzw. t2), desto höher

die Scheidungs-/Trennungswahrscheinlichkeit, allerdings nicht signifikant (p = .099

bzw. p = .065) und nicht bei Ersteltern.

Mehr Aussagekraft kann den frühen „Lebensorientierung“ der Eltern, im Alter von ca.

16 Jahren (retrospektiv erfasst zu t1) beigemessen werden: Je weniger die Mütter

mit ca. 16 Jahren vor der Familiengründung eine gute Berufsausbildung und eine

sichere finanzielle Grundlage anstrebten, desto wahrscheinlicher kommt es 11 Jahre

nach der Familiengründung zu einer Trennung bzw. Scheidung (p = .038). Derselbe

Zusammenhang gilt tendenziell auch für Väter (p = .051). Für die Väter erweist es

sich in diesem Zusammenhang weiters als wichtig, ob sie mit 16 Jahren vor einer

Vaterschaft finanzielle Unabhängigkeit anstrebten (p = .038) und ob sie schon bei der

Berufswahl die Vereinbarkeit dieses Berufes mit einer Familiengründung bedachten

(p = .073). Für die Mütter besitzen diese beiden Überlegungen hingegen keine

prädiktive Aussagekraft für ihre spätere Partnerschaftsstabilität (p = .141 bzw.

p = .254).

Ein Ansatz zur Erklärung bzw. Prädiktion von Partnerschaftsstabilität liegt in

Transmissionseffekten des partnerschaftlichen Umgangs und Klimas von einer

Generation auf die nächste (s. z. B. Zartler & Werneck, 2004). Davon ausgehend

wurde auch analysiert, ob sich getrennte bzw. geschiedene Eltern in der Beurteilung

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

des Klimas in ihrer Herkunftsfamilie unterscheiden. Für Väter konnte hier auch ein

signifikantes Ergebnis gefunden werden: Getrennte Väter (t5) beurteilten (zu t1) das

Verhältnis innerhalb ihrer Herkunftsfamilie deutlich schlechter (p = .013) als Väter,

die in einer nach wie vor aufrechten Beziehung leben. Für Mütter scheinen die

Erfahrungen in ihrer Herkunftsfamilie hingegen nicht eine so bedeutsame Rolle für

ihrer eigene Partnerschaftsstabilität zu spielen (p = .469).

Ein weiterer Bereich, der im Kontext der Analyse von Qualität und Stabilität von

Beziehungen immer wieder herangezogen wird, sind die Einstellungen der beiden

Partner. Hier wurden – interessanterweise wiederum ausschließlich für die Väter –

Einstellungsmuster (erfasst mit dem Einstellungsfragebogen von Nickel, Vetter &

Grant, 1990) gefunden, die schon vor der Geburt des Kindes Schlüsse auf die

Scheidungs-/Trennungswahrscheinlichkeit elf Jahre danach erlauben. Jene Väter,

die (zu t5) getrennt/geschieden sind, schätzen (zu t1) familiäre Werten signifikant

positiver ein (p = .004) und sehen Kinder weniger als Belastung (p = .003). Auf

Clusterebene weisen daher jene Väter, die (zu t1) als „familienorientiert“ bezeichnet

werden können, die höchste Trennungs-Scheidungswahrscheinlichkeit auf,

„eigenständige“ (karriereorientiert) Väter die geringste, dazwischen die „Neuen Väter“

(p = .019). Für die Mütter ergeben sich hier keinerlei auffällige Abweichungen von der

Zufallsverteilung (p = .819).

Die Aufteilung der Arbeit im Haus und mit dem Kind bzw. mit den Kindern und auch

das Freizeitverhalten (zu t1 und t2) beeinflussen die Scheidungs-

/Trennungswahrscheinlichkeit (zu t5) generell schwach bis gar nicht. In diesem

Zusammenhang ist nur ein Befund erwähnenswert, wonach die zu t5

getrennten/geschiedenen Frauen die Bedeutung der Freizeit (zu t1) als wichtiger

einschätzen als jene, die nach wie vor mit dem Kindesvater zusammenleben

(p = .022).

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Dauer der Partnerschaft

Dauer der Partnerschaft

Beruf und finanz. Grundl.

zuerst (Mu)

Beruf und finanz. Grundl.

zuerst (Mu)

Wert d. Familie (für Vater)

Wert d. Familie (für Vater)

Kind. als Belast. (für Vater)

Kind. als Belast. (für Vater)

+Verh. (d. Vat.) in Herk.fam.

+Verh. (d. Vat.) in Herk.fam.

Scheidg./Trenng. (zu t5)

Scheidg./Trenng. (zu t5)

-.30

-.21

.24

-.26

-.29

-.20

Abb. 8 Vorhersagemodell (zu t1) für einen elterliche Trennung (zu t5) Dauer der Partnerschaft (Mutter, t1 / „m12j“) gute Berufsausbildung und sichere finanz. Grundlage vor Familiengründung (Mutter, t1 / „mlor8“) positives Verhältnis innerhalb der Herkunftsfamilie (Vater, t1 / „vj14“) Wert der Familie (Vater, t1 / „fawertve“) Kinder als Belastung (Vater, t1 / „belastve“)

Auch kindbezogene Variablen, wie z. B. die Anzahl der Kinder, das Geschlecht oder

auch das Temperament beeinflussen die Scheidung-/Trennungswahrscheinlichkeit

der Eltern nur sehr schwach bis gar nicht.

Abschließend dazu wurden nun diese gesammelten Befunde in ein Pfadmodell

integriert (s. Abb. 8). Daraus wird nochmals ersichtlich, dass vor allem eine längere

Partnerschaftsdauer (-.30), eine „pragmatische“ Lebensorientierung der Mutter (-.21)

und ein gutes Verhältnis des Vaters innerhalb der Herkunftsfamilie (-.26), jeweils zu

t1 erfasst, mit einer geringeren Trennungs-/Scheidungswahrscheinlichkeit (zu t5)

einhergehen. Ein gutes Verhältnis des Vaters innerhalb seiner Herkunftsfamilie

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

reduziert auch seine Sichtweise von Kindern als Belastung (-.20). Geringe Werte der

Väter in der Skala „Kinder als Belastung“ (-.29) steigern aber interessanterweise

ebenso wie hohe Werte in der Einstellungsskala „Wert der Familie“ (.24) das

Scheidungs-/Trennungsrisiko. Dies ist unter Berücksichtigung der Befunde aus den

vorigen Untersuchungswellen (z. B. Rollett & Werneck, 2001a; Werneck, 1998) wohl

am ehesten dahingehend zu interpretieren, dass eine hohe Familienorientierung und

Aufgeschlossenheit der Väter den Kindern gegenüber für die Partnerschaft auch

durchaus mit Risiken verbunden sein kann.

Insgesamt kann mit diesem Modell, durch fünf zu t1 erhobene Variablen, zu einem

Drittel erklärt bzw. vorhergesagt werden, ob sich die Eltern in den folgenden elf Jahre

trennen bzw. scheiden lassen.

Zusammenfassend zur Prädiktion der Partnerschaftsstabilität elf Jahre nach der

Geburt lässt sich festhalten, das die Indikatoren der Partnerschaftsqualität rund um

die Geburt erstaunlich wenig Rückschlüsse auf die Entwicklung der Partnerschaft in

den darauf folgenden Jahren zulässt. Soziodemographische, „harte“ Daten, wie das

Alter bei der Geburt des Kindes, die Beziehungsdauer, Schichtzugehörigkeit oder zur

Verfügung stehende Wohnfläche, weisen hingegen relativ hohen prädiktiven Wert

auf. Ebenfalls gut geeignet zur Vorhersage der Partnerschaftsstabilität sind auch

Indikatoren der frühen Lebensorientierung (mit ca. 16 Jahren), insbesondere eine

starke Orientierung an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder an einer

finanziellen Absicherung. Interessanterweise trugen insgesamt eher Variablen des

Vaters zur Prädiktion der Partnerschaftsstabilität bei.

Für die Prävention lässt sich aus den vorliegenden Befunden in erster Linie ableiten,

jungen Eltern schon zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu raten, auch die – nicht

unmittelbar psychologisch wirksamen – Rahmenbedingungen der Partnerschaft, die

eher „pragmatischen“ Aspekte nicht zu sehr aus dem Blick zu verlieren, da diese

mittel- und langfristig Partnerschaftsqualität und -stabilität offenbar relativ stark

moderieren.

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3. Sozial-emotionale Entwicklung des Kindes: Das kindliche Temperament, die Bindung an die Eltern und die Beziehung zu Freunden

Brigitte Rollett und Barbara Hanfstingl

Zu den bedeutenden Bedingungsfaktoren der kindlichen Entwicklung, die die

Interaktion zwischen Kind und Eltern beeinflussen, zählen das Temperament des

Kindes als eine zum Teil angeborenen Komponente (vgl. z.B. Zentner, 2000,

Werneck & Rollett, 2002) und die Bindung des Kindes an die Eltern und daraus

abgeleitete Bindungsverhalten. Auf ihre Auswirkungen soll im Folgenden

eingegangen werden.

3.1 Das kindliche Temperament

3.1.1 Die Skalen des Temperamentfragebogens

Heidelinde Hirsch und Harald Werneck

Wegen der Bedeutung der Temperamentsvariable wurde zu allen

Erhebungszeitpunkten das kindliche Temperament aufgrund der mütterlichen

Einschätzungen erfasst, wobei der verwendete Einschätzungsfragebogen und die

Skalenbezeichnungen jeweils an die Altersstufe angepasst wurde. Der in

Anlehnung an Thomas und Chess (1977) entwickelte Temperamentfragebogen

wurde beim zweiten Erhebungszeitpunkt, als die Untersuchungskinder drei Monate

alt waren, eingesetzt (vgl. Tab. 16).

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Tab. 16 Skalen des Temperamentfragebogens für Kinder zu t2 Skalenbezeichnung Interne

Konsistenz (Cronbach’s Alpha)

Beispielitems

(Positive) Stimmungslage (8 Items)

α=.71 Mein Kind ist nach dem Aufwachen fröhlich und lächelt.

Unruhe (6 Items)

α=.62 Mein Kind ist vor dem Einschlafen unruhig und weinerlich.

Irritierbarkeit (7 Items)

α=.70 Mein Kind reagiert auf neue Situation irritiert und weint.

Rhythmizität (11 Items)

α=.76 Mein Kind wacht morgens zur selben Zeit auf.

Triebhaftigkeit (8 Items)

α=.60 Mein Kind saugt beim Trinken heftig.

Zu den weiteren Erhebungszeitpunkten (t3, t4 und t5) wurde er jeweils in

altersentsprechend adaptierter Form administriert.

Eine Faktorenanalyse des aktuellen Temperamentsfragebogens ergab drei

Faktoren: Der erste, bipolare Faktor „Erziehbarkeit versus Ärgerneigung“ wurde zur

besseren Interpretierbarkeit in zwei Subskalen aufgespalten. Der zweite Faktor

beinhaltet Items, die Zielstrebigkeit und Kontrolliertheit erfassen. Die Skala wurde

entsprechend benannt. Auch der dritte bipolare Faktor „Extraversion versus

Offenheit“ wurde ebenfalls in zwei Skalen aufgeteilt. Die Skalen werden im

Folgenden beschrieben.

Erziehbarkeit

Im Vergleich zu den Temperamentsskalen, die beim vierten Erhebungszeitpunkt

konstruiert worden waren, konnte keine eigene Skala „Folgsamkeit“ ermittelt

werden. Die Skala „Erziehbarkeit“ umfasst daher auch die Items dieser Skala. Sie

beschreibt die Bereitschaft des Kindes, sich auf elterliche Anweisungen

einzulassen (Beispielitem: „Wenn mein Kind schlecht gelaunt ist, kann man es

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schnell durch einen Scherz wieder umstimmen.“, Cronbach’s Alpha: α=.81). Hohe

Werte auf der Skala „Erziehbarkeit“ erreichen Kinder mit einer positiven

Stimmungslage, die rasch elterliche Vorschläge akzeptieren und in schwierigen

Situationen leicht ablenkbar sind. Auf Veränderungen können sie sich gut

einstellen.

Ärgerneigung

Diese Skala stellt den Gegenpol zum Faktor 1a dar. Kinder, die in dieser Skala

hohe Werte erzielen, können als schwer ablenkbar beschrieben werden, sie neigen

zu Wutausbrüchen und zu einer negativen Stimmungslage (Beispielitem: „Wenn

mein Kind über etwas zornig wird, ist es schwer, es abzulenken.“, Cronbach’s

Alpha: α=.74).

Zielstrebigkeit / Kontrolliertheit

Der zweite ermittelte Faktor „Zielstrebigkeit/Kontrolliertheit“ beinhaltet einerseits

Items, die erfassen, ob Kinder sich selbständig Beschäftigungen suchen und

eigene Ziele stecken können, andererseits solche, die erheben, ob sie bei einer

Aufgabe stillsitzen und sie zielstrebig abarbeiten können (Beispielitem: „Wenn mein

Kind eine neue Tätigkeit erlernt, z.B. Eislaufen oder Snowboarden, verbringt es viel

Zeit mit dem Üben.“, Cronbach’s Alpha: α=.85).

Extraversion

Die Skala entspricht weitgehend der von Moser (2001, S. 91) bei der vierten

Erhebungswelle ermittelten Skala „Extraversion vs. Introversion“. Hohe Werte in der

Skala „Extraversion“ beschreiben Kinder, die kontaktfreudig und nicht schüchtern

sind. Sie können sich auf fremde Personen und neue Situationen leicht einstellen

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(Beispielitem: „Mein Kind überwindet normalerweise Scheu gegenüber Fremden

rasch.“, Cronbach’s Alpha: α=.82).

Offenheit

Kinder mit hohen Werten in dieser Skala sind jederzeit an Neuem (z.B. einem Spiel

oder Entdeckungsreisen) interessiert und wissbegierig (Beispielitem: „Mein Kind

lässt sich leicht für ein neues Spiel begeistern.“, Cronbach’s Alpha: α=.73).

3.1.2 Interkorrelationen der Skalen

In folgender Tab. 17 sind die Interkorrelationen der Skalen dargestellt.

Erwartungsgemäß besteht zwischen den Subskalen „Erziehbarkeit“ und

„Ärgerneigung“ eine höhere negative Korrelation von -.667, zwischen den

Subskalen „Extraversion“ und „Offenheit“ eine positive Korrelation von .500. Die

bestehende Korrelation zwischen „Offenheit“ und „Erziehbarkeit“ von .501 deutet

an, dass aus Sicht der Mütter beide Verhaltensaspekte zusammenhängen: Kinder,

die nach den Bewertungen ihrer Mütter offen für Neues sind, werden von diesen

auch als leicht erziehbar beschrieben.

Tab. 17 Interkorrelationen der Temperamentsskalen aus Sicht der Mütter Erziehbarkeit Ärgerneigung Zielstrebigkeit/

Kontrolliertheit Extraversion Offenheit

Erziehbarkeit - -.667** .233* .240** .501** Ärgerneigung - .009 -.222 -.350** Zielstrebigkeit/ Kontrolliertheit

- .240** .428**

Extraversion - .500** Offenheit -

Von Interesse für die Erziehungspraxis ist die Nullkorrelation zwischen

„Ärgerneigung“ und „Zielstrebigkeit/Kontrolliertheit“: Hier deutet sich die in der

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Beratungspraxis häufig beobachtete von Kindern mit hohem Aggressionspotential

an, bei kontrollierten Tätigkeiten zu versagen. Ein Interventionsprogramm muss in

diesen Fällen daher zunächst die Neigung zu Ärgermanifestationen reduzieren,

bevor Trainings zu einem kontrolliertem Arbeitsverhalten greifen können.

3.1.3 Die kindlichen Temperamentstypen und ihre Charakterisierung

Brigitte Rollett und Barbara Hanfstingl

Um Typen von Kindern nach ihren Ausprägungen auf den oben beschriebenen

Temperamentsskalen ermitteln zu können, wurden hierarchische Clusteranalysen

nach dem Ward’schen Algorithmus (vgl. Rollett & Bartram, 1976) durchgeführt.

Nach dem Elbow-Kriterium ergaben sich sieben Temperamentscluster. In Tab. 18

sind die Varianzanalysen und die Gruppenunterschiede bezüglich der Skalen des

Temperamentfragebogens und in Abb. 9 die Skalenmittelwerte der jeweiligen

Cluster dargestellt.

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Tab. 18 Kindliche Temperamentstypen (Bewertungen der Mütter): Skalenmittelwerte Skalen des Temperament-fragebogens

Temperamentstyp N Mean sd p

Pflegeleichte 48 .6720 .6908 Langsam Auftauende 38 -.0690 .5473 Zurückgezogene 19 .4829 .5981 Kontrollierte Schwierige 9 -1.7714 .8117 Taktierer 14 -.8687 .5316 Unkontrollierte Schwierige 6 -1.3563 .6929

Erziehbarkeit

Autist 1 -2.5646 .

.000*** höchst signifikant

Pflegeleichte 48 -.8214 .6156 Langsam Auftauende 38 .4145 .7745 Zurückgezogene 19 -.1824 .5762 Kontrollierte Schwierige 9 1.6174 .6232 Taktierer 14 .3495 .8184 Unkontrollierte Schwierige 6 .9879 .6371

Ärgerneigung

Autist 1 2.0996 .

.000*** höchst signifikant

Pflegeleichte 48 .5418 .8423 Langsam Auftauende 38 -.3474 .7018 Zurückgezogene 19 -.0776 .7330 Kontrollierte Schwierige 9 .8124 .3722 Taktierer 14 -.1570 .5829 Unkontrollierte Schwierige 6 -2.0906 .9594

Zielstrebigkeit/ Kontrolliertheit

Autist 1 -3.4878 .

.000*** höchst signifikant

Pflegeleichte 48 .5526 .5557 Langsam Auftauende 38 .4917 .5674 Zurückgezogene 19 -1.2677 .6981 Kontrollierte Schwierige 9 -.6830 .5380 Taktierer 14 -.9679 .6613 Unkontrollierte Schwierige 6 .4145 .5149

Extraversion

Autist 1 -4.2033 .

.000*** höchst signifikant

Pflegeleichte 48 .7906 .5471 Langsam Auftauende 38 -.0996 .6413 Zurückgezogene 19 -.0597 .6970 Kontrollierte Schwierige 9 -.2991 1.1086 Taktierer 14 -1.2738 .6335 Unkontrollierte Schwierige 6 -1.5204 .9511

Offenheit

Autist 1 -3.0786 .

.000*** höchst signifikant

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalyse

Cluster 7 wird aus einem einzigen Extremfall gebildet: Es handelt sich um ein Kind,

das unter frühkindlichem Autismus leidet. Entsprechend dem autistischen

Störungsbild zeigt es die höchste Ausprägung an Ärgerneigung, die geringste

Erziehbarkeit, Zielstrebigkeit und Kontrolliertheit, Extraversion und Offenheit. Bei

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

den im nächsten Abschnitt dargestellten Vergleichen der Cluster wird dieser Fall

daher nicht mehr berücksichtigt, um die Ergebnisse nicht zu verzerren.

Abb. 9 Kindliche Temperamenttypen (Bewertungen der Mütter)

Im Folgenden sollen die sechs verbleibenden Temperamentscluster näher

beschrieben werden:

3.1.4 Beschreibung der Temperamentstypen

1. Kinder mit pflegeleichtem Temperament

Das erste Cluster beinhaltet die Kinder mit „pflegeleichtem Temperament“ nach

Thomas und Chess (1977), die sich durch die höchste Erziehbarkeit und

Zielstrebigkeit/Kontrolliertheit und die geringste Ärgerneigung auszeichnen. Sie sind

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eher extravertiert und an ihrer Umwelt interessiert, wie ihre hohen Offenheitswerte

zeigen.

2. Langsam auftauende Kinder

Auch das zweite Cluster repliziert eine Temperamentsform, die bereits von Thomas

und Chess beobachtet wurde. Die langsam auftauenden Kinder bewegen sich

charakteristischerweise bei allen Skalen des Temperamentsfragebogens im

Mittelbereich, wobei die Ärgerneigung und die Extraversion etwas erhöht sind. Bei

Berücksichtigung der im Rahmen der Studie erhobenen weiteren Merkmale werden

ihre Besonderheiten, die trotz des eher unauffälligen Temperamentmusters

bestehen, deutlicher: So zeigen sie z.B. die zweithöchste Ausprägung an Neigung,

Anstrengungen zu vermeiden und Aktivitäten eher anderen zu überlassen.

3. Die zurückgezogenen Kinder

Die dritte Temperamentsgruppe wird von den bereits bei der dritten

Erhebungswelle, als die Kinder drei Jahre alt waren, gefundenen

„zurückgezogenen“ Kindern gebildet. Sie zeigen von allen Gruppen die niedrigsten

Extraversionswerte. Mit Ausnahme eines nur knapp unter dem der pflegeleichten

Kinder liegenden Wert an guter Erziehbarkeit liegen die übrigen Scoremittelwerte

im unauffälligen Mittelbereich.

4. Die kontrollierten schwierigen Kinder

Die weiteren drei Clustergruppen stellen verschiedene Varianten von Kindern mit

einem auffälligen Temperament dar. Das vierte Cluster setzt sich aus Kindern

zusammen, die die höchste Ausprägung an Zielstrebigkeit und Kontrolliertheit bei

sehr geringer Erziehbarkeit, sehr hoher Ärgerneigung und eher mäßiger

44

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Extraversion und Offenheit besitzen. Wie unten noch dargestellt werden wird,

handelt es sich um die intelligentesten Kinder der Untersuchungsstichprobe. Es

sind Kinder, die mit ihrer Umgebung eher konfliktreiche Beziehungen aufnehmen,

sich aber im schulischen Bereich durch gute Leistungen auszeichnen.

5. Die Taktierer

Auch das fünfte Cluster zeigt eine sehr interessante Temperamentsvariante: Die

Erziehbarkeit dieser Kinder ist zwar niedrig, wie der z-tranformierte Mittelwert von -

.87 zeigt, aber um fast eine Standardabweichung günstiger ausgeprägt, als dies bei

der sechsten Gruppe, denn „Kontrollierten Schwierigen“ der Fall ist (M=-1.77).

Auffällig sind ihre niedrigen Extraversions- und Offenheitswerte. Im Wiener

Persönlichkeitsfragebogen für Kinder (WPK) fallen sie dadurch auf, dass sie die

niedrigsten Traurigkeitswerte aller Gruppen und eine etwas erhöhte

Dominanzneigung aufweisen. Es handelt sich um eher hedonistisch eingestellte

Kinder, die es verstehen, Schwierigkeiten mit ihrer sozialen Umwelt geschickt zu

umschiffen, indem sie ihre Gedanken für sich behalten und, wenn immer es

möglich ist, ihren eigenen Weg gehen. Sie wurden daher als „Taktierer“ bezeichnet.

6. Die unkontrollierten schwierigen Kinder

Die sechste Gruppe stellt eine besondere Problemgruppe dar. Sie ist am ehesten

mit dem von Thomas und Chess als „schwierig“ charakterisiertem

Temperamenttypus im Säuglingsalter zu vergleichen: Von allen Gruppen weist sie

die niedrigste Zielstrebigkeit/Kontrolliertheit auf, ihre Erziehbarkeit ist gering, ihre

Ärgerneigung hoch. Ihre Offenheit ist gering, doch zeigen die Kinder dieser Gruppe

im Unterschied zu den anderen beiden problematischen Gruppen ein eher

extravertiertes Verhalten. Wie unten noch dargestellt wird, fallen sie im NEO-FFI

durch eine extrem niedrige Verträglichkeit auf. Ihre niedrigen Werte in der Skala

45

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Gewissenhaftigkeit des NEO-FFI spiegeln die niedrige Zielstrebigkeit und

Kontrolliertheit ihres Temperaments wider.

3.1.5 Die Wanderung der Temperamentstypen im Längsschnitt

Im Folgenden soll ein Vergleich zwischen der zweiten mit der fünften

Untersuchungswelle durchgeführt werden, um die Wanderung der

Temperamentstypen vom Erhebungszeitpunkt im Alter von drei Monaten bis zum

fünften Erhebungszeitpunkt, als die Kinder elf Jahre alt waren, darstellen zu

können.

Wie Tab. 19 und Abb. 10 zeigen, ist die Stabilität der Temperamentsgruppen

gering, das Ergebnis ist nicht signifikant (Gart’s 2i: p=.190). Selbst die Gruppe der

pflegeleichten Kinder bleibt nur zu 59% erhalten. (Überraschenderweise war z.B.

das oben beschriebene autistische Kind von der Mutter mit drei Monaten als

„pflegeleicht“ eingestuft worden). 55% der langsam auftauenden Kinder befinden

sich mit elf Jahren ebenfalls in dieser Gruppe. Bei den ursprünglich schwierigen

Säuglingen treten höchst unterschiedliche Entwicklungen auf, sie verteilen sich mit

Ausnahme des Clusters 4 (kontrollierte Schwierige), in dem keines zu finden ist, auf

alle Clustergruppen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass es sich

beim frühkindlichen Temperament um eine stabile Persönlichkeitseigenschaft

handelt.

46

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 19 Zuordnung der Kinder zu den jeweiligen Temperamentstypen im Alter von drei Monaten und elf Jahren (t5)

2. Testzeitpunkt

5. Test- zeitpunkt

Pflegeleichte Babys

Langsam Auftauende Babys

Schwierige Babys

Zeile total

Pflegeleichte Kinder

26 (1)17.4 (2)

59.1% (3)53.1% (4)

1522.4

34.1%23.8%

3 4.3

6.8% 25.0%

44 35.5%

Langsam auftauende Kinder

1114.2

30.6%22.4%

2018.3

55.6%31.7%

8 5.0

14.5% 80.0%

36 29.0%

Zurückgezogene

86.7

47.1%16.3%

78.6

41.2%11.1%

2 1.6

11.8% 16.7%

17 13.7%

kontrollierte Schwierige

23.2

25.0%4.1%

64.1

75.0%9.5%

0 0.8

0.0% 0.0%

8 6.5%

Taktierer

05.1

0.0%0.0%

126.6%

92.3%19.0%

1 1.3

7.7% 8.3%

13 10.5%

unkontrollierte Schwierige

22.4

33.3%4.1%

33.0

50.0%4.8%

1 0.6

16.7% 8.3%

6 4.8%

Spalte total

4939.5%

129.7%

63 50.8%

124 100%

(1) tatsächlich gezählte Fälle (2) erwartete Anzahl (3) Zeilenprozente (4) Spaltenprozente; Pearson’s Chi²-Test: p=.067, Gart’s 2i-Test: p=.190

47

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 10 Die Wanderung der Temperamentstypen vom zweiten zum fünften Erhebungszeitpunkt

3.1.6 Die Temperamentstypen im NEO-Fünf-Faktoren-Inventar

Das NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI, Borkenau & Ostendorf, 1993) enthält

folgende Skalen: „Neurotizismus“, „Extraversion“, „Offenheit“, „Verträglichkeit“ und

„Gewissenhaftigkeit“ Um Persönlichkeitsunterschiede zwischen den

Temperamentstypen untersuchen zu können, wurden Varianzanalysen

durchgeführt. (siehe Tab. 20).

48

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 20 Unterschiede zwischen den Temperamentstypen hinsichtlich der Skalen des NEO-FFI (Borkenau & Ostendorf, 1993)

Skalen des NEO-FFI

Temperamentstyp N Mean sd p

Pflegeleichte 48 -.3674 .9287 langsam Auftauende 38 .4952 1.0633 Zurückgezogene 19 -.1817 .9359 kontrollierte Schwierige

Neurotizismus

9 .0666 .7277 Taktierer 14 -.0882 .6753 unkontrollierte Schwierige 5 .3745 .7163

.002** sehr signifikant

Pflegeleichte 48 .2717 .9833 langsam Auftauende 38 -.0910 .9748 Zurückgezogene 19 .0008 .9140 kontrollierte Schwierige 9 -.2544 .6717 Taktierer 14 -.4846 1.3633

Extraversion

unkontrollierte Schwierige 5 -.1518 .2850

.162 nicht signifikant

Pflegeleichte 48 .4007 .8627 langsam Auftauende 38 .0001 1.0037 Zurückgezogene 19 -.1085 .8060 kontrollierte Schwierige 9 -.4854 1.3913

Offenheit für Erfahrung

.000** sehr signifikant

Taktierer 14 -.8376 .7366 unkontrollierte Schwierige 5 -.7361 .8598 Pflegeleichte 48 .1696 .8045 langsam Auftauende 38 -.1065 1.1663 Zurückgezogene 19 .2944 .7175 kontrollierte Schwierige 9 -.3377 .9032 Taktierer 14 -.0116 .9135

Verträglichkeit

unkontrollierte Schwierige 5 -1.2584 1.6427

.026* signifikant

Pflegeleichte 48 .4086 .9363 langsam Auftauende 38 -.2099 .9368 Zurückgezogene 19 .1336 .8027 kontrollierte Schwierige 9 -.2489 1.3193 Taktierer 14 -.3284 1.1324

Gewissenhaftig- keit

unkontrollierte Schwierige 5 -1.2627 .8515

.001** sehr signifikant

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

Zwischen den Temperamentstypen sind mit Ausnahme der Skala Extraversion

signifikante bis sehr signifikante Unterschiede zu verzeichnen. Die Pflegeleichten

fallen durch die geringsten Neurotizismuswerte und die höchste Offenheit und

Gewissenhaftigkeit auf, während die langsam auftauenden Kinder die höchsten

Neurotizimuswerte zeigen. Die zurückgezogenen Kinder schätzen sich am

verträglichsten ein, ihre Neurotizimuswerte sind gering. Bei der Gruppe der

kontrollierten schwierigen Kinder zeigt sich im auch NEO-FFI ihre geringere

Extraversion und Offenheit. Sie weisen außerdem eine sehr geringe Verträglichkeit

49

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

auf. Im Unterschied zu den Taktierern sind ihre Neurotizimuswerte nicht auffällig.

Neben der bereits oben erwähnten erhöhten Neurotizimusneigung ist die Gruppe

der unkontrollierten Schwierigen durch sehr geringe Offenheitswerte und eine

extrem niedrige Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit charakterisiert.

-1,4

-1,2

-1

-0,8

-0,6

-0,4

-0,2

0

0,2

0,4

0,6

Neurot

izimus

Extrav

ersion

Offenh

eit

Verträg

lichke

it

Gewiss

enha

ftigke

it

Pflegeleichte(n=48)

LangsamAuftauende (n=38)

Zurückgezogene(n=19)

Kontr. Schwierige(n=9)

Taktierer (n=14)

Unkontr.Schwierige (n=5)

Abb. 11 Temperamentstypen und NEO-FFI

50

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

3.1.7 Die Temperamentstypen im Wiener Persönlichkeitsfragebogen für Kinder

Weitere Aufschlüsse über die Charakterisierung der Temperamentstypen bietet der

Wiener Persönlichkeitsfragebogen für Kinder (siehe Tab. 21 und Abb. 12). Er

enthält die folgenden Skalen: „Neigung zu überaktiv-unaufmerksamen Verhalten“,

„Neigung zu oppositionellem und Risikoverhalten“, „Prüfungsangst“,

„Dominanzneigung“, „Ängstlichkeit“ und „Traurigkeit“. Die Unterschiede zwischen

den Temperamentstypen wurden varianzanalytisch überprüft. Bezüglich der Skalen

Prüfungsangst, Ängstlichkeit und Traurigkeit sind sie nur tendenziell signifikant, der

übrigen Skalen jedoch sehr signifikant. Vor allem die Gruppe der unkontrollierten

schwierigen Kinder fällt im Gegensatz zu den kontrollierten schwierigen Kindern

durch ihre Neigung zu überaktivität-unaufmerksamen Verhalten und

oppositionellem und Risikoverhalten, hohe Prüfungsangst und Dominanzneigung

auf. Die pflegeleichten und die zurückgezogenen Kinder zeigen dagegen im WPK

keinerlei Anzeichen von problematischen Tendenzen. Auch die Langsam

Auftauenden sind im WPK eher unauffällig, wenn man von einer gewissen Neigung

zu überaktiv-unaufmerksamen Verhalten absieht. Hier schlägt sich vor allem ihre

Tendenz zur Unaufmerksamkeit durch. Die Taktierer zeigen eine etwas erhöhte

Neigung zur Dominanz und schätzen sich ausdrücklich als nicht traurig ein.

51

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 21 Unterschiede zwischen den Temperamentstypen hinsichtlich der Skalen des NEO-FFI (Borkenau & Ostendorf, 1993)

Skalen des WPK Temperamentstyp N Mean sd p

Pflegeleichte 48 -.3674 .9287 langsam Auftauende 38 .4952 1.0633 Zurückgezogene 19 -.1817 .9359 kontrollierte Schwierige 9 .0666 .7277 Taktierer 14 -.0882 .6753

Neigung zu unaufmerksamen, überaktivem Verhalten

unkontrollierte Schwierige 5 .3745 .7163

.002** sehr signifikant

Pflegeleichte 48 .2717 .9833 langsam Auftauende 38 -.0910 .9748 Zurückgezogene 19 .0008 .9140 kontrollierte Schwierige 9 -.2544 .6717 Taktierer 14 -.4846 1.3633

Neigung zu oppositionellem und Risikoverhalten

unkontrollierte Schwierige 5 -.1518 .2850

.008** sehr signifikant

Pflegeleichte 48 .4007 .8627 langsam Auftauende 38 .0001 1.0037 Zurückgezogene 19 -.1085 .8060 kontrollierte Schwierige 9 -.4854 1.3913 Taktierer 14 -.8376 .7366

Prüfungsangst

unkontrollierte Schwierige 5 -.7361 .8598

.118 (Tendenz)

Pflegeleichte 48 .1696 .8045 langsam Auftauende 38 -.1065 1.1663 Zurückgezogene 19 .2944 .7175 kontrollierte Schwierige 9 -.3377 .9032 Taktierer 14 -.0116 .9135

Dominanzneigung

unkontrollierte Schwierige 5 -1.2584 1.6427

.002** sehr signifikant

Pflegeleichte 48 .4086 .9363 langsam Auftauende 38 -.2099 .9368 Zurückgezogene 19 .1336 .8027 kontrollierte Schwierige 9 -.2489 1.3193 Taktierer 14 -.3284 1.1324

Ängstlichkeit

unkontrollierte Schwierige 5 -1.2627 .8515

.083 (Tendenz)

Pflegeleichte 48 .4086 .9363 langsam Auftauende 38 -.2099 .9368 Zurückgezogene 19 .1336 .8027 kontrollierte Schwierige 9 -.2489 1.3193 Taktierer 14 -.3284 1.1324

Traurigkeit

unkontrollierte Schwierige 5 -1.2627 .8515

.116 (Tendenz)

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

52

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

-0,8-0,6-0,4-0,2

00,20,40,60,8

11,21,4

überakti

v-unau

fmerk

sam

Oppo., Risi

kove

rh.

Prüfungsa

ngst

Dominanzn

eigung

Ängstlich

keit

Traurig

keit

Pflegeleichte (n=48)

LangsamAuftauende (n=38)

Zurückgezogene(n=19)

Kontr. Schwierige(n=9)

Taktierer (n=14)

Unkontr. Schwierige(n=6)

Abb. 12 Temperamentstypen und WPK

3.1.8 Temperamentstypen und Intelligenz

Die Gruppenvergleiche aufgrund der Ergebnisse des Hamburg-Wechsler

Intelligenztests für Kinder (HAWIK III) erbrachten keine signifikanten Ergebnisse, es

besteht lediglich ein tendenzieller Unterschied hinsichtlich des Verbal-IQ. Hier

weisen die kontrollierten Schwierigen die besten Ergebnisse auf. Die niedrigsten

Resultate zeigen die zurückgezogenen Kinder.

53

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 22 Temperament und Intelligenz HAWIK Temperamentstyp N Mean sd p

Pflegeleichte 43 114.0465 13.9914 langsam Auftauende 34 110.5588 12.6639 Zurückgezogene 17 107.5294 11.6840 kontrollierte Schwierige 8 120.7500 6.9437 Taktierer 13 109.8462 9.9066

Gesamt IQ

unkontrollierte Schwierige 4 110.7500 6.9462

.152 nicht signifikant

Pflegeleichte 43 109.0233 13.1267 langsam Auftauende 34 107.1765 13.5836 Zurückgezogene 17 104.9412 12.7302 kontrollierte Schwierige 8 112.3750 11.0187 Taktierer 13 103.8462 15.5609

Handlungsteil

unkontrollierte Schwierige 4 109.2500 7.1356

.645 nicht signifikant

Pflegeleichte 43 115.9767 15.2276 langsam Auftauende 34 111.5294 13.7670 Zurückgezogene 17 108.5882 13.0243 kontrollierte Schwierige 8 123.3750 5.2898 Taktierer 13 113.5385 6.3063

Verbalteil

unkontrollierte Schwierige 4 110.2500 10.8743

.107 (Tendenz)

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

3.1.9 Temperamentstypen und Anstrengungsvermeidung

Für die Bewältigung schulischer und häuslicher Arbeitsaufgaben stellt die

Bereitschaft, sich ihnen pflichteifrig zu unterziehen einerseits, die geringe

Ausprägung von Tendenzen der Anstrengungsvermeidung andererseits eine

wichtige Vorrausetzung dar. Im Rahmen der Studie wurde daher auch der

Anstrengungsvermeidungstest (Rollett & Bartram, 1998) durchgeführt, der die

beiden Skalen „Pflichteifer“ und „Anstrengungsvermeidung“ enthält. Wie die in Tab.

23 dargestellten Varianzanalysen zeigen, unterscheiden sich die

Temperamentsgruppen sehr signifikant hinsichtlich ihrer Anstrengungs-

vermeidungstendenz und signifikant hinsichtlich des Pflichteifers.

54

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 23 Unterschiede zwischen den Temperamentstypen in den Skalen „Anstrengungsvermeidung“ und „Pflichteifer“ des AVT (Rollett & Bartram, 1998)

Skala Temperamentstyp N Mean sd p Pflegeleichte 48 6.00 3.930 langsam Auftauende 38 9.87 4.186 Zurückgezogene 19 7.16 4.475 kontrollierte Schwierige 9 7.67 4.848 Taktierer 14 8.50 3.132

Anstrengungs- vermeidung

unkontrollierte Schwierige 5 10.40 4.561

.001** sehr signifikant

Pflegeleichte 48 2.104 .304 langsam Auftauende 38 2.231 .362 Zurückgezogene 19 1.770 .406 kontrollierte Schwierige 9 2.774 .925 Taktierer 14 2.219 .593

Pflichteifer

unkontrollierte Schwierige 5 1.949 .872

.014* signifikant

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

0

2

4

6

8

10

12

AV P

Pflegeleichte(n=43)LangsamAuftauende (n=34)Zurückgezogene(n=17)Kontr. Schwierige(n=8)Taktierer (n=13)

Unkontr.Schwierige (n=4)

Abb. 13 Temperamentstypen und Anstrengungsvermeidung (AV: Skala „Anstrengungsvermeidung; P: „Pflichteifer“)

55

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Die höchsten Pflichteifer- und die niedrigsten Anstrengungsvermeidungswerte

haben erwartungsgemäß die pflegeleichten Kinder, gefolgt von den

Zurückgezogenen. Mit Abstand die ungünstigste Konstellation zeigt sich bei den

unkontrollierten Schwierigen, die nicht nur die niedrigsten Pflichteiferwerte, sondern

auch die höchsten Anstrengungsvermeidungswerte aufweisen. Bei den langsam

Auftauenden sind einerseits hohe Anstrengungsvermeidungswerte zu verzeichnen,

andererseits aber doch befriedigende Pflichteiferwerte, was auf eine Ambivalenz in

ihrem Leistungsverhalten hindeutet. Aus der lerntherapeutischen Praxis ist bekannt,

dass Kinder, die diesem Temperamenttypus angehören, auf

Leistungsanforderungen zunächst abweisend reagieren, sich aber durch eine

entsprechend geduldige, freundlich-konsequente Interventionsform der

Erziehungspersonen motivieren lassen, was bei den unkontrollierten schwierigen

Kindern kaum gelingt, wenn diese sich einmal entschlossen haben, eine

Arbeitsanforderung zu vermeiden. Auch die Taktierer zeigen relativ hohe

Anstrengungsvermeidungs- bei entsprechend niedrigen Pflichteiferwerten, gefolgt

von den kontrollierten Schwierigen und den Zurückgezogenen.

3.2 Die Bindung an die Eltern und die Beziehung zu den Freunden

Wichtige Komponenten, die für die Lebensbewältigung eines Kindes von

Bedeutung sind, stellen die Bindung an die Eltern und die Beziehung zu den

Freunden dar. In der vorliegenden Studie wurden sie mit Hilfe einer Übersetzung

des von Armsden und Greenberg (1985) entwickelten „Inventory of Parent and

Peer Attachment“ erhoben. Die Items wurden fünfkategoriell vorgegeben: immer -

oft - manchmal - selten - nie. Die faktorenanalytische Auswertung

(Hauptkomponenten-analyse, Varimaxrotation) legte es nahe, sowohl beim Eltern-

als auch beim Freundefragebogen außer den drei Skalen des Originals (Trust,

Communication, Alientation) eine vierte Skala „Negative emotionale Beziehung“ zu

konstruieren. Zusätzlich wurde zum Originalfragebogen von Armsden und

Greenberg beim Elternfragebogen das Item „Manchmal liebe und hasse ich meine

56

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Eltern zugleich.“ hinzugefügt, um eine ambivalente Beziehung abzuklären. Im

Folgenden werden die Skalen genauer dargestellt.

3.2.1 Die Bindung an die Eltern: Skalen des Fragebogens „Bindung an die Eltern“

Skala Vertrauen (Bindung an die Eltern)

Die Skala „Vertrauen” setzt sich aus acht Items zusammen, Cronbach’s Alpha

beträgt α=.80. Wie aus Tab. 24 ersichtlich, thematisieren die Items sowohl

gegenseitiges Vertrauen zwischen den Kindern und ihren Eltern, als auch ein von

den Kindern wahrgenommenes Einfühlungsvermögen der Eltern.

Tab. 24 Skala Vertrauen (Bindung an die Eltern) Item Trennschärfe Ich finde, meine Eltern sind gute Eltern. .57 Meine Eltern akzeptieren mich wie ich bin. .69 Meine Eltern respektieren meine Gefühle. .58 Meine Eltern spüren, wenn ich über etwas beunruhigt bin. .49 Wenn ich etwas alleine unternehme, können sich die Eltern auf mich verlassen. .36 Ich bekomme zu Hause viel Beachtung. .45 Meine Eltern verstehen mich. .62 Ich vertraue meinen Eltern. .60

Hohe Werte in dieser Skala bedeuten, dass das Vertrauen zu den Eltern bzw. das

von den Kindern wahrgenommene Vertrauen zu ihnen hoch ist.

Skala Kommunikation (Bindung an die Eltern)

In der Skala „Kommunikation“ (8 Items, Cronbach’s Alpha: α=.82) sind Items

enthalten, in denen es einerseits um die Förderung der Kommunikation zwischen

Eltern und Kind sowie der Förderung der Verbalisierung von Problemen, die das

Kind hat (z.B. „Meine Eltern ermutigen mich, über meine Schwierigkeiten zu

57

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

sprechen.“) und andererseits um die Akzeptanz des Kindes in Diskussionen mit den

Eltern geht (Tab. 25).

Tab. 25 Skala Kommunikation (Bindung an die Eltern) Item Trennschärfe Bei Dingen, die mich beschäftigen, höre ich mir gerne die Meinung meiner Eltern an.

.33

Wenn ich mit meinen Eltern diskutiere, berücksichtigen sie meinen Standpunkt. .48 Meine Eltern helfen mir, mich selbst besser zu verstehen. .59 Ich erzähle meinen Eltern von meinen Problemen und Schwierigkeiten. .60 Meine Eltern ermutigen mich, über meine Schwierigkeiten zu sprechen. .53 Wenn ich mich über etwas ärgere versuchen meine Eltern, mich zu verstehen. .66 Ich kann auf meine Eltern zählen, wenn ich mir etwas von der Seele reden muß.

.62

Wenn meine Eltern merken, dass mich etwas bedrückt, sprechen sie mich darauf an.

.56

Skala Negative emotionale Beziehung (Bindung an die Eltern)

Die Skala “Negative emotionale Beziehung” (5 Items, Cronbach’s Alpha: α=.71)

enthält Items, die im originalen Fragebogen von Armsden und Greenberg (1987) in

der Skala „Alientation“ (= „Entfremdung“) zusammengefasst sind, sich aber

faktorenanalytisch von der Skala „Entfremdung“ trennten. Der Unterschied zur

Skala „Entfremdung“ besteht darin, dass das Kind sich noch mit den Eltern

auseinandersetzt, was auf eine, wenn auch negative Beziehung hindeutet.

Tab. 26 Skala Negative emotionale Beziehung (Bindung an die Eltern) Item Trennschärfe Ich wünschte, ich hätte andere Eltern. .45 Ich ärgere mich über meine Eltern. .53 Manchmal liebe und hasse ich meine Eltern zugleich. .43 Meine Eltern haben keine Ahnung, was ich alles mitmache. .49 Ich glaube, dass mich NIEMAND versteht. .56

58

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Skala Entfremdung (Bindung an die Eltern)

Zur Erfassung der Entfremdung bzw. Ablösung von den Eltern bzw. der Mutter

dient die Skala “Entfremdung” (5 Items, Cronbach’s Alpha: α=.63). Je höher die

Ausprägung in dieser Skala ist, umso höher ist auch die Überzeugung, dass man

sich auf seine Eltern nicht verlassen kann, wenn man Sorgen oder Probleme hat. In

diesem Fall haben Kinder das Gefühl, hinsichtlich emotionaler Angelegenheiten von

ihren Eltern nicht verstanden zu werden.

Tab. 27 Skala Entfremdung (Bindung an die Eltern) Item Trennschärfe Ich bin auf mich selbst gestellt, wenn ich ein Problem zu lösen habe. .31 Ich finde es unnötig, meine Gefühle zu zeigen. .46 Wenn ich mit meinen Eltern über meine Gefühle rede, schäme ich mich oder fühle mich dumm.

.46

Meine Eltern wissen gar nicht, dass ich mir über viele Dinge Sorgen mache. .33 Meine Eltern haben ihre eigenen Probleme, deshalb belästige ich sie nicht noch mit meinen.

.38

3.2.2 Die Beziehung zu den Freunden: Skalen des Fragebogens „Beziehung zu Freunden“

Für Kinder und Jugendliche stellt die Beziehung zu Freunden eine wesentliche

Komponente ihres Lebens dar. In der hier vorgestellten Untersuchung wurde sie

daher ebenfalls erfasst. Als Erhebungsinstrument diente der von Armsden und

Greenberg (1987) erstellte Fragebogentest, der, wie auch der oben beschriebene

Bindungsfragebogen, im Rahmen dieser Studie übersetzt wurde. Entsprechend des

Originalversion von Armsden und Greenberg wurde auf eine Ergänzung „und

Freundinnen“ verzichtet: In einem Vorversuch mit anderen Kindern hatte es sich

gezeigt, dass einige Schwierigkeiten hatten, die Fragen zu beantworten, da sie

angaben, dass sie „nur Freunde“ oder „nur Freundinnen“ hätten. Auch bei diesem

Verfahren legte die Hauptkomponentenanalyse eine Vierskalenlösung nahe, die im

59

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Folgenden dargestellt wird: Vertrauen, Kommunikation, Negative emotionale

Beziehung und Entfremdung.

Skala Vertrauen (Beziehung zu Freunden)

Die Skala Vertrauen (6 Items, Cronbach’s Alpha: .86) erfasst jenen

Beziehungsaspekt, der durch die Gefühle der Akzeptanz und des Verständnisses

von Seiten der Freunde charakterisiert ist.

Tab. 28 Skala Vertrauen (Beziehung zu Freunden) Item Trennschärfe Meine Freunde verstehen mich. .73 Meine Freunde akzeptieren mich, wie ich bin. .68 Ich finde ich habe gute Freunde. .59 Meine Freunde möchten, dass es mir gut geht. .75 Ich vertraue meinen Freunden. .59 Meine Freunde respektieren meine Gefühle. .65

60

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Skala Kommunikation (Beziehung zu Freunden)

Die elf Items umfassende Skala “Kommunikation”(Cronbach’s Alpha: .89) erfasst

die Gesprächskultur zwischen dem Kind und den Freunden.

Tab. 29 Skala Kommunikation (Beziehung zu Freunden) Item Trennschärfe Bei Dingen, die mich beschäftigen, höre ich mir gerne die Meinung meiner Freunde an.

.52

Meine Freunde spüren, wenn ich über etwas beunruhigt bin. .64 Wenn ich mit meinen Freunden diskutiere, berücksichtigen sie meinen Standpunkt.

.57

Meine Freunde ermutigen mich, über meine Schwierigkeiten zu sprechen. .72 Meine Freunde hören mir zu, wenn ich etwas zu sagen habe. .53 Mit meinen Freunden kann man ziemlich gut reden. .58 Wenn ich mich über etwas ärgere versuchen meine Freunde, mich zu verstehen.

.73

Meine Freunde helfen mir, mich selbst besser zu verstehen. .60 Ich kann auf meine Freunde zählen, wenn ich mir etwas von der Seele reden muss.

.68

Ich erzähle meinen Freunden von meinen Problemen und Schwierigkeiten. .63 Wenn meine Freunde merken, dass mich etwas bedrückt, sprechen sie mich darauf an.

.67

Skala Negative emotionale Beziehung (Beziehung zu Freunden)

Wie im Elternbindungsfragebogen erwies es sich als notwendig, eine Skala

“Negative emotionale Beziehung” zu konstruieren. Obwohl sie nur drei Items

enthält, ist Cronbach’s Alpha mit .74 befriedigend.

61

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 30 Skala Negative emotionale Beziehung (Beziehung zu Freunden) Item Trennschärfe Ich wünschte, ich hätte andere Freunde. .57 Ich fühle mich allein oder nicht zugehörig, wenn ich mit meinen Freunden zusammen bin.

.55

Ich ärgere mich über meine Freunde. .58

Skala Entfremdung (Beziehung zu Freunden)

Die Skala “Entfremdung” (4 Items, Cronbach’s Alpha: .67) erfasst Gefühle des

Isoliertseins und des Nicht-verstanden-werdens in Bezug auf den engeren

Freundeskreis.

Tab. 31 Skala Entfremdung (Beziehung zu Freunden) Item Trennschärfe Wenn ich mit meinen Freunden über meine Gefühle rede, schäme ich mich oder fühle mich dumm.

.43

Meine Freunde haben KEINE Ahnung, was ich alles mitmache. .44 Meine Freunde wissen nicht, dass ich mir über viele Dinge Sorgen mache. .46 Es scheint, als ob meine Freunde sich ohne Grund über mich aufregen. .47

3.3 Bindung an die Eltern, Beziehung zu Freunden und Temperamentstypen

Da zu vermuten war, dass die im Kapitel 3.1.3 bzw. Kapitel 3.1.4 dargestellten

Temperamentstypen sich in ihren sozialen Beziehungen unterscheiden, wurden

entsprechende Varianzanalysen gerechnet. Wie Tab. 32 und Abb. 14 zeigen

ergeben sich bezüglich des Elternbindungsfragebogens sowohl hinsichtlich der

Skala Vertrauen als auch der Skala Negative emotionale Beziehung signifikante

Unterschiede zwischen den Gruppen. Die problematischste Beziehung zu den

Eltern gibt die Gruppe der unkontrollierten Schwierigen an, die das geringste

Vertrauen und den höchsten Wert in der Skala „Negativer emotionale Beziehungen“

62

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

haben. In weniger ausgeprägter Form findet sich ein ähnliches Muster bei den

kontrollierten Schwierigen. Die günstigsten Ausprägungen finden sich bei den

pflegeleichten und den zurückgezogenen Kindern. Die Gruppe der langsam

auftauenden Kinder befindet sich hinsichtlich der Skalen Vertrauen und

Kommunikation im unauffälligen Mittelbereich, zeigen aber etwas erhöhte

Mittelwerte in den Skalen Negative emotionale Beziehung und Entfremdung. Auch

die Taktierer liegen mit ihren Werten im Elternbindungsfragebogen eher im

Mittelbereich.

Tab. 32 Temperamentstypen und Bindung an die Eltern

N Mean sd p Pflegeleichte 48 .16834 .82078 langsam Auftauende 37 -.08636 .99508 Zurückgezogene 19 .39515 .75898 kontrollierte Schwierige 9 -.50353 1.46503 Taktierer 14 -.12797 1.02494 unkontrollierte Schwierige 5 -.99808 1.04764

Vertrauen

Gesamt 132 .00817 .97676

p=.024

Pflegeleichte 48 .14627 1.10612 langsam Auftauende 37 .04586 1.00820 Zurückgezogene 19 .13057 .78289 kontrollierte Schwierige 9 -.68774 .72297 Taktierer 14 -.17181 .95517 unkontrollierte Schwierige 5 -.27150 .91450

Kommunikation

Gesamt 132 .00944 .99990

p=.265

Pflegeleichte 48 -.28785 .84315 langsam Auftauende 38 .23696 1.03169 Zurückgezogene 19 -.43780 .81760 kontrollierte Schwierige 9 .36708 1.53456 Taktierer 14 .16826 .70486 unkontrollierte Schwierige 5 .69455 .62520

Negative emotionale Beziehung

Gesamt 133 -.03006 .97445

p=.011

Pflegeleichte 48 -.19685 1.16021 langsam Auftauende 37 .22238 .95818 Zurückgezogene 19 -.10670 .80647 kontrollierte Schwierige 9 .17852 .80152 Taktierer 14 -.06160 .69275 unkontrollierte Schwierige 5 .70594 .50168

Entfremdung

Gesamt 132 .00777 .98515

p=.226

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

63

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 14 Temperamentstypen und Bindung an die Eltern

Hinsichtlich der Beziehung zu den Freunden bestehen zwischen den Gruppen in

den Skalen Negative emotionale Beziehung und Entfremdung signifikante, in den

Skalen Vertrauen und Kommunikation nur tendenziell signifikante Unterschiede

(p=.098 bzw. .071, siehe Tab. 33). Die Mittelwertsunterschiede zwischen den

Gruppen sind in Abb. 15 dargestellt. Wieder fallen die unkontrollierten Schwierigen

durch ihre ungünstigen Beziehungen auf: Sie zeigen die niedrigsten Vertrauens-

und die höchsten Entfremdungsscores. Eine günstige Beziehungsgestaltung findet

sich bei den pflegeleichten Kindern mit erhöhten Vertrauens- und

Kommunikationswerten und niedrigen Ausprägungen in den Skalen Negative

emotionale Beziehung und Entfremdung. Die Taktierer fallen durch erhöhte Werte

in den Skalen Negative emotionale Beziehung und Entfremdung auf. Die

Zurückgezogenen liegen in allen Skalen im Mittelfeld. Bei den kontrollierten

64

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Schwierigen ist nur die eher niedrige Bewertung der Kommunikation mit Freunden

auffällig. Trotzdem zeigen sie in der Skala Entfremdung einen ähnlich günstigen

Wert wie die pflegeleichten Kinder, was darauf hindeutet, dass sie die von ihnen

durchaus wahrgenommene reduzierte Kommunikation mit ihren Freunden nicht im

Hinblick auf Isoliertheit interpretieren. Bei den langsam auftauenden Kindern

besteht eine eher negative Gestaltung der Beziehung zu Freunden im Sinne

erlebter negativer emotionaler Beziehungen und Entfremdung von ihnen.

Tab. 33 Temperamentstypen und Beziehung zu den Freunden

N Mittelwert sd p Pflegeleichte 48 .27056 .82461 langsam Auftauende 38 -.07919 .98396 Zurückgezogene 19 -.04885 1.03561 kontrollierte Schwierige 9 -.13555 1.22783 Taktierer 14 -.37480 1.35406 unkontrollierte Schwierige 5 -.84938 1.00127

Vertrauen

Gesamt 133 -.01252 1.01693

p=.098

Pflegeleichte 48 .33791 .83621 langsam Auftauende 38 -.18556 1.07328 Zurückgezogene 19 -.02977 1.10317 kontrollierte Schwierige 9 -.34994 .95857 Taktierer 14 -.33005 1.02112 unkontrollierte Schwierige 5 -.34198 .91524

Kommunikation

Gesamt 133 -.00659 .99871

p=.071

Pflegeleichte 47 -.36282 .71452 langsam Auftauende 38 .35900 1.24953 Zurückgezogene 19 .07693 1.10462 kontrollierte Schwierige 9 .16240 .77035 Taktierer 14 .10440 1.04981 unkontrollierte Schwierige 5 .38977 .63524

Negative emotionale Beziehung

Gesamt 132 .02215 1.01961

p=.034

Pflegeleichte 47 -.28554 1.02225 langsam Auftauende 38 .34809 1.13866 Zurückgezogene 19 .05149 .93063 kontrollierte Schwierige 9 -.25314 .52762 Taktierer 14 -.07907 .59399 unkontrollierte Schwierige 5 .72165 .81738

Entfremdung

Gesamt 132 .00764 1.00709

p=.038

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

65

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 15 Temperamentstypen und Beziehung zu den Freunden

Wie die dargestellten Befunden zeigen, spiegeln die sozialen Beziehungen sowohl

zu den Eltern als auch den Freunden die Besonderheiten der

Temperamentsgruppen wider.

66

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

4. Der Schulübertritt des Untersuchungskindes: Belastung und Bewältigung

Brigitte Rollett und Barbara Hanfstingl

Wie in der Einleitung dargestellt, war es ein wesentliches Anliegen der vorliegenden

Untersuchung, den Schulübertritt des Untersuchungskindes, der ein

bedeutungsvolles Lebensereignis für das Kind und die Familie darstellt, in seinen

Auswirkungen zu untersuchen.

4.1 Der Fragebogen zum Schulübertritt

Für die Erhebung der Bewältigung des Schulübertritts durch die

Untersuchungskinder wurde eine verkürzte Version eines von Sirsch entwickelten

Verfahrens (Ensbacher, 2001) erstellt und faktorenanalytisch überprüft

(Hauptkomponentenanalyse mit Varimaxrotation). Im Folgenden werden die

resultierenden Skalen dargestellt.

Die Skala „Belastung durch den Schulübertritt“

Die Skala „Belastung durch den Schulübertritt“ umfasst die subjektiven

Einschätzungen der Belastung durch Veränderungen in relevanten Bereichen, die

sich im Zuge des Schulübertritts ergeben. Falls das Kind keine Veränderungen in

dem betreffenden Bereich angab, wurde diese mit 1 kodiert. Der Grad der jeweils

empfundenen Belastung wurde vom Kind auf einer fünfstufigen Skala (leicht, eher

leicht, mittel, eher schwer, schwer) bewertet. Der Aufbau des Fragebogens sieht vor,

dass zunächst die Veränderung in einem bestimmten Inhaltsbereich abgefragt wird

und anschließend bewertet wird, wie sehr eine etwaige Veränderung das Kind

belastet hat. Die Skala umfasst zehn Items, das Cronbach’s Alpha beträgt .91 (siehe

Tab. 34). Je höher die Ausprägungen in dieser Skala sind, umso mehr nimmt das

67

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Kind die durch die Items beschriebenen Veränderungen durch den Schulübertritt als

Bedrohung wahr, während davon ausgegangen werden kann, dass der Schulübertritt

bei niedrigen Ausprägungen eher als Herausforderung empfunden wird.

Tab. 34 Skala Belastung durch den Schulübertritt Item Trennschärfe Wenn es für dich anders geworden ist (Anzahl der Kinder in der Klasse), wie ist es dir dabei ergangen?

.71

Wenn es für dich anders geworden ist (Geschlechterverhältnis der Schüler in der Klasse), wie ist es dir dabei ergangen?

.65

Wenn es für dich anders geworden ist (Mitkommen im Unterricht), wie ist es dir dabei ergangen?

.74

Wenn es für dich anders geworden ist (Geschlechterverhältnis bei den Lehrern), wie ist es dir dabei ergangen?

.62

Wenn es für dich anders geworden ist (Anzahl der Freunde außerhalb der Schule), wie ist es dir dabei ergangen?

.66

Wenn es für dich anders geworden ist (Anzahl der Parallelklassen), wie ist es dir dabei ergangen?

.67

Wenn es für dich anders geworden ist (Anzahl der Freunde innerhalb der Schule), wie ist es dir dabei ergangen?

.66

Wenn es für dich anders geworden ist (Auskommen mit den Kindern), wie ist es dir dabei ergangen?

.66

Wenn es für dich anders geworden ist (Wie bist du jetzt in den Fächern), wie ist es dir dabei ergangen?

.77

Wenn es für dich anders geworden ist (Zurechtkommen mit den Hausübungen und dem Lernen), wie ist es dir dabei ergangen?

.70

Die Skala umfasst sowohl Items, die allgemein dem Leistungsbereich als auch

solche, die dem sozialen Bereich zuzuordnen sind. Um differenzierte Analysen

vornehmen zu können, wurden daher zwei Subskalen gebildet (vgl. Tab. 35 bzw.

Tab. 36). Die Subskala 1a) „Schulübertrittsbezogene Belastung im Leistungsbereich“

umfasst drei Items (Cronbach’s Alpha: 86), die Subskala 1b)

„Schulübertrittsbezogene Belastung im sozialen Bereich“ sieben Items (Cronbach’s

Alpha: .87).

Tab. 35 Skala Belastung - Leistungsbereich Item Trennschärfe Wenn es für dich anders geworden ist (Mitkommen im Unterricht), wie ist es dir dabei ergangen?

.73

Wenn es für dich anders geworden ist (Wie bist du jetzt in den Fächern), wie ist es dir dabei ergangen?

.79

Wenn es für dich anders geworden ist (Zurechtkommen mit den Hausübungen und dem Lernen), wie ist es dir dabei ergangen?

.68

68

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 36 Skala Belastung - sozialer Bereich Item Trennschärfe Wenn es für dich anders geworden ist (Anzahl der Kinder in der Klasse), wie ist es dir dabei ergangen?

.72

Wenn es für dich anders geworden ist (Geschlechterverhältnis der Schüler in der Klasse), wie ist es dir dabei ergangen?

.59

Wenn es für dich anders geworden ist (Geschlechterverhältnis bei den Lehrern), wie ist es dir dabei ergangen?

.62

Wenn es für dich anders geworden ist (Anzahl der Freunde außerhalb der Schule), wie ist es dir dabei ergangen?

.64

Wenn es für dich anders geworden ist (Anzahl der Parallelklassen), wie ist es dir dabei ergangen?

.69

Wenn es für dich anders geworden ist (Anzahl der Freunde innerhalb der Schule), wie ist es dir dabei ergangen?

.66

Wenn es für dich anders geworden ist (Auskommen mit den Kindern), wie ist es dir dabei ergangen?

.64

Die Skala „Bewältigung der veränderten Unterrichtsorganisation“

Die Skala „Bewältigung der veränderten Unterrichtsorganisation“ (4 Items,

Cronbach’s Alpha: .62) setzt sich aus Items zusammen, die die Bewältigung der

unterrichtsorganisationsbezogenen Veränderungen durch den Wechsel von der

Volksschule zur Sekundarstufe 1 thematisieren. Die Beantwortung erfolgte auf einer

fünfstufigen Likertskala.

Tab. 37 Skala Bewältigung der veränderten Unterrichtsorganisation Item Trennschärfe Einige Fächer aus der Volksschulzeit habe ich jetzt nicht mehr (z.B. Sachunterricht). Das war für mich...

.41

Wie war für dich der Wechsel von der Volksschule in Deine neue Schule? .37 Einige meiner Fächer (z.B. Biologie) habe ich heuer zum ersten Mal. Das war für mich...

.47

Ich habe jetzt fast jede Stunde einen anderen Lehrer. Das war für mich... .36

Liegen die Werte eines Kindes in dieser Skala hoch, kann es die veränderte

Unterrichtsorganisation gut bewältigen.

69

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Die Skala „Bewältigung der Trennung von Mitschülern und Freunden“

Die Skala „Bewältigung der Trennung von Mitschülern und Freunden“ aus der

Volksschulzeit umfasst zwar nur zwei Items, zeigt aber ein hohes Cronbach’s Alpha

von .88 (siehe Tab. 38).

Tab. 38 Skala Bewältigung der Trennung von Mitschülern und Freunden Item Trennschärfe Einige meiner Freunde aus der Volksschule kann ich jetzt nicht mehr so oft sehen. Das war für mich...

-

Meine Mitschüler von der Volksschule kann ich nun nicht mehr alle sehen. Das war für mich...

-

Die Skala „Schulübertrittsbewältigung“

Die „Schulübertrittsbewältigung“ benannte Skala umfasst sechs Items (Cronbach’s

Alpha: .80, siehe Tab. 39).

Tab. 39 Skala Schulübertrittsbewältigung Item Trennschärfe Wie gut kennst du deine neuen Mitschüler? .80 Wie kommst du bis jetzt mit deinen neuen Mitschülern aus? .74 Wie kommst du jetzt mit den Kindern aus Deiner Klasse aus? .76 Wie bist du jetzt in der Schule, wenn du an alle Fächer denkst? .77 Wie kommst du jetzt im Unterricht mit? .76 Wie kommst du jetzt mit den Hausaufgaben und dem Lernen zurecht? .78

Wie dies bei der Skala „Belastung durch den Schulübertritt“ der Fall ist, lassen sich

auch bei der Schulübertrittsbewältigungsskala zwei Subskalen bilden, die die

Schulübertrittsbewältigung im sozialen Bereich einerseits, die

Schulübertrittsbewältigung im Leistungsbereich andererseits erfassen. Sie werden im

Folgenden dargestellt.

70

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Die Skala „Schulübertrittsbewältigung im Leistungsbereich“

Die Skala „Schulübertrittsbewältigung im Leistungsbereich“ (3 Items, Cronbach’s

Alpha: .78) beinhaltet Items, die den erfolgreichen Umgang mit den

Leistungsanforderungen in der neuen Schule thematisieren.

Tab. 40 Skala Schulübertrittsbewältigung im Leistungsbereich Item Trennschärfe Wie bist du jetzt in der Schule, wenn du an alle Fächer denkst? .64 Wie kommst du jetzt im Unterricht mit? .66 Wie kommst du jetzt mit den Hausaufgaben und dem Lernen zurecht? .58

Die Skala „Schulübertrittsbewältigung im sozialen Bereich“

Die in Tab. 41 dargestellte Skala „Schulübertrittsbewältigung im sozialen Bereich“ (3

Items, Cronbach’s Alpha: .79) setzt sich aus Items zusammen, die erfassen, wie gut

das Kind mit den neuen Mitschülern und Mitschülerinnen zurechtkommt.

Tab. 41 Skala Schulübertrittsbewältigung im sozialen Bereich Item Trennschärfe Wie gut kennst du deine neuen Mitschüler? .56 Wie kommst du bis jetzt mit deinen neuen Mitschülern aus? .69 Wie kommst du jetzt mit den Kindern aus Deiner Klasse aus? .65

71

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Die Skala „Schulwegsbelastung“

Die Skala „Schulwegsbelastung“ (2 Items, Cronbach’s Alpha: .82) erfasst die

Belastung durch den veränderten Schulweg.

Tab. 42 Skala Schulwegsbelastung Item Trennschärfe Wenn es für dich anders geworden ist (Hauptbeförderungsmittel in die Schule), wie ist es dir dabei ergangen?

-

Wenn es für dich anders geworden ist (Wegzeit in die Schule), wie ist es dir dabei ergangen?

-

4.2 Die Schulübertrittstypen und ihre Charakterisierung

Um Typen von Kindern ermitteln zu können, die sich hinsichtlich der Bewältigung des

Übertritts von der Grundschule in die Sekundarstufe 1 unterscheiden, wurde eine

Hierarchische Clusteranalyse nach Ward gerechnet. In die Clusteranalyse wurden

die unten genannten Schulübertrittsskalen (siehe Kapitel 4.1, Skalen des

Fragebogens zum Schulübertritt) einbezogen. Wegen der leichteren

Interpretierbarkeit der Resultate wurde bei den Belastungsskalen Umkodierungen

vorgenommen, so dass eine hohe Belastung durch hohe Werte ausgedrückt wird.

1.) "Belastung durch den Schulübertritt: Leistungsbereich",

2.) "Belastung durch den Schulübertritt: sozialer Bereich",

3.) "Bewältigung der veränderten Unterrichtsorganisation,

4.) "Schulübertrittsbewältigung im Leistungsbereich".

5.) "Schulübertrittsbewältigung im sozialen Bereich",

72

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Die Skalen wurden einer z-Transformation unterzogen, um die durch die

unterschiedliche Itemanzahl pro Skala entstandenen Ungleichgewichtungen zu

kompensieren.

Das Struktogramm des Fehlerwertabfalls legte eine Unterscheidung von vier

„Schulübertrittstypen“ nahe. Wie die in Tab. 43 dargestellten Varianzanalysen

zeigen, unterscheiden sich die vier Gruppen in sämtlichen Skalen hoch signifikant.

Die Skalenmittelwerte der einzelnen Cluster sind in Abb. 16 dargestellt.

Tab. 43 Mittelwerte in den Schulübertrittsskalen: Schulübertrittstypen Schulübertrittsskalen (in der Clusteranalyse verwendet)

Schulübertritts-cluster N Mean sd p Unauffällige 64 -.04779 .60110 Herausgeforderte 32 -.99953 .45918 Überforderte 26 .83708 .82964 Bedrohte 16 1.35237 .55434

Belastung - Leistungsbereich

Gesamt 138 .06057 .97489

p=.000

Unauffällige 64 .07660 .84798 Herausgeforderte 32 -.85282 .36243 Überforderte 26 .41086 .75378 Bedrohte 16 1.27067 .75259

Belastung - sozialer Bereich

Gesamt 138 .06250 .95675

p=.000

Unauffällige 64 .07383 .86406 Herausgeforderte 32 .81771 .43580 Überforderte 26 -.16831 .64129 Bedrohte 16 -1.60648 .83113

Bewältigung der veränderten Unterrichtsorganisation

Gesamt 138 .00588 1.00123

p=.000

Unauffällige 64 .02570 .67125 Herausgeforderte 32 1.02135 .39043 Überforderte 26 -1.28264 .84742 Bedrohte 16 -.22836 .69889

Schulübertritts-bewältigung - Leistungsbereich

Gesamt 138 -.01938 .99404

p=.000

Unauffällige 64 .22674 .63637 Herausgeforderte 32 .46817 .52291 Überforderte 26 -1.23700 1.31228 Bedrohte 16 .11159 .81196

Schulübertritts-bewältigung - sozialer Bereich

Gesamt 138 -.00641 1.00078

p=.000

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

73

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 16 Schulübertrittstypen: Schulübertrittsskalen, die in der Clusteranalyse verwendet wurden

Die Schulübertrittscluster unterscheiden sich hinsichtlich der einbezogenen Skalen in

charakteristischer Weise: Die größte Gruppe bilden die „unauffälligen“ Schüler und

Schülerinnen. Sowohl in den Bewältigungskalen als auch den Belastungsskalen

befinden sie sich im Mittelfeld. Die „Herausgeforderten“ zeigen die niedrigsten

Belastungswerte im Leistungs- und im sozialen Bereich sowie die höchsten Werte

bezüglich der Bewältigungsskalen. Die „Überforderten“ fallen besonders durch

extrem schlechtes Coping sowohl im sozialen als auch im Leistungsbereich und die

zweithöchste Belastetheit im Leistungsbereich auf. Eine besonders problematische

Gruppe stellt das vierte Cluster dar, da die betreffenden Schüler und Schülerinnen

die höchsten Ausprägungen an Belastung im Leistungsbereich und im sozialen

Bereich sowie bezüglich der veränderten Unterrichtsorganisation zeigen, während

74

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

ihre Bewältigungskompetenz in beiden Bereichen nur im Mittelfeld liegt. Es kann

daher davon ausgegangen werden, dass die neue Schulsituation für sie eine

Bedrohung darstellt. Wie unten noch gezeigt wird, ist ihre Beziehung zu den Eltern

durch sehr geringes Vertrauen und Kommunikation gekennzeichnet, so dass sie

auch nicht bereit sind, ihre schulischen Probleme mit den Eltern zu besprechen. Die

Gruppe wurde daher mit „bedrohte“ Schüler und Schülerinnen bezeichnet.

Abb. 17 Schulübertrittstypen: Schulübertrittsskalen

Im nächsten Schritt sollen die Unterschiede zwischen den Schulübertrittsgruppen im

NEO-Fünf-Faktoren Inventar (NEO-FFI) dargestellt werden (siehe Abb. 18). Mit

Ausnahme der Skala Verträglichkeit, in der nur ein tendenzieller Unterschied

zwischen den Schulübertrittsgruppen (p=.088) besteht, zeigen sich hinsichtlich aller

Skalen signifikante Unterschiede (siehe Tab. 44).

75

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 44 Schulübertrittscluster: Mittelwerte in den NEO-FFI Skalen

Skalen des NEO-FFI Schulübertrittscluster N Mean sd p Unauffällige 64 .18685 1.00336 Herausgeforderte 32 -.61060 .89819 Überforderte 26 .43918 .84572 Bedrohte 16 -.16931 .79384

Neurotizismus

Gesamt 138 .00818 .99413

p=.000

Unauffällige 64 .02953 .93664 Herausgeforderte 32 .48843 .75019 Überforderte 26 -.49488 1.23140 Bedrohte 16 -.19359 .98968

Extraversion

Gesamt 138 .01127 1.01073

p=.002

Unauffällige 64 .12293 1.08935 Herausgeforderte 32 .22440 .83917 Überforderte 26 -.26687 .90116 Bedrohte 16 -.53805 .89589

Offenheit

Gesamt 138 -.00362 1.00362

p=.028

Unauffällige 64 .08295 1.04672 Herausgeforderte 32 .20258 .84342 Überforderte 26 -.42151 1.13345 Bedrohte 15 -.13141 .78192

Verträglichkeit

Gesamt 137 -.00831 1.00870

p=.088

Unauffällige 64 .14694 .96296 Herausgeforderte 32 .26662 .94630 Überforderte 26 -.35914 1.01897 Bedrohte 16 -.62902 .97824

Gewissenhaftigkeit

Gesamt 138 -.01062 1.01023

p=.004

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

Während die Werte der Unauffälligen in allen NEO-FFI Skalen um den Mittelwert

liegen, weisen die Herausgeforderten den niedrigsten Wert in der Skala Neurotizimus

und die höchsten in den Skalen Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit und

Gewissenhaftigkeit auf. Der höchste Wert in der Skala Neurotizismus ist in der

Gruppe der überforderten Schüler und Schülerinnen zu beobachten. Dieses Cluster

zeigt außerdem die geringsten Werte in den Skalen Extraversion und Verträglichkeit.

Die bedrohten Kinder fallen durch eine sehr niedrige Offenheit und

Gewissenhaftigkeit auf.

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 18 Die Schulübertrittstypen: NEO-FFI Skalen

Es wurde weiters untersucht, inwiefern sich die Schulübertrittscluster hinsichtlich der

Skalen des Wiener Kinderpersönlichkeitsfragebogens (WPK) unterscheiden. Wie aus

Tab. 45 bzw. Abb. 19 ersichtlich ist, bestehen keine signifikanten Unterschiede

zwischen den Schulübertrittstypen, obwohl z.B. die Richtung der Ausprägungen der

Neigung zu überaktiv-unaufmerksamen Verhalten insofern in die erwartete Richtung

geht, als die niedrigsten Werte bei den Herausgeforderten, gefolgt von den

Unauffälligen und Überforderten liegen und die Gruppe der Bedrohten die höchste

Ausprägung zeigen.

77

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 45 Schulübertrittscluster: Mittelwerte in den WPK Skalen

Skalen des WPK Schulübertrittscluster N Mittelwert sd

p Unauffällige 64 -.03319 1.08374 Herausgeforderte 32 -.25412 .88866 Überforderte 26 .15503 .92763 Bedrohte 16 .37072 .98597

Neigung zu überaktiv-unaufmerksamen Verhalten

Gesamt 138 -.00213 1.00919

p=.182

Unauffällige 64 -.09751 .95272 Herausgeforderte 32 -.12492 .99503 Überforderte 26 .22597 1.11935 Bedrohte 16 .08609 1.04744

Neigung zu oppositionellem Verhalten und Risikobereitschaft

Gesamt 138 -.02163 1.00417

p=.485

Unauffällige 64 .01393 1.08356 Herausgeforderte 32 -.29419 .79314 Überforderte 26 .27623 .93079 Bedrohte 16 .02677 1.01371

Prüfungsangst

Gesamt 138 -.00661 .99383

p=.185

Unauffällige 64 -.14733 1.07446 Herausgeforderte 32 -.07096 .85700 Überforderte 26 .30077 .97321 Bedrohte 16 .26505 1.05128

Dominanzneigung

Gesamt 138 .00262 1.01370

p=.180

Unauffällige 64 .10261 1.06374 Herausgeforderte 32 -.27387 .81082 Überforderte 26 .08152 1.09987 Bedrohte 16 -.04969 .92672

Ängstlichkeit

Gesamt 138 -.00632 1.00391

p=.357

Unauffällige 64 .16998 1.01497 Herausgeforderte 32 -.27828 .83290 Überforderte 26 -.13438 1.09253 Bedrohte 16 .05504 1.02172

Traurigkeit

Gesamt 138 -.00369 .99829

p=.184

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

78

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 19 Die Schulübertrittscluster: WPK Skalen

4.3 Schulübertritt und Temperament

Bezüglich der Temperamentsskalen bestehen in der Zielstrebigkeit/Kontrolliertheit

sehr signifikante, der Ärgerneigung und Offenheit signifikante

Mittelwertsunterschiede (siehe Tab. 46 und Abb. 20). Die herausgeforderten Kinder

fallen durch die höchste Erziehbarkeit, Zielstrebigkeit/Kontrolliertheit, Extraversion

und Offenheit und die geringste Ärgerneigung auf. In gewisser Hinsicht den

Gegenpol bildet die Gruppe der überforderten Schüler und Schülerinnen, die die

geringste Erziehbarkeit und Zielstrebigkeit/Kontrolliertheit und die höchste

Ärgerneigung aufweisen. Ihre Offenheit ist eher gering. Die durch die neue

79

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Schulsituation bedrohten Kinder werden von den Müttern hinsichtlich aller Skalen mit

Ausnahme der Offenheit, in der sie die niedrigsten Werte aufweisen, im unteren

Mittelbereich eingeschätzt. Die unauffälligen Kinder befinden sich in allen Skalen im

Mittelbereich.

Tab. 46 Schulübertrittscluster: Mittelwerte in den Temperamentsskalen Skalen des Temperaments-fragebogens N Mean sd p

Unauffällige 58 -.04028 .90063 Herausgeforderte 30 .28498 .97840 Überforderte 24 -.19874 1.02723 Bedrohte 16 -.09800 1.19827

Erziehbarkeit

Gesamt 128 -.00097 .98586

p=.294

Unauffällige 59 -.00067 .99245 Herausgeforderte 30 -.35406 .90199 Überforderte 24 .39368 .82667 Bedrohte 16 -.07310 1.09094

Ärgerneigung

Gesamt 129 -.01847 .97553

p=.046

Unauffällige 59 .14263 .81916 Herausgeforderte 30 .37684 .76919 Überforderte 24 -.56101 1.01973 Bedrohte 16 -.09856 .75773

Zielstrebigkeit/ Kontrolliertheit

Gesamt 129 .03628 .89095

p=.001

Unauffällige 59 .04226 .83968 Herausgeforderte 30 .21778 .87622 Überforderte 24 -.09743 1.12553 Bedrohte 16 -.17523 1.10755

Extraversion

Gesamt 129 .03011 .93886

p=.495

Unauffällige 59 .03921 .80674 Herausgeforderte 30 .46734 .80312 Überforderte 24 -.32019 1.11498 Bedrohte 16 -.39389 1.16663

Offenheit

Gesamt 129 .01819 .95609

p=.005

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 20 Die Schulübertrittscluster: Temperamensskalen

Um zu untersuchen, ob Unterschiede zwischen den Schulübertrittstypen und den

Temperamentstypen bestehen, wurden die beiden Clusterlösungen kreuztabelliert

und die Abweichung von einer zufälligen Verteilung der Schulübertrittstypen und

Temperamentstypen mittels Gart’s 2i Test überprüft. Die beiden Gruppierungsformen

unterscheiden sich nur tendenziell voneinander (siehe Tab. 47).

81

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 47 Schulübertrittstypen und Temperamentstypen

Schulübertrittscluster Gesamt

Unauf-fällige

Heraus-geforderte

Über-fordete Bedrohte

Pflegeleichte Anzahl 18 18 3 6 45 Erwartete Anzahl 20.4 10.5 8.4 5.6 45.0 langsam Auftauende

Anzahl 21 3 10 3 37

Erwartete Anzahl 16.8 8.7 6.9 4.6 37.0 Zurückgezogene Anzahl 7 4 4 3 18 Erwartete Anzahl 8.2 4.2 3.4 2.3 18.0 kontrollierte Schwierige

Anzahl 4 3 1 1 9

Erwartete Anzahl 4.1 2.1 1.7 1.1 9.0 Taktierer Anzahl 7 2 2 3 14 Erwartete Anzahl 6.3 3.3 2.6 1.8 14.0 unkontrollierte Schwierige

Anzahl 1 0 4 0 5

Tem

pera

men

tsty

pen

(Bew

ertu

ngen

der

M

ütte

r)

Erwartete Anzahl 2.3 1.2 .9 .6 5.0 Gesamt Anzahl 58 30 24 16 128 Erwartete Anzahl 58.0 30.0 24.0 16.0 128.0

Gart’s 2i: p=.137

Die Abweichungen betreffen die folgenden Zellen: Während sich unter den

Unauffälligen mehr langsam auftauende Kinder befinden, werden von den

Herausgeforderten auffällig viele von ihren Müttern als pflegeleichte Kinder,

überzufällig wenige dagegen als langsam auftauend eingestuft. Die Überforderten

sind seltener unter den Pflegeleichten, häufiger hingegen unter den langsam

Auftauenden und unkontrollierten Schwierigen zu finden.

4.4 Bindung an die Eltern und Schulübertrittsbewältigung

Die Schulübertrittscluster differerieren in charakteristischer Weise hinsichtlich der

Bindung an die Eltern: Die Typen unterscheiden sich mit Ausnahme der Skala

„Negative emotionale Beziehung“ (hier nur tendenziell) in sämtlichen Skalen

signifikant voneinander (siehe Tab. 48 und Abb. 21).

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 48 Schulübertrittscluster und Bindung an die Eltern (Mittelwerte) Skalen des Elternbindungs- fragebogens N Mean sd p

Unauffällige 64 .08537 .84875 Herausgeforderte 32 .54657 .60639 Überforderte 25 -.48271 1.07351 Bedrohte 16 -.74918 1.43255

Vertrauen

Gesamt 137 -.00803 1.01477

p=.000

Unauffällige 64 .13889 .89434 Herausgeforderte 32 .35860 .80585 Überforderte 25 -.26415 1.12688 Bedrohte 16 -.78666 1.18371

Kommunikation

Gesamt 137 .00857 1.01097

p=.001

Unauffällige 64 .02222 .97461 Herausgeforderte 32 -.34618 .72185 Überforderte 25 .34315 1.17303 Bedrohte 16 .14195 1.21218

Negative emotionale Beziehung

Gesamt 137 .01114 1.00969

p=.067

Unauffällige 64 -.07630 .88264 Herausgeforderte 32 -.35035 .97136 Überforderte 25 .37210 1.08355 Bedrohte 16 .10607 1.02128

Entfremdung

Gesamt 137 -.03719 .97734

p=.042

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

Während die Unauffälligen in allen Skalen im durchschnittlichen Bereich liegen,

weisen die Herausgeforderten erwartungsgemäß hohe Ausprägungen in den Skalen

„Vertrauen“ und „Kommunikation“ und die niedrigsten Scores in den Skalen

„Negative emotionale Beziehung“ und „Entfremdung“ auf. Die von den Müttern

eingeschätzte niedrige Offenheit der überforderten Gruppe spiegelt sich in ihren

extrem niedrigen Werten in den Skalen Vertrauen und Kommunikation wider. Die

bedrohte Gruppe zeigt erniedrigte Werte in diesen beiden Skalen und die höchsten

Ausprägungen in den Skalen Negative emotionale Beziehung und Entfremdung.

83

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 21 Schulübertrittscluster und Bindung an die Eltern

4.5 Beziehung zu den Freunden und Schulübertrittsbewältigung

Ein ähnliches Muster wie bei der Bindung an die Eltern ist bei der Beziehung zu den

Freunden zu beobachten (siehe Tab. 49 und Abb. 22). Die Differenzen zwischen den

Schulübertrittsgruppen sind allerdings in der Skala „Entfremdung“ nur tendenziell

signifikant (p=.068). In den Skalen „Vertrauen“, „Kommunikation“ und „Negative

emotionale Beziehung“ sind varianzanalytisch signifikante bis hoch signifikante

Unterschiede festzustellen.

84

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 49 Schulübertrittscluster und Beziehung zu den Freunden (Mittelwerte) Skalen des Beziehungs-fragebogens N Mittelwert sd p

Unauffällige 64 .02575 .95207 Herausgeforderte 32 .40498 .64477 Überforderte 26 -.46290 1.13339 Bedrohte 16 -.15271 1.21743

Vertrauen

Gesamt 138 .00093 .99478

p=.009

Unauffällige 64 -.02419 1.02008 Herausgeforderte 32 .39728 .93876 Überforderte 26 -.23823 .93954 Bedrohte 16 -.36268 1.05100

Kommunikation

Gesamt 138 -.00603 1.01153

p=.035

Unauffällige 64 .06090 1.02896 Herausgeforderte 32 -.42631 .54996 Überforderte 26 .29982 1.12862 Bedrohte 16 -.06090 .98853

Negative emotionale Beziehung

Gesamt 138 -.02118 .97774

p=.031

Unauffällige 64 -.04847 1.00966 Herausgeforderte 32 -.32192 .92967 Überforderte 26 .37954 .91558 Bedrohte 16 .06418 1.13002

Entfremdung

Gesamt 138 -.01596 1.00514

p=.068

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

Die Gruppe der unauffälligen Kinder bewegt sich in allen Skalen im Mittelbereich. Die

besten Beziehungen berichten die Herausgeforderten: Sie haben die höchsten Werte

in den Skalen Vertrauen und Kommunikation und die niedrigsten bezüglich der

Negativen emotionalen Beziehung und der Entfremdung. Die überforderten Schüler

und Schülerinnen zeigen niedrige Werte in den Skalen Vertrauen und

Kommunikation und die höchsten bezüglich der Negativen emotionalen Beziehung

und Entfremdung von den Freunden. Bei den Bedrohten liegen die Werte in den

letzteren beiden Skalen im Mittelbereich, sie weisen jedoch die niedrigsten

Kommunikationsscores von allen Gruppen auf.

85

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 22 Schulübertrittscluster und Beziehung zu den Freunden

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

4.6 Anstrengungsvermeidung und Schulübertrittsbewältigung

Eine wesentliche Voraussetzung für die Bewältigung des Schulübertritts und der

neuen Anforderungen in der aufnehmenden Schule stellt die Bereitschaft zum

Leistungseinsatz dar. Mit den Kindern wurde daher der

Anstrengungsvermeidungstest (AVT, Rollett & Bartram, 1998) durchgeführt, der zwei

Skalen enthält: Die Skala Anstrengungsvermeidung erfasst die Tendenz zur

habituellen Vermeidung von Anstrengungen in Leistungssituationen. Die Skala

Pflichteifer misst die Bereitschaft zur gewissenhaften Bewältigung von

Anforderungen.

Während sich die Schulübertrittscluster in der Skala „Pflichteifer“ des

Anstrengungsvermeidungstest nur tendenziell signifikant unterscheiden (p=.063),

liegen in der Skala „Anstrengungsvermeidung“ höchst signifikante Unterschiede vor

(siehe Tab. 50 und Abb. 23).

Tab. 50 Schulübertrittscluster und Anstrengungsvermeidung: Mittelwerte N Mittelwert sd p

Unauffällige 64 7.77 4.400 Herausgeforderte 32 5.22 3.687 Überforderte 26 9.65 3.815 Bedrohte 16 10.00 4.676

Skala Anstrengungsvermeidung

Gesamt 138 7.79 4.450

p=.000

Unauffällige 64 6.59 2.173 Herausgeforderte 32 6.38 1.980 Überforderte 26 6.04 2.323 Bedrohte 16 4.94 2.645

Skala Pflichteifer

Gesamt 138 6.25 2.253

p=.063

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 23 Schulübertrittscluster und Anstrengungsvermeidung (AV: Anstrengungsvermeidung; P: Pflichteifer)

Die mit Abstand niedrigste Ausprägung in der Skala „Anstrengungsvermeidung“

weisen die Herausgeforderten auf, gefolgt von den Unauffälligen. Wie erwartet sind

die Überforderten und die Bedrohten durch die höchsten Werte in dieser Skala

charakterisiert. In der Skala Pflichteifer unterscheidet sich vor allem die Gruppe der

Bedrohten durch ihren niedrigen Pflichteiferwert von den anderen Gruppen.

88

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

4.7 Intelligenz und Schulübertrittsbewältigung

Tab. 51 und stellen Abb. 24 die vier Schulübertrittscluster hinsichtlich ihrer

Intelligenzunterschiede dar. Die Varianzanalysen sind nur für den Verbal-IQ

tendenziell signifikant (p=.146). Dies lässt den Schluss zu, dass für die Bewältigung

des Schulübertritts der Intelligenz zunächst nur eine untergeordnete Bedeutung

zukommt. Entsprechend niedrige Korrelationen bestehen zwischen den Noten im

ersten Halbjahrszeugnis in der neuen Schule und den IQ-Werten: Zwischen den

Zeugnisnoten in Deutsch, Mathematik und Englisch in der neuen Schule und dem

Verbal-IQ bestehen zwar signifikante bis sehr signifikante, aber sehr niedrige

Korrelationen (Deutsch: -.279**, Mathematik: -.233*, Englisch: -.227*). Der

Handlungs-IQ weist nur bezüglich des Faches Mathematik eine niedrige signifikante

Korrelation auf (-.190*).

Tab. 51 Schulübertrittscluster im Vergleich in der Intelligenz

N Mean sd p Unauffällige 60 111.57 11.70 Herausgeforderte 30 114.23 14.85 Überforderte 20 108.15 9.41 Bedrohte 14 113.07 10.13

HAWIK-Gesamt-IQ

Gesamt 124 111.83 12.08

p=.363

Unauffällige 60 107.12 13.00 Herausgeforderte 30 108.10 13.63 Überforderte 20 106.50 13.09 Bedrohte 14 109.14 8.47

HAWIK-Handlung-IQ

Gesamt 124 107.48 12.63

p=.924

Unauffällige 60 113.30 12.68 Herausgeforderte 30 117.33 16.49 Überforderte 20 108.40 9.35 Bedrohte 14 113.43 12.59

HAWIK-Verbal-IQ

Gesamt 124 113.50 13.39

p=.146

N=Stichprobengröße; Mean=Stichprobenmittelwert; sd=Standardabweichung; p=Signifikanz der einfaktoriellen Varianzanalysen

89

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Abb. 24 Schulübertrittscluster und Intelligenz (HAWIK III)

4.8 Veränderung der Schulnoten von der Grundschule zur weiterführenden Schule

Im nächsten Schritt wurde untersucht, ob und welche Veränderungen der Schulnoten

von der Volksschule zur weiterführenden Schule stattfanden. Für die Fächer Deutsch

und Mathematik wurden daher Differenzwerte zwischen den Noten der 4. Klasse

Volksschule und jenen des Halbjahreszeugnis in der neuen Schule gebildet. Ein

negativer Wert bedeutet, dass sich die Noten verschlechtert, ein positiver Wert, dass

sich die Noten verbessert haben. Auf diese Weise konnten fünf Gruppen gebildet

werden: Schüler und Schülerinnen der ersten Gruppe (N=6) hatten sich sowohl in

90

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Deutsch als auch in Mathematik verbessert. Jene Schüler und Schülerinnen, die sich

in Deutsch verschlechtert und in Mathematik verbessert hatten, bilden die zweite

(N=13), Kinder, die sich in Deutsch verbessert und in Mathematik verschlechtert

haben, die dritte Gruppe (N=29). Schüler und Schülerinnen der vierten Gruppe

(N=48) haben sich in beiden Fächern verschlechtert. Bei 28 Schülern hatten sich die

Noten nicht verändert. Wie Tab. 52 zeigt, besteht keine Unterschiede zwischen den

Schulübertrittsgruppen und den Notenveränderungen in den Fächern Deutsch und

Mathematik).

Tab. 52 Schulübertrittstypen und Schulnotenveränderung in den Fächern Deutsch und Mathematik

Notenindex Mathematik und Deutsch Gesamt

D und M verbessert

D verschlechtert, M verbessert

D verbessert, M verschlechtert

D und M verschlechtert

keine Veränderung

Unauffällige Anzahl 1 3 12 15 14 45 Erwartete

Anzahl 2.2 5.2 10.9 16.6 10.0 45.0

Herausgeforderte Anzahl 1 5 5 11 5 27 Erwartete

Anzahl 1.3 3.1 6.6 10.0 6.0 27.0

Überforderte Anzahl 3 3 4 8 1 19 Erwartete

Anzahl .9 2.2 4.6 7.0 4.2 19.0

Bedrohte Anzahl 0 1 4 4 3 12

Sch

ulüb

ertri

ttscl

uste

r

Erwartete Anzahl .6 1.4 2.9 4.4 2.7 12.0

Gesamt Anzahl 5 12 25 38 23 103 Erwartete

Anzahl 5.0 12.0 25.0 38.0 23.0 103.0

Chi Quadrat: p=.296

91

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

5. Familiale Ursachen der Entwicklung schulischer Anstrengungsvermeidung1

Brigitte Rollett

Mangelnde Bereitschaft von Kindern, schulischen Leistungseinsatz zu zeigen, stellt

einen der wichtigsten familiären Konfliktursachen dar. In diesem Kapitel soll daher

die längsschnittliche Entwicklung von schulbezogener Anstrengungsvermeidungs-

tendenzen vor dem Hintergrund der familiären Bedingungen untersucht werden.

5.1 Neigung zur Anstrengungsvermeidung, Bindungserleben und Persönlichkeit: Korrelative Beziehungen

Wie Tab. 53 zeigt, korreliert Anstrengungsvermeidung zu t5 mit jenen

Persönlichkeitsdimensionen, die externalisierenden Störungsbildern entsprechen,

signifikant bis sehr signifikant positiv, mit der Skala Ängstlichkeit, die eine

internalisierende Reaktionen erfasst, hingegen negativ. Interessant ist in diesem

Zusammenhang, dass zwar die Konfrontation mit aversiv erlebten schulischen

Aufgabensituationen (Skala Prüfungsangst) mit Anstrengungsvermeidung in einer

positiven Beziehung steht, was den Einsatz von entsprechenden Ausweichstrategien

nahe legt, nicht aber die habituelle Angstneigung: Anstrengungsvermeidung, die eine

aktive Form der Bewältigung unangenehmer Anforderungssituationen darstellt, wird

offenbar von ängstlichen Heranwachsenden weniger genutzt. Die Korrelationen mit

der Pflichteiferskala des AVT, die die Neigung zur sorgfältigen, pflichtgemäßen

Erledigung übernommener schulischer und anderer Aufgaben erfasst, gehen mit

einer Ausnahme (Skala Traurigkeit) in die theoretisch zu erwartende Richtung, wobei

vor allem die „Neigung zu überaktiv-unaufmerksamem Verhalten“ bzw. die „Neigung

zu oppositionellem Verhalten und Risikobereitschaft“ sehr signifikant negativ mit dem

Pflichteifer korrelieren.

1 Erscheint in erweiterter Form in R. Vollmeyer & J. C. Brunstein (Hrsg.), 2005, Motivationspsychologie und ihre Anwendung. Stuttgart: Kohlhammer.

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 53 Produkt-Moment-Korrelationen zwischen Persönlichkeitsskalen und Anstrengungsvermeidung bzw. Pflichteifer zu t5

Skala Neigung zuüberaktiv-unaufmerksamen Verhalten

Neigung zuoppositionellem Verhalten und Risikobereitschaft

Prüfungsangst Dominanzneigung

Ängstlichkeit Traurigkeit

AV .607** .397** .220** .291* -.449** .160

P -.316** -.365** -.154 -.148 -.042 .224*

AV: Anstrengungsvermeidung; P: Pflichteifer **: signifikant auf dem Niveau von .01 (zweiseitig) *: signifikant auf dem Niveau von .05 (zweiseitig)

Wie aus Tab. 54 hervorgeht, sind die Korrelationen zwischen den Skalen des

Bindungsfragebogens und den Variablen Anstrengungsvermeidung und Pflichteifer

zwar niedrig bzw. nicht signifikant, entsprechen aber dem zu erwartenden Muster:

Anstrengungsvermeidung geht mit negativer emotionaler Beziehung und

Entfremdung einher, Pflichteifer mit intakter Kommunikation mit den Bezugspersonen

und der Abwesenheit der Erlebens von Entfremdung.

Tab. 54 Produkt-Moment-Korrelationen zwischen Bindungsskalen (t5) und Anstrengungsvermeidung bzw. Pflichteifer (t5)

Skala Vertrauen Kommunikation Negative emotionale Beziehung

Entfremdung

Anstrengungsvermeidung -.121 -.089 .337** .344**

Pflichteifer .145 .220* -.125 -.243*

**: signifikant auf dem Niveau von .01 (zweiseitig) *: signifikant auf dem Niveau von .05 (zweiseitig)

Da erwartet werden konnte, dass negative Schulerfolge sich auf die Neigung zur

Anstrengungsvermeidung auswirken, wurden die Abschlussnoten der 4. Klasse

Grundschule in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht und die Noten

in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch im Rahmen der 5.

Erhebungswelle erfasst und mit Anstrengungsvermeidung bzw. dem Pflichteifer zu t5

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korreliert. Signifikante bis sehr signifikante Korrelationen mit der

Anstrengungsvermeidung sind in den Leistungsfächern Deutsch und Mathematik zu

t4 und t5 und in Englisch zu t5 zu beobachten. Der Pflichteifer spielt nur beim Fach

Deutsch zu t4 eine, wenn auch geringe Rolle.

Tab. 55 Produkt-Moment-Korrelationen zwischen Schulnoten (nicht umgepolt) und Anstrengungsvermeidung (AV) bzw. Pflichteifer (P)

Deutsch Mathematik Sachunterricht Englisch

Erhebungs-welle t4 t5 t4 t5 t4 t5

AV .414** .485** .332** .236* . 136 .295**

P -.221* -.067 -.029 .051 -.029 -.037

**: signifikant auf dem Niveau von .01 (zweiseitig) *: signifikant auf dem Niveau von .05 (zweiseitig)

5.2 Pfadanalytische Auswertungen

Um die Entwicklung des Anstrengungsvermeidungsmotivs von t2 zu t5 abbilden zu

können, wurden im nächsten Schritt für jene Familien, für die zu allen Zeitpunkten

vollständige Daten vorlagen, Pfadanalysen nach dem PLS-Modell von Wold und

Lohmöller gerechnet (vgl. Wold, 1979; Lohmöller, 1981; Betzin, 2000). Das

Verfahren ist voraussetzungsärmer als dies bei LISREL-Modellen der Fall ist und

eignet sich daher besonders zur Exploration der Zusammenhänge in kleineren

Stichproben.

Ausgehend von der Annahme, dass sich die Anstrengungsvermeidungsneigung als

habituelle Motivkonstellation über die Zeit hinweg stabilisiert, wurden zwei Modelle

gerechnet, die sich außer in den jeweils aktuellen Bewertungen der Partnerschaft

(Variable mütterliches Streitverhalten) nur darin unterscheiden, dass in die eine

Analyse die Ergebnisse des Persönlichkeitsfragebogens WPK zu t4 und in die

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andere jene zu t5 einbezogen wurden. Zu t2 wurden mit dem kindlichen

Temperament und dem Streitverhalten Variablen in die Analyse aufgenommen, von

denen zu erwarten war, dass sie die langfristige Entwicklung in ungünstiger Weise

beeinflussen.

Abb. 25 Pfadanalyse (Persönlichkeit zu t4): 37% der Varianz aufgeklärt, N=84

Da die Entwicklung des Anstrengungsvermeidungsmotivs an Belastungserlebnisse

gebunden ist, stellt die Verarbeitung der schulischen Sozialisation durch die Familie

einen entscheidenden Faktor dar: Eltern und Kinder werden zum ersten Mal mit

Leistungsvergleichen konfrontiert, denen, wie bereits erwähnt, heute eine besondere

Brisanz zugemessen wird. Außer dem Persönlichkeitsfragebogen zu t4 wurden

daher folgende t4-Variablen in die Analysen einbezogen: Die Ergebnisse des HAWIK

III zur Erfassung der kindlichen Leistungsvoraussetzungen, das mütterliche

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Erziehungsverhalten (HAMEL), die Skala mütterliches Streitverhalten aus dem

Partnerschaftsfragebogen von Hahlweg (1979) sowie die Jahresabschlussnoten des

4. Schuljahres in Deutsch, Mathematik und Sachunterricht. Zu t5 wurden außer der

Zielvariable Anstrengungsvermeidung die zu t5 erhobene kindliche Bindungsqualität

als Moderatorvariable eingeführt (siehe Abb. 25 und Abb. 26).

Abb. 26 Pfadanalyse (Persönlichkeit zu t5): 61% der Varianz aufgeklärt, N=83

Das wichtigste Ergebnis stellt die wesentlich höhere Varianzaufklärung dar, die durch

den Ersatz der WPK-Ergebnisse zu t4 durch jene zu t5 erfolgt: Im ersten Fall beträgt

der Pfad von der latenten Variable Persönlichkeit zur Anstrengungsvermeidung .22,

im zweiten .63. Die vermutete Stabilisierung der persönlichkeitsbedingten

Anstrengungsvermeidungsneigung von t4 zu t5 hat sich daher bestätigt. Außerdem

lassen sich Rückschlüsse auf den zugrunde liegenden Entwicklungsprozess ziehen:

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Während bei der Bildung der latenten Variable Persönlichkeit zu t4 die

Prüfungsangst noch eine größere Rolle spielt, sinkt ihre Bedeutung zu t5. Die

Neigung zu überaktiv-unaufmerksamen Verhalten nimmt in ihrer Bedeutung zu,

während jene der Neigung zu offener Opposition zurückgeht. Traurige Gefühle

spielen zu t5 keine Rolle mehr, Dominanzverhalten wird dagegen bedeutungsvoller.

Hier spiegelt sich offenbar die stressreduzierende und (von den Erziehungspersonen

nicht unbedingt erwünschte) persönlichkeitsstützende Funktion der

Anstrengungsvermeidung wider. Wenn ein Anforderungsbereich vom Betroffenen

nicht mehr als Leistungssituation interpretiert wird, werden leistungsbezogene

Misserfolge für ihn nach und nach irrelevant, die erfolgreiche Abwehr der von den

Erziehungspersonen eingesetzten Druckmaßnahmen durch entsprechende

oppositionelle Verhaltensweisen nehmen an Bedeutung für die Sicherung des

eigenen Wohlbefindens zu. Die über die Erhebungszeitpunkte hinweg äußerst stabile

Partnerschaftsvariable „Streitverhalten“ wirkt sich über ein ungünstiges, durch

negative emotionale Beziehung und Entfremdung geprägtes Bindungsverhalten auf

die Anstrengungsvermeidung aus. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn man die

Persönlichkeit zu t4 in das Pfadmodell aufnimmt. Bei Einbeziehung der

Persönlichkeit zu t5 nimmt ihre Bedeutung ab, ein weiteres Indiz für die zunehmende

Ablösung der Heranwachsenden von den Eltern und ihren Erziehungseinflüssen und

einer dementsprechend größeren Bedeutung der eigenen Persönlichkeit.

Ein schwieriges Temperament im Säuglingsalter hat einen gewissen Einfluss auf die

Persönlichkeit zu t4 bzw. t5. Die aus den Skalen „Unterstützung“, „Zuwendung“ und

„Strenge“ gebildete latente Variable „mütterliches Erziehungsverhalten“ beeinflusst

die Abschlussnoten der Grundschule, wobei in der Pfadanalyse, die die

Persönlichkeit zu t4 (Abb. 25) berücksichtigt, noch ein negativer Pfad zur

Bindungsqualität besteht. Die Grundschulnoten beeinflussen ihrerseits die vom Kind

erlebte Bindungsqualität. Der negative Pfad der Intelligenz zur Persönlichkeit zu t4

weist darauf hin, dass eine niedrigere Intelligenz die Entwicklung einer

problematischeren Persönlichkeit begünstigen kann. Nach der (relativen)

Konsolidierung der Persönlichkeit zu t5 verschwindet dieser Pfad.

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Insgesamt zeigen die beschriebenen Zusammenhangsmuster, dass verschiedene

Entwicklungswege, die sich gegenseitig stützen, zur Entstehung der Neigung zu

schulbezogener Anstrengungsvermeidung beitragen. Familiäre Reaktionen auf

kindliches Problemverhalten, das sich im ersten Lebensjahr in einem schwierigen

Temperament und in der Grundschulzeit in Schulschwierigkeiten manifestiert,

begünstigen diesen Prozess. Ein besonderes Gewicht kommt der sich von t4 zu t5

zunehmend konsolidierenden Persönlichkeit des Kindes zu. Eine ungünstige, durch

Streit gekennzeichnete familiäre Situation stellt dabei einen zusätzlichen Risikofaktor

dar. Wie die berichteten Resultate des FIL-Projektes zeigen, stellt die Gestaltung der

familiären Beziehungen eine Einflussgröße dar, die neben dem kindlichen

Temperament die spätere Leistungsbereitschaft der Kinder mitbestimmt. Bei

auftretenden familiären Problemen sollten daher auch im Interesse des Kindes

möglichst früh interveniert werden.

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

6. Kurzzusammenfassung

Die Studie „Familienentwicklung beim Schulübertritt“ stellt die 5. Welle des

Längsschnittprojekts „Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL)“ dar, an der

ursprünglich 175 Familien teilnahmen. Zum gegenwärtigen Erhebungszeitpunkt

konnten noch 141 Familien erreicht werden. Insgesamt hat die Partnerschaftsqualität

seit dem ersten Erhebungszeitpunkt (6. Schwangerschaftsmonat) abgenommen, die

Familiensituation ist schwieriger geworden. 18% der Eltern leben getrennt, wobei

sich zeigte, dass das Scheidungsrisiko umso höher ist, je jünger die Partner vor der

Geburt des ersten Kindes waren und je kürzer sie sich kannten. Durch

Clusteranalysen der Belastungs- und Bewältigungsscores im Leistungs- und sozialen

Bereich konnten vier kindliche „Schulübertrittstypen“ identifiziert werden: Einer

Gruppe „Unauffälliger“ stehen durch den Schulübertritt „Herausgeforderte“,

„Überforderte“ und „Bedrohte“ gegenüber. Während die Unauffälligen in den

Persönlichkeitsskalen im Mittelfeld liegen, fallen die Herausgeforderten durch

niedrige Neurotizismuswerte, höhere Extraverion, Verträglichkeit und

Gewissenhaftigkeit auf. Die Überforderten zeigen hohe Neurotizismuswerte, sind

eher introvertiert, eher weniger offen und weniger gewissenhaft. Für die Bedrohten

ist ihre extrem geringe Gewissenhaftigkeit und ihre Neigung zur

Anstrengungsvermeidung bei sehr geringer Offenheit charakteristisch.

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ANHANG 1: Erhebungsinstrumente

1.1 Der Temperamentsfragebogen

Der Temperamentfragebogen ist eine Adaption des Fragebogens von Thomas und

Chess (1977). Das Temperament der Kinder wurde von den Müttern bewertet und

siebenkategoriell erhoben (1: fast nie; 7: fast immer).

Skala 1a: Erziehbarkeit 12 Items, Cronbach’s Alpha: α=.81

Tab. 56 Temperament des Kindes (Bewertungen der Mütter): Skala Erziehbarkeit Item Trennschärfe Wenn mein Kind über etwas beunruhigt oder verärgert ist, beruhigt es sich schnell wieder (Item 26)

.69

Wenn mein Kind schlecht gelaunt ist, kann man es schnell durch einen Scherz wieder umstimmen (Item 12)

.53

Mein Kind lässt sich schnell trösten, wenn etwas passiert ist oder es traurig ist (Item 34)

.52

Wenn mein Kind ermahnt oder zurechtgewiesen wird, reagiert es eher mit einer leichten Verstimmung als mit einem Wutausbruch (Item 39)

.42

Wenn mein Kind ein Spiel oder Süßigkeiten haben will, zum Beispiel beim Einkaufen, akzeptiert es schnell etwas anderes (Item 22)

.52

Mein Kind ist fröhlich und zufrieden (Item 8) .50 Mein Kind scheint Dinge zu nehmen, wie sie sind. Es nimmt Sachen wie sie kommen, ohne sich aufzuregen (Item 50)

.43

Wenn mein Kind lästig ist, kann es davon abgebracht werden, indem man ihm etwas anderes zu tun gibt (Item 30)

.50

Wenn mein Kind etwas von mir will, ich aber zu beschäftigt bin und nicht tun kann, was es will, sucht es sich rasch eine andere Beschäftigung (Item 23)

.48

Bei Veränderungen der täglichen Routine, also der gewöhnlichen Tätigkeiten, gewöhnt sich mein Kind leicht an die neue Routine (Item 4)

.34

Wenn etwas, auf das sich mein Kind schon freut (z.B. auf einen Kinobesuch), um eine Stunde oder mehr verzögert wird, wartet mein Kind geduldig und macht sich nicht viel daraus (Item 27)

.37

Wenn mein Kind nicht anziehen darf, was es möchte, akzeptiert es nach einer kurzen Diskussion, was ich vorschlage (Item 16)

.33

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Skala 1b: Ärgerneigung 7 Items, Cronbach’s Alpha: α=.74

Tab. 57 Temperament des Kindes (Bewertungen der Mütter): Skala Ärgerneigung Item Trennschärfe Wenn mein Kind über etwas zornig wird, ist es schwer, es abzulenken (Item 40) .67 Wenn mein Kind über eine Aufgabe verärgert ist, wirft es etwas auf den Boden, schimpft, schreit oder schmeißt die Tür zu (Item 47)

.56

Wenn mein Kind aufgeregt ist, ist es schwer zu beruhigen (Item 10) .50 Wenn mein Kind müde ist, ist es grantig (Item 51) .34 Mein Kind weigert sich Nahrungsmittel zu essen, die es nicht mag (Item 20) .29 Auf neue Situationen reagiert mein Kind irritiert (Item 35) .38 Wenn bei der Lieblingsbeschäftigung meines Kindes etwas kaputt ist oder etwas nicht funktioniert, ist mein Kind sehr irritiert und durcheinander (Item 14)

.45

Skala 2: Zielstrebigkeit/Kontrolliertheit 11 Items, Cronbach’s Alpha: α=.85

Tab. 58 Temperament des Kindes (Bewertungen der Mütter): Skala Zielstrebigkeit/Kontrolliertheit Item Trennschärfe *Mein Kind springt öfter während der Hausübung auf (Item 41) .69 Mein Kind sitzt still, wenn es eine Hausübung erledigt (Item 38) .53 Wenn mein Kind sich mit einer faszinierenden und schwierigen Aufgabe beschäftigt, arbeitet es alleine ohne Unterbrechung, auch über einen längeren Zeitraum, bis es fertig ist (Item 2)

.52

Mein Kind steckt sich selbst neue Ziele (Item 18) .42 Mein Kind geht gerne in die Schule (Item 48) .52 Wenn mein Kind mit anderen zusammen ist, macht es einen glücklichen Eindruck (Item 1)

.50

Wenn während einer Aufgabe Hilfe angeboten wird, setzt mein Kind trotzdem die Aufgabe alleine fort (Item 28)

.43

*Wenn eine Aufgabe oder ein Spiel zu schwierig ist, wendet sich mein Kind rasch einer anderen Tätigkeit zu (Item 3)

.50

Mein Kind kann während eines ganzen Kinderfilms oder eines langen TV-Programms stillsitzen (Item 36)

.48

Wenn mein Kind eine neue Tätigkeit erlernt, z.B. Eislaufen oder Snowboarden, verbringt es viel Zeit mit dem Üben (Item 33)

.34

Wenn mein Kind alleine ist, ist es im Allgemeinen aktiv und findet eine Beschäftigung (Item 11)

.37

*: rekodiert

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Skala 3a: Extraversion 8 Items, Cronbach’s Alpha: α=.82

Tab. 59 Temperament des Kindes (Bewertungen der Mütter): Skala Extraversion Trennschärfe Mein Kind überwindet normalerweise Scheu gegenüber Fremden rasch (Item 21) .77 Im Park oder bei Besuchen, geht mein Kind offen auf andere Kinder zu (Item 13) .58 Mein Kind ist sofort freundlich und offen gegenüber fremden Erwachsenen, die uns zu Hause besuchen (Item 29)

.60

Mein Kind fühlt sich bereits beim ersten Besuch in einem fremden Haus wohl (Item 6)

.53

*Wenn mein Kind neue Kinder trifft, ist es schüchtern (Item 9) .64 *Im Garten, am Spielplatz oder im Park beschäftigt sich mein Kind lieber leise und mit sich selber als mit Spielgeräten oder anderen Kindern (Item 42)

.35

Mein Kind verhält sich fremden Erwachsenen gegenüber scheu (Item 5) .51 *In einer neuen Situation, wie zum Beispiel beim Schuleintritt oder bei einem Schul- oder Wohnungswechsel, fühlt sich mein Kind auch nach Tagen noch unbehaglich und lebt sich nur schwer ein (Item 17)

.40

*: rekodiert

Skala 3a: Offenheit 4 Items, Cronbach’s Alpha: α=.73

Tab. 60 Temperament des Kindes (Bewertungen der Mütter): Skala Offenheit Trennschärfe Im Urlaub geht mein Kind gern auf Entdeckungsreisen (Item 32) .41 Mein Kind ist an allem Neuen interessiert (Item 49) .60 Mein Kind lässt sich leicht für ein neues Spiel begeistern (Item 46) .58 Wenn wir gemeinsam spazieren gehen, ist mein Kind an allem, was es sieht, sehr interessiert (Item15)

.55

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

1.2 Der Elternschaftsfragebogen von Nickel, Grant und Vetter (1990)

Die Einstellung zur Elternschaft wurde getrennt bei Müttern und Vätern mit dem

Elternschaftsfragebogen erfasst.

1.2.1 Einstellung zur Elternschaft (Mütter)

Skala 1: Belastung durch Kinder (14 Items, Cronbach’s Alpha: α=.86)

Tab. 61 Einstellung der Mütter zur Elternschaft: Skala Belastung durch Kinder Item Trennschärfe Kinder lassen einem zu wenig Zeit für eigene Interessen. .66 Die Verantwortung für ein Kind zu tragen, ist erdrückend. .45 Kinder zu haben, bedeutet ein ständiges Eingebundensein. .40 Durch ein Kind wird man vom Partner stärker abhängig. .45 Wenn man Kinder hat, hat man kaum mehr eigene Freizeit. .64 Wenn Kinder da sind, kann man nie richtig abschalten. .53 Durch Kinder wird man vom Partner abhängig. .54 Kinder schränken die Eltern stark ein. .76 Kinder machen eine Einschränkung der Berufsarbeit notwendig. .31 Die Beziehung zu dem Partner wird durch Kinder beeinträchtigt. .44 Kinder bedeuten eine finanzielle Belastung, die den Lebensstandard einschränkt. .33 Ich glaube, eine Frau fühlt sich durch ein eigenes Kind in ihrer persönlichen Freiheit ziemlich eingeschränkt.

.68

Durch Kinder bin ich gezwungen, eigene Bedürfnisse stark zurückzustellen. .75 Ich glaube, Kinder verändern eine Partnerschaft enorm. .35

Skala 2: Wert von Kindern (17 Items, Cronbach’s Alpha: α=.86)

Tab. 62 Einstellung der Mütter zur Elternschaft: Skala Wert von Kindern Item Trennschärfe Kinder bringen die Partner einander näher. .43 Ein Leben ohne Kinder stelle ich mir langweilig und eintönig vor. .53 Ich glaube, daß einer Partnerbeziehung ohne Kinder etwas ganz Entscheidendes fehlt.

.60

Mit Kindern zu leben heißt, die Welt neu zu entdecken. .44

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Kinder geben einer Partnerbeziehung erst ihren eigentlichen Sinn. .61 Die ersten Bewegungen des Kindes im Mutterleib zu spüren, ist ein besonders schönes Erlebnis.

.30

Ohne Kinder bleibt das Leben leer. .48 Es macht mich stolz, ein Kind gebären zu können. .40 Indem man die Verantwortung für ein Kind übernimmt, wird man erst richtig erwachsen.

.51

Durch eigene Kinder erfahre ich, was wirklich wichtig ist. .59 Für das Heranwachsen eines Menschen gebraucht zu werden, ist für mich ein wichtiger Lebensinhalt.

.59

Kinder großzuziehen vermittelt einem das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. .59 Durch die Geburt meines Kindes bzw. meiner Kinder sind mein Partner und ich uns näher gekommen.

.42

Durch das Zusammenleben mit meinem Kind/meinen Kindern habe ich mich innerlich verändert.

.33

Kindergroßziehen ist für mich eine der interessantesten Aufgaben, die ich mir vorstellen kann.

.62

Von einem Kind gebraucht zu werden, ist ein schönes Gefühl. .36 Die Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, ist eine wichtige Erfahrung. .44

Skala 3: Traditionelle Elternrolle 16 Items, Cronbach’s Alpha: α=.84

Tab. 63 Einstellung der Mütter zur Elternschaft: Skala Traditionelle Elternrolle Item Trennschärfe Ich meine, ein Kind kann eher auf seinen Vater als auf seine Mutter verzichten. .43 Das Essen für das Kind herzurichten und bei den Hausaufgaben zu helfen, macht Müttern mehr Spaß als Vätern.

.53

Wenn die Kinder im Schulalter sind, benötigen sie meines Erachtens mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung der Mutter, nicht so sehr die des Vaters.

.60

Ich glaube, daß eher der Vater das Vorbild für einen Sohn sein sollte als die Mutter.

.44

Ich halte es eher für die Aufgabe einer Mutter, dem Kind Geborgenheit zu geben und nicht für die des Vaters.

.61

Wenn das Kind im Schulalter ist, kann der Vater nicht viel mehr tun, als seine Frau/Freundin gefühlsmäßig zu unterstützen.

.30

Ich glaube, daß eher die Mutter das Vorbild für eine Tochter sein sollte als der Vater.

.48

Ich glaube nicht, daß der Vater ein Kind so gut versorgen kann wie die Mutter. .40 Im Schulalter braucht das Kind mehr die Nähe zur Mutter als zum Vater. .51 Hausarbeit und die Versorgung des Kindes sind Arbeiten in einer Familie, die von beiden Elternteilen zu gleichen Teilen erledigt werden müssen.

.59

Meines Erachtens kann ein Vater seinem Kind Werte wie Respekt und Gehorsam viel besser vermitteln als die Mutter.

.59

Meiner Meinung nach ist Baby- und Kinderpflege allein Frauensache. .59 Wenn das Kind im Schulalter ist, können Väter genausoviel mit dem Kind anfangen wie Mütter.

.42

Vater und Mutter sind gleich wichtig für ein Kind. .33 Ich denke, Männer haben einfach nicht so viel Gespür für die Bedürfnisse eines .62

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Kindes. Ich halte Väter für ungeschickt und hilflos im Umgang mit Kindern. .36

Skala 4: Funktionaler Wert der Familie 9 Items, Cronbach’s Alpha: α=.82

Tab. 64 Einstellung der Mütter zur Elternschaft: Skala Wert der Familie Item Trennschärfe Kinder zu haben ist für mich wichtig, um die Beziehung zu meiner Familie zu stärken.

.50

Für mich ist es wichtig, die Tradition meiner Familie durch eigene Kinder fortzuführen.

.58

Das Wichtigste im Leben eines Menschen ist, ein eigenes Kind zu haben. .39 Es war wichtig für meine Eltern, daß ich ihnen Enkel schenke. .56 Die Beziehung zur Familie und zu Verwandten wird durch Kinder gestärkt. .49 Für mich ist es wichtig, Kinder zu haben, damit ich im Alter nicht allein bin. .47 Wenn man Kinder hat, dann hat man später jemanden, auf den man sich in Notfällen verlassen kann.

.55

Es ist/war wichtig für mich, meinen Eltern Enkel zu schenken. .73 Mein Ansehen innerhalb meiner Familie erhöht sich durch meine Kinder. .41

Skala 4: Berufsrolle versus Mutterrolle 8 Items, Cronbach’s Alpha: α=.72

Tab. 65 Einstellung der Mütter zur Elternschaft: Skala Berufsrolle versus Mutterrolle Item Trennschärfe Verglichen mit der Berufstätigkeit ist Kindergroßziehen eine wesentlich befriedigendere Aufgabe.

.36

Wenn der Vater zu Hause ist, sollte er die Versorgung des Kindes übernehmen, um seine Frau zu entlasten.

.34

Berufliches Weiterkommen und Kinderhaben lassen sich nicht miteinander vereinbaren.

.31

Ich glaube, daß es für die Entwicklung eines Kindes schlecht ist, wenn die Mutter berufstätig ist.

.59

Eine Frau sollte auf jeden Fall berufstätig sein, egal ob sie Kinder hat oder nicht. .41 Ich halte es für äußerst wichtig, daß man sich seinen eigenen Freizeitbereich bewahrt, auch wenn ein Kind da ist.

.26

Ich meine, man muß sich entscheiden: entweder für berufliches Weiterkommen oder für eine Familie.

.49

Solange kleine Kinder da sind, sollte eine Frau nicht außer Haus arbeiten. .52

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1.2.2 Einstellung zur Elternschaft (Väter)

Skala 1: Belastung durch Kinder 21 Items, Cronbach’s Alpha: α=.92

Tab. 66 Einstellung der Väter zur Elternschaft: Skala Belastung durch Kinder Item Trennschärfe Kinder lassen einem zu wenig Zeit für eigene Interessen. .72 Berufliches Weiterkommen und Kinderhaben lassen sich nicht miteinander vereinbaren.

.45

Die Verantwortung für ein Kind zu tragen, ist erdrückend. .57 Kinder zu haben, bedeutet ein ständiges Eingebundensein. .40 Durch ein Kind wird man vom Partner stärker abhängig. .61 Kinder schaffen Probleme mit Nachbarn, auf Reisen und in der Öffentlichkeit. .56 Wenn man Kinder hat, hat man kaum mehr eigene Freizeit. .72 Durch das Zusammenleben mit meinem Kind/meinen Kindern habe ich mich innerlich verändert.

.38

Wenn Kinder da sind, kann man nie richtig abschalten. .70 Ein Kind richtig zu erziehen, ist sehr schwierig. .50 Durch Kinder wird man vom Partner abhängig. .71 Männer müssen den Umgang mit dem eigenen Kind erst lernen. .42 Kinder schränken die Eltern stark ein. .76 Kinder machen eine Einschränkung der Berufsarbeit notwendig. .54 Die Beziehung zu dem Partner wird durch Kinder beeinträchtigt. .69 Kinder bedeuten eine finanzielle Belastung, die den Lebensstandard einschränken.

.43

Ich glaube, eine Frau fühlt sich durch ein eigenes Kind in ihrer persönlichen Freiheit ziemlich eingeschränkt.

.51

Ich meine, man muß sich entscheiden: entweder für berufliches Weiterkommen oder für eine Familie.

.53

Durch Kinder bin ich gezwungen, eigene Bedürfnisse stark zurückzustellen. .80 Ich glaube, Kinder verändern eine Partnerschaft enorm. .46 Ich finde, man sollte das Leben erst richtig genießen, bevor man Kinder bekommt.

.35

Skala 2: Funktionaler Wert von Kindern 15 Items, Cronbach’s Alpha: α=.85

Tab. 67 Einstellung der Väter zur Elternschaft: Skala Funktionaler Wert von Kindern Item Trennschärfe Kinder zu haben ist für mich wichtig, um die Beziehung zu meiner Familie zu stärken.

.53

Kinder bringen die Partner einander näher. .43 Für mich ist es wichtig, die Tradition meiner Familie durch eigene Kinder fortzuführen.

.46

Ein Leben ohne Kinder stelle ich mir langweilig und eintönig vor. .53

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Es war wichtig für meine Eltern, dass ich ihnen Enkel schenke. .43 Die Beziehung zur Familie und zu Verwandten wird durch Kinder gestärkt. .41 Es macht mich stolz, ein neues Leben gezeugt zu haben. .53 Indem man die Verantwortung für ein Kind übernimmt, wird man erst richtig erwachsen.

.53

Durch eigene Kinder erfahre ich, was wirklich wichtig ist. .43 Kinder großzuziehen vermittelt einem das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. .57 Für mich ist es wichtig, Kinder zu haben, damit ich im Alter nicht allein bin. .46 Wenn man Kinder hat, dann hat man später jemanden, auf den man sich in Notfällen verlassen kann.

.46

Es ist wichtig für mich, meinen Eltern Enkel zu schenken. .61 Mein Ansehen innerhalb meiner Familie erhöht sich durch meine Kinder. .54 Die Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, ist eine wichtige Erfahrung. .32

Skala 3: Traditionelle Rollenaufteilung 14 Items, Cronbach’s Alpha: α=.85

Tab. 68 Einstellung der Väter zur Elternschaft: Skala Traditionelle Rollenaufteilung Item Trennschärfe Ich meine, ein Kind kann eher auf seinen Vater als auf seine Mutter verzichten. .44 Das Essen für das Kind herzurichten und bei den Hausaufgaben zu helfen, macht Müttern mehr Spaß als Vätern.

.60

Wenn die Kinder im Schulalter sind, benötigen sie meines Erachtens mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung der Mutter, nicht so sehr die des Vaters.

.64

Ich halte es eher für die Aufgabe einer Mutter, dem Kind Geborgenheit zu geben und nicht für die des Vaters.

.48

Wenn das Kind im Schulalter ist, kann der Vater nicht viel mehr tun, als seine Frau/Freundin gefühlsmäßig zu unterstützen.

.45

Ich glaube, dass es für die Entwicklung eines Kindes schlecht ist, wenn die Mutter berufstätig ist.

.39

Ich glaube nicht, daß der Vater ein Kind so gut versorgen kann wie die Mutter. .64 Im Schulalter braucht das Kind mehr die Nähe zur Mutter als zum Vater. .61 Meines Erachtens kann ein Vater seinem Kind Werte wie Respekt und Gehorsam viel besser vermitteln als die Mutter.

.34

Wenn das Kind im Schulalter ist, können Väter genauso viel mit dem Kind anfangen wie Mütter. (rekodiert)

.31

Ich halte es für eine typisch weibliche Eigenschaft, Kinder umsorgen und pflegen zu wollen.

.50

Ich denke, Männer haben einfach nicht so viel Gespür für die Bedürfnisse eines Kindes.

.68

Solange kleine Kinder da sind, sollte eine Frau nicht außer Haus arbeiten. .38 Ich halte Väter für ungeschickt und hilflos im Umgang mit Kindern. .57

Skala 4: Emotionaler Wert von Kindern 14 Items, Cronbach’s Alpha: α=.82

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Tab. 69 Einstellung der Väter zur Elternschaft: Skala Emotionaler Wert von Kindern Item Trennschärfe Verglichen mit der Berufstätigkeit ist Kindergroßziehen eine wesentlich befriedigendere Aufgabe.

.44

Kinder im Haus zu haben und sie aufwachsen zu sehen, finde ich aufregend und schön.

.60

Das Wichtigste im Leben eines Menschen ist, ein eigenes Kind zu haben. .64 Mit Kindern zu leben heißt, die Welt neu zu entdecken. .48 Ich fand meine Frau/Freundin in der Schwangerschaft besonders attraktiv. .45 Die ersten Bewegungen des Kindes im Mutterleib zu spüren, ist ein besonders schönes Erlebnis.

.39

Ohne Kinder bleibt das Leben leer. .64 Für das Heranwachsen eines Menschen gebraucht zu werden, ist für mich ein wichtiger Lebensinhalt.

.61

Durch die Geburt meines Kindes bzw. meiner Kinder sind meine Partnerin und ich uns näher gekommen.

.34

Kindergroßziehen ist für mich eine der interessantesten Aufgaben, die ich mir vorstellen kann.

.31

Ich finde die Zeit der Schwangerschaft zu lang und lästig. .50 Ich finde schwangere Frauen anziehend. .68 Kinder geben einer Partnerbeziehung erst ihren eigentlichen Sinn. .38 Ich glaube, dass einer Partnerbeziehung ohne Kinder etwas ganz Entscheidendes fehlt.

.57

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

1.3 Der Partnerschaftsfragebogen von Hahlweg (1979)

Zur Erfassung der Partnerschaft wurde – wie bereits in den vier vorangegangenen

Erhebungswellen – auf den Partnerschaftsfragebogen von Hahlweg (1979)

zurückgegriffen, der sowohl den Müttern als auch den Vätern vorgegeben wurde.

Hahlweg unterscheidet drei Skalen: 1. Streitverhalten, 2. Zärtlichkeit, 3.

Gemeinsamkeiten/Kommunikation die sich, wie unten beschrieben,

zusammensetzen. Das Item Nr. 2 („Er/Sie streichelt mich während des Vorspiels so,

dass ich sexuell erregt werde“) aus der Skala „Zärtlichkeit“ wurde nicht vorgegeben,

da es schon bei den früheren Erhebungszeitpunkten zu

Beantwortungsverweigerungen geführt hatte.

Wie aus Tab. 70 ersichtlich, weisen alle drei Skalen sehr hohe Stabilitäten auf.

Tab. 70 Reliabilitäten des Partnerschaftsfragebogen (PFB, Hahlweg, 1979) Skala Reliabilität:

Cronbach’s Alpha: Partnerin Partner Skala Streitverhalten .89 .90 Skala Zärtlichkeit .92 .94 Skala Gemeinsamkeiten / Kommunikation 88 .90

Skala Streitverhalten

Tab. 71 Skala „Streitverhalten“ (PFB, Hahlweg, 1979) Item Trennschärfe Partnerin Partner Er/Sie wirft mir Fehler aus der Vergangenheit vor. .60 .67 Er/Sie bricht über Kleinigkeiten einen Streit vom Zaun. .69 .76 Wenn wir uns streiten, beschimpft er/sie mich. .67 .72 Er/Sie kritisiert mich auf eine sarkastische Weise. .71 .74 Er/Sie äußert sich abfällig über meine Meinung. .67 .71 Wenn wir streiten, können wir kein Ende finden. .38 .54 Er/Sie gibt mir die Schuld, wenn etwas schief gegangen ist. .72 .69 Während eines Streits schreit er/sie mich an. .64 .68 Wenn wir streiten, verdreht er/sie meine Aussage. .75 .60 Er/Sie schränkt mich in meiner persönlichen Freiheit ein. .52 .48

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Skala Zärtlichkeit

Tab. 72 Skala „Zärtlichkeit“ (PFB, Hahlweg, 1979) Item Trennschärfe Partnerin Partner Ich merke, dass er/sie mich körperlich attraktiv findet. .65 .82 Er/Sie sagt, er/sie ist zufrieden, wenn er/sie mit mir zusammen ist. .76 .77 Vor dem Einschlafen schmiegen wir uns aneinander. .66 .66 Er/Sie reagiert positiv auf meine sexuellen Wünsche. .62 .73 Er/Sie berührt mich zärtlich und ich empfinde es als angenehm. .80 .79 Er/Sie macht mir ein ernst gemeintes Kompliment. .70 .82 Er/Sie nimmt mich in den Arm. .81 .80 Er/Sie spricht mit mir über meine sexuellen Wünsche. .59 .70 Er/Sie streichelt mich zärtlich. .83 .88

Skala Gemeinsamkeit/Kommunikation

Tab. 73 Skala „Gemeinsamkeit/Kommunikation“ (PFB, Hahlweg, 1979) Item Trennschärfe Partnerin Partner Er/Sie teilt mir Gefühle und Gedanken mit. .66 .59 Wir schmieden gemeinsam Zukunftspläne. .66 .66 Er/Sie erzählt mir aus der Arbeit und möchte meine Meinung dazu. .60 .63 Wir planen gemeinsam das Wochenende. .62 .66 Er/Sie bespricht Dinge aus dem Beruf mit mir. .62 .66 Er/Sie bemüht sich, meine Wünsche zu merken. .53 .65 Wenn er/sie mich falsch behandelt, entschuldigt er/sie sich. .46 .66 Wir unterhalten uns am Abend mind. eine ½ Stunde. .62 .59 Er/Sie fragt mich abends, was ich gemacht habe. .63 .65 Er/Sie sagt mir, dass er/sie mich gern hat. .73 .65

115

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Wiener Kinderpersönlichkeitsfragebogen (WPK)

Der „Wiener Persönlichkeitsfragebogen für Kinder“ (WPK) wurde als Instrumentarium

zur Erfassung problematischer Persönlichkeitsdimensionen im Schulalter entwickelt.

Zu t4 wurden die Items den Kindern vorgelesen und die Antworten von den

Testleiterinnen eingetragen. Zu t5 füllten die Testpersonen den WPK unter

Anwesenheit der Testleiterin bereits selbständig aus.

Skala Neigung zu überaktiv-unaufmerksamen Verhalten 13 Items, Cronbach’s Alpha: α=.81

Tab. 74 Skala Neigung zu überaktiv-unaufmerksamen Verhalten aus dem WPK Item Trennschärfe

Ich kann NICHT lange still sitzen .41

In der Schulstunde tratsche ich gerne .44

Bei den Hausaufgaben kann ich NICHT lange still sitzen .52

Dinge, die von mir verlangt werden, mache ich NICHT gerne .42

Ich denke manchmal vor mich hin, so dass ich gar nicht merke, was die anderenzu mir sagen

.33

Oft rutsche ich vor Ungeduld auf dem Sessel hin und her .55

Ich bin ziemlich schlampig .31

In der Klasse passe ich oft NICHT auf .55

Wenn mir jemand etwas Schönes versprochen hat, fällt es mir schwer, darauf zuwarten

.40

Ich werde schnell zornig .41

Wenn ich ruhig sitzen soll, muss ich immer etwas in den Händen haben, umdamit herumzuspielen

.52

Ich zapple oft herum .62

Die Leute sagen mir oft, dass ich NICHT so viel reden soll .45

Skala Neigung zu oppositionellem Verhalten und Risikobereitschaft 8 Items, Cronbach’s Alpha: α=.80

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Tab. 75 Skala Neigung zu oppositionellem Verhalten und Risikobereitschaft aus dem WPK Item Trennschärfe

Manchmal macht es mir Spaß, schlimm zu sein .51

Es macht mir Spaß, bei gefährlichen Spielen mitzumachen .58

Wenn mir jemand etwas verbietet, mache ich es trotzdem .59

Es macht mir Spaß, andere zu ärgern .54

Ich mag Filme, in denen gekämpft wird .36

Ich bin bei wilden Spielen gerne dabei .54

Es macht mir Spaß, andere zu erschrecken .43

Es macht mir Spaß, etwas Gefährliches zu tun .71

Skala Prüfungsangst 5 Items, Cronbach’s Alpha: α=.82

Tab. 76 Skala Prüfungsangst aus dem WPK Item Trennschärfe

Vor einem Rechentest habe ich Angst, dass ich ihn NICHT gut mache .72

Wenn mich die Lehrerin / der Lehrer etwas fragt, bin ich so aufgeregt, dass mirnichts einfällt

.36

Wenn ich einen Rechentest schreiben muss, klopft mein Herz ganz laut .64

Wenn die Lehrerin / der Lehrer mich im Unterricht etwas fragt, habe ich Angst,dass ich es NICHT weiß

.59

Vor einem Rechentest bin ich meistens sehr aufgeregt .67

Skala Dominanzneigung 5 Items, Cronbach’s Alpha: α=.59

Tab. 77 Skala Dominanzneigung aus dem WPK Item Trennschärfe

Wenn ich mit anderen Kindern spiele, bin ich gerne der Anführer/die Anführerin .41

Wenn mich jemand anschreit, schreie ich zurück .45

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Wenn mich jemand haut, schlage ich zurück .44

Es muß immer alles so sein, wie ich es will .43

Ich streite oft mit anderen Kindern .39

Wenn ich mich ärgere, schlage ich um mich .34

Skala Ängstlichkeit 6 Items, Cronbach’s Alpha: α=.61

Tab. 78 Skala Ängstlichkeit aus dem WPK Item Trennschärfe

Ich habe öfter Bauchweh .29

Ich schlafe oft NICHT ein, weil ich zuviel nachdenken muß .38

Ich habe öfter Kopfweh .38

Ich habe öfter schlechte Laune .31

Wenn ich nachts Durst habe oder auf die Toilette muss, habe ich Angst aufzustehen

.42

Ich habe öfter Angst, dass mir etwas Schlimmes passieren könnte .30

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Familienentwicklung im Lebenslauf (FIL) / Schulübertritt

Skala 6: Traurigkeit 2 Items, Cronbach’s Alpha: α=.78

Tab. 79 Skala Traurigkeit aus dem WPK Item Trennschärfe

Wenn jemand NICHT nett zu mir ist, bin ich sehr traurig .64

Wenn mich jemand anschreit, bin ich traurig .64

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