Das Ohr und sein Modell
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5. Mai 2005
Das Ohr und sein Modell
Dr. Fridtjof FeldbuschDepartment of Computer ScienceUniversity of Karlsruhe
Auszug bearbeitet: von I. Müller
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Überblick Schall - Grundlagen Das Ohr im Überblick Das innere Ohr Organ von Corti Auditorischer Pfad Auditorischer Cortex Fazit
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Schall – physikalisch gesehen Schall ist eine
Schwingung in einem elastischen Medium
Kompression und Expansion des Mediums
Ausbreitung in Gas und Flüssigkeiten durch Longitudinalwellen
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Die LautstärkeSchalldruck-pegel [dB]
Schalldruck [mPa]
Anschauung
0 20 Hörschwelle20 200 Ganz leiser Lüfter40 2000 Flüstern60 20000 Sprache80 200000 Hausmusik100 2000000 Güterzug120 20000000 Schmerzgrenze
Der gute Ton
Der harmonische Klang
… und das Geräusch
Das menschliche Gehörfeld Frequenzbereich von 20 bis 20.000 Hz
(altersabhängig) Schallpegel von 0 dB bis 120 dB (spl) Min. Frequenzabstand:
– 3% – Im direkten Vergleich: 0.2 % – vgl. Halbton 6%
Nur 6-10 Mikrosekunden Zeitunterschied zwischen Signalen an beiden Ohren– > ermöglicht räumliches Hören– Bei geübten Personen (Dirigenten) sogar nur 3
Mikrosekunden
Das menschliche Gehörfeld
Der Schall wird gemessen: – Intensität: in dB– Frequenz: in Hz
Audiogramm:– Schallpegel in
Abhängigkeit von der Frequenz
– Hörschwelle– Wahrnehmung-,
Schmerzgrenze– Hörbereich,
Sprachbereich
Das Ohr im Überblick
Ohrmuschel mit Gehörgang
Mittelohr Innenohr Hörnerv Auditorischer Pfad Cortex
Das Ohr im Überblick - Außenohr
Ohrmuschel– Knorpelig, faltig– fängt Schall ein– Schallmodulation je
nach Richtung Gehörgang
– leichte S-Form– Orgelpfeifen-
resonanz: verstärkt um Faktor 2
– Talgdrüsen– Häärchen
Das Ohr im Überblick – Das Mittelohr
1. Hammer2. Amboss3. Steigbügel4. Trommelfell5. Paukenfenster6. Ohrtrompete
Die Mechanik des Mittelohrs Einfangen der
Schallwellen am Trommelfell
Wirkungsvolle Übertragung auf die Flüssigkeiten im Innenohr
Verstärkung besonders zwischen 1 und 3 kHz
Schutzfunktion:– Druckausgleich
über Ohrtrompete– Stapedius Reflex
zur Unterdrückung der eigenen Stimme
Das Ohr im Überblick – Das Innere Ohr
1. Gleichgewichtsorgan (Vestibularapparat)2. Nerv zum Gehirn3. Anfang der Cochleagänge4. Spitze der Schnecke
Gleichgewichtsorgan und Cochlea haben gemeinsamen embrionalen Ursprung und Bestandteile, jedoch unterschiedliche Ausprägungen
Das Innere Ohr – Der VestibularapparatAufgaben: Erfassung von Drehbewegung
– In Erweiterungen der Bogengänge
– Keine orthogonale Ausrichtung für besten Arbeitsbereich
Und Linearbeschleunigung– In kleinem und großem
Vorhofsäckchen Trägheit von Flüssigkeiten
– Abbiegen von Haarzellen Genauigkeit:
– Beschleunigung innerhalb von 0,1 Grad/sec
– Auslenkung von 10 Nanometer
Das Innere Ohr – die Ohrschnecke
1. Schneckengang2. Vorhoftreppe3. Paukentreppe4. Gewundenes
Ganglion5. Gehörnervfasern
Die Ohrschnecke Steigbügel überträgt
Vibrationen auf Vorhoffenster
Druckwelle bewegt sich auf Vorhoftreppe (rot)
Ab der Spitze zurück über Paukentreppe zum Paukenfenster (blau)
Schneckengang wird nach oben durch Reissners‘- nach unten durch Basilar-
membran begrenzt.
Die Ohrschnecke - BasilarmembranEigenschaften der
Basilarmembran– Abnehmende Spannung– Zunehmende Breite =>
größere Querschnitt / mehr Flüssigkeit
Damit zur Spitze hin sinkende Resonanzfrequenz entlang der Cochlea (Passive Tonotopy)
An der Basis => hohe Frequenzen (obere Abb.)
An der Spitze => tiefe Frequenzen (untere Abb.)
Die Ohrschnecke - Basilarmembran
Resonanzfrequenzkarte An der Basis 20 kHz An der Spitze 20 Hz Verbreiterung der
Basilarmembran
7000
4000
2000
1000
Die Ohrschnecke - BasilarmembranDurch Steigbügel übertragene Vibrationen erzeugen Druckwelle bis hin zum
Paukenfenster (Schallgeschwindigkeit des Wassers)
Durch Ausgleich am Paukenfenster
Wanderwelle durch Druckunterschied zwischen Vorhof- und Paukentreppe (sehr viel langsamer)
Wanderwelle schematisch
Scala tympani
Scala vestibuli
Steigbügel
rundesFenster
ovalesFenster
Basilarmembran
Die Hörschnecke abgerollt:
Wanderwelle schematischDie Hörschnecke abgerollt:
Das Organ von Corti
1. Schneckengang2. Vorhoftreppe3. Paukentreppe4. Reissners‘ Membran5. Basilarmembran6. Tektorische Membran7. Stria Vascularis8. Nervenfasern9. Knöchernes gewundenes Lamina
Das Organ von Corti
Ort der Perzeption Auf Basilarmembran Endolymphe gefüllt Lockere Struktur, steif genug zum
Schwingen
Organ von Corti – Im Detail
1. Innere Haarzellen2. Äußere Haarzellen3. Tunnel von Corti4. Basilarmembran5. Retikuläres Lamina6. Tektorische Membran7. Zellen Deiters‘8. Kutikuläre Platte9. Hensens‘ Zellen10. Retikuläres Lamina
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Organ von Corti – Im Detail
Innere (links) und äußere (rechts) Haarsinneszellen mit Dendriten (gelb) der Neurone des Corti-Ganglions
Das Organ von Corti in Schwingung
Schwingende Basilarmembran
Bewegt darauf liegendes Cortisches Organ
Höhere Festigkeit der Tektorischen Membran biegt die äußeren Haarzellen ab
Sensorische Haarzellen Mechanorezeptoren Besitzen fingerartige
Ausstülpungen (Stereovilli)
Bei Bewegung: Änderung des
Potentials an der Membran
Weiterleitung an die Nerven
Elektronenmikroskopische Aufnahmen der Sinneshärchen
Sensorische Haarzellen
Innere Haarzellen– Stereovilli in
Linie
Äußere Haarzellen– Stereovilli in W-
Form
1. Zellkern2. Stereovilli3. Kutikuläre Platte4. Zuführendes
Radialende5. Seitlich
ausführendes Ende6. Ausführendes
Mittende7. Gewundenes
zuführendes Ende
Sensorischen Haarzellen
Stereovilli besitzen feine Verbindungen:
Seitlich in der gleichen Reihe
Von Reihe zu Reihe Sog. Tip Links an
deren Spitze zur nächst größeren Reihe
Sensorische Haarzellen
Es gibt ca. 3.500 innere Haarzellen 12.000 äußere Haarzellen Ca. 100 Stereovilli pro Haarzelle Zahlen nehmen im Laufe des Lebens ab
Haarzellen und mechanisch-transduktiver Prozess
Transduktion: Umsetzung einer Energieform in eine andere
Haarzellen setzen mechanische Vibrationen in elektrische Membranpotentiale um
An deren Basis: chemische Weiterleitung an Synapsen
Haarzellen und mechanisch-transduktiver Prozess
• Stereovilli werden abgebogen• K+ dringt ein• Zelle wird depolarisiert• Verschließen der Kanäle• Ca2+ aktiviert
Bewegungsprotein• Rückstellung der Stereovilli
Haarzellen und mechanisch-transduktiver Prozess
• Vermutung: Tip Links sind für Kanalöffnung, bzw. Schließung verantwortlich
• Schneller Depolarisationszyklus ( bis 100 kHz)
• Potenziale sinken unter Dauerton und müssen wieder hergestellt werden
• Hörermüdungstest
Anschluss der Nervenfasern
Neurotransmitter an den Synapsen: Glutamat
Anschluss der IHC an den Nerv
Der Hörnerv Überträgt Signale von der Cochlea zum Nucleus
Cochlearis Etwa 20 Nervenfasern beginnen an jeder
inneren Haarzelle Auch ohne Stimuli Entladungen: „Spontane
Aktivität“ Kodierung der physikalischen Eigenschaften der
Töne
Kodierung auf dem Hörnerv
Tiefe Töne: Phasenkodierung Hohe Töne: Ortskodierung Lautstärke: Ratenkodierung +
Ortskodierung Richtung: Zeitkodierung
Phasenkodierung
Maximale Entladungsrate in oberer Umkehrphase
Kodierung von Zeitdauer und Intensität
Zeitdauer der Aktivierung der Hörnervzelle entspricht der Zeitdauer des Stimulus
Entladungsrate kodiert Intensität
Der auditorische Pfad
Der auditorische Pfad
Drei Komponenten:
Das auditorische Sinnesorgan
Der Hörnerv Die auditorischen
Gebiete im Gehirn
NeuronenanzahlKern Anzahl von
Zellen im KernNucleus cochlearis 88 000
Nucleus olivus superior 34 000
Leminiscus Lateralis 38 000
Colliculus inferior 392 000
Thalamus 364 000
Auditorischer Cortex 10 000 000
Zeitlicher Ablauf
0 10 20 50 100 200 300 4005t/msec
Cochlea- undHirnstamm-potentiale
schnellekortikalePotentiale
langsamekortikalePotentiale
Nucleus Cochlearis
Nucleus Cochlearis
Erste Verarbeitung und Umschaltung Aufteilung:
- ventral (Verbesserte Phasenkopplung, Weitergabe nur wenig veränderter Information zum Olivenkomplex)
- dorsal (Mustererkennung)
Mindestens 22 verschiedene Neuronentypen
Nuclei oliva superiori
Laufzeitanalyse für tiefe Töne:Horizontales Richtungshören
Leminiscus lateralis Auditorischer
Hauptpfad
Ein Nebenpfad ist die Formatio Reticularis
Colliculus inferior
Landkarte räumlicher Beziehungen der Töne.Reagiert auf bewegte Schallquellen.
Corpus geniculatum des Thalamus
Aufmerksamkeitssteuerung,emotionale Bewertung
Der auditorische Cortex
Rechts: Tonhöhen, Melodien
Links: Rhythmen, zeitl. Strukturen
Fazit (1)
perfekt seinen Bedürfnissen angepasst Hören ist ein aktiver Prozess
– Anpassung an Hörumgebung– Schutzfunktionen– Frequenzselektivität– Cochleaverstärker– Mustererkennung
Fazit (2)
Der Vorgang des Hörens ist hochkomplex Erschwerte Forschung in höheren Ebenen
des auditorischen Pfades durch fehlende Kenntnis der Kodierung
Völlig andere Funktionsweise als ein analytischer Ansatz eines Ingenieurs
Fazit (3)
Zwischen dem Sinnesorgan und der bewussten Wahrnehmung liegt ein mächtiger neuronaler Filter
Danke für die Aufmerksamkeit!