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UBS Management and Strategy Datum: 06.12.2018 Mediengattung: Print Seite: 8-10 Ressort: Politik & Unternehmen UBS Media Watch 7 Ein Service der UNICEPTA Medienanalyse GmbH. Dieses Dokument ist nur zum internen Gebrauch! Eine Weiterleitung an Dritte ist nicht gestattet. Banken vs. Industrie UBS-Chef Sergio Ermotti und Stadler-Rail-Besitzer Peter Spuhler über schädliche Initiativen und Donald Trumps Handelskriege. «Die Schweiz muss aufpassen» INTERVIEW: STEFAN BARMETTLER FOTOS: SALVATORE VINCI Peter Spuhler, der Industrielle Michael Pieper... Peter Spuhler: ... ein geschätzter Geschäftspartner und enger Freund... Gilt das auch für die KMU? Ermotti: Wir haben in der Schweiz einen starken KMU-Fokus. UBS ist für KMU - übrigens auch für Grossunternehmen - die führende Bank im Cash Management, im Zahlungsverkehr, im Fremdwäh- rungsgeschäft sowie bei Handels- und Exportfinan- zierungen. Wir wollen unserer Kundschaft die richti- gen Dienstleistungen zum richtigen Preis offerieren, das heisst: zu einem Preis, bei dem beide glücklich sind. Mit dem Ziel, gemeinsam zu wachsen. Keine andere Bank betreut heute so viele Schweizer Unter- nehmen wie wir. Wir vergeben jährlich neue Kredite in der Höhe von einer halben Milliarde Franken, da- Herr Pieper sagte kürzlich: «Früher war der Kunde bei den Banken die Nummer eins - Dienen stand vor dem Verdienen. Heute ist es leider umgekehrt.» Hat Ihr Geschäftspartner und Freund recht? Sergio Ermotti: Ich respektiere andere Meinungen, würde aber schon noch differenzieren wollen. Spuhler: Sicher wurde vor der Finanzkrise über- trieben. Man hat politisch und regulatorisch massiv korrigiert, für meinen Begriff im übertriebenen Mass. Zu Ihrer Ausgangsfrage: Ich widerspreche meinem Freund Michael Pieper ungern, aber wir dürfen zufrie- den sein mit unseren Banken, die einen wesentlichen Beitrag zu unserem Bruttoinlandprodukt leisten. Ermotti: Ich kann nur für unsere Bank und für mich sprechen: Da stehen die Interessen der Kunden, Ak- tionäre und Mitarbeitenden im Gleichgewicht. Nur wenn dieses Gleichgewicht funktioniert, kann man nachhaltig Geschäfte entwickeln. Wenn einer der drei übermässig profitiert, resultiert daraus keine Nach- haltigkeit. runter an viele KMU. Sie tönen ja wie ein Bankenlobbyist? Spuhler: Ich bin ein kritischer Begleiter der Finanz- branche und betone immer wieder, dass die Banken Das Verhältnis zwischen Werkplatz und Finanzplatz hat sich also wieder aufNormalmass entspannt? Kein Fluchen mehr wie vor drei oder vier Jahren? Spuhler: Das Fluchen hat sicher abgenommen und die Akzeptanz des Finanzplatzes ist wieder gestiegen. Alle hatten weltweit die grosse Party gefeiert, die In- vestoren, die Sparer, die Pensionskassen, einfach alle «Das Fluchen über den Finanzplatz hat sicher abgenommen.» Peter Spuhler - bis die Blase platzte. Es wurden sicher Risiken unter- schätzt und man hat hochriskante Hypothekarpa- piere mit sicheren Papieren auf den Markt geworfen. Dabei darf man nicht vergessen, dass die beiden staatlichen Institute Fanny Mae und Freddie Mac am Ursprung des Desasters standen. Tempi passati? Ermotti: Wir sind heute eine ganz andere Bank. Eine mit klarem Kundenfokus und Kapitalstärke. Spuhler: Ich war als Nationalrat immer der Verfechter des Werkplatzes Schweiz und habe mich für dessen Interessen stark eingesetzt. Mir war aber auch klar, dass der Finanzplatz mit seiner Bedeutung auch den politischen Support braucht. eine grosse Verantwortung tragen. Sie müssen den Werkplatz weiter fördern und bei Familienfirmen hel- fen, den Generationenwechsel zu vollziehen. 1 / Auflage Druck 38259

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Banken vs. Industrie UBS-Chef Sergio Ermotti undStadler-Rail-Besitzer Peter Spuhler über schädlicheInitiativen und Donald Trumps Handelskriege.

«Die Schweizmussaufpassen»INTERVIEW: STEFAN BARMETTLERFOTOS: SALVATORE VINCI

Peter Spuhler, der Industrielle Michael Pieper...Peter Spuhler: ... ein geschätzter Geschäftspartnerund enger Freund...

Gilt das auch für die KMU?Ermotti: Wir haben in der Schweiz einen starkenKMU-Fokus. UBS ist für KMU - übrigens auch fürGrossunternehmen - die führende Bank im CashManagement, im Zahlungsverkehr, im Fremdwäh-rungsgeschäft sowie bei Handels- und Exportfinan-zierungen. Wir wollen unserer Kundschaft die richti-gen Dienstleistungen zum richtigen Preis offerieren,das heisst: zu einem Preis, bei dem beide glücklichsind. Mit dem Ziel, gemeinsam zu wachsen. Keineandere Bank betreut heute so viele Schweizer Unter-nehmen wie wir. Wir vergeben jährlich neue Kreditein der Höhe von einer halben Milliarde Franken, da-

Herr Pieper sagte kürzlich: «Früher war der Kunde beiden Banken die Nummer eins - Dienen stand vor demVerdienen. Heute ist es leider umgekehrt.» Hat IhrGeschäftspartner und Freund recht?Sergio Ermotti: Ich respektiere andere Meinungen,würde aber schon noch differenzieren wollen.Spuhler: Sicher wurde vor der Finanzkrise über-trieben. Man hat politisch und regulatorisch massivkorrigiert, für meinen Begriff im übertriebenen Mass.Zu Ihrer Ausgangsfrage: Ich widerspreche meinemFreund Michael Pieper ungern, aber wir dürfen zufrie-den sein mit unseren Banken, die einen wesentlichenBeitrag zu unserem Bruttoinlandprodukt leisten.Ermotti: Ich kann nur für unsere Bank und für michsprechen: Da stehen die Interessen der Kunden, Ak-tionäre und Mitarbeitenden im Gleichgewicht. Nurwenn dieses Gleichgewicht funktioniert, kann mannachhaltig Geschäfte entwickeln. Wenn einer der dreiübermässig profitiert, resultiert daraus keine Nach-haltigkeit.

runter an viele KMU.

Sie tönen ja wie ein Bankenlobbyist?Spuhler: Ich bin ein kritischer Begleiter der Finanz-branche und betone immer wieder, dass die Banken

Das Verhältnis zwischen Werkplatz und Finanzplatzhat sich also wieder aufNormalmass entspannt? KeinFluchen mehr wie vor drei oder vier Jahren?Spuhler: Das Fluchen hat sicher abgenommen unddie Akzeptanz des Finanzplatzes ist wieder gestiegen.Alle hatten weltweit die grosse Party gefeiert, die In-vestoren, die Sparer, die Pensionskassen, einfach alle

«Das Fluchen überden Finanzplatz hat sicher

abgenommen.»Peter Spuhler

- bis die Blase platzte. Es wurden sicher Risiken unter-schätzt und man hat hochriskante Hypothekarpa-piere mit sicheren Papieren auf den Markt geworfen.Dabei darf man nicht vergessen, dass die beidenstaatlichen Institute Fanny Mae und Freddie Mac amUrsprung des Desasters standen.

Tempi passati?Ermotti: Wir sind heute eine ganz andere Bank. Einemit klarem Kundenfokus und Kapitalstärke.Spuhler: Ich war als Nationalrat immer der Verfechterdes Werkplatzes Schweiz und habe mich für dessenInteressen stark eingesetzt. Mir war aber auch klar,dass der Finanzplatz mit seiner Bedeutung auch denpolitischen Support braucht.

eine grosse Verantwortung tragen. Sie müssen denWerkplatz weiter fördern und bei Familienfirmen hel-fen, den Generationenwechsel zu vollziehen.

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Sie reden aus eigener Erfahrung?Spuhler: Ich stamme aus einfachen Verhältnissenund habe keine Firma mit auf den Weg bekommen.Mit 29 Jahren erhielt ich einen 100-prozentigen Kreditohne Sicherheit für die Übernahme von Stadler. Aller-dings nicht von der UBS, sondern von der ThurgauerKantonalbank. Ich fürchte, ich könnte heute nichtmehr auf dieselbe Art Unternehmer werden.

Wieso nicht?Spuhler: Heute müssen Sie bei Firmenübernahmenmindestens einen Drittel als Eigenkapital mitbringen.Daran sind die Banken nicht alleine schuld, sondernauch die Regulatoren mit hohen Anforderungen andie Eigenkapitalunterlegung.

Peter Spuhler würden Sie finanziell unterstützen?Ermotti: Zweifellos.

Weshalb?Ermotti: Mir sind die Erfahrungen, wie sie Peter schil-dert, bekannt, weil ich mit vielen Unternehmern imAustausch bin. Fakt ist, dass die Banken wichtig sindfür die Versorgung der Unternehmen und insbeson-

«Die Negativzinsen habenAuswirkungen auf unsere

Erträge und Profite.»Sergio Ermotti

dere KMU in der Schweiz. Denn anders als beispiels-weise in den USA können sich kleinere Unternehmenhierzulande kaum ihre Investitionen direkt überden Kapitalmarkt finanzieren. Es ist klar: Eine Bankohne funktionierende Wirtschaft kann nicht gedei-hen, also helfen wir Schweizer Unternehmen, erfolg-reich zu sein.

Das Umfeld ist geprägt derzeit von Negativzinsen. Sie,Herr Ermotti, sind kritisch.Ermotti: Die Negativzinsen haben Auswirkungen aufunsere Erträge und Profite. Und: Wir brauchen Profite,um zum Beispiel Firmenkredite anbieten zu können.Daneben gibt es natürlich auch negative Auswirkun-gen für Sparer und Pensionskassen.Spuhler: Allen war klar, dass die Untergrenze irgend-wann fallen würde. Ich habe die Art kritisiert, wie dieSNB am 15. Januar 2015 den Stecker zog - und damiteine zweite grosse Welle auslöste. Das hätte man ele-ganter machen können. Und es war eine ärgerlicheTerminierung. Den Schritt vom Januar 2015 hätteman bereits im Herbst 2014 machen können, als dieBudgetierung für 2015 noch nicht beschlossen war.Zudem hätte ich mir ein schrittweises Vorgehen ge-wünscht, wie dies eine Zentralbank mit den Zinsentut. Man hätte von 1,20 auf 1,15 oder 1,10 runtergehenkönnen. Statt einen eleganten und verträglichen Wegzu wählen, hat man den Hammer auf die Export-industrie niedergehen lassen.

Und heute?Spuhler: Das Ziel der SNB sind stabile Preise. Die

Höhe der Bilanz und des Gewinns ist sekundärer Na-tur. Aus dieser Sicht macht die SNB eine gute Politik.

Das Risiko ist nicht wirklich entschärft. SieheGriechenland, Italien.Ermotti: Wir hatten in den letzten Jahren einen schö-nen Wachstumszyklus. Da ist es fast schon zyklischnormal, dass wir eine unruhigere Zeit vor uns haben.Und wenn ich mich geopolitisch umschaue, dann

sehe ich den Brexit, ich sehe Italien, Frankreich, Spa-nien, sogar in Deutschland macht sich Unsicherheitbreit. Kurzum: Die Welt ist weniger berechenbar. Wirmüssen uns damit anfreunden, dass die nächstenJahre schwieriger werden.

Ein Zyklus läuft aus?Ermotti: Ja, aber das heisst nicht, dass daraus eineKrise oder gar eine Rezession entstehen muss. Aber eskönnte sein, dass wir eine Abschwächung erleben.Also, man sollte keine Panik machen oder Angst ver-breiten, aber wir sollten nicht so tun, als ginge alles soweiter wie bisher und nur bergauf.

Sieht auch der Industrielle Wolken aufziehen?Spuhler: Wir haben als Exportunternehmer gelernt,mit Krisen und Einbrüchen zu leben. Die erste Wäh-rungsverwerfung im November 2011 hat uns extremhart getroffen, unvorbereitet. Es machte wusch - undschon waren wir 30 Prozent teurer als die Konkurrenzim Ausland. Ich erinnere daran: Wir haben über 3000Mitarbeitende in der Schweiz und 50 Prozent derProduktionsleistung Schweiz geht in den Export. Dassagt alles.

Ein Schock - und dann eine Abkühlung?Spuhler: Wir müssen damit leben, dass irgendwanneine nächste Krise eintrifft. Wenn eine solche Situa-tion eintritt, müssen wir schnell und hart reagieren,um den Kurs halten zu können. Wir haben in unsererIndustrie zum Glück sehr langfristige Zyklen. Was wirheute an Aufträgen gewinnen, sorgt drei, vier Jahre

später für Umsatz. Wir sehen also Jahre im Voraus, woder Umsatz zu liegen kommt, und können die Margenhochrechnen. Wenn es kriselt, kann man flexiblerreagieren. Zudem haben wir im Moment einen hohenAuftragsbestand.Ermotti: Ich bin kein Industrieller, aber global seheich strukturelle Defizite in der Infrastruktur. Wenn dieKonjunktur gut läuft, profitieren Unternehmen indieser Branche, und wenn sie sich abschwächt, ver-sucht die Politik, Wachstum durch Investitionen inInfrastruktur zu stabilisieren.Spuhler: Langfristig sind wir sicher gut positioniert.Die Zahl der Megacities verdoppelt sich innerhalbvon 15 Jahren. Der Verkehrskollaps in diesen Metro-polen ist allgegenwärtig, weshalb der ÖV ausgebautwerden muss. Dadurch können wir wachsen.

Nur die Banken haben wenig davon, weil Stadler Railkeine Bankkredite benötigt.Spuhler: Ja, das kann man so sagen. Wir haben geradeeinmal 5 Prozent Fremdkapital in der Bilanz. DasWachstum haben wir in der Vergangenheit aus eigener

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Kraft gestemmt. Was wir hingegen von den Bankenbrauchen, sind Bürgschaften. Wir kriegen Anzah-lungen von Kunden, bei rund der Hälfte davon müssenwir Bankgarantien für die Anzahlungen leisten.

Stadler Rail ist an einem Readyness-Check, umallenfalls an die Börse zu gehen. Wie ready sind Sie?Spuhler: Ich erzähle seit zehn Jahren immer dasselbe:Ein IPO ist für Stadler Rail eine Option. Wir wärenrecht gut vorbereitet bis auf die Publizitätsrichtlinien,

die wir als nicht kotiertes Unternehmen bewusst tiefgehalten haben.

Sie legen damit Ihre Politkarriere definitiv ad acta?Spuhler: Ja. Der Entscheid fiel mir schwer. Man musssehen, dass es nur 46 Ständeräte gibt, doch die Anzahlder Dossiers ist gleich gross wie im Nationalrat. Nursitzen dort viermal mehr Parlamentarier. Das heisst,für jeden Ständerat gibt es viermal mehr Dossiers zubewältigen und man sitzt in vier bis fünf Kommis-sionen. Das bedeutet, man ist jede Woche zwei, dreiTage auch zwischen den Sessionen in Bern beschäf-tigt. Da stellte sich mir die Grundsatzfrage: Bin ichmehr Unternehmer oder mehr Politiker?

Der Nachwuchs ist in der Firma, richtig?Spuhler: Ja, der älteste Sohn ist in der Firma.

HerrErmotti, haben Sie bedauert, dass Peter Spuhlernicht als Ständerat ins Parlament zurückkehrt?Ermotti: Das wäre sicher gut für die Wirtschaft undunser Land, aber ob es auch gut für Peter wäre, musser selber entscheiden. Tatsächlich hat sich im Parla-ment das Gewicht von den Unternehmern weg inRichtung Anwälte und vor allem Profipolitiker ver-schoben. Ich kritisiere dies nicht und sehe den gros-sen Aufwand, den die Politik abfordert. Deshalb habeich Verständnis, dass sich ein Unternehmer, der heuterund um die Uhr gefordert ist, keine Zeit findet für einMandat in Bern. Aber ich bedaure es natürlich, dassjemand wie Peter mit seiner Erfahrung nicht im Stän-derat sitzt.

Sie sehen sich offenkundig als Unternehmer.Spuhler: Ja, absolut! Und dann sehe ich, was sich inunserer Branche alles für Herausforderungen stellen:Da haben wir die Fusion von Siemens und Aistom,dann die Chinesen, die versuchen, in Europa Fuss zufassen. Dann habe ich namhafte Beteiligungen undunternehmerische Mitverantwortung beim Fahr-zeugbauer Aebi Schmidt, beim AutomobilzuliefererAutoneum, am Spinnereimaschinenhersteller Rieter.Für ein neues Politamt hätte ich massiv Mandate auf-geben müssen, doch das wollte ich nicht. Das warendie Gründe, weshalb ich meine Karriere als Politikeran den berühmten Nagel hänge. Aber ich habe dieZeit im Nationalrat genossen, auch die Fights in denKommissionen.Ermotti: Ich kann das nachvollziehen. Aber es müss-ten mehr Unternehmer in Bern ihre Erfahrungeneinbringen. Allenfalls müsste man vielleicht ihreadministrative Unterstützung ausbauen, damit siewenigstens in dieser Hinsicht entlastet werden. IhreErfahrung ist enorm wichtig für das Land.

Spuhler: Der Milizgedanke muss in der Schweizunbedingt hochgehalten werden. Damit fliesst vielErfahrung aus der Praxis in den politischen Prozessein. Wir brauchen aber auch Unternehmer und Ge-werbetreibende, die nach Bern gehen. Wir dürfen dieVerantwortung nicht allein den Wirtschaftsverbändenund den Lobbyisten überlassen.Ermotti: Das Engagement erfolgreicher und erprobterUnternehmer wäre enorm wichtig. Ich sehe schon

beträchtlichen Handlungsbedarf. So zeigen die Stu-dien des WEF zur Wettbewerbsfähigkeit, dass dieSchweiz Plätze verliert. Oder nehmen wir den Ease ofDoing Business Index der Weltbank. Da sind wir aufRang 38 abgerutscht und mittlerweile hinter Ländernwie Georgien, Mazedonien oder Malaysia. Eine an-dere Zahl, die mir Sorge bereitet: Die Zahl der Neu-ansiedlungen von Firmen in der Schweiz hat sich seit2008 fast halbiert. Es gibt also diverse Trends, die einerote Warnlampe aktivieren müssten. Wir brauchenstarke Antworten der Politik, Antworten, die vielleichtausserhalb der offiziellen Parteimeinung stehen.

Sie möchten nicht in die Politik? Etwas mehrBanker-Know-how könnte in Bern nicht schaden.Ermotti: Ich bin auch schon fast sechzig - wie PeterSpuhler (lacht).Spuhler: Ich sehe es wie Sergio. Wir machen heute zuviel Parteipolitik und haben das Wohl des Landes unddamit auch der Wirtschaft vielfach aus den Augen ver-loren. Wenn ich die letzten Initiativen - von links wierechts - anschaue, dann sehe ich, dass wir das Land sonicht weiterbringen

Auch aus dem rechten Lager.Spuhler: Absolut, jetzt kommt schon die nächsteVolksabstimmung, die Begrenzungsinitiative. Dawerde ich klar Nein sagen müssen.

Lanciert ist sie von der SVP, Ihrer Partei.Spuhler: Die Wirtschaft braucht Rechtssicherheit.Die Initiative nimmt die Kündigung der Personenfrei-zügigkeit in Kauf. Das ist Gift für die Exportindustrie.Dies wäre damit vergleichbar, wenn unsere Bauern

«Man muss akzeptieren,dass nicht alle Bürger

Globalisierungsgewinner sind.»Peter Spuhler

der Abschaffung von Direktzahlungen zustimmenwürden. Stadler investiert 86 Millionen Franken inSt. Margrethen in ein Werk für tausend Mitarbeitende.Wir haben im Verwaltungsrat lange darüber dis-kutiert, ob wir die Begrenzungsinitiative abwartensollen. Trotz dieser Initiative haben wir uns für denrisikoreicheren Weg entschieden und Ja gesagt.

Und dann droht die Konzernverantwortungsinitiative.Spuhler: So kommt eine Initiative nach der anderen.Die Unsicherheit für Investitionen nimmt laufend zu.Wer investiert, muss darauf vertrauen können, dass

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die Rahmenbedingungen kalkulier- und vorausseh-bar bleiben.Ermotti: Genau! Die Schweiz muss aufpassen, dass sieihre Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzt. Einigedieser Initiativen schaden dem Image unseres Lan-des. Die Initiative ist ein wichtiges Rechtsmittel fürdas Volk. Man sollte es aber nicht missbrauchen.

Sie meinen: Wir müssen nicht das Kind mit dem Badeausschütten und die Bilateralen opfern?Spuhler: Wenn wir die Personenfreizügigkeit auf-kündigen, fallen alle weiteren sechs Pakete im bilate-ralen Vertragswerk dahin. Alle, die glauben, wir könn-ten einen besseren Vertrag aushandeln als das jetzigePaket, sind blauäugig. Grossbritannien lässt grüssen!Ermotti: Sehen Sie, ich habe noch niemanden gese-hen, der wichtige Verhandlungen via Medien führt,

Die Begrenzungsinitiative würde das Ende derPersonenfreizügigkeit bedeuten. Sie aber sind aufSpezialisten angewiesen, gerade in der IT.Ermotti: Absolut. Wir müssen weiter die Möglichkeithaben, die besten Leute weltweit ins Land zu brin-gen. Ich kann aber auch verstehen, dass ein Teil derBevölkerung die Zuwanderung mit einiger Skepsisverfolgt.

Trotzdem spricht die Demografie eine klare Sprache.Es fehlen längerfristig jüngere Spezialisten.Ermotti: Technologie hilft uns, durch Produktivitäts-fortschritte einen Teil des demografischen Wandelsabzufedern. Aber es muss gewährleistet sein, dasswir an jene Experten kommen, deren neue Jobprofilenicht oder nur beschränkt in der Schweiz vorhandensind. Wir können nicht warten, bis der eigene Nach-wuchs in 20, 25 Jahren eine qualifizierte IT-Aus-bildung absolviert hat, die unseren sehr hohenAnsprüchen genügt. Es gibt einen internationalenKonkurrenzkampf um die besten Talente.Spuhler: Man muss akzeptieren, dass nicht alle Bür-ger Globalisierungsgewinner sind und dass sie sichteilweise überfordert fühlen. Wir sind uns auch einig,dass jedes Jahr eine Nettozuwanderung allein ausder EU in der Höhe von 80 000 Personen nicht trag-bar ist. Wir können nicht jedes Jahr Menschen in derGrössenordnung der Stadt St. Gallen in der Schweizintegrieren. Mein Ansatz war deshalb schon früher:Ab einer gewissen Zuwanderung und Arbeitslosig-keit müssen wir Stopps oder Kontingente einführen,und zwar einseitig. Das würde zwar einen Aufschreigeben und wäre nicht eine optimale Lösung, aber eswürde nach meiner Einschätzung nicht allzu vielpassieren. Zudem müssten wir unsere Gesetzgebunganpassen und Hürden einbauen - damit die Zuwan-derung in unsere Sozialwerke nicht mehr so einfachwäre. Wir könnten vieles tun gegen die Sogwirkungder Schweiz.

vor allem nicht, wenn ein Abschluss auf MessersSchneide ist. Da wird viel zu viel geredet. Mal ist eseine rote Linie, dann ein «point of no return», danngibt es einen Zeitdruck. Schliesslich ist man in derRegierung zerstritten und kann die Differenzen an-derntags im Detail in der Presse nachlesen. So kann

man keine Verhandlungen führen.

Das müssen Sie Ignazio Cassis sagen.Ermotti: Das ist nicht nur eine Aufgabe für IgnazioCassis, sondern für den gesamten Bundesrat. Abge-sehen davon hat er ohnehin den schwierigsten Joballer Bundesräte. Dass er als Amtsjüngster diesenPosten übernommen hat, zeigt ja nur, dass niemanddiesen Job wollte (lacht).

Die UBS setzt stark auf China. Beim Joint VentureUBS Securities wollen Sie Ihren Anteil von 25 Prozentauf51 Prozent erhöhen. Kommt das gut?

Ermotti: Ja, gerade letzte Woche wurde bekannt, dasswir unseren Anteil auf 51 Prozent erhöhen können.In China sind viele Vermögen enorm gewachsen.Aber auch in der Breite sind Vermögen kreiert wor-den. Wir sehen für uns in der Zukunft grosse Mög-lichkeiten, weil die Vermögen weiter steigen und dieKapitalmärkte noch nicht voll entwickelt sind. Dannwird sich die Diversifikation, also wie und wo Geldinvestiert wird, stark verändern. Dieses Jahr sind5 Prozent chinesische Firmen in den MSCI-Sammel-index integriert worden. Dieser Anteil wird sich ge-gen 20 Prozent erhöhen. Doch das Geld wird nichtnur nach China fliessen, sondern irgendwann auchin die andere Richtung. Wir sind bestens positio-niert, hier unserer Kundschaft Hand zu bieten, umweiterzuwachsen.

Das gilt nichtfür die Bahnindustrie, für Sie lauert dieGefahr im Osten.

Spuhler: China ist für uns eine von mehreren Heraus-forderungen. Wir haben aber auch unsere Pfeile imKöcher und halten dagegen.

Die Preise können es nicht sein.Spuhler: China ist ein riesiger Bahnmarkt. Für west-europäische Schienenfahrzeughersteller ist er nichtzugänglich. Wir müssen gar nicht erst Angeboteeingeben. Das europäische Bahnsystem hingegenist historisch gewachsen. Es gibt länderspezifischeSpezifikationen - zum Beispiel unterschiedlicheStromsysteme und Lichtraumprofile - und Zulas-sungsprozesse. In diesem heterogenen Umfeld wer-den sich die Chinesen schwertun. Es liegt in unsererHand, den technologischen Vorsprung aufrecht-zuerhalten.

Die Chinesen rollen den Markt auf, in den USA, inEuropa, sogar die Deutsche Bahn hat Loks von ihnengekauft.Spuhler: So würde ich es nicht nennen. In Europakenne ich zwei Länder, in denen sie Aufträge gewon-nen haben: In Mazedonien vier oder fünf Züge, inTschechien drei. Und in Deutschland haben sie zweiLokomotiven praktisch verschenkt. Aber in denSchwellen- und Entwicklungsländern merkt manihren Druck natürlich schon. Speziell, wenn sieFinanzierungen zu null Prozent anbieten können.

Sie waren daran, Iran U-Bahn-Züge zu verkaufen.

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Daraus wurde nichts, wegen Donald Trump.Spuhler: In Iran waren wir unterschriftsbereit für960 U-Bahn-Wagen. Alles war vorbereitet, auch dieFinanzierung und die Absicherung durch die Schwei-zerische Exportrisikoversicherung (Serv).

Und dann kam Trump?Spuhler: Und verhängte Sanktionen. Deshalb muss-ten wir das Projekt zum zweiten Mal aufgeben. Undwer kam stattdessen rein? Die Chinesen. Dabei könn-ten wir liefern, denn Schienenfahrzeuge sind nichtsanktioniert, hingegen sind die Finanzströme ge-kappt. Sobald eine Bank im Dollar-Clearing ist, wärees für sie tödlich, wenn sie eine Finanztransaktion ausIran abwickeln würde. Das heisst für Stadler: Liefernja, aber ohne Bezahlung! Wir haben ebenfalls US-Ak-tivitäten und haben immer gesagt: Wenn Sanktionenoder Embargos verhängt werden, wird sich StadlerRail zu 100 Prozent immer daran halten.

Trump führt gegen die Chinesen einen Handelskrieg -

und am Schluss profitieren die Chinesen. Nichtabsurd?Spuhler: Doch, das versteht keiner. Die Amerikanersperren die Europäer aus - und die Chinesen, mit de-nen ein Handelskrieg geführt wird, springen in dieLücke. Und was in meinen Augen gar nicht geht: Dasschinesische Firmen unsere Technologiefirmen kau-fen und wir vom chinesischen Markt faktisch ausge-schlossen werden. Ich bin für internationalen Handel,aber wir sollten den Chinesen schon gelegentlich dierote Linie aufzeigen. Es kann nicht sein, dass die Chi-nesen halb Afrika zusammenkaufen und mit Dum-pingpreisen und Protektionismus Marktanteile ansich reissen. Da bin ich auf der Linie von US-PräsidentTrump.Ermotti: In einem Handelskrieg gewinnt letztlich kei-ner. Ich hoffe, dass die USA und China zusammeneine Lösung finden, um die Handelsspannungen zuentschärfen. Am G20-Gipfel ist dies ja teilweise gelun-gen. Ich befürchte aber, dass es noch schlimmer wer-den könnte, bevor es besser wird.

Und wie wäre es mit einem Handelsabkommen mitden USA?Ermotti: Wir sind dafür, weil unsere Kundinnen undKunden davon profitieren. Umgekehrt wäre es ganzschlecht, wenn die EU ein Handelsabkommen ab-schliessen würde und wir nicht. Es ist so, wie ich am

«In einem Handelskrieggewinnt letztlich

keiner.»Sergio Ermotti

Anfang betonte: Es ist in unserem Interesse, dass dieFirmen in der Schweiz florieren und sich weiterent-wickeln. Da kann ein Freihandelsabkommen mit denUSA nur helfen.Spuhler: Der US-Markt entwickelt sich für Stadlerimmer besser, ein Freihandelsabkommen würden wirsehr begrüssen. Das wäre auch ein Wettbewerbs-vorteil gegenüber der EU. Es freut mich, dass sich derUS-Botschafter in Bern, Edward McMullen, sehr da-für einsetzt. Er hat uns auch in offenen Fragen wie zuZöllen auf Aluminium, den Iran-Sanktionen und wei-teren Exportfragen sehr unterstützt. Ich hoffe, dassdieses Freihandelsabkommen nicht am Widerstandunserer Bauern scheitern wird. Ich erwarte eine ge-wisse Konzessionsbereitschaft, die eventuell durchweitere Abgeltungen kompensiert werden müssten.Ich bin der Letzte, der unsere Bauern ans Messerliefern will. Aber es kann auch nicht sein, dass dieExportwirtschaft zurückgepfiffen wird.

Wenn Sie Peter Spuhler zuhören: Keine Lust, dieFreiheiten eines Unternehmers zu gemessen?Ermotti: Jeder hat seine Berufung. Mir macht es gros-sen Spass im Banking und mit erfolgreichen Unter-nehmern zu diskutieren und sie zu beraten und ihnenbeizustehen. Und ich finde es belebend zu sehen, wieauch andere Leute bei null angefangen haben und einGeschäft positiv entwickeln.

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Peter Spuhler, Sergio Ermotti: China als Herausforderung.

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