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Das politische Buch im Gespräch Zweites Halbjahr 2019

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Daspolitische Buchim Gespräch

Zweites Halbjahr 2019

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Im Rahmen des aktuellen Programms unserer langjährigen Reihe »Das politische Buch im Gespräch« präsentieren wir im 2. Halb-jahr 41 Neuerscheinungen auf dem politischen Buchmarkt in ins-gesamt 46 Veranstaltungen in allen Regionen Thüringens. Das breite Themenspektrum und die verschiedenen Anlässe, auf die wir uns beziehen, widerspiegeln unseren weit gefassten Begriff von politscher Bildung. Gemäß dem Selbstverständnis der Landeszentrale für politische Bildung repräsentieren die von uns eingeladenen Autorinnen und Autoren unterschied-liche politische Positionen. Mit unserer Lesereihe wollen wir Neuerscheinungen und Autorinnen sowie Autoren vorstellen und zum Dialog bzw. kontroversen Gespräch einladen.

Ansprechpartner:Leiter:Franz-Josef Schlichting, 57 32 11 [email protected] 1, stellvertretender Leiter:Peter Reif-Spirek, 57 32 11 710 [email protected] 2:Antonio Peter, 57 32 11 720 [email protected] 3:Ursula Nirsberger, 57 32 11 730 [email protected] 4:Wieland Koch, 57 32 11 740 [email protected]

Landeszentrale für politische Bildung ThüringenRegierungsstraße 73, 99084 ErfurtTelefon 0361-57 32 11 701Fax 0361-57 32 11 702www.lzt-thueringen.de

fb.me/LandeszentraleThueringen

Die Archive des Bundesverfassungs-gerichts waren so verschlossen wie die des Vatikans. Nun endlich sind die alten Akten der großen Prozesse um die junge Demokratie des Grund-gesetzes zugänglich. Die Karlsruher Papiere illustrieren, wie hinter den Kulissen um die Grundwerte der neu-en Verfassung gerungen wurde - und wie auf den Trümmern eines Staates, der von Rassenhass und Kriegsge-schrei geprägt war, eine freiheitliche Gesellschaft entstehen konnte, die sich der Menschenwürde und dem Frieden verschrieben hat. Nach Sich-tung hunderter Akten zeigt Thomas Darnstädt anhand der Debatten um Parteiverbote, Schwangerschaftsab-bruch oder Gleichberechtigung und um Polit-Intrigen wie der Spiegel-Affäre oder dem Adenauer-Fernsehen, wie die Richter in Karlsruhe die Weichen in die Zukunft Deutschlands stellten.

Thomas Darnstädt, Dr. jur., geboren im Jahr des Grundgesetzes 1949, ist Jurist und Journalist mit den Schwerpunkten Verfassungsrecht, Polizeirecht und internationales Recht. Jahrzehntelang analysierte und kommentierte er im Spiegel die großen Karlsruher Prozesse. Er ist Autor vielbeachteter Bücher, zuletzt erschien bei Piper »Nürnberg. Menschheitsverbrechen vor Gericht 1945«. Er lebt mit seiner Familie in Hamburg.

Mittwoch, 3. Juli 2019, 18.15 UhrJena, Jena-Center, Zwätzengasse 3

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Thomas Darnstädt

Verschlusssache Karlsruhe. Die internen Akten des Bundesverfassungsgerichts

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Mona Krassu

Freitagsfische

Nach dem zweiten Weltkrieg muss Irma Geipel zusammen mit ihren vier Kindern aus ihrer Heimat Bres-lau fliehen. Die Familie kommt in einer Kleinstadt der Sowjetischen B esatzungszone unter. Dort begeg-nen ihnen die Menschen misstrau-isch, bisweilen feindselig. Ob der Vater Herbert aus der russischen Kriegsgefangenschaft heimkehren wird, bleibt lange Zeit ungewiss.

Die junge DDR bringt weitere Kon-flikte mit sich. Der älteste Sohn Diet-mar wehrt sich gegen den propa-gierten Sozialismus. Noch vor dem Mauerbau flieht er in die BRD. Seine Flucht hat Folgen für die Familie. Irma hängt das Kreuz von der Wand ab. Die Angst bleibt.

»Ein wunderbares und wundersames Buch. Mona Krassu erzählt meis-terlich eine Geschichte, die lange nachbrennt. Unbedingt lesenswert!« (Feridun Zaimoglu)

Mona Krassu, geboren 1969 in Weida, lebt heute in Gera. Sie erlernte den Beruf einer Wirtschaftskauffrau in der Maxhütte Unterwellenborn. Die Leidenschaft für die Sprache motivierte sie jedoch, die Kunst des plastischen Erzählens zu erlernen. Sie besuchte mehrere Kurse an der Textmanufaktur Leipzig, zu ihren Lehrern dort gehörten Andrè Hille, Clemens Meyer und Feridun Zaimoglu. Ihre Gedichte erschienen in mehreren Anthologien. 2016 erschien ihr Romandebüt »Alles Schafe«. »Freitagsfische« ist ihr zweiter Roman.

Donnerstag, 22. August 2019, 20.00 UhrSuhl, Kulturbaustelle, Friedrich-König-Straße 35

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Claudia Weber

Der Pakt. Stalin, Hitler und die Geschichte einer mörderischen Allianz

Im Zweiten Weltkrieg waren Nazi-deutschland und Stalins Sowjet-union nicht nur erbitterte Gegner, sondern vorübergehend auch Ver-bündete. Der Pakt war mehr als das politische Zweckbündnis, das Hitlers Überfall auf Polen erlaubte und den Krieg für die Sowjetunion hinauszö-gerte. Seine Wirkung blieb nicht auf Osteuropa beschränkt, auch wenn beide Mächte ihren Gewaltfuror dort entfesselten.

Der »Hitler-Stalin-Pakt« gilt noch heute meist als historischer Unfall oder bestenfalls als Präludium zum »eigentlichen« Krieg, der mit Hitlers Überfall auf die Sowjetunion begon-nen habe. Dabei ermöglichte die Zu-sammenarbeit der beiden Diktatoren nicht nur den Kriegsbeginn in Europa, sondern veränderte in zweiund-zwanzig Monaten die politische Landkarte des Kontinents von Grund auf. Claudia Weber zeichnet auf der Grundlage von historischen Quellen und Archivdokumenten minutiös nach, wie Hitler und Stalin zwischen 1939 und 1941 den Kontinent untereinander aufteilten, ihre Hand-langer miteinander verhandelten und es schließlich zum Bruch dieses schicksalhaften Bündnisses kam. Dabei analysiert sie die deutsch-sowjetische Zusammenarbeit in der Bevölkerungs- und Umsiedlungs-politik und enthüllt erschreckende Aktionen gegen Kriegsflüchtlinge: gegen Juden, Polen und Ukrainer.

Claudia Weber, geboren 1969 in Guben, ist eine deutsche Historike-rin, und seit 2014 Professorin für Europäische Zeitgeschichte an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).

Dienstag, 27. August 2019, 19.00 UhrEttersburg, Schloss Ettersburg

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Sabine Rennefanz

Mutter to go

Sabine Rennefanz war fünfzehn, als sie in Maxie Wanders »Guten Mor-gen, du Schöne« von den Kämpfen las, die berufstätige Frauen am Ar-beitsplatz, zu Hause und mit sich selbst auszufechten hatten. Als sie selber Mutter wurde, war sie erstaunt, wie wenig sich bewegt hatte. Die Frauen kämpfen noch immer an den gleichen Fronten, es sind sogar noch neue hinzugekom-men: die Sehnsucht nach Perfekti-on und immerwährendem Glück. In ihren Kolumnen untersucht Sabine Rennefanz mit Witz und Schärfe die Freuden, Zumutungen und Kämpfe moderner Mütter. Sie sucht Antwor-ten auf große Fragen: Warum wer-den Männer und Frauen ungleich behandelt? Warum fordern Frauen nicht mehr? Wie soll sich jemals etwas ändern? »Ich sitze am Schreibtisch und schaue auf meine Toch-ter, die noch nicht ahnt, was es bedeutet, eine Frau zu sein. Es wäre schön, wenn sie und ihr Bruder es irgendwann einmal unvorstellbar finden, dass es solche Zeiten der Ungleichheit gegeben hat.«

Sabine Rennefanz, 1974 in Beeskow geboren, studierte Politologie in Berlin und Hamburg. Sie arbeitet seit 1993 als Journalistin, seit 2001 als Redakteurin für die Berliner Zeitung, für die sie mehrere Jahre aus London schrieb. Für ihre journalistische Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Theodor-Wolff-Preis und dem Deutschen Reporterpreis. Ihr erstes Buch, »Eisenkinder« erschien 2013 und stand mehrere Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.

Donnerstag, 5. September 2019, 16.00 UhrJena, Evangelisches Gemeindehaus Mitte, August-Bebel-Straße 17

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Fast vierzig Jahre nach dem bahnbre-chenden Interview-Buch »Guten Mor-gen, du Schöne« von Maxie Wander befragten die Autorinnen Monika Stenzel und Ulrike Jackwerth ost-deutsche Großmütter, Töchter und Enkelinnen, wie sie heute ihr Leben meistern, was sie glücklich macht, was Heimat für sie bedeutet. Wie haben sie die umwälzenden ge-sellschaftlichen Veränderungen nach 1989 erlebt, wie sich in der »west-lichen Realität« zurechtgefunden? Und was bedeuten die gesellschaft-lichen und biografischen Umbrüche für die nachfolgende Generation?In spannenden, unterhaltsamen und oftmals berührenden Porträts wer-den die Frauen und ihre Geschichten vorgestellt, kann man Anteil neh-men an ihren Erfahrungen und Erlebnissen.

Monika Stenzel, geboren in Halle (Saale). Abschluss an der Hochschu-le für Schauspielkunst »Ernst Busch«. 1981 stellte sie einen Antrag auf Ausreise und verließ 1984 mit ihrer Familie die DDR. Seitdem lebt sie in Berlin und arbeitete als freie Schauspielerin an verschiedenen Thea-tern der Republik. 2012 begann sie zu schreiben. »He, du Glückliche!« ist ihre erste Veröffentlichung. Ulrike Jackwerth, geboren in Wiener Neustadt/Österreich. Schauspiel-studium an der Universität für Musik und darstellende Kunst »Mozar-teum« in Salzburg. Seit 1984 lebt sie in Berlin, arbeitet als Schauspie-lerin und Regisseurin an zahlreichen Theatern im deutschsprachigen Raum und seit 2014 auch als Dozentin und Coach für Schauspiel. 1987 begegneten sich Ulrike Jackwerth und Monika Stenzel bei einer gemeinsamen Produktion und arbeiteten seitdem mehrfach erfolg-reich zusammen.

Donnerstag, 5. September 2019, 19.00 UhrWalldorf, Kressehof, Kressehof 1

Freitag, 6. September 2019, 19.00 UhrBad Salzungen, Stadt- und Kreisbibliothek, Kurhausstraße 12

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Monika Stenzel, Ulrike Jackwerth

He, du Glückliche! 29 Lebensgeschichten

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Venezuela unter Staatschef Hugo Chávez sollte für den »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« stehen. Der Ex-Militär wollte das Erbe des süd-amerikanischen Unabhängigkeits-kämpfers Simón Bolivar antreten und mit dem erdölreichen Land die Speerspitze »revolutionärer« Bewe-gungen in Lateinamerika darstel-len. Insbesondere zu Kuba baute Chávez eine enge Beziehung mit gegenseitigen Abhängigkeiten auf. Seit Chávez‘ Tod im Jahr 2013 setzt Nicolás Maduro dessen Kurs – in-klusive Personenkult und autoritärer Herrschaftstechniken – unverändert fort. Nach etwa zwei Jahrzehnten unter der sozialistischen Regierung scheint Venezuela kurz vor dem Kol-laps. Die wirtschaftliche und soziale Lage ist höchst prekär. Hyperinflation, niedrige Löhne, dramatische Versorgungsengpässe und ein drastisches Ausmaß an Gewaltkrimi-nalität kennzeichnen das Leben im Land. Hannes Bahrmann zeichnet die von Korruption, manipulierten Wahlen, Klientelismus und Misswirt-schaft geprägten Entwicklungen unter den Regierungen Chávez und Maduro nach und zieht eine ernüchternde Bilanz

Hannes Bahrmann, Jahrgang 1952, Studium der Geschichte und Lateinamerikawissenschaften in Rostock; danach Journalist bei Rund-funk, Zeitungen und Nachrichtenagenturen; seit 1984 regelmäßig Rei-sen nach Lateinamerika. Autor zahlreicher Sachbücher zur Geschichte Mittelamerikas und der DDR-Politik.

Dienstag, 10. September 2019, 19.00 UhrErfurt, Kleine Synagoge, An der Stadtmünze 4

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Hannes Bahrmann

Venezuela. Die gescheiterte Revolution

Wer unsere Debatten verfolgt, der liest viel über soziale Kälte, ständig wach-sende Ungleichheit, prekäre Jobs oder den Zerfall der Mitte. Aber wieweit sind diese schrillen Töne von den Fakten ge-deckt? Viele sind überzeugt, der Sozi-alstaat werde kontinuierlich abgebaut; dabei arbeiten weit mehr Menschen im Sozialbereich als früher. Wenn das, was der Sozialstaat leistet, schlecht gere-det wird, wenn positive reformerische Schritte kaum wahrgenommen werden, dann nützt das den populistischen Kräf-ten, die der Politik unterstellen, sich nicht um »die Belange des Volkes« zu kümmern. Wenn wir unsere Demokratie stärken wollen, ist eine realistischere Diskussion über die sozialen Verhält-nisse in Deutschland unerlässlich. Denn in Wahrheit sahen wir in den letzten Jahren keinen herzlosen Sozialabbau, sondern den Versuch der Politik, den Sozialstaat auch in Zukunft zu sichern. Im Niedergangsdis-kurs droht Sozialpolitik die breite politische Unterstützung zu verlie-ren, ohne die sie nicht handeln kann.

Georg Cremer war von 2000 bis 2017 Generalsekretär des Deutschen Caritasverbands e.V. Zuvor war er viele Jahre in der Entwicklungszu-sammenarbeit tätig. Cremer ist habilitierter Volkswirt und lehrt als apl. Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg. Er be-teiligt sich regelmäßig an der Debatte zum deutschen Sozialstaat.

Donnerstag, 12. September 2019, 19.00 UhrErfurt, Bildungsstätte St. Martin, Farbengasse 2

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Georg Cremer

Deutschland ist gerechter, als wir meinen. Eine Bestandsaufnahme

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Die Revolution der Arbeiter und Sol-daten von 1918 – eine historische Chance für ein demokratisches Deutschland, die nicht genutzt wur-de. Ziel der Revolutionäre war nicht, nach russischem Vorbild ein bol-schewistisches Regime zu errichten, sondern den Krieg zu beenden und die Freiheit zu erringen. Das Aufbe-gehren in Deutschland blieb verhält-nismäßig friedlich, bis die von der SPD geführte Übergangsregierung, der »Rat der Volksbeauftragten«, mit der alten Heeresführung ein Bünd-nis schloss, statt sie umgehend ab-zusetzen. Die Radikalisierung des Protestes bis zu den »Weihnachts-kämpfen« 1918 war eine Folge. Die Einbindung anti-demokratischer Eli-ten aus Militär und Verwaltung wurde zu einer schweren Hypothek für die erste deutsche Republik und verfestigte zugleich die Spaltung der Arbeiterbewegung.

Joachim Käppner wertet Quellen und neueste Forschungsergebnisse aus und zeichnet ein gerechteres Bild der Arbeiter und Matrosen, die eine Welt aus den Angeln hoben und den Weg in die Weimarer Demo-kratie öffneten.

Joachim Käppner, promovierter Historiker, ist Redakteur und Autor bei der »Süddeutschen Zeitung«. Zuletzt erschienen von ihm im Berlin Ver-lag »Die Familie der Generäle. Eine deutsche Geschichte« (2007) und »Berthold Beitz. Die Biographie« (2010).

Dienstag, 17. September 2019, 19.00 Uhr Gotha, Historischer Saal des Tivoli, Am Tivoli 3

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Joachim Käppner

1918. Aufstand für die Freiheit. Die Revolution der Besonnenen

1977: Das Zuhause der vier-zehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Wal-deshöh am Rennsteig im Thü-ringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgend-wann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Be-wohner vergessen.

2017: Die junge Milla findet ab-seits der Wanderwege im Thü-ringer Wald einen überwucher-ten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.

Kati Naumann wurde 1963 in Leipzig geboren. In Sonneberg, im ehe-maligen Sperrgebiet im Thüringer Wald, verbrachte sie einen Groß-teil ihrer Kindheit. Die studierte Museologin schrieb bereits mehrere Romane sowie Songtexte für verschiedene Künstler und das Libretto zu dem Musical Elixier (Musik von Tobias Künzel). Sie verfasste Dreh-bücher für Kindersendungen und entwickelte mehrere Hörspiel- und Buchreihen für Kinder. Kati Naumann lebt mit ihrer Familie in Leipzig und London.

Dienstag, 24. September 2019, 19.00 UhrJudenbach, Ali Kurt Baumgarten Museum, Alte Handelsstraße 83

Mittwoch, 25. September, 19.30 UhrApolda, Hotel am Schloss, Jenaer Str. 25

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Kati Naumann

Was uns erinnern lässt

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Es war nur eine Protesterklärung. Der erste Protest im Eichsfeld. Was es für ein jung verheiratetes Ehepaar bedeu-tet, unter einer Diktatur der Willkür ausgesetzt, inhaftiert und verurteilt zu werden, davon erzählt dieses Buch.

Der DDR-Staat ließ, um die SED-Herr-schaft nicht zu gefährden, Tausende von Andersdenkenden von der Stasi in politische Gefängnisse und Zuchthäu-ser einsperren, misshandeln und psy-chisch quälen.

Die Gedichte zeigen in beeindrucken-den Bildern die Zersetzung, den physi-schen und psychischen Terror, dem die Inhaftierten ausgesetzt waren, aber auch die nicht enden wollenden Schuldgefühle des Autors über die Mitinhaftierung seiner Frau.

Gerhard Bause, geboren 1961 in Leinefelde, verheiratet, zwei Kinder, wurde im Februar 1988 gemeinsam mit seiner Frau und drei Freunden wegen einer Protesterklärung inhaftiert und verurteilt. Erst während des Umbruchs im November 1989 wurde er durch Amnestiebeschluss aus der Sonderhaftanstalt Bautzen II entlassen. Obwohl die Wende eingeleitet war, musste er innerhalb von 48 Stunden die DDR verlas-sen. Ein letzter Willkürakt der Stasi.

Freitag, 20. September 2019, 19.00 UhrHeilbad Heiligenstadt, Altes Rathaus, Ratsgasse 9

Dienstag, 15. Oktober 2019, 18.30 UhrGeisa, Haus auf der Grenze

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Gerhard Bause

Ohne Ruhe rollt das Meer. Gedichte und Erinnerungen

Der Umgang mit der Kolonialgeschichte, die hierzulande lange im Schatten der Aufarbeitung des Nationalsozialismus und des Holocaust stand, unterliegt ge-genwärtig einem grundlegenden Wandel. Zwar zählt auch Deutschland faktisch zu den postkolonialen Gesellschaften Euro-pas, doch ist diese Tatsache kaum in das Bewusstsein der Menschen und in das Handeln der Politik vorgedrungen.

In den vergangenen Jahren haben sich zahlreiche zivilgesellschaftliche Initi-ativen gegründet, um die notwendige Auseinandersetzung um eine Dekoloni-sierung der globalen und lokalen Macht-verhältnisse voranzubringen.

Eine Trendwende weg vom Vergessen und Verdrängen der kolonialen Vergangenheit bedeutete auch die 2016/17 im Deutschen Histori-schen Museum in Berlin gezeigte Ausstellung »Deutscher Kolonialis-mus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart«. Aufhorchen ließ nicht zuletzt die Initiative der Berliner Landesregierung, zusammen mit dem Bund eine zentrale Gedenkstätte als Lern- und Erinnerungsort zum deutschen Kolonialismus in der Bundeshauptstadt einrichten zu wollen.

Nach einer Einführung in diese Debatte stellt Joachim Zeller ausge-wählte Aktionen und Projekte zur Weiterentwicklung einer postkolo-nialen Gedenkkultur in Deutschland vor. Angesprochen werden dabei auch die aktuellen Debatten um den Völkermord an den Herero und Nama und die koloniale Beutekunst im geplanten Berliner Humboldt-Forum.

Joachim Zeller wurde in Swakopmund/Namibia geboren und promo-vierte in Berlin mit einer Arbeit zur (post-)kolonialen Erinnerungskultur.

Dienstag, 24. September 2019, 19.00 UhrErfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7

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Marianne Bechhaus-Gerst & Joachim Zeller (Hrsg)

Deutschland postkolonial? Die Gegenwart der imperialen Vergangenheit

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Als die engagierte Friedensaktivistin Mathilde mit achtundsiebzig Jahren nach einer Sitzblockade zur Strafar-beit in einem Park verdonnert wird, rückt die Presse an. Sie erzählt von ihren Anfängen als Pazifistin, und plötzlich steht ihr eine Zeit vor Au-gen, über die sie nie gesprochen hat: Ihr Jahr in Barcelona, zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, als sie jung und verliebt war und zur Spionin wurde. Der Roman, eine Mischung aus Spi-onage, Zeit- und Liebesgeschichte, ist nicht nur hochaktuell, weil er von der Wandlung einer Frau erzählt, der erst allmählich die Konsequenz ihrer eigenen politischen Haltung bewusst wird. Immer mehr ältere wie junge Menschen gehen heu-te wieder auf Demos – ein Blick zurück auf verschiedene Phasen der Friedensbewegung ist amüsant und zugleich ermunternd. Hinzu ent-führt der Roman in einen noch wenig ausgeleuchteten Abschnitt der deutsch-spanischen Geschichte: als eine Enklave von nazitreuen Deut-schen in Barcelona zunächst Franco unterstützt, mit dem beginnenden Zweiten Weltkrieg jedoch misstrauisch wird, da allmählich jeder jeden aushorcht, in der Ungewissheit, wie sich die Loyalitäten im Ernstfall behaupten.

Wiebke Edens hochaktueller, spannender Roman wirft die Frage auf, wie ein Mensch in etwas hineingeraten kann, dessen Konsequenzen nicht absehbar sind.

Wiebke Eden wurde 1968 in Jever geboren und arbeitete nach Zei-tungsvolontariat und Germanistikstudium als freie Journalistin. Sie ver-öffentlichte zwei Porträtbände über schreibende Frauen, »Keine Angst vor großen Gefühlen« und »Im Gespräch: Journalistinnen« (200x, 200y, edition ebersbach). 2008 erschien ihr Roman »Die Zeit der roten Früch-te« (Arche Verlag). Dabei fand ihre knappe, eindringliche Sprache wie die genaue Beobachtung ihrer Figuren große Beachtung. Neben Texten in Anthologien veröffentlichte sie im Bübül Verlag Berlin die Erzählun-gen »Das Liebespaar« (2015) und »Udo« (2017). Wiebke Eden lebt in Berlin und gibt Schreibwerkstätten für Kinder und Erwachsene.

Donnerstag, 26. September 2019, 19.00 Uhr Ilmenau, Universitätsbibliothek, Langewiesener Straße 37

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Wiebke Eden

Die Schatten eines Jahres

Eben noch war Rafael Schermann in der Wiener Caféhaus-Szene ein bun-ter Hund, bekannt mit Gott und der Welt von Adolf Loos, Oskar Kokoschka, Magnus Hirschfeld bis zu Else Lasker-Schüler, Herwarth Walden, Ehrenstein, Döblin, Bruckner, Eisenstein, Stanis-lawski, Piscator… Selbst der scharfzün-gige Karl Kraus erhoffte sich von Scher-manns graphologischer Begabung beim Deuten von Briefhandschriften entscheidende Hilfe in seinem Liebes-werben um Sidonie Nádherný… Und jetzt landet dieser schillernde Mann völlig abgerissen und todkrank als Ge-fangener am Ende der Welt, hundert-fünfzig Kilometer östlich von Kotlas an der Bahntrasse nach Workuta im Lager Artek. Sofort zieht einer, der aus Hand-schriften Vorhersagen ableiten kann, außerordentliches Interesse auf sich, ob nun das des Lagerkommandanten (selbst der kann nicht si-cher sein, ob er morgen Chef eines größeren Lagers sein oder man ihn erschießen wird) oder das seiner Mitgefangenen, »achthundert Män-ner, zweihundert Frauen. Eine echte sowjetische Großfamilie… jeder weiß alles vom anderen und wünscht ihm die Krätze an den Hals«. Und dann behauptet Schermann noch, kein Russisch zu können, und be-ansprucht einen Übersetzer. Steffen Mensching stellt ihm den jungen deutschen Kommunisten Otto Haferkorn an die Seite. Das ungleiche Paar, mal Herr und Knecht, mal Don Quijote und Sancho Pansa, kämpft ums Überleben unter brutalen, absurden Verhältnissen im mörderi-schen Räderwerk des zwanzigsten Jahrhunderts.

Steffen Mensching, geb. 1958 in Berlin (Ost), studierte an der HU Berlin Kulturwissenschaft und arbeitete viele Jahre als freiberuflicher Autor, Schauspieler, Clown und Regisseur. Bekannt wurde er vor allem durch die Clownsprogramme, die er mit seinem Partner Hans-Eckardt Wenzel auf die Bühne gebracht hat (u. a. »Letztes aus der DaDaeR«, 1983 - 1989). Seit der Spielzeit 2008/09 ist Steffen Mensching Inten-dant am Theater Rudolstadt.

Donnerstag, 26. September 2019, 19.00 UhrWeimar, Stadtbücherei, Steubenstraße 1

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Steffen Mensching

Schermanns Augen

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Die alte Bibel ihrer Familie an der Schwarzmeerküste ist das Einzige, was den Geschwistern Anahid und Hrant auf ihrer Flucht bleibt. Doch in den Wirren von Mord und Vertreibung des 20. Jahrhunderts geht das Buch verloren.

Hundert Jahre später ist die Restaura-torin Helen in Armenien. Ihr wird ein Heil-Evangeliar anvertraut. »Hrant will nicht aufwachen«, hat jemand an den Seitenrand gekritzelt. Helen taucht ein in die Rätsel des alten Buches, in das moderne Jerewan, verliebt sich in einen Mann und folgt schließlich den Zeichen der Vergangenheit auf eine Reise an die Schwarzmeerküste.

Katerina Poladjan wurde in Moskau geboren, wuchs in Rom und Wien auf und lebt in Deutschland. Sie schreibt Theatertexte und Essays, auf ihr Prosadebüt »In einer Nacht, woanders« folgte »Vielleicht Marseille« und gemeinsam mit Henning Fritsch schrieb sie den literarischen Rei-sebericht »Hinter Sibirien«. Sie war für den Alfred-Döblin-Preis nomi-niert wie auch für den European Prize of Literature und nahm 2015 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt teil. Für »Hier sind Löwen« erhielt sie Stipendien des Deutschen Literaturfonds, des Berliner Senats und von der Kulturakademie Tarabya in Istanbul.

Dienstag, 1. Oktober 2019, 18.00 UhrErfurt, Europäisches Informations-Zentrum, Regierungsstr. 72

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Katerina Poladjan

Hier sind Löwen

Zwei Orte gibt es, die für Elise Hei-mat bedeuten: Paris, wo sie seit über 20 Jahren eine kleine Boutique im Montmartre führt; und Peleroich, das verschlafene Dorf an der meck-lenburgischen Ostseeküste. Hier wächst sie in den 60er Jahren auf, hier lernt sie Henning und Jakob kennen, die bei-den Lieben ihres Lebens. Henning, der Fels in der Brandung, den sie seit Kindertagen kennt, Jakob, der Frau-enschwarm, der Künstler werden will und wie sie davon träumt, einmal den Eif-felturm zu sehen. Eine fatale Drei-ecksbeziehung voller Geheimnisse - bis Jakob eines Tages spurlos aus Elises Leben verschwindet. Als Elise nach vielen Jahren in ihr Heimatdorf zurückkehrt, taucht sie tief ein in ihre eigene Vergangenheit und in die Geschichte von Peleroich, wo ihre Eltern sich kurz nach Gründung der DDR kennenlernen…Anja Baumheier erzählt von einem malerischen Dorf und dem Schick-sal seiner Bewohner zwischen Gründung der DDR, Mauerbau und Nach-Wendezeit.

Anja Baumheier wurde 1979 in Dresden geboren und hat ihre Kind-heit in der DDR verbracht. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Berlin und arbeitet als Lehrerin für Französisch und Spanisch an einer Berliner Schule. 2018 erschien mit »Kranichland« ihr erster Roman.

Mittwoch, 4. Oktober 2019, 19.00 UhrBad Salzungen, Stadt- und Kreisbibliothek, Kurhausstraße 12

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Anja Baumheier

Kastanienjahre

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Der Band beleuchtet das Thema »Heimat« in seiner Vielfalt und Vieldeutigkeit. Vielmehr versteht sich die Publikation als Einladung, dem Thema Heimat bewusst nach-zugehen und eine ganz persönli-che Definition dessen, was Heimat ist, sein soll und kann, zu finden, zu erweitern oder zu hinterfragen. Heimat hat Konjunktur. Sie ist allge-genwärtig als politisches Thema, als literarisches Sujet, als wissenschaft-lich beachtetes Konzept, als Marke »Heimat« sowie in den Dingwelten unseres Alltags. Heimat ist eine viel-dimensionale Projektionsfläche, ein Sehnsuchtsort und ein umstrittenes Konstrukt. Die Tatsache, dass jede und jeder von uns etwas zum Thema beizutragen vermag, dass wir alle in gewisser Form und zumindest für uns selbst Expertinnen und Experten in Sachen Heimat sind

Uta Bretschneider, Dr. phil., ist Direktorin des Hennebergischen Muse-ums Kloster Veßra. Von ihr erschien ebenfalls bei der Landeszentrale für politische Bildung »Neue Heimat Thüringen? Flüchtlinge und Ver-triebene um 1945«.

Donnerstag, 10. Oktober 2019, 18.00 Uhr Suhl, Volkshochschule »Karl Mundt«, Meininger Str. 89

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Uta Bretschneider

Heimat. Räume, Gefühle, Konjunkturen

Ob Swingjugend, Edelweißpiraten, Meuten, Fahrtenstenze in Hamburg, Köln, Leipzig, Berlin, München und anderswo – überall in Deutschland gründeten sich zwischen 1933 und 1945 Jugendgruppen, die sich dem NS-Regime verweigerten und stattdessen ihre eigenen Subkul-turen pflegten. Mit eigenem Dress-code, eigenen Liedern und eigener Freizeitgestaltung, autonom und selbstbestimmt. Dafür scheute man auch nicht die direkte Konfrontati-on mit der Hitlerjugend und drängte stellenweise sogar deren Einfluss zurück, mit Flugblättern, Anti-Nazi-Graffitis, Überfällen auf HJ-Heime – nicht nur in Großstädten, sondern auch in der Provinz.

Erstmalig bietet ein Buch eine breite Übersicht über oppositionelles bzw. Widerstandsverhalten von Jugendlichen während der NS-Zeit. Der Fokus liegt dabei auf selbstbestimmten, informellen Gruppen, die sich aufgrund persönlicher Sympathien sowie kultureller Vorlieben für Mu-sik und Kleidung zusammengeschlossen haben. Demgegenüber wird die Entwicklung der Hitlerjugend aufgezeigt und ihr Scheitern an der Aufgabe, die gesamte deutsche Jugend zu führen.

Sascha Lange wurde 1971 geboren und lebt seither in Leipzig. Er ist gelernter Theatertischler, ungelernter Musiker, motivierter Autor und promovierter Historiker mit dem Schwerpunkt Jugendkulturen. Neben Ausflügen in die Belletristik veröffentlichte Sascha Lange 2013 zusam-men mit Dennis Burmeister »Depeche Mode MONUMENT«, die bislang umfassendste Werkschau über die britische Popband.

Mittwoch, 16. Oktober 2019, 19.00 UhrGera, Stadt- und Regionalbibliothek Gera, Puschkinplatz 7

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Sascha Lange

Meuten, Swings & Edelweißpiraten: Jugend-kultur und Opposition im Nationalsozialismus

1918

Die Umfragewerte der etablierten Par-teien bröckeln, im Aufschwung sind die politischen Ränder, insbesonde-re Rechtsaußen. Ein Rezept dagegen scheint es nicht zu geben.

Der Politologe Timo Lochocki wider-spricht: Dem Erstarken des Populis-mus lässt sich mit den Mitteln der repräsentativen Demokratie begeg-nen. Seine internationale Forschung ermöglicht ihm den Vergleich mit an-deren westlichen Staaten (u.a. Groß-britannien, Frankreich, USA, Schwe-den, die Niederlande). Er kommt zu verblüffenden Ergebnissen und räumt fundiert mit zahlreichen Missverständ-nissen auf, die die Debatte blockieren.

Waren Rechtspopulisten vor einigen Jahren noch politische Randphänomene, stehen sie nun als wichtige Treiber des wiederaufflammenden Nationalismus im Scheinwerfer-licht. Und das vollkommen zu recht. Diese Parteien – oder besser: unser Umgang mit ihnen – wird unsere Zukunft auf Jahrzehnte bestim-men. Großbritannien und die USA geben uns warnende Beispiele für den Erfolg von Rechtspopulisten. Deutschland ist in der glücklichen Lage, aus den Fehlern der Volksparteien in anderen westlichen Demo-kratien lernen zu können. Umso größer ist unsere Verantwortung, sol-che Verhältnisse zu verhindern.

Timo Lochocki, Dr. phil, geboren 1985, studierte Interdisziplinäre Sozialwissenschaften in Deutschland, den USA und Norwegen. 2014 promovierte er an der Humboldt Universität Berlin zu den Gründen für den Auf- und Abstieg rechtspopulistischer Parteien in Westeuropa. Lochocki ist Universitätsdozent für Politische Kommunikation und Eu-ropäische Politik an der Humboldt Universität und James Knox Batten Visiting Professor am Davidson College, North-Carolina.

Montag, 21. Oktober 2019, 18.30 UhrWeimar, Stadtbücherei, Steubenstraße 1

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Timo Lochocki

Die Vertrauensformel. So gewinnt unsere Demokratie ihre Wähler zurück

Unmittelbar nach dem Zweiten Welt-krieg waren in zahlreichen west-europäischen Ländern NS-Kriegs-verbrecher inhaftiert. Im Zuge der Westbindung der Bundesrepublik wurden die meisten von ihnen ent-lassen. Lediglich in Italien und den Niederlanden verblieben insgesamt fünf Deutsche im Gefängnis: der SS-Mann Herbert Kappler, als Kom-mandeur der Sicherheitspolizei ver-antwortlich für das Massaker in den Ardeatinischen Höhlen, sowie die »Vier von Breda«, die maßgeblich an der Ermordung der niederländischen Juden beteiligt gewesen waren. Hochrangige deutsche Politiker, un-ter ihnen die Bundeskanzler Brandt und Schmidt, setzten sich für ihre Freilassung ein.

Felix Bohr zeichnet das westdeutsche Engagement für die im Aus-land inhaftierten NS-Täter nach. Er zeigt, wie sich aus Netzwerken von Kirchenverbänden, Veteranenvereinigungen und Diplomaten eine einflussreiche Interessenvertretung formierte, die rechtliche und ma-terielle Hilfe leistete. Während Opfer des NS-Regimes um gesellschaft-liche Anerkennung und Entschädigung kämpften, organisierte die Lobby Unterstützung für die Kriegsverbrecher auf höchster politischer Ebene. Auf der Grundlage bislang mitunter nicht zugänglicher Quellen wirft Bohr einen umfassenden Blick auf ein bisher kaum bekanntes Ka-pitel bundesdeutscher Vergangenheitspolitik.

Felix Bohr, Historiker und Journalist, arbeitet als Redakteur beim »Spiegel«. Seine materialreiche Studie liefert eine eindrucksvolle und zugleich schockierende Übersicht, auf welche Hilfen und Strukturen die nationalsozialistischen Kriegsverbrecher in der Bundesrepublik zurückgreifen konnten.

Dienstag, 22. Oktober 2019, 19.00 UhrErfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7

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Felix Bohr

Die Kriegsverbrecherlobby – Bundesdeutsche Hilfe für im Ausland inhaftierte NS-Täter

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Derzeit verändert sich Heimat so ra-sant, wie wir es noch nie zuvor erlebt haben. Politische, wirtschaftliche und soziale Grenzen lösen sich auf. Die Welt wird immer unüberschaubarer, und die Zahl derjenigen wächst, die einen Verlust an Sicherheit und Ge-borgenheit beklagen. »Wie können wir diese Herausforderung bestehen?«, fragt Christian Schüle in seiner Zeitdia-gnose. Er begibt sich in den deutschen Alltag, erkundet die Erwartungen, Be-fürchtungen der Deutschen und hinter-fragt kritisch ihre Traditionen. Sein Re-sümee: Der Verlust von Heimat ist ein Phantomschmerz – denn die Betrof-fenen, die Hiesigen wie die Fremden, verklären das Vergangene und sind kaum bereit, die gegenwärtigen Mög-lichkeiten zu sehen. Denn die gibt es, wie Christian Schüle gewohnt eindrucksvoll zeigt.

Christian Schüle: Jahrgang 1970, geboren in Friedrichshafen am Bo-densee, Studium der Philosophie, Soziologie und Politischen Wissen-schaft in München und Wien, war fünf Jahre Redakteur und Autor im Dossier der Wochenzeitung DIE ZEIT und kündigte mit Mitte 30 aus frei-en Stücken, um mehr Eigenzeit zu haben und den Alltag nach seinen Bedürfnissen zu strukturieren. Der Härte des freien Marktes trotzend, arbeitet er bis heute erfolgreich als Schriftsteller und Essayist sowie als Publizist für Zeitungen, Magazine und den ARD-Hörfunk. Seine Texte wurden mehrfach ausgezeichnet, und seine Bücher befassen sich mit Deutschland, dem Gesellschaftsvertrag der Republik, der Kultur von Menschen- und Todeswürde und der Suche nach Gerechtigkeit. Seit April 2015 lehrt er im Fachbereich Kulturwissenschaft an der Universi-tät der Künste in Berlin.

Donnerstag, 24. Oktober 2019, 10.00 Uhr Waltershausen, Rathaus, Rathaussaal, Markt 1

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Christian Schüle

matHeiEin Phantom- schmerz

Christian Schüle

Heimat. Ein Phantomschmerz

Im Mittelpunkt des Bandes »Ich Hoeneß Kohl«, der zum 70. Ge-burtstag des Schauspielers Thomas Thieme erschien, steht das Verhält-nis zwischen Theater und anderen gesellschaftlichen Bereichen. Vor allem werden Bezugspunkte zwi-schen Bühne und Schauspielerei einerseits und Fußball andererseits gesucht. Das Buch beruht auf den rasanten, kurzweiligen, schlagfer-tigen Zeitungsinterviews, die facet-tenreich das Leben des umtriebi-gen Theater- und Film-Stars Thieme beleuchten und seine Einstellung zu Fragen der Zeit erkennen lassen. Vor allem Thiemes Rolle als Kanzler der deutschen Einheit Helmut Kohl und als gefallener Fußballgott Uli Hoeneß rückten ins Zentrum der Befragung. Der ausgeglichene Schlag-abtausch zwischen Thieme und Quilitzsch führt unweigerlich in die Verlängerung, im Nachspiel jonglieren dann der Bühnenkünstler Thie-me und der Ballkünstler Günter Netzer zwischen Faust und Fußball. Zur Buchpremiere haben Thomas Thieme und Autor Frank Quilitzsch bereits Ende 2018 in Jena gelesen. Die seinerzeit verpflichtete Jenaer Trainerlegende Hans Meyer musste kurzfristig absagen, weshalb das Match noch einmal neu angesetzt wird.

Thomas Thieme, geboren 1948 in Weimar, ist ein gefragter deutscher Schauspieler für Bühne, Film und Fernsehen, der auch erfolgreich als Sprecher für Hörspiele und Hörbücher arbeitet.

Frank Quilitzsch, geboren 1957 in Halle/Sachsen-Anhalt arbeitet seit 1991 als Kulturredakteur bei der Thüringischen Landeszeitung. Er ver-öffentlichte eine Reihe von Büchern und ist Vorstandsmitglied im Ver-band deutscher Schriftsteller/Thüringen.

Hans Meyer, geboren in 1942 in Briesen (Sudetenland) war Fußball-spieler und später erfolgreicher -trainer. Die Trainerlegende ist heute u.a. Kolumnist beim Magazin für Fußballkultur »11freunde«.

Montag, 28. Oktober 2019, 19.03 UhrJena, Volksbad, Knebelstraße 10

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Thomas Thieme, Frank Quilitzsch

Ich Hoeneß Kohl

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Die deutsche Wirtschaft wächst, die Welt bewundert Deutschland für sei-ne Kraft, Stabilität und Weltoffenheit. Zugleich schrumpft die Mittelschicht, der Reichtum ist ungleicher verteilt als noch vor zwei Jahrzehnten. Jeder sechste Deutsche ist armutsgefähr-det, die sozialen Aufstiegschancen sind so gering wie in kaum einem an-deren westlichen Land. Die rechtspo-pulistische AfD erzielt bei Wahlen zweistellige Ergebnisse und sitzt nun im Bundestag. Ein großer Teil der Deutschen steht unter erheblichem Druck. Was bedeutet das für das Leben Einzelner und für das ganze Land? Anhand verschiedener Lebens-geschichten zeichnet die Journalistin Jana Simon ein differenziertes Bild Deutschlands, das die politische, soziale und wirtschaftliche Wucht der Veränderungen eindrücklich wiedergibt. Einige Protagonisten sind: der frühere EZB-Direktor Jörg Asmussen, der heute Investmentbanker ist; ein Polizist aus Thüringen; eine alleinerziehende Krankenschwes-ter; eine »Influencerin« und der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland.

Jana Simon war von 1998 bis 2004 Reporterin beim »Tagesspiegel«. Seit 2004 ist sie Autorin bei der »Zeit« in Berlin. Für ihre Reportagen erhielt sie zahlreiche Preise, u.a. den Theodor-Wolff-Preis, den Axel-Springer-Preis und den Deutschen Reporterpreis. Ihr Buch »Sei den-noch unverzagt. Gespräche mit meinen Großeltern Christa und Gerhard Wolf« (2013) war ein Bestseller. Für ihre Arbeit hat sie den Deutschen Reporterpreis 2018 gewonnen und wurde vom medium magazin in der Kategorie »Reportage« zur Journalistin des Jahres 2018 gewählt.

Dienstag, 29. Oktober 2019, 19.00 UhrWeimar, Stadtbücherei, Steubenstraße 1

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Jana Simon

Unter Druck. Wie Deutschland sich verändert

Als das Staatliche Bauhaus 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet wurde, geschah dies mit dem Ziel, Hand-werk und Kunst zu verbinden. Die künst-lerischen Arbeiten von ungewöhnlichen Frauen wurden lange nicht beachtet oder waren im Laufe der Jahrzehnte völlig in Vergessenheit geraten. »Ihr Eindringen in andere Bereiche setzte ein großes Selbstbewusstsein voraus, zudem muss-ten sie in ihrer Arbeit besser sein als ihre männlichen Kollegen«, so beschreibt Ulrike Müller eine Situation, die Frauen auch heute noch alltäglich erleben. Das Buch würdigt erstmals die Leistung der Frauen am Bauhaus in allen gestalterischen Bereichen und stellt in einfühlsamen Porträts Leben und Schaffen vor.

Ulrike Müller, Dr., studierte Kirchenmusik, Philosophie, Theologie und Literaturwissenschaft in Hamburg und promovierte 1989 über Else Lasker-Schüler. Seit 1992 lebt sie in Weimar und ist dort als Reiseleite-rin, Museumspädagogin, freie Referentin und Autorin tätig. Außerdem tritt sie mit musikalisch-literarischen Salonprogrammen auf.

Freitag, 1. November 2019, 19.00 UhrProbstzella, Rathaus, Markt 8

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Ulrike Müller

Bauhaus-Frauen. Meisterinnen in Kunst, Handwerk und Design

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Wir leben immer länger und bleiben lange gesund. Wir hätten also allen Grund, uns Zeit zu lassen. Aber wem gelingt das schon? Noch nie fühlten sich so viele Menschen in Deutsch-land überfordert und erschöpft. Sich von zu vielen widersprüchlichen Anforderungen und Angeboten ge-jagt zu fühlen, ist beinahe schon ein Markenzeichen unserer Gesell-schaft. Gibt es einen Ausstieg aus dieser permanenten Rushhour? Der Philosoph Christian Schüle liefert jede Menge Anstöße für eine Neuord-nung des Denkens: Wie lassen sich prägende Faktoren unseres Lebens - Arbeit Familie, Freizeit - in Einklang bringen? Ist es planbar und gestalt-bar, das gute Leben von morgen?

Christian Schüle, Jahrgang 1970, geboren in Friedrichshafen am Bo-densee, Studium der Philosophie, Soziologie und Politischen Wis-senschaft in München und Wien, war fünf Jahre Redakteur und Autor im Dossier der Wochenzeitung »Die Zeit« und kündigte mit Mitte 30 aus freien Stücken, um mehr Eigenzeit zu haben und den Alltag nach seinen Bedürfnissen zu strukturieren. Der Härte des freien Marktes trotzend, arbeitet er bis heute erfolgreich als Schriftsteller und Essay-ist sowie als Publizist für Zeitungen, Magazine und den ARD-Hörfunk. Seine Texte wurden mehrfach ausgezeichnet, und seine Bücher befas-sen sich mit Deutschland, dem Gesellschaftsvertrag der Republik, der Kultur von Menschen- und Todeswürde und der Suche nach Gerechtig-keit. Seit April 2015 lehrt er im Fachbereich Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.

Montag, 4. November 2019, 19.00 Uhr Meiningen, Volkshochschule »Eduard Weitsch« Schmalkalden-Meiningen, Klostergasse 1

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Christian Schüle

Wir haben die Zeit. Denkanstöße für ein gutes Leben

Lange glaubten wir im Westen: Polen ist frei und demokratisch, ein junges europäisches Land im Start-up-Modus. Dann wählte die Mehrheit rechtskonservativ – und unser Bild zerbrach. Für Emilia Smechowski ist Polen Heimat – eine Heimat, die sie als Kind verließ und in die sie nun zurück-kehrt, um dort zu leben, als Bür-gerin des Landes. Sie beschreibt eine zerrissene Nation: Der Riss geht durch die Familien, er ist prä-sent, wenn beim Sonntagsessen über Politik gestritten oder ge-schwiegen wird. Smechowski er-zählt vom Alltag voller Widersprü-che, sie spricht mit Politikern wie Bauern, um zu verstehen: Was ist seit 1989 passiert, dass so viele Menschen nicht mehr an den Wert der Freiheit glauben? In Polen finden im Herbst 2019 richtungsweisen-de Parlamentswahlen statt: Emilia Smechowski, Deutsche und Polin, porträtiert ein zerrissenes Land. Die Buchvorstellung findet in Zusam-menarbeit mit der Deutsch-Polnischen-Gesellschaft Thüringen statt.

Emilia Smechowski, 1983 in Polen geboren, floh mit ihrer Familie 1988 nach Westberlin. Sie arbeitet als freie Autorin und Reporterin, u. a. für Süddeutsche Zeitung und Die Zeit. Für ihre Reportagen wurde sie vielfach preisgekrönt, u. a. mit dem Deutschen Reporterpreis. 2017 erschien von ihr Buch »Wir Strebermigranten«. Nach einem Jahr in Dan-zig lebt sie nun wieder in Berlin.

Dienstag, 5. November 2019, 19.30 UhrJena, Schillers Gartenhaus, Schillergäßchen 2

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Emilia Smechowski

Rückkehr nach Polen

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Nichts, was Christoph Dieckmann schreibt, ist erfunden. Dieser uner-müdliche Chronist der »Zeit« erlebt sein »Abendland«. Ein Kind ver-schwindet, dann ein Staat. Die DDR-Nationalmannschaft ersteht neu, in Dresden demonstriert das Volk – wie 1989? Der greise Helmut Schmidt er-klärt, er könne drei Jahrzehnte in die Zukunft blicken und ein Jahrtausend zurück. Dieckmann erzählt Gegen-wart als Herkunft aus Europas »Leit-kulturen« Nationalismus und Krieg. Er führt nach Verdun, Exjugoslawien und an die Gräber der Roten Armee. Er folgt den Brüdern Grimm, Rosa Luxemburg und Willy Brandt. Er fährt mit der Eisenbahn ins »Morgenland«, von Istanbul bis Teheran. Und er predigt auf der Wartburg über das Fremde. »Mein Abendland« ist ein lebenspralles Buch über unsere Identitäten, der eigenen Geschichte bewusst und weltoffen. 30 Jahre nach der demokratischen Revolution liest Christoph Dieckmann Texte in der Erinnerungskluft zwischen Alex-Demo und Mauerfall. Und natürlich darf das Thema Musik nicht fehlen. Ein neuer gemeinsamer Band mit dem Fotografen Harald Hauswald über die Konzerte von Cocker, Dylan und Springsteen in der DDR erzählt von der Freiheitskraft des Rock ´n´ Roll, der die versteinerten Verhält-nisse zum Tanzen bringen konnte: »Dem Umbruch klang Musik voran. Die großen Westkonzerte in der DDR waren Glasnost-Glockenspiele, bis dem SED-Staat die Stunde schlug«, so Christoph Dieckmann.

Christoph Dieckmann, Filmvorführer, Studium der Theologie, Vikar, Medienreferent, Publizist in Berlin; 1990 Auszeichnung durch das World-Press-Institute in St. Paul (Minnesota); seit 1990 Autor der ZEIT, 1992 Internationaler Publizistik-Preis von Klagenfurt, 1993 Theodor-Wolff-Preis, 1994 Egon-Erwin-Kisch-Preis, 1996 Friedrich-Märker-Preis für Essayistik; Veröffentlichungen u.a.: »Freiheit, die ich meine. Unbe-herrschte Geschichten« (2012), »Like a Rolling Stone. Dylan, Cocker, Springsteen – Weltstars in der DDR«(2018).

Donnerstag, 7. November 2019, 19.30 UhrNeustadt an der Orla, Stadtbibliothek, Gerberstraße 2

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Christoph Dieckmann

Mein Abendland – Geschichten deutscher Herkunft

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Depeche Mode gehören zu den langlebigsten Bands der schnelllebigen Popmusik-Ära der 1980er-Jahre. Und sie haben bis heute die treuesten Fans. »Behind the Wall« erzählt die Geschichte dieser besonderen Fankultur in den 1980ern – hin-ter der Mauer, in der DDR. Sascha Lange und Dennis Burmeister haben sich nach ihrem 2013 erschienenen Bestseller »Depe-che Mode Monument« diesmal mit dem Phänomen der Fans von Depeche Mode in der DDR beschäftigt. Unmengen unveröf-fentlichter Fotos und Dokumente wurden gesichtet und mit zahlrei-chen Fans, Konzertveranstaltern, Fanzine-Herausgebern, Fanclub-Betreibern und anderen Zeitzeugen gesprochen. Entstanden ist ein bislang unbekannter Einblick in das In-nere einer Jugendkultur und das Alltagsleben in der DDR. Gleichzeitig ist »Behind the Wall« auch eine Coming-of-Age-Geschichte. Eine Do-It-Yourself-Geschichte. Eine Musik-Geschichte. Eine Geschichte über De-peche Mode. Eine Geschichte, die zeigt, dass sich Jugendliche in Ost und West in den 1980er-Jahren viel ähnlicher waren, als sie es selbst damals wussten. Und doch waren sie anders – wegen der gesellschaft-lichen Umstände. »Behind the Wall« erzählt die Geschichte von einem Mauerfall lange vor dem Mauerfall. Und von einer ungewöhnlichen und langlebigen Liebe der Fans zu ihrer Band.

Sascha Lange wurde 1971 geboren und lebt seither in Leipzig. Er ist gelernter Theatertischler, ungelernter Musiker, motivierter Autor und promovierter Historiker mit dem Schwerpunkt Jugendkulturen. Neben Ausflügen in die Belletristik veröffentlichte Sascha Lange 2013 zusam-men mit Dennis Burmeister »Depeche Mode MONUMENT«, die bislang umfassendste Werkschau über die britische Popband.

Samstag, 9. November, 19.00 UhrErfurt, »Frau Korte«, Nordbahnhof, Magdeburger Allee 179

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Sascha Lange & Dennis Burmeister

Behind The Wall. DEPECHE MODE-Fankultur in der DDR

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Mohammed (Mod) Helmy, 1901 im heute sudanesischen Khartum als Sohn eines ägyptischen Majors ge-boren, kommt 1922 zum Medizinstu-dium nach Berlin. Nach 1933 sieht er sich als junger Arzt rassistischen Anfeindungen ausgesetzt und gerät, politisch motiviert, mehrfach in Haft. Aus Angst um sein physisches und wirtschaftliches Überleben biedert er sich den Nationalsozialisten an – bis im Frühjahr 1942 die junge Anna in seiner Praxis steht. Sie stammt aus einer befreundeten jüdischen Familie und ist unmittelbar von der Deportati-on und dem sicheren Tod bedroht. Ge-meinsam mit anderen Helfern gelingt es dem Muslim Helmy, unter Gefahr für das eigene Leben Anna zu retten: Er fingiert ihren Übertritt zum Islam und eine Hochzeit nach muslimischem Ritus, beschäftigt sie als an-geblich ägyptische Hilfe in seiner Praxis und hilft ihr und ihren Famili-enmitgliedern in wechselnden Verstecken der Gestapo zu entkommen. Als erstem Araber überhaupt verlieh die israelische Holocaust-Gedenk-stätte Yad Vashem 2013 Mod Helmy posthum die Medaille »Gerechter unter den Völkern«. Igal Avidan erzählt die zeitlos aktuelle Geschichte des mutigen ägyptischen Arztes, der sich unter Todesgefahr religiösen Grenzen und fanatischem Hass entgegenstellte, um Menschenleben zu retten.

Igal Avidan, 1962 in Tel Aviv geboren, hat in Israel Englische Literatur und Informatik und dann in Berlin Politikwissenschaft studiert. Seit 1990 arbeitet der Nahostexperte als freier Berichterstatter aus Berlin für israelische und deutsche Zeitungen und Hörfunksender.

Montag, 11. November 2019, 19.00 UhrWeimar, Stadtbücherei, Steubenstraße 1

Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat.

Igal Avidan

Mod Helmy: Wie ein arabischer Arzt in Berlin Juden vor der Gestapo rettete

Künstliche Intelligenz (KI) steht für Maschinen, die können, was der Mensch kann: hören und sehen, sprechen, lernen, Probleme lösen. In manchem sind sie inzwischen nicht nur schneller, sondern auch besser als der Mensch. Wie funktionieren diese klugen Maschinen? Bedrohen sie uns, machen sie uns gar überflüs-sig? Die Journalistin und KI-Expertin Manuela Lenzen erklärt anschaulich, was Künstliche Intelligenz schon heu-te kann und was uns in naher Zukunft erwartet.

Manuela Lenzen hat in Philosophie promoviert und schreibt als freie Wis-senschaftsjournalistin über Digitali-sierung. Künstliche Intelligenz und Kognitionsforschung u. a. für FAZ, NZZ, Psychologie Heute, Bild der Wissenschaft sowie Gehirn und Geist.

Dienstag, 12. November 2019, 19.00 UhrGreiz, Stadt- und Kreisbibliothek Greiz, Kirchplatz 4,

Mittwoch, 13. November 2019, 19.30 UhrGera, Stadt- und Regionalbibliothek Gera, Puschkinplatz 7

Weitere Informationen gibt Referat 2.

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Manuela Lenzen

Künstliche Intelligenz. Was sie kann & was uns erwartet

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Wie konnte es dazu kommen? Wie ha-ben die Juden die Ereignisse vor und nach der sogenannten Machtübernah-me durch Hitler und die Nationalsozia-listen wahrgenommen? Wie haben sie auf die systematische Ausgrenzung reagiert? Wurde der organisierte Mas-senmord, wie von manchen vermutet, bereits in den Anfängen des Hitler-Regimes vorgedacht? Mit diesen und anderen Fragen zur Lage der deut-schen Juden in den Anfangsjahren des NS-Regimes beschäftigt sich der Pots-damer Historiker Julius H. Schoeps in »Düstere Vorahnungen«. Er bezieht sich dabei, neben der einschlägigen Forschung, vor allem auf Lebens-zeugnisse, also Erinnerungen, Tagebücher, Briefwechsel und andere Ego-Dokumente, die die Reaktionen der Juden u.a. auf den NS-Terror im Alltag, auf die Verdrängung aus dem Kultur-, Wirtschafts- und Be-rufsleben, auf den Raub und die Arisierung von Eigentum behandeln.

Julius H. Schoeps ist Historiker und Politikwissenschaftler. Studium der Geschichte, Geistesgeschichte, Politik- und Theaterwissenschaft in Erlangen und Berlin. 1974–1991 Professor für Politische Wissenschaft und Direktor des Salomon Ludwig Steinheim Instituts für deutsch-jü-dische Geschichte an der Universität Duisburg; 1991–2007 Professor für Neuere Geschichte (Schwerpunkt deutsch-jüdische Geschichte) an der Universität Potsdam; zahlreiche Gastprofessuren in den USA, Is-rael, Großbritannien und weiteren europäischen Ländern. 1993–1997 Gründungsdirektor des Jüdischen Museums der Stadt Wien. Seit 1992 Gründungsdirektor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam.

Mittwoch, 13. November 2019, 19.00 UhrMeiningen, Literaturmuseum Baumbachhaus, Burggasse 22

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Julius H. Schoeps

Düstere Vorahnungen. Deutschlands Juden am Vorabend der Katastrophe

Dieses Buch macht ein einzigarti-ges Dokument zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich. Susanne Dreß, die jüngste Schwester Dietrich Bonhoeffers, hat ihre Lebenserinne-rungen aufgezeichnet: Von der Kind-heit im Kaiserreich über den Ersten Weltkrieg und die Räterepublik bis zum Nazi-Regime und die Zeit des Wiederaufbaus reicht ihre Biographie. Ihr Werk spiegelt die enormen Wand-lungen wider, welche sich in diesem Zeitraum vollzogen haben. In einem eigenwilligen und höchst anschau-lichen Stil stellt Susanne Dreß die großbürgerliche Familie vor Augen, der Bonhoeffer entstammte. Das ver-traute Bild erhält so viele neue unbe-kannte Nuancen. Ein Dokument von großem zeitgeschichtlichem Wert und zugleich eine fesselnde Lektüre.

Jutta Koslowski, Dr. theol., geboren 1968, ist evangelische Pfarrerin und Lehrbeauftragte an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu den Themen ökumenische Theologie und interreligiösen Dialog. Sie ist Mitglied in der Internationalen Bon-hoeffer-Gesellschaft und lebt mit ihrer Familie im Kloster Gnadenthal.

Donnerstag, 14. November 2019, 20.00 UhrJena, Evangelische Studierendengemeinde, August-Bebel-Straße 17a

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Jutta Koslowski

Aus dem Leben der Familie Bonhoeffer. Die Aufzeichnungen von Dietrich Bonhoeffers jüngster Schwester Susanne Dreß

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Ihren Kampf begriffen amerikanische Bürgerrechtler seit jeher als einen glo-balen und trugen diesen auch nach Deutschland in die DDR. Während die SED dort Solidarität mit der afroame-rikanischen Bevölkerung verkündete, ermutigten Martin Luther Kings Ideen so manchen zum Widerstand gegen die SED-Diktatur.

Maria Schubert untersucht anhand der DDR-Besuche von Paul Robeson, Mar-tin Luther King, Ralph Abernathy und Angela Davis die Wirkungsgeschichte der afroamerikanischen Bürgerrechts-bewegung im ostdeutschen Staat. Ne-ben der offiziellen SED-Politik gegen-über dem sogenannten »anderen Amerika« stehen die eigenwilligen Umdeutungen des Bildes bei der Bevölkerung im Mittelpunkt. Dabei setzt sich die Autorin mit der Geschichte der afroamerikanischen Bür-gerrechtsbewegung auseinander. Sie zeigt, wie (inner-)gesellschaft-liche Entwicklungen in der DDR durch transnationale Einflüsse eine besondere Dynamik erhielten.

Maria Schubert studierte in Tübingen und Greensboro, North Carolina, Geschichte und Politikwissenschaften. Im Anschluss promovierte sie in Tübingen über die Beziehungen der DDR zur amerikanischen Bürger-rechtsbewegung. Für ihre Recherchen war die gebürtige Vogtländerin auf dem gesamten Gebiet der neuen Bundesländer, in Atlanta und den amerikanischen Südstaaten unterwegs. Maria Schubert ist seit 2017 als Referentin für Erwachsenenbildung bei der Evangelischen Kirche von Westfalen tätig. Außerdem ist sie Lehrbeauftragte an der Universi-tät Tübingen und Fachreferentin für Themen der Zeitgeschichte.

Im Anschluss an die Buchpräsentation spielt das Trio »I am three« – Silke Eberhard/Altsaxophon, Nikolaus Neuser/Trompete, Christian Marien/Schlagzeug - Kompositionen von Charles Mingus. Dessen Komposition »Fables of Faubus« verschränkte in künstlerisch einzig-artiger Weise Musik und politische Botschaft der amerikanischen Bür-gerrechtsbewegung.

Montag, 18. November 2019, 19.00 UhrWeimar, Jugend- und Kulturzentrum »mon ami«, Goetheplatz 11

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Maria Schubert

»We Shall Overcome«. Die DDR und die ameri-kanische Bürgerrechtsbewegung

Erfurt 1976: Ein Student schreibt ei-nen kritischen Artikel für die Hoch-schulzeitung. Der Artikel wird nie gedruckt, der Student zwangsex-matrikuliert. Seine Mitstudierenden setzen sich für ihn ein und schreiben einen Brief an Bildungsministerin Margot Honecker. Darin wünschen sie sich »offene Diskussionen«. Ho-necker reagiert mit Härte. Die Stu-dierenden sollen ihre Unterschrift zurückzuziehen. Einige werden mit Zwangsexmatrikulation bestraft und mit Studienverbot für sämtliche Hochschulen der DDR. Andere müs-sen sich in hysterisch anmutenden Anhörungen öffentlich distanzieren. Die Wege der drei von der Hochschulleitung zu »Rädelsführern« er-klärten Personen führen darauf: ins Berufsleben, aufs Abstellgleis und ins Gefängnis. Eine spannende Erfurter Skandalchronik und noch viel mehr: Wie unterm Brennglas zeigt sich hier die Unterdrückung einer aufkeimenden Jugendbewegung am Vorabend der Biermann-Ausbür-gerung. »Die Situation an der Hochschule ist erdrückend. Wir wissen nicht mehr weiter und wohin wir uns wenden sollen. Es scheint alles schon festgelegt.« (Erfurter Studierende an Volker Braun, 17. Juni 1976)

Der Autor und Historiker Jochen Voit, Dr. phil, ist Leiter der Gedenk-stätte Andreasstraße in Erfurt. Die Künstlerin Gabriele Stötzer gehörte 1976 selbst zu den Erfurter Zwangsexmatrikulierten.

Dienstag, 19. November 2019, 19.00 UhrJena, Haus »Zur Rosen«, Johannisstraße 13

Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat.

Jochen Voit, Gabriele Stötzer

Rädelsführer. Studentischer Protest in der DDR 1976

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Die DDR verstand sich als antifaschis-tischer Staat. Damit galt auch der Antisemitismus als Element faschis-tischer Ideologie als überwunden. Dagegen gehörte der politisch in-strumentalisierte Antizionismus, der Israel als »Agressorstaat« definierte, jahrzehntelang zur Staatsdoktrin. Be-reits Anfang der 50er Jahre machte die Sowjetunion das junge Israel als neuen »imperialistischen« Feind aus. Stalins Politik bestimmte den gesam-ten sowjetischen Machtbereich. In Prag fand Ende November 1952 der sogenannte Slánský-Prozess statt, in dem den Angeklagten »Agententätig-keit für den Zionismus« vorgeworfen wurde und Todesurteile gegen Rudolf Slánský und zehn weitere hohe kom-munistische Funktionäre verhängt wurden. Er und die meisten anderen Angeklagten waren Juden. In diesem Kontext erreichten auch in der DDR die Repressionen gegen Überlebende des Holocaust mit Haus-durchsuchungen bei jüdischen Gemeinden und der Verhaftung jüdi-scher Kommunisten Anfang 1953 ihren Höhepunkt.

Erst 1988, als der 50. Jahrestag der Novemberpogrome erstmals in Ost-berlin aufwändig begangen wurde, kam es zu einer taktischen Annä-herung an Israel. Der Vortrag wird auch die Traditionen und Wirkungen judenfeindlicher Ressentiments und des negativen Israelbildes in der DDR bis heute in den Blick nehmen.

Wolfgang Benz, Prof. Dr., war von 1990 bis 2011 Leiter des renom-mierten Zentrums für Antisemitismusforschung (TU Berlin). Zahlreiche Veröffentlichungen zu den Themen Nationalsozialismus, Antisemitis-mus und vergleichender Vorurteilsforschung, u. a. »Was ist Antisemi-tismus?« (2005); »Die Feinde aus dem Morgenland. Wie die Angst vor Muslimen unsere Demokratie gefährdet« (2013); »Nach dem Unter-gang. Die ersten Zeugnisse der Shoah in Polen 1944-1947« (2014).

Dienstag, 19. November 2019, 19.00 UhrNordhausen, Stadtbibliothek »Rudolf Hagelstange«, Nikolaiplatz 1

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Wolfgang Benz (Hg.)

Antisemitismus in der DDR. Manifestationen und Folgen des Feindbildes Israel

Die Vorgeschichte unserer postindustri-ellen Gegenwart: In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden viele Staa-ten Westeuropas von einem beispiello-sen Strukturwandel erfasst: Die Fabriken der alten Industrien verschwanden, Mil-lionen von Arbeitsplätzen gingen verlo-ren, vormals boomende Städte gerieten in die Krise und neue soziale Fragen bestimmten die politische Agenda. Was aber ist aus dem stolzen Industriebürger geworden – aus seinen Arbeitsplätzen, Karrierewegen und Wohnquartieren? Wie haben sich soziale Rechte und politische Teilhabe von Arbeiter*innen verändert, als der Wettbewerb global, das Manage-ment schlank und der Finanzkapitalis-mus dominant wurde? Welche Ideen und Ideologien begleiteten den Wandel? Am Beispiel der Industriearbeit in Großbritannien, Frankreich und der Bundesrepublik erzählt Lutz Raphael die außerordentlich viel-schichtige und spannende Geschichte der westeuropäischen Deindus-trialisierung. Sie dauerte drei Jahrzehnte, ging mit einer Steigerung der Produktivität und des Lebensstandards einher, brachte aber auch Niedriglöhne, wachsende Ungleichheiten und eine Krise der demokra-tischen Repräsentation. Und vielleicht das Entscheidende: Sie wirkt bis heute fort – als Vorgeschichte unserer postindustriellen Gegen-wart. Dieses Buch hilft, sie zu verstehen.

Lutz Raphael ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Trier, Gastprofessuren führten ihn u. a. nach Oxford und Pa-ris. Er ist Mitglied sowohl der Mainzer Akademie der Wissenschaft und Literatur als auch der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 2013 erhielt er den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Veröffentlichungen u.a.: Ordnungsmuster und Deutungskämpfe. Wis-senspraktiken im Europa des 20. Jahrhunderts. Göttingen 2018.; Im-periale Gewalt und mobilisierte Nation, Europa 1914–1945. München 2011.

Dienstag, 19. November 2019, 18.00 UhrJena, Universitätshauptgebäude, Senatssaal, Fürstengraben 1, 1. OG

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Jenseits von Kohle und Stahl

WesteuropasGesellschaftsgeschichteEine

Lutz RaphaelSuhrkamp

Boomdemnach

Lutz Raphael

Jenseits von Kohle und Stahl. Eine Gesellschaftsgeschichte Westeuropas nach dem Boom

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Wohin man auch hört, immer wieder er-klingt das Hohelied auf die ostdeutschen Frauen. Sie seien berufsmobiler, risiko-bereiter und aufstiegsorientierter als die Männer. Ostfrauen sind häufiger berufs-tätig als Westfrauen und kehren nach der Geburt eines Kindes früher auf Vollzeitstel-len zurück. Die Ostfrauen haben dem ver-einten Deutschland ihren Stempel aufge-drückt. Aber warum ist das so?Tanja Brandes und Markus Decker betrach-ten vor allem die letzten drei Jahrzehnte, werfen aber auch einen Blick zurück in die Zeit vor 1989 – auf die Chancen, die Frauen bekamen, ebenso wie auf den Zwang, am Erwerbsleben teilzunehmen, und die Dop-pelbelastung. Portraitiert werden Politikerinnen und Unternehmerin-nen, Wissenschaftlerinnen und Journalistinnen, eine ehemalige Leis-tungssportlerin. Dabei arbeiten Brandes und Decker heraus, worin das positive Erbe der DDR besteht, ohne das System zu idealisieren. Und liefern überraschende neue Erkenntnisse. Unter den Portraitierten sind Katrin Göring-Eckardt, Sandra Hüller, Katja Kipping, Manuela Schwe-sig, Angela Merkel, Katarina Witt, Sabine Rennefanz u.v.a.

Tanja Brandes, Studium der Dramaturgie, Germanistik und Romanistik in München und Madrid. Brandes war Politikredakteurin beim Kölner Stadtanzeiger und beim General-Anzeiger in Bonn. 2016 wurde sie für einen Text über die Flucht ihrer Mutter aus der DDR mit dem DuMont-Journalistenpreis ausgezeichnet. Seit 2017 ist sie Redakteurin bei der Berliner Zeitung. Tanja Brandes lebt in Berlin und Düsseldorf.

Markus Decker, Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Ro-manistik in Münster und Marburg, ab 1994 Redakteur in der Luther-stadt Wittenberg und Halle, seit 2001 Berliner Parlamentskorrespon-dent für die Mitteldeutsche Zeitung und den Kölner Stadtanzeiger, ab 2012 auch für die Berliner Zeitung und die Frankfurter Rundschau, seit 2018 beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). 2006 erhielt Mar-kus Decker den Journalistenpreis Münsterland für einen autobiografi-schen Text über seine Heimatstadt.

Dienstag, 19. November 2019, 19.30 Uhr Heilbad Heiligenstadt, Altes Rathaus, Ratsgasse 9

Mittwoch, 20. November 2019, 19.00 Uhr Gera, Stadt- und Regionalbibliothek, Puschkinplatz 7

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Tanja Brandes, Markus Decker

Ostfrauen verändern die Republik

Partnerschaftsgewalt trifft in erster Linie Frauen, aber auch Männer. Sie ist viel-fältig: Sie kann verbal und körperlich sein. Eines jedoch haben fast alle Taten gemeinsam: Sie finden in der Regel un-ter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, es gibt selten Zeugen. In den wenigsten Fällen können Opfer im Vorfeld die Ge-walt erkennen. Meist entwickelt sie sich schleichend: aus Liebe und Zärtlichkeit werden Machtdemonstrationen, später Brutalität. Aus dem einst liebevollen Partner wird jemand, vor dem man sich fürchtet. Trotzdem ist es für nicht wenige Opfer ein Tabu, ihre Erlebnisse öffentlich zu machen. Sie schämen sich für die Übergriffe zu Hause, sie streiten Schläge und verbale Verletzungen gegen sich hartnäckig ab. Bekannte Ausre-den für sichtbare Zeichen der Gewalt sind Sätze wie »Ich bin die Treppe runtergefallen«, »Ich bin gegen die Tür gerannt«. Das Redetabu tragen häufig auch Nachbarn, Bekannte und Verwandte in sich: Das geht uns nichts an. Damit wollen wir nichts zu tun haben. Für Opfer ist das eine unerträgliche Situation – und eine Katastrophe. Sie können mit nie-mandem über die Vorfälle reden, sie fühlen sich alleingelassen, verein-samen und verharren in der Situation. Für Täter ist das ein Signal, dass sie ungestört weitermachen können.

Simone Schmollack ist taz-Journalistin. Sie studierte von 1984 bis 1989 Germanistik und Slawistik in Leipzig und Smolensk (Russland) sowie Journalistik an der Freien Universität in Berlin. Sie ist Autorin mehrerer Bücher.

Montag, 25. November 2019, 17.00 UhrGera, Frauenkommunikationszentrum, Heinrichstraße 38

Weitere Informationen gibt Referat 3.

Simone Schmollack

Und er wird es wieder tun – Gewalt in der Partnerschaft

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Das Eichsfeld war ein politisches Ausnahmegebiet in der DDR, das die SED-Diktatur vor besondere He-rausforderungen stellte, ja bis an den Rand der Verzweiflung trieb. Um die Einflusssphäre der katholischen Kirche zurückzudrängen und in der industriearmen Region die soziale, wirtschaftliche, aber auch kulturelle In-frastruktur auszubauen, beschloss die Partei 1959 den »Eichsfeldplan«. Aus der katholischen Hochburg sollte eine sozialistische Industrieregion werden. Christian Stöber bilanziert die Eichs-feldpolitik der SED, aber auch die gesellschaftlichen Reaktionen und Wechselwirkungen - und zeigt, wie sich das katholische Milieu mit missmutiger Anpassung, Eigensinn und weltanschaulicher Verweige-rung gegenüber den staatsparteilichen Drangsalierungen und Repres-sionen erfolgreich zu behaupten wusste.

Christian Stöber, Jahrgang 1987, Studium der Geschichte, Politik-wissenschaft und Friedens- und Konfliktforschung an der Phillips-Universität Marburg, Promotion zum Thema »SED-Herrschaft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Staatspartei und Staatssicherheit im Eichs-feld«. Seit 2017 pädagogischer und wissenschaftlicher Leiter des Grenzmuseums Schifflersgrund in Thüringen.

Donnerstag, 28. November 2019, 19.00 UhrHeilbad Heiligenstadt, Altes Rathaus, Ratsgasse 9

Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat.

Christian Stöber

Rosenkranzkommunismus. Die SED-Diktatur und das katholische Milieu im Eichsfeld 1945 – 1989

Der Kirgise Tschingis Aitmatow, 1928 im kirgisischen Scheker ge-boren, 2008 in der deutschen Stadt Nürnberg gestorben, war ein Schrift-steller von Weltgeltung, der auf einzigartige Weise in seinem Leben mehrere Epochen der Menschheits-geschichte verband und seiner Zeit weit voraus zu denken schien. In seinen Werken begegnen uns Men-schen, die täglich ihrer Arbeit nach-gehen und dabei gleichsam die gan-ze Welt auf den Schultern tragen, wie auch Tiere, die beseelte Wesen sind. Auf poetische Weise erzählt Aitmatow von einer fernen Welt. Da-bei entfaltet sich das Drama eines Lebens, das früh von Gewalt und tragischem Verlust geprägt war. Die Autorin beschäftigt sich schon seit den 1970er Jahren mit Leben und Werk Aitmatows. Sie nimmt die Leser mit auf eine Gedankenreise, auf der sie im Fremden Eigenes, Verlorenes, Vergessenes entdecken. Von einer kirgisischen Jurte aus bis in den Kosmos – was für Dimensionen eröffnen sich da!

Irmtraud Gutschke, Jahrgang 1950, studierte Slawistik und Anglistik an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. 1976 promovierte sie an der Humboldt-Universität Berlin zum Schaffen Tschingis Aitmatows. Seit 1971 arbeitete sie als Redakteurin für das Neue Deutschland, zu-nächst verantwortlich für den Bereich Auslandsliteratur, ab 1992 für das Gebiet Belletristik. Neben ihrer journalistischen Tätigkeit veröffent-lichte sie mehrere Bücher.

Montag, 2. Dezember 2019, 19.00 UhrHermsdorf, Stadtbibliothek, Am Alten Versuchsfeld 1

Weitere Informationen gibt Referat 4.

Irmtraud Gutschke

Das Versprechen der Kraniche. Reisen in Aitmatows Welt

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Verbote umgeben uns immer und überall. Zum Teil sind sie uns so sehr zum Alltag geworden, dass wir sie kaum noch beachten oder gar kritisch hinterfragen. Der Köl-ner Journalist und Sozialwissen-schaftler Frank Überall beschäftigt sich in diesem Buch mit Sinn und Unsinn von Untersagungen, zeigt gesellschaftliche Diskussionen auf und analysiert Notwendigkeit, Ver-wirrung und Folgen von Verboten. Dabei kommen auch Prominente zu Wort. Abgerundet wird der Text mit zahlreichen Abbildungen, die auch von Wolfgang Jorzik stammen, der die Idee zum Buch gemein-sam mit Überall entwickelte. In Sozialen Netzwerken wird das Projekt mit Accounts begleitet, an denen sich Leser/innen beteiligen können. Der Gewinn, der mit dem gedruckten Buch gemacht wird, kommt der Familie von Jorzik zugute, der nach einer Krebserkrankung viel zu früh verstorben ist und seine Frau sowie zwei junge Kinder hinterlässt.

Frank Überall, Prof. Dr., geboren in Leverkusen und aufgewachsen in Köln. Medien- und Sozialwissenschaftler sowie Journalist mit Schwer-punkt Politik. Er lehrt an der HMKW Hochschule für Medien, Kommu-nikation und Wirtschaft (Köln/Berlin). Überall ist Autor verschiedener Sachbücher und Essays. Zudem ist er Bundesvorsitzender des Deut-schen Journalisten-Verbands (DJV).

Dienstag, 10. Dezember 2019, 19.00 UhrBad Salzungen, Stadt- und Kreisbibliothek, Kurhausstraße 12

Weitere Informationen gibt Referat 2.

Frank Überall

Es ist untersagt…Wie Verbote uns verwirren – und warum wir sie trotzdem brauchen

Es ist an der Zeit, die Einwanderung nach Deutschland neu zu erzählen – als Teil der deutschen Geschichte nach 1945 und als Erfolgsgeschich-te. Denn Deutschland ist längst ein Einwanderungsland wie die USA oder Kanada. Der Historiker Jan Plamper verwebt die Geschichten der schlesi-schen Vertriebenen, der »Gastarbei-ter« aus Italien und der Türkei, der DDR-»Vertragsarbeiter« aus Mosambik und Vietnam, der Aussiedler aus der Sowjetunion und der Flüchtlinge aus vielen weiteren Ländern zu einer ande-ren Geschichte der Migration.

Jan Plamper schreibt bewusst nicht über »Ströme« und nur wenig über Zahlen, er erzählt von den Menschen, den Dazugekommenen und Alteingesessenen. Die Migranten und ihre Kinder und Enkel haben Deutschland seit 1945 wesentlich mitgeprägt, ob als Handwerker und Einzelhändlerinnen, als Anwälte und Ärztinnen oder als Prominente in Literatur und Pop, im Fernsehen oder in der Politik. Mit ihren Geschich-ten und ihrer Geschichte bringt Jan Plamper eine historische Perspek-tive in die Debatte über das Verständnis von Nation und Identität, über eine lebendige Kultur und gemeinsame Werte. Er zeigt: Migration war und ist immer eine Herausforderung, und doch ist sie bei uns eine er-staunliche Geschichte von Integration und Öffnung, von einem nicht immer einfachen, doch bereichernden Miteinander.

Jan Plamper, lebte viele Jahre in den USA und Russland und pendelt heute zwischen Berlin und London, wo er als Professor für Geschichte am Goldsmiths College lehrt. Seine Bücher »Geschichte und Gefühl: Grundlagen der Emotionsgeschichte« und »The Stalin Cult: A Study in the Alchemy of Power« erhielten ein breites Presseecho und wurden in mehrere Sprachen übersetzt.

Mittwoch, 11. Dezember 2019, 19.00 UhrJena, Theaterhaus, Schillergäßchen 1

Weitere Informationen gibt Referat 1.

Jan Plamper

Das neue Wir. Warum Migration dazugehört. Eine andere Geschichte der Deutschen