Das Welterbe in Deutschland - Die Dome

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Deutschland ist ein Land voller Kulturdenkmälerund einmaliger Naturlandschaften. Das zeigt sichin den über 30 Stätten, die bereits zum UNESCO-Weltkultur- oder Weltnaturerbe erklärt wurden.Trend & Tradition stellt sie in den nächsten Aus -gaben vor – den Auftakt machen die fünf Dome inAachen, Hildesheim, Köln, Speyer und Trier.

Das Welterbe in Deutschland– die Domereiseziele

Der nächtlich erleuchtete Dom vonAachen – das Bauwerk geht auf Karlden Großen zurück und vereint zahl-reiche Epochen der Baugeschichte

Die großen Dome in Deutschland gehören wie diesakralen Bauten in vielen anderen europäischenLändern zu den ältesten erhalten gebliebenenBauwerken. Ihre herausragende Stellung für die

Entwicklung von Städten wie Aachen oder Köln wird op-tisch heute oft von Hochhäusern und Fernsehtürmen inden Hintergrund gedrängt. Doch zum Zeitpunkt ihrer Er-bauung im Mittelalter stellten sie den weithin sichtbaren

Ausdruck von Größe und Bedeutung ihrer Gemeinwesendar, an dem oft über Jahrzehnte, in manchen Fällen sogarJahrhunderte gebaut wurde. Nur die bedeutendsten Kir-chen werden als Kathedralen oder Dome bezeichnet, dochdamit ist keineswegs dasselbe gemeint: Eine Kathedrale –abgeleitet vom griechischen Wort „Kathedra“ für den Lehr-stuhl, von dem der Bischof zu den Christen spricht – ist imKirchenbau die Bezeichnung einer zu einem Bischofssitz

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gehörenden Kirche. Nicht jeder Dom ist daher eine Kathe-drale im eigentlichen Sinne, aber immer ein bedeutendesKirchenbauwerk. Das zeigt sich schon daran, dass sichunter den ersten sieben deutschen Bauwerken, die zwi-schen 1978 und 1986 in die Welterbeliste aufgenommenwurden, vier Dome befanden. Das Wort „Dom“ entstandaus der Verkürzung des lateinischen Begriffs „domus“ fürHaus, denn die frühen Kirchen besaßen oft ein „domusecclesiae“, also ein Wohnhaus für die Geistlichen oder wur-den einfach als „domus dei“, also Gotteshaus bezeichnet.

Aachen – der Glanz Karlsdes GroßenDer Aachener Dom wurde alserstes deutsches Kulturdenk-mal 1978 in die Welterbelisteder UNESCO aufgenommen.Er gehört damit neben denGalapagos-Inseln, dem Yel-lowstone-Nationalpark undneun weiteren Objekten zuden zwölf ältesten Welterbe-stätten überhaupt. Die he-rausragende Bedeutung desAachener Doms geht vorallem auf das Wirken KaiserKarls des Großen zurück, derAachen um 800 zum Mittel-punkt seines europäischenReiches machte. Dort bauteer den väterlichen Königshofin eine Pfalz (Königssitz) vomRange einer Reichsresidenzum und ließ das bis heute

den Kern des Doms bildende karolingische Oktogon als Ka-pelle der Pfalz errichten. Es war das erste gewölbte Ge-bäude nördlich der Alpen und wurde maßgeblich durch dieBautraditionen der klassischen Antike und der byzantini-schen Architektur geprägt. Als Karl der Große 814 starb,wurde diese Kapelle zu seiner Begräbnisstätte und zueinem höchst symbolträchtigen Ort des deutschen Kai-sertums. Dort ließen sich neben Karls Sohn Ludwig derFromme zwischen 936 und 1531 von Otto I. bis Ferdinand I.30 weitere deutsche Könige auf dem Königsthron krönen.Im Laufe der Jahrhunderte wurden an das Oktogon

mehrere Anbauten hinzugefügt – darunter die gotischeChorhalle im Osten, das Westwerk und eine Reihe von Sei-tenkapellen. Kaiser, Könige und Pilger stifteten zudem dieüberaus reiche Ausstattung und andere Schätze. Die imMarienschrein aufbewahrten vier großen Reliquien – an-

geblich die Windeln und das Lendentuch Christi, das Mari-enkleid und das Enthauptungstuch Johannes des Täufers –können alle sieben Jahre anlässlich der seit 1238 stattfin-denden Aachener Heiligtumsfahrt besichtigt werden. Diezahlreichen Königskrönungen und viele weitere Reliquienließen seit dem Mittelalter Aachen und seinen Dom zueiner der bedeutendsten Wallfahrtsstätten der Christen-heit aufsteigen. Das überragende Hauptwerk der karolin-gischen Architektur ist heute eines der besterhaltenenBaudenkmäler der Karolingerzeit, ein eigenständiges Bis-tum wurde es jedoch erst 1930.

Hildesheim – nach 1945 wieder aufgebautDer Dom im niedersächsischen Hildesheim blickt auf einefast ebenso lange Geschichte zurück wie sein Pendant inAachen, ist darüber hinaus aber bereits seit 815 ein Bi-schofssitz. Auf den Fundamenten der dort ursprünglich ge-bauten Marienkapelle sowie einer kleineren Basilika

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Die Kuppel des Doms von Hildesheim, das seit 815 Bischofssitz ist

Das karolingische Oktogon bildet denältesten Teil des Aachener Doms undentstand um das Jahr 800

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entstand ab 872 der Hildesheimer Mariendom. 1046 durcheinen Brand zerstört, wurde er gegen Ende des 11. Jahr-hunderts wieder aufgebaut und in den folgenden Jahr-hunderten kontinuierlich erweitert. Besondere Bedeutungerhielt der Dom durch die Hildesheimer Domschule, eineder bedeutendsten Bildungseinrichtungen des ottoni-schen und salischen Reiches. Berühmt ist bis heute der Tau-sendjährige Rosenstock, der an der Außenwand der Apsisim Innenhof des Kreuzgangs wächst und der Legende umBistumsgründer Ludwig den Frommen zufolge auf das Jahr815 zurückgehen soll. Selbst die fast vollständige Zerstö-rung des Doms im Zweiten Weltkrieg, der zwischen 1950und 1960 wieder aufgebaut wurde, überlebte der Rosen-stock wie durch ein Wunder unbeschadet.Der Hildesheimer Dom wurde gemeinsam mit der ehe-

maligen Benediktinerabteikirche St. Michael 1985 in dieWelterbeliste aufgenommen, da die beiden Bauwerke unddie zu ihnen gehörenden Kunstschätze einen umfassen-den Zugang zum Verständnis der Einrichtung romanischerKirchen im christlichen Abendland vermitteln.

Köln – das Meisterwerk gotischer ArchitekturDer Bau des Kölner Doms erstreckte sich über mehr alssechs Jahrhunderte und erst der deutsche Kaiser und preu-ßische König Wilhelm I. konnte das 1248 begonnene Bau-werk 1880 unter großem Pomp einweihen. Die Kathedralevon Köln – die Stadt ist seit etwa 313 Bischofssitz – war nochbei ihrer Vollendung im 19. Jahrhundert das größte Ge-bäude der Welt. Allein der Entwurf der Westfassadesprengte alle damals üblichen Konventionen: Als größteKirchenfassade der Welt verfügt sie über eine Fläche von

7000 Quadratmetern, flankiert von zwei mächtigen Tür-men zu je 156 Metern Höhe. Die Architektur des Domesentspricht größtenteils den Plänen des Mittelalters, nurwenige Bauabschnitte entstanden im neogotischen Stil.Wegen des Umfangs und der Qualität der Arbeiten wurdeder Dom zu einem Kristallisationspunkt dieser Architekturund daher 1996 in die Liste des UNESCO-Welterbes einge-tragen.Als eine herausragende Leistung des Mittelalters gilt der

Reliquienschrein für die Gebeine der Heiligen Drei Könige,der größte Reliquienschrein des Abendlandes. Das ottoni-sche Gerokreuz auf dem Kreuzaltar im Dom ist das ersteGroßkreuz des westlichen Abendlandes. Alle Triumph-kreuze mittelalterlicher Kirchen gehen darauf zurück. DerDom verfügt über zwei große Flügelaltäre: Der Klarenaltaraus dem 14. Jahrhundert mit 36 Bildern und 25 Skulpturensowie der vom Kölner Meister Stephan Lochner geschaf-fene Altar der Stadtpatrone.

Speyer – letzte Ruhestätte von Königen und KaisernDie Geschichte des Speyerer Doms spiegelt die Geschichtedes mittelalterlichen Heiligen Römischen Reiches und sei-nes Kaisertums. Das monumentale Bauwerk bringt nichtnur die Machtfülle seiner Erbauer, sondern auch die sakraleBedeutung des mittelalterlichen Kaisertums zum Aus-druck. Denn das Amt des Kaisers war seit der Krönung Karlsdes Großen im Jahre 800 mit religiös-sakraler Hoheit um-kleidet. Der Kaiser war das Haupt der Christenheit. DerPapst vollzog zwar die Krönung, aber Amt und Würdekamen unmittelbar von Gott. Weil die im 11. Jahrhundertherrschenden salischen Kaiser die Stadt Speyer zu einem

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An keinem anderen Kirchenbauwerk wurde so lange gebaut wie demKölner Dom, der erst 1880 vollendet wurde

Vier deutsche Könige und vier Kaiser des Heiligen Römischen ReichesDeutscher Nation fanden im Dom von Speyer ihre letzte Ruhestätte

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der herrschaftlichen Zentren des Reiches machten, bautensie hier den Dom als ihre Grablege und Zeichen ihres kai-serlichen Anspruchs. Er wurde zwischen 1039 und 1308 fürinsgesamt vier deutsche Könige und vier Kaiser zur letztenRuhestätte. Der Dom zu Speyer ist eines der Hauptwerke der roma-

nischen Architektur in Deutschland und zugleich dergrößte Bau dieser Epoche in Europa. Maria und dem heili-gen Stephan geweiht, wurde der Dom in zwei großen Bau-phasen von 1025 bis 1061 und von 1082 bis 1106 errichtet. Erbrachte eine Grundrissgliederung zur Vollendung, die inder Folgezeit großen Einfluss auf die weitere Entwicklungder romanischen Architektur des 11.und 12. Jahrhunderts ausgeübt hat.Ihre Kennzeichen sind die ausgewo-gene Verteilung der Baumassen imOsten und im Westen und die sym-metrische Anordnung von vier Tür-men an den Ecken des von Langhausund Querhaus gebildeten Baukör-pers. 1981 wurde der Dom zu Speyerdaher nach dem Aachener Dom alszweites Bauwerk in Deutschland indie Welterbeliste der UNESCO auf-genommen.

Der Trierer Dom – 1700 Jahre Glau-bens- und BaugeschichteDie Stadt Trier, im Jahre 16 v. Chr. als„Augusta Treverorum“ gegründet, istdie älteste Stadt Deutschlands.

Durch die Dichte und die bauliche Qualität der erhaltengebliebenen Denkmäler liefert Trier ein außergewöhnli-ches Zeugnis der vierhundertjährigen römischen Epochein Deutschland. Die Römerbauten und die auf ihren Rui-nen entstandenen christlichen Nachfolgebauten wurden1986 gemeinsam in die Liste des Weltkulturerbes aufge-nommen. Dazu gehört auch der Trierer Dom, die ältesteKirche Deutschlands, in der fast ununterbrochen seit 1700Jahren Gottesdienste gefeiert werden und in der der Bi-schof von Trier seinen Sitz hat. In dem imposanten Bau-werk sind alle Epochen der europäischen Kunst- undBaugeschichte vereint.Der Überlieferung des Reimser Mönchs Altman von

Hautvillers zufolge hat die Heilige Helena, die Mutter desrömischen Kaisers Konstantin des Großen (306-337), demTrierer Bischof Agritius (gestorben 330/35) ihren Palast ge-schenkt, der dann zum Dom umgebaut wurde. Die ar-chäologischen Forschungen zeigen, dass der Domtatsächlich auf den Resten eines Wohnhauses errichtetwurde, von dem eine ungefähr 70 Quadratmeter großeZimmerdecke in Bruchstücken erhalten ist. Sie wurde zu-sammengesetzt und ist heute im Bischöflichen Dom- undDiözesanmuseum als Zeugnis spätromanischer Malerei zusehen. Außerdem gelangten durch Helena eine Reihe be-deutender Reliquien nach Trier: Neben dem Heiligen Rockund dem Leichnam des Apostels Matthias ein Zahn desHeiligen Petrus, der Heilige Nagel und die Sandale des Hei-ligen Andreas. In kostbare Werke der Goldschmiedekunsteingebunden bilden diese Reliquien noch heute den Kern-bestand des Trierer Domschatzes.

Christoph Neuschäffer

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Die Welterbeliste derUNESCO

In Deutschland gibt es 36 Denkmäler, die auf der Welterbeliste der UNESCO verzeichnetsind. Sie stehen damit unter dem Schutz der Internationalen Konvention für das Kultur-und Naturerbe der Menschheit. Die 1972 von der UNESCO verabschiedete Konvention istdas international bedeutendste Instrument, um Kultur- und Naturstätten, die einen außer-gewöhnlichen universellen Wert besitzen, zu erhalten. Denkmäler werden nur dann in dieListe des Welterbes aufgenommen, wenn sie die in der Konvention festgelegten Kriteriender „Einzigartigkeit“ und der „Authentizität“ (bei Kulturstätten) bzw. der „Integrität“ (beiNaturstätten) erfüllen.Ringhotels in der Nähe von Welterbestätten finden Sie auf unserer Deutschlandkarte, dieunter www.ringhotels.de/prospektbestellung kostenlos angefordert werden kann.

Das älteste Gotteshaus auf deutschem Boden – der Dom von Trier ent-stand auf den Resten eines römischen Palastes