David Korn: Das Netz Israels Lobby in Deutschland

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David Korn: Das Netz Israels Lobby in Deutschland

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INHALT

Zu diesem BuchSeite 3

Erster Abschnitt

„Enges Netz entwickelt”Seite 5

Zweiter Abschnitt

Was „dem Netz” voraus gingSeite 34

Dritter Abschnitt

Des Zentralrats zentrale RolleSeite 74

Vierter Abschnitt

Weitere Maschen im NetzSeite 114

Fünfter Abschnitt

Das Schilumim-ManagementSeite 144

Sechster Abschnitt

„Wollen jüdischer als Juden sein”Seite 179

REGISTERSeite 225

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Zu diesem Buch

Der Versuch der Einflussnahme auf Politik und Gesellschaft durch Interessengruppen(Lobbyismus) gehört zum normalen „Spiel der Kräfte” in einer pluralistischen Demokra-tie. Dagegen ist nichts einzuwenden. Ebenso allerdings ist es normal und erforderlich,solche Beeinflussungsversuche transparent zu machen, also für die Allgemeinheit er-kennbar.

Dem Leser des Buches begegnet eine Vielzahl von Persönlichkeiten, die sich aus ehr-baren Beweggründen für Israel engagieren. Wer wollte etwa solchen Deutschen jüdi-scher Herkunft bzw. jüdischen Glaubens, die sich auch um Wohl und Wehe des jüdi-schen Staates sorgen, einen Vorwurf machen? Zumal, wenn bei ihnen familiäreBindungen zu Israelis bestehen. Könnte sich Deutschland nicht glücklich schätzen,schlügen die Herzen von Personen deutscher Herkunft in anderen Staaten zumindestetwas mehr für ihre oder ihrer Ahnen Ursprungsheimat, als es meist der Fall ist? Eben-so wenig ist es nichtjüdischen Deutschen anzukreiden, wenn sie aus historisch-mora-lischen Erwägungen gelegentlich Partei für den Staat jenes Volkes ergreifen, dem zurZeit der Gewaltherrschaft in Deutschland in der Tat Furchtbares widerfahren ist.

Dieses Buch handelt aber auch von übermäßigem Engagement für israelische Inter-essen: Wenn beispielsweise Politiker in der Bundesrepublik eine Form der Solidaritätpropagieren und in die Tat umsetzen, die man nur als blind und bedingungslos be-zeichnen kann. Sie übersteigern sogar manches Mal das, was israelischer- oder jüdi-scherseits gewünscht wird. Der Exzess geht gelegentlich so weit, dass der Einsatz fürIsrael verbunden wird mit fast schon pathologisch anmutendem Selbsthass, einemweltweit und weltgeschichtlich ziemlich einzigartigen deutschen Nationalmasochis-mus. Andererseits ist oft mit Händen zu greifen, dass Israel instrumentalisiert wird zurBefriedigung einer Karrieresucht von Leuten, die auf deutsche Belange keinerlei Rück-sicht mehr nehmen und die Verteidigung israelischer Interessen nur vorschützen. Inderlei Fällen wird die Sache des jüdischen Staates ebenso egozentrisch wie exzen-trisch ausgebeutet und gefleddert. „Solidarität” und „Freundschaft” solcher Gestaltenmögen im Augenblick nützlich erscheinen, sind aber auf Dauer ohne jeden Wert. Wersich auf solche „Freunde” verlässt, wird, kommt es hart auf hart, verlassen sein.

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4 Zu diesem Buch

Es gibt zahlreiche jüdische Stimmen, auch aus Israel, die vor derlei Ausartungen inDeutschland warnen. Solche Mahnungen, von denen manche im Buch enthalten sind,sollte man sich allgemein besonders zu Herzen nehmen. Zugleich widerlegen sie übri-gens den bösartigen Unfug von einer „antideutschen Verschwörung des Judentums”.

„Übermaß zeugt Schmerz.” Dieses Wort Goethes gilt auch hier. Jeder Gefährdung —aus welcher Richtung auch immer — einer erstrebenswerten dauerhaften und grund-legenden deutsch-jüdischen Aussöhnung sollte mit Entschiedenheit gewehrt werden!

Oktober 2003 David Korn

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Erster Abschnitt

„Enges Netz entwickelt'

„Verflochten in besonderenBeziehungen”

»Im Hintergrund der komplizierten Diplomatiehat sich schon längst ein enges Netz zwi-schen Deutschen und Israelis entwickelt«,

hieß es in den „Israel Nachrichten” vom10. Mai 1995 unter der Schlagzeile:

»Deutschland und Israel, eng verflochten inbesonderen Beziehungen.«

Das in Tel Aviv erscheinende Blatt ist die ein-zige deutschsprachige jüdische Tageszeitungder Welt. Sie hängt über das „weltweite IMH -

Der „Aufbau”, 1934 in New York von jüdischenEmigranten aus Deutschland gegründet, wurdevon dem 1893 in Berlin geborenen Manfred Ge-org (in Amerika auch: George) geprägt, demChefredakteur von 1939 bis zu seinem Tod1965. Der begabte Journalist war zionistischgesinnt, Verfasser von Werken wie „TheodorHerzt. Sein Leben und sein Vermächtnis” (1932)und „Das Wunder Israel” (1949), sowie Logen-bruder des jüdischen B'nai B'rith-Geheim-ordens. Sein New Yorker Blatt ist, ganz wievon ihm konzipiert, kompromisslos pro-israe-lisch geblieben.

8 ISRAEL NACHRICHTEN — MIttWOCH,10. Mai 1995

Deutschlau und Israel:Eng verflochten in besonderen Beziehungen

Von Thomas P. Spieker

Netzwerk” der „Internationalen Medien-Hilfe”mit der jüdischen Wochenzeitung in überwie-gend deutscher Sprache „Aufbau” (New York)zusammen.

»Erreichen Sie über 30 000 deutschsprachigeJuden in aller Welt mit einer Kombi-Anzeigeim „Aufbau” (New York) und den „IsraelNachrichten” (Tel Aviv). Informieren Sie sichüber Werbemöglichkeiten bei IMH«,

lautete ein vom „Aufbau” am 19. September2002 veröffentlichter Aufruf.Die beiden vorgenannten Blätter, „Israel Nach-richten” und „Aufbau”, sind neben dem Zentral-organ des Zentralrats der Juden in Deutsch-land, der „Jüdischen Allgemeinen”, für dasvorliegende Buch besonders intensiv ausgewer-tet worden.

Als der „Aufbau” 2001/2002 in eine Krise ge-riet, fing ihn ein Netz von Sponsoren auf. Diedeutschen

»generösen Unterstützer, die das Erscheinendes AUFBAU ermöglichen«,

wurden in einem ganzseitigen Dank der Zeitungam 12. Dezember 2002 beim Namen genannt:

Axel Springer Verlag,Generalkonsulat der BundesrepublikDeutschland in New York,DaimlerChrysler,Deutsche Telekom,Deutsches Informationszentrum New York,Bundespresseamt,Sylva Franke,Jan Philipp Reemtsma.

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6 Erster Abschnitt

Die Retter des Zionistenblattes

Beim Letztgenannten handelt es sich um denspätgeborenen Sohn und Erben des einstigenGeldgebers der NSDAP, Gönners insbesondereHermann Görings, Wehrwirtschaftsführers desDritten Reiches, Verherrlichers Hitlers und sei-nes Regimes in millionenfach verbreiteten Bil-deralben und Wehrmachtzigaretten-Monopolis-ten Philipp Fürchtegott Reemtsma.Jan Philipp Reemtsma hat sich in den 90er-Jahren als Spiritus Rector und Sponsor einerAusstellung über den „Vernichtungskrieg derWehrmacht” in Szene gesetzt. Wegen einerFülle von Bild- und Sachverhaltsfehlern undManipulationen, von ausländischen Historikernaufgedeckt, musste die Wanderschau aus demVerkehr gezogen werden. Ab Ende 2001 irr-li chterte eine Zweitversion durch die Bundes-republik Deutschland und Österreich. Reemts-mas „Hamburger Institut für Sozialforschung”kooperiert mit dem jüdisch-zionistischen LeoBaeck Institute mit Zentrale in London; bei-spielsweise hat man im Juli 2002 eine Gemein-schaftsveranstaltung über „Moral im National-sozialismus” durchgeführt. Insistierende Fragennach der Rolle des eigenen Clans in der brau-nen Diktatur wehrt Reemtsma ab:

»Das verbitte ich mir!«Großverleger Axel Cäsar Springer (1912-1985)war zur Hitlerzeit führend bei den von seinemVater herausgegebenen „Altonaer Nachrichten”tätig, als in jenem NS-gleichgeschalteten Blattdie Volksgenossen beispielsweise über die

»tatsächliche Einheit von Bolschewismusund Judentum«

sowie über»die Wut des New Yorker Judenpöbels«

„unterrichtet” wurden und die Juden — Gipfelder Niedertracht — in der braunen Springer-Pos-tille sogar als „Vampire” erschienen.Die eigene NS-Vergangenheit unter den Tischkehrend, widmete sich Axel Springer in den

12. Dezember 1941: Der „Aufbau” solidarisiertsich mit der Kriegsmacht USA.

Nachkriegsjahrzehnten einer exzessiven kollek-tivdeutschen „Vergangenheitsbewältigung” mitinstitutionalisiertem Kotau vor Israel. JederJournalist seines Konzerns musste (und muss)sich vertraglich verpflichten zur

»Unterstützung der Lebensrechte des israe-lischen Volkes«.

Nicht minder mahnte der Verlagsboss, stets da-ran zu denken, dass

»der Herr das jüdische Volk als sein Volkauserwählt hat, um ihm durch alle Zeiten zudienen«.

Damit auch ja alles auf entsprechender Liniebleibt, setzte Springer seinen streng Israel ver-pflichteten jüdischen Intimus Ernst Cramer —laut Helmut Kohl

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„Enges Netz entwickelt” 7

»ein Vorbild, ein Weltbürger von großer mo-ralischer Kraft« —

als Testamentsvollstrecker und Hüter des Erbesein. Mit Erfolg. Wie sich beispielsweise beimMedientag der Deutsch-Israelischen Woche inHamburg, August 2003, erwies, als der Chef-redakteur der Springer'schen „Bild"-Zeitung,Kai Diekmann, wieder einmal

»uneingeschränkte Solidarität mit Israel«gelobte, verteidige der jüdische Staat doch

»all die westlichen Werte, die auch uns amHerzen liegen«.

Diekmann hatte wenig zuvor den Europa-Ehren-preis des B'nai B'rith-Bundes erhalten — über-reicht von „Atze” Brauner, dem für Israel ent-flammten Filmproduzenten und Chef derBerliner Janusz-Korczak-Loge der hinter den

Kulissen mächtigen jüdisch-zionistischen Ver-einigung. Begründung:

»Faire und journalistisch stets differenzierteBerichterstattung über die Konflikte im Na-hen Osten.«

„Aufbau"-Retterin Sylva Franke, unter Hitler alsJüdin nach Südamerika emigriert, heute Mit-glied der Berliner jüdischen Repräsentantenver-sammlung und Eigentümerin der Blueband-Ho-tels, zu denen das Berliner „Excelsior” gehört,ist wegen ihres Mäzenatentums bekannt. Siefördert auch Kultureinrichtungen wie etwa dasRenaissance-Theater in der deutschen Haupt-stadt. Ganz besonders aber schlägt ihr Herz fürIsrael. So gehört sie dem Präsidium von KerenHayesod Deutschland an, welche Vereinigungder Spendenbeschaffung für den jüdischenStaat dient. Israels Botschafter in der Bundes-republik Shimon Stein sagte gelegentlich überFrau Franke, er würde sich wünschen, „sie klo-nen zu können”.Am 5. September 2002 berichtete der „Aufbau”ausführlich über das Engagement der

»Grande Dame der jüdischen Gemeinde Ber-li n, einer Mischung aus Charme und Tat-kraft«

auch zugunsten sozial Schwacher, das sie bei-spielsweise in Berlin hinter Gitter sitzendenrussischen Juden angedeihen lasse. Die Kna-ckis würden sich immer wieder wundern, wiesie es schaffe, als Besucherin mit viel Zigaret-ten, Schokolade und einem Rabbiner zu ihnenins Gefängnis zu gelangen.

„Neue Adelsrasse”

Die zionistisch ausgerichteten „Israel Nachrich-ten”, hervorgegangen aus diversen Blätternmitteleuropäischer jüdischer Einwanderer, wer-den von der in Wien geborenen, seit 1939 inPalästina lebenden, journalistisch versiertenAlice Schwarz-Gardos geleitet, einer Nichtedes jüdischen Linksliteraten Bruno Frei. Sie istDer zionistische „Aufbau” dankt seinen Rettern.

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8 Erster Abschnitt

»wegen ihrer besonderen Verdienste um diedeutsch-israelischen Beziehungen«,

so die offizielle Begründung, mit dem Bundes-verdienstkreuz Erster Klasse ausgezeichnetworden.Auch trägt die israelische Zeitungsmacherinden Coudenhove-Kalergi-Preis, benannt nachdem Begründer der „Paneuropa"-Bewegung Ri-chard Graf Coudenhove-Kalergi (1894-1972).Der nichtjüdische Politschriftsteller (Vater:k.u.k.-Diplomat aus brabantischem Uradel unddeutschem Reichsgrafengeschlecht, Mutter: Ja-panerin, Schwester: die streng katholischeSchriftsteller Ida Friederike Gärres, Frau in ers-ter Ehe: die jüdische Schauspielerin Ida Roland)proklamierte in seinem 1925 in Wien und Leip-zig verlegten Buch „Praktischer Idealismus”, dieJuden seien ein „geistiger Adel”, ja sogar die„neue Adelsrasse” und zur Führungsrolle in Eu-ropa bestimmt. Der langjährige Chef der deut-schen Christdemokraten Helmut Kohl bekenntsich zur Weltanschauung des besagten Grafen.Die Paneuropa-Bewegung zeichnete ihn 1991,also als er noch Kanzler war, mit dem Couden-hove-Kalergi-Preis aus.Die Paneuropa-Union hat auch konservativenPersönlichkeiten Heimstatt geboten, gelegent-lich sogar halbwegs nationalkonservativen.Chef seit Graf Coudenhove-Kalergis Tod 1972ist Otto von Habsburg. Als der Monarchen-spross Jerusalem besucht hatte, schrieb der„Aufbau” am 20. Juli 1990:

»In seiner Rede bemerkte er, dass „als An-gehöriger des Hauses Habsburg meine Ver-bindungen mit dem jüdischen Volk sehr tiefverwurzelt sind”. Er sagte auch, dass er müt-terlicherseits jüdische Vorfahren aus Spa-nien habe.«

Sein „Junge Freiheit"-Interview vom 22. No-vember 2002 wiederum handelte dem Chef de-rer von Habsburg-Lothringen „Antisemitis-mus"-Vorwürfe ein, hatte er doch geäußert, dieSchlüsselpositionen im US-amerikanischen Ver -

teidigungsministerium seien „mit Juden be-setzt” und:

»Das Pentagon ist heute eine jüdische Insti-tution.«

Die dortigen „Falken”, so der Kaisersohn wei-ter, seien darauf bedacht,

»Israel um jeden Preis zu schützen«,und arbeiteten deshalb auf einen Krieg gegenIsraels Feind Saddam Hussein hin.

Vom Amalek zum besten Freund?

Am 3. Dezember 1999 veröffentlichten FrauSchwarz-Gardos' „Israel Nachrichten” einenebenso umfang- wie aufschlussreichen Artikelaus der Feder von Dr. Niels Hansen. Er hattevon 1981 bis 1985 als Botschafter der Bundes-republik Deutschland in Israel amtiert. Der Titelseines Zeitungsbeitrages lautete:

»Eine unvergleichbare geschichtliche Heraus-forderung. Die deutsche Politik gegenüberdem Staat Israel.«

Der Ex-Diplomat hält darin über die deutsch-is-raelischen Beziehungen fest:

»Jenseits der eigentlichen Außenpolitik hatsich auf zahlreichen Gebieten ein intensivesNetz der Zusammenarbeit herausgebildet,das von Exekutive und Legislative aus Bund,Ländern und Gemeinden getragen wird. Vie-le Stiftungen, Fördervereine und sonstigeprivate Institutionen wirken ebenfalls mit,wobei neben den Gesellschaften für Christ-lich-Jüdische Zusammenarbeit vor allem die1966 gegründete Deutsch-Israelische Gesell-schaft und die Israelisch-Deutsche Gesell-schaft zu nennen wären. BeispielhafteStichworte sind Jugendaustausch, Städte-partnerschaften, wissenschaftliche Koope-ration, Außenhandel, Tourismus, sogar derSicherheitsbereich. Die Bundesrepublik stehthier häufig an der Spitze oder jedenfalls hin-ter Amerika an zweiter Stelle.«

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„Enges Netz entwickelt” 9

Was speziell die von Hansen angesprocheneVerflechtung deutscher und israelischer Kom-munen betrifft, hatte man am 20. November1998 aus der Feder von Frau Schwarz-Gardosin den „Israel Nachrichten” erfahren können:

»Es gibt achtzig Städtepartnerschaften, einepräzedenzlos große Zahl.«

Rechnet man die Kreispartnerschaften hinzu,kommt man auf eine noch höhere Zahl, deutlichüber hundert.Schon am 18. Dezember 1989 habe, so wiederHansen, die „Jerusalem Post” in einem Leitarti-kel zum „intensiven Netz” festgestellt:

»Westdeutschland ist nach den USA unserbester Freund geworden — zwar mit gehöri-gem Abstand hinter den Vereinigten Staa-ten, aber doch weit vor allen anderen.«

In dieselbe Kerbe schlug der US-jüdische Publi-zist Roger Cohen, als er am 5. März 2001 inder „International Herald Tribune” unter derSchlagzeile „Israel akzeptiert Deutschland alsVerbündeten” schrieb:

»Deutschland ist — außer den USA — der be-deutendste Verbündete Israels geworden,der entscheidende Hilfe im militärischen,nachrichtendienstlichen, politischen undwirtschaftlichen Bereich leistet ... Was diePolitik anbelangt, so ist Deutschland „nun-mehr unsere Hauptstütze und unser Haupt-fürsprecher in Europa”, wie Reuven Mer-shav, früherer Generaldirektor im israelischenAußenministerium, sagte.«

Andererseits wird Deutschland in israelischenMedien bzw. von israelischen Politikern immernoch und immer wieder als „Land der Täter”gegeißelt (oder auch, variatio delectat, als„Land der Henker” — so jedenfalls Israels Bot-schafter in der Bundesrepublik, Avi Primor, am25. April 1996 im Zentralratsblatt der Juden,„Allgemeine Jüdische"). Führende israelischePolitiker haben die Deutschen — insgesamt undnicht nur die der Hitlerzeit — als „Nazis” (Golda

Meir), „Mörder” bzw. „blutdürstende Meute”(Menachem Begin) u. ä. tituliert.

»In der unmittelbaren Nachkriegszeit undspäter war Deutschland das Land des Ama-lek«,

notiert Professor Y. Michael Bodemann, jüdi-scher Soziologe an der Universität Toronto, inder Beilage „Jüdisches Leben in Deutschland”des Bundestagsblattes „Das Parlament” vom28. Juli 2003 über die israelische Stimmungs-lage. „Amalek” ist gemäß jüdischer Überliefe-rung der absolute Todfeind. In der Tat galtauch die junge Bundesrepublik in Israel offiziellals Feindstaat; es gab sogar ein Verbot des Ge-brauchs der deutschen Sprache. Schon im Juli1948 hatte der Jüdische Weltkongress in seiner„Resolution von Montreux” die Juden in allerWelt ermahnt, sich

»nie wieder auf dem blutgetränkten deut-schen Boden anzusiedeln«.

Nur Waffenstillstand?

In manchen Bereichen scheint diese Verbitte-rung auch heute immer noch nicht überwundenzu sein.

» Wenn in Israel über Deutschland gespro-chen wird, dann geschieht dies meist vor-sichtig und distanziert oder zynisch«,

hieß es in einer Betrachtung zum deutsch-israe-lischen Verhältnis ein halbes Jahrhundert nachKriegsende am 10. Mai 1995 in den „IsraelNachrichten”. Weiter:

»Dass es Irritationen, Beschimpfungen, Ver-stimmungen, Missverständnisse, Beleidigun-gen gab, kann kaum verwundern.«

Zu den „schrillen Misstönen” zähle ein Vorwurfan die Adresse Israels, den BundespräsidentHeinrich Lübke 1965 gegenüber dem ersten is-raelischen Botschafter in Bonn, Ascher Ben-Nathan, geäußert habe:

» Wie lange werden Sie uns noch beschimp-fen, nach allem, was wir für Sie zahlen?«

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10 Erster Abschnitt

MITTWOCH, 25. AUGUST 1999 ISRAEL NACHRICHTEN Statt erstrebenswerterVersöhnung nur „ Waf-fenstillstand”?

Die deutsche Wiedervereinigung und der Golf-krieg hätten gezeigt, fuhr das Blatt aus Tel Avivfort, wie schnell die Stimmung in Israel um-schlagen könne und vernarbte Wunden wiederaufbrächen:

»Am Tag der deutschen Vereinigung, meinteder damalige israelische Parlamentsprä-sident Dov Schilanski, müssten Juden ihr„Haupt mit Asche bedecken und Trauer tra-gen”. Als schnell gelieferte deutsche Gas-masken 1991 Israelis vor mit deutscher Hilfeumgebauten irakischen Raketen schützensollten, kursierte in Israel das geflügelteWort, der Gasmaskenauftrag komme „50Jahre zu spät".«

Allerdings weist der israelische Journalist TomSegev in seinem Buch „Die siebte Million. DerHolocaust und Israels Politik der Erinnerung”(Reinbek 1995) auf Umfragen in Israel 1990 hin,denen zufolge weit mehr Juden dort den Fallder Mauer und die Beseitigung der deutschenTeilung positiv bewerteten als negativ. Segevmeinte schlussfolgern zu können:

»Die meisten Israelis betrachteten Deutsch-land nicht länger als Feind.«

Gleichwohl zitierten die „Israel Nachrichten”am 25. August 1999, ihrerseits per Schlagzeile,eine kurz zuvor erschienene Überschrift derLondoner „Times”:

»Nur Waffenstillstand zwischen Deutschenund Juden«.

„Dat Weltjudentumist eine jroße Macht”

Hansen betont in seinem besagten „Netz"-Arti-kel, dass es die Regierungschefs David Ben-Gu-rion (Israel) und Konrad Adenauer (Bundesrepu-blik) gewesen seien, die in den 50er-Jahren„die entscheidende Rolle bei der schrittweisenAnnäherung gespielt” hätten, wobei die Wie-dergutmachungsvereinbarungen von ausschlag-gebender Bedeutung gewesen seien.

»Weder verpflichtete das VölkerrechtDeutschland dazu, Israel und dem jüdischenVolk Entschädigung zu zahlen, noch übtendie Mächte Druck auf die BundesrepublikDeutschland aus, sie zu leisten«,

schreibt die israelische Politologin und Histori-kerin Prof. Dr. Nana Sagi in ihrem Buch „Wie-dergutmachung für Israel. Die deutschen Zah-lungen und Leistungen” (Stuttgart 1981).Wobei sie mit „den Mächten” die Westalliier-ten meinte; die Sowjetunion war ohnehin ganzgegen die deutschen Milliarden an Israel, wes-halb die DDR keinen Pfennig an den jüdischenStaat zahlte. Prof. Sagi weiter:

»Es geschah vor allem als Folge des ent-schlossenen Standpunktes von Bundeskanz-

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Konrad Adenauer in Weimarer Zeit

Ier Konrad Adenauer. In der Geschichte derWiedergutmachung spielte er eine entschei-dende Rolle, und es ist ihm zu verdanken,dass die moralische Verpflichtung, die seinerAnsicht nach dem deutschen Volk oblag, ineine vertragliche Verpflichtung umgewandeltwurde.«

Konrad Adenauer hatte sich in Weimarer Zeit,damals noch Kölner Oberbürgermeister, für das„Pro-Palästina-Komitee” engagiert. Diese Ver-netzung maßgeblicher jüdischer und nichtjüdi-scher Repräsentanten des öffentlichen Lebensin Deutschland unterstützte das Ziel der zionis-tischen Weltbewegung, einen Judenstaat imSinne Theodor Herzls im Vorderen Orient zuschaffen. Der „Vater des Zionismus” hatte sei-ne Vision eines jüdischen Palästina in seinerGrundsatzschrift „Der Judenstaat” den Abend-ländlern wie folgt schmackhaft zu machen ver-sucht:

»Für Europa würden wir dort ein Stück desWalles gegen Asien bilden; wir würden denVorpostendienst der Kultur gegen die Bar-barei besorgen.«

Kaum Bundeskanzler geworden, sagte Adenau-er Israel im November 1949 Warenlieferungen

zum weiteren jüdischen Aufbau des Landes zu,und zugleich ermahnte er seinen Mitarbeiter-stab — laut Nachrichtenmagazin „Der Spiegel”Nr. 19/1995 — in der für ihn typischen rhei-nischen Sprechweise, nie zu vergessen, dass

»dat Weltjudentum eine jroße Macht ist«.Auch Niels Hansen bestätigt („Frankfurter All-gemeine", 14. September 1999), dass Adenauersich der Vokabel „Weltjudentum” zu bedienenpflegte, wobei der Kanzler dieses „ebenso ge-fürchtet wie überschätzt” habe. Überdies gabErnst Féaux de la Croix, der als leitender Minis-terialbeamter in den 50er-Jahren maßgeblichan den Entschädigungsvereinbarungen mit jüdi-schen bzw. israelischen Instanzen beteiligt ge-wesen war, seiner Überzeugung Ausdruck, dassdas — auch von ihm ausdrücklich als solchesbezeichnete — „Weltjudentum” Adenauer beiden Wiedergutmachungsvereinbarungen dieHand geführt habe (Féaux in: „Der Werdegangdes Entschädigungsrechts”, München 1985).Angemerkt sei hierzu, dass der Terminus„Weltjudentum”, dessen Gebrauch gelegentlichals antisemitisch gegeißelt wird, in jüdischenTexten nicht selten anzutreffen ist. Schon derGrand Sanhédrin, die hochkarätig besetzte, aufNapoleons Initiative gebildete internationaleJudenkonferenz in Paris vom Februar/März1807, beanspruchte beschlussgemäß „die Ge-samtvertretung des Weltjudentums (!)”. Bei-spiele aus jüngerer Zeit:— Auf den deutschen Internet-Seiten der jü-

disch-zionistischen Spendensammelvereini-gung für Israel, Keren Hayesod, findet mandie Wiedergabe eines Artikels der führen-den israelischen Tageszeitung „Ha'aretz”vom 7. November 2001 mit der Schlagzeile:

»Das Weltjudentum und der Krieg gegenden globalen Terrorismus«.Es handelt sich um eine ausführliche Analy-se der internationalen jüdischen Reaktionenauf die Terroranschläge des 11. September2001. Verfasser des „Weltjudentum"-Arti-

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12 Erster Abschnitt

kels ist Eliahu Salpeter, einer der prominen-testen und profiliertesten Journalisten Isra-els.Die „Israel Nachrichten” brachten am 6. Ok-tober 1999 eine Erklärung des israelischenMinisterpräsidenten Ehud Barak über diedrei Hauptaufgaben, die der Jewish Agencyin Zusammenarbeit mit seiner Regierungoblägen:

»Verstärkung der Einwanderung und Rettungbedrohter Juden. Erziehung der jungen Ge-neration des Weltjudentums (!) durch Ver-stärkung des jüdischen Identitätsbewusst-seins. Stärkung der weltweiten Einheit desjüdischen Volkes.«Anlässlich des jüdischen Neujahrsfestes1979 veröffentlichten die „Israel Nachrich-ten” unter der Schlagzeile „Weltjudentumsteht hinter dem Staat Israel” die Meldung:

»Der Präsident des Jüdischen Weltkongres-ses, Philip Klutznick, sandte an die Regie-rung ein Telegramm, in dem er Israel zumneuen Jahr beglückwünscht. Er schreibt, dasWeltjudentum stehe Israel zur Seite.«

— 1955 in New York erstmals erschienen undseither mehrfach (1965, 1972, 1981, 1987)aktualisiert und erweitert neu aufgelegt so-wie in Lizenzausgabe auch in Israel (TelAviv 1978) gedruckt worden ist das von denjüdischen Koryphäen Itzhak Carmin und Har-ry Schneiderman herausgegebene Lexikon„Wer ist wer im Weltjudentum” — Original-titel:

»Who's Who in World Jewry. A biographicaldictionary of outstanding Jews.«

Gleichwohl wird in den per Internet verbreite-ten „Informationen zur politischen Bildung — ak-tuell” der Bundeszentrale für politische Bildungbehauptet, nichts berechtige dazu, von einem„Weltjudentum” zu sprechen; das Wort seiAusdruck eines „Verschwörungsmythos” undüberhaupt ein „unsinniges Konstrukt”.

In König Davids Thronsaal

Auch nach der „entscheidenden Rolle” des der„jroßen Macht” eingedenk gewesenen Adenau-er seien bei der Vernetzung von Bundesrepublikund Israel

»die Akzente in Deutschland überwiegendvon den christdemokratischen Parteien ge-setzt worden«,

fuhr Niels Hansen, selber CDU-Mitglied, in den„Israel Nachrichten” des 3. Dezember 1999fort. Der Botschafter a. D nannte in diesem Zu-sammenhang die Namen der prominenten Poli-tiker

Rainer Barzel,Herbert Blankenhorn,Erik Blumenfeld,Franz Böhm,Ludwig Erhard,Eugen Gerstenmaier,Alois Mertes,Franz Josef Strauß,Rita Süssmuth,Walter Wallmann,

um dann einen der Protagonisten ganz deutlichhervorzuheben:

»Helmut Kohl nimmt einen besonderen Eh-renplatz ein.«

Was sich auch in der Fülle an Auszeichnungendokumentiert, für die Kohl von jüdischen bzw.israelischen Institutionen auserwählt wordenist: Vom Berliner Zentralrat der Juden inDeutschland (Leo-Baeck-Preis) bis zur Logenbru-derschaft B'nai B'rith mit Sitz in New York undJerusalem (Goldmedaille), von der Ben-Gurion-Universität in Sdeh Boker/Israel (Ehrendoktor-würde) und der Universität von Tel Aviv (dto.)bis zur Brandeis-University, bedeutendste jü-disch-zionistische Hochschule Amerikas, dieauch, wie das „Neue Lexikon des Judentums”schreibt, „ein Zentrum der Judaistik ist” (wei-terer Ehrendoktorhut). Eine Forschungsstätte ander Jerusalemer Universität heißt seit 1995

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„Enges Netz entwickelt” 13

Das jüdische Zentral-ratsblatt würdigt dieB'nai B 'rith-Ordensver-leihung an Kohl.

„Helmut-Kohl-Institut”. Die Aufzählung ist langenicht vollständig.

Am Rande: Als Kohl ein halbes Jahr nach sei-ner Abwahl in New York aus den Händen vonHenry Kissinger die Auszeichnung „Staatsmanndes Jahrzehnts” verliehen bekam, sagte der be-rühmteste US-jüdische Politiker unserer Zeitlaut „Israel-Nachrichten” vom 27. April 1999über den deutschen Ex-Kanzler:

»Ich habe ihn nie als ausländischen Staats-mann betrachtet.«

Über die Verleihung des goldenen B'nai B'rith-Logenpreises an Kohl im Januar 1996 berichte-te die „Welt” des Springer-Konzerns:

» Wie ein Thronsaal von König David ist dermit prominenten Gästen gefüllte und mit ro-ten, auf große Kandelaber gesteckte Kerzenerleuchtete Festsaal des Münchner Park-Hil-ton dekoriert. Hinter dem Rednerpult istnach Art eines Baldachins ein roter Bühnen-vorhang gespannt, daneben steht auf der ei-nen Seite ein siebenarmiger Leuchter, aufder anderen die israelische Fahne mit demDavidstern.«

Das Zentralratsblatt „Allgemeine Jüdische”vom B. Februar 1996 über die bewusste Zere-monie:

»Als einen „leader among the statesmen”bezeichnete Tommy P. Baer, internationalerPräsident von B'nai B'rith, BundeskanzlerHelmut Kohl, als er ihm mit der „Goldmedail-le für humanitäre Verdienste” in Münchendie höchste Auszeichnung des B'nai B'rithverlieh. Dass ein deutscher Kanzler auf dieseWeise geehrt wurde, gehört für den israe-lischen Ministerpräsidenten Schimon Peres,der die Laudatio hielt und eigens dafür vonIsrael in die bayerische Landeshauptstadtflog, in den Bereich des Wunders, das sichnach dem Holocaust zwischen Deutschlandund Israel ereignet habe.«

Die Goldmedaille, so fuhr Peres fort, bringe»die Anerkennung meines Volkes in Israelund in der Diaspora für die weise Führung,die Sie bewiesen haben, zum Ausdruck«.

B'nai B'rith-Ehrenpräsident Joseph Dombergerbezeichnete Kohl als

»Europäer, Kämpfer gegen Rassismus undFremdenhass, Freund Israels und nicht zu-letzt Freund und Partner des B'nai B'rith«.

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14 Erster Abschnitt

Kohl bedankte sich mit einer Sühnerede. Siehandelte von deutschen Verbrechen der Hitler-zeit, welche „nie vergessen werden dürfen”und „Wunden, die nie verheilen” geschlagenhätten.„Zu den bewegten (sic!) Augenblicken” derFestveranstaltung, so die „Allgemeine Jüdi-sche” weiter, habe das Entzünden der Menora,des jüdisch-rituellen siebenarmigen Leuchters,gehört. Über die erlauchte Gesellschaft vollerEhrenträger, die da aus Anlass der Logenfeierfür Kohl zusammengekommen war, schrieb dasZentralratsblatt:

»Gastgeber Roman Haller, B'nai B'rith Prä-sident für Deutschland und Österreich undder Münchner Hebraica Loge, begrüßte alsGäste so viele und hochrangige Vertreterdes öffentlichen Lebens, wie sie in dieserZusammensetzung nach Aussage des Pro-tokollchefs der Bayerischen Staatskanzleinoch nicht zusammengekommen waren.«

Unter den Anwesenden befanden sich u. a.:„Amtierende Bundes- und Landesminister”(die im Bericht der „Allgemeinen” allerdingsnicht beim Namen genannt wurden),Oberbürgermeister Christian Ude,Präsidentin des Bayerischen Verfassungs-gerichtshofes Hildegard Holzheid,Bundesminister a. D. und FDP-Ehrenvorsit-zender Otto Graf Lambsdorff,Chef der Deutsch-Israelischen Gesellschaftund Ex-Bundesminister Manfred Lahnstein,Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Mün-chens Charlotte Knobloch,Gemeinderabbiner Yitzhak EhrenbergUS-Generalkonsul Patrick Nichols,Israels Botschafter Avi Primor,der zionistische Medienzar aus Großbritan-nien Lord George Weidenfeld.

„Wir würden weltweit verflucht”

Als Kohl 1995 von der Ben-Gurion-Universitätin Israel zum Ehrendoktor erklärt wurde, sagteer in seiner Dankrede:

»Ein dichtes Netz von persönlichen Beziehun-gen ist entstanden, das die eigentliche Sub-stanz des deutsch-israelischen Verhältnissesausmacht.«

Außerdem zeigte er sich in seiner Anspracheüberzeugt davon, dass Ben-Gurion und KonradAdenauer

»mit Genugtuung auf das Erreichte blickenwürden, könnten sie heute unter uns sein.Mit Stolz würden sie die späten Früchte ih-rer Arbeit betrachten.«

Am 12. November 1999 erinnerte der Chef derKonrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem, Johan-nes Gerster, in einem Interview mit den „IsraelNachrichten” an eine „wichtige Mahnung Hel-mut Kohls”:

»Dass die Deutschen die moralische Pflichtniemals abstreifen dürfen, politische Verant-wortung für das jüdische Volk zu tragen.«

Immer wieder hat Kohl in seinen öffentlichenVerlautbarungen betont, den Deutschen sei we-gen Auschwitz „ein Kainsmal eingebrannt”, sieseien „mit dem Stigma des Holocausts behaf-tet”. Er proklamierte:

»Die Deutschen wurden individuell schuldig,aber sie sühnen kollektiv.«

Keinem einzigen Angehörigen seiner Nation ge-währt er Gnade vor Kollektivsühne bzw. -haf-tung, denn, so Kohl:

»Deutsche haften in ihrer Gesamtheit für dasUnrecht.«

Man darf annehmen, dass auch Multipreisträ-ger Helmut Kohl eine Vorstellung davon hat,was Adenauer als „jroße Macht” erschien. Ister doch bekennender politischer Enkel und Erbedes „Alten”. Jedenfalls warnte Kohl im Som-mer 1998, als es um die Kritik am geplantengewaltigen Holocaust-Denkmal in Berlin ging,

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„Enges Netz entwickelt" 15

in einem Fernsehinterview in auffälliger Weisevor einschneidenden Folgen eines Verzichts aufdas Monument:

» Was dann auf uns zukommt in der ame-rikanischen Ostküste und anderem Zusam-menhang, kann ich nur sagen, würde dannein schwerer Schaden für unser Land sein.«

Laut „Frankfurter Allgemeiner Zeitung” des 17.September 1998 äußerte Kohl zum selben The-ma:

» Wir würden weltweit verflucht werden,würden wir den Bau der Holocaust-Gedenk-stätte verweigern.«

Der deutsch-jüdische Autor Ivan Denes erläu-terte in seiner Publikation „Wer und was istdie ,Ostküste' des Dr. Helmut Kohl? JüdischeOrganisationen in den USA” (Berlin 2000):

»Der Kanzler meinte offenbar die an der Ost-küste der Vereinigten Staaten, besondersaber in New York beheimateten jüdischenOrganisationen, die sich hinter die Kam-pagne für das Berliner Mahnmal gestellthatten.«

Wie man Widerstände überwandVon den CDU/CSU-Politikern auf Hansens vor-hin zitierter Liste war nur Erik Blumenfeld(1915-1997) jüdisch, und zwar von Vaters Seite.Die substanzlose Behauptung von einer jüdi-schen Abstammung Kohls, der eigentlich Kohnheiße, ist von dem Satiriker hebräischer Her-kunft Jakov Lind (recte: Jakob Landwirth) indie Welt gesetzt worden; im selben Buch vonihm, „Der Erfinder” (1988), wird auch der „wah-re Name” von Mao Tse-tung geoutet: MosheZung. Womit alles klar sein dürfte.Blumenfeld aber, der abstammungsbedingtnicht in der Wehrmacht hatte dienen dürfenund die Kriegszeit in den KZ Buchenwald undAuschwitz überdauert hatte, war ab den 50er-Jahren der einflussreichste CDU-Politiker inHamburg; auch wirkte er als Bundestagsabge -

ordneter und als Europa-Parlamentarier. 1965fädelte er die Aufnahme diplomatischer Bezie-hungen zwischen der Bundesrepublik Deutsch-land und Israel ein. Von 1977 bis 1991 fungier-te er als Präsident der Deutsch-IsraelischenGesellschaft.

Von den CDU-Politikern auf Hansens Positiv-Lis-te kam Franz Böhm (1895-1977) eine besondereSchlüsselrolle als einem der eifrigsten Israel-Lobbyisten in der jungen Bundesrepublik zu.1953 bis 1965 CDU-MdB, war Böhm, übrigensauch Eidam von Ricarda Huch, an allen Ver-handlungen über Wiedergutmachungsvereinba-rungen zentral beteiligt, stets zu weitgehendemEntgegenkommen bereit. Gegen innerpartei-liche Kritiker am Milliardentransfer befleißigteer sich des rüden politischen Bodychecks. DieZionistische Internationale zeichnete ihn mitdem Stephen S. Wise-Preis aus (benannt nachdem bedeutenden amerikanischen Judenfüh-

Erik Blumenfeld

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16 Erster Abschnitt

rer), der Zentralrat der Juden in Deutschlandmit dem Leo-Baeck-Preis.Der bundesrepublikanisch-israelische Botschaf-teraustausch von 1965 stieß insbesondere inradikalzionistischen Kreisen auf Widerstand(„Keine Beziehungen zum Land der Mördern.Der bereits erwähnte Dov Schilanski, nachmals— ab 1988 — Präsident der Knesset, des Par-lamentes in Jerusalem, wollte sogar aus Pro-test das israelische Außenministerium in dieLuft jagen, weshalb ihn Ben-Gurion für einigeZeit wegsperren ließ. Kanzler Ludwig Erhard,wirtschaftspolitisch bekanntlich ein Genie, an-sonsten nur so Iala, zeigte sich auch in dieserFrage als Kunktator, während sein christdemo-kratischer Außenminister Gerhard Schröder Be-denken geltend machte. Richtigerweise sagteer als Reaktion der Araber den Abbruch der di-plomatischen Beziehungen zur Bundesrepublikvoraus und dass sie die DDR anerkennen wür-den — mit ernsten Folgen für den deutschen Al-leinvertretungsanspruch Bonns.Allerdings bekam Schröder dann doch rechtbald weiche Knie und stimmte dem Botschaf-teraustausch mit Israel schließlich zu. Auch vor-her, noch als Leiter des Innenressorts in derBonner Regierung, hatte er wohl AdenauersHinweis auf die „jroße Macht” im Ohr. In sei-nem 1976 in Reinbek erschienenen Buch „Israelmuss umdenken. Die Lage der Juden” berichtetder langjährige Zionistenpräsident NahumGoldmann:

»Es gab in Frankfurt eine Zeit, in der eineReihe von Juden sehr unangenehme Ge-schäfte machte. Nachtclubs usw. Und dieRegierung wagte nicht, etwas dagegen zutun. Ich sprach damals mit Schröder, als erInnenminister in der Adenauer-Regierungwar, sehr lange darüber. Und er sagte mir:„Was sollen wir tun?” Ich antwortete: „Wei-sen Sie sie aus! Es sind Schädlinge, weisenSie sie aus!” Er: „Ja, aber man wird schrei-en: Antisemitismus in Deutschland.” Ich

schlug vor: „Ich schreibe Ihnen einen Brief,wenn Sie es tun wollen, als Präsident desJüdischen Weltkongresses, dass ich das an-geregt habe. Schieben Sie die Schuld aufmich!” Er hat's nicht getan. Nicht gewagt,es zu tun.«

„Der von vornherein positive Beitrag der Sozial-demokraten” zum besagten „intensiven Netz”dürfe „nicht unterschätzt” werden, fuhr NielsHansen in seinem „Israel Nachrichten"-Artikelfort. Zahlreiche sozialdemokratische Politikerhätten ein „starkes Engagement für Israel unterBeweis gestellt”. Zu erwähnen seien beispiels-weise:

Jakob Altmaier,Willy Brandt,Fritz Erler,Erich 011enhauer,Johannes Rau,Annemarie Renger,Carlo Schmid,Kurt Schumacher,

Jakob Altmaier

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„Enges Netz entwickelt” 17

- Herbert Wehner,- Heinz Westphal.

Altmaier (1889-1963) war herkunftsjüdisch. Ausder Emigration vor Hitler zurück, zog er 1949für die SPD in den Bundestag ein, dem er bis1963 angehörte. Wesentlich trug er dazu bei,die Zustimmung der in Bonn oppositionellenSozialdemokraten zu Adenauers Vereinbarun-gen mit Israel und der jüdischen Claims Confe-rence zu erreichen und damit den Wiedergut-machungskomplex ziemlich geräuschlos überdie Bühne zu bringen. Im „Neuen Lexikon desJudentums” erscheint Altmaier denn auch als

»einer der wichtigsten Vermittler erster Kon-takte zwischen der BR Deutschland und derRegierung Israels, Wegbereiter des Luxem-burger Abkommens von 1952 zwischen derBR Deutschland und Israel«.

Die Rechte — Deutsche Partei (DP), DeutscheReichspartei (DRP), Sozialistische Reichspartei(SRP) — weit überwiegend und die Kommunis-ten insgesamt ließen sich von ihrem Nein aller-dings nicht abbringen. Und bei einer Umfragedes Meinungsforschungsinstituts Allensbach imSommer 1952 („Soll Deutschland an Israel dreiMilliarden an Waren als Wiedergutmachungzahlen?") kam heraus, dass nur 11 Prozent derBevölkerung voll zustimmten, 24 Prozent einhalbseidenes Ja äußerten und relativ die meis-ten, 44 Prozent, die Vereinbarung rundherausablehnten. Fast ein Viertel hatte keine Meinungbzw. zog es vor, den Mund zu halten. Die Ab-stimmung in der Volksvertretung freilich er-brachte ein radikal anderes Ergebnis als dasMeinungsbild im Volk: 239 Ja-Stimmen (ge-schlossen dafür: die SPD-Fraktion), nur 35 Nein(geschlossen dagegen: die KPD-Fraktion), 86Enthaltungen. 42 Abgeordnete hatten sich ander Abstimmung nicht beteiligt, die Hälfte da-von fehlte unentschuldigt.

Die Zeremonie von Luxemburg

Als fundamental stellt Niels Hansen die Erklä-rung Konrad Adenauers vor dem Bundestag am27. September 1951 dar, die da lautete:

»Im Namen des deutschen Volkes sind un-sagbare Verbrechen begangen worden, diezur moralischen und materiellen Wiedergut-machung verpflichten.«

Wobei der erste Nachkriegskanzler — sehr imGegensatz zur späteren Kollektivbezichtigungder Deutschen durch etablierte Politiker inBonn bzw. Berlin — allerdings gleichzeitig be-tonte:

»Das deutsche Volk hat in seiner überwie-genden Mehrheit die an den Juden began-genen Verbrechen verabscheut und sich anihnen nicht beteiligt.«

Das „Neue Lexikon des Judentums” berichtetüber die Anfangsphase der Wiedergutma-chungsverhandlungen:

»Bundeskanzler Adenauer hatte sich in Vor-gesprächen geweigert, von „Kollektivschuld”zu reden.«

Die „erste wesentliche Etappe des dornigenWeges” sei, so Hansen weiter in den „IsraelNachrichten” des 3. Dezember 1999, das be-sagte Luxemburger Abkommen vom 10. Sep-tember 1952 gewesen (so genannt, weil imRathaus von Luxemburg unterzeichnet), wel-ches vom Bundestag sieben Monate später ra-tifiziert wurde. Durch diesen Vertrag nämlich

»leistete die Bundesrepublik dem Staat Isra-el drei Milliarden D-Mark Globalentschädi-gung — neben der Erstattung der britischenErdölrechnung mittels Warenlieferungenüber einen Zeitraum von zwölf Jahren ...Gleichzeitig wurde mit der gesamtjüdischenInteressenvertretung für Entschädigungen,der Claims Conference, eine Globalzahlungvon 450 Millionen D-Mark für „herrenlosesVermögen” vereinbart, die ebenfalls nach Is-rael gingen.«

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18 Erster Abschnitt

Darüber hinaus seien mit der Claims Confe-rence Abmachungen hinsichtlich individuellerEntschädigungsgesetzgebung getroffen worden(von Belang sind hierbei insbesondere das Bun-desentschädigungsgesetz vom 1. Oktober 1953und das Bundesrückerstattungsgesetz vom 19.Juli 1957). Diese habe man „bis in die jüngsteZeit mehrfach verbessert sowie ergänzt”. 40Prozent der Geldempfänger seien Israelis ge-wesen.

Widerstand im Bonner Kabinett Adenauer nichtetwa grundsätzlich gegen die Wiedergutma-chung, so doch gegen die Art der Vereinbarun-gen leistete Bundesfinanzminister Fritz Schäffer(CSU). Er plädierte vergebens für eine abschlie-ßende Regelung, um die Sache sozusagen vomTisch zu bekommen. Andernfalls, so prophezei-te er, werde es immer wieder Nachforderungengeben, der Komplex zum Fass ohne Boden wer -

Israels Abgesandte un-terzeichnen das Lu-xemburger Abkommen.Mitte: Abba Eban, da-mals Chef der JewishAgency und Diplomat,nachmals Außenmini-ster.

den. Womit er, wie die Jahrzehnte seither ge-zeigt haben, nicht ganz falsch lag.

Immerhin erreichte die Bundesregierung damalsnoch ein wenig Gegenleistung von Israel (sol-che auch nur andeutungsweise zu fordern, kamspäteren Bonner oder Berliner Staatsmännernnicht mehr über die Lippen, wohl auch kaumnoch in den Sinn): Der jüdische Staat verpflich-tete sich, einige deutsche Vermögenswerte zu-rückzuerstatten bzw. zu entschädigen. So wur-den der Brüdergemeinschaft der Templer — seitEnde des 19. Jahrhunderts in Palästina siedeln-de deutsche evangelische Christen, die imKrieg deportiert und nach 1945 vertrieben wor-den waren — 54 Millionen DM für zurückgelas-sene Häuser und Grundstücke zugesagt sowieder katholischen Erzdiözese Köln 0,5 Millionenzur Reparatur der durch Militäreinsatz entstan-

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denen Schäden am Kloster Mariä Heimgangauf dem Jerusalemer Zionsberg genehmigt.

Real flossen 212 MilliardenNiels Hansen schreibt über den Umfang derbundesrepublikanischen Wiedergutmachungs-leistungen, welche bekanntlich andauern unddurch immer neue Vereinbarungen ausgeweitetwerden:

»Bis 1998 sind insgesamt rund 102 Milliar-den DM entrichtet worden, hochgerechnetauf die jetzige Kaufkraft ca. 212 MilliardenDM.«

Dieses sei, fährt der deutsche Diplomat außerDiensten fort, zwar eine „namhafte Summe”,doch:

»Die Behauptung, die „Wiedergutmachung”sei umfassend und besonders großzügig aus-gefallen, ist falsch.«

Es sei erforderlich, noch viel mehr an einennoch größeren Personenkreis zu entrichten,

»um Entschädigungslücken zu schließen«.Um rund 180 Grad entgegengesetzt hat derlangjährige Vorsitzende der zionistischen Welt-bewegung und Präsident des Jüdischen Welt-kongresses Dr. Nahum Goldmann diesen Sach-verhalt dargestellt. Er war führend ansämtlichen seinerzeitigen Verhandlungen überdie Wiedergutmachungsvereinbarungen betei-li gt gewesen und der eigentliche Schöpfer desZahlungssystems. In seinem Buch von 1979„ Mein Leben als deutscher Jude” schrieb er:

»Es war ein Glück, dass weder die Bundes-republik noch die jüdischen Unterhändler amAnfang der Verhandlungen eine Ahnung hat-ten, wie hoch die Beträge sich belaufen wür-den. Hätten wir damals gewusst, um welcheSummen es sich handeln würde, hätten wires nicht gewagt, unsere Forderungen zu stel-len ... In Wirklichkeit zahlte Deutschlandzwölf- bis vierzehn Mal mehr, als wir damalserrechnet haben. Man kann also den Deut-

schen nicht vorwerfen, kleinlich gewesen zusein

Die Zahlenangaben Dr. Hansens sind mit einervorangegangenen Verlautbarung des Bundes-außenministers Klaus Kinkel vereinbar. Der hat-te, sinnigerweise am B. Mai 1996, dem Jahres-tag der deutschen Kapitulation, vor demAmerican Jewish Committee in WashingtonRechenschaft über die deutsche Wiedergutma-chung abgelegt. Nachdem er betont hatte, dass„alle Deutschen” die Verantwortung für HitlersVerbrechen trügen, führte er gemäß Bulletinder Bundesregierung Nr.38/96 vom 13. Mai1996 vor dem US-jüdischen Komitee aus:

» Wir wissen, dass es für das, was den Op-fern des Holocaust zugefügt wurde, keineWiedergutmachung geben kann. Aber wirbekennen uns zu der Pflicht, die Leiden derOpfer zu mildern. Bis Ende 1995 hat die Bun-desrepublik Deutschland dafür 97 MilliardenDM zur Verfügung gestellt. Bis zum Jahr2030 wird dieser Betrag auf knapp 124 Milli-arden DM ansteigen.«

In der Dokumentation 3/99 des Bundesministe-riums der Finanzen vom März 1999 war dieWiedergutmachungsleistung der deutschen öf-fentlichen Hand auf 103,8 Milliarden Mark be-ziffert worden, wie dies zuvor auch schon Bun-destagspräsident Wolfgang Thierse in seinerAuskunft vom 2. Dezember 1998 an die „Blätterfür deutsche und internationale Politik” (dortwiedergegeben im Jahrgang 1999, Seite 125)getan hatte. Thierse kam auf 212 Milliarden,wenn man auf aktuelle Preisverhältnisse um-rechne. Diese Angabe ist von Hansen für sei-nen oben zitierten Beitrag in den „Israel Nach-richten” offenbar übernommen worden.

„Eine wahre Erlösung

Über den Umfang der Wiedergutmachungs-begehren hieß es am 17. Februar 1999 in derTageszeitung „Die Welt”:

,.

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20 Erster Abschnitt

»Allein bis Ende 1987 wurden knapp 4,4 Mil-li onen Anträge auf Entschädigung gestellt.«

Das bezog sich auf Ersuchen (oft mehrere An-träge pro Person) nach dem Bundesentschädi-gungsgesetz. Hinzuzurechnen sind rund eineDreiviertelmillion Ansuchen nach dem Bundes-rückerstattungsgesetz (siehe hierzu die Wieder-gutmachungsuntersuchung des Historikers Dr.Alfred Schickel, veröffentlicht 1982 von derZeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingol-stadt).Am 12. Mai 1985 hatte der „Tagesspiegel”Zahlen für Berlin publik gemacht. Demzufolgewaren bis dahin 660 000 Anträge von BerlinerNS-Geschädigten eingegangen und für sie 12,5Milliarden Mark gezahlt worden. Die meistenBezieher von Wiedergutmachungsrenten lebten,so wurde der zuständige Senatsrat Schuck zi-tiert, in Israel. Bei dieser Gelegenheit wies derleitende Beamte den Vorwurf zurück, die Be-hörden würden sich gegenüber jüdischen An-spruchstellern zu oft abweisend verhalten. DasGegenteil sei der Fall und darüber hinaus zuberücksichtigen, dass das Anfechten eines ab-gelehnten Bescheides „nahezu risikolos” sei,da auch bei negativem Ausgang keine Gerichts-kosten für den Kläger entstünden.Der abermaligen Ausweitung der Wiedergut-machung Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jah-re folgte eine neue Antragsflut. So wurde am15. Juli 1994 in den „Israel-Nachrichten” auseinem jüngsten Report der für die Eintreibungder Gelder bei den Deutschen zuständigen Je-wish Claims Conference zitiert:

»Seit der Wiedervereinigung Deutschlandsim Jahre 1990 haben etwa 160 000 Holo-caust-Überlebende, die noch keine Entschä-digung erhalten hatten, eine solche gefor-dert. 56 000 Eingaben sind schon geregelt... 60 Prozent der Antragsteller sind jetzt inIsrael wohnhaft, während der Rest in denUSA oder anderen Ländern des Westenslebt.«

Die Israelin Prof. Dr. Nana Sagi berichtet in ih-rem Wiedergutmachungsbuch über die Auswir-kungen des großen „Netz"-Erfolges in den50er-Jahren:

»Für den Staat Israel waren die Reparations-zahlungen eine wahre Erlösung aus einerschwierigen Wirtschaftslage ... Damalslehnte England es ab, Israel eine Anleihe zugeben, so dass es nicht einmal mehr seinRohöl bezahlen konnte, und deshalb schicktees sich an, seine Gläubiger in New York umein teilweises Moratorium zu bitten. Die dro-hend bevorstehende Wirtschaftskrise wurdegerade noch durch die Reparationszahlungenverhütet, die Israel halfen, seine Wirtschaftauf ein solides Fundament zu stellen. Ihr Ein-fluss war in jedem Bereich spürbar. Industrieund Landwirtschaft wurden gewaltig erwei-tert und Kommunikationseinrichtungen ent-wickelt: die Handelsflotte, ein Trockendock,Kraftwerke, Eisenbahnen und ein Telefon-netz.«

Die deutschen Reparationen hätten, so fährtdie israelische Professorin fort, die Wirtschafts-entwicklung des nahöstlichen jüdischen Staatesmit einer Kraft und in einem Umfang beschleu-nigt,

»die ohne sie unmöglich gewesen wären«.Zionistenführer Dr. Nahum Goldmann in seinemBuch von 1978 „Das jüdische Paradox”:

»Ohne die deutschen Wiedergutmachungs-leistungen, die in den ersten zehn Jahrennach der Gründung Israels einsetzten, besä-ße der Staat kaum über die Hälfte seinerheutigen Infrastruktur: alle Züge, alle Schif-fe, alle Elektrizitätswerke sowie ein Großteilder Industrie sind deutschen Ursprungs, ganzzu schweigen von den individuellen Renten,die an die Überlebenden gezahlt werden ...In manchen Jahren überschritten die vonDeutschland an Israel bezahlten Summen dievom internationalen Judentum gespendeten

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„Enges Netz entwickelt” 21

Beträge — mitunter um das Zwei- bis Dreifa-che.«

Über die vielfältigen materiellen Vorteile für Is-rael aus den deutschen Zahlungen berichtetauch Günter König in seiner aufschlussreichenArbeit „Wiedergutmachung und Modernisie-rung. Der Beitrag des Luxemburger Abkommensvon 1952 zur wirtschaftlichen Entwicklung in Is-rael” („Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirt-schaftsgeschichte" Nr. 75, 1988).

Immer zwei Loyalitäten?In der Ausgabe der „Israel Nachrichten” vom17. Dezember 1999 wurde das Hansen'scheTraktat über „das Netz” fortgesetzt. In den60er-Jahren, schrieb er nun, hätten sich „dieVerbindungen in mehreren Bereichen intensi-viert” und sei „das bilaterale Beziehungs-geflecht weiter verdichtet” worden,

»wobei vor allem die Rüstungskooperation,die beginnende wissenschaftliche Partner-schaft und die Gewährung zinsgünstiger Dar-lehen („Aktion Geschäftsfreund") zu nennensind«.

Zur Unternehmung mit dem Decknamen „AktionGeschäftsfreund” teilte der jüdische Zeit-geschichtler Prof. Michael Wolffsohn im „Spe-zial” Nr. 2/1992 des Nachrichtenmagazins „DerSpiegel” mit (weiterführend: Wolffsohn, „Dasdeutsch-israelische Wiedergutmachungsabkom-men von 1952 im internationalen Zusammen-hang”, in: „Vierteljahrshefte für Zeitgeschich-te”, Nr. 36/1988):

»Seit 1965 hat Israel von Deutschland knappvier Milliarden Mark an außerordentlichgünstigen, unter dem Marktniveau liegendenDarlehen bekommen, pro Jahr 140 MillionenMark. Laufzeit der Darlehen: 30 Jahre. Zins:zwei Prozent. Zehn Freijahre. Ein Traum fürjeden Häuslebauer.«

Die „Rüstungskooperation”, liest man bei Han-sen, sei von den Verteidigungsministern Franz

Josef Strauß (Bundesrepublik) und Schimon Pe-res (Israel) „streng geheim angelegt” worden.Bonn habe sich überdies in internationalen Gre-mien

»von allen Mitgliedern durch die Bank amgünstigsten für Israel verhalten, sich zudembei der EG mit besonderem Nachdruck er-folgreich für die israelischen Wirtschaftsinte-ressen eingesetzt«.

Zu den Komplexen „Rüstungskooperation” und„Europa” nachher mehr im vorliegenden Buch.Hansen misst der jüdischen Gemeinschaft inBundesdeutschland eine wichtige Bedeutungbeim Knüpfen und Verstärken „des Netzes” bei:

»Die in der Bundesrepublik lebenden Judensetzen sich seit jeher für enge deutsch-israe-lische Beziehungen ein. Auf dem steinigenWeg zum Luxemburger Abkommen hat, umnur ein Beispiel zu nennen, der Bundestags-abgeordnete Jakob Altmaier eine sehr posi-tive Rolle gespielt.«

Zum Erfassen des Beweggrundes mancher derfür israelische Belange besonders engagiertenjüdisch-bundesrepublikanischen Politiker wieetwa der bereits vorgestellten MdB Blumenfeld(CDU) und Altmaier (SPD) könnte belangreichsein, was Marian Offman gemäß Zentralrats-blatt „Allgemeine Jüdische” vom 18. März1999 bei einer von Edna Brocke geleiteten jüdi-schen Podiumsdiskussion in der Essener AltenSynagoge äußerte:

»Juden folgten immer zwei verschiedenenLoyalitäten, einmal der Loyalität des Landes,in dem sie leben und dann der Loyalität demVolk Israel gegenüber ... Ich habe ganz klarin der CSU erklärt, dass für mich Israel dasgeistige Zentrum meiner Religion ist unddass ich überhaupt kein Problem habe, zusagen, Bayern ist meine Heimat, ich bin inMünchen geboren. Aber meine geistige Hei-mat ist auch Israel ... Und ich sehe auchkeinen Mangel an Loyalität diesem Land ge-genüber und ich glaube auch, dass Israel

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22 Erster Abschnitt

MdR Ludwig Frank starb den Tod fürs Vaterland.

diese Loyalität erwarten kann ... Ich sehemich nicht in der CSU als Alibijude, sondernals jemand, der dort gezielt jüdische Interes-sen vertritt.«

Bei der Essener Synagogen-Veranstaltung stell-te Hans Jakob Ginsburg die Behauptung auf:

»Ich kenne keinen Juden in Deutschland, dernicht wahnsinnig an Israel hängt.«

Wobei, es ist gerade in diesem Zusammenhangunmissverständlich zu betonen, die Geschichtevoll von Beispielen unzweideutiger Loyalitätdeutscher Juden für ihr Vaterland ist. Man den-ke etwa an den hohen Blutzoll deutschjüdischerFrontkämpfer des Ersten Weltkrieges, unter de-nen der Name des 1917 gefallenen Jagdflie-gers und Pour-le-Merite-Trägers Wilhelm Franklganz besonders leuchtet. Zwei Reichstagsabge-ordnete fielen als deutsche Frontsoldaten imErsten Weltkrieg: Der nichtjüdische Hans vonMendig (Deutsch-Hannoversche Partei) und Dr.

Ludwig Frank (Sozialdemokrat), der Sohn einesjüdischen Kaufmanns war.Marian Offman ist Pressesprecher der CSU inMünchen und Mitglied des Finanz- und Pla-nungsausschusses des dortigen Stadtrates. So-zialdemokrat Hans Jakob Ginsburg wirkt als„außenpolitischer Sonderkorrespondent” der„Wirtschaftswoche” und ist Mitverfasser des1999 erschienenen Buches „Status Quo? 50Jahre Staat Israel”.Edna Brocke aus Jerusalem, Jahrgang 1943,bekleidet den Posten einer Leiterin der Gedenk-stätte Alte Synagoge Essen, figuriert als Mit-herausgeberin des Blattes „Kirche und Israel”und hat einen Lehrauftrag an der Ruhr Univer-sität Bochum. Darüber hinaus ist sie hervor-getreten als eine Wortführerin sowohl der „Ar-beitsgemeinschaft Juden und Christen” desDeutschen Evangelischen Kirchentages alsauch des „Gesprächskreises Juden und Chris-ten” beim Zentralkomitee der deutschen Katho-li ken. 2002 erhielt sie die „Buber-Rosenzweig-Medaille” der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. In der Begründungder Verleihung des Ehrendoktorats der Evan-gelischen Theologischen Fakultät der BochumerUniversität an sie im September 1997 hatte esgeheißen:

»Edna Brocke kämpft gegen die Ignorierungder religiösen Tradition und setzt sich für jü-dische Identität ein — eine „säkulare Zionis-tin”. Sie hat wesentlich dazu beigetragen,Juden und Christen einander näherzubrin-gen.«

„A Jew's best friend”

Auch nach der Wiedervereinigung von 1990habe sich die Entwicklung des „bilateralen Be-ziehungsgeflechts” günstig gestaltet, fuhr Han-sen in den „Israel Nachrichten” des 17. Dezem-ber 1999 fort. Er erwähnte beispielsweise die„Aufstockung des deutschen Kapitalanteils der

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Solche Meldungensind in den „IsraelNachrichten ” nicht sel-ten. Oben: 16. April2000, unten: 23. Au-gust 1999.

.. Enaes Netz entwickelt" 23

Deutsch-Israelischen Stiftung für wissenschaft-liche Forschung und Entwicklung (GIF) auf 150Millionen D-Mark", weiter die „substanziellenLeistungen, u.a. U-Boote, im und nach demGolfkrieg” und — vor allem -, dass

»Kohl für Israel beim Europäischen Rat imDezember 1994 einen „privilegierten Status”im Verhältnis zur Europäischen Union er-reichte«.

Die Bedeutung dieser Maßnahme für IsraelsWirtschaft, Finanzen und außenpolitische Stel-lung kann kaum überschätzt werden. Am 30.November 1999 sagte Israels Botschafter inder Bundesrepublik a. D. Avi Primor vor demGoethe-Institut in Tel Aviv (zit. in den „IsraelNachrichten” vom 10. Dezember 1999):

»Deutschland hat den privilegierten StatusIsraels gegenüber der EU möglich gemachtund damit den Boden bereitet für ein zwei-tes außenpolitisches Standbein des jüdi-schen Staates neben den USA: die Veranke-rung in der Europäischen Union.«

Kohls Werk für Israel von 1994 war ein ent-scheidender Schritt auf dem Weg des west-asiatischen jüdischen Staates zur EU-Assoziati-

on im darauffolgenden Jahr und womöglichauch zu einer künftigen EU-Vollmitgliedschaft,die von führenden Israelis angestrebt wird.Vor allem belebte die EU-Privilegierung den is-raelischen Außenhandel erheblich. IsraelsHauptexportgüter sind Kriegswaffen und Mili-tärgerät (pro Kopf der Bevölkerung gerechnet,ist es der größte Waffenexporteur der Welt),womit allerdings in erster Linie die Dritte Weltbeliefert wird. In der EU setzt Israel primär Dia-manten ab. Im jüdischen Staat gibt es 500 Dia-mantenschleifereien. Damit ist das Land dasweltweit führende Zentrum der Branche, wasdas Zentralratsblatt „Allgemeine Jüdische” am11. Januar 1996 zur Schlagzeile bewegte:

»Diamonds are a Jew's best friend.«Weiter exportiert Israel gewaltige Mengen anSchnittblumen in die EU (die Jahresproduktionder israelischen Gartenindustrie beträgt rund1,6 Milliarden Stück) und bekanntlich Zitrus-früchte. Sie werden in derart starkem Maßeausgeführt, dass die „Allgemeine Jüdische” am10. August 1995 berichten musste:

»Inzwischen bleibt von der Zitrusernte kaumgenügend Ware für den heimischen Markt

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24 Erster Abschnitt

„Allgemeine Jüdi-sche”, 11. Januar1996

übrig. Das wirkt sich natürlich auf das Preis-niveau aus, was die israelischen Verbraucherbeim Einkauf zu spüren bekommen. Aus die-sem Grund wird Israel ab diesem Winter Zi-trusfrüchte aus Ägypten importieren.«

Neuerdings setzt man israelischerseits verstärktauf „High Tech”. Vor allem soll die mit massi-ver bundesdeutscher Unterstützung aufgebauteindustrielle Züchtung menschlicher Stammzel-len zum Exportschlager werden.Auch Kohls langjähriger freidemokratischer Au-ßenminister Klaus Kinkel (dessen Schwieger-sohn Israeli ist) erfährt Hansens Lob, weil ersich „für die guten Beziehungen engagiert” ha-be. Nicht minder klopft der Ex-Botschafter Kin-kels Amtsnachfolger Fischer auf die Schulter,welcher Israel „verbunden” sei. Überhaupt, soHansen,

»ziehen alle im Bundestag vertretenen Par-teien hier weiterhin an einem Strang«.

Was sich beispielsweise zeigte, als die SPDKohls Meisterleistung für Israel, die „privile-gierte Stellung zu Europa”, noch toppen wollte.Über „SPD-Chef Rudolf Scharping zu Besuch inIsrael” berichtete die „Allgemeine Jüdische”am 2. November 1995:

»In einer Rede vor dem israelischen Rat fürAußenpolitik betonte Scharping, auch 50Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegessei ein Besuch aus dem Land der Täter imLand der Opfer nicht leicht. Vor dem Hinter-grund der schmerzhaften Geschichte, dieDeutsche und Israelis verbinde, fühlten Deut-sche eine besondere Verantwortung für dieEntwicklungen im Nahen Osten.«

Dann endlich ließ Scharping die Katze aus demSack. „Allgemeine Jüdische”:

»Bei ihrer Politik im Nahen Osten müsstendie EU und Deutschland sicherstellen, dassIsrael ein bevorzugter Partner bleibe, betonteder SPD-Vorsitzende. Es sei wichtig, dassdie israelische Volkswirtschaft gedeihe; des-halb wünsche die SPD einen großzügigenZugang für israelische Erzeugnisse zum euro-päischen Markt. Die neuen Vereinbarungenzwischen der EU und Israel über eine Assozi-ierung Israels an die Union und die wissen-schaftlich-technische Kooperation bewiesenden europäischen Willen, Israel eine beson-dere Stellung einzuräumen. Allerdings befür-worte die SPD einen weiteren, über dieseVereinbarungen hinausgehenden Ausbau dereuropäisch-israelischen Zusammenarbeit.«

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„Enges Netz entwickelt” 25

Später, als Bundesverteidigungsminister, erhieltScharping aus den Händen von Abraham Fox-man, Chef der US-zionistischen Anti-Defamati-on League (ein Arm der jüdischen Logenverbin-dung B'nai B'rith), den Orden „HervorragenderStaatsmann” („Distinguished Statesman").

Diplomat a. D. Hansen stellte abschließend inden „Israel Nachrichten” vom 17. Dezember1999 fest:

»Das 1998 begangene fünfzigjährige Staats-jubiläum Israels bot Anlass zu etwa tausendVeranstaltungen aller Art in Deutschland,wie sie weltweit einmalig waren und wiesie die Besonderheit des Verhältnisses bele-gen.«

Als Ben-Gurion über dieFeuerleiter schlich

Am 24. April 2002 wurde in der Berliner Aka-demie der für Israel kräftig engagierten Konrad-Adenauer-Stiftung Niels Hansens voluminösesBuch

»Aus dem Schatten der Katastrophe. Diedeutsch-israelischen Beziehungen in der ÄraKonrad Adenauer und David Ben-Gurion«

öffentlich vorgestellt. Es handelt sich in gewis-ser Weise um eine Variante der dreibändigenDokumentensammlung „Der deutsch-israelischeDialog” von Rolf Vogel aus dem Jahr 1988 —zwar aus anderer Perspektive, doch ebensostreng der etablierten Linie treu wie Vogels Fo-li anten.Der überdurchschnittlich pro-israelische CDU-Ministerpräsident Bernhard Vogel, auch Ade-nauerstiftungschef, und der israelische Gesand-te Mordechai Levy traten bei der BerlinerPremiere als Werber für Hansens Wälzer in Er-scheinung.Den Prolog zum Buch steuerte Israels alterFuchs und elder statesman Schimon Peres bei,welcher weiland mit Hilfe von CSU-Strauß die

ersten massiven bundesdeutschen Waffenliefe-rungen an den nahöstlichen jüdischen Staat ge-managt hatte. Man drehte das Ding an Bundes-tag, Grundgesetz und vermutlich auch andeutschem Strafrecht vorbei. Gerichtlich nach-geprüft werden durfte dies alles freilich nicht,und auch das Bonner Parlament drückte sämtli-che Augen zu. In einer größeren Betrachtungüber die deutschen Waffenlieferungen an Israelschrieb die „Frankfurter Allgemeine” am 12.Dezember 2002:

»Aus Deutschland kam Hilfe auch später vorallem dann schnell und teilweise unter Um-gehung geltenden Rechts, wenn Israel in be-sonders großer Not war, beispielsweise imSechs-Tage-Krieg 1967, im Yom-Kippur-Krieg1973 oder im Golfkrieg 1991.«

Als besonders bemerkenswerte Neuigkeit trittin dem für die Begründer des „Netzes” überdie Maßen apologetischen Hansen-Buch zu Ta-

Das Hansen-Buch

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ge, dass die Westalliierten, insbesondere dieUSA, nicht nur nicht auf Wiedergutmachungs-leistungen der Deutschen an Israel drängten,sondern sich sogar gegen solche sperrten. Manhatte Interesse an einem erstarkenden West-deutschland zur Eindämmung des Sowjetimpe-riums. Überdies stand 1951/52 die LondonerSchuldenkonferenz an, bei der Staaten desWestens ihrerseits von den Deutschen mög-lichst viel an Reparationsgeldern, teils nochaufgrund des Versailler Siegerdiktates von1919, herausschlagen wollten. Dem deutschenDelegationsführer, dem Bankier und Wirt-schaftsmanager Hermann Josef Abs, der vonseinem Verhandlungsgeschick her durchausJude hätte sein können, aber keiner war, ge-lang es bei besagter Schuldenkonferenz, dieWestalliierten von 25 Milliarden Mark auf 14Milliarden an Forderungen herunterzudrücken.

Trifft die Hansen'sche Darstellung vom west-li chen Widerstand gegen bundesdeutsche Wie-dergutmachungsvereinbarungen mit jüdisch-zio-nistischen Anspruchstellern zu, mutet es um sobeachtlicher an, wie die Israel-Lobby seinerzeitden Beginn der doch insgesamt gewaltigenbundesrepublikanischen Entschädigungsleistun-gen durchzusetzen vermochte.

Den Auftakt bildete, Hansens Buch zufolge, einstrikt geheimes Pariser Treffen Adenauers mitdem Generaldirektor des israelischen Finanz-ministeriums David Horowicz im April 1951. Vordem reichlich publik gemachten, berühmt ge-wordenen Meeting Adenauers und Ben-Gurionsin New York 1960 habe es dann noch mehrerecamouflierte Zusammenkünfte der beiden „Al-ten” gegeben. Wobei der israelische Regie-rungschef auch schon mal über eine Feuerleiterin den zweiten Stock des New Yorker Nobelho-tels Waldorf-Astoria geklettert sei, um — topsecret — „gemeinsame Rüstungsaktionen” mitdem deutschen Kanzler zu vereinbaren. Etwa,dass in Israel Uniformen für die Bundeswehrgeschneidert wurden, während „im Gegenzug”Panzer sowie weiteres schweres Kriegsgerätaus Bundesdeutschland in den nahöstlichen Ju-denstaat rollten. (Eine gewöhnungsbedürftigeInterpretation des sowohl kauf- wie auchstaatsmännischen Prinzips eines ausgewoge-nen Do-ut-des).

„Am stärksten von allen im Auge”

Am 25. April 2003 druckten wiederum die „Isra-el Nachrichten” Niels Hansens Rede zum 50.

Werbung für HansensBuch

Handel für DevisenHansen legt offen, dass selbst die USAZahlungen an Israel nicht gut hießen.Man befürchtete, dass U S-Gelder ausdem Marshall-Plan nicht nachDeutschland, sondern über einenUmweg nach Israel fließen würden.Dennoch seien geheimeTransferzahlungen undRüstungsexporte zwischen Israel und

Deutschland getätigt worden, da beide Staaten ausExistenzgründen Devisen bitter nötig gehabt hätten. Hansengibt hier pikantes Insiderwissen preis. Etwa dass Israeldeutsche Uniformen fertigte und Deutschland im Austauschschwere Waffen und Panzer lieferte.

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Jahrestag der Ratifizierung des Entschädi-gungsabkommens zwischen Israel und der Bun-desrepublik (18. März 1953) ab, die er im Jeru-salemer Konrad-Adenauer-Zentrum gehaltenhatte.

»Bei der Nahostpolitik hat die Bundesrepu-blik traditionell die israelischen Interessenam stärksten von allen im Auge ... Diesepro-israelische Politik gilt für den Bund, je-doch auch für die Länder und Gemeinden«,

betonte der ehemalige Botschafter.Hansen räumte freilich ein, dass die Verkün-dung eines eigenen „deutschen Weges” (durchSPD-Kanzler Gerhard Schröder aus Anlass derNichtbeteiligung der Bundesrepublik am Kriegder USA und Englands gegen den Irak) „enttäu-schend” gewesen sei. Es beruhige allerdings,so Hansen zu seinem israelischen Publikumüber das Thema Joseph „Joschka” Fischer,

»dass unser derzeitiger Außenminister immerwieder sein Engagement für Ihr Land bekun-det«.

Weiter im Jerusalemer Hansen-Text vom April2003:

»Es erscheint mir im Übrigen kein Zufall,dass sozialdemokratische Politiker aus demweltoffenen Hamburg wie Apel, Klose undLahnstein, bewährter Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und Vorsitzenderdes Chever Hane'emanim der UniversitätHaifa, gegen diese Berliner Politik (des„deutschen Wegs”, D.K.) Bedenken angemel-det haben. Weite Teile der CDU/CSU tundies seit langem, wobei ich auf den Besuchvon Frau Merkel in Washington und ihre un-missverständlichen Äußerungen bei Beginndes Krieges und auch später — übrigensdurchaus gegen den Strom der öffentlichenMeinung — verweise.«

Bei den genannten sozialdemokratischen „Be-denkenträgern” handelt es sich um den ehema-ligen Bundesverteidigungsminister Hans Apel,den einstigen Hamburger Ersten Bürgermeister

und Fraktionschef im Bundestag Hans-UlrichKlose und den Bundesfinanzminister außerDiensten Manfred Lahnstein. InsbesondereLahnstein, verehelicht mit einer für die SacheIsraels total entflammten Jüdin, ist im „Netz”involviert, beispielsweise als Chef der Deutsch-Israelischen Gesellschaft oder an der Spitzedes „Board of Governor” (= „Chever Hane'ema-nim”) der Universität Haifa.Hansen lobte in Jerusalem die Entscheidungdes deutschen Sicherheitskabinetts, Patriot-Ra-keten an Israel „zur Verteidigung gegen Atta-cken” zu liefern. Zur

»sicherheitspolitischen Kooperation in ihrenvielfältigen Ausprägungen, über die nahelie-genderweise nur selten gesprochen wird«,

führte der Referent weiter aus:»Nicht zufällig wurde der Inspekteur desHeeres, Generalleutnant Willmann, 2001 alserster Ausländer und zum ersten Mal fürnicht in Kampfhandlungen erworbene Ver-dienste vom israelischen Generalstabschefmit der „Ehrenvollen Erwähnung” aus-gezeichnet. In der Urkunde heißt es: „Die en-gen Beziehungen der beiden Armeen sindvon besonderer Bedeutung vor allem ange-sichts der Geschichte zwischen den beidenVölkern und im Lichte der unruhigen Zeitenfür Israel und seine Streitkräfte."«

Hier ist anzumerken, dass Helmut Willmann,bis März 2001 Heeresinspekteur der Bundes-wehr, sich bei Radikalbewältigern deutscherVergangenheit Liebkind machte, indem er inseinem „Wegweiser für die Traditionspflege”,Dezember 1999, die Wehrmacht zum „reinenAusführungsorgan für das nationalsozialistischeRegime” degradierte, welches „verbrecherischeBefehle kritiklos umgesetzt” habe.Niels Hansen listete bei seinem JerusalemerVortrag weitere bundesrepublikanische Aktiv-posten auf:

»Nach wie vor werden hebräische Bücher,jedenfalls schöngeistige, in keine andere

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Sprache so häufig übersetzt wie ins Deut-sche ... Was wäre unser Musikleben ohnedie israelischen Dirigenten und Instrumenta-listen ... Das Spendenaufkommen zugunstenisraelischer Bildungs- und Forschungsinstitu-tionen ist nicht zurückgegangen.«

Zum Abschluss seiner Ansprache widmete ersich der Entwicklung der Beziehungen Israelszur EU. Der privilegierte Status, den der jüdi-sche Staat in der Union dank des Engagementsvon Kanzler Kohl besitze, sei

»von zentraler Wichtigkeit, hat sich bishervor allem in der gleichberechtigten Mitwir-kung Israels an der wissenschaftlichen undtechnologischen Zusammenarbeit der Euro-päer ausgewirkt und tut es weiterhin«.

Solches gelte es fortzuentwickeln. Dafür unter-breitete der Ex-Botschafter „noch einen persön-li chen Vorschlag”:

»Wie wäre es, wenn die Europäische Union— in Ansehung der Katastrophe der Juden inganz Europa vor und im Zweiten Weltkrieg —Israel, günstigstenfalls sogar einmal zusam-men mit dem zu errichtenden Palästinenser-staat, eine über den „privilegierten Status”hinaus gehende umfassende Partnerschaftanböte? Wäre das nicht ein substanzieller,vielleicht entscheidender Beitrag zu einemdauerhaften Nahostfrieden in Sicherheit undWohlstand?«

Zum Hintergrund: 1975 wurde, mit bundesdeut-scher Schützenhilfe, ein Freihandelsabkommenzwischen Israel und der Europäischen Gemein-schaft geschlossen. Seit dem 20. November1995 ist Israel, nicht zuletzt dank Helmut Kohlsunermüdlichem Einsatz, assoziiertes Mitgliedder EU mit erheblichen zusätzlichen Vergüns-tigungen. Das betrifft nicht nur bessere Absatz-möglichkeiten für israelische Exportgüter, son-dern beispielsweise auch die Teilhabe anFördermitteln der EU-Kommission für Wissen-schaft und Forschung. Dazu hieß es in den „Is-rael Nachrichten” des 18. Juni 1999:

»Auf europäischer Ebene gibt es ein mitca.8 Milliarden Mark ausgestattetes For-schungsprogramm für die 16 Mitglieder derEU. Seit 1996 ist auch Israel als einzigesnichteuropäisches Land gleichberechtigtesMitglied des EU-Forschungsklubs.«

Führende politische Kreise und Medien Israelsstreben, wie schon erwähnt, eine Vollmitglied-schaft in der Europäischen Union an.

Die Fleischwerdung des Netzes

Was nun aber den bundesdeutschen Diploma-ten im Ruhestand Dr. Niels Hansen selbst be-trifft, drängt sich der Eindruck auf, dass er einePersonifikation des von ihm so ausführlich be-schriebenen „Beziehungsgeflechts” ist, dassalso in ihm selbst „das Netz” Gestalt annimmt.Der 1924 in Heidelberg geborene Sohn des be-kannten Allergologen Professor Dr. Karl Hansenund dessen aus der Schweiz stammender FrauMary geb. Sulzer, der in der Wehmacht diente,Recht studierte und zum Dr. jur. promovierte(einen Dr. h.c. hat ihm die Universität Tel Avivverliehen), 1952 in den Auswärtigen Dienst derBundesrepublik eintrat, 1978 Chef des Pla-nungsstabes des Auswärtigen Amtes wurde,dessen Tochter weit noch vor seiner Tätigkeitals Botschafter in Israel (1981-85) längere Zeitim Kibbutz Kfar Glickson lebte und der nachseiner Nahost-Tätigkeit als Vertreter der Bun-desrepublik bei der NATO in Brüssel sowie alsVizepräsident der Deutschen Atlantischen Ge-sellschaft und der Atlantic Treaty Organizationfungierte, war bzw. ist durch folgende Funktio-nen ins „Beziehungsgeflecht” integriert:— Präsident des größten israelischen Rotary-

Clubs (1984/85),Vorsitzender des Rotary-Ausschusses Israel-Deutschland (1990-96, seither Ehrenvorsit-zender),Mitglied des deutschen Direktoriums derJerusalem-Foundation,

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Präsident der Deutschen Gesellschaft derFreunde des israelischen Weizmann-Insti-tuts,Gründungsmitglied und Vizepräsident derGesellschaft zur Förderung sakraler jüdi-scher Musik,Vorstandsmitglied des Öffentlichen Ratesder jüdisch-jemenitischen Vereinigung zurFörderung von Gesellschaft und Kultur,Kurator der Buber-Rosenzweig-Stiftung derGesellschaften für Christlich-Jüdische Zu-sammenarbeit,Kurator der „Freunde von Neve Shalom/Wahat al-Salam”,Kurator der „Freunde und Förderer des LeoBaeck-Instituts”.

Das zuletzt genannte Institut trägt seinen Na-men nach dem berühmten zionistischen Rabbi-ner, langjährigen Führer der jüdischen Logen-vereinigung B'nai B'rith und — unter Hitler —Präsident der Reichsvertretung der Juden, Dr.Leo Baeck. Neben Niels Hansen gehören dembundesrepublikanischen Kuratorium diesesNetzwerkes mit Hauptknotenpunkten in Jerusa-lem, London und New York folgende Persön-li chkeiten an:

Professor Dr. Wolfgang Bergsdorf (Ministe-rialdirektor a. D.),Franz-Josef Bindert (Ministerialdirigent),Professor e. h. Ernst Cramer (Springer-Kon-zern),Horst Dahlhaus (Direktor der Bundeszentra-le für politische Bildung a. D.),Dr. Willehad P. Eckert (katholischer Theo-loge),Norbert Gansel (ehemaliger Oberbürgermei-ster von Kiel, von dem die Erkenntnisstammt, die Deutschen seien auch am heu-tigen Leid der Palästinenser schuld, denndiese seien „Opfer der weiter wirkendenUntaten, die Deutsche an Juden begangenhaben"),

Die Juden als „Augapfel Gottes”. Jad Vaschem-Widmung des Bundespräsidenten von Weizsä-cker, unterschrieben auch von dessen Frau, demEhepaar Genscher und Niels Hansen.

Wilhelm Haas (Botschafter a. D.; 1985-90Hansens Nachfolger in Israel),Dr. Josef Joffe (Mitherausgeber der „Zeit"),Hermann E. J. Kalinna (Oberkirchenrat imRuhestand),Dr. Angelika Köster-Loßak (grüne Bundes-tagsabgeordnete, Deutsch-Israelische Ge-sellschaft),Albrecht Krause (Ministerialdirigent a. D.),Prof. Dr. Werner Licharz (evangelischerTheologe),Prof. Dr. Ernst Gottfried Mahrenholz (Bun-desverfassungsrichter im Ruhestand),Michael Mertes („Rheinischer Merkur"),Dr. Knut Nevermann (Ministerialdirektor),Dr. h.c. Annemarie Renger (Bundestagsprä-sidentin a. D.),Dr. Waldemar Rotter (Ministerialdirigenta.D ),Prof. Dr. Reinhard Rürup (Leiter der NS-Ge-denkstelle „Topographie des Terrors” inBerlin),

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Prof. Dr. Julius H. Schoeps (Direktor desMoses-Mendelssohn-Zentrums Potsdam),Klaus Schütz (Regierender Bürgermeistervon Berlin a. D.; Hansens Vorgänger als Bot-schafter in Israel),Dr. Joachim Schulz-Hardt (Ministerialdirek-tor a. D.),Paul Spiegel (Präsident des Zentralrats derJuden in Deutschland),Prof. Dr. Hans Joachim Veen (Vorsitzenderder Stiftung Ettersberg/Weimar),Prof. Dr. Rudolf Vierhaus (Max-Planck-Insti-tut, Göttingen),Dr. Bernhard Vogel (Chef der Konrad-Ade-nauer-Stiftung, Ministerpräsident a. D.),Ruth Wagner (hessische Landtagsabgeord-nete, Ministerin a. D.),Dr. Walter Wallmann (Oberbürgermeistervon Frankfurt/Main und Ministerpräsidenta D.),

Dr. Leo Baeck

Prof. Dr. Werner Weidenfeld (Politikwissen-schaftler),Dr. Richard von Weizsäcker (Altbundesprä-sident),Dr. Ernst-Peter Wieckenberg (Literaturwis-senschaftler, Publizist).

Im Vorstand der „Freunde und Förderer desLeo-Baeck-Instituts e. V.”, dem eigentlichenFührungsgremium dieses Netzwerks in Deutsch-land, findet man

als Vorsitzenden Georg Heuberger (Direktordes Jüdischen Museums in Frankfurt amMain),als dessen Vize den Kunstgaleristen Tho-mas Cohn,als Ehrenvorsitzenden Arno Lustiger, der zu-gleich Präsident h. c. der Zionistischen Or-ganisation in Deutschland, ZOD, ist,als Beisitzer Alfred Rosenthal (er gehörtauch den Vorständen der Gesellschaft fürChristlich-Jüdische Zusammenarbeit undder Franz-Oppenheimer-Gesellschaft an),als weiteren Beisitzer den Arzt Dr. SchimonStaszewski, der in Vorträgen quer durch dieBundesrepublik die Stammzellenforschung„aus jüdischer Sicht” rechtfertigt (Israel istmit erheblichem Aufwand dabei, den groß-dimensionierten Export menschlicher Stamm-zellen zu betreiben, und hat vor allemDeutschland als Abnehmer im Visier).

„Neve Shalom/Wahat al-Salam” will nach ei-genem Bekunden mit seiner „Oase des Frie-dens”, einem kleinen gemischtnationalen Dorf,ein Beispiel für gedeihliches Zusammenlebenvon Juden und arabischen Palästinensern inIsrael geben. 2003 wurde Neve Shalom von ei-nem der entschlossensten Organe der Israel-Lobby der Bundesrepublik, der Deutsch-Israe-lischen Gesellschaft, mit dem „Friedenspreis”ausgezeichnet. Die „Oase des Friedens” hat ge-legentlich auch auf öffentliche Mittel aus

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Deutschland zugreifen können. Spenden anNeve Shalom werden überdies, da beim Finanz-amt steuermindernd absetzbar, durch den deut-schen Staat bezuschusst.Neben Niels Hansen gehören dem bundesrepu-blikanischen Neve Shalom-Kuratorium an:

Der sozialdemokratische Bundestagsprä-sident Wolfgang Thierse,die christdemokratische Bundestagsprä-sidentin außer Diensten Professor Dr. RitaSüssmuth,Ruth-Alice von Bismarck, Schwester vonMaria von Wedemeyer, der Verlobten Diet-rich Bonhoeffers,die Witwe Heinrich Bölls, Annemarie Böll,Prälat Dr. Gerhard Boß,der jüdische Chef des „Fritz-Bauer-Instituts”Professor Dr. Micha Brumlik,der evangelische Landesbischof in BayernDr. Johannes Friedrich,der evangelische Theologe Volkmar Deile(auch Vorstandsmitglied der „Aktion Sühne-zeichen"),die nahezu kompromisslos prozionistische,herkunftsjüdische Bundesministerin a. D. Dr.Hildegard Hamm-Brücher,Goslars Oberbürgermeister Dr. Otmar Hesse,der Orientalist George Khoury,der katholische Theologe Professor Dr.Hans Küng,der Psychoanalytiker und Publizist ProfessorDr. Horst Eberhard Richter,die ehemalige sozialdemokratische Bundes-tagsabgeordnete Dr. Helga Timm.

Für die „WelthauptstadtJerusalem”

Hansens Weizmann-Institut mit Hauptsitz in Re-hovot (Israel) ist benannt nach dem langjäh-rigen Führer der internationalen ZionistischenBewegung und ersten israelischen Staatsprä-sidenten Professor Dr. Chaim Weizmann, wel -

cher auch Wissenschaftler (Chemiker) von he-rausragender Bedeutung war. Das Instituterfreut sich seit Jahrzehnten erheblicher finan-zieller Zuwendungen aus Deutschland.Als Chef des Direktoriums des Weizmann-Insti-tuts, des Board of Governors, fungiert Stuart E.Eizenstat. Er war Mitglied des Stabes von US-Präsident Johnson während des Vietnamkrie-ges, dann lange Jahre als Wirtschaftsanwalttätig, ab 1993 US-amerikanischer Botschafterbei der EU in Brüssel, ab 1996 Unterstaats-sekretär im US-Handelsministerium, ab 1997Außenstaatssekretär unter Frau Albright undvon 1999 bis 2001 stellvertretender Finanz-minister der Vereinigten Staaten von Amerika(nebenbei: Werner Michael Blumenthal, US-Fi-nanzminister von 1976 bis 1979, ist Chef des2001 eröffneten Jüdischen Museums in Berlin).Seit den 90er-Jahren wirkt Eizenstat, ohnehinseit jeher als engagierter Israel-Lobbyist be-kannt, maßgeblich an der Durchsetzung wei-terer jüdisch-israelischer Wiedergutmachungs-forderungen an Österreich, die Schweiz und dieBundesrepublik Deutschland mit — als „Unter-händler für Nazigold und Zwangsarbeiter”, wieihn der Wiener „Standard” am 18. Mai 2000bezeichnete. Als er bei den Deutschen die Zah-lung von zehn Milliarden Mark für den„Zwangsarbeiterentschädigungs-Fonds” durch-gedrückt hatte, schrieben die „Israel Nachrich-ten” am 19. Dezember 1999:

»Der US-Unterhändler Stuart Eizenstatsprach von einem „großen Tag”. Deutsch-land stelle sich seiner moralischen Schuld.«

Der moralische Chefgläubiger der Deutschenaus USA ist zudem als führende Person ein-flussreicher jüdischer Institutionen hervorgetre-ten. Eizenstat gehört zu den Bossen

- des American Jewish Committee,

- der Brandeis-Universität,

- der Israel Discount Bank of New York,

- der Jerusalem Foundation,- des Weizmann-Instituts.

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Eizenstat im„Standard', Wien

Ausgezeichnet wurde er u. a. mit dem „JewishLeadership Award”, dem „Israel Bond Award”und der Verdienstmedaille des jüdischen Lo-genbundes B'nai B'rith.In dem von Stuart E. Eizenstat geführten Boarddes Weizmann-Instituts wirken aus der bundes-deutschen Prominenz mit:

Professor Paul J. Crutzen,Botschafter a. D. Wilhelm Haas,Professor Bert Sakman,Professor Heinz A. Staab,Professor Hans A. Weidenmüller,

- Professor Hans F. Zacher.Emeritierte bundesdeutsche Direktorats-Mit-glieder sind, neben Dr. Niels Hansen:— Professor Manfred Eigen,

- Dr. Hans-Hilger Hauenschild,— Professor Jozef St. Schell.Der vorhin schon erwähnte Wilhelm Haas, Han-sens Nachfolger als bundesrepublikanischerBotschafter in Israel von 1985 bis 1990, ist —

weil Kind einer jüdischen Mutter — nach tradi-tioneller jüdischer Auffassung (Halacha) selberJude. Die israelische Presse habe, als er seinAmt antrat, die Tatsache seiner jüdischen Her-kunft „mit Genugtuung vermerkt”, heißt es inMunzingers „Internationalem BiographischenArchiv”. Haas selbst verkündete beim Amts-antritt die Doktrin:

»Jeder deutsche Botschafter in Israel hatauch die geschichtliche deutsche Schuld ge-genüber dem jüdischen Volk mitzuvertreten.«

Die Jerusalem-Foundation, in die Hansen eben-falls eingebunden ist, wurde 1966 von Theodor(„Teddy”) Kollek, dem führenden zionistischenPolitiker und langjährigen Jerusalemer Bürger-meister, gegründet. Die Stiftung ist weltweitverzweigt, bildet ein hochwirksames internatio-nales Netzwerk. Sie betätigt sich stark auch imkulturellen Bereich. Politisch soll sie vor allemder Untermauerung des Anspruchs Israels aufGesamtjerusalem dienen. Das auch im Internetverkündete große Ziel der israelischen Founda-tion-Führung lautet:

»Jerusalem as a World Capital.«

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„Enges Netz entwickelt” 33

„Zum Schnorren nie zu schade”Im deutschen Direktorium der um Jerusalemals Welthauptstadt bemühten Stiftung wirken:

Erwin Teufel (CDU), Ministerpräsident vonBaden-Württemberg, als Vorsitzender,Wolfgang Clement (SPD), Bundesminister,als Stellvertreter,Anke Eymer, christdemokratische Bundes-tagsabgeordnete, als Schatzmeisterin (siegehört auch der Leitung der Deutsch-Israe-lischen Gesellschaft an).

Zum 25. Geburtstag der 1975 gegründeten „Je-rusalem Foundation Deutschland” richtete Bun-despräsident Rau ein Festbankett auf SchlossBellevue aus. Aus diesem Anlass schrieb die„Allgemeine Jüdische” am 7. Dezember 2000:

»Zum Schnorren für seine Stadt, dafür warsich der langjährige Bürgermeister Jerusa-lems, Teddy Kollek, noch nie zu schade. Da-her war es nur folgerichtig, dass er vor nun-mehr einem Vierteljahrhundert gemeinsammit dem damaligen NRW-Ministerpräsiden-ten Heinz Kühn die deutsche Tochterorgani-sation der „Jerusalem Foundation” ins Lebenrief, um auch in Deutschland Spenden für Is-raels Hauptstadt zu sammeln.«

Seither sei es zur Tradition geworden, dass Mi-nisterpräsidenten der Foundation in der Bun-desrepublik vorstünden, wie eben derzeit ErwinTeufel.Weitere maßgebliche Mitglieder des bundes-deutschen Zweiges der internationalen Organi-sation mit Zentrale in Israel sind (neben demschon obligatorischen Niels Hansen):— Brigitte Blumenfeld,- Dr. Henning von Boehmer,- Frieder Burda,- Ruth Cheshin,— Prof. h. c. Ernst Cramer,- Albert Darboven,- Hans Eichel,

Dr. Manfred Gentz,Peter Lagemann,Prof. Manfred Lahnstein,Dr. Hanna-Renate Laurien,Dr. h.c. Georg Leber,Prof. Dr. Jutta Limbach,Liz Mohn,Reinhard Mohn,Dr. Heinrich von Pierer,Hildegard Radhauer,Dr. Manfred Rommel,Prof. Dr. Thilo Schabert,Monika Schoeller-von Holtzbrinck,Dr. h. c. Erich Schumann,Prof. Dr. Bernhard Servatius,Dr. Edmund Stoiber,Prof. Dr. Rita Süssmuth,Dr. Bernhard Vogel,Dieter Weiland,Hans Wertz.

Auffällig ist bei Untersuchung des Netzwerkesder Jerusalem Foundation auch deren starkePräsenz in Osterreich:— Dr. Peter Jankowitsch (Leiter des Direktori-

ums in Wien),- Dr. Rudolf Scholten (Stellvertreter)- Prof. Peter Weiser (Stellvertreter)- Prof. Dr. Helmut Zilk (Stellvertreter).— Helmut Elsner (Schatzmeister).Dem Österreich-Direktorat gehören ferner an:

Dr. Daniel Charim,Thomas Moskovics,Günther Rhomberg,Elisabeth Samuel-Willenpart,Dr. Ludwig Scharinger,Kardinal Dr. Christoph Schönborn,Dr. Walter Schwimmer,Siegfried Sellitsch,Rudolfine Steindling,Victor Wagner,Prof. Dr. Leon Zelman.

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Zweiter Abschnitt

Was „dem Netz” voraus ging

„Deutsch-jüdischer Kriegseit 1933”

»Jüdische Ansprüche auf Entschädigungmüssen auf Anerkennung der Tatsache beru-hen, dass die Juden einer seit 1933 mitDeutschland im Krieg befindlichen Nationangehören.«

So zitiert die israelische Politologin und Histori-kerin Professor Dr. Nana Sagi in ihrem grund-legenden Werk von 1981 „Wiedergutmachungfür Israel” eine von Dr. Siegfried Moses erar-

Dr. Siegfried Moses

beitete zionistische Resolution des 27. Oktober1944. Wie Sagi weiter mitteilt, waren Moses'Vorschläge Basis der entsprechenden Beratun-gen bei der größten internationalen jüdischenKonferenz, die während des Krieges stattfand(Atlantic City/USA, November 1944). Sie seienvon der Führung des Weltzionismus unterChaim Weizmann, dem späteren ersten Prä-sidenten Israels, übernommen worden, umschließlich als Anspruchsgrundlagen der Wie-dergutmachungsforderungen des jüdischenStaates an die Deutschen zu dienen.Siegfried Moses (1887-1974) hatte ab 1923 alsGeschäftsführer des jüdischen Warenhauskon-zerns Schocken gewirkt und von 1933 bis 1936als Vorsitzender der Zionistischen Vereinigungfür Deutschland amtiert. Außerdem war er1933 Mitbegründer und bis 1937, als er nachPalästina auswanderte, stellvertretender Chefder Reichsvertretung der deutschen Juden (spä-ter: Reichsvereinigung der Juden in Deutsch-land). Dabei handelte es sich um die jüdischeZentralorganisation im NS-Reich, als deren Prä-sident Dr. Leo Baeck fungierte und deren letzterLeiter (ab Juni 1943), der Mediziner Dr. WalterLustig, von den sowjetischen Besatzern nachKriegsende als „Nazi-Kollaborateur” umge-bracht wurde. Bei M. Offenberg („Allass Jisro-el. Die jüdische Gemeinde in Berlin", Berlin1986) heißt es:

»Die Restverwaltung der „Reichsvereini-gung” hat das Ende der Nazizeit in ihrenRäumen im Jüdischen Krankenhaus, Berlin65, Iranische Straße 2, erlebt. Von den Alli-ierten wurde die „Reichsvereinigung der Ju-den in Deutschland” als NS-Einrichtung ein-

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Was „dem Netz” voraus ging 35

gestuft und durch das KontrollratsgesetzNr. 2 aufgelöst.«

Siegfried Moses gehörte der israelischen Re-gierung von der Staatsgründung 1948 bis zumJahre 1961 an. 1957 war er auch Präsident des„Rates der Juden aus Deutschland” und des in-ternational einflussreichen Leo Baeck-Institutsgeworden.

Das Haavara-Abkommen

Einschränkungslos konnte gerade Moses aller-dings wohl kaum mit Ernst von einem „deutsch-jüdischen Kriegszustand” schon ab 1933 spre-chen. Immerhin traten Hitler-Regierung undzionistische Führer bald nach der nationalsozia-listischen Machtübernahme in Verhandlungenüber den Abschluss eines Transferabkommensein. Es sollte die Umsiedlung (hebräisch: Haa-vara) von Juden aus Deutschland nach Palästi-na bewerkstelligen. Und einer der Chefs desHaavara-Netzwerkes in Palästina (Director ofthe Trust and Transfer Office Haavara Ltd., TelAviv) war niemand anderer als — Dr. SiegfriedMoses.Als Verhandlungsführer auf zionistischer Seitebei den Haavara-Gesprächen mit NS-Deutsch-land trat ab Frühjahr 1933 der (bald darauf ei-ner Mordverschwörung anderer jüdischer Kräftezum Opfer gefallene) Dr. Chaim Victor Arloso-roff auf. Als Kind mit der Familie aus der Ukrai-ne nach Deutschland gekommen, 1924 nach Pa-lästina weitergewandert, hatte er ab 1926 alsVertreter der palästinensischen Juden beimVölkerbund in Genf gewirkt. Er gehörte der Füh-rung des Weltzionismus an und amtierte ab1932 als Leiter der Politischen Abteilung derJewish Agency, was einem Regierungschef derpalästinensischen Judenheit entsprach. Tref-fend bezeichnet das „Neue Lexikon des Juden-tums” die Jewish Agency als

»faktische Regierung des Jischuw«,

also der jüdischen EinwanderergemeinschaftPalästinas.Bereits am 7. August 1933 war es soweit.Nach einem von beiden Seiten als erfolgreicheingeschätzten Auftaktvertrag schon vom Maides Jahres zwischen dem Reichswirtschafts-ministerium und der Hanotea Ltd., der auf Ini-tiative von Sam Cohen, dem Chef dieser jüdi-schen Südfrüchtegesellschaft in Palästina,zustande gekommen war, schloss das DeutscheReich in Berlin mit Abgesandten der jüdisch-zionistischen Führung aus Palästina das „Haa-vara-Abkommen” über den Transfer von Juden.(1936 trat die Jewish Agency als Ganzes, auchmit den nichtzionistischen Bewegungen unterihrem Dach, nach stürmischer interner Diskussi-on als Partner ein.) Die Einzelheiten des kompli-zierten Kontrakts wurden per RunderlassNr.54/33 des Reichswirtschaftsministeriumsvom 28. August 1933 allen zuständigen deut-

Dr. Chaim Victor Arlosoroff

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36 Zweiter Abschnitt

schen Institutionen bekannt gegeben (RM =Reichsmark, LP = Palästina-Pfund; entsprachdem Pound Sterling; Tempelgesellschaft: Deut-sche protestantische Christengemeinde in Pa-lästina):

»Um die Abwanderung deutscher Judennach Palästina weiterhin durch Zuteilung dererforderlichen Beträge ohne übermäßige In-anspruchnahme der Devisenbestände derReichsbank zu fördern und gleichzeitig diedeutsche Ausfuhr nach Palästina zu steigern,ist mit den beteiligten jüdischen Stellen einAbkommen auf folgender Grundlage abge-schlossen worden: Auswanderern, denen dieAuswanderungsberatungsstelle bestätigt,dass über den als Einreisegeld erforderlichenMindestbetrag von LP 1000,- hinaus weitereBeträge zur Gründung einer Existenz in Pa-lästina erforderlich und angemessen sind,kann im Rahmen dieses Gutachtens für denRM 15 000,- übersteigenden Betrag die Ge-nehmigung zur Einzahlung auf ein bei derReichsbank eingerichtetes Sonderkonto 1 derBank der Tempelgesellschaft zugunsten ei-ner in Palästina zu errichtenden jüdischenTreuhandgesellschaft (bzw. bis zur Einrich-tung dieser Treuhandgesellschaft zugunstender Anglo-Palestine Bank) erteilt werden.Das Sonderkonto 1, für das zusammen mitdem weiter unten zu erwähnenden Sonder-konto II zunächst ein Gesamtbetrag von RM3 Millionen vorgesehen ist, wird von derTempelbank als Treuhandkonto für die ge-nannte jüdische Treuhandgesellschaft ge-führt. Aus dem Konto werden deutsche Wa-renlieferungen nach Palästina bezahlt. DenAuswanderern wird der Gegenwert ihrer Ein-zahlungen nach Maßgabe der aus dem Ab-satz der deutschen Waren in Palästina zurVerfügung stehenden Beträge durch die pa-lästinensische Treuhandgesellschaft nachder Reihenfolge und dem Verhältnis der Ein-zahlungen auf dem Sonderkonto 1 unter -

einander in Palästina-Pfunden ausgezahlt.Zur Beratung der deutschen Juden in densich auf diese Form des Kapitaltransfersnach Palästina beziehenden Fragen ist eine„Palästina-Treuhandstelle zur Beratung deut-scher Juden G.m.b.H.” mit dem Sitz in Berlin,Friedrichstraße 218, gegründet worden. Ichersuche, bei der Erteilung der Genehmigun-gen auf diese Stelle ausdrücklich hinzuwei-sen. Für die Bank der Tempelgesellschaft istbei der Reichshauptbank ferner ein Sonder-konto II eingerichtet worden. Auf Antragkönnen die Devisenbewirtschaftungsstellendeutschen Staatsangehörigen jüdischenVolkstums, die zur Zeit noch nicht auswan-dern, sich aber gleichwohl schon jetzt eineHeimstätte in Palästina schaffen wollen, dieGenehmigung zur Einzahlung von Beträgenbis zu höchstens RM 50 000.- je Person aufdiesem Konto (ebenfalls zugunsten einer inPalästina zu errichtenden jüdischen deut-schen Treuhandgeselllschaft zugunsten derAnglo-Palestine Ltd.) erteilen.«

Der Pakt mit den Zionisten war die immerhinschon vierte Übereinkunft internationalen Ran-ges, die das NS-Regime seit der Machtüber-nahme nur gut ein halbes Jahr zuvor hatte tref-fen können. Sich dieses bewusst zu machen,trägt vielleicht ein wenig zur Klärung der Fragebei, warum die Deutschen damals von Hitlernicht ahnten, was heute alle über ihn wissenbzw. zu wissen glauben. Dem deutsch-jüdi-schen Haavara-Abkommen vorangegangen wa-ren:

Im Mai 1933 die Vereinbarung Hitlers mitStalin, den Berliner Vertrag (von Strese-mann abgeschlossenes deutsch-sowjeti-sches Abkommen über politische Konsulta-tionen und wirtschaftliche Zusammenarbeit)demonstrativ außerplanmäßig um ein hal-bes Jahrzehnt zu verlängern.

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Was „dem Netz” voraus ging 37

- Im Juli 1933 die Unterzeichnung des Vier-mächteabkommens zwischen Deutschland,Frankreich, Großbritannien und Italien.

- Ebenfalls im Juli 1933 das Reichskonkordatmit dem Heiligen Stuhl.

Hitler und der Zionismus

US-Historiker Francis R. Nicosia hat sich intensivmit Vorgeschichte und Durchführung von Haa-vara beschäftigt (siehe seine Arbeiten „WeimarGermany and the Palestine Question”, in: „Year-book of the Leo Baeck Institute”, No. 24, 1979und „Ein nützlicher Feind. Zionismus im national-sozialistischen Deutschland 1933-39”, in: „Vier-teljahrshefte für Zeitgeschichte”, Nr. 37, 1989).In seinem 1989 in deutscher Übersetzung er-schienenen, hauptsächlich Haavara gewidmetenWerk „Hitler und der Zionismus. Das DritteReich und die Palästinafrage” schreibt er, dasAbkommen des nationalsozialistischen Deutsch-lands mit den Zionisten habe im November1933 zu funktionieren begonnen. Weiter:

»Das Hitler-Regime hat bis in die ersten Jah-re des Zweiten Weltkrieges über den deut-schen Zionismus aktiv die Auswanderungder Juden aus Deutschland gefördert.«

Es sei 1937 sogar Anweisung aus Berlin an dieNSDAP-A0, die nationalsozialistische Auslands-organisation, erteilt worden, Judenfeindschaftin Nahost einzudämmen, berichtet Nicosia. Dieantijüdische Stimmung unter den palästinensi-schen Arabern dürfe auf keinen Fall angeheiztwerden, hieß es da, weil

»das Aufhetzen der Araber gegen die jüdi-schen Einwanderer für das Reich letztenEndes schädlich ist und Unruhen die Einwan-derungstätigkeit der Juden schwer beein-trächtigen würden«.

Weiter stand in der Berliner Anordnung an dieNSDAP-A0:

»Die jüdische Auswanderung aus dem Ge-biet des Deutschen Reiches ist so dringend,

dass bei diesem Vorgang eine klare Zielstre-bigkeit nicht außer Acht gelassen werdensollte.«

Francis Nicosia fasst seine Erkenntnisse wiefolgt zusammen:

»Die fast einstimmige Unterstützung der zio-nistischen Auswanderung nach Palästinawar in der deutschen Regierung und derNSDAP in den Jahren zwischen 1933 und1937 die Regel. Die verantwortlichen Stellenim Auswärtigen Amt, einschließlich desdeutschen Generalkonsulates in Jerusalem,der Orient-Abteilung, von Referat D und derHandelspolitischen Abteilung unterstütztenund ermutigten die zionistischen Bemühun-gen. Das Innenministerium als verantwort-liche Behörde für die Durchführung der Aus-wanderungspolitik förderte eine geordneteAuswanderung aus Deutschland, währenddas Wirtschaftsministerium und die Reichs-bank für das Haavara-Abkommen sowie diewirtschaftliche Seite der jüdischen Massen-einwanderung nach Palästina verantwortlichwaren. Die zuständigen Stellen innerhalb derSS ließen den deutschen Zionisten gegen-über den verschiedenen nicht- oder antizio-nistischen, liberalen und anpassungswilligenjüdischen Vereinigungen eine bevorzugte Be-handlung zuteil werden. Zionistische Um-schulungslager erfuhren ermutigenden Zu-spruch. Jüdischen Offiziellen sowie Lehrernaus Palästina und anderswoher wurden fürgewöhnlich von den deutschen BehördenEinreisebewilligungen erteilt, um die Bemü-hungen der deutschen Zionisten zu erleich-tern.«

Im Deutschen Reich sei „ein umfangreichesSystem von Umschulungslagern” errichtet wor-den, die unter zionistischer Leitung gestandenund NS-staatliche Unterstützung genossen hät-ten. Der Jewish Agency sei es erlaubt worden,

»Lehrkräfte aus Palästina nach Deutschlandzu schicken, um bei der Vorbereitung der

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38 Zweiter Abschnitt

deutschen Juden für eine Ansiedlung in Pa-lästina zu helfen«.

Das Deutsche Reich wurde mit einem ganzenNetz von Trainingsstätten überzogen, in denenzionistische Ausbilder Juden auf das künftigeLeben in ihrem Gelobten Land vorbereiteten.Solche Ausbildungszentren gab es, Stand Au-gust 1936, von Nord nach Süd gesehen in:— Lobitten, Kreis Königsberg

FlensburgAltonaHamburgStettinBerlinHannoverCaputhMagdeburgNeuendorfGut WinkelSchniebinchenBomsdorf, Kreis BitterfeldLeipzigBreslauGrusen/FrankenbergKonstadtDresdenKlein SilsterwitzKölnPreiskretschGuttentagCharlottentalBonnBeuthenHindenburgMeiningenGleiwitzRatiborFrankfurt/MainBambergNürnbergMannheimRegensburgLehrensteinfeld

StuttgartAugsburgMünchenFischachGut Winkelhof.

Das Haavara-Abkommen beruhte nach Ein-schätzung des israelischen Publizisten Tom Se-gev („Die siebte Million. Der Holocaust und Is-raels Politik der Erinnerung", Reinbek 1995)

»auf den einander ergänzenden Interessender deutschen Regierung und der zionisti-schen Bewegung; die Nazis wollten die Ju-den aus Deutschland hinausdrängen, die Zio-nisten wollten sie gerne in Palästina haben.«

Das Bülow- und dasLösener-Dokument

Nicosia weist auf ein Rundschreiben von Viccovon Bülow-Schwante hin, dem Leiter des fürPalästina zuständigen Referates D im BerlinerAuswärtigen Amt (nach dem Krieg war er einerder wichtigsten Wirtschaftsmanager Bundes-deutschlands), das am 28. Februar 1934 an diedeutschen Auslandsvertretungen ging und indem es hieß:

»Es gibt einen Teil der Juden, der die Mög-lichkeit einer Anpassung an das Gastvolk ab-lehnt und daher die Auswanderung undSammlung der weltweit verstreuten Judenin einer eigenen politischen Gemeinschaftfördert. Diese Gruppe, und es handelt sichhier um die Zionisten, kommt den Zielen derdeutschen Judenpolitik am nächsten. DieAuswanderung der deutschen Juden wirdvon nun an von der nationalsozialistischenRegierung nachhaltig gefördert. Insbesonde-re wird ein gewisser Betrag für den Geld-transfer für die Juden zur Verfügung gestellt,die bereit sind auszuwandern. Aus diesemGrunde arbeiten offizielle deutsche Regie-rungsstellen vorbehaltlos mit jüdischen Orga-

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Was „dem Netz” voraus ging 39

nisationen, vor allem in der Förderung derAuswanderung nach Palästina, zusammen.«

Am 23. November 1935 hieß es im „Reichsver-waltungsblatt”, Berlin, aus der Feder von Dr.Bernhard Lösener, dem Abteilungsleiter des Ju-denreferats im Innenministerium (der auch die„Nürnberger Rassengesetze” formuliert hatte,nach Kriegsende bemerkenswerterweise in dieDienste des jüdisch-zionistischen „Joint Distri-bution Committee” treten konnte und seine Be-amtenkarriere als Regierungsdirektor in derKölner Oberfinanzdirektion beschloss):

» Wenn die Juden schon ihren eigenen Staathätten, in dem die Mehrheit ihres Volkeslebt, dann könnte die jüdische Frage, auchfür die Juden selbst, heute als völlig gelöstangesehen werden. Die Zionisten haben dengeringsten Widerstand gegen die den Nürn-berger Gesetzen zugrunde liegenden Über-legungen geleistet, weil sie sofort erkann-ten, dass diese Gesetze auch die einzigerichtige Lösung für das jüdische Volk selbstbedeuten. Denn jedes Volk muss seinen ei-genen Staat als äußere Ausdrucksform sei-ner besonderen Einheit als Volk haben.«

Selbst Rabbiner Stephen S. Wise, Oberhauptdes Judentums in Amerika, Präsident des Jüdi-schen Weltkongresses, Förderer des Zionismus,der schon unmittelbar nach der Machtübernah-me der NS-Antisemiten schärfste Kampfansa-gen in Richtung Berlin losgelassen hatte undAdolf Hitler hasste wie die Pest, kam zur An-sicht, dass die strenge Scheidung von Deutsch-und Judentum durch die Nationalsozialisten imKern etwas Richtiges habe. So wurde Wise am13. Juni 1938 von der „New York Herald Tribu-ne” wie folgt zitiert:

»Hitler was right in one thing. He calls theJewish people a race and we are a race.«

„Aufbruchstimmung unterZionisten”

Zur Abwicklung des Transferabkommens (Be-wältigung der Devisenprobleme usw.) war inBerlin die Palästina-Treuhandstelle („Paltreu")geschaffen worden, wobei die Treuhandkontender Haavara in Deutschland bei den jüdischenPrivatbanken M. M. Warburg, Hamburg, und A.E. Wassermann, Berlin, lagen. Paltreu unter-hielt enge Beziehungen zur deutschen Regie-rung, insbesondere zum Auswärtigen Amt undzum Wirtschaftsministerium, sowie zur deut-schen Industrie. Paltreu-Chef war bis zu seinerEmigration 1939 der jüdische FinanzexperteKurt Hirschfeld. Als sein Vize wirkte Ernst Mar-cus, der ebenfalls 1939 den Weg nach Palästi-na antrat.Während die NS-Diktatur deutsche Dissidentenund nichtzionistische Juden unterdrückte, er-freuten sich logischerweise zionistische Initiati-ven in den ersten Hitler-Jahren anderer Be-handlung. Der israelische Autor Segev nenntu.a. folgendes Beispiel:

»Mit Erlaubnis der Nazis konnte der Betar-Jugendbund seine Tätigkeit fortsetzen: Tref-fen, Tagungen, Sommerlager, Wanderungen,Sportveranstaltungen, Segeln und Landwirt-schaftskurse. Die Mitglieder durften ihreUniformen samt braunem Hemd tragen undFlugblätter herausgeben, deren zionistischeTexte zum Teil — dem Zeitgeist entsprechend— in nationalistischem, profaschistischemTon gehalten wurden ... Sie ähnelten natio-nalistischen bis nationalsozialistischen deut-schen Jugendschriften.«

Die zionistische Jugendbewegung habe sogar„unter dem Schutz der Gestapo” gestanden.Der israelische Publizist schildert folgende Be-gebenheit:

»Als einmal eine Gruppe von SS-Männernein Sommerlager des Betar überfiel, be-schwerte sich der Führer des Jugendbundes

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bei der Gestapo, und ein paar Tage späterließ die Geheimpolizei verlauten, die betei-li gten SS-Männer seien bestraft worden. DieGestapo erkundigte sich beim Betar, wasihm als Entschädigung angemessen erschei-ne.«

Im Buch „Jüdischer Alltag in Deutschland1933-1945” (Düsseldorf 1993) des „Netz"-Akti-visten Günter Bernd Ginzel heißt es zur Erläute-rung eines Bildes, das den berühmten jüdischenReligionsphilosophen Martin Buber als Rednerauf einer zionistischen Kundgebung in NS-Deutschland zugunsten der Auswanderungnach Palästina zeigt:

»Die Vorbereitung auf eine Auswanderungund das Warten auf eine Einwanderungs-erlaubnis für Palästina dauerten oft Jahre.Dennoch: In der zionistischen Jugendbewe-gung Deutschlands herrschte Aufbruchstim-mung.«

In einer Rezension der aufschlussreichen Studie„,Nächstes Jahr im Kibbutz' — Die jüdisch-cha-luzische Jugendbewegung in Deutschland zwi-schen 1933 und 1943” von Eliyahu Kutti Salin-ger schrieben die „Israel Nachrichten” am 6.August 1999:

»So entstanden in Deutschland fünf chalu-zische Jugendbünde: „Habonim”, „Hascho-mer Hazair”, „Werkleute”, „Maccabi Hazair”und der „Bachall” (Bund religiöser Chaluzim).Sie wollten die Jugendlichen zur jüdischenKultur zurückführen und auf eine Alija nachIsrael vorbereiten ... 1937 gaben die fünfchaluzischen Bünde eine Gesamtzahl von17 650 Mitgliedern an; dies war ungefährein Fünftel der jüdischen Schuljugend ... DieJugendalija war als offizielle Institution(„Die jüdische Jugendhilfe e. V.") rechtlichanerkannt.«

Zur Erläuterung: Unter Alijah oder Alija verstehtman zionistischer- bzw. israelischerseits die

Dr. Martin Bu-ber bei einergemeinsamenVeranstaltungder zionisti-schen KKL—Jü-discher Natio-nalfonds undKeren Hayesodin der Vor-kriegszeit, ver-mutlich Frank-furt/Main 1937

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Was „dem Netz” voraus ging 41

Einwanderung von Juden in ihr Gelobtes Land,wobei das hebräische Wort bezeichnenderwei-se eigentlich „Aufstieg” bedeutet (folgerichtigist die Abwanderung aus Israel der „Abstieg”:„Jerida"); Chaluzim heißt so viel wie „Pioniere”und „chaluzisch” ist davon abgeleitet.Als Generalsekretär der „Hechaluz"-Organisati-on, des für die jüdische Jugendauswanderungwirkenden zionistischen Netzwerkes, amtiertebis zu seiner Übersiedlung nach Palästina 1938Georg (später: Giora) Josephthal. In Nahostübernahm er das für die Eingliederung der Haa-vara-Einwanderer zuständige „Absorption De-partment” der Jewish Agency. Im ZweitenWeltkrieg diente er dann in der britischen Ar-mee. Ab 1952 war er israelischer Chefdelegier-ter bei den Wiedergutmachungsverhandlungenmit den Deutschen und Anfang der 60er-Jahretrat er als Minister in die israelische RegierungeinSchrittweise, insbesondere ab 1938/39, seien —so fuhren die „Israel Nachrichten” in ihrem Be-richt vom 6. August 1999 fort — die Rechte undMöglichkeiten der zionistischen Auswan-derungsvereinigungen im Deutschen Reich ein-geschränkt, schließlich ganz ausgeschaltet wor-den. 1943 sei es dann zur Auflösung derletzten Hascharah-Güter (Trainingsstätten fürjüdische Auswanderer nach Palästina) in HitlersMachtbereich gekommen.

»Die immer stärker werdenden Beschränkun-gen der Freiheit des jüdischen Lebens spür-ten diese Jugendlichen weniger, da sie inden (zionistischen) Bünden einen Ausgleichfanden. Sie wurden innerlich gefestigt undkonnten durch ihren nunmehr vorgezeichne-ten klaren Lebensentwurf der Erniedrigungund der Entrechtung trotzen«,

hieß es weiter in den „Israel-Nachrichten”. Üb-rigens war deren einstiger Chefredakteur (von1974 bis 1977) Jacob Erwin Palmon als Mit-arbeiter im Palästina-Amt für jüdische Auswan-derung bis 1939 selber von maßgeblicher Be -

deutung für die Abwicklung von Haavara undAl i ja gewesen.

„Benni fliegt ins Gelobte Land”

Zionistische Vereinigungen und Persönlichkei-ten hatten, bestärkt und unterstützt vom NS-Regime, in den ersten Jahren der Hitlerherr-schaft mannigfaltige Aktivitäten zur Förderungder jüdischen Auswanderung nach Palästina anden Tag gelegt.So hatte beispielsweise der auf Initiative desbekannten jüdischen Warenhaus-Konzernherrn,Verlegers und nachmaligen Präsidenten der Je-rusalemer Hebräischen Universität, SalmanSchocken, gebildete „Ausschuss für jüdischeKulturarbeit”

»vor allem die Aufgabe, die Schaffung zio-nistischer Kinder- und Jugendliteratur voran-zutreiben«,

wie der „Aufbau” (New York) am 19. Februar1999 berichtete. Überhaupt sei, so das jüdischeUS-Blatt weiter, von 1933 bis 1938

»der Zionismus zum Leitmotiv des ghettoi-sierten jüdischen Buchhandels in Deutsch-land geworden«.

Den NS-Machthabern sei es bei der Unterstüt-zung solcher Projekte darum gegangen,

»die Bindung der Juden an die deutsche Kul-tur- und Geisteswelt zu zerstören, ihr jüdi-sches Bewusstsein zu stärken und ihre Be-reitschaft zur Auswanderung zu fördern«.

„Aufbau” nannte Beispiele für zionistisch inspi-rierte jüdische Jugendliteratur in den erstenJahren von NS-Deutschland:

»„Joseph und seine Brüder” (1933) und „Bu-ber — Worte an die Jugend” (1938) erschie-nen zu dieser Zeit. „Helden der Kwuzah”(1935) handelte von braungebrannten, fröhli-chen Kindern in Palästina, und 1936 flog„Benni ins Gelobte Land” in einem knallrotenPropellerflugzeug.«

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Auch die seinerzeitigen jüdischen Schulbücherim Deutschen Reich seien, so der „Aufbau”, inden Dienst der Auswanderung gestellt worden.Das jüdische Schulwesen sei damit „zum Ko-kon, zu einer kleinen Oase” geworden in einemUmfeld antisemitischer Hetze.Zu diesem Thema teilt Francis Nicosia mit:

» Während das Hitler-Regime allmählich diejüdischen Schüler von den Staatsschulenentfernte, förderte es jüdische Schulen undbezuschusste diese. Es gab wenig oderkaum Einmischung in die Führung und Lei-tung der jüdischen Schulen.«

Überhaupt erschien im Deutschland des erstenJahrfünfts nationalsozialistischer Herrschaft mitseinen siebenundzwanzig jüdischen Verlageneine Fülle an prozionistischer Literatur, die un-ter Juden für eine Übersiedlung nach Palästinawarb — bis hin zu dem im November 1938, alsozur Zeit des verbrecherischen Pogroms der„Reichskristallnacht” — in Berlin herausgekom -

menen „Philo-Atlas. Handbuch für die jüdischeAuswanderung” von Hans (später in der US-Emigration: John F.) Oppenheimer, Herausgeberauch des 1934 in der Reichshauptstadt erschie-nenen voluminösen, einzigartig faktengesättig-ten „Philo-Lexikon — Handbuch des jüdischenWissens”. Weiter gab es beispielsweise „Kons-truktive Auswanderungspolitik. Ein Beitrag zurjüdischen Überseekolonisation” von Max Apt(Vertreter der Berliner jüdischen Gemeinde beider internationalen Flüchtlingskonferenz vonEvian 1938) oder Fritz Joseph Heideckers „DieBrunnenbauer — Jüdische Pionierarbeit in Pa-lästina”.Auch Hermann Hesse in der Schweiz ließ sichvon der in den ersten Jahren der NS-Diktaturin Deutschland erschienenen zionistisch-jüdi-schen Literatur beeindrucken. In der Basler„National-Zeitung” schrieb er am 29. März1936 über die Produkte aus dem Hause Scho-cken, der „große Zauber”, den diese jüdischeTaschenbuchbibliothek ausübe, beruhe darin,

»dass mit der Rückbesinnung weiter Kreisedes deutschen Judentums auf ihre Herkunft

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Was „dem Netz” voraus ging 43

Werbung für den Ex-odus in „AllgemeineZeitung des Juden-tums " (Cen tral verein),30. Januar 1936. Ro-bert W. Kempner warspäter US-Ankläger beiden Nürnberger Kriegs-verbrecherprozessen.

und ihr Volkstum ein gewaltig großer, zumTeil bisher unbekannter Schatz an Literaturan die Öffentlichkeit gezogen wird ... Es tutsich plötzlich der Blick in eine tief in die Zei-ten zurückreichende, schöne mannigfaltigeLiteratur der Besinnung, der Dichtung, derFrömmigkeit, des Humors, der Memoiren undAnekdoten auf, welche bisher nur den Ge-lehrten bekannt war.«

Von Martin Buber, der nach der NS-Machtüber-nahme ein Netz von höheren Bildungseinrich-tungen für Juden schuf („Jüdische Mittelstellenfür Erwachsenenbildung"), erschienen inDeutschland damals auch die Schriften „Kampfum Israel” (1933), „Deutung des Chassidismus”(1935), „Die Stunde und die Erkenntnis” (1936)und „Die Frage an den Einzelnen” (1936). MaxNussbaum, weiteres Beispiel, publizierte 1934seine tiefschürfende Abhandlung „Jehuda Ha-levis Philosophie des Nationalismus”, wirktedann von 1935 bis 1940 (Emigration) als Rabbi-ner der Berliner Jüdischen Gemeinde, stieg inden USA zum Präsidenten der Zionistischen Or-ganisation Amerikas auf und war mehr als dreiJahrzehnte bis zu seinem Tod 1974 Rabbineram Temple Israel von Hollywood, in welcherFilmstadt nach Angaben des Regisseurs undProduzenten Steven Spielberg 80 Prozent derEinwohner Juden sind.Apropos: Auch im nationalsozialistischen Deut-schen Reich eigens für prozionistische Zweckeproduzierte Kinofilme wie „Hebräische Melo-die” setzte man bis nach Kriegsausbruch 1939

ein, um den deutschen Juden die Auswan-derung nach Palästina schmackhaft zu machen.

„Zweifellos zum Aufbaubeigetragen”

Das Haavara-System habe, so Tom Segev,»in der einen oder anderen Form bis zur Mit-te des Zweiten Weltkrieges funktioniert undder Wirtschaft des Landes (Palästina) unddem zionistischen Projekt einen gewissenAuftrieb gegeben ... Das Haavara-Abkom-men erwies sich für die damals fast bankrot-te Jewish Agency als letzte Stütze.«

Weiter im Text des israelischen Publizisten:»Viele Juden, die in Deutschland zwangs-weise ihre Arbeit verloren hatten, erhieltenin Palästina weiterhin jeden Monat ihr Geldaus der deutschen Sozialversicherung ... Vie-le brachten ihr Privatauto mit. Ganze Biblio-theken mit Klassikern und Werken der neuendeutschen Literatur wurden ins Land ge-bracht.«

Israels führender Holocaustforscher ProfessorDr. Yehuda Bauer wertet das Haavara-Abkom-men als eine bedeutende Finanzquelle für dasim Entstehen begriffene Israel und zugleich alsVerlustgeschäft für das Deutsche Reich. In sei-nem Werk „Freikauf von Juden? Verhandlungenzwischen dem nationalsozialistischen Deutsch-land und jüdischen Repräsentanten von 1933bis 1945” (Frankfurt am Main 1996) schreibt er:

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»Die Summen sind beeindruckend und habenzweifellos zum Aufbau des jüdischen Palästi-na beigetragen ... Haavara wurde, entgegenden Wünschen nahezu aller Wirtschafts-experten der deutschen Regierung, fort-geführt, weil Hitler der Meinung war, dieAuswanderung der Juden sei wichtiger alsalle wirtschaftlichen Erwägungen.«

In einer von Dr. Werner Feilchenfeld, maßgeb-licher jüdischer Haavara-Funktionär, im Leo-Baeck-Institut herausgebenen, 1972 in Tübin-gen auf Deutsch erschienenen Studie („Haa-vara — Transfer nach Palästina und Einwan-derung deutscher Juden 1933-39") heißt es:

»Die durch den deutschen Kapitalzufluss er-möglichte wirtschaftliche Betätigung und dieTransaktionen der Haavara für den privatenund öffentlichen Sektor waren von großerBedeutung für den Aufbau des Landes. Vieleneue Industrie- und Handelsbetriebe sind da-mals im jüdischen Palästina entstanden, undeine Reihe von Gesellschaften, die heutenoch für die Wirtschaft des Staates Israelerhebliche Bedeutung haben, verdanken derHaavara ihre Gründung. Dazu gehört z. B.eine der lebenswichtigsten Einrichtungen Is-raels, die das ganze Land mit Wasser versor-gende Gesellschaft „Mekoroth”. In den Jah-ren -1933 bis 1940 wurde das jüdischeSiedlungswerk an Umfang und Produktionverdoppelt. Das war allein möglich durch dieSiedlungskredite, die im Rahmen des Haa-vara-Abkommen entstanden waren.«

„The Agreement made a state”

In dem in Feilchenfelds Buch enthaltenen Auf-satz „Die Bedeutung der Einwanderung ausDeutschland für das jüdische Palästina” berich-tet auch Dr. Ludwig Pinner, Ex-Direktoriums-Mitglied der Haavara-Gesellschaft, von denVorteilen aus dem Transfer-Abkommen:

»Die an Wertpapieranlagen gewöhnten Ein-wanderer aus Deutschland schufen erstmaligdie Möglichkeit eines modernen Finanzmark-tes. Aus dem damals gegründeten Clearing-haus entwickelte sich später die Tel AviverBörse. Der Einfluss der deutschen Einwan-derergruppe auf die Entwicklung des jüdi-schen Palästina fand seinen Ausdruck jedochnicht nur in der wirtschaftlichen und gesell-schaftlichen Sphäre; er war auch bedeu-tungsvoll im kulturellen Bereich, auf wissen-schaftlichem und künstlerischem Gebiet. Diemoderne Ausstattung der Krankenhäuser,die die Haavara ermöglicht hatte, machtePalästina zu einem medizinischen Zentrumersten Ranges. Von besonderer Bedeutungwar es für die Entwicklung des Hochschul-wesens, dass Wissenschaftler von Rang inden Stab der jungen Lehr- und Forschungs-stätten eintraten. Auf künstlerischem Gebietist vor allem der Beitrag der deutschen Ein-wanderer zum Musikleben hervorzuheben.Das von Bronislaw Hubermann ins Leben ge-rufene Philharmonische Orchester, das heuteinternationalen Ruf genießt, wurde bei sei-ner Gründung 1936 fast ausschließlich mitKünstlern besetzt, die aus Deutschland ge-kommen waren.«

Dr. Pinner fasst über die Bedeutung der Haa-vara-Zuwanderung für die Jischuw, die Juden-heit in Palästina, zusammen:

»Der Einsatz dieser Menschen in Forschungs-und Lehrstätten, in Wirtschaft und Verwal-tung, im öffentlichen Leben und in der Ver-teidigungsorganisation war von unermess-licher Bedeutung für die Vorbereitung desJischuw auf die schicksalhaften Aufgaben,die ihm bevorstanden.«

In seinem Buch „The Transfer-Agreement. TheUntold Story of the Secret Pact Between theThird Reich & Jewish Palestine” (New York/London 1984) schreibt der US-jüdische Ge-schichtsforscher und Publizist Edwin Black über

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Was „dem Netz” voraus ging 45

den Ertrag von Haavara für die zionistischenBestrebungen in Palästina:

»Einige größere Industrieunternehmen wur-den mit diesen Geldern gegründet und großeMengen an Material wurden gelagert, ein-schließlich Kohle, Bewässerungsleitungen,Eisen- und Metallprodukten für Gesellschaf-ten und Unternehmen, die noch im Aufbaubegriffen waren. Von 1933 bis 1941 wurdenannähernd 100 Einwanderungssiedlungenentlang der strategischen Korridore in West-galiläa, der Küstenebene und in der nördli-chen Negevwüste geschaffen. Fast 60 dieserSiedlungen wurden zwischen 1936 und 1940ins Leben gerufen. Die meisten waren nurmöglich, weil Haavara oder mit dem Trans-fer-Abkommen zusammenhängende Fondsden zionistischen Agenturen zum Landkaufund zur Landentwicklung zugute kamen.«

Das Transfer-Abkommen habe das jüdische Pa-lästina so weit entwickelt, dass es nach demKrieg überhaupt in der Lage gewesen sei, Hun-derttausende Juden von überall her in kurzerFrist aufzunehmen und ein eigenständiger Staatzu werden.

»The Transfer Agreement made a state«,

Anfang 1939: Warte-schlange ausreisebe-gehrender Juden vordem Berliner „Palesti-ne & Orient-Lloyd”.

behauptet Black sogar. Dieses bekräftigend,charakterisiert der US-jüdische Publizist Haa-vara als

»an indispensable factor in the creation ofthe State of Israel«.

Bis zum „letzten Gespräch”,April 1945

Dr. Nahum Goldmann, Prof. Chaim WeizmannsNachfolger als Führer der zionistischen Welt-bewegung, verteidigte in seinem Memoiren-werk „Staatsmann ohne Staat” (Köln/Berlin1970) das Haavara-Abkommen mit Hitler wiefolgt:

»Dadurch gelang es achtzigtausend deut-schen Juden, nach Palästina auszuwandern;sie haben dort sehr bedeutsame Leistungenvollbracht und gehörten zu den schöpfe-rischsten Elementen beim Aufbau des Lan-des.«

Wenn es nach der NS-Führung gegangen wäre,hätte die jüdische Auswandererzahl noch umein Mehrfaches höher gelegen. Es war vor al-lem London, das den jüdischen Exodus nach Pa-

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46 Zweiter Abschnitt

lästina, britisches Herrschaftsgebiet, mit allenSchikanen drosselte.Als Haavara-Generalmanager bis in die Kriegs-zeit hinein wirkte der bereits erwähnte jüdischeJurist Dr. Werner Feilchenfeld. Der 1895 in Ber-li n geborene Arztsohn hatte bis 1933 als Syn-dikus der Berliner Industrie- und Handelskam-mer gearbeitet. Ende 1934 verlegte er seinTätigkeitsfeld nach Palästina. Nach dem Zwei-ten Weltkrieg schuf er in den USA den „Servicefor Israel” („Care"-Pakete für den jüdischenStaat). Seit 1951 in Amerika lebend, war er —nun Spezialist für die Durchsetzung von Wie-dergutmachungsansprüchen gegen die Deut-schen — am Knüpfen des „Netzes” beteiligt.1985 verschied er in Hollywood.Im erwähnten Buch des Leo-Baeck-Institutsüber den „Haavara — Transfer” erfährt man vonFeilchenfelds Bemühungen nach 1933, in Ver-handlungen mit den Regierungen etlicher Staa-ten — etwa der polnischen, ungarischen undder tschechoslowakischen — Regelungen nachArt des Abkommens zwischen den Zionistenund Deutschland zu erreichen. Es gelang ent-weder gar nicht oder nur partiell. Immerhinaber haben, so weiß Edwin Black,

»wenigstens sechs europäische Länder dasTransfer-Abkommen nachgeahmt«.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kamHaavara peu ä peu, ab 1942/43 gänzlich zumErliegen. Versuche, neue Fäden für ein „Bezie-hungsgeflecht” zwischen Nationalsozialismusund Zionismus zu knüpfen, blieben erfolglos:Auf das Paktangebot des militanten Zionisten-führers Avraham Stern (dessen Bewegung auchder nachmalige israelische MinisterpräsidentSchamir angehörte), das Anfang 1941 via Franzvon Papen, einst Kanzler und Vizekanzler undnunmehr deutscher Botschafter in Ankara, nachBerlin übermittelt worden war, ging Hitler nichtein. Stern wollte mit Hilfe der AchsenmächteEnglands Herrschaft in Palästina brechen, umdort den ersehnten Judenstaat gründen zu kön -

nen. Und die von Hitler im Krieg gebilligten Of-ferten des Reichsführers SS an den Westen(Freigabe von Juden gegen ein Arrangement inRichtung auf Sonderfrieden) stießen bei derFührung der zionistischen Internationale und inWashington überwiegend, bei den Briten totalauf Ablehnung.Erstaunlicherweise aber scheint der Faden niegänzlich gerissen zu sein. So berichtet der is-raelische Jad-Vaschem-Historiker Prof. YehudaBauer in seinem Werk „Freikauf von Juden?”von einem letzten Treffen unbekannten exaktenBeratungsgegenstandes zwischern Himmler undeinem Vertreter des Jüdischen Weltkongresses,Norbert Masur aus Schweden. Vermutlich ginges um Chancen zum Sonderfrieden in letzterMinute. Diese „ganz unglaubliche Begegnung”(Bauer) hat Ende April 1945, also unmittelbarvor NS-Toresschluss, stattgefunden.

Massenverbrechen an Juden

Bei alledem darf nicht vergessen werden, dassder schon von vornherein widerwärtige, selbsttadellos vaterländische deutsche Juden nichtverschonende NS-Antisemitismus im Laufe derNS-Jahre immer schrecklichere Formen annahmund schon beim Pogrom der „Reichskristall-nacht” seine schäbige Fratze gänzlich ungeniertzeigte.Weitere Marksteine dieses düsteren Kapitelsdeutscher Zeitgeschichte:

12. November 1938: Beschluss, dass die Ju-den eine „Sühneleistung” in Höhe von einerMilliarde Mark aufbringen müssen.15. November 1938: Ausschluss jüdischerKinder vom allgemeinen Schulbesuch.13. Dezember 1938: Verordnung über dieZwangsveräußerung jüdischer Gewerbe-betriebe.17. Januar 1939: Aufhebung des Mieter-schutzes für Juden.

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Was „dem Netz” voraus ging 47

Geschändete Synagoge („Kristallnacht", 1938); antijüdische Hetze

12. Oktober . 1939: Erste Deportationen vonJuden aus Österreich und Böhmen nach Po-len23. November 1939: Einführung des Juden-sterns im Generalgouvernement.10. Februar 1940: Erste Deportationen vonJuden aus dem Altreich nach Osten.30. April 1940: Errichtung eines erstenGhettos (Lodz).22. Oktober 1940: Zwangsaussiedlung vonJuden aus Baden, der Pfalz und dem Saar-gebiet nach Südfrankreich.7. März 1941: Beginn des Einsatzes deut-scher Juden zur Zwangsarbeit.1. September 1941: Einführung des Juden-sterns im Deutschen Reich.14. Oktober 1941: Beginn der allgemeinenDeportationen von Juden aus dem Reichnach Osten.

Im weiteren Verlauf des Krieges kam es zumimmer grausameren Wüten von Einsatzgruppen,deren blutigen Schlägen auch massenhaft un-schuldige Zivilpersonen zum Opfer fielen, undzur KZ-Barbarei in Todeslagern wie Auschwitz,die Hekatomben an Opfern forderte. Eineabscheuliche nationalsozialistische Kollektiv-schuldpropaganda lastete die Verantwortungan Ausbruch und Bestialisierung des Krieges(etwa durch den alliierten Bombenterror gegendie Zivilbevölkerung und den nicht minderkriegsvölkerrechtswidrigen sowjetischen Par-tisanenkampf) den Juden in ihrer Gesamtheitan.

Juden, die gegen das Haavara-,,Appeasement"opponiert hatten, sahen sich nun in ihrer Hal-tung bestätigt und betrachteten die diversenKriegserklärungen, die von manchen führendenjüdischen Repräsentanten schon 1933 an dasvom Antisemiten Hitler regierte Deutschland

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48 Zweiter Abschnitt

Jüdische Opfer 1945. Die Massenmorde im Zwei-ten Weltkrieg zählen zu den dunkelsten Kapitelnder Geschichte.

gerichtet worden waren, als gewissermaßendoppelt gerechtfertigt. (Weiterführend: HartmutStern, „Jüdische Kriegserklärungen an Deutsch-land”, Wortlaut, Vorgeschichte, Folgen, Mün-chen 2000, 2. Auflage.)

Vor diesem Hintergrund formulierte SiegfriedMoses die eingangs dieses Kapitels zitierte zio-nistisch-israelische Doktrin vom „deutsch-jüdi-schen Kriegszustand seit 1933”, die als Grund-lage von Entschädigungsansprüchen an dieDeutschen, Teil der Staatsräson Israels (offiziel-le Bewertung Deutschlands als „Feindstaat”,ursprünglich in die Pässe eingetragenes Verbot

für Israelis, nach Deutschland zu reisen usw.)und Leitfaden des künftigen „Netzes” diente.

Die Rolle von HICEM undHilfsverein

Am prozionistischen, sozusagen präisraelischenNetzwerk der Zeit nach 1933 hatten sich indesauch schon lang zuvor geschaffene jüdischeVereinigungen beteiligt.Zum Beispiel die 1927 mit Sitz in Paris gegrün-dete Vereinigung jüdischer Emigrantenorganisa-tionen HICEM. Über sie teilt das „Neue Lexikondes Judentums” mit:

»Angesichts des weitverzweigten Netzes vonBüros und Komitees wurde HICEM nach derseit März 1933 einsetzenden jüdischen Mas-senemigration aus Deutschland zur wichtigs-ten Organisationszentrale für jüdische Aus-wanderer außerhalb Palästinas.«

Oder die ursprünglich in Russland entstandene,1921 in Berlin auf internationale Ebene geho-bene (und nach dem Zweiten Weltkrieg, begin-nend in den DP-Lagern, erneut in Deutschlandaktiv gewordene) zionistische Ausbildungsorga-nisation ORT. Beispielsweise gründete sie 1937in Berlin die bis 1941 bestehende „Private Jüdi-sche Lehranstalt für handwerkliche und ge-werbliche Ausbildung auswanderungswilligerJuden”, auf der bis zu zweihundertfünfzig jungeLeute u. a. als Elektriker, Installateure, Mecha-niker und Optiker für das jüdische Palästina ge-schult wurden.Oder der 1901 als Zweig der Alliance IsraeliteUniverselle (Zentrale: Paris) in Berlin geschaffe-ne „Hilfsverein der deutschen Juden”. Ur-sprünglich bestand seine Hauptaufgabe darin,aus Osteuropa — sei es wegen rein wirtschaftli-cher Gründe, sei es wegen Pogromen — zuwan-dernde jüdische Massen zu betreuen und „zuverteilen”: Dem Gros wurde der Weg nachNordamerika geebnet. Der Hilfsverein, zu des-sen Protagonisten einflussreiche Juden wie

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Was „dem Netz” voraus ging 49

Berthold Israel,Eugen Landau,Ernst Magnus,Paul Nathan,Berthold Timendorfer,Max Warburg

zählten, unterhielt ein „Zentralbüro für jüdischeAuswanderungsangelegenheiten” in Berlin undgab das „Correspondenzblatt für jüdische Aus-wanderungsangelegenheiten” heraus, das vonArthur Goldschmidt geleitet wurde. Nach derNS-Machtübernahme stellte sich die Organisa-tion in die Dienste der Haavara-Alija. Der jüdi-sche Aufbau (New York) schrieb am 24. August2000:

»Die Gestapo gab klare Anweisungen, „dieletzten Juden aus dem Reich zu bringen”. Sohatten nun makabrerweise die Mitarbeiterdes Hilfsvereins — jetzt mit der Bezeichnung„Abteilung Wanderung” versehen — die Auf-gabe, die Ausreise der Juden aus Deutsch-land zu organisieren.«

Unter den Klängen RichardWagners

Bis zum Ersten Weltkrieg hatte ohnehin derSchwerpunkt des auf die Schaffung eines Staa-tes Israel fixierten Zionismus in Mitteleuropagelegen. Theodor Herzl, „Vater” der zionisti-schen Bewegung der Neuzeit, war als Studentin Wien Burschenschafter gewesen. SeineGrundsatzschriften wie „Der Judenstaat” ver-fasste er — inspiriert von den Klängen seinesLieblingskomponisten Richard Wagner — sozu-sagen „natürlich” auf Deutsch. Wie auchDeutsch 1897 in Basel beim ersten Zionisti-schen Welttreffen Kongresssprache war (dieAbende über, beim Gemütlichen, ging es frei-lich überwiegend jiddisch zu).Als eigentlicher Wegbahner der zionistischenPalästinakolonisation ist der in Rawitsch/Posengeborene Arthur Ruppin (1876-1943) anzuse -

Dr. Theodor Herz/ auf einer israelischen Briefmar-ke von 1960

hen. Der preußische Assessor, Herausgeber derBerliner „Zeitschrift für Demographie und Statis-tik der Juden”, ging schon 1907 nach Palästina,wo er die Stadt Tel Aviv gründete (das jüdischeDorf Rischon Le Zion beim nachmaligen Tel Avivwar bereits 1882 mit einem Zuschuss von Eil-mond de Rothschild entstanden) und wo er derKibbutzim-Bewegung Pate stand. Ruppin schufdas für die Juden-Einwanderung zuständige „Pa-lästina-Amt”, dessen Leitung er übernahm. Ab1926 lehrte er Soziologie an der HebräischenUniversität zu Jerusalem, wo er 1943 starb.Der israelische Publizist Tom Segev berichtet inseinem bereits erwähnten Werk „Die siebteMillion” vom Zusammentreffen Ruppins im Au-

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50 Zweiter Abschnitt

gust 1933 in Jena mit einem der bekanntestenVertreter der nationalsozialistischen Rassenfor-schung und -philosophie, Prof. Dr. Hans F. K.Günther. Das Gespräch kam auf Initiative desführenden Mitglieds der Jewish Agency, lang-jährigen Chefs der Zionisten in Deutschland so-wie Schatzmeisters der Jugend-Alija-Bewegungin den Zeiten des Nationalsozialismus, GeorgLandauer, zustande, der später als einer derHauptinitiatoren bundesdeutscher Wiedergut-machung in Erscheinung trat. Segev schreibtüber das Jenaer Treffen von 1933:

»Die Juden seien nicht minderwertiger alsdie Arier, sondern nur anders, versicherteGünther. Daher müsse für das Judenproblemeine „faire Lösung” gefunden werden. DerProfessor sei äußerst freundlich gewesen,notierte Ruppin abschließend befriedigt.«

Von Dr. Ludger Heid, dem stellvertretenden Di-rektor des Salomon-Ludwig-Steinheim-Institutsfür deutsch-jüdische Geschichte an der Univer-sität/Gesamthochschule Duisburg, stammt fol-gende vergleichende Betrachtung über TheodorHerzl und Arthur Ruppin (veröffentlicht in „Da-mals”, Juni 1996):

»In Herzls Bericht über seine Palästinareise1898 steht kein einziges Wort über die ara -

bische Bevölkerung. Und auch in seinen um-fangreichen Tagebüchern erwähnte er dieAraber nicht. Die historischen Ansprüche derAraber auf das Land wurden schlichtwegübersehen. Es hat dennoch nicht an jüdisch-zionistischen Stimmen gemangelt, die einenversöhnlichen Ausgleich mit den Arabern an-strebten. 1926 wurde der „Brith Schalom”,der Friedensbund, gegründet. Martin Buberund Arthur Ruppin waren daran maßgebendbeteiligt. Sie strebten von Anfang an eine bi-nationale Lösung an.«

„Es war der Wille Gottes”

Zu den Gründervätern des Zionismus inDeutschland gehörte auch Max Isidor Boden-heimer aus Stuttgart, 1865 geboren, 1940 inJerusalem gestorben. Der Jurist und Politikerhatte schon 1893 mit David Wolffsohn (nach-mals Herzls Nachfolger als Präsident der Zio-nistischen Internationale) den zionistischen Ver-ein Chowewe-Zion gegründet. Drei Jahrespäter schuf er in Köln die National-JüdischeVereinigung (ab 1897: Zionistische Vereinigungfür Deutschland), deren Chef er bis 1910 war.

Aufruf zur Alija insGelobte Land zum5. Zionistenkongressin Basel

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Was „dem Netz” voraus ging 51

Mit Wolffsohn verfasste Bodenheimer die „Köl-ner Thesen” als Leitlinie des Zionismus. Erwirkte auch als Initiator und Vizevorsitzenderdes kurz nach Kriegsausbruch 1914 gebildeten„Komitees für den Osten” (intern: „Komitee zurBefreiung der russischen Juden"), über dasman der deutschen politischen und militäri-schen Führung ein Bündnis gegen den russi-schen Zarismus offerierte. Dieser galt damalsden Juden als antisemitischstes Regime undgrößter Feind. 1933 verließ BodenheimerDeutschland in Richtung Niederlande, 1935wanderte er nach Palästina weiter.Vor allem wandten (und wenden) sich die Ver-fechter jüdischer Eigenstaatlichkeit gegen einJudentum, das sich dem jeweiligen Aufenthalts-land fügen und in ihm einfügen will. Die solchenIntegrations- bzw. Assimilationsvorstellungenentgegengesetzte, auch heute bei zionistischenJuden geltende jüdische Weltanschauung brach-te Rabbiner Abraham Hochwald unter derSchlagzeile „Jedem Volk sein Land” im BerlinerZentralratsblatt „Allgemeine Jüdische” vom 26.September 2001 anschaulich zum Ausdruck:

»Es war der Wille Gottes, die Völker von-einander zu trennen und die Kinder Israelsals eine separate Einheit zu behandeln. Na-türlich taucht in diesem Zusammenhang so-fort die Frage auf: Warum bestand Gott da-rauf, die Völker gebietsmäßig voneinanderzu trennen? Wäre es nicht für die Völker vor-teilhafter gewesen, wenn sie auf einem ge-meinsamen Territorium zusammengebliebenwären? Die Antwort, die unsere Gelehrtengeben, ist die folgende: Es war für die Weltwichtig, dass jedes Volk sich auf ein ihm ei-genem Territorium ansiedelte und in diesemRahmen seine eigene Kultur entwickelte ...Es war somit die göttliche Weisheit, die die-se Verteilung vornahm.«

„Nur in Eretz Israel”, dem Gelobten Land desjüdischen Volkes also, könne „das Judentumgedeihen”, schlussfolgert der Rabbiner. Das ge -

„AllgemeineJüdische';26. Septem-ber 2001

nau war auch das Herzensanliegen der Zionis-ten im ausgehenden 19. Jahrhundert.An sich mutet der Text des Rabbiners Hoch-wald in seiner nationalen Grundstimmung wieein nationalistisches Manifest an, das im Prin-zip von den Selbstbestimmungsaktivisten allerVölker unterschrieben werden könnte.

Wie „Feuer und Flamme” warder Kaiser?

»Kaiser Wilhelm II. war anfänglich Feuer undFlamme für die zionistische Idee«,

schreibt der Historiker Axel Meier in seiner inKonstanz hundert Jahre nach dem historischenEreignis erschienenen Monographie „Die kai-serliche Palästinareise 1898” mit dem Unter-titel: „Theodor Herzl, Großherzog Friedrich I.von Baden und ein deutsches Protektorat in Pa-lästina”. Meier weiter:

»Der Gedanke, die Juden als ihr Patron indas Heilige Land zu führen und dabei im In-neren die Sozialisten zu schwächen und au-ßenpolitisch den deutschen Einfluss zu stär-ken, war von jener Qualität, die Wilhelm II.als Herausforderung empfand.«

(„Schwächung der Sozialisten" deshalb, weilJuden einen erheblichen Teil der Führerschaft

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52 Zweiter Abschnitt

der marxistisch-sozialistischen Bewegung stell-ten.) Überhaupt war es dem Kaiser, laut Meier,grundsätzlich darum zu tun, möglichst viele Ju-den aus seinem Reich loszuwerden.Theodor Herzl, der Wegbahner des Zionismus,hatte es zunächst geschafft, den badischenGroßherzog Friedrich 1., Oheim des Kaisers, fürdie Palästinavorstellungen seiner Bewegung ge-neigt zu machen. Ein Treffen zwischen dem Ju-denführer und dem regierenden Fürsten fand aufder Insel Mainau im Bodensee statt. Von Badenaus waren schon, mit großherzoglichem Wohl-wollen, die Templer ins Gelobte Land gezogen,wo sie blühende christlich-deutsche Kolonien(Saron g , Wilhelma usw.) schufen, auch den mo-dernen Südfrüchteanbau Palästinas begründetenund mit den Arabern in gutem Einvernehmenlebten. In den beiden Weltkriegen wurden sie inbritische Konzentrationslager verschleppt undnach 1945 schließlich restlos vertrieben, wobeimilitante Zionisten ziemlich hemmungslos vonder Schusswaffe Gebrauch machten.Unter Berufung auf den badischen Großherzogrichtete Herzl am 22. Oktober 1897 ein Schrei-ben an Kaiser Wilhelm II., in welchem er dendeutschen Monarchen für die Schirmherrschaftüber das Zionistenprojekt im Vorderen Orientu.a. mit folgenden Hinweisen locken wollte:

»Eine koloniale Ableitung des nicht resor-bierbaren Teiles der Judenschaft wäre eineErleichterung für die meisten Länder, wo dieJuden entweder in schwerem materiellenElend verkommen oder durch die gesell-schaftliche Ächtung den Umsturzparteien zu-gedrängt werden oder endlich den Finanzver-kehr in einer von uns Nicht-Geldjuden selbsttief bedauerten Weise beherrschen.«

Wilhelm II. schob die zionistische Petition vorsich her, wurde aber mit Schreiben vom 28.Juli 1898 von Ohm Friedrich erneut darauf an-gestoßen. Der Kaiser antwortete schließlich am29. September jenes Jahres seinem Onkel in

einem streckenweise in seltsam launigen Tongehaltenen Brief:

»Ich bin der Überzeugung, dass die Besied-lung des Heiligen Landes durch das kapital-kräftige und fleißige Volk Israel dem ers-teren bald zu ungeahnter Blüte und Segengereichen wird, der sich auch weiterhin aus-dehnend zu einer bedeutenden Wiederbele-bung und Aufschließung von Klein-Asien ent-wickeln kann ... Zudem würde die Energie,Schaffenskraft und Leistungsfähigkeit vomStamm Jesu auf würdigere Ziele als aufAussaugen der Christen abgelenkt ... Nunweiß ich wohl, dass neun Zehntel aller Deut-schen mit Entsetzen aufmucken werden,wenn sie in späterer Zeit erfahren sollten,dass ich mit den Zionisten sympathisiereoder gar, eventuell, wie ich es auch — wennvon ihnen angerufen — tun würde, sie untermeinen Schutz stellen würde! Allein Dirmöchte ich doch bemerken: dass die Judenden Heiland umgebracht, das weiß der liebeGott noch besser wie wir, dafür hat er siedemgemäß bestraft. Aber weder die Antise-miten noch ich sind von ihm beauftragt undbevollmächtigt, diese Leute nun auch auf un-sere Manier zu kujonieren in Majorem DeiGloriam! Ich glaube, hier darf man auch sa-gen: „Wer unter Euch ohne Fehl ist, der wer-fe den ersten Stein auf sie!” Dazu würdesich ferner auch noch das „Liebet Eure Fein-de” setzen lassen. Und der Punkt ist dochfür uns vom weltlichen und realpolitischenStandpunkt aus nicht außer Acht zu lassen,dass bei der gewaltigen Kraft, die das inter-nationale jüdische Kapital nun einmal in al-ler seiner Gefährlichkeit repräsentiert, esdoch für Deutschland eine ungeheure Errun-genschaft wäre, wenn die Welt der Hebräermit Dank zu ihm aufblickt?! Überall erhebtdie Hybris des rohesten, scheußlichsten Anti-semitismus ihr greuliches Haupt, und angst-erfüllt blicken die Juden — bereit, die Länder,

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Was „dem Netz” voraus ging 53

wo ihnen Gefahr droht, zu verlassen — nacheinem Schützer. Nun wohlan, die ins HeiligeLand Zurückgekehrten sollen sich Schutzesund Sicherheit erfreuen und beim Sultanwerde ich für sie intervenieren, denn dieSchrift sagt: Macht euch Freunde mit demungerechten Mammon; seid klug wie dieSchlangen und ohne Falsch wie die Tauben.«

Hohenzoller trifft HebräerZu Beginn der berühmten Orientreise WilhelmsII. kam es dann in Konstantinopel am 18. Okto-ber 1898 zu einer Audienz Herzls beim deut-schen Kaiser, wobei der Hohenzoller dem Heb-räer zum Thema Zionismus eröffnete:

»Darüber bin ich durch Ihr Buch genau unter-richtet. Das ist die Lösung. Es ist die einzigrichtige. Ich bin ganz Ihrer Meinung.«

Am 23. November 1898 fand in Jerusalem einezweite Vorsprache Herzls beim Kaiser statt.Wilhelm II. war in der Heiligen Stadt — wieüberall auf seiner Reise durch das Morgenland— von den Massen begeistert begrüßt wordenund hatte in Jerusalem die Erlöserkirche, dasAugusta-Victoria-Hospiz auf dem Ölberg unddie Dormitio-Kirche auf dem Zionsberg einge-weiht bzw. die Grundsteinlegung vollzogen (sie-he hierzu die vorzügliche Arbeit des israe-li schen Historikers Prof. Alex Carmel „DerKaiser reist ins Heilige Land. Die PalästinareiseWilhelms II. 1898"). Der mosaische Zionisten-führer ersuchte den christlich-protestantischenMonarchen erneut, sich beim Sultan und musli-mischen Kalifen in Istanbul für das jüdischeVorhaben im Gelobten Land zu verwenden. DieAntwort Wilhelms fiel nun dilatorischer aus,denn der Kaiser war bei der Hohen Pforte auferheblichen Widerstand gegen das zionistischeProjekt gestoßen. Womöglich hatte die deut-sche Majestät nach den ihm erbrachten Jubel-stürmen der ortsansässigen Bevölkerung aberauch Skrupel bei der Vorstellung, welches

Schicksal den palästinensischen Arabern beiVerwirklichung des Herzl-Planes blühte.Ebenfalls ohne durchgreifenden Erfolg versuch-te es Herzl am 5. März 1900 noch einmal miteiner Eingabe beim badischen Großherzog, inwelcher er, sollte das Deutsche Reich bei derVerwirklichung des zionistischen Projekts in Pa-lästina helfen, verhieß:

»Ein deutsches Schutzgebiet würde geschaf-fen werden, ohne jedes Opfer, ohne Wagnis.Kleinasien unter deutschem Einfluss!«

Der mannigfach ins bundesrepublikanische „Netz”involvierte Pfarrer Winfried Amelung (Chemnitz)

1898: Theodor Herzl, Kaiser Wilhelm 11. (vermut-lich Fotomontage)

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54 Zweiter Abschnitt

erläuterte in den „Israel Nachrichten” vom 30. Ok-tober 1998 die bedeutsame Rolle eines christli-chen Vorkämpfers des Zionismus — vermutlichsein großes Vorbild:

»Der Wiener Hofprediger Pfarrer WilliamHechler, einer der herausragenden Geist-lichen des 19. Jahrhunderts, der von einergroßen Liebe zu den Juden und einem star-ken Glauben an die Erfüllung alttestamentli-cher Verheißungen getragen war, hatte fürHerzls Missionen durch Vermittlung des Gra-fen von Eulenburg mehrfach bei Kaiser Wil-helm II. vorgesprochen. Der Kaiser scherztedamals mit Hechler: „Wollen Sie Außen-minister im neuen Judenstaat werden?"«

Fanatisch begeistert von der Herzl-Bewegung,sponn besagter Hechler manchen Faden desersten zionistischen Netzes in Mitteleuropa.Angeblich deutscher Herkunft, doch in Englandlebend, war er als anglikanischer Kaplan an diebritische Botschaft in Wien gekommen; auch

Fanatischer Prozionist:Hofprediger William Hechler

verfügte er über glänzende Kontakte ins Deut-sche Reich — bis hin zum Hofe der Hohenzollernin Berlin. Was (bzw. wer) genau den seltsamenHeiligen trieb, harrt noch historiographischerAufklärung. Nach gegebenem Kenntnisstandglaubte er, er müsse der Bibel Gottes Gebotentnehmen, dass alle Juden der Welt nach Pa-lästina gehörten, weshalb er sich für Herzls Be-wegung geradezu zerriss. Dem badischen Groß-herzog, der derlei Zuflüsterungen zugänglichwar, hatte Hechler bedeutet, bei Verwirk-lichung des Zionismus im Heiligen Land werdedem Fürsten „das Geheimnis der Bundeslade”offenbar.Kaiser Wilhelm II. aber habe, so „Netz"-PfarrerAmelung, nicht aus Freundschaft oder gar Liebezu den Juden eine Unterstützung des Zionismuserwogen, sondern nur, „um sie los zu werden”.Später habe der exilierte Kaiser den Bolsche-wismus als „den ausgestreckten Arm” des in-ternationalen Judentums bezeichnet und zurBefreiung der Menschheit „von der Pest” ge-mahnt.

In Zugzwang durchBalfour-Erklärung

Der zionistische Publizist und Historiker EfraimGordon schrieb am 18. September 1998 in den„Israel Nachrichten” über die weitere Entwick-lung in der Zeit des Ersten Weltkrieges:

»Als Gegenstück zur britischen Balfour-Erklä-rung (November 1917) gab das wilhelmi-nische Deutschland eine „Lichtheim-Deklarati-on” heraus, so benannt nach dem deutschenZionisten Richard Lichtheim ... Diese Dekla-ration versprach den Juden im Falle einesSieges der Mittelmächte nicht nur eine Heim-stätte in Palästina, sondern auch einen zu-mindest autonomen Staat innerhalb des otto-manischen Reiches. Es wurde ein „DeutschesKomitee zur Förderung der jüdischen Palästi-nasiedlung” gegründet, dessen Vorsitzender

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Was „dem Netz” voraus ging 55

der aus dem Baltikum stammende Volkswirt-schaftler Prof. Dr. Carl Ballod wurde. Er ver-fasste eine Broschüre mit dem Titel „Palästi-na als jüdisches Ansiedlungsgebiet".«

Ballod habe die Umsiedlung der jüdischen Mas-sen in den Machtbereich des Osmanischen Rei-ches als „im Interesse Deutschlands und Öster-reichs liegend” bezeichnet und zum Schlussseiner Ausarbeitung geschrieben:

»Die neue jüdische Siedlung in Palästinamuss, wenn sie Bestand haben, wenn siedie in großzügiger Weise inaugurierte eth-nische Wiedergeburt zu Ende führen soll,eine Gesellschaft freier Genossen, nicht einesolche von Herren und Knechten sein.«

Der vorerwähnte Richard Lichtheim (1885-1963),ab 1911 Redakteur des Zionisten-Zentralorgans„Die Welt”, ab 1917 Chef der Zionistischen Ver-einigung für Deutschland, 1919 Mitglied derzionistischen Delegation bei den Versailler Ver-handlungen, 1933 in Berlin Gründer der radikal-zionistischen „Jüdischen Staatspartei”, 1934nach Palästina ausgewandert, im Zweiten Welt-krieg Vertreter der Jewish Agency in Genf, woer, wie das „Neue Lexikon des Judentums”schreibt,

»ein Netz von Kontakten im besetzten Ost-europa aufbaute«,

zählte zu jenen jüdischen Führern, die im ErstenWeltkrieg der politischen Spitze des Reiches inBerlin versichert hatten, das Weltjudentumsympathisiere mit der deutschen Sache.In diese Kerbe schlug auch Nahum Goldmann,das spätere Oberhaupt der zionistischen Welt-bewegung. Er verschaffte sich im Ersten Welt-krieg mit einer überaus germanophil anmuten-den Schrift „Der deutsche Krieg” (geschriebenfast im Stil von „Am deutschen Wesen mag dieWelt genesen”) einen Einflussposten in derPropagandaabteilung des Berliner AuswärtigenAmtes, wo er camoufliert für sein Herzensziel,Eretz Israel, wirkte, und stieg schließlich sogar

zum Leiter einer Abteilung für jüdische Angele-genheiten im deutschen Außenministerium auf.Durch die prozionistische britische Balfour-Er-klärung sei Berlin in Zugzwang geraten, weilman eine weitgehende Solidarisierung „desWeltjudentums” mit dem Feind befürchtete,schreibt Francis Nicosia in seinen Betrachtun-gen zur frühen Vorgeschichte von Haavara.Hintergrund: Der britische Außenminister Bal-four hatte in der nach ihm benannten Deklarati-on vom 2. November 1917 dem Lord Lionel ausder berühmten (hin und wieder auch berüchtig-ten) jüdischen Gelddynastie der Rothschildsversprochen, dass England „größte Anstrengun-gen” zur Unterstützung der zionistischen Be-strebungen in Palästina unternehmen werde.London hatte sich allerdings zwei Jahre zuvorgegenüber den Arabern und 1916 gegenüberden Franzosen (Sykes-Picot-Abkommen über dieAufteilung des Osmanischen Reiches) zu ziem-lich genau dem Gegenteil verpflichtet. Undnoch 1903 hatte Englands Außenminister Jo-seph Chamberlain ein Gebiet im östlichen Zen-tralafrika als jüdische Heimstatt empfohlen.Theodor Herzl brachte diesen „Uganda-Plan”umgehend vor das Plenum des 6. Zionistenkon-gresses, wo er sogar eine Mehrheit bekam.Bald darauf schon gelang es allerdings der Pa-lästina-Fraktion im Zionismus, diesen Ansatzzur Lösung der Judenfrage zu torpedieren.Nicosia fährt über die Entwicklung der reichs-deutschen Position 1917/18 fort:

»Nach einer Aussprache im Außenministeri-um entschloss sich die deutsche Regierung,ihren osmanischen Verbündeten unter Druckzu setzen und ihn zu einer Erklärung zuguns-ten der zionistischen Ziele in Palästina zuveranlassen. Die Hohe Pforte willigte am 12.Dezember 1917 widerstrebend ein. Eine ähn-liche Erklärung war am 21. November vonder Regierung der k. u. k. Monarchie abge-geben worden. Berlin folgte mit einer eige-nen Erklärung am 5. Januar 1918.«

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56 Zweiter Abschnitt

Das Pro-Palästina-Komitee

Flankierend sei, so Nicosia weiter, zu Beginndes Jahres 1918 im Berliner Auswärtigen Amtunter der Leitung von Professor Moritz Sobern-heim (bedeutender Epigraphiker, Vizechef desDeutsch-Israelitischen Gemeindebundes) eine„Sonderabteilung für jüdische Fragen” einge-richtet worden. Und im Mai 1918 sei es dann„mit voller Unterstützung der deutschen Regie-rung” zur Gründung des Deutschen Komiteeszur Förderung der jüdischen Palästinasiedlung,des schon erwähnten „Pro-Palästina-Komitees”,gekommen. Dieses verkündete:

»Die zionistischen Bemühungen, in Palästinaeine nationale Heimstatt zu schaffen, sind zufördern. Die jüdische Siedlung in Palästinaist ein Ereignis von großer geschichtlicherBedeutung, welches für die Politik Deutsch-lands von außerordentlichem Interesse seinmuss.«

Im Manifest des Komitees hieß es, die „jüdi-sche Palästinabewegung” sei

»ein hervorragendes Mittel für die Ausbrei-tung der deutschen Kultur und jüdischenVolkswesens und für den Fortschritt mensch-licher Wohlfahrt und Gesittung«.

Über die Zusammensetzung des Komitees no-tiert Nicosia:

»Die Mitglieder bestanden aus Juden undNichtjuden, Konservativen, Liberalen und So-zialisten, Philo- und Antisemiten, als auchaus wichtigen Persönlichkeiten der Regie-rung, Wissenschaftlern und Schriftstellern.Darunter befanden sich Philipp Scheide-mann, Gustav Noske und Max Cohen-Reußvon der SPD, Matthias Erzberger, der Führerder katholischen Zentrumspartei, und GrafKuno von Westarp von den Konservativen.Weitere Mitglieder waren Reichstagsprä-sident Konstantin Fehrenbach und Gelehrteund Verleger wie Otto Auhagen, Georg Clei-now, Hans Delbrück, Adolf Grabowsky, Otto

Hoetzsch, Ernst Jäckh, Karl Meinhof, WernerSombart und Max Weber.«

Dass sich sogar Antisemiten im Komitee enga-gieren konnten, leuchtet insofern ein, als dasVerschwinden möglichst vieler Juden aus demReich auch ihr Anliegen war. Schon der ausden Abruzzen stammende FranziskanerpredigerJohannes von Capestrano (1386-1456), einerder rüdesten Hebräerfeinde seiner Zeit, hatteeinen Plan für den Judenexodus nach Überseeentworfen.

„Anspruch auf die deutschenSympathien”

Kurz nach Ende des Ersten Weltkrieg kamendie Aktivitäten des Pro-Palästina-Komitees zumErliegen. Doch 1926 wurde, wie John F. Oppen-heimers „Lexikon des Judentums” (1971)schreibt,

»nach dem Vorbild ähnlicher Einrichtungen inBelgien, Bulgarien, England (ParliamentaryPalestine Committee, Palestine Mandate So-ciety), Frankreich (France-Palestine, ComitefranQais des amis de Sionisme), Italien, Ös-terreich, Rumänien und Ungarn«,

eine Wiedergründung vollzogen. Im Programmdes reanimierten Gremiums hieß es nun:

»Das Deutsche Komitee Pro Palästina zurFörderung der jüdischen Palästinasiedlungwird in der Überzeugung, dass der Aufbauder im Palästinamandat vorgesehenen Heim-stätte für das jüdische Volk als ein Werkmenschlicher Wohlfahrt und Gesittung An-spruch auf die deutschen Sympathien unddie tätige Anteilnahme der deutschen Judenhat, bemüht sein, die deutsche Öffentlichkeitüber das jüdische Kolonisationswerk in Pa-lästina aufzuklären, die Beziehungen zwi-schen Deutschland und Palästina zu pflegenund allgemein die Erkenntnis zu verbreiten,dass das jüdische Aufbauwerk in Palästinaein hervorragendes Mittel für die wirtschaft-

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Was „dem Netz” voraus ging 57

liche und kulturelle Entwicklung des Orients,für die Ausbreitung deutscher Wirtschafts-beziehungen und für die Versöhnung der Völ-ker ist.«

Zwölf Mitglieder des ursprünglichen Pro-Paläs-tina-Komitees waren wieder mit dabei:

Otto Auhagen,Georg Bernhard,Robert Breuer,Otto Eberhard,Adolf Grabowsky,Otto Hoetzsch,Ernst Jäckh,Karl Meinhof,Lothar Meyer,Werner Sombart,Ludwig Stein,Oskar von Truppel.

Den Vorsitz übernahm nun Johann HeinrichGraf Bernstorff von der liberalen Deutschen De-mokratischen Partei (DDP), 1908-1917 Botschaf-ter des Reiches in den USA, in der WeimarerZeit Präsident der deutschen Völkerbundsliga.Auch noch weitaus rechtere Politiker, solchenämlich aus der Deutschnationalen Volkspartei(DNVP), mischten mit. Namhafte herkunftsjüdi-sche (Reichsminister a. D. Dr. Bernhard Dern-burg, SPD-Politiker Eduard Bernstein), halbjüdi-sche (Carl Wilhelm Petersen, der Bürgermeistervon Hamburg), jüdisch verheiratete (ThomasMann, Max Slevogt) und nichtjüdische Persön-lichkeiten engagierten sich im Komitee. Zu denLetztgenannten zählten zwei Kanzler der Wei-marer Republik (Konstantin Fehrenbach vomZentrum, Hermann Müller von der SPD) und einKanzler der späteren Bundesrepublik Deutsch-land, Konrad Adenauer (damals katholischeZentrumspartei). Ein Netz also, das es in sichhatte.Im offiziellen

»Tätigkeitsbericht des Deutschen Komiteeszur Förderung der jüdischen Palästinasied -

lung für die Zeit vom 1. Februar 1928 bis 31.Januar 1929«

findet man folgende Auflistung der führendenMänner der Bewegung:EHRENAUSSCHUSS:

Preußischer Kultusminister Prof. Dr. KarlHeinrich Becker,preußischer Ministerpräsident Dr. h. c. OttoBraun,Professor Dr. Albert Einstein,Geheimer Regierungsrat und Mitglied derPermanenten Mandatskommission des Völ-kerbundes Ludwig Kastl,Generalkonsul Eugen Landau,Reichstagspräsident Paul Löbe,Staatssekretär in der Reichskanzlei Dr. Her-mann Pünder,Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Dr.Karl von Schubert,Direktor der Deutschen Bank Oscar Wasser-mann,Staatssekretär des Preußischen Staatsmini-steriums Dr. Weismann.

PRÄSIDIUM:Botschafter a. D. Graf Bernstorff (Vorsitzen-der),Ministerialdirektor Dr. Hermann Badt,Rabbiner Dr. Leo Baeck,Mitglied des Reichstages Prof. D. Dr. Dr. J.V. Bredt,Mitglied des Reichstages Dr. Rudolf Breit-scheid,Vorsitzender der Zionistischen Vereinigungfür Deutschland Kurt Blumenfeld,Regierungspräsident Dr. Hermann Hauss-mann,Mitglied des Reichstages Professor Dr. 0.Hoetzsch,Ministerialdirigent im Auswärtigen AmtHartmann Freiherr von Richthofen,Geheimer Konsistorialrat Prof. Dr. Ernst Sellin,Legationsrat Prof. Dr. M. Sobernheim,Kommerzienrat Konsul Dr. W. Sobernheim.

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58 Zweiter Abschnitt

Förderer der zionistischen Palästinapläne: Die Reichsaußenminister Rathenau (links) und von Neurath

Francis Nicosia über die weitere Entwicklung:

»Bis zum Jahre 1932 sicherte sich das Komi-tee die aktive Unterstützung von 217 der be-kanntesten und wichtigsten deutschen Ju-den und Nicht-Juden ... Es förderte aucheifrig die prozionistische Politik der deut-schen Regierung, freundschaftliche Bezie-hungen mit der zionistischen Weltorganisati-on zu pflegen.«

Hilfestellung aus der Regierung sei dem Komi-tee vor allem vom Auswärtigen Amt und hierinsbesondere von den Außenministern Rathe-nau, Stresemann und von Neurath geleistetworden. Den mehreren Besuchen von Dr. ChaimWeizmann und anderer Führer des Welt-Zionis-mus in Berlin habe das AA „beachtliche Bedeu-tung beigemessen”.

Weitere Netzwerke inWeimarer Zeit

Neben dem Pro-Palästina-Komitee gab es zurWeimarer Zeit noch zwei weitere Netzwerke,in denen Juden und Nichtjuden eng zusammen-wirkten: Der Deutsche Volksgemeinschafts-dienst und der Verein zur Abwehr des Antise-mitismus.Beim Deutschen Volksgemeinschaftsdienst, derauch im Gewande „Büro Wilhelmstraße” oder„Ausschuss für Volksaufklärung” in Erscheinungtrat, handelte es sich um eine „getarnte Propa-gandastelle”, so der jüdische Historiker ArnoldPaucker, der über die Arbeit der Gruppierungmehrere aufschlussreiche Studien veröffentlichthat („Der jüdische Abwehrkampf gegen Antise-mitismus und Nationalsozialismus in den letztenJahren der Weimarer Republik", HamburgerBeiträge zur Zeitgeschichte, Band IV, Hamburg1968; „Die Abwehr des Antisemitismus in den

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Jahren 1893-1933", im Sammelband „Antise-mitismus. Von der Judenfeindschaft zum Holo-caust”, Frankfurt am Main/New York 1985; „Jü-discher Widerstand in Deutschland”, Beiträgezum Widerstand 1933-45, Heft 37, Berlin 1989).„Dienst"/„Büro"/„Ausschuss” kooperierten engmit dem jüdischen Centralverein (CV), der wich-tigsten seinerzeitigen Vereinigung der Israelitenim Deutschen Reich. Über die Initiatoren der„getarnten Propagandastelle” schreibt Paucker:

»Sie wussten bereits 1929, dass man demNazismus nur mit einem militanten und massi-ven jüdischen Gegenangriff begegnen könne.«

Wobei es darauf angekommen sei,»dass der jüdische „Pferdefuß” selbstver-ständlich nicht in Erscheinung treten sollte«.

Weshalb man sich hinter allen möglichen Par-teien und Institutionen verschanzte, um Politikund Medien zu beeinflussen. Ausgefeilte Tricksbestanden z. B. darin, judenkritische oder-feindliche Organe mit angeblich authentischen,in Wahrheit aber maßlos aufgebauschten oderfrei erfundenen Nachrichten über die „jüdischeGefahr” zu füttern, welche rasch als Lügenplatzten und die Glaubwürdigkeit der betroffe-nen Medien erschütterten. Auch setzte manGerüchte über „jüdische Herkunft” bzw. „jüdi-sche Finanzierung” antisemitisch agierenderPolitiker, nicht zuletzt Hitlers, in Umlauf, umdiese bei ihren Anhängern unmöglich zu ma-chen. Manche dieser kuriosen Geschichten„lebt” heute noch. Man infiltrierte das juden-feindliche Lager mit Agents provocateurs oderV-Leuten. Mit Geld versuchte man, den Spalt-pilz bei den Antisemiten zu züchten, was relativam erfolgreichsten war, denn die Gruppen zer-fetzten sich meist selbst. Eine weitere wichtigeAufgabe der jüdischen Propagandastelle be-stand darin, Medien und Veranstaltungen dergegnerischen Szene mit Argusaugen zu über-wachen und jede sich bietende Gelegenheit zunutzen, die „andere Feldpostnummer” in Ge-richtsverfahren zu verwickeln.

Die Geldmittel stammten hauptsächlich von jü-dischen Geschäftsleuten. Zuständig für Finanz-beschaffung im getarnten anti-antisemitischenFeldzug war der Centralvereins-Funktionär Juli-us Bamberger, Eigentümer einer Warenhaus-kette mit Hauptsitz in Bremen. Als Chefs derPropagandastelle mit Zentrale in der BerlinerWilhelmstraße wirkten Hans Reichmann (CV-Syndikus), Walter Gyßling (Verfasser von „DerAnti-Nazi”, einer „geballten Ladung” gegen dieNSDAP, gemixt aus Wahrheiten und Horror-storys) und Adolf Rubinstein (alias „Stone”, sosein Tarnname). Zu den Hauptberatern gehörteder aus Russland stammende Sozialist SergeChakotin, von Haus aus Biologe. Von ihm weißPaucker:

»Er baute sein Propagandasystem auf Paw-lows Reflextheorie auf.«

Chakotin erfand beispielsweise die drei Pfeileder roten „Eisernen Front” als allgemeines „An-tifa-Symbol”.Letztlich aber erwiesen sich die Genanntenihrem wichtigsten Widerpart, dem mit allenpropagandistischen Wassern gewaschenen Dr.Joseph Goebbels, als hoffnungslos unterlegen.

Der Abwehrverein

Der Verein zur Abwehr des Antisemitismus(kurz auch nur „Abwehrverein” genannt) warbereits 1890 ins Leben getreten. Er setzte sichvor allem aus bürgerlichen jüdischen, herkunfts-jüdischen und nichtjüdischen Persönlichkeitenzusammen. Hauptorgan waren die so genann-ten „Abwehrblätter”. Auch gab man ein „Ab-wehr-ABC” heraus mit dem Ziel, die Argumentebzw. Behauptungen der Antisemiten samt undsonders zu widerlegen. Zu den Berühmtheiten,die in den Reihen des Vereins standen, zählten— Theodor Barth,

- Otto Landsberg,

- Heinrich Mann,

- Theodor Mommsen,

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60 Zweiter Abschnitt

— Hugo Preuß.Zur Weimarer Zeit wirkten Georg Gothein (bis1930) und in dessen Nachfolge Heinrich Kroneals Vorsitzende des Abwehrvereins. Gothein(Vater jüdischer Herkunft, nichtjüdische Mutter)war politisch ein Rechtsliberaler. Er gehörtenach Ende des Ersten Weltkrieges zu den Grün-dern der DDP, trat 1919 aus Protest gegen dasVersailler Siegerdiktat von seinem Amt alsReichsschatzminister zurück. Im Dritten Reichblieb er unbehelligt. Er starb 1940 in Berlin.Heinrich Krone, nichtjüdisch, war in WeimarerZeit Vizegeneralsekretär der katholischen Zen-trumspartei und Reichstagsabgeordneter. ImZuge der allgemeinen Verhaftungswelle nachdem 20. Juli 1944 kam er zeitweise hinter Git-ter. 1945 gehörte er zu den Gründern der CDU,alsbald zum engsten Kreis um Adenauer.1955-61 stand er an der Spitze der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Von 1961 bis 1966 warer Bundesminister ohne Portefeuille. Hoch-betagt starb er 1989 in Bonn.

»In groteskem Kontrast zu seiner 43-jährigenGeschichte«,

findet das „Neue Lexikon des Judentum”, seider Verein zur Abwehr des Antisemitismus imJuli 1933 von der politischen Bildfläche abge-treten. Das jüdische Nachschlagewerk weiter:

»Die Versuche, sich mit der NS-Herrschaft zuarrangieren — so erließ der Verein am 27.März 1933 eine Deklaration gegen die aus-ländische „Greuelpropaganda” und betontein seinem „Abschiedswort”, dass er die Ma-ximen des Vereins durch die neue Führunggewährleistet sehe — bildeten das Ende.«

Zur abgewogenen Beantwortung der Frage, obdie Deutschen „Auschwitz voraussehen” konn-ten oder beabsichtigten Völkermord an Judenhätten zumindest erahnen müssen, dürfte nichtnur diese Information von Wert sein, sondernauch dass— mit Heinrich Krone immerhin sogar der Chef

des traditionsreichen Vereins zur Abwehr

des Antisemitismus im März 1933 alsReichstagsabgeordneter für Hitlers Ermäch-tigungsgesetz stimmte,auch zwei der berühmtesten herkunftsjüdi-schen Reichstagsabgeordneten, Dr. Rein-hold Quaatz (Deutschnationaler) und Prof.Dr. Friedrich Dessauer (Zentrumspartei), mitJa votierten,der Führer des Deutschen Rabbinerverbandes(und der B'nai B'rith-Logenvereinigung imDeutschen Reich), Dr. Leo Baeck, zur selbenZeit in aller Öffentlichkeit erklärte, der vonder NS-geführten Reichsregierung verkünde-te „Kampf zur Überwindung des Bolschewis-mus und für die Erneuerung Deutschlands”sei durchaus begrüßenswert; darin kommeauch „eine Sehnsucht innerhalb der deut-schen Juden zum Ausdruck”.

„Der glänzendste Aufstieg”

Die Zahl der Juden in Deutschland, die in Wei-marer Zeit zur Umsiedlung nach Palästina auf-brachen, sei es, weil sie sich von Antisemitenvergraulen oder von Zionisten verlocken ließen,blieb extrem gering. Insgesamt waren es weni-ge Tausend. Schon gar nicht wollten die vielenhiesigen Juden, die stark vaterländisch fürDeutschland empfanden, in den Vorderen Ori-ent. Aus Osteuropa ins Reich zugeströmte Ju-den gingen, wenn sie denn weiterwanderten,li eber nach Amerika.Wie tief die Verankerung vieler Juden inDeutschland ging, zeigt ein Bericht des langjäh-rigen Oberhauptes der zionistischen Internatio-nale, Dr. Nahum Goldmann. In seiner Autobio-graphie „Staatsmann ohne Staat” (Köln 1970)schrieb er:

»Das jüdische Volk hatte an dem rapidenwirtschaftlichen Aufstieg des modernen kai-serlichen Deutschland vollen Anteil genom-men, viel zu demselben beigetragen und sicheine zentrale Stellung in der deutschen Wirt-

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Was „dem Netz” voraus ging 61

schaft erobert. Von der wirtschaftlichen Po-sition her gesehen konnte sich keine jüdi-sche Minderheit in anderen Ländern, ja nichteinmal die amerikanische, mit den deutschenJuden messen. Sie waren mitführend in denGroßbanken, wofür es nirgends eine Paralle-le gibt, und durch die Hochfinanz waren sieauch in die Industrie eingedrungen. Ein be-deutender Teil des Großhandels lag in ihrenHänden und selbst in Wirtschaftszweigen,die sich sonst kaum in jüdischem Besitz be-finden, wie Schifffahrt oder Elektroindustrie,waren sie in Deutschland führend; Namenwie Ballin oder Rathenau bezeugen das.«

Selbst in den USA sei es den Juden nicht ge-lungen

»in dem gleichen Maße in die zentralenSphären der Wirtschaft (Stahl, Eisen, Schwer-industrie, Hochfinanz, Schifffahrt) einzudrin-gen, wie dies in Deutschland der Fall war«.

Auch die Stellung der Juden im Geisteslebendes zweiten Deutschen Reiches sei „beinaheeinzigartig” gewesen, heißt es bei Goldmann.Der Zionistenführer weiter:

»In der Literatur waren sie durch glänzendeNamen vertreten. Das Theater lag zu einemerheblichen Teil in ihren Händen. Die Tages-presse, vor allem ihr international einfluss-reicher Sektor, war weitgehend in jüdischem

Besitz oder wurde journalistisch von Judengeleitet.«

Er zögere nicht zu behaupten, so Goldmann,»dass kaum ein Teil des jüdischen Volkesvon den Möglichkeiten, die die Emanzipationdes neunzehnten Jahrhunderts eröffnet hat-te, einen solchen Gebrauch machen konntewie der deutsche«.

Die Geschichte der Juden in Deutschland abGründung des Bismarckreiches bis zu Hitler sei

»wohl der glänzendste Aufstieg, der einemZweig des jüdischen Volkes geglückt ist«.

Laut der US-jüdischen Historikerin Sarah Gordon(„Hitler, Germans and the Jewish Question",Princeton 1984) waren schon zur Kaiserzeit,1905/06, an den reichsdeutschen Universitätenjeweils rund 25 Prozent der Studenten desRechts und der Medizin sowie 34 Prozent derDoktoranden in den philosophischen FakultätenJuden, standen 1923 in Berlin 150 jüdischen Pri-vatbanken ganze 11 in nichtjüdischen Händengegenüber und waren Ende 1932 rund 85 Pro-zent der Makler an der Berliner Börse Juden.

Auch bei Textil und Zelluloid ...

Der als Jude vor Hitler emigrierte US-Ge-schichtsprofessor Arno J. Mayer schreibt in sei-nem Buch „Der Krieg als Kreuzzug. Das Deut-sche Reich, Hitlers Wehrmacht und die

Darwinistisches.

Wie sich der Chanukaleuchler des Ziegenfellhändlers Cohn in Pinne zum Christbaum des Kommerzienrats Conrad

in der Tiergartenstraße (Berlin W.) entwickelte.

Zionistische Spottzeichnung (,Schlemiel ", Januar 1904) gegen das Assimilationsjudentum

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62 Zweiter Abschnitt

,Endlösung"' (Reinbek 1989) über die Zeit un-mittelbar vor Hitlers Machtübernahme:

»Über 40 Prozent des deutschen Textilgroß-handels und über 60 Prozent aller Groß- undEinzelhandelsbetriebe der Konfektionsbran-che waren in jüdischer Hand. Ihre Präsenz indiesem Bereich, besonders im Bekleidungs-Einzelhandel, wog um so schwerer, als ge-gen Ende der zwanziger Jahre jüdische Kauf-häuser und Ladenketten, deren Personalzudem ebenfalls überwiegend jüdisch war,dieses Marktsegment zu beinahe 80 Prozentbeherrschten.«

Nicht zuletzt am deutschen Film der WeimarerZeit lässt sich Goldmanns Aussage vom „glän-zendsten Aufstieg” belegen. In Hans Borgeltsmit einem Vorwort von Volker Schlöndorff ver-sehenem Buch „Die Ufa, ein Traum — 100 Jah-re deutscher Film” (Berlin 1993) wird ein Zah-lenspiegel aus der Weimarer Endphaseausdrücklich als zuverlässig bezeichnet, der aufUntersuchungen des Statistikers Dr. Jason be-ruhte und in der Publikation „Film-,Kunst', Film-Cohn, Film-Korruption” der Autorentroika Neu-mann/Belling/Beltz veröffentlicht wurde:

»1930: Von 146 Drehbüchern für Spielfilmewurden 96 von jüdischen Autoren geschrie-ben, also 66 Prozent. 1931: 144 Drehbücher,davon 119 von jüdischen Autoren = 83 Pro-zent. 1932: 130 Drehbücher, davon 92 vonjüdischen Autoren = 71 Prozent.1930: 146 Spielfilme wurden von 81 Regis-seuren inszeniert. Von diesen waren 35 Ju-den, also 43 Prozent. 1931: 144 Spielfilme —83 Regisseure. Davon 40 Juden = 48 Pro-zent. 1932: 130 Spielfilme. 72 Regisseure.Davon 34 Juden = 47 Prozent.1930: Von 146 Spielfilmen wurden 78 vonJuden inszeniert, also 53 Prozent. 1931: Von144 Spielfilmen 77 von Juden inszeniert --53 Prozent. 1932: von 130 Spielfilmen 62von Juden inszeniert = 48 Prozent.

1930: 101 Tonfilme wurden von 50 Kom-ponisten vertont. Davon waren 31 Juden.Also 62 Prozent. 1931: 142 Tonfilme — 64Komponisten. Davon 39 Juden = 61 Prozent.1932: 129 Tonfilme — 49 Komponisten. Da-von 22 Juden = 45 Prozent.1930: Von 146 Spielfilmen wurden 128 vonFirmen mit jüdischen Inhabern produziert =88 Prozent. 1931: 144 Spielfilme — 120 jüdi-sche Firmen = 83 Prozent. 1932: 130 Spielfil-me — 112 jüdische Firmen = 86 Prozent.1930: Von 63 deutschen Produktionsfirmenstanden 44 unter jüdischer Leitung = 70 Pro-zent. 1931: 67 Produktionsfirmen — 41 jüdi-sche = 61 Prozent. 1932: 64 Produktionsfir-men — 45 jüdische = 70 Prozent.1930: Von 29 Verleihfirmen in Deutschlandwaren 23 in jüdischem Besitz = 79 Prozent.1931: 28 Verleihfirmen — 24 jüdisch = 86Prozent. 1932: 26 Verleihfirmen — 21 jüdisch= 81 Prozent.«

Vorgenannte Fakten widersprechen nicht nurdem bösartigen antisemitischen Unfug vom Ju-den als angeblich nicht schöpferisch veranlag-ten Menschen. Sie widerlegen auch die Pro-paganda etwa eines Daniel J. Goldhagen.Wären nämlich die Deutschen traditionell undvon Grund auf wirklich ein Volk von Judenhas-sern, sogar mit eliminatorischer Neigung, hättees den „glänzendsten Aufstieg” in Deutschlandschwerlich geben können.

Scheerit HaPleitaWie auch immer: Nach einem halben Jahrhun-dert Bemühungen der Zionisten um einen Aus-zug der Kinder Israel aus Deutschland nachNahost, nach 30 Jahren Herrschaft Kaiser Wil-helms II., der „Juden loswerden” wollte, nachden ganzen Anstrengungen des Pro-Palästina-Komitees in 15 Weimarer Jahren und auchnach zwölf Jahren Diktatur Hitlers, davon dieerste Hälfte mit Haavara, die zweite mit den

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Was „dem Netz” voraus ging 63

Menschheitsverbrechen des Holocaust, hieltensich rundgerechnet ebenso viele Juden inDeutschland auf wie zuvor.Neben den Überlebenden der massenverschlin-genden Todes-KZ handelte es sich beim„Scheerit HaPleita” (hebr.: davongekommener,geretteter Rest), so die Eigenbezeichnung, umPersonen, die Bombardierungen und Vertrei-bungsuntaten überstanden hatten (von solchenSiegerverbrechen waren auch viele jüdischeMenschen betroffen), zahlenmäßig aber vor al-lem um Juden aus Osteuropa, die man in derKriegszeit ins Reich verschleppt oder die essonst hierher verschlagen hatte.Ab Ende 1945 gab es zudem einen massiven jü-dischen Flüchtlingsstrom aus Osteuropa nachDeutschland, insbesondere aus Polen, wo sichder traditionell heftige Antisemitismus wiedereinmal gewalttätig entlud. In seinem 1994 inKöln erschienenen Werk „Zum Kampf auf Le-ben und Tod! Das Buch vom Widerstand derJuden 1933-1945” schreibt der jüdisch-zionisti-sche Zeitgeschichtsforscher Arno Lustiger:

»In der Nachkriegszeit kam es zu wütendenPogromen in Polen, etwa in Krakau, Chelmund Rzeszow; der dramatischste Zwischen-fall ereignete sich im Juli 1946 in Kielce. Ab-ram Bocian, der als Partisan tapfer gegendie Deutschen gekämpft hatte, wurde in sei-nem Heimatdorf Paraczew von antisemiti-schen Polen erschossen. Auch Leon Felhend-ler, einer der beiden Führer des Aufstandesim Lager Sobibor, wurde in Lublin ermordet.Die Überlebenden des Holocaust waren dennichtjüdischen Polen alles andere als will-kommen.«

Die Zahl der in der Nachkriegsphase von Ost-europa nach Deutschland geströmten Judenwird in jüdischen Quellen auf bis zu 200 000geschätzt (siehe z. B. Cilly Kugelmann in:„Auschwitz. Gedenken, Rezeption, Wirkung”,herausgegeben vom Fritz Bauer Institut, Frank-furt am Main/New York 1996).

Die Juden in Nachkriegsdeutschland warenfast samt und sonders in Lagern für so genann-te „Displaced Persons” („Heimatlose") unterge-bracht. In der US-amerikanischen Besatzungs-zone befanden sich die größten DP-Lager in— Pocking,- Bad Reichenhall,- Landsberg am Lech,- Wetzlar,— Föhrenwald, Kreis Wolfratshausen.Über Probleme, die sich im Zusammenhang mitdiesen Einrichtungen ergaben, liegen zahlrei-che, in der Zeitgeschichtsschreibung noch kaumthematisierte Dokumente der alliierten Militär-verwaltungen, jede Menge Unterlagen vor al-lem der Military Police, und diverser deutscherBehörden vor. Mit der Geschichte der DP-Lageraus jüdischem Blickwinkel hat sich der PublizistJim G. Tobias befasst, wovon beispielsweisesein lesenswertes Buch „Vorübergehende Hei-mat im Land der Täter. Jüdische DP-Camps inFranken 1945-49” (Nürnberg 2002) zeugt.Manchen Aufschluss, allerdings ebenfalls starkdurch die zionistische Brille betrachtet, gibtauch Michael Brenners „Nach dem Holocaust.

Jim G, Tobias

Vorübergehende Heimat im Land der Täter

jüdische IPI'-Camps in Franken 1945-1949

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64 Zweiter Abschnitt

Juden in Deutschland" (München 1995). DerVerfasser hat jüdische Geschichte an der zio-nistisch orientierten Brandeis-Universität inMassachusetts/USA gelehrt und ist auch glei-chermaßen an der Münchner Universität her-vorgetreten. 1999 erhielt er „für seine Ver-dienste um die zionistische Idee” aus der Handdes Chefs der Zionistischen Organisation inDeutschland (ZOD), Robert Guttmann, denWZO-Preis der World Zionist Organization.

„Ein verzweigtes Netz”

Im „Neuen Lexikon des Judentums” heißt esüber die Juden in Deutschland in der Post-Hit-ler-Phase:

»Bereits in den ersten Nachkriegsmonatenknüpften sie ein verzweigtes Netz vonSelbstverwaltungsorganisationen. Im Juli1945 fand die konstituierende Versammlungstatt, im Januar 1946 der erste Kongressdes „Zentralkomitees der befreiten Juden inder Amerikanischen Besatzungszone”. Diepolitische Arbeit wurde in den Dienst einesjüdischen Staates gestellt ... Die Komiteesarbeiteten eng mit der Jewish Agency undihrer Geheimorganisation „Mossad le AlijaBet” („Büro für illegale Einwanderung nachPalästina") zusammen.«

Zunächst war es dem jüdisch-zionistischenNetz in Nachkriegsdeutschland darum zu tun,die restlose Trennung der eigenen Leute vonDPs aus anderen Völkern durchzusetzen, die Le-bensbedingungen in den Lagern zu verbessernund die Überwachung durch alliierte Soldatenzu beseitigen. Hierfür wurde mit Hilfe US-ame-rikanischer Freunde eine massive Kampagnegestartet, wobei man sogar eine Ähnlichkeitder DP-Behandlung mit jener in Hitlers KZ be-hauptete. Russen, Ukrainer, Polen, Balten usw.,mit denen Juden zusammen untergebracht wa-ren, begegneten dem US-Publikum in Mediennun als brutale Antisemiten, vor denen man die

Bedrohten in Schutz nehmen und von denenman sie separieren müsse.US-Präsident Truman, der sich jüdisch-zionisti-schen Anliegen gegenüber meist sehr auf-geschlossen zeigte (wiewohl er — so zeigt essein 2003 publiziertes Tagebuch aus der Nach-kriegsphase — sich seinen Teil dabei dachte,und zwar einen wenig philosemitischen), beauf-tragte am 22. Juni 1945 den prozionistischenDekan der juristischen Fakultät der Universitätvon Pennsylvanien, Earl G. Harrison, mit derUntersuchung der Lebensbedingungen der DPsin Deutschland. Nach einer Inspektionsreisedurch die Lager in der US-Zone lieferte derRechtsgelehrte am 24. August 1945 seinen Be-richt, den „Harrison-Report”, ab. Darin hieß es:

»Es erscheint so, als ob wir die Juden so be-handeln, wie es die Nazis taten, wenn mandavon absieht, dass wir sie nicht vernichten.Sie befinden sich zu großen Teilen in Kon-zentrationslagern unter der Bewachung un-serer Militärposten anstelle der SS. Manmuss wohl oder übel auf den Gedankenkommen, die Deutschen, die das mit anse-hen, könnten annehmen, wir würden Nazi-politik betreiben oder doch zumindest gut-heißen.«

Als Konsequenz der Zusammenlegung von Ju-den und Nichtjuden, besonders mit Polen,Ukrainern und Balten, die zum Antisemitismusneigen würden, seien tätliche Auseinanderset-zungen zu befürchten, fuhr Harrison fort undempfahl die aparte Unterbringung der Israeli-ten.Die Juden bekamen darauf hin ihre eigenen La-ger (als erstes das im oberbayerischen Felda-fing), in denen sie bzw. ihre zionistischen Füh-rer frei schalten und walten konnten.Ein Hemmschuh besonderen Gewichts aller-dings war noch George Patton, der US-Militär-gouverneur in Bayern. Der bedeutendste ame-rikanische Panzergeneral, vier Sterne auf derSchulterklappe und Haudegen sondergleichen

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Was „dem Netz” voraus ging 65

(Spitzname: „Blood and Guts"), der so viel wiekein anderer westalliierter Militär zum Siegüber Hitlerdeutschland beigetragen hatte, wan-delte sich — begeistert von der Kampftüchtig-keit der Wehrmacht, beeindruckt von der eiser-nen Disziplin der bezwungenen Deutschen —vom Verfechter eines glühend hasserfüllten An-tigermanismus zum „Deutschland-Fan”. Auchwollte er die rasche Beendigung der „Entnazifi-zierung”. Am 31. August 1945 schrieb er insTagebuch:

»In Wirklichkeit sind die Deutschen das ein-zige anständige in Europa lebende Volk.«

Im gleichen Maße, wie sich seine Empfindun-gen für die Deutschen aufhellten, steigertensich Pattons ohnehin schon prinzipiell ungemüt-lichen Gefühle für die Juden zu einem harschenAntisemitismus. Was er über die Hebräer sagteund schrieb, hätte wohl zumindest teilweiseJulius Streicher aufjauchzen lassen. Die DP-Ju-den in Deutschland gingen dem General „alsgefährlicher Unruheherd” so auf die Nerven,dass er sie möglichst rasch und allesamt nachOsten schaffen lassen wollte. Im Juli 1945 be-fahl er, wohl als Einstieg für weitergehendeMaßnahmen, den Abtransport der Juden ausdem DP-Lager Buchberg nach Polen. Das lösteheftigste jüdische Proteste aus (auch die Polen„bedankten sich”) und wurde von Washingtonschließlich untersagt.Das Problem Patton erledigte sich plötzlich undunerwartet, als sein Jeep im Dezember 1945nahe bei Mannheim von einem mit hoher Ge-schwindigkeit herandonnernden Lkw zermalmtwurde und der General dabei zu Tode kam. Dermörderische Zusammenstoß kam offiziell alsVerkehrsunfall zu den Akten.

Netzwerk „Bricha”

Als eines der zahlenmäßig stärksten jüdischenZentren der Welt war Nachkriegsdeutschlandder Führung des internationalen Zionismus

wichtig genug, dass sie von dort aus Weichenfür die Schaffung Israels stellte. David Ben-Gu-rion, „Gründervater” des Judenstaates, bereisteim Herbst 1945 das besetzte Deutschland, umsich die Besten unter den dort befindlichen Ab-stammungsgenossen für die Verwirklichung sei-nes epochalen Projekts herauszusuchen.In München fand dann am 27. Januar 1946eine wichtige Vorbereitungskonferenz zur Grün-dung Israels in Ben-Gurions Beisein statt. Stät-te dieser „Conference of liberated Jews” unterLeitung von Zalman Grinberg, eines „begeister-ten Zionisten” (Brenner) aus Litauen, war dasRathaus. Zu den maßgeblich Beteiligten zählteGideon Rafael (eigentlich Gerhard Ruffer; gebo-ren 1913 in Berlin, seit 1934 in Palästina), dernachmalige Chefdelegierte Israels bei der UNO,Botschafter bei der Europäischen Gemeinschaftund Staatssekretär.Vor allem organisierte die Zionistische Interna-tionale im niedergezwungenen Deutschland dasNetzwerk „Bricha” (hebräisch: „Flucht"). Zielwar, so viel wie möglich der dort befindlichenJuden nach Nahost zu schaffen. Denn die „Ge-burt” Israels stand ja bevor. Österreich wurdezum wichtigsten Transit-Territorium und dasWiener Rothschild-Spital das größte Durch-gangslager (siehe: Thomas Albrich, „Exodusdurch Österreich. Die jüdischen Flüchtlinge1945-1948”, 1987; ders.: „Salzburg — Drehschei-be des jüdischen Exodus 1945-48”, Innsbruck1997).

»Auf Schleichwegen nach Eretz Israel«(ins Gelobte Land der Zionisten also), so lautetedie Schlagzeile eines Artikels von Reuven As-sor, der am 11. Juni 1999 in den „Israel Nach-richten” erschien. Der zionistische Publizistschrieb darin über die Nachkriegsjahre:

»Mehr als dreihundertfünfzigtausend Judenbenutzten die halbgeheimen Schleichpfadeüber den Loibl- und Brenner-Pass, um ausDeutschland in die italienischen Häfen Brin-disi, Bari, Tarent, La Spezia und Santa Maria

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66 Zweiter Abschnitt

David Ben-Gurion, 4. von rechts, beim Münchner Kongress des 27. Januar 1946. Als 3. von links im Bild:Dr. Samuel Gringauz, Oberhaupt der DP-Juden von Landsberg/Lech.

della Croce zu gelangen ... Von dort wurdendie Menschen illegal mit Schiffen nach Pa-lästina gebracht.«

Assors Schätzung (350 000) ist eher hoch. In jü-disch-zionistischen Quellen liest man sonstmeist Angaben von ca. 200 000 bzw. 250 000.Hauptzielort der DP-Juden waren neben Paläs-tina die USA, wo weit über fünfzigtausend lan-deten.Es seien vor allem Soldaten der Jüdischen Bri-gade gewesen (also Juden, die in einer eige-nen Formation im Zweiten Weltkrieg auf eng-lischer Seite gekämpft hatten), die „bei diesereinzigartigen Auswanderung die Führung in dieHand genommen” hätten, fuhr der Bericht-erstatter in den „Israel Nachrichten” fort. Ander Spitze der Organisation für die „heilige Ar-beit” habe — unter dem Decknamen „Arthur” —

Ascher Ben-Nathan gestanden. Ihm zur Seitewirkten in der Bricha-Führung u. a. Ex-Bri-gadiers wie Motti Hod (nachmals Chef der is-raelischen Luftwaffe), Jani Avidow, Yehuda Go-lan und Aba Gefen (später Israels Botschafterin Rumänien). Die Arbeit für Bricha sei eine

»Eintrittskarte in die israelische Politik«gewesen, heißt es bei Assor.Nicht von ungefähr tragen die 1970 erschiene-nen Lebenserinnerungen von Ascher Ben-Nat-han den Titel „Davidstern und Deutschland”.Geboren in Wien, war er 1938 nach Palästinaausgewandert, wo er sich im Management derillegalen jüdischen Einwanderung vor allem ausdem Deutschen Reich betätigte. Ein enges Ver-trauensverhältnis verband ihn mit David Ben-Gurion. Im Auftrag des israelischen Verteidi-gungsministeriums war Ben-Nathan nach

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Was „dem Netz” voraus ging 67

Bricha-Chef Ascher Ben-Nathan 1946

seiner Arbeit für das Bricha-Netzwerk in den50er-Jahren an der Waffenbeschaffung ausWesteuropa, nicht zuletzt aus Westdeutsch-land, beteiligt. Von 1965 bis 1970 amtierte erals erster israelischer Botschafter in Bonn.Über lange Zeit wirkte er als Vorsitzender derIsraelisch-Deutschen Gesellschaft, die eine ent-scheidende Funktion im „Netz” hat.

Die Engländer allerdings, Herrscher in Nahost,waren nach 1945 weiter entschlossen, den jü-disch-zionistischen Zustrom nach Palästina zudrosseln. Manche der vom Bricha-Mossad ge-charterten oder sonstwie beschafften Schiffemit Displaced Persons wurden von der RoyalNavy im Mittelmeer aufgebracht; die betroffe-nen Juden kamen in stacheldrahtbewehrte In-ternierungslager, meist auf Zypern, wo zeitwei-se über 10 000 von ihnen festsaßen. DurchRoman und Verfilmung besonders bekannt ge-worden ist die Geschichte des Mossad-Schiffes

„Exodus” mit viereinhalbtausend DPs ohne Visaan Bord, das im Sommer 1947 nicht in Haifaanlegen durfte; die Briten brachten die Judennach Deutschland zurück.Insbesondere Londons Außenminister ErnestBevin, um die Wahrung britischer Interessen imarabisch-muslimischen Raum bemüht, trat beider jüdischen Masseneinwanderung nach Pa-lästina auf die Bremse, was ihn zu einem derbestgehassten englischen Politiker in der zio-nistischen Geschichtsschreibung werden ließ.Militante Zionisten, die schon für die Mordeu. a. an Britanniens Palästinabeauftragten LordMoyne und dem schwedischen Nahostvermitt-ler Graf Bernadotte verantwortlich waren, setz-ten Bevin auf ihre „Abschussliste”. Zum Vollzugkam es allerdings nicht.

Keimzelle des Staates Israel

Zu einer nachkriegsdeutschen Keimzelle desStaates Israel entwickelte sich insbesonderedas schon am 9. Mai 1945 auf dem Geländeder ehemaligen Saarburgkaserne der Wehr-macht gegründete und erst Anfang 1951 end-gültig aufgelöste jüdische DP-Lager von Lands-berg am Lech. In der oberbayerischen Stadt ander Grenze zu Schwaben hatte im 18. Jahrhun-dert der geniale Baumeister Dominikus Zimmer-mann als Künstler und Bürgermeister gewirktund Festungshäftling Hitler 1924 „Mein Kampf”verfasst. Nach 1945 wurden im LandsbergerWar Criminal Prison der US-Amerikaner überhundert Deutsche aufgrund oft höchst fragwür-diger Schuldsprüche am Strang hingerichtet.Das Landsberger DP-Lager zählte anfänglichfast 7000, später durchschnittlich um die 5000,in der Schlussphase ca. 1000 Insassen. Ganz inder Nähe, im dafür geräumten Benediktiner-kloster St. Ottilien, wo das „Ghettoorchester”aus Kovno/Kaunas in Litauen schon Ende Mai1945 ein Konzert für die DPs gegeben hatte(zum Abschluss erklang das Zionistenlied Hatik-

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68 Zweiter Abschnitt

Im DP-Lager Landsberg

va, nachmals Israels Nationalhymne), fand am25./26. Juli 1945 eine erste „Konferenz der be-freiten Juden aller Zonen” statt. Sie forderte

»die Anerkennung der Juden als Volk mit ei-nem Anspruch auf eine eigene Heimat, dievolle Entschädigung der Verluste an Lebenund Besitz durch die Deutschen und die Au-tonomie für die jüdischen Lagerinsassen«.

Der jüdische Historiker Michael Brenner berich-tet in „Nach dem Holocaust” von einem „Auf-sehen erregenden Ereignis nach Beendigungder Beratungen” von St. Ottilien:

»Die 94 Delegierten begaben sich am Abenddes 26. Juli in den Münchner Bürgerbräukel-ler und forderten dort, am symbolischenSchauplatz des Aufstiegs der Nationalsozia-li sten, inmitten entweihter Thorarollen, dieauf dem Fußboden zerstreut lagen, die Er-laubnis zur Ausreise nach Palästina.«

Jacob Olejski, einer der Zionistenführer der DPsin Landsberg (Chef des Lagerkomitees warSamuel Gringauz, auch er strikt zionistisch), riefbei einer „Friedens-Siegeskundgebung”, die imCamp der Lechstadt am 24. August 1945 an-lässlich der japanischen Kapitulation stattfand,aus:

»Nein, wir sind keine Polen, trotzdem wir inPolen geboren sind; wir sind keine Litauer,

auch wenn unsere Wiege einstmals in Litau-en gestanden haben mag; wir sind keine Ru-mänen, wenn wir auch in Rumänien dasLicht der Welt erblickt haben. Wir sind Ju-den! Wir fordern daher, dass für uns dieTore Palästinas weit geöffnet werden, damitwir dort als freies, unabhängiges und selb-ständiges Volk leben können.«

In dem vom jüdischen US-Major Irving Heymontals Vertreter der Besatzungsmacht komman-dierten Landsberger Lager gaben von Anfangan die Zionisten den Ton an. Propaganda fürEretz Israel und die Übersiedlung nach Palästi-na war an der Tagesordnung — verbreitet auchdurch die von einem aus Litauen stammendenJuden, Dr. Valsonok, herausgegebene „Jid-dische Landsberger Cajtung”, deren Redaktionfest in zionistischer Hand lag. Bei dem Blatthandelte es sich nach Einschätzung des jid-dischsprachigen US-Zionistenorgans „Nyu YorkMorgn” um

»di beste jidisze Cajtung in dajcze Lager«.Die erste jiddische Zeitung im hitlerfreienDeutschland war allerdings schon am 4. Mai1945, vier Tage also vor der Gesamtkapitulati-on, in dem von den US-Amerikanern eingenom-menen KZ Buchenwald herausgekommen. Siehatte einen hebräischen Titel, „Techiat ha'Me-tim”, das heißt:

»Die Wiederauferstehung der Toten«.Insgesamt gab es über einhundert, oft kurzlebi-ge Zeitungen und Zeitschriften in den DP-La-gern für Juden, von denen der weit überwie-gende Teil für die Alija die Werbetrommelrührte. Auch ansonsten erwiesen sich die Zio-nisten publizistisch auf Zack. Michael Brennerschreibt:

»Es erschienen etwa fünfzig Lehrbücher fürdas weitverzweigte Schulnetz der ScheeritHaplejta in Deutschland. In Bergen wurdebereits am 1. Juli 1945 eine jüdische Volks-schule mit 200 Schülern gegründet.«

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Was „dem Netz” voraus ging 69

Das kommende Israelformiert sich. Oben:Josef Rosensaft alsRedner in Bad Harz-burg, Juli 1947: Unten:Erinnerungstafel an dieScheerit Hapleita-Kon-ferenz in Bad Reichen-hall im Februar 1947.Auch Philipp Auerbach,nachmals Generalan-walt für Wiedergutma-chung, wird erwähnt.

Bei seiner Deutschlandtournee Oktober/Novem-ber 1945 kam Ben-Gurion auch ins DP-LagerLandsberg, das ohnehin in seinem zionistischenNetzwerk eine besondere Rolle spielte. LautAugenzeuge Dr. Simon Snopkowski, dem lang-jährigen Chef der Israelitischen Kultusgemein-den in Bayern, wurde Israels Gründervater dort„wie ein Gott empfangen” und überhaupt imLandsberger Lager

»der Staat Israel in seinem vorstaatlichenStadium praktiziert«.

Wie es auf den Internetseiten der den jüdisch-zionistischen Belangen sehr zugetanen „Bürger-vereinigung Landsberg” heißt, gingen durch dasDP-Lager

»viele jener Männer und Frauen, die nach1948 Israel zu dem Land machten, das esheute ist«.

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70 Zweiter Abschnitt

Als am 13. Januar 1949 Konsul Dr. Chaim Hof-man als erster Vertreter des neugegründetenStaates Israel die noch in Landsberg befindli-chen Juden aufsuchte, um sie zur Übersiedlungzu ermahnen („Kommt zu uns!"), lobte er dasDP-Lager der Lechstadt, weil man dort „die ers-te zionistische Organisation” in Nachkriegs-deutschland geschaffen habe.

„Lang is der Veg”

Die Judenschaft des DP-Lagers Landsberg stell-te auch die Statisterie — und die Stadt selbstwar teilweise Schauplatz — des ab Herbst 1947gedrehten zionistischen Spielfilms „Lang ist derWeg” (jiddischer Titel: „Lang is der Veg"). Erwurde am 1. September 1948 uraufgeführt; dieFernseh-Erstausstrahlung fand 1959 auf denKanälen der ARD statt. In dem Film erscheintdie Hinwendung zu Eretz Israel als einzigerWeg zum jüdischen Heil. Etablierte bundes-deutsche Cinematologen loben, der Streifen seidurch die Szenen über NS-Verbrechen zum Pio-nierwerk der Holocaust-Bewältigung geworden.Der zionistische Produzent des Lichtspielwer-kes, Abraham Weinstein, griff bei Skript (IsraelBecker) und Inszenierung (Marek Goldstein) aufdie Hilfe von Juden zurück. Doch als federfüh-rend engagierte er Routiniers der Ufa, dergroßdeutschen „Traumfabrik” des Dr. JosephGoebbels: Karl Georg Külb (für das Drehbuch),Lothar Brühne (für die Musik), Herbert B. Fre-dersdorf (für die Regie), Franz Koch (für die Ka-meraführung).Külb hatte zu den meistbeschäftigten Dreh-buchautoren des Dritten Reiches gezählt („DerBlaufuchs”, 1938, „Frauen sind doch bessereDiplomaten”, 1941, „Liebesbriefe”, 1943, usw.).Fredersdorf, obschon jüdisch verheiratet, gehör-te im Film des Dritten Reiches zur Elite derSchnittmeister („Unter heißem Himmel", 1936,„Der Täter ist unter uns” und „Spähtrupp Hall-garten”, jeweils 1941, etc.). Brühne hatte für

die musikalische Untermalung zahlreicher be-rühmter Filme der NS-Zeit wie etwa „La Ha-banera” (1937) und „Orientexpress” (1944)gesorgt und war Schöpfer von Schlager-Ever-greens der Hitler-Ara wie „Der Wind hat mirein Lied erzählt”, „Ich brech die Herzen derstolzesten Frauen”, „Kann denn Liebe Sündesein”, „Von der Puszta will ich träumen”. Kochschließlich, der Kameramann des zionistischenFilms von 1947/48, hatte unter Hitler die Kame-ra bei Dutzenden Streifen geführt, u. a. bei„SA-Mann Brand” (1933), „Ritt zwischen denFronten” und „Carl Peters” (jeweils 1941). AlsMitarbeiter von Leni Riefenstahl war er über-dies an den Aufnahmen für den NSDAP-Partei-tagsfilm „Triumph des Willens” (1935) beteiligt.

Neben Statisten aus dem Lager Landsberg undjüdischen Hauptdarstellern engagierte Pro-duzent Weinstein für „Der lange Weg” zweideutsche Ufa-Berühmtheiten als Schauspieler:Otto Wernicke und Paul Dahlke. Wernicke hatteman zuvor u. a. in „Der Tunnel” (1933), „StarkeHerzen” (1937), „Dreizehn Mann und eine Ka-none”, „Geheimzeichen LB 17 L” (jeweils 1938),„Titanic” (1943) und „Kolberg” (1944) sehenkönnen. Dahlke hatte ab 1933 zum Ensembledes Berliner Deutschen Theaters, ab 1935 auchder Münchner Kammerspiele gehört, also ersterBühnen des Dritten Reiches. Er trat in den 12Hitlerjahren in 46 abendfüllenden Spielfilmenauf. Dr. Goebbels zeichnete ihn 1937 als jüngs-ten Mimen mit der damals höchsten deutschenDarsteller-Ehrung aus, dem Titel eines Staats-schauspielers.

Ein anderes Detail: Julius Streichers naheNürnberg gelegener „Pleikershof”, der vomChef des antisemitischen Hetzblattes „Stürmer”nach Kaltstellung durch Hitler 1940 zu einem,wie man heute vielleicht sagen würde, Biobau-ernhof gestaltet worden war, diente nachKriegsende als Musterkibbutz. Es wurden dorteinige Hundert jüdische DPs von einstigen Mit-

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Was „dem Netz” voraus ging 71

arbeitern Streichers für das landwirtschaftlicheLeben im kommenden Israel geschult.

»Die fränkischen Kibbuzniks gehörten zu denWegbereitern des Staates Israel«,

heißt es in Jim G. Tobias' DP-Buch. Und imMitteilungsblatt des Landesverbandes der Is-raelitischen Kultusgemeinden Bayern, AusgabeApril 1999, schrieb derselbe jüdische Zeit-geschichtsforscher über den „Kibbutz Nili”,Streichers ehemaligen Landwirtschaftsbetrieb:

»Der Pleikershof war ein ideales Ausbildung-scamp. Er umfasste etwa 80 Hektar land-wirtschaftlicher Fläche und 8 Hektar Weide-land. Die Einrichtung des Bauernhofesbefand sich auf dem letzten Stand der Tech-nik. Es gab elektrische Melkmaschinen, Trak-toren und auch Geräte zur Käseherstellungwaren vorhanden. Die Voraussetzungen füreine solide Ausbildung waren gegeben. ZweiLandwirte, die schon zu Streichers Zeitenauf dem Hof tätig waren, betreuten und lei-teten die Kibbuzniks an. Die Beziehung zuden deutschen Trainern war nach Auskunftder Zeitzeugen „sachlich korrekt".«

„An Lehrbüchern der Wehrmachtorientiert”

Bergen in der Lüneburger Heide war das wich-tigste jüdische DP-Lager im britisch beherrsch-ten Teil Deutschlands. Dort wurde im Septem-ber 1945 der erste Kongress der befreitenJuden in der britischen Zone abgehalten. Abge-sandte zionistischer Organisationen aus denUSA, England und Palästina nahmen teil. Es bil-dete sich ein Zentralkomitee der jüdischen DPsmit Josef Rosensaft als Chef, dem ehemaligenBesitzer einer Gießerei in Bendzin/Polen, der —so der jüdische Historiker Michael Brenner —

»mit nahezu diktatorischen Vollmachten überdie Juden in der britischen Zone herrschte«.

Rosensaft, ein sperriger, eigensinniger Zeitge-nosse, geriet nicht nur mit seinen zionistischen

Führungskollegen der US-Zone aneinander, de-nen er sich partout nicht unterordnen wollte,sondern richtete auch zornige Angriffe gegenAbstammungsgenossen in aller Welt. Soschrieb er:

»Hier waren wir also, endlich befreit. Aberviele Monate vergingen, bis die ersten Zei-chen effektiver Hilfe ersichtlich waren. Es isteine Tatsache, dass sich in der gesamtenJudenheit nicht ein berühmter Kinderspezia-list, Chirurg oder Gynäkologe fand, der bereitwar, selbst nur für kurze Zeit zu kommenund mit uns zu arbeiten — trotz all unsererAppelle. Wir mussten die Hilfe deutscherÄrzte und Krankenschwestern akzeptieren,die uns die Engländer ins Lager schickten.«

Am 3. Oktober 2002 berichtete der US-jüdische„Aufbau” über die Ausstellung „Rebirth afterthe Holocaust: The Bergen-Belsen DisplacedPersons Camp, 1945-1950”, zu sehen gewesenim New Yorker Hebrew Union College. Es gingum das Lager Bergen-Belsen, das von den Na-tionalsozialisten zur Kriegszeit für Juden einge-richtet worden war, die man gegen deutscheZivilinternierte der Alliierten austauschen woll-te. London sperrte sich gegen Berlins Offerten,so dass — und dies auch nur mit Schützenhilfeder Schweiz — nicht mehr als einige TausendJuden via Bergen-Belsen in die Freiheit gelan-gen konnten. Gegen Ende des Krieges gerietdas nun gnadenlos überfüllte Lager zum mar-tervollen Massengrab. Nach 1945 wurde ganzin der Nähe das Gelände zur Unterbringung jü-discher Displaced Persons eröffnet. „Aufbau”:

»Die Bewohner des DP-Camps Belsen stell-ten die größte Gruppe von Juden in der bri-tisch besetzten Zone Deutschlands und spiel-ten eine entscheidende Rolle bei derUnterstützung legaler sowie illegaler Ein-wanderung nach Israel. Mitglieder der Haga-na waren in Belsen aktiv, um die Auswan-derungen vorzubereiten.«

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72 Zweiter Abschnitt

1948: Menachem Begin, militanter Zionistenfüh-rer, später israelischer Premier, appelliert an dieDPs.

In diesem Zusammenhang ist auch aufschluss-reich, was Jim G. Tobias im „Aufbau” am21. Februar 2002 zum Thema „Geheime Ausbil-dungslager für Holocaust-Überlebende in Bay-ern” mitgeteilt hat:

»Bereits seit 1946 rekrutierte die jüdischeUntergrundorganisation Hagana, ein Vorläu-fer der späteren israelischen Armee, in denDP-Lagern Holocaust-Überlebende, um sieauf den bevorstehenden Unabhängigkeits-krieg in Palästina vorzubereiten. Mit den ge-heimen Stützpunkten in Wildbad, nahe derStadt Bad Windsheim, und dem Hochland-lager im oberbayerischen Königsdorf befan-den sich zwei jüdische Offiziersschulen inBayern.«

Solche Militärcamps seien zwar offiziell ver-boten, „faktisch von der amerikanischen Besat-zungsmacht jedoch toleriert” worden. Auf denLehrplänen standen, so Tobias weiter, „Unter-weisungen in Strategie und Taktik”, aber auch

„praktische Ubungen wie etwa das Granaten-werfen”.

»Neben dem theoretischen Unterricht übtenwir auch mit Revolvern und Maschinenpis-tolen«,

wird ein einstiger Rekrut der Hagana aus denReihen der DPs zitiert. Tobias fährt fort:

»Die Ausbilder orientierten sich an Lehr-büchern der deutschen Wehrmacht. Referateüber die „infanteristische Tankabwehr unterpalästinensischen Bedingungen” oder Vorträ-ge zur „Taktik von Partisaneneinheiten ge-gen reguläre Truppen” standen auf demStundenplan ... Ferner standen Kartenlesen,Geländeübungen und Exerzieren auf demProgramm.«

Hagana-Kommandeur Nahum Schadmi habe anseine Glaubensgenossen in den deutschen DP-Camps appelliert:

»Ich verlange, dass die Juden in den Lagernsich melden. Sie sind praktisch Bürger Isra-els.«

Die Lager waren auch Rekrutierungsfeld für„Nakam” (hebräisch: Rache)-Kommandos: Mili-tante Juden zogen los, „um Nazis hinzurich-ten”. Einige Hundert Deutsche wurden in „Na-kam"-Einzelaktionen umgebracht. Daneben gabes Massenvergiftungsanschläge (etwa gegendas US-Kriegsgefangenen- und Internierten-lager Langwasser bei Nürnberg mit über zehn-tausend deutschen Insassen) und sogar Pläne,die Trinkwasserversorgung deutscher Großstäd-te zu verseuchen.Als sich israelische Nakam-Veteranen in den90er-Jahren öffentlich ihrer Taten brüsteten,gingen Strafanzeigen gegen sie bei deutschenBehörden ein; für Mord gibt es in Deutschlandja bekanntlich keine Verjährung. Doch im Mai2000 stellte die Staatsanwaltschaft Nürnbergdie Verfahren ein, da die Straftaten „wegenaußergewöhnlicher Umstände verjährt” seien.Wenn man so will, hatten die „Nakam"-Täteralso „mit Netz geturnt”.

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Was „dem Netz” voraus ging 73

Die „Rächer” hätten mit ihren todbringendenAmbitionen keineswegs allein gestanden,schreiben Jim G. Tobias und Peter Zinke in ih-rem 2003 im Aufbau Taschenbuch-Verlag er-schienenen Buch „Nakam: Jüdische Rache anNS-Tätern”, sondern eine unter Juden „weitverbreitete Ansicht vertreten”.

Woher die Mittel kamen

Der Unterhaltung des aufwendigen Bricha- undHagana-Netzwerkes der Nachkriegszeit dientenvor allem „Entnahmen” aus dem besetztenDeutschland. Von außen wurden die zionisti-schen Aktivitäten maßgeblich durch zwei derbedeutendsten jüdischen US-Organisationen,das American Jewish Joint Distribution Com-mittee und das United HIAS-Service (HebrewImmigration Aid Society), finanziell gefördert.Auch Gelder und sonstige Unterstützung derUNRRA (United Nations Relief and Rehabilitati-on Administration) kamen zionistischen An-strengungen in den DP-Lagern Deutschlands zu-gute. Ende 1945 übernahm dieses nominell denVereinten Nationen unterstehende Flüchtlings-hilfswerk die Verwaltung der Lager in der US-amerikanisch besetzten Zone Deutschlands.An der Spitze der UNRRA standen damals pro-minente jüdische Förderer der zionistischen Sa -

che: Chef bis 1946 war Herbert H. Lehman(vom Bankhaus Lehman Brothers, einst Gouver-neur des Staates New York, dann Senator,Hauptsponsor von Franklin Delano Rooseveltsowie dessen enger Berater, führend im Ame-rican Jewish Committee). Nach ihm übernahmFiorello Henry LaGuardia (mütterlicherseits jü-disch, Bürgermeister von New York 1934-45, In-timus des Oberhauptes der US-Judenheit, Rab-bi Wise) die Leitung der UNRRA.Nach knapp fünf Jahren war die Bricha-Arbeitin Mitteleuropa weitestgehend beendet. Bevordie Bundesrepublik ins Leben trat, hatten sichweit über 90 Prozent von Deutschlands Nach-kriegsjuden nach Übersee begeben, der Groß-teil ins entstehende Israel, am zweitmeisten indie USA. Allenfalls noch zwanzigtausend Mit-glieder jüdischer Gemeinden waren hiergeblie-benAls Nachtrag folgende Meldung der Nachrich-tenagentur dpa vom 15. Mai 1997:

»Bundeskanzler Helmut Kohl hat allen jüdi-schen Männern und Frauen gedankt, dienach 1945 die Bundesrepublik mit aufgebauthaben. Ohne dieses Engagement wäre dasWerk des Neuaufbaus nicht gelungen, sagteKohl bei der Entgegennahme des „Leo-Baeck-Preises” des Zentralrats der Juden inDeutschland.«

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Dritter Abschnitt

Des Zentralrats zentrale Rolle

Das Buch des V-Amts-Chefs a. D. Richard Meier

schutzberichten als rechtsradikal angeprangertwurde.Die Rede ist von Dr. Richard Meier, der in denJahren 1970 bis 1975 Leiter der Abteilung Aus-landsspionage des Bundesnachrichtendienstesin Pullach bei München war, um gleich an-schließend bis 1983 als Präsident des Bundes-amtes für Verfassungsschutz in Köln zu wirken.In seinem 1992 in Bergisch Gladbach erschie-nenen Buch „Geheimdienst ohne Maske”schreibt er:

»Der israelische Geheimdienst Mossad hatnur sehr wenige Mitarbeiter, etwa 1200.Verglichen mit den Zigtausenden von Mit-arbeitern anderer Dienste ist er wahrlich einWinzling. Er kann sich aber in nahezu allenStädten der Welt auf eine unübersehbareZahl „freier Mitarbeiter” stützen, Mitgliederjüdischer Gemeinden. Es sind normal leben-de Bürger aller denkbaren Berufsgattungen,die nichts mit dem Mossad zu tun haben.Nur wenn einer der wenigen hochkarätigenMossad-Agenten, die im Ausland tätig sind,Unterstützung und Hilfe braucht, stellen siediese in jedem erdenklichen Umfang zur Ver-fügung. Der Mossad muss durch ihre Hilfenicht wie andere im Ausland operierendeDienste kostspielige Residenturen unterhal-ten, sondern greift einfach auf die bestehen-den Geschäfte, Firmen, Wohnungen und Ver-bindungen der Mitglieder jüdischer Gemein-den in aller Welt zurück. Dank all dieserHelfershelfer und stiller Mitarbeiter ist derMossad ein allgegenwärtiger Geheimdienst.«

Diese Darlegungen des langjährigen leitendenBND-Funktionsträgers und obersten V-Amts-

Die Aufzeichnungen desGeheimdienstchefs

Ausgerechnet ein über lange Jahre führenderMann des „Verfassungsschutzes”, auf dessenanti-rechte und auch anti-antisemitische Er-kenntnisse und Behauptungen sich Repräsen-tanten des „Netzes.” immer gern beriefen, hatdiasporajüdische Gemeinden, mithin auch Ein-richtungen des Judentums in der Bundesrepu-blik, beinahe so hingestellt, als wären sie lauterNiederlassungen des israelischen Geheimdiens-tes. Das geht über die Annahme, sie seien Lob-bys Israels, weit hinaus. Damit hat der altge-diente V-Amts-Chef manches von dem in denSchatten gestellt, was in seinen Verfassungs-

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Des Zentralrats zentrale Rolle 75

Führers riefen bemerkenswerterweise wedergeharnischte Proteste aus dem „Netz” hervor,noch provozierten sie Forderungen nach Re-pression gegen den Verfasser. Das aber wäresicher der Fall gewesen, hätte ein Rechtsaußenderartige Behauptungen aufgestellt oder sichein israelkritischer Etablierter etwa vom Schla-ge Möllemanns dahin verloren.

„Keine Kolonie Israels”

Die offiziell verkündete Linie des Zentralratsder Juden in Deutschland, der obersten Instanzder organisierten Judenheit in der Bundesrepu-blik, lautet:

»Es ist kein Schimpfwort, wenn wir Juden inDeutschland als Israelis bezeichnet werden,aber es entspricht nicht den Tatsachen. So-weit wir nicht den israelischen Pass haben,sind wir Deutsche jüdischen Glaubens.«

Diese in den „Israel Nachrichten” vom 10.März 2000 zitierte Stellungnahme von Zentral-ratspräsident Paul Spiegel hat in ihrem KernTradition. Beispielsweise unterstrich der Gene-ralsekretär des Zentralrats, Dr. Hendrik Georgevan Dam, bei der Ratsversammlung am 16.April 1972 im Leo-Baeck-Saal der JüdischenGemeinde Düsseldorf laut Protokoll, dass

»die jüdische Gemeinschaft in DeutschlandIsrael im Kampf um eine gesicherte Existenzunterstützen müsse und werde; allerdingssolle und wolle die deutsche jüdische Ge-meinschaft nicht als „israelische Kolonie”bezeichnet werden.«

Der honorige van Dam (1906-1973) gehörte zuden moderaten Persönlichkeiten im Zentralrat.Als 1959/60 eine Welle antideutscher Hysteriedurch die internationalen Medien ging, auf-gepeitscht durch von Stasi und Sowjet-KGB in-szenierte Hakenkreuzschmierereien in der Bun-desrepublik, sagte er:

Autobiographisches Buch des Zentralratspräsiden-ten Bubis

»Das Problem ist nicht der deutsche Antise-mitismus, sondern der ausländische Antiger-manismus.«

Über eine Einlassung des seinerzeitigen Zen-tralratsvorsitzenden Werner Nachmann heißtes im Protokoll der Sitzung vom 16. April 1972:

»Herr Nachmann erklärt, dass es heute eineSelbstverständlichkeit sei, dass die Judender Welt sich nach Kräften für Israel einset-zen.«

Enger KontaktAnwesend war bei besagter Düsseldorfer Zu-sammenkunft auch Frau Hava Bitan „als Vertre-terin der Botschaft Israels”. Überhaupt haltenhiesige Juden und Israels Botschaft engen Kon-takt. So schrieb der israelische Botschafter in

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76 Dritter Abschnitt

Deutschland, Avi Primor, in der „AllgemeinenJüdischen”, dem Zentralratsblatt, vom 25. April1996:

»Unsere Pflicht und Hoffnung ist es heute,mit allen jüdischen Gemeinden in der Welt,mit den Juden in Deutschland ebenso wieallen anderen, eine möglichst enge Zusam-menarbeit zu fördern. Wichtig für die Zu-kunft ist es, unsere Kultur, unsere Tradition,unsere jüdische Erziehung und Solidarität zubewahren und zu vertiefen.«

Am 11. Januar 2000 hieß es in den „IsraelNachrichten”:

»Der amtierende israelische Botschafter inDeutschland, David Walzer, hat dem neuenPräsidenten des Zentralrats der Juden inDeutschland, Paul Spiegel, zur Wahl gratu-li ert und ihm Zusammenarbeit angeboten ...Man strebe danach, den guten Kontakt unddie Beziehungen zwischen Israel und den jü-dischen Gemeinden weiter zu vertiefen.«

Auch der Anfang 2001 akkreditierte neue israe-lische Botschafter in Berlin Shimon Stein er-klärte es („Allgemeine Jüdische" vom 1. Febru-ar 2001) zu einer seiner vornehmstenAufgaben,

»die Beziehungen zwischen den JüdischenGemeinden hier und Israel zu vertiefen«.

Am 24. April 2002 zitierte das Organ des Zen-tralrats den Leiter der Öffentlichkeitsabteilungder israelischen Botschaft in Berlin, YossefLevy, mit der Aussage:

» Wir brauchen eine physische, tagtäglicheSolidarität mit Israel ... Der Hass kennt kei-ne Grenze. Wenn es mit Israel anfängt, gehtes mit der Jüdischen Gemeinde weiter. Fürviele gibt es keinen Unterschied zwischenJuden und Israelis.«

Auf den vom einstigen Zentralratschef Nach-mann erwähnten „selbstverständlichen Einsatzfür Israel” pocht die israelische Regierung gele-gentlich auch öffentlich. Beispiel:

»Ministerpräsident Netanjahu und Außen-minister Ariel Scharon wiesen gestern alleisraelischen Auslandsvertretungen offiziellan, „eine Aufklärungskampagne mit Hilfe derJuden in aller Welt und der Freunde Israelsallenthalben” zu starten.«

Das meldeten die Tel Aviver „Israel Nachrich-ten” titelseitig am 15. März 1999. Es ging lautSchlagzeile um die

»Weltweite Kampagne für Jerusalem alsHauptstadt Israels«.

Mithin könnte es sein, dass der „selbstver-ständliche Einsatz” auch bei Konferenzen wiejener auf der Tagesordnung steht, die von den„Israel Nachrichten” am 6. Januar 1998 be-schrieben wurde:

»Im Schatten der gegenwärtigen Koalitions-krise wurde in Jerusalem die fünfte, allezwei Jahre stattfindende Zusammenkunft jü-discher Abgeordneter und Minister aus demAusland eröffnet. Diesmal trafen etwa 70 jü-dische Parlamentarier, Minister und Partei-chefs aus 23 Staaten ein, darunter zweiamerikanische Senatoren — Jack Reed undCarl Levin — und fünf Mitglieder des US-Ab-geordnetenhauses, die britische Vize-Ge-sundheitsministerin Theresa de Jesus-Co-hen, die einer spanischen Marranenfamilieentstammt, der Innenminister von Argenti-nien Dr. Carlos Corach, der bulgarische Vize-Premier und Industrieminister AlexanderBoschkow, die Vize-Präsidentin und Ministe-rin für das Bauwesen von Costa-Rica Rebec-ca Grunspan. Die Teilnehmer der Zusammen-kunft werden erstmals einer Sitzung desKnesset-Ausschusses für Auswärtiges undSicherheit beiwohnen, die auch erstmals„live” im Fernsehkanal 33 übertragen wird.«

„Unbedingte Solidarität”Einer breiteren deutschen Öffentlichkeit konnteder „selbstverständliche Einsatz” am 10. April

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Des Zentralrats zentrale Rolle 77

2002 offenbar werden, als neben Bundesinnen-minister Otto Schily und CDU-GeneralsekretärLaurenz Mayer Israels Botschafter ShimonStein als Hauptredner einer vom Zentralrat derJuden in Deutschland veranstalteten Kund-gebung unter dem Motto „Solidarität mit Isra-el” in Frankfurt am Main auftrat.Stein prangerte dabei den „palästinensischenAmoklauf” an und zeigte „die wahre Fratze despalästinensischen Terrors” auf, welche „zu ent-larven” sei, und zwar „bis in jeden Haushalt inEuropa”. Terror sei „ein ureigenes Gewächs derPalästinenser”, die „so genannte (!) Besatzung”(Israels Herrschaft im Westjordanland und demGasa-Streifen) nur „Vorwand” und Arafat „per-sönlich in die Terroraktivitäten involviert”. DerPalästinenserpräsident herrsche in einer „mör-derischen Autokratie”, welche Horror unter deneigenen Leuten verbreite, indem sie beispiels-weise „Leichen durch die Straßen schleifen”lasse. Überhaupt huldige Arafat einer „erschre-ckenden Kultur des Todes, die eine moralischeund militärische Herausforderung für die zivili-sierte Welt” sei. Derlei Terror suche sich seineOpfer auch in New York (Anspielung auf den11. September 2001) und werde „nicht vor an-deren Orten zurückschrecken, wenn ihm nichtschnellstens Einhalt geboten” werde. Der Bot-schafter erinnerte die „jüdisch-christliche Welt”an „die Lehre vom Holocaust” und rief den Ver-sammelten zu:

»Ihre Anwesenheit, meine Damen und Her-ren, ist der schönste Ausdruck für die Solida-rität mit dem Staat Israel, mit der Wahrheitund der Gerechtigkeit. Wir möchten Sie da-rum bitten, Ihre Solidarität auch durch Tatenzum Ausdruck zu bringen.«

Mit dem Ausruf: „Die Gerechtigkeit ist auf un-serer Seite!” schloss Shimon Stein beim Frank-furter Pro-Israel-Meeting des Zentralrats seineAusführungen.Am folgenden Sonnabend, dem 13. April 2002,fand eine weitere Demonstration ähnlicher Art

statt, diesmal in Berlin. Hierbei wurde, so dieInternet-Mitteilung des veranstaltenden Bun-desverbandes Jüdischer Studenten, aufgerufenzu

»unbedingter Solidarität mit Israel«.Weiter im Netz-Text des Studentenbundes:

»Zahlreiche Teilnehmer schwenkten Fahnenmit dem Davidstern. Moshe Waks, Vor-standsmitglied der Jüdischen Gemeinde zuBerlin, bedankte sich bei den Initiatoren derDemonstration.«

Es habe nur einen „Zwischenfall”, nämlich denfolgenden, gegeben:

»Aus einem roten Ford brüllt ein etwa40-jähriger Mann antisemitische Parolen,während der Wagen an der roten Ampelsteht. Die Polizei reagiert sofort. MehrereBeamte reißen die Beifahrertür auf und zer-ren den Mann heraus. Nach kurzem Hand-gemenge liegt der Mann auf dem Boden.Als seine Frau aussteigt, wird er bereits ab-geführt.«

Der Bundesverband Jüdischer Studenten inDeutschland e. V. (BJSD) ist eine Einrichtungdes Zentralrats der Juden, gehört der EuropeanUnion of Jewish Students (EUJS) an, welchevom Ex-BJSD-Vorstandsmitglied Julian Volojgeleitet wird, und ist auch Mitglied der WorldUnion of Jewish Students (WUJS).In seiner Ausgabe des 5. September 2002 stell-te der jüdische „Aufbau” (New York) fünfBJSD-Vertreter vor, darunter Rüdiger Mahlo,der sich auch für die CDU engagiert. Abschlie-ßend hieß es in dem Bericht:

»Mit Israel fühlen sich alle fünf Studentenstark verbunden — wahrscheinlich sogar stär-ker als mit Deutschland. „Ich wäre nicht zurBundeswehr gegangen. Aber für die israe-lische Armee hätte ich mich engagiert, ausPflichtgefühl und weil ich mich damit besseridentifizieren kann. Darin hätte ich eine Not-wendigkeit sehen können”, sagt Rüdiger

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78 Dritter Abschnitt

Mahlo. „Meine jüdische Identität würde ichimmer voranstellen."«

Im Frühjahr 2002 gründete der BJSD eine Akti-on „Forum für Israel” unter dem Leitwort

»Israel braucht Sie — Jetzt!«Sinn und Zweck wurden von der Zentralrats-organisation wie folgt erklärt:

»Die vom Bundesverband Jüdischer Studen-ten in Deutschland initiierte Gruppe Forumfür Israel plant den Aufbau eines Netzwer-kes. Dieses Netzwerk soll die Koordinationvon Aktionen und Unterstützungshandlungenfür Israel erleichtern.«

Angefügt war dem Gründungsaufruf des neuenNetzwerkes ein Fragebogen, auf dem ange-kreuzt werden konnte, ob man für Demonstra-tionen, Infostände, Leserbriefaktionen, Petitio-nen, politische Diskussionen, Vorträge oderMedienbeobachtung im Sinne Israels tätig wer-den wolle. Eine weitere Fragerubrik lautete, obman für die israelische Botschaft Übersetzungs-arbeiten verrichten könne.

Netz auch in OsterreichDas „Forum-für-Israel"-Netz wurde alsbaldauch über Österreich ausgebreitet. So beteilig-te sich die jüdische Gruppe am 9. November2002 an einer Kundgebung in Wien unter demMotto

»Niemals vergessen!Gegen Antisemitismus und Faschismus!Solidarität mit Israel!«

Im Aufruf zu dieser Manifestation hatte manGeschichtslektionen erteilt. Beispielsweise:

»Im Raubzug gegen ihre jüdischen Nachbarnspielten die Wiener und Wienerinnen eineVorreiterrolle im gesamten Deutschen Reich.Die damalige „Ostmark” und insbesondereWien bildeten die Vorhut der Vernichtung.Ein Gestapo-Agent aus Wien berichtete spä-ter, dass er und seine Kameraden Schwierig-keiten gehabt hätten, die Menschenmenge

davon abzuhalten, noch mehr Jüdinnen undJuden tätlich anzugreifen.Bis zum heutigen Tag profitieren die Nach-kommen der Täter und Täterinnen in Wienund ganz Österreich von den Verbrechen, diedamals ihren Anfang nahmen.In diesen Verbrechen hat sich die überwälti-gende Mehrheit der Bevölkerung mit demStaat zum Volksstaat vereinigt.Diese Vereinigung lebte öffentlich und privatgerade in der Verdrängung des Verbrechensfort und konstituierte das Bewusstsein derStaatsbürger und -bürgerinnen.«

Und so weiter — bis hin zur Anprangerung des»von Deutschen sowie Österreichern und Ös-tereicherinnen mit Begeisterung vom Zaungebrochenen Vernichtungsfeldzugs gegenPolen und die Sowjetunion«.

Gegeißelt wurde in dem Flugblatt eine „globaleIntifada”, die gegen Israel tobe und speziell inÖsterreich von Jörg Haider bis zur außenpoliti-schen Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek,reiche (wegen ihrer Forderung, israelische Wa-ren aus den besetzten Gebieten vom Assoziati-onsvertrag mit der EU auszunehmen). Jetzt,beim „Gedenken an die Reichspogromnacht vor64 Jahren”; gehe es um die Erinnerung an die

»deutsch-österreichische Schuld an Shoahund Vernichtungskrieg«

und gelte es, der „Relativierung der deutsch-ös-terreichischen Verbrechen” zu wehren. Ab-schließend hieß es im Aufruf zur Wiener Kund-gebung des 9. November 2002:

»Die aktuelle, erpresserische Politik gegendie Republik Tschechien in der Frage der Be-nesdekrete muss ebenso bekämpft werdenwie jede Form der Delegitimierung des israe-lischen Staates.«

Unterzeichnet war das Schriftstück von folgen-den Gruppen und Einzelpersonen:— Aktionsbündnis gegen Antisemitismus Inns-

bruck

- Anthropoid Innsbruck

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Des Zentralrats zentrale Rolle 79

Basisgruppe PolitikwissenschaftBnei AkivaBund sozialdemokratischer Juden — AvodaCafe CritiqueContext XXIEnsemble Alptraumtöchter, WienFachschaft InformatikForum für IsraelForum gegen AntisemitismusGrünalternative Jugend WienHaschomer HazairInfoladen 10Jad be JadKulturverein SägefischÖkologische LinkeRosa Antifa WienGero Fischer, Institut für Slawistik WienHannah Fröhlich, SchauspielerinRudi GelbardSamuel Laster, JournalistKarl Pfeifer, Journalist

Nicht zu verwechseln übrigens ist das vor-genannte „Forum für Israel” mit dem „Christli-chen Forum für Israel — Deutschland an derSeite Israels”, einem im Oktober 2002 gegrün-deten Zusammenschluss diverser auf Israel fi-xierter Christengruppen, die als

»Netzwerk von etablierten, national arbei-tenden Israel-Werken in Deutschland«

verstanden werden wollen. Näheres hierzu imabschließenden Kapitel dieses Buches.

Im Landeanflug auf Israel

»Zentralrat der Juden in Deutschland zu Soli-daritätsbesuch in Israel«,

schlagzeilten die „Israel Nachrichten” am 17.Juli 2003 auf ihrer Titelseite. In der Ausgabeder „Jüdischen Allgemeinen” desselben Da-tums stellte Paul Spiegel frontseitig über „dieMeinung der deutschen Juden” fest:

»Einigkeit herrscht — es kann nicht oft genugbetont werden — in der unverbrüchlichen So -

lidarität mit Israel ... Wir verbinden mit die-ser Reise vor allem ein Anliegen: Israel un-serer Freundschaft, Verbundenheit undSolidarität zu versichern.«

In der Spalte unmittelbar daneben erschien imZentralorgan des Zentralrats die Bekundungdes israelischen Ministers für Diasporafragen,Natan Scharansky:

»Allerdings sind die Juden in Israel und inder Diaspora eine Familie. Sie freuen sich,wenn wir uns freuen, und trauern, wenn wirtrauern. Dieses Band gilt es aufrechtzuerhal-ten und zu stärken.«

Vierzehn Tage später berichtete die „JüdischeAllgemeine”:

»Lufthansa Flug 686 befindet sich im Lande-anflug auf Tel Aviv. Die Anschnallzeichenleuchten auf, die Räder fahren aus, dieTriebwerke werden gedrosselt. Ein kurzesRucken, ein lautes Quietschen, dann hat dieMaschine nach vier Stunden Flug wieder Bo-denkontakt — alles Routine. Nicht alles, dennan Bord befindet sich eine Delegation desZentralrats der Juden in Deutschland. FünfPräsidiumsmitglieder (Paul Spiegel, CharlotteKnobloch, Nathan Kalmanowicz, JosefSchuster und Dieter Graumann) haben sichauf den Weg gemacht, um sich mit eigenenAugen ein Bild von der Lage Israels zu ma-chen und ihre Solidarität mit dem jüdischenStaat zu bekunden.«

In Sachen Solidaritäts- und Treuebekundungenfür den Staat Israel sind der Zentralrat sowiesein Zentralorgan (Eigenwerbung des Blattes:„Mit Herz, Hirn und Chuzpe”) sehr wohl Routi-niers. Was, weil es ihnen wohl zu dick auf-getragen erscheint, gelegentlich auch unterhiesigen Juden Widerspruch hervorruft:

»Mich stört die Intoleranz des heutigen Zen-tralrats. Er betrachtet sich als diplomatischeVertretung Israels in Deutschland und alsSprachrohr der Scharon-Regierung. Ich alsJüdin sage: Israels Besatzungs- und Sied-

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Zentralrat in Israel.Rechts: Aus der „Jüdi-schen Allgemeinen”.

Iungspolitik ist unerträglicher und ver-abscheuungswürdiger Staatsterror.«

Das beispielsweise schrieb Evelyn Hecht-Galin-ski, die Tochter des verstorbenen langjährigenZentralratsvorsitzenden Heinz Galinski, im„stern” vom 18. Dezember 2002. Wobei zu be-tonen ist, dass es entschlossenen Widerstandgegen Scharons überharten Kurs und beherztenEinsatz für einen anständigen Frieden mit denPalästinensern auch in Israel gibt. Für die israe-lische Friedens- und Verständigungsbewegungstehen beispielsweise die Namen zweier derbrillantesten Literaten des Landes, Uri Avneryund Amoz Oz.

Zur „Jüdischen Allgemeinen” (bis 2002: „All-gemeine Jüdische”; bei dieser Titelkonversionverlor sie eigentümlicherweise den Davidsternaus dem Kopf, der sie bis dahin geziert hatte;der Ursprungstitel von 1947 lautete " Allgemei-ne Wochenzeitung der Juden in Deutschland")sei angemerkt:

Ihr eigentlicher „Vater”, langjähriger Verlegerund Chefredakteur war der honorige jüdisch-zionistische Verbandsfunktionär und PublizistKarl Marx (mit dem Schöpfer des Kommunis-mus nach hiesiger Kenntnis nicht verwandt).Das „Biographische Handbuch der deutschspra-chigen Emigration” notiert über ihn:

„Brücken schlagen”

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Des Zentralrats zentrale Rolle 81

Eigenwerbung desZentralratsblattes

»Als führender publizistischer Vertreter desdeutschen Judentums nach 1945 trat er ge-gen die Kollektivschuldthese und für diplo-matische Beziehungen zwischen der Bundes-republik und Israel ein.«

Marx kam ursprünglich aus der nationalen Ju-gendbewegung. 1913 hatte er am Treffen derBünde auf dem Hohen Meißner teilgenommen.Im Ersten Weltkrieg diente er als Frontsoldat(EK 1). In Weimarer Zeit betätigte er sich alsJournalist und Funktionär der Deutschen Demo-kratischen Partei (DDP), die sich zu einem Libe-ralpatriotismus bekannte. 1933 ging er insSaargebiet, später begab er sich wegen derHitlerdiktatur ins Exil nach England. Bald nachKriegsende kehrte er zurück nach Deutschland.Seit dem Tode von Marx, 1966, der übrigensalle Avancen etablierter Parteien, für sie zukandidieren, mit dem Wort zurückgewiesenhatte: „Ich bin doch kein Hofjude!” und dessengesammelte Reden und Aufsätze der Nach-kriegszeit den treffenden Titel „Brücken schla-gen” tragen, wich man in der „Allgemeinen”und im Zentralrat an sich immer mehr vom rela-tiv moderaten Verständigungskurs ab.

Es gibt freilich auch andere, unbeirrt der Aus-söhnung verpflichtete Kräfte im Judentum derBundesrepublik, die sich gegenwärtig bezeich-nenderweise oft nur „hinter vorgehaltenerHand” äußern. Dass sie in der Defensive be-findlich erscheinen, hat allerdings auch mit ei-nem deutschen Nationalmasochismus in Politikund Medien zu tun, dessen Huldiger nach ewi-ger unversöhnlicher Anklage geradezu gieren.

„Was der Staat Israel garantiert”

» Wir Juden Deutschlands sind tief verbun-den mit Israel, auch mit der übrigen Diaspo-ra ... Als Teil des „jüdischen Volkes” sindwir Kosmopoliten und den Juden Israels,Amerikas und anderswo besonders verbun-den«,

verkündete Michael Wolffsohn, einer der be-kanntesten Israeliten der Bundesrepublik, am B.Mai 2003 in seiner Betrachtung „Wo stehen Is-rael und die Diaspora am fünfundfünfzigstenGeburtstag des jüdischen Staates?” auf der Ti-telseite der „Jüdischen Allgemeinen”. Er fuhrfort:

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»Der Staat Israel garantiert Diasporajudenexistenzielle Selbstbestimmung, sofern seineExistenz gesichert ist.«

Weiter hieß es aus Wolffsohns Feder im Zen-tralratsblatt — unter ausdrücklicher Anspielungauf „israelische Gegengewalt zum Terror derzweiten Intifada” und auf den neuerlichen Waf-fengang der Westalliierten gegen Israels Erz-feind, den Irak des Saddam Hussein:

»Anders als für Kirchenvertreter und guteDeutsche ist für uns Juden Krieg nicht nurverderblich.«

Michael Wolffsohn ist 1947 in Tel Aviv geborenworden. 1954 vollzog seine Familie die Jerida(also den „Abstieg”) nach Deutschland. Von1967 bis 1970 diente er als Soldat, dann alsOffizier von Zahal, der israelischen Armee. Seit1981 wirkt er als Professor für Neuere Ge-schichte an der Bundeswehrhochschule inMünchen. Gelegentlich hat er mit überzeugen-den Argumenten gegen antideutsche Übertrei-bungen bei der so genannten Vergangenheits-bewältigung Stellung genommen und sich als„deutsch-jüdischer Patriot” bezeichnet.Infolge von Ereignissen wie Möllemanns Israel-Kritik und dem deutschen Widerspruch gegenBushs Irak-Krieg sieht sich Wolffsohn allerdingsin seinem Bi-Patriotismus erschüttert. So riet erin der „Jüdischen Allgemeinen” vom 26. Sep-tember 2002 unter der Schlagzeile „Allein aufweiter Flur. Juden fühlen ihre Interessen vonkeiner Partei richtig vertreten” plötzlich:

»Deutschlands Juden brauchen fortan jen-seits der Parteien einen wichtigen strategi-schen Partner. Sie fänden ihn in der deutsch-türkischen Gemeinschaft. Wie wir ist sieeine (wenngleich erheblich größere) Minder-heit, sie ist pro-westlich, marktwirtschaftlichund lehnt, gerade weil muslimisch, den Isla-mismus ab. Deutschlands Juden und Türkensollten sehr bald eine Koalition der Minder-heiten schmieden.«

Woher der Professor seine Erkenntnisse von ei-nem „pro-westlichen, anti-islamistischen” Tür-kentum in der Bundesrepublik bezieht, bleibtdunkel. Weit überwiegend jedenfalls wird vonstarker Hinwendung hiesiger Türken zum Isla-mismus und Nationalismus, oft auch zu beidenzugleich, berichtet.

Bündnis ohne Bündnispartner

Vorangegangene Versuche eines jüdisch-türki-schen Schulterschlusses, der wohl eine Kopiedes inzwischen weitgehend wieder aufgelösten„historischen Bündnisses” zwischen Juden undSchwarzen in den USA werden soll, stießen jü-discherseits auf wenig Gegenliebe.Über eine „Türkisch-Jüdische Begegnung”, zuder die Berliner Israelitengemeinde geladenhatte und bei der Zentralratschef Ignatz Bubis,der grüne Bundestagsabgeordnete aus türki-scher Familie Cem Özdemir und Jeff Camhi,einziger jüdischer Abgeordneter im türkischenParlament (der ehemalige türkische Außen-minister Ismail Cem gehört zu den „Dönne”, so-zusagen pro forma zum Islam konvertierte Ju-den, so etwas Ähnliches wie Marranen aufchristlicher Seite) als Podiumsdiskutanten auf-tauchten, schrieb die „Allgemeine Jüdische”am 29. Oktober 1998:

»Von Gemeinsamkeiten über eine bloßePresseerklärung hinaus keine Spur; anstatteinem Gefühl der Verbundenheit nachzuspü-ren und sich über womöglich ähnliche Erfah-rungen von Juden und Türken in Berlin zuverständigen, glänzten die Mitglieder der Jü-dischen Gemeinde im eigenen Haus durchAbwesenheit ... „Peinlich”, so das Fazit ei-ner amerikanischen Zuhörerin.«

Im Übrigen ist es zwar richtig, dass die Türkeiseit Jahren ein außen- und militärpolitischesBündnis mit den USA und Israel betreibt — na-türlich um nichts Anderes als um eigener Vor-teile willen. Zutreffend ist weiter, dass Juden

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im Osmanischen Reich im Handel und Finanz-wesen eine prominente Rolle spielen konnten.Es stimmt aber auch, dass die Juden da, wosie heute Minderheit gegenüber den Türkensind, nämlich in der Türkei, offenbar einer ster-benden Spezies angehören. Jedenfalls hieß esam 27. März 2003 in der Jüdischen Allgemei-nen über die „etwa 23 000 bis 25 000 Juden,davon 22 000 in Istanbul, unter den 57 Millio-nen Türken”:

»Die jüdische Gemeinschaft hat sich in denvergangenen Jahren deutlich verringert. Vie-le türkische Juden emigrierten in die USAoder nach Israel. Die Sterberate in den jüdi-schen Gemeinden ist dreimal höher als dieGeburtenrate. Hinzu kommt der sozialeDruck, sich in der muslimischen Mehrheits-gesellschaft zu assimilieren. Etwa ein Viertelder rund viertausend jungen jüdischen Sin-gles werden Muslime heiraten.«

Die kleine jüdische Gemeinde in der Türkei seivon einer

»nationalistischen und konservativen Gesell-schaft umgeben«,

zitiert das Zentralratsblatt den jüdisch-türki-schen Historiker Rifat Bali. Robert Schild, jüdi-scher Eisen- und Stahlhändler in Istanbul,macht sich Sorgen wegen

»Antisemitismus in der konservativen und is-lamisch-fundamentalistischen Presse«.

Und die Vizepräsidentin der jüdischen Gemein-schaft in der Türkei, Lina Filiba, beklagt, dassman keinerlei staatliche Finanzhilfen erhalte.Historiker Bali meint, dass der Beitritt der Tür-kei zur EU von den dortigen Juden als dasGünstigste für sie und alle Minderheiten, gera-dezu als „ein Traum”, betrachtet werde, denndies sei

»die beste Medizin gegen alle radikalen Isla-misten hierzulande«.

„Herzensbindung” der„großen Familie”

Mit dem Zentralrat der Juden in Deutschlandhat sich besagter Michael Wolffsohn, einGrantler von hohen Graden, übrigens schon öf-ter gefetzt. Als er vehement den Rücktritt desdamaligen Präsidenten Ignatz Bubis forderte,gab ihm Paul Spiegel in seiner Funktion alsZentralrats-Vizechef wie folgt heraus:

»Wir brauchen von einem Opportunisten wieWolffsohn, der je nach Belieben in die Jüdi-sche Gemeinde ein- und austritt, keine Rat-schläge.«

(„Allgemeine Jüdische", 5. August 1999). Mitt-lerweile aber hat man offenbar, zumindest aufZeit, Frieden untereinander geschlossen.Gleich neben Wolffsohns Titelseitenartikel des8. Mai 2003 erinnerte Botschafter ShimonStein in einem Interview mit der „Allgemeinen”ebenso gestreng daran,

»dass die Sicherheit des Staates Israel fürDeutschland höchste Priorität hat«.

Und umseitig druckte das Blatt des Zentralratsan jenem B. Mai 2003 das Grußwort MoscheKatsavs aus Anlass von Jom Haazmaut (55.Jahrestag der Staatsgründung Israels), das imBekenntnis des israelischen Präsidenten gipfel-te:

» Wir alle sind eine große Familie. Wir allehaben das gleiche Ziel und die gleiche Tradi-tion. Wir können stolz darauf sein, zum jüdi-schen Volk zu gehören.«

Damit hatte das Staatsoberhaupt die jüdischeVorstellung von K'Ial Jisrael (= die GesamtheitIsraels) geradezu klassisch zum Ausdruck ge-bracht: Dass alle Abstammungsjuden Teil des-selben Volkes und eng miteinander verbundenseien — ungeachtet religiöser, weltanschauli-cher, politischer Differenzen und egal auch,welchen Pass der Einzelne hat.Knapp einen Monat zuvor, am 10. April 2003,hatte die „Jüdische Allgemeine”, wiederum ti-

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telseitig, ein Interview mit dem soeben von ei-nem seiner zahlreichen Israelbesuche zurück-gekehrten Michel Friedman veröffentlicht. Dawar er noch Vizechef des Zentralrats und Vor-sitzender des Europäischen Jüdischen Kongres-ses. Er hatte nach dem Anschlag auf das WorldTrade Center und das Pentagon „nachdrücklichzur großen Solidarität” sowohl mit den USA alsauch mit Israel aufgerufen und den Deutschenbei dieser Gelegenheit „das Ende der Spaß-gesellschaft” prophezeit (Interview mit der„Neuen Osnabrücker Zeitung”, 15. September2001). Für sich selbst nahm er das „Schluss-mit-lustig” offenbar weniger ernst. Dies erwiessich im Sommer 2003 beim einstweilen karrie-restoppenden Auffliegen seiner Affären umKonsum von Kokain und Prostituierten, die ihmals „Paolo Pinkel” von kriminellen Syndikatenbeschafft worden waren.Die Eingangsfrage des „Allgemeine"-Interviewsmit Friedman vom 10. April 2003 lautete, wasAnlass und Zweck seiner Reise nach Israel ge-wesen seien. Er antwortete:

» Wir wollten gerade während des Irak-Krie-ges, von dem Israel auch bedroht ist, eindeutliches Signal setzen. Einerseits in Israel,dass das europäische Judentum mit Israelsolidarisch ist, aber auch innerhalb der Euro-päischen Union, dass die Sicherung des Exis-tenzrechts des Staates Israel während die-ses Konfliktes und auch danach oberstePriorität haben muss. Israel darf nicht denPreis für das diplomatische Chaos Europaszahlen.«

Mit „diplomatischem Chaos” spielte Friedmandarauf an, dass ein Teil der europäischen Staa-tenwelt unter Führung von Kanzler Schröderund Präsident Chirac den Krieg gegen den Irakablehnte, während andere, allen voran Blair(Großbritannien) und Aznar (Spanien), für denWaffengang plädierten.

»Die israelische Bevölkerung braucht diewirtschaftliche Unterstützung der Menschen

aus der ganzen Welt und vor allem auch derJuden Europas«,

betonte Friedman im besagten Interview mitdem Zentralratsblatt weiter.Im Monat davor, Ausgabe 27. März 2003, hattewiederum Professor Wolffsohn auf der Titelsei-te der „Jüdischen Allgemeinen” das Wort er-griffen. Er schrieb:

»Wir wollen, können, dürfen weltpolitischeFragen durch die Israel-Brille sehen. Warumnicht? Mit „doppelter Loyalität” hat diesnichts, mit Verbundenheit und diaspora-jüdi-schem Sicherheitsbedürfnis alles zu tun. „Si-cher ist sicher”, „im Fall der Fälle”. Man hat,wir haben in vielen tausend Jahren jüdischerGeschichte, sagen wir, das eine und andere,nicht ganz so sichere, sprich: Katastrophaleerlebt. Die Scharons kommen und gehen, un-sere Sicherheits- und Herzensbindung zu Is-rael bleibt. Sie ist personenunabhängig undgrundsätzlich.«

In diesem Beitrag kritisierte Wolffsohn bewegt,dass „das Gesicht Amerikas” wegen des Irak-Konfliktes in der Bundesrepublik „als Fratze ge-sehen” werde, was allerdings böser deutscherTradition entspreche. Der jüdische Bundes-wehrprofessor weiter:

»Polemisch, aber nicht wirklich übertreibend:Was einst „die Juden”, sind jetzt „die Ame-rikaner”. „Die Deutschen” sehen heute „dieAmerikaner” wie damals „die Juden".«

„Stets konnten wir Juden uns auf die USA ver-lassen”, strich Wolffsohn heraus. „Schon des-halb werden wir sie nie verlassen.” Dann fuhrer fort:

»Mich (ich vermute: die meisten deutschenJuden) bringen die gegenwärtigen Spannun-gen zwischen Deutschland und den USA ineinen echten Loyalitätskonflikt ... Wie vieleJuden stellen sich in einem den USA ab-und gegengewandten Deutschland mit mirdie bange Frage: „Ist dies noch meinLand?"«

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Flankierend und ebenfalls titelseitig brachte dieRedaktion der „Jüdischen Allgemeinen” in je-ner Ausgabe ein Interview mit Zentralratsprä-sident Paul Spiegel, in welchem er die Anklage,US-Präsident Bush sei ein Kriegstreiber, striktzurückwies, betonte:

»Es gibt notwendige Kriege«und seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, dass

»bei einem Regimewechsel in Bagdad dieständige Bedrohung Israels durch den iraki-schen Diktator beendet wäre«.

„Wir sind mit euch”

Ein Jahr zuvor, in der „Allgemeinen” vom 27.März 2002, hatte Zentralratsvizechef MichelFriedman abermals anlässlich einer Rückkunftvon einer Nahost-Reise Stellung genommen.Wobei den Israelis gleich überschriftlich ver-sichert wurde:

»Ihr seid nicht alleine, wir sind mit euch!«Aus Friedmans Bekenntnissen in diesem Inter-view für das Zentralorgan des Zentralrats:

»Es ist für mich ein Akt selbstverständlicherSolidarität, in schweren Zeiten demonstrativnach Israel zu fahren, um sowohl den Freun-den und politischen Gesprächspartnern imLand als auch der Öffentlichkeit in Deutsch-land zu demonstrieren: Die jüdische Gemein-schaft steht zu Israel.Man merkt deutlich, dass der Terror seineSpuren hinterlässt. Umso wichtiger ist esjetzt — ähnlich wie während des Golfkrieges,als der Irak Israel mit Scud-Raketen bedrohte— nach Israel zu fahren, da zu sein und zuzeigen: Ihr seid nicht alleine, wir sind miteuch!Die jüdische Gemeinschaft steht uneinge-schränkt zum Existenzrecht Israels. Und Isra-el wiederum ist ein existenzieller Bestandteiljüdischen Lebens und jüdischer Identität inder Diaspora.Israel braucht momentan jegliche Unterstüt-zung — moralisch, menschlich, seelisch.«

Auf die Frage, ob denn „die Juden hierzulandesolidarisch genug mit Israel” seien, antworteteFriedman:

»Es kann immer mehr getan werden.«

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In derselben Ausgabe der „Jüdischen Allgemei-nen” vom 27. März 2002 schrieb CharlotteKnobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultus-gemeinde München und Oberbayern (sowie —damals noch neben Friedman — Vize von PaulSpiegel im Zentralrat), in ihrem „Grußwort zuPessach 5762”:

»Unser Davoneilen hatte immer ein Ziel:Sinn und Ziel der Flucht war ein versproche-nes Land, das uns Heimat werden sollte, einLand, in dem Milch und Honig floss, in demder Staub der Wüstenwanderschaft abge-waschen werden sollte, in dem wir die Bit-ternisse und Entbehrungen der ungeschütz-ten Nomadenexistenz überwinden durften.Dieses Land hat für uns einen Namen: EretzIsrael. Israel — Inbegriff der Hoffnung undZuversicht.«

Und neben Frau Knoblochs Pessach-Gedankenstand der Bericht über den ausdrücklich so ge-nannten „Solidaritätsgottesdienst für Israel”,der kurz zuvor vom Münchner Gemeinderabbi-ner Steven Langnas zelebriert worden war.

»Nahezu zeitgleich in vielen Synagogen inaller Welt«

habe es ebensolche Solidaritätsgottesdienstegegeben, betonte das Zentralratsblatt.

Jeder Jude ein BotschafterIsraels?

Sechs Wochen vorher, 14. Februar 2002, hattedie „Jüdische Allgemeine” ein Interview mitPaul Spiegel veröffentlicht, in welchem er aufdie Frage, ob er sich in seiner Funktion als Zen-tralratspräsident auch als Botschafter Israelsverstehe, bekundet hatte:

»Jeder Jude auf dieser Welt, wenn er seineWurzeln ernst nimmt, ist ein „Botschafter”Israels. Meine eigene Identität und Existenzals deutscher Bürger jüdischen Glaubens isteng verknüpft mit der Existenz des StaatesIsrael. Das eine gibt es nicht ohne das ande -

re. Hiervon ist zu unterscheiden, wer die is-raelische Regierung politisch vertritt. Das istdie Aufgabe des amtierenden BotschaftersStein.«

Alexander Brenner, Vorsitzender der JüdischenGemeinde Berlin, in der „Allgemeinen” am 25.Oktober 2001:

»Wir werden uns weiterhin verstärkt darumbemühen — auch in Zusammenarbeit mitdem Zentralrat der Juden in Deutschlandund der israelischen Botschaft — das Bild Is-raels in den Medien zu korregieren«.

Israels Botschafter Shimon Stein in der „All-gemeinen” vom 26. September 2001:

»Liebe Brüder und Schwestern! Der Staat Is-rael benötigt Euch und Eure Unterstützung.Wir brauchen dieses Jahr nicht nur Eure Ge-bete für ein sicheres und starkes Israel, son-dern Euer persönliches Engagement.«

Israels Staatspräsident Mosche Katsav in der-selben Ausgabe des Zentralorgans des Zentral-rats:

»Besonders in diesen Zeiten sind wir ver-pflichtet, die Bindung zum Staat Israel zustärken ... Wir sind ein einziges Volk mit ei-nem gemeinsamen Erbe und Schicksal.«

Landesrabbiner Joel Berger, Sprecher der Rab-biner-Konferenz der Bundesrepublik Deutsch-land, am 13. September 2001 in der „Allgemei-nen”:

» Wenn nun das jüdische Land die schwersteProbe seiner Existenz zu erleiden hat, wennunsere unschuldigen Brüder und Schwesternauf den Straßen Jerusalems wahllos undsinnlos gemordet werden, dann müssen allekleinlichen Meinungsverschiedenheiten undEigeninteressen zurückgedrängt werden.«

Rabbiner David Goldberg in der „Allgemeinen”am 16. August 2001:

»Israel ist das Gelobte Land für alle Judenauf der Welt. Erklärtes Ziel ist es, unserLand wieder zu bevölkern und in jeder Hin-sicht zur Blüte zu bringen.«

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Israels Botschaftsrat Jacov Livne laut „All-gemeine” vom 10. Mai 2001 vor Mitgliedernder Münchner jüdischen Gemeinde:

»Alle Herausforderungen werden wir alleinenicht verwirklichen können. Israel brauchtIhre Unterstützung und es braucht den le-bendigen Kontakt zum jüdischen Volk. Heuteist klar, dass Israel und die Juden untrenn-bar aufeinander angewiesen sind. Nur zu-sammen können wir den Herausforderungen,die sich dem Staat Israel und der Diasporastellen, begegnen.«

In derselben Ausgabe des Zentralratsblattswurde Andrä Kaminski, Amtsträger der Zionisti-schen Jugendorganisation, in Bezug auf Israelwie folgt zitiert:

» Wir brauchen jetzt ein Land, das wir lieben,das uns Geborgenheit schenkt und uns anunsere Wurzeln erinnert. Diesem Land giltes all unser Engagement zu widmen.«

„Von Zion geht die Weisung aus”

Michel Friedman in der „Allgemeinen” vom 26.April 2001:

»Israel ist von zentraler Bedeutung für dasJudentum nicht nur in Deutschland, aberauch in Deutschland ... Israel ist der einzigeStaat auf der Welt, in dem Juden eineHeimstätte finden, wenn sie dies wünschen... Die Sorgen des israelischen Volkes sindauch die Sorgen der Juden in der ganzenWelt ... Wir versuchen, in den jüdischenGemeinden auf vielen Ebenen die Beziehun-gen zum Staat Israel zu vertiefen. Die Ver-bindungen zu Israel sind institutionell wiepersönlich hervorragend.«

Charlotte Knobloch in der „Allgemeinen” vom2. September 1999:

»Israel hat eine neue Regierung und einenneuen Ministerpräsidenten gewählt. Über al-les parteipolitische Gezänk hinweg dürfenwir nicht vergessen, dass wir ein Volk sind

und ein Ziel haben: Frieden in Sicherheit.Über die Wege mag man sich streiten, amEnde ist man sich einig. Die Juden in allerWelt und die Gemeinde in unserer Stadtwünschen Ehud Barak und seiner RegierungGlück und Erfolg auf ihrem Weg zum Frie-den. Israel kann immer auf unsere Unterstüt-zung zählen.«

Landesrabbiner Joel Berger (ausdrücklich „imNamen der Rabbiner-Konferenz”) in derselbenAusgabe des Zentralratsblatts über die JamimNoraim, die „Ehrfurcht gebietenden Tage” vordem jüdischen Jahreswechsel Rosch Haschana:

»Die Jamim Noraim ermahnen uns, unsereVerantwortung füreinander ernst zu nehmen.Kol Jisrael arewim se — ba — se. „Alle Judensind füreinander verantwortlich".«

Der Rabbiner wies dabei auf den Propheten Je-saja hin:

»„Mizijon teze Tora” (Jes. 2,3); „von Ziongeht die Weisung aus — und Sein Wort ausunserer heiligen Stadt Jeruschalajim."«

Michel Friedman in der „Allgemeinen” vom 12.Mai 1999:

»Israel braucht nicht nur unsere Solidaritätund Hilfe, sondern auch wir sind angewiesenauf den Staat ...Wir, die hier in Deutschlandleben, wissen, wie schwierig es wäre, wennes Israel nicht gäbe.«

Der Chef der Darmstädter Gemeinde und deshessischen Landesverbandes Moritz Neumann,seinerzeit Mitglied der Finanz- und Medienkom-mission des Zentralrates der Juden, Rundfunk-rat des Hessischen Rundfunks sowie Delegier-ter für den European Jewish Congress, schriebin der „Allgemeinen” am B. Februar 1996 ange-sichts des beim 10. Jüdischen Weltkongress inJerusalem gezeichneten „Schreckensbildes” ei-ner „fortschreitenden Assimilierung in der Dia-spora” und einer „neuen Höchstzahl interkon-fessioneller Eheschließungen” (derjüdischerseits oft so stark beklagten „Misch-ehen” also):

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»Israel braucht die Juden der Welt, und dieJuden der Welt brauchen Israel.«

Charlotte Knobloch am 21. September 1995 inder „Allgemeinen”:

»Die Liebe und unverbrüchliche Verbindungzum Lande Israel, zur jüdischen Religion unddie aktive Teilnahme am Leben der Gemein-de und in der Gesellschaft dieses Landesentspricht der jüdischen Tradition und solluns ein Wegweiser für die Zukunft sein. Indiesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, demVolk und dem Staate Israel von Herzen Scha-na towa, we chatima towa.«

Rabbiner Yitzhak Ehrenberg veröffentlichtegleich neben Frau Knoblochs Liebesbekundungeinen von ihm ausdrücklich so bezeichneten

»Treueschwur für Jerusalem, die ewigeHauptstadt des jüdischen Volkes«,

dessen Kern lautete:

»Nach 2000 Jahren Diaspora ist das jüdischeVolk zurückgekehrt nach Jerusalem. UnsereGeneration hat vieles erlebt, was anderenicht erlebt haben. Und doch ist es Verdienstaller Generationen, dass Jerusalem nie inVergessenheit geriet, Zion immer im Mittel-punkt jüdischen Lebens stand und steht ...Diese tiefe Verbundenheit hat Jerusalem im-mer die Hauptstadt des jüdischen Volkessein lassen, in einer Weise, wie das kein an-deres Volk hatte.«

Am 19. September 1990 hieß es in der „All-gemeinen” aus der Feder des damaligen Zen-tralratsvorsitzenden Heinz Galinski („Neujahrs-botschaft an die jüdischen Gemeinden"):

»Unverändert wird auch im Jahr 5751 unsereSolidarität dem Staat Israel gelten — demLand, mit dem jeden Juden, wo immer erauch auf der Welt leben mag, innerlich einBand des gemeinsamen Schicksals verbin-det.«

„Das Zuhause derweltweiten Familie”

Als Beispiel aus den 80er-Jahren sei die „All-gemeine” vom 9. September 1988 mit Grußbot-schaften des israelischen StaatspräsidentenChaim Herzog und des MinisterpräsidentenJitzchak Schamir zum Neujahrsfest der JudenRosch Haschana zitiert. Herzog:

»Sowohl bei unseren Errungenschaften alsauch bei unseren Problemen sind unsereSchwestern und Brüder in den jüdischen Ge-meinden der Diaspora unsere hauptsächli-chen Partner. Mit Ihnen teilen wir die Ge-meinsamkeit des äußerst bedeutendenErbes, mit Ihnen sind wir in einem bedeut-samen Geschick verbunden. Wir müssen ge-meinsam noch vieles bewältigen — unsereMission als Volk ist immerwährend.«

Schamir rief dazu auf,»den jüdischen nationalen Schatz zu bewah-ren, zu erhalten und zu stärken, Gefahren zuüberwinden, Angriffe zurückzuschlagen«,

und fuhr dann fort:»Um das zu erreichen, müssen wir sowohldie Einheit des jüdischen Volkes in Israel alsauch die zwischen Israel und den Juden derDiaspora festigen. Wir können uns den Lu-xus öffentlicher Kritik, die geradewegs in dieHände unserer Feinde spielt, nicht leisten.Die Geschichte hat bewiesen, dass wir —wenn das jüdische Volk vereint ist und zu-sammenhält — unschlagbar und nicht zu zer-stören sind ... Die Zukunft hängt von unse-rem nationalen Willen ab, unseremnationalen Geist, von der Einigkeit und Soli-darität des gesamten jüdischen Volkes, un-serem Glauben an die Gerechtigkeit unsererSache, unserer Bereitschaft, beim Aufbau ei-nes großen und wundervollen Landes undder Entwicklung einer Nation fortzufahren,die zukünftigen Generationen unseres VolkesSicherheit und Stolz verleihen wird. Aus Je-

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Des Zentralrats zentrale Rolle 89

/KG-Chef Dr. SimonSnopkowski zum jüdi-schen Neujahrsfest5762 (2001)

rusalem, der Hauptstadt der Nation, entbieteich dem Volke in Zion und dem gesamtenHause Israel Wünsche für ein glückliches,friedvolles und erfolgreiches Jahr 5749.Schana towa ! «

Auch in anderen jüdischen Organen kommendie engen Bande zwischen dem Staat Israelund Juden in Deutschland zum Ausdruck.Sei es, dass die jüdisch-zionistische Organisati-on Keren Hayesod auf ihren Internet-Seitenüber einen „Spenderempfang im Rahmen einesNot-Programmes für Israel” 2002 in Frankfurtam Main berichtet, an welchem auch der Zen-tralratspräsidiale Salomon Korn und der israe-lische Kommunikationsminister Reuven Rivlinteilnahmen und bei welchem Michel Friedmanausrief:

»Zeigen Sie mit Ihrer Spende, dass Israeldas Zuhause für die weltweite jüdische Fa-milie ist!«

Sei es, dass in den „Israel Nachrichten” am 24.März 2000 über einen in Jerusalem gehaltenenVortrag „Holocaustgedenken” des Chefs derBerliner Jüdischen Gemeinde stand:

»Herr Dr. Andreas Nachama erwähnte, dassder Staat Israel den Juden in der Diaspora

Rückgrat ist. Es dürfte ihm daher nichtschwer fallen, Geschichte durch die israe-lisch-jüdische Brille zu betrachten.«

Oder sei es, dass in der Ausgabe Nr. 86 vomSeptember 2001 des Mitteilungsblattes desLandesverbandes der Israelitischen Kultus-gemeinden in Bayern (IKG) Dr. Simon Snop-kowski, der IKG-Präsident, zum jüdischen Neu-jahrsfest Rosch Haschana 5762 verkündete:

»Wir alle blicken gebannt auf das Land Isra-el, unsere uralte Heimat, den Gegenstandunserer täglichen Sorgen und das Ziel allerunserer Sehnsucht ... Wenn es aber um dieExistenz des Staates Israel geht, dann ste-hen wir Juden aus aller Welt wie ein Mannhinter ihm — auch wenn wir in der ganzenWelt alleine stehen.«

„Rückversicherungspolice”

In einem Gespräch mit der Zeitschrift „chris-mon” (Nr. 9/2001) bekundete Paul Spiegel:

»Ich sehe die Möglichkeit, viele Heimaten zuhaben, obwohl es dieses Wort eigentlich nurim Singular gibt.«

Für ihn sei neben Düsseldorf, wo er seit 43Jahren lebe, Familie und Freunde habe und ar-beite, „auch der Staat Israel wesentlich”. Undder Zentralratspräsident fuhr hinsichtlich dieserWesentlichkeit fort:

»Zum ersten Mal in der Geschichte des jüdi-schen Volkes gibt es einen Staat, in dem Ju-den innerhalb von 24 Stunden Staatsbürgerwerden können — eine Lebensversicherungfür alle Juden, die noch außerhalb Israels le-

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ben. Das ist im weiteren Sinne also aucheine Heimat.«

So vertritt der in der Beilage „Jüdisches Lebenin Deutschland” des Bundestagsorgans „DasParlament” vom 28. Juli/4. August 2003 zitierteDavid, Schüler des Jüdischen Gymnasiums Ber-li n, wohl keine Sondermeinung in der Gemein-de, wenn er sagt:

»Für jeden Juden ist Israel eine ideelle Hei-mat, weil jeder von uns weiß: Wenn es wie-der ganz schlimm kommt — es gibt einen Ort,an den wir gehen können.«

Professor Amnon Raz-Krakotzkin, der die Ge-schichte des Zionismus an der Universität vonBeerscheba/Israel lehrt, schreibt dazu („Da-mals", Juni 1996):

»Die verfassungsrechtliche Definition desStaates Israel als „Staat des jüdischen Vol-kes” schließt diejenigen Juden ein, die an-derswo leben und Staatsbürger andererStaaten sind.«

Der Israel ebenfalls eng verbundene jüdischeSchriftsteller Rafael Seligmann veröffentlichtein der vorerwähnten Sonderbeilage des „Par-laments” unter der Schlagzeile

»Zion als verlässliche Rückversicherungspoli-ce«

einen belangreichen Beitrag. Darin führte eraus:

»Israel ist ein zionistischer Staat. Das Landerhebt den Anspruch, Heimat, zumindestAsyl aller Juden der Erde zu sein. IsraelsZionismus wird durch das „Rückkehrgesetz”unterstrichen. Die Bestimmung gibt jedemJuden das Recht, nach Israel einzuwandernund die dortige Staatsbürgerschaft zu erwer-ben. Israel ist durch diese zionistische Hal-tung zur Rückversicherung für die Juden al-lerorten geworden. Die Einstellung derJuden der Diaspora, also außerhalb Zions,gegenüber dem Staat Israel ist neben fami-liären und religiösen Bindungen vor allemdurch die Verantwortung Jerusalems für dieHebräer in aller Welt geprägt. Auch eineRückversicherungspolice hat ihren Preis.«

Für jeden Juden offen

Bei der erwähnten gesetzlichen Bestimmung Is-raels handelt es sich um das von der erstenKnesset verabschiedete „Rückkehrgesetz vom5. Juli 1949”, welches, wie das „Neue Lexikondes Judentums” aufklärt,

Seligmanns „Rückver-sicherungspolice "-Artikel

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Des Zentralrats zentrale Rolle 91

»das Land Israel für jeden Juden öffnet, dersich dort niederlassen will. Jüdische Einwan-derer (Olim) erhalten automatisch zum Da-tum ihres Eintreffens die israelische Staats-bürgerschaft, es sei denn, der Innenministerbefindet, dass sie eine Gefahr für die öffent-li che Gesundheit oder für die Sicherheit desStaates darstellen.«

Da im Gesetz nicht auf die Religion Bezuggenommen wird, gewährt es das Recht derAufnahme und Staatsbürgerschaft jedem Ab-stammungsjuden, der nach israelitischer Über-lieferung (Halacha) „wirklich jüdisch” ist, alsoKind einer zweifelsfrei jüdischen Mutter.In diesem Zusammenhang erscheint es beson-ders interessant, dass mittlerweile über100 000 israelische Staatsbürger auch die deut-sche Staatsangehörigkeit besitzen. Das Rechtauf eine solche Doppelpass-Existenz steht nachbundesdeutscher Gesetzeslage all jenen zu, de-ren Eltern oder Großeltern als Juden die deut-sche Staatsbürgerschaft hatten. Die Zahl derAnträge von Israelis auf deutsche Pässe hatsich in den letzten Jahren drastisch erhöht.In seinem Buch von 1986 „Über Juden undDeutsche” schrieb der jüdische Historiker Prof.Dr. Julius H. Schoeps:

»Es kann kaum ein Zweifel daran bestehen,dass der Zionismus heute wenig mehr ist alsdie geforderte und gegebene Finanzhilfe undkritiklose Identifizierung der jüdischen Dia-spora mit Israel.«

Am 29. September 1995 hatte Rafael Selig-mann auf der Titelseite der „Allgemeinen” desZentralrats geschrieben:

»So gut wie alle Juden Deutschlands warenund sind Zionisten.«

Doch so richtig ernst mache man damit nicht:Die Alija (Auswanderung nach Israel) werde biszum Tode verschoben und der Zionismus erstdadurch realisiert, dass man sich in Israel be-graben lasse. Woran sich auch trotz Massen-zustroms von GUS-Juden („Kontingentflüchtlin -

ge") nach Deutschland nichts geändert zuhaben scheint. Am 13. März 2003 jedenfallshieß es in der „Jüdischen Allgemeinen”, es seider Jewish Agency im Bereich der Jugend-Alijaim vorangegangenen Jahr in Deutschlands bei-den größten jüdischen Gemeinden lediglich ge-lungen, sechs (Frankfurt am Main) bzw. einen(Berlin) Juden als Neubürger für Israel zu ge-winnen.Jedenfalls hat auch der seinerzeitige israe-lische Botschafter in Bonn, Avi Primor, 1996 die„Rückversicherung” bekräftigt. In einem Beitrag„Ein Stück jüdischer Gemeinsamkeit” schrieb erin der „Allgemeinen Jüdischen” vom 24. Apriljenes Jahres:

»Der Staat Israel ist ein Bestandteil des jüdi-schen Volkes wie auch dessen ewige poten-zielle Heimat ... Das „Gesetz der Rückkehr”verpflichtet den Staat Israel auf ewige Zei-ten, jedem Juden zu jeder Zeit bedingungs-los Asyl zu gewähren und ihm automatischdie israelische Staatsbürgerschaft zu verlei-hen, sobald er das Recht der Rückkehr in An-spruch nimmt. «

Israel betont aber nicht nur die Gültigkeit der„Rückversicherungspolice”, sondern geht nocheinen Schritt weiter. So hieß es am 1. Februar2001 in der „Allgemeinen Jüdischen”:

»Der israelische Außenminister hat in einerErklärung an die Diaspora gesagt, Israel seientschlossen, für das Wohlergehen eines je-den jüdischen Menschen einzustehen.«

Die Vorstellung des Zentralrats

Auf ihren Internet-Seiten stellt sich die oberstejüdische Führung in der Bundesrepublik wiefolgt vor:

»Der Zentralrat der Juden in Deutschland isteine Körperschaft des öffentlichen Rechtsund die Spitzenorganisation der jüdischenGemeinden in der Bundesrepublik Deutsch-land mit etwa 100 000 Mitgliedern. Der Zen-

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92 Dritter Abschnitt

tralrat der Juden wurde 1950 von Repräsen-tanten der jüdischen Gemeinschaft der vierBesatzungszonen als politischer und religiö-ser Dachverband gegründet.«

Dass praktisch alle jüdischen Gemeinden undInstitutionen in Deutschland durch den am 19.Juli 1950 in Frankfurt am Main offiziell kreier-ten Zentralrat unter ein Dach kamen, war einziemliches Novum und hatte auch nicht langeBestand. Denn der Landesverband der jüdi-schen Gemeinden in der Sowjetzone separiertesich und bildete schließlich 1952 den vom Zen-tralrat organisatorisch abgekoppelten „Verbandder Jüdischen Gemeinden in der Deutschen De-mokratischen Republik”. In den 90er-Jahrenfand dann wieder der Zusammenschluss statt.Der am 17. September 1933 auf Initiative desCentralvereins deutscher Staatsbürger jüdi-schen Glaubens und der Zionistischen Vereini-gung als Sammelbecken gegründeten Reichs-vertretung der deutschen Juden mit Leo Baeckals Präsident hatten sich erst unter NS-Drucksechs Jahre später alle jüdischen Gruppen des

Reiches eingefügt (neuer Name dann: Reichs-vereinigung der Juden in Deutschland).Vorangegangene deutschlandweite jüdischeSammelorganisationen wie der 1869 in Leipzigauf Initiative von Moritz Lazarus und SamuelKristaller gebildete Deutsch-Israelitische Ge-meindebund oder der auf Anregung von Rapha-el Löwenfeld 1893 in Berlin konstituierte Cen-tralverein deutscher Staatsbürger jüdischenGlaubens repräsentierten jeweils nur Bruchstü-cke des hiesigen Judentums. (Neuerdings rechtaufschlussreich hierzu: Avraham Barkai, „Wehrdich! Der Centralverein deutscher Staatsbürgerjüdischen Glaubens 1893-1938").Die „Vereinigung jüdischer OrganisationenDeutschlands zur Wahrung der Rechte der Ju-den des Ostens” (VJOD), gegründet am B. Ja-nuar 1918 in Berlin auf Initiative des Baumwoll-händlers und jüdischen Funktionsträgers JamesSimon, in welcher tatsächlich alle maßgeb-lichen jüdischen Bewegungen und Gruppen desReiches vereinigt waren, fristete ein Daseinvon nur wenigen Monaten. Aus ihren weitrei-

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chenden Plänen mit Kaiser Wilhelm II. alsSchutzherrn der Hebräermassen in Ostmittel-und Osteuropa konnte nichts werden, weilDeutschland den Krieg verlor. In welcher Ge-fahr die Ostjuden in der Tat schwebten, zeigtesich, als es sofort nach Ende der reichsdeut-schen bzw. österreichischen Ordnungsmacht1918/19 in Polen (besonders in Galizien), Un-garn, Rumänien, der Slowakei, Westrusslandund der Ukraine zu zahlreichen schweren Po-gromen gegen sie kam.

Schacharit und Maariv für Israel

Gleich im ersten Abschnitt des Internet-Stich-wortes „Aufgaben des Zentralrats” betont dieoffizielle Gesamtvertretung der bundesrepubli-kanischen Judenheit auf ihrer Website:

»Die besondere Solidarität der Juden inDeutschland gilt Israel.«

Der Zentralrat residiert im Leo-Baeck-Haus,Berlin, Tucholskystraße. Das Gebäude beher-bergte von 1907 bis 1942 die renommierte, lan-ge Jahre vom überragenden Dr. Leo Baeck ge-leitete Hochschule der Wissenschaft desJudentums.Mehrere Institutionen sind mit dem Zentralrataufs Engste verwoben:— Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in

Deutschland,

- Rabbiner-Konferenz,Zentralarchiv zur Erforschung der Geschich-te der Juden in Deutschland,Hochschule für jüdische Studien in Heidel-berg,Jüdische Allgemeine,Schieds- und Verwaltungsgericht des Zen-tralrats,Bund jüdischer Frauen in Deutschland,Bundesverband jüdischer Studenten inDeutschland,Bundessportverband Makkabi Deutschlande. V.

Die aus Israel bekannte unmittelbare Verbin-dung von Rabbinat und Politik findet im Zentral-rat sozusagen ihre Entsprechung. Unter demStichwort „Die Rabbiner-Konferenz Deutsch-lands stellt sich vor” hieß es in der „Allgemei-nen Jüdischen” am 24. Dezember 1998:

»Die Rabbiner-Konferenz ist der offizielle An-sprechpartner der Rabbiner für den Zentral-rat. Es finden deshalb regelmäßig offizielleund inoffizielle Gespräche mit allen Gremiendes Zentralrates statt. Die Mitglieder derRabbiner-Konferenz nehmen auch immer anden Zentralrats-Tagungen teil. Auch für vielenichtjüdische Organisationen, von den Kir-chen bis zum Bundestag, muss die Rabbiner-Konferenz die offizielle rabbinische Adressesein.«

Die tiefe Verbundenheit hiesiger Rabbiner mitdem Staat Israel ist beispielsweise in einer Be-richterstattung der „Jüdischen Allgemeinen”vom 24. April 2002 zum Ausdruck gekommen(Tehillim = Psalmen, Schacharit = Morgengebet,Maariv = Abendgebet):

»In der Joachimsthaler Straße werden spe-zielle Tehillim für den Frieden Israels gesagt.Immer morgens nach dem Schacharit undabends nach dem Maariv. Repräsentant Al-bert Meyer berichtet von den Freitagabend-Gottesdiensten in der Synagoge am Hütten-weg: „Dort verlesen wir stets die Namen derisraelischen Opfer, die in der vergangenenWoche ihr Leben lassen mussten.” Auch inder Pestalozzistraße werden besondere Psal-men vorgetragen. Rabbiner Chaim Rozwaski:„Ich spreche fast jedes Wochenende überdas Thema. Und ich predige, dass die jüdi-schen Menschen stolz sein sollen. Wir müs-sen zeigen, dass wir ein Volk sind, in demeiner solidarisch mit dem anderen zusam-mensteht."«

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Massive Förderung

Alle genannten Einrichtungen des Zentralratserfreuen sich massiver materieller Förderungdurch staatliche bundesdeutsche Stellen. Sieerhalten auch sonst Stütze jeder Art von Stüt-zen der hiesigen politischen, wirtschaftlichenund sonstigen Gesellschaft. Nicht minder derZentralrat an sich. Nachdem bereits mehrereBundesländer entsprechende Abkommen überfinanzielle Zusatzspritzen in vielfacher Millio-nenhöhe mit den jeweiligen jüdischen Landes-verbänden abgeschlossen hatten, zog der Bundim Herbst 2002 nach und erhöhte per Staats-vertrag den Obolus an den Zentralrat aus öf-fentlicher gesamtdeutscher Hand ums Dreifa-che auf drei Millionen Euro je Jahr.Trotz großzügiger Zuwendungen für die organi-sierte bundesrepublikanische Judenheit aus derSteuerkasse hatte Zentralratschef Spiegel 2000Alarm schlagen müssen, weil

»80 Prozent der Gemeinden verschuldet«seien („Allgemeine Jüdische", 20. Januar2000). Seither scheint es nicht viel besser ge-worden zu sein. Die Berliner Gemeinde bei-spielsweise, deren Haushalt zu über 90 Prozentvom Senat bestritten wird, gestand im Früh-herbst 2003 ein Euro-Loch in Millionenhöheein.Die jüdische Zentralwohlfahrtsstelle des Zen-tralrats (gegründet 1917, unter Hitler zunächstFortsetzung der Arbeit, z. B. mit einem 1933/34geschaffenen separaten jüdischen Winterhilfs-werk, 1939 in die Reichsvereinigung der Judenin Deutschland als „Abteilung Fürsorge” einge-gliedert, 1943 aufgelöst, 1952 Neugründung)hat als eines von sechs gleichberechtigten Mit-gliedern der Bundesarbeitsgemeinschaft derFreien Wohlfahrtspflege dieselbe Stellung wiedie ums Zigfache mitglieder- und leistungsstär-keren Spitzenverbände Arbeiterwohlfahrt, Cari-tasverband, Paritätischer Wohlfahrtsverband,Deutsches Rotes Kreuz und Diakonisches Werk.

Das drückt sich u. a. aus in der Teilhabe der jü-dischen Zentralwohlfahrtsstelle — als Stamm-aktionär — an der massiv mit öffentlichen Mit-teln gestützten und unterstützten Bank fürSozialwirtschaft (Bilanzsumme im Geschäftsjahr2002: 3,6 Milliarden Euro), die zinslose Darle-hen an die Freie Wohlfahrtspflege vergibt, wei-ter in der Beteiligung der jüdischen Organisati-on an den Zuschlagserlösen aus dem Verkaufder Wohlfahrts-Briefmarken der Post (übrigensauch jener mit weihnachtlich-christlichen Moti-ven) oder in der Berücksichtigung der Zentral-wohlfahrtsstelle in Gremien wie der im Mai2003 von Bundesfamilienministerin RenateSchmidt eröffneten Kommission „Impulse fürdie Zivilgesellschaft”. Dieser Institution, diesich mit der „Zukunft des bürgerschaftlichenEngagements” beschäftigen soll, gehört Zen-tralwohlfahrtsstellen-Chef Abraham Lehrer an,Nachfolger des zum Zentralratspräsidenten auf-gerückten Paul Spiegel und Mitglied des Vor-standes der Synagogen-Gemeinde Köln.

„International eng verknüpft”

»International hat der Zentralrat seine Ver-bindungen zur jüdischen Gemeinschaft in Eu-ropa und in der Welt eng verknüpft«,

li est man auf den Internet-Seiten der jüdischenFührungsorganisation Deutschlands weiter.Wobei es ebenso symbolträchtig wie bezeich-nend sein dürfte, dass sich unter dem Dach desBerliner Leo-Baeck-Hauses auch das Büro desEuropäischen Jüdischen Kongresses (EuropeanJewish Congress, EJC) befindet.Hierbei handelt es sich um eine Nebenstelledes von Nordamerika aus dirigierten, seit 1981vom Spirituosen-, Chemie- und Medienindus-triellen Edgar Bronfman geleiteten JüdischenWeltkongresses. Peter Charles Newman, Bio-graph der Bronfman-Familie, nennt den Clan

»The Rothschilds of the New World«.

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Den Grundstein für das Vermögen hatte zur US-Prohibitionszeit Samuel Bronfman, Vater desEdgar, gelegt, indem er das Einschleusen vonWhisky und anderem Hochprozentigen organi-sierte. Übrigens ist „Bronfen” das jiddischeWort für Whisky.

»Im EJC sind 38 jüdische Landesgemeindenmit insgesamt etwa zwei Millionen Mitglie-dern, einschließlich der GUS-Staaten, vertre-ten«

haben die „Israel-Nachrichten” (11. Januar2000) mitgeteilt. Mit Michel Friedman und zu-vor Ignatz Bubis standen neuerdings zwei jüdi-sche Führungsfunktionäre aus Deutschland ander EJC-Spitze. Chefmanager des European Je-wish Congress ist Generalsekretär SergeCwajgenbaum (Paris).Im Internet-Text des Zentralrates kommt auchdie Vernetzung mit Vereinigungen zum Aus-druck, die für den Wiedergutmachungskomplexverantwortlich sind (und sich Israel natürlich inbesonderer Weise verpflichtet fühlen):

»Der Zentralrat ist aktives und vollberechtig-tes Mitglied mit Sitz und Stimme in den Exe-kutivgremien zahlreicher internationaler jüdi-scher Organisationen. Unter anderem imWorld Jewish Congress, im European Je-wish Congress, in der World Jewish Restitu-tion Organisation, in der Conference of Je-wish Material Claims against Germany.«

Das Internet-Angebot des Zentralrats schließtmit mehreren Seiten „Israel-Links”, also mitHinweisen auf Weiterführendes direkt und offi-ziell aus dem nahöstlichen jüdischen Staat.Verlinkt ist der Zentralrat im Netz beispielswei-se mit

der Homepage der israelischen Regierungunter speziellem Verweis u.a. auf aktuellePresseerklärungen des Kabinetts in Jerusa-lem und auf „Mitteilungen des israelischenKabinetts seit 1994, ergänzt durch wichtigeReden, Presseerklärungen und Interviewsführender Regierungsmitglieder”, wobei de -

ren Biographien — wie die anderer führen-der Israelis — ebenfalls offeriert werden,den Leitseiten der Botschaft des Staates Is-rael in der Bundesrepublik Deutschland so-wie mit deren Mitteilungsblatt „BlickpunktIsrael”,der Jewish Agency (sie organisiert und be-treut die Einwanderung nach Israel),dem Fremdenverkehrsbüro des Staates Isra-eldem Israel Emergency Solidarity Fund —One Family (über den der Zentralrat mitteilt:„Kümmert sich um die Terroropfer und ihreFamilien in Israel"),der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (wirdvom Zentralrat vorgestellt als „zentrale Or-ganisation in der Bundesrepublik Deutsch-land, in der sich Freunde Israels in überpar-teilicher Zusammenarbeit zusammenfinden,um in Solidarität mit dem Staat Israel undseiner Bevölkerung zu wirken"),der Nachrichtenagentur Jewish TelegraphAgency, JTA („in allen Erdteilen vertreten"),„Hagalil” („das deutsche Online-Magazinmit zahlreichen Informationen und Links zuIsrael"),dem aktuellen israelischen Rundfunkpro-gramm,führenden israelischen Zeitungen wie„Ha'aretz”, „The Jerusalem Post”, „YediotAharonot” sowie mit dem Wirtschaftsmaga-zin „Globes” (von wegen, so der Zentralrat,„der aktuellen Aktienentwicklung in Israel").

Die Zentralrats-Spitze

Im Dezember 2002 wurden Paul Spiegel alsPräsident sowie Charlotte Knobloch und Dr. Mi-chel Friedman („Mischu, wie er von seinenFreunden genannt wird”; „Allgemeine Jüdi-sche”, 2. November 1995) als Vizepräsidentenvon den Mitgliedern des Zentralratsdirektori-ums auf drei Jahre wiedergewählt. Dem ins-

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gesamt neunköpfigen obersten Führungsgremi-um, dem Präsidium, gehörten fortan neben demPräsidenten und seinen beiden Vize die folgen-den sechs Beisitzer an— Dr. Alexander Brenner,

- Nathan Kalmanowicz,

- Dr. Dieter Graumann,- Dr. Salomon Korn,- Dr. Josef Schuster,— Johann Schwarz.Im September 2003 rückte Korn für Friedmanins Vizeamt auf und kam Dr. Hanna Sperling,Vorsitzende der Dortmunder Gemeinde sowieChefin des Landesverbandes Westfalen-Lippe,neu ins Präsidium.Als Geschäftsführer fungiert Stephan J. Kra-mer, zugleich Stellvertreter von Karl Brozik,dem Repräsentanten der für die Durchsetzungvon Wiedergutmachungsforderungen und Ab-wicklung entsprechender Leistungen zuständi-gen Claims Conference GmbH in Deutschland.Engagiert verficht Kramer die Interessen seinerGemeinschaft gegenüber Organen der Bundes-republik auch hinsichtlich anderer Belange. Soberichtete die „Allgemeine Jüdische” am 26.September 2001:

»Zum achten Mal hatte die Zentralwohl-fahrtsstelle der Juden in Deutschland ihreDienstbesprechung mit Vertretern von Minis-terien und Behörden sowie Delegierten derJüdischen Gemeinden Deutschlands organi-siert. Thema: „Jüdische Emigration aus derehemaligen Sowjetunion.” ... In diesem Zu-sammenhang forderte der Geschäftsführerdes Zentralrats der Juden in Deutschland,Stephan Kramer, von Bund und Ländern:„Wir sind bereit, überall Jüdische Gemein-den aufzumachen. Bezahlen Sie es bitter«

Von den jüdischen Präsidialen tritt nur JohannSchwarz, Richter von Beruf, Chef der Krefelderjüdischen Gemeinde und im Zentralrat für Zivil-rechtsfragen und Schiedsgericht zuständig, rela-tiv selten öffentlich in Erscheinung. Nicht aus -

zuschließen, dass seine Kraft durch Schlichteninternen Streits reichlich absorbiert wird. Immer-hin stöhnte die „Allgemeine Jüdische” schon am29. Oktober 1998 titelseitig über eine Entwick-lung, die sich seither nicht abgeschwächt hat:

»Es ist inzwischen derart viel innerjüdischerZores sub judice, dass wahrscheinlich mehrJuden vor Gericht zu finden sind als amSchabbat in der Synagoge.«

Juristischer Streit unter Juden sei „eineWachstumsbranche”. Früher habe man internenStreit auch intern zu regeln gepflegt, „getreuder Devise ,Was sollen sonst die Gojim (alsodie Nichtjuden, D. K.) denken?”' Seit aber vorein paar Jahren „dieses Tabu gebrochen” wor-den sei, seien auch „die Dämme geborsten”.Weiter im Klagetext der Zentralratszeitung:

»Jetzt ist die erste Reaktion, wenn manliest, dass irgendwo in einer Jüdischen Ge-meinde wer jemanden verklagt hat, nichtmehr das traditionelle „Wie kann der nur?”,sondern ein „Das mach' ich auch".«

Angesichts „dieser Welle innerjüdischer Ge-richtsgänge” frage man sich, warum es nebenFachanwälten für Arbeits-, Steuer-, Miet-, Ehe-,Familienrecht etc.

»nicht auch endlich den Fachanwalt für in-nerjüdischen Zores gibt, der bestens präpa-riert ist für drei Instanzen Goldstein gegenKohn«.

Ansonsten ist die mannigfach mit jüdischenwie nichtjüdischen Instanzen und Institutionender Bundesrepublik Deutschland verwobene,ämterpralle Zentralratsspitze sozusagen Hans-dampf in allen Gassen des öffentlichen Lebens.So hat sich Präsident Paul Spiegel einen Na-men gemacht auch als:

langjähriger Vorsitzender der Zentralwohl-fahrtsstelle der Juden in Deutschland,Vorsitzender des Landesverbandes NRWder Jüdischen Gemeinden und des jüdi-schen Gemeinderats Düsseldorf,

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Des Zentralrats zentrale Rolle 97

Paul Spiegelruft auf

Kurator der „Freunde und Förderer des Leo-Baeck-Instituts”,Mitglied des „Freundeskreises Heinrich Hei-ne”Schirmherr des „Else-Lasker-Schüler-Fo-rums”,Schirmherr der Aktion „Anders — na und?”(will „Toleranz fördern"),zweiter Vorsitzender des Vereins „Gesichtzeigen” (richtet sich „gegen Rassismus"),Ehrenmitglied der Stiftung „Dialog der Ge-nerationen”,Mitglied der Zuwanderungskommission derBundesregierung,Mitglied des Rundfunkrates des Westdeut-schen Rundfunks,Mitglied des WDR-Programmausschusses.

Geradezu phänomenal hat die Tausendsassereivon Michel Friedman angemutet. Bis zu seinemaffärenvollen Absturz im Sommer 2003 und sei-ner Ankündigung des Rücktritts „von allen ge-wählten Ämtern” bekleidete er neben seiner Vi-zepräsidentschaft im Zentralrat und seinerTätigkeit als Fernseh-„Talkmaster” folgendePosten (die Aufzählung ist keineswegs ab-schließend!):— Präsident des Europäischen Jüdischen Kon-

gresses,

Vorsitzender der Medienkommission desZentralrats der Juden in Deutschland,Geschäftsführer der Jüdischen PresseGmbH (bringt auch die „Jüdische Allgemei-ne” heraus),Vorstandsmitglied der Freunde der Hebräi-schen Universität Jerusalem,Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeindein Frankfurt am Main,Mitglied des Aufsichtsrates der „Weltkul-turerbe Völklinger Hütte — EuropäischesZentrum für Kunst und IndustriekulturGmbH”,Aufsichtsratsvorsitzender der Saarlän-dischen Staatstheater GmbH,Mitglied im Kuratorium Stiftung Saarlän-discher Kultur-Besitz,Mitglied des Aufsichtsrates der Saarlän-dischen Investitionskreditbank AG,Mitglied des Koordinierungsrates desDeutsch-Tschechischen Gesprächsforums,

Als man sich noch mit Friedman schmückte ...

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98 Dritter Abschnitt

Mitglied des Bundesfachausschusses „Me-dienpolitik” der CDU,Mitglied des Bundesfachausschusses „Bil-dung, Forschung und Kultur” der CDU,Mitglied des Bundesfachausschusses „Ge-sprächskreis Kultur” der CDU,Vorstandsmitglied der Speyer-Stiftung,Vorstandsmitglied der Geschwister Korn-und Gerstenmann-Stiftung,stellvertretender Aufsichtsrat des Friedrich-stadtpalastes,stellvertretender Aufsichtsrat der Trans-atlantik-Quandt-Stiftung,Beiratsmitglied der Bundesakademie für Si-cherheitspolitik (BAKS) der Bundesregie-rung,Fernsehrat des Zweiten Deutschen Fernse-hens (ab Anfang 2003 auch Schriftführerdieses Aufsichts- und Führungsgremiumsdes ZDF).

Dem CDU-Bundesvorstand hatte Friedman von1994 bis 1996 angehört, 2000 war er von Saar-lands christdemokratischem Ministerpräsiden -

ten Peter Müller zum Leiter einer „Stabsstellefür kultur- und europapolitische Fragen” beru-fen worden. Zudem ist der lange Zeit geradezuomnipräsent gewesene jüdische Funktionär alsmaßgebliches Mitglied der „Atlantik-Brücke” inErscheinung getreten. Diese Vereinigung wurdebis zu dessen Sturz über „Schwarze Koffer” vonWalter Leisler Kiep geleitet, dem langjährigenCDU-Bundesschatzmeister; der einflussreicheZirkel kann als Scharnier der transatlantischenBeziehungen zwischen bundesdeutschen „Eli-ten” und führenden Kräften der „US-Ostküste”gelten.Übrigens hat Friedman nie modifiziert oder rela-tiviert, was er sozusagen als Auftakt seinesbundesweiten Auftretens im Gespräch mit dem„Rheinischen Merkur” (16. November 1985) ver-kündete:

»Versöhnung ist ein absolut sinnloser Be-griff. Den Erben des judenmordenden Staa-tes kommt gar nichts anderes zu, als dieschwere historische Verantwortung auf sichzu nehmen, generationenlang, für immer.«

Friedman im „Rhei-nischen Merkur” vom16. November 1985

Hymne auf Friedmanin der „ Welt” vom21. Juni 2003

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Des Zentralrats zentrale Rolle 99

„Liebling der Götter”

Nach seinem rauschgift- und hurenbedingtenAbtritt schrieb die Illustrierte „stern” in ihrerAusgabe 26/2003 über Friedman, den „Moralis-ten im Zwielicht”:

»Der Mann ist Kosmopolit, er spricht fünfSprachen, und wenn er im Fernsehen auf-trat, hatte man immer das Gefühl, da ist ei-ner direkt vom Pariser Boulevard in das Landvon Rumpelstilzchen hinabgeschwebt. Fried-man bestellt seinen frischgepressten Oran-gensaft im Hotel „ä la minute” — hierzulandehat man es gern etwas rustikaler ... Nein,im Land der Täter ist der Jude Michel Fried-man nie richtig heimisch geworden.«

Am allerlängsten, geradezu prätorianisch, hiel-ten Medien des überhaupt von Kopf bis Fußaufs Israelisch-Israelitische eingestellten Sprin-ger-Konzerns Michel Friedman die Stange. Alsrings herum schon alles an seiner Reputationals oberster Sitten- und Moralprediger sowiePolitical-Correctness-Wächter der Republik inScherben lag, veröffentlichte „Welt"-Chef Prof.Dr. h. c. Dieter Stolte, der ehemalige ZDF-Inten-dant, in seinem Blatt am 21. Juni 2003 unterder Schlagzeile

»Ein Liebling der Götter«eine geradezu hagiolatrische Hymne auf Fried-man, in der es hieß:

»Seine Geburt und bewusste Verankerung imjüdischen Kultur- und Geistesleben in Verbin-dung mit seinen außergewöhnlichen geisti-gen Gaben haben aus ihm in Deutschlandeine viele Zeitgenossen überragende öffent-liche Figur gemacht. Ein glanzvoller Rednermit scharfem Intellekt, witz- und humor-begabt, historisch und kulturell gebildet —verletzend, wenn es wegen der Klarheit desGedankens sein musste, und doch auch ein-fühlsam und liebevoll, wenn es um Men-schenschicksale geht. Ein leidenschaftlicherPolitiker, der die Freiheit des Individuums

über den alles schnell nivellierenden Kon-senstraum der Gesellschaft stellt. Ein zupa-ckender TV-Moderator, der mit seinem ethi-schen Rigorismus seine Interviewpersonen inVerlegenheit und seine Zuschauer zur Weiß-glut brachte. Ein Ästhet, der alles Mittel-mäßige verachtet, gleichgültig, in welcherWeise es ihm entgegentrat. Ein Charmeurder Frauen, die bewundernd seine Nähesuchten, so wie er gerne bewundert in ihremMittelpunkt stand. Wen die Götter lieben,den beneiden die Menschen.«

Stolte mahnte in diesem seinen „Welt"-Artikel:» Wir Deutschen werden uns von unserer Ge-schichte nie entfernen können. Wir werdenuns immer bewusst bleiben müssen, waswir jüdischen Menschen angetan haben.«

Um dann, zwanzig Zeilen weiter, zum Fall Fried-man(s) festzuhalten:

»Das Leben ist nicht nur unbarmherzig, son-dern es kann auch gnädig sein. Es lässt ver-gessen, und es gibt die Chance für einenNeubeginn.«

Wer ihm, Michel Friedman, jetzt helfe,»der rettet ihn, den Liebling der Götter«.

Ohne Israel keine sichereExistenz”

Charlotte Knobloch, wie der Vorgenannte alsSpiegel-Vize gewählt worden, widmet sich ne-ben ihrer Tätigkeit im Zentralrat u. a. auch

der Jüdischen Gemeinde München (Vorsit-zende),der Ludwig-Maximilians-Universität Mün-chen (Kuratorin),dem Lehrstuhl für Jüdische Geschichte undKultur der Universität München (Kuratorindes Freundeskreises),dem Münchner Jüdischen Museum (Direk-torin),dem Freundeskreis der Jerusalemer Ge-denk- und Heldenstätte Jad Vaschem (Vor-

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standsmitglied; Vorsitzende ist Rita Süss-muth),den German Friends of the Israel Philharmo-nic Orchestra (Mitglied des „Freundeskrei-ses” — wie auch Edmund Stoiber),der Bayerischen Volksstiftung (Stiftungs-rätin),dem Erwachsenenbildungszentrum derStadt München, welchem u.a. die Volks-hochschule untersteht (Mitglied des Auf-sichtsrates und stellvertretende Kuratori-umsvorsitzende),dem Bayerischen Landesmedienrat (Mit-glied).

Zentralrats-Präsidiumsmitglied Dr. AlexanderBrenner wurde 2001 zum Vorsitzenden der jüdi-schen Gemeinde Berlin gewählt. Über seineZeit als Wissenschaftsattache an der bundes-deutschen Botschaft in Moskau, und danach ingleicher Funktion in den Jahren 1982 bis 1990an der Botschaft der Bundesrepublik in Israel,berichtet er:

» Während meiner mehrjährigen Beschäfti-gung an den deutschen Botschaften in TelAviv und Moskau war ich sozusagen „live”sowohl mit den akuten — jeden Juden zu-tiefst berührenden — Problemen Israels alsauch den dramatischen Umwandlungen inRussland konfrontiert.«

Auf den Internet-Seiten des Jüdischen Natio-nalfonds Keren Hayesod findet man einenSpendenaufruf Brenners vom 20. November2002 mit der Schlagzeile:

»Hilfe für Israel ist für Juden in der Diasporaauch ein Privileg.«

Hierin schreibt das Mitglied des Zentralratsprä-sidiums und Oberhaupt der Berliner Gemeinde:

»Mehr denn je ist in diesen Tagen unsereSolidarität mit dem Staat Israel gefragt. AlsJuden in Deutschland, die wir Zeugen desAntisemitismus-Streits in der FDP und einerdesinformativen Medien-Hetzkampagne ge-gen den Staat Israel sind, erleben wir wie -

der einmal, wie prekär unsere Existenz inder Diaspora ist, wie sehr sie mit demSchicksal aller Juden weltweit verbunden istund wie die Geschehnisse in Israel unsebenso betreffen wie die Juden, die dort le-ben ... Wir Juden in der Diaspora sind auf-gerufen, Hilfe zu leisten. Ich appelliere analle Gemeindemitglieder, ihrer Pflicht gegen-über dem jüdischen Staat nachzukommen.Denn eines müssen wir uns immer wiederklar machen: Ohne eine gesicherte Existenzdes Staates Israel gibt es auch keine sichereExistenz der Juden in der Diaspora. Wir sindaufeinander angewiesen.«

Die Beziehungen zu Misrachi

Zentralrats-Präsidiumsmitglied Nathan Kalma-nowicz ist Kultusdezernent des höchsten jüdi-schen Gremiums der Bundesrepublik. Er wirktauch als Vorsitzender des in München sitzen-den Vereins „Freunde von Or Torah Stone” undals Deutschland-Chef der weltweit aktiven zio-nistischen Misrachi-Bewegung.„Or Torah Stone” engagiert sich für die Ausbil-dung von Rabbinern und Religionslehrern mitdem Ziel, sie „als geistige Führung weltweit injüdischen Gemeinden tätig werden zu lassen”.Die Bindungen an Israel sind sehr eng.Die 1902 von Rabbi Isaak Jakob Reines in Wil-na gegründete Bewegung Misrachi (abgeleitetvon hebräisch „Merkas Ruchani”, soviel wie„geistiges Zentrum”) hat sich unter dem Motto„Tora Vaavoda”, was ungefähr „bete und arbei-te” heißt, zur Aufgabe gestellt, den Zionismusan halachischen, also traditionell jüdischenLeitlinien auszurichten, eine säkularistische Ab-wendung Israels von der Religion zu verhindernund die Frontstellung vieler Orthodoxer gegenden Zionismus abzubauen. (Der verbisseneKampf zwischen strikt orthodoxen und ent-schieden säkularen Juden in Israel lief nachBefürchtung vieler jüdischer Beobachter auf

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Bürgerkriegstumulte hinaus, bevor dann dienach Scharons martialischem Tempelbergauf-tritt ausgebrochene zweite Intifada der Palästi-nenser den Bruderzwist im Hause Zion dämpf-te.) Man kann bei Misrachi von einemreligiösen Flügel der zionistischen Bewegungsprechen. Die politische Fleischwerdung in Isra-el ist die Nationalreligiöse Partei.Bei der Universität Bar-Ilan im israelischen Ra-mat Gan handelt es sich um das geistige Zen-trum der internationalen Misrachi-Bewegung.Das jüdisch-zionistische Lehrhaus erfährt man-nigfache Hilfestellung aus Deutschland. Zum40-Jahr-Jubiläum der Universität hieß es am 5.Oktober 1995 in der „Allgemeinen Jüdischen”:

»Die Forschungseinrichtungen von Bar-Ilanarbeiten auch eng mit deutschen Hochschu-len zusammen, unter anderem auf den Ge-bieten der Physik, der medizinischen Chemie,Mathematik, Hirnforschung, Ökonomie, Psy-chologie, der Bibel und des Talmud, der jüdi-schen Erziehung und der Ethik.«

Von Staats wegen werde dies „auf drei Ebe-nen” unterstützt, nämlich

»über gemeinsame Projekte des israelischenMinisteriums für Wissenschaft und Kunstund des Bundesministeriums für Bildung,Wissenschaft, Forschung und Technologie;über die deutsch-israelische Stiftung für wis-senschaftliche Forschung und Entwicklung(GIF), die 1996 ein Stiftungskapital von 300Millionen Mark ausweisen wird und je zurHälfte von der israelischen und der deut-schen Regierung aufgebracht wurde; überdie Minerva-Stiftung, die von der Bundes-regierung für diesen Zweck jährlich rund 20Millionen Mark erhält und an der Bar-Ilan-Universität derzeit vier Zentren fördert.«

Finanzielle Frischzellenzufuhr wird der spirituel-len Zentrale des weltweiten Misrachi-Netzwer-kes auch zuteil vom „Kuratorium der Freundes-vereine der Bar-Ilan-Universität” in der Bundes -

republik, dem — so weiter im Text der „All-gemeinen” von 1995,

»namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Wirt-schaft, Wissenschaft und Kultur angehörenund an dessen Spitze der sächsische Minis-terpräsident, Professor Kurt Biedenkopf,steht«.

Damit der Liebesgaben aus Bundesdeutschlandnicht genug. Das Zentralratsblatt fuhr fort:

»Auch andere Bundesländer unterstützenBar-Ilan. So konnte mit Mitteln des Senatsvon Berlin ein Lehrstuhl zur Erforschung derGeschichte der Juden in Preußen eingerich-tet werden. Die Hansestadt Hamburg trugwesentlich zur Gründung des Joseph-Carle-bach-Instituts zur Erforschung jüdischer Wis-senschaften an der Tel Aviver Hochschulebei

Die World Mizrachi Movement (Mizrachi, _englische Version des Namens der Bewegung)nennt auf ihren Internet-Seiten als ihre Haupt-aufgaben:

Bewahrung des „ewigen Dreiklangs (eternaltriangle) von Volk, Torah und Land”,„Erziehung hin zur Alija (= Einwanderung)nach Israel”,„Verstärkung und Vertiefung der religiös-zionistischen Werte in den jüdischen Ge-meinden der Diaspora”,„Stärkung des Bandes (strengthening of abond) zwischen Israels Gesellschaft undden Gemeinden der Diaspora”, wobei dasJudentum in aller Welt „Israel als Zentrum”(„being its center") zu begreifen habe.

Nicht zuletzt aber bezeichnet diese weltweitereligiös-zionistische Organisation mit starkerFörderung aus Deutschland als eine ihrer vor-nehmsten Obliegenheiten,

»Assimilation und Mischehen zu verhindern"(„prevention of assimilation and intermarria-ge").«

Misrachi-Aktivisten stehen, so verkündet diezionistische Weltbewegung stolz, an führender

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102 Dritter Abschnitt

Stelle quer durch die Gesellschaft (Wirtschaft,Politik, Wissenschaft, Militär, Erziehung usw.),und dies sowohl in Israel als auch in der Dia-spora:

»Members of Mizrachi in Israel are foundthroughout society. They are the forefront ofeconomics, politics, welfare, technology, sci-ence, the army and in every sphere of every-day life. In Jewish communities outside ofIsrael, Mizrachi members are at the forefrontof communal leadership, spiritual leadershipand education.«

Nathan Kalmanowicz vom Präsidium des Zen-tralrats der Juden in Deutschland jedenfalls ge-hört dazu.

Die „Muskeljuden” desMax Nordau

In der Person des 1950 in Israel geborenen,früher bei der Deutschen Bundesbank beschäf-tigten Dr. Dieter Graumann, der auch dem Vor-stand der jüdischen Gemeinde in Frankfurt/Main angehört, ist der Zentralrat „verlinkt” mitzwei weltweit wichtigen jüdischen Organisatio-nen. Graumann nämlich fungiert auch als Prä-sident von Makkabi Frankfurt und als Vizeprä-sident der B'nai B'rith-Loge in „Mainhattan”.„ Makkabi — Jüdischer Turn- und Sportverbandin Deutschland e. V.” hat nach eigenen Anga-ben zweieinhalbtausend Mitglieder in der Bun-desrepublik, davon fünfhundert in Frankfurt(dort gibt es Abteilungen für Basketball, Fuß-ball, Taekwondo, Tennis, Tischtennis, Volleyballund Bridge). Die Vereinigung wurde in Deutsch-land 1903 (Wiedergründung: 1965) als Dachver-band der zionistischen Sportbewegung gegrün-det — nach den Vorgaben des ZionistenführersMax Nordau, der den „Muskeljuden” als Leit-bild verkündet hatte. 1921 kam es in Deutsch-land zur Gründung des weltweiten Makkabi-Verbandes (als „Maccabi World Union” heutedie größte jüdische Sport- und Jugendbewe -

gung mit — laut eigenen Angaben — rund400 000 Mitgliedern). Bis 1934 hatte die Welt-Union Makkabi ihren Sitz im Deutschen Reich,dann siedelte sie nach England über.Die Hitlerdiktatur brachte das vorläufige Endevon Makkabi in Deutschland. Am Anfang je-doch hatte das NS-Regime die zionistische Ver-einigung eingespannt, um die Juden im Reichvon ihren deutschen Sportsfreunden zu separie-ren und den ungeliebten „Nichtariern” die Aus-wanderung schmackhaft zu machen. Das „NeueLexikon des Judentums” schreibt dazu:

»Im Gegensatz zu den konfessionellen Sport-organisationen und der Arbeitersportbewe-gung wurde der Makkabi 1933 zunächstnicht aufgelöst. Er nahm vielmehr in den toi-

Zionistisches Bekenntnis mit Herzl-Porträt und Da-vidstern zur Zeit der Hitlerdiktatur: Makkabi-Sportfest 1934; Jugendliche beim FußballspielMakkabi Tikwah (Palästina) gegen Makkabi Ber-lin, 24. Juni 1937. Jeweils in Berlin, Grunewald-stadion.

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Des Zentralrats zentrale Rolle 103

genden Jahren einen bemerkenswerten Auf-schwung.«

Ein Wiederaufleben der Makkabi-Aktivitätenfand gleich nach Kriegsende in den DP-Lagernstatt. In Bayern allein gab es 1946/47 zweiFußballligen jüdischer DPs. In der Liga Nord-bayern-Oberpfalz kickten beispielsweise „Hapo-el Neunburg vorm Walde” gegen „Kailima Deg-gendorf” oder „Maccabi Marktredwitz” gegen„Hakoach Schwandorf”.Unter den „wichtigsten Aufgaben des Verban-des” rangiert nach Angaben von MakkabiDeutschland an vorderster Stelle:

»Vorbereitung auf die alle vier Jahre in Isra-el stattfindende Maccabiah; vergleichbar inkleinerem Rahmen mit der Olympiade, nurdass es sich hier um ausschließlich jüdischeSportler aus aller Welt handelt; zuletzt 5 500Athleten aus 55 Nationen.«

Ehud Olmert, Oberbürgermeister Jerusalems,sprach bei der Eröffnung der Maccabiah 2001von der „jüdischen Olympiade” als einem „ewi-gen Beweis der zionistischen Idee” („JüdischeAllgemeine", 15. März 2001). Die Teilnahme ander Maccabiah in Israel, teilt denn auch derbundesrepublikanische Zweig der Organisationim Internet mit, sei „das höchste Ziel für einenjüdischen Sportler”. Zu weiteren „wichtigstenAufgaben” des Verbandes würden zählen:

»Vermittlung traditioneller jüdischer Werte,Identität und Bewusstseins«,»ein über den Sport hinausgehendes Gefühlder Zusammengehörigkeit mit anderen jüdi-schen Sportlern weltweit zu vermitteln«,»durch den Sport zum Verständnis zwischenJuden und Nichtjuden beizutragen«.

In einem Interview, das die „Jüdische All-gemeine” am 27. März 2002 veröffentlichte,betonte Martin Widerker, Gründer und seit 23Jahren Chef von Makkabi Stuttgart sowie Ver-treter der Israelitischen ReligionsgemeinschaftWürttemberg im Zentralrat und überdies Vor-

standsmitglied des württembergischen Verban-des des Hilfswerkes für Israel, Keren Hayesod:

»Makkabi hat durch den Sport die Mittel,Selbstbewusstsein, Stärke, Mut, Idealismusauch für Israel zu vermitteln; das ist sehrwichtig.«

Span the globe"

Bei Zentralrats-Graumanns „Independent Orderof B'nai B'rith” handelt es sich um die wohleinflussreichste hinter den Kulissen wirkendejüdische Organisation der Welt. Über den Lo-genbund, der grundsätzlich nur Juden auf-nimmt, schrieb die „Allgemeine Jüdische” in ih-rer Ausgabe vom 5. August 1999:

»Die jüdische Hilfsorganisation B'nai B'rith(hebräisch: Söhne des Bundes) ist nach frei-maurerähnlichem Prinzip strukturiert undweltweit in sechsundfünfzig Staaten vertre-ten. In Deutschland bestehen in sechs Städ-ten acht Logen mit rund siebenhundert Mit-gliedern.«

Gegründet wurde die Gemeinschaft 1843 in derNew Yorker Lower East Side von jüdischenAuswanderern aus Deutschland mit dem Ziel,ein einigendes Band um die Juden in allerWelt zu winden. Auch heute noch bilden dieUSA — neben Israel natürlich — den Schwer-punkt der Aktivitäten. Seit 1882 gibt es B'naiB'rith in Deutschland. Eine aus dem Logenbund1913 hervorgegangene und mit ihm eng ver-netzte „Anti-Defamation League” (ADL) unterAbraham „Abe” Foxman kämpft von Amerikaaus rigoros alles nieder, was als antisemitischempfunden wird.B'nai B'rith verweist auf seinen Internetseitenmit Stolz auf weltumspannende Aktivitäten imZeichen enger Zusammenarbeit mit Diploma-ten, Präsidenten, Monarchen und sogar demVatikan; man werde bei Fragen, die mit demWeltjudentum zusammenhängen, von Führernin Washington, Jerusalem und überhaupt rund

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104 Dritter Abschnitt

„Frankfurter Rund-schau"-Bericht überdie B'nai B'rith-Loge inder Mainmetropole

um den Erdball kontaktiert und sei auch ständigpräsent bei der UNO und der EU, welcherwachsende Bedeutung zukomme:

»In recent years, our efforts for Jewish secu-rity literally span the globe. We work closelywith diplomats, presidents, monarchs, andthe Vatican. Leaders in Washington, D. C.,Jerusalem, and around the globe call us anissues affecting world Jewry ... Today,we're the only Jewish organization with afull-time presence at the U. N. and the in-creasingly important European Union inBrussels.«

Schon seit den 1860er-Jahren habe es B'naiB'rith-Aktivitäten im späteren Israel gegeben,betont die Organisation, 1895 sei die ersteLoge in Jerusalem gegründet worden und inunserer Zeit habe das Jerusalemer „B'nai B'rithWorld Center” herausragende Bedeutung fürdie Belange der Judenheit in aller Welt gewon-nenB'nai B'rith tritt auch in Deutschland sehr sei-ten in aller Öffentlichkeit direkt in Erscheinung.Nicht minder bedeckt hält sich die 1992 ge-gründete deutsche Vertretung der B'nai B'rith

Youth Organization (B.B.Y.O.), Nachwuchsgrup-pe des Logenbundes. Die etablierten Mediennehmen Rücksicht auf den Wunsch nach Dis-kretion. Wenn überhaupt, erfolgt eine wenig in-vestigative, eher apologetische Berichterstat-tung. Wie etwa in der „Frankfurter Rundschau”am 13. Januar 1992 über die B'nai B'rith-Logein der Mainmetropole. „Nichts für uns, alles fürandere” sei die altruistische Leitlinie der Ver-einigung, betonte das Linksblatt schon in derSchlagzeile, und die „traditionellen moralischenPrinzipien” des Bundes stellte man den Leserndirekt aus dem Munde von Frankfurts Logen-chef Elias Hofmann vor: „Wohltätigkeit, Bruder-li ebe, Eintracht”. Freilich betonte der Hochgra-dige bei dieser Gelegenheit auch, was an„neuen Aufgaben” vor allem hinzugekommensei:

»Die Arbeit für den Staat Israel.«Im Internet findet man eine „Projektinformati-on” folgenden Inhalts:

»Im Januar 1998 haben in Berlin Mitgliedervon B'nai B'rith den Trägerverein für das An-ti-Defamation-Forum (ADF) ins Leben geru-fen. Ziele des Forums sind die Stärkung de-

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Des Zentralrats zentrale Rolle 105

mokratischer Strukturen, der Kampf gegenRassismus und Antisemitismus sowie der in-terkulturelle und interreligiöse Austausch.«

Als Kuratoriumsmitglieder werden in der Mel-dung namhaft gemacht:

Barbara John (Ausländerbeauftragte desSenats von Berlin),Dr. Michel Friedman (Zentralrat),Dr. Andreas Nachama (Vorsitzender der Jü-dischen Gemeinde Berlin),Nils Busch-Petersen (Hauptgeschäftsführerdes Berliner Einzelhandelsverbandes),Hansjürgen Rosenbauer (Intendant Ostdeut-scher Rundfunk Brandenburg),Volker Weihe (Verkaufsdirekton KaDeWe-Berlin).

Wobei der Hinweis nicht fehlt:»ADE e. V. ist als gemeinnützig anerkannt.Spenden sind steuerlich absetzbar. EineSpendenbescheinigung wird umgehend aus-gestellt.«

Besucher und Preisträgerder Loge

Am 1. März 2001 hieß es in einer Meldung der„Allgemeinen Jüdischen” mit der Überschrift

»Beckstein bei B'nai B'rith«aus der Feder von Marian Offman, dem jüdi-schen Pressesprecher der CSU:

»Alle Plätze im Vortragsraum der Loge inSchwabing waren besetzt. Nicht verwunder-lich, denn das Thema war der Kampf gegenden zunehmenden Rechtsradikalismus. ZuGast in der Loge bereits zum zweiten Mal:Bayerns Innenminister Günther Beckstein ...Vorrangig im Kampf gegen den Rechtsradi-kalismus ist nach Beckstein das Verbot derNPD. Es wurde von Bayern ausgehend inBerlin durch die Bundesregierung eingeleitet

„Wegen des äußerst belastenden Mate-rials ist der Verbotsantrag sehr erfolgver-

sprechend”, erläuterte Beckstein den An-trag.«

Ob sich der CSU-Minister später noch ein drit-tes Mal in die Loge begeben hat, diesmal umdas Scheitern des „von Bayern ausgegange-nen” und „sehr erfolgversprechenden” Verbots-antrags gegen die Nationaldemokraten zu er-läutern, ist nicht bekannt. Übrigens residiertauch der langjährige Präsident von B'nai B'rithEuropa, der Unternehmer Josef Domberger, inBayern.Im Dezember 2002 führte B'nai B'rith eine Ver-anstaltung mit Bundesaußenminister und Vize-kanzler Fischer als Festredner durch, welchervor dem Führungsforum des jüdischen Logen-bundes abermals beteuerte, dass Deutschlandin Treue fest zu Israel stehe.Mit der Goldmedaille von B'nai B'rith sind inDeutschland u. a. Bundespräsident Richard vonWeizsäcker und Bundeskanzler Helmut Kohlausgezeichnet worden, auch der Verleger AxelSpringer, bekanntlich Israel-Gönner von beson-ders hohen Graden, und der herkunftsjüdischelangjährige Präsident des Bundesverbandes derDeutschen Industrie sowie stellvertretende Vor-sitzende der Gesellschafterversammlung der„Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, Brillenfabri-kant Rolf Rodenstock.Die Goldmedaille der mit dem Zentralrat ver-netzten jüdischen Logenvereinigung ging eben-so an den Wirtschaftsmanager (Krupp-Konzern)Berthold Beitz, Schwiegervater des US-jüdi-schen Großverlegers William Ziff. Beitz, der imKriege im Generalgouvernement,.. dem deutsch-besetzten Polen, die Karpathen I AG mit Tau-senden Zwangsarbeitern leitete, sorgt u.a. viaKrupp-Stiftung für großzügigste Förderung jüdi-scher Belange (Krupp'sches Stiftungsgeld gingu. a. an Goldhagen für sein Buch „Hitlers wil-li ge Vollstrecker").Beitz hat aber nicht nur den B'nai B'rith-Ordenerhalten, sondern auch:

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106 Dritter Abschnitt

die Josef-Neuberger-Medaille der jüdischenGemeinde in Düsseldorf,den Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Ju-den in Deutschland,die Medaille der HolocaustgedenkstätteJad Vaschem in Jerusalem,das Ehrendoktorat des Weizmann-Institutsin Rehovot/Israel.

Bertelsmann, Goldhagen,B'nai B'rith-Gold

Apropos Goldhagen und Gold von B'nai B'rith:Zu den in Deutschland Auserwählten, die inden Genuss der hohen Auszeichnung des jüdi-schen Logenbundes gekommen sind, zählt FrankWässner, Vorstandsvorsitzender der Bertels-mann Buch AG, der die B'nai B'rith-Medaille1997 bei einem Festakt in München in Empfangnehmen konnte. Der Siedler-Verlag, ein Unter-nehmen der Bertelsmann-Gruppe, hatte geradeGoldhagens antideutsche Kollektivschuldtiradeherausgebracht.Der Bertelsmann-Konzern konnte nicht zuletztdeshalb zum internationalen Mediengigantenwerden, weil unter Führung des Nachkriegs -

chefs Reinhard Mohn die Vergangenheit desUnternehmens verfälscht worden war. Manverpasste sich nachträglich ein NS-kritisches,widerständlerisches Deckmäntelchen. UndMohn selbst, der Boss, gab sich ein zionisti-sches „Image”, bekundete er doch:

»Meinen jüdischen Freunden in New Yorkdanke ich dafür, dass sie mir die Zielsetzungdes Zionismus nahegebracht haben.«

Die Bertelsmann-Stiftung überdies widmetesich, wie sie beispielsweise in einer am 9. De-zember 1999 in der „Allgemeinen Jüdischen”veröffentlichten Großanzeige kundtat, mit be-sonderer Vorliebe

»Fragen des deutsch-jüdischen und deutsch-israelischen Verhältnisses«,

suchte deshalb in dieser Annonce des Zentral-ratsblattes nach Referenten

»zum Aufbau eines deutsch-israelischen Ju-gendaustausches auf Young Leaders-Level«,

und zwar dies alles»in Zusammenarbeit mit Lord WeidenfeldsDeutsch-Jüdischem Dialog«.

Verlangt wurden von den Bewerbern nicht nur»fließende Hebräisch-, Englisch- undDeutschkenntnisse«,

sondern ausdrücklich auch, dass sie

Bertelsmann-Verlag einst und jetzt

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Des Zentralrats zentrale Rolle 107

»gut in Israel und Deutschland vernetztsind«.

Weiter zeigt sich das Haus Bertelsmann stetsauch direkt spendabel für jüdisch/israelischeBelange. So überreichte Konzernchef ThomasMiddelhoff Anfang 2001 eine Million Mark anden Zentralrat der Juden

»zur Integration jüdischer Einwanderer ausRussland«.

Es war zuerst das Münchner Rechtsblatt „Na-tional-Zeitung”, das Mitte der 90er-Jahre mitEinzelheiten aus dem sozusagen „tiefbraunen”Vorleben des Hauses Mohn/Bertelsmann an dieÖffentlichkeit ging und eine Liste von mehrerenhundert Titeln des Verlages aus der Hitlerzeitveröffentlichte, welche nach Kriegsende vonden Siegern als „nazistisch, militaristisch, ras-sistisch” auf den „Index auszusondernder Lite-ratur” gesetzt worden waren.Der Neige der Bertelsmann-Märchen den letz-ten Rest gab Ende 2002 der Bericht einer Un-tersuchungskommission unter Leitung des is-raelischen Historikers Saul Friedländer: VonWiderstand zur Hitlerzeit bei Bertelsmann keineSpur; Heinrich Mohn, Vater.. des Nachkriegs-chefs und Boss in der NS-ra, gehörte demFörderkreis des Reichsführers SS an; der Ber-telsmann-Verlag war der größte Lieferant fürNS-linientreue Wehrmachtliteratur (er druckteallein 15 Millionen Stück „Feldpostausgaben");bei der angeblich aus politischen Gründen er-folgten Schließung des Hauses 1944 handeltees sich in Wahrheit um eine Sanktion wegen il-legaler Beschaffung kriegsbedingt knapp ge-wordenen Papiers; die Bildung der Legende,Bertelsmann sei ein „Widerstandsverlag” ge-wesen, habe lediglich dazu gedient, nach demKrieg wieder eine Lizenz zu bekommen.

Die Gesetzestafeln Moses

Dr. Salomon Korn, Ende September 2003 anFriedmans Statt zum Vize Spiegels gewählt,

steht der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt amMain vor, dem nach Berlin — zweitgrößten is-raelitischen Gemeinwesen der BundesrepublikDeutschland. Architekt, hat er das in den 80er-Jahren errichtete jüdische Gemeindezentrum in„ Mainhattan” entworfen, das in der Schaufrontdie steinernen Gesetzestafeln Moses mit einemklaffenden Riss zeigt. Korn machte damals,1985, auch durch seine Beteiligung an einerBühnenbesetzung in Frankfurt am Main vonsich reden, als es gegen das als „antise-mitisch” bezeichnete Fassbinder-Stück „DerMüll, die Stadt und der Tod” ging. (gnatz Bubisund Michel Friedman waren bei dieser Protest-aktion ebenfalls präsent.Korn, Jahrgang 1943, sieht sich als Vertretereiner, wie er sagt,

»Zwischengeneration, die die Schoa nichtmehr bewusst erlebt hat, aber doch unmit-telbar betroffen ist«,

betrachtet das deutsch-jüdische Verhältnis we-gen der Untaten der Hitlerzeit weiterhin als„offene Wunde”, warnt vor der „Illusion einerdeutsch-jüdischen Symbiose” („Jüdische All-gemeine”, 5. Juni 2003) und betonte in einemInterview mit der „Frankfurter Rundschau” am24. September 2003, gleich nach seiner Wahlzum Zentralratsvizepräsidenten:

»Ich habe Deutschland nie ganz als meineHeimat betrachtet.«

Korn engagiert sich neben seinen Aufgaben imZentralrat in vielen Bereichen des öffentlichenLebens. So wirkt er unter anderem als

Mitglied der Kommission zur Erforschungder Geschichte der Frankfurter Juden,Mitglied des Stiftungsbeirates „Brandenbur-gische Gedenkstätten”,Mitglied des Stiftungsbeirates „SächsischeGedenkstätten”,Mitglied im Kuratorium des DombauvereinsSpeyer,Vorstandsmitglied der Ludwig-Börne-Stif-tung,

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108 Dritter Abschnitt

Kuratoriumsmitglied der Stiftung „Denkmalfür die ermordeten Juden Europas”,Beirat der Stiftung „Topographie des Ter-rors”,Mitglied des Kuratoriums der Stiftung „20.Juli 1944”,Mitglied des Kuratoriums der Bundesstif-tung „Jüdisches Museum Berlin”,Senator der Deutschen Nationalstiftung,ZDF-Fernsehrat.

In seinem Artikel»Ende der Schonzeit. Es gibt keinen neuenAntisemitismus — der vorhandene wird ent-larvt«,

den die „Frankfurter Allgemeine Zeitung” am 6.Mai 2002 veröffentlichte, beklagte Dr. Korn ve-hement, dass

»alle Juden für jegliches Vorgehen gegendie Palästinenser in Kollektivhaftung genom-men werden«.

Wenig zuvor aber, am 18. April 2002, hatte derjüdisch-zionistische „Aufbau” (New York) einInterview mit Salomon Korn veröffentlicht, inwelchem der Zentralratsfunktionär die an Praggerichteten Entschädigungsforderungen vertrie-bener Sudetendeutscher wegen der Hitler-Ver-brechen als „aberwitzig” bezeichnete und wei-ter feststellte:

»Menschlich ist das verständlich: „Mir undmeiner Familie wurde Leid zugefügt — Washabe ich mit der großen Geschichte zu tun?”Aber der Gesamtzusammenhang der gemein-samen Verantwortung kann dadurch nichtweggedrückt werden: Man gehört eben docheiner bestimmten Volksgemeinschaft an.«

Eben.

Shalom Europa

Wie sein Zentralratspräsidiumskollege Grau-mann ist auch der Internist Dr. Josef Schusteraus Israel nach Deutschland gekommen. Gebo-ren wurde er 1954 in Haifa als Sohn von DavidSchuster, dem nachmaligen Vertreter der Judendes Freistaates im Bayerischen Senat. Er wirktals Vorsitzender der Israelitischen Kultus-gemeinde von Würzburg und als Chef des Lan-desverbandes der Israelitischen Kultusgemein-den in Bayern. Durch Zuzug von GUS-Juden istseine Würzburger Gemeinde seit Mitte der90er-Jahre von 150 auf über 1000 Mitgliederangewachsen.Schusters ganzer Stolz und Ehrgeiz (Selbst-bekundung: „Ein Traum beginnt Wirklichkeit zuwerden”) ist das Würzburger jüdische Gemein-de- und Kulturzentrum „Shalom Europa”, mitdessen Fertigstellung für Anfang 2006 gerech-net wird. Es schließt direkt an die bereits be-stehende Synagoge an und ist Teil eines vomFreistaat üppig geförderten, groß angelegtenjüdischen Bauprogramms in Bayern, zu wel-chem auch die neuen Gemeindezentren in Bam-berg und München gehören.Bei einer Visite der Würzburger Bauarbeitenzeigte sich Bayerns Sozialministerin ChristaStewens laut „Main-Post” vom 30. Mai 2003begeistert:

»Sie fand der lobenden Worte nicht genug.«Es sei „ein Glanzstück” im Entstehen, bekunde-te sie und bescheinigte Schuster, er leiste „her-vorragende Arbeit”. Bei dieser Gelegenheit tatdie CSU-Politikerin auch kund:

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Des Zentralrats zentrale Rolle 109

»Um dem jüdischen Leben bessere Entfal-tungs- und Entwicklungsmöglichkeiten zu ge-ben, beteiligt sich Bayern in großem Umfangan den Baukosten. Der Freistaat trägt 3,6Millionen, der Bezirk Unterfranken 0,5 Millio-nen sowie die Bayerische Landesstiftung 1,5Millionen Euro.«

„Shalom Europa” werde»auch von zahlreichen kirchlichen und pri-vaten Spendern unterstützt«,

notierte der „Evangelische Pressedienst” am28. Mai 2003. Und zuvor, am 5. Dezember2002, hatte die „Main-Post” berichtet, dass dieFinanzinstitute in der Frankenstadt einen Kreditvon über einer Million Euro „zu vergünstigtenBedingungen” für das jüdische Großprojekt ge-währt hätten. Dr. Schuster sei begeistert da-von,

»dass die Würzburger Banken ohne Konkur-renzdenken für die Initiative zusammenarbei-teten«,

was „für das Klima in dieser Stadt” spreche.Dem „Initiativkreis Shalom Europa” gehören ne-ben Schuster an:

Der Privatbankier und ehemalige Synodaleder bayerischen Evangelischen LandeskircheAlbrecht Fürst zu Castell-Castell,Rabbiner Jakov Ebert,Architekt Gerhard Grellmann, Vorsitzenderdes Baukunstrates der Stadt Würzburg,Notar Dr. Otto Grimm, Vorstandsmitgliedder Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zu-sammenarbeit in Würzburg und Unterfran-kenRosa Grimm, Geschäftsführerin der vor-genannten Gesellschaft,der Finanzjournalist Karl Grün, Ex-Mitgliedder Chefredaktion der „Börsen-Zeitung”,der katholische Diplom-Theologe BurkhardHose, stellvertretender Vorsitzender der Ge -

sellschaft für Christlich-Jüdische Zusam-menarbeit in Würzburg und Unterfranken,Architekt Erich Müller, ehemals zuständigfür den staatlichen Hochbau in Unterfran-ken,der katholische Judaist und Neutestament-ier Prof. Dr. Karlheinz Müller, auch er vonder Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zu-sammenarbeit,Dr. Thomas Trenkle, Geschäftsleiter derFürstlich Castell'schen Bank und zuständigfür die „finanzielle Begleitung” des jüdi-schen Zentrums.

Sponsor Fürst zu Castell-Castell war 2000 miteinem Rundbrief an 585 deutsche Städte undDörfer in Erscheinung getreten, mit dem er anzur Hitlerzeit untergegangene Judengemeindenerinnern wollte und in dem er die Bürgermeis-ter aufforderte, mit ihm

»gemeinsam nach Israel zu reisen und Bußezu tun«.

Der Illustrierten „Stern” gegenüber (Nr. 42/2000)begründete er seine „Bußaktion” mit dem Hin-weis auf

»die scheußlichen Anschläge auf die Syna-gogen in der letzten Zeit«

(welche sich bekanntlich bald darauf als garnicht neonazistisch oder antisemitisch motiviertherausstellten) und damit, dass zur Zeit der NS-Judenverfolgung

»vom Casteller Schloss kein Wort des Mitlei-des, des Mitfühlens oder gar des Protestesausging«.

Dafür suche er um Vergebung, sagte der Fürstder Illustrierten. Und zwar in Israel.

Sponsor LauderApropos Sponsor:„Shalom Europa” soll auch anderthalbtausendGrabsteine von Juden aus dem Mittelalter be-herbergen und darüber hinaus das „EphraimGustav Hönlein Genealogie Projekt” in seinen

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110 Dritter Abschnitt

Mauern aufnehmen. Nach Fertigstellung wäredieses das größte Institut für Ahnenforschungin Deutschland seit 1945. Mit ihm will man Ju-den die Möglichkeit verschaffen, die Wurzelnihrer Vorfahrenschaft bis tief in die Geschichtehinein aufzuspüren. Wie der „EvangelischePressedienst” am 14. Oktober 2002 berichtete,schießt die Lauder-Stiftung aus den USA, über-haupt Trägerin des künftigen Würzburger ge-nealogischen Forschungsinstituts, eine MillionDollar für Zentralrats-Schusters Ahnenzentrumzu.Wie ernst man im Judentum das Thema Ah-nenforschung nimmt, ergibt sich übrigens auchaus folgenden Meldungen:

„Evangelischer Pressedienst” (epd) am 28.Juli 1991:

»Sowjetische Einwanderer in Israel müssenihre jüdische Abstammung künftig über vierGenerationen nachweisen, um von religiösenGerichten als Juden anerkannt zu werden,gab der Oberrabbiner der orientalischen (se-phardischen) Juden, Ovadia Joseph, be-kannt. Die religiösen Rabbinatsgerichte neh-men in Israel unter anderem die Aufgabeneines zivilen Standesamtes wahr.«„Associated Press” (AP) am 2. Juli 1998:

»Einwanderer aus der ehemaligen Sowjet-union müssen in Israel im Zweifel ihre jüdi-sche Abstammung mit einem Gen-Test nach-

weisen. Dies bestätigte das israelischeInnenministerium gestern.«

Chef der Stiftung, die das jüdische Ahnenfor-schungszentrum in Schusters „Shalom Europa”finanzieren will, ist der Parfümkonzern-Erbe Ro-nald S. Lauder, genannt „der Herr der Düfte”.Er war in den 80er-Jahren Vizeverteidigungs-minister in Washington, dann US-Botschafter inWien. Darüber hinaus hat er es als Vorsitzen-der der Präsidentenkonferenz der größten jüdi-schen Organisationen („Chairman of the Confe-rence of Presidents of Major Jewish Organisa-tions") zum nominell ranghöchsten Juden inAmerika gebracht. Lauder gilt als einer derHauptsponsoren der israelischen Likud-Bewe-gung von Scharon und Netanjahu. Mit Netanja-hu überhaupt bestens befreundet, hat er fürdessen Wahlkämpfe beachtliche Summen lo-cker gemacht. Für den Staat Israel war Laudergelegentlich in heikler diplomatischer Missionunterwegs, beispielsweise nach Damaskus1999.

Seit 1997 unterhält die Lauder-Foundation eineZweigniederlassung in Berlin, der zunächst derUS-jüdische Diplomat Joel Levy vorstand unddie seit 2000 von Rabbiner Joshua Spinner un-ter dem Motto:

»Ich will helfen, dass die Menschen ihre jü-dische Identität entdecken können«,

Engagement der Lau-der-Stiftung

Die Jüdische Gemeinde Würzburgin Zusammenarbeit mit der Ronald S. Lauder Foundationfreut sich über die Eröffnung des

Ronald-S.-Lauder-Chorev-SeminarzentrumValentin-Becker-Straße 11 • Würzburg

Das Zentrum ist gedacht für:Intensive LernseminareSchabbat- und FeiertagsprogrammeKonferenzen für junge GemeindemitgliederWeitere Informationen, auch zum Veranstaltungskalender,erhalten Sie unter der Telefonnummer (069) 74 38 78 71

Dr. Josef SchusterVorsitzender

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Des Zentralrats zentrale Rolle 111

geführt wird. Im August 2003 kam es in Ham-burg zur Einweihung einer von der Lauder-Stif-tung bezuschussten Talmud-Tora-Schule.1999 hatte sich Lauder in Begleitung von IsraelSinger (Generalsekretär des Jüdischen Welt-kongresses, maßgeblicher Mann auch der Je-wish Claims Conference) und Michael Beren-baum (von Steven Spielbergs „Show Foundati-on”) nach Berlin, Wien und Warschau begeben,um dort von ihm mitgesponserte jüdische Lehr-häuser zu eröffnen. In Wien überreichte ihmanlässlich der Einweihung des „Lauder ChabadCampus” Bundespräsident Klestil das GoldeneEhrenzeichen für Verdienste um die RepublikÖsterreich.Das österreichische Polit-Magazin „Format” zi-tierte in seiner Ausgabe Nr. 8/1999 zum„höchst brisanten Gedankenaustausch in derWiener Hofburg” Klestils Sprecher Hans Ma-genschab. Ihm zufolge war Lauder nicht nur alsBig Spender, sondern vor allem

»als Bevollmächtigter des Jüdischen Welt-kongresses nach Wien gekommen, um überFragen der Restitution zu sprechen«.

Als Botschafter in Österreich hatte der Ehren-zeichenträger aus den USA schärfstens gegendie Wahl Waldheims zum Präsidenten durchdas Volk protestiert. Vor seiner Visite in der Al-penrepublik 1999 war Lauder dann zum Chefjenes „Steering-Komitees” auserwählt worden,das im Auftrage jüdisch-zionistischer Organisa-tionen österreichische Wiedergutmachungsleis-tungen eintreiben soll. Zudem finanziert derzionistisch% „Herr der Düfte” das Wiener Euro-pabüro der zum Netzwerk der B'nai B'rith-Lo-gen gehörenden Anti-Defamation League (ADL).

Schlüsselpositionen in Medien

Die zentrale Rolle des Zentralrats der Juden inDeutschland zeigt sich nicht zuletzt im Bereichder öffentlich-rechtlichen Medien. In den Rund -

funkräten bekleiden Repräsentanten der jüdi-schen Einheitsorganisation Schlüsselstellungen.Im „ABC der ARD” heißt es unter dem Stich-wort „Rundfunkrat”:

»Bei sämtlichen öffentlich-rechtlichen Rund-funkanstalten der Bundesrepublik Deutsch-land — beim ZDF unter dem Titel Fernsehrat— die Vertretung der Allgemeinheit und dashöchste, mit der Programmkontrolle beauf-tragte Aufsichtsgremium, das allein, auf Vor-schlag des Verwaltungsrats oder in gemein-samer Sitzung mit diesem die personelleLeitung der Anstalt, Intendant oder Direktori-um, bestimmt.«

Die Besetzungsliste dieses „die Allgemeinheitvertretenden” Kontrolleursgremiums regelnLandes- bzw. (im Falle ZDF und Deutsche Wel-le) Bundesgesetze. Das ARD-Lexikon teilt überdie dabei obwaltenden Grundsätze mit:

»Generell vorgesehen sind Rundfunkratsmit-glieder der beiden großen Konfessionen, derjüdischen Kultusgemeinde, der Arbeitnehmerund Arbeitgeber, Parlaments- oder in jünge-rer Zeit eher Parteienvertreter sowie Regie-rungsvertreter.«

Die jüdischen Gemeinden also sind grundsätz-lich zu berücksichtigen. Die in Deutschland le-benden Muslime, die das Dreißigfache der An-gehörigen hiesiger jüdischer Gemeindenausmachen, aber nicht; auch nicht die Muslimemit deutscher Staatsangehörigkeit, wovon esfünfmal mehr gibt als jüdische Gemeindemit-glieder. Ebenfalls keinen Anspruch auf Reprä-sentanz in den Rundfunk- und Fernsehräten ha-ben im Gegensatz zu den Juden dieAngehörigen der orthodoxen christlichen Kir-chen. Sie sind mit deutlich über einer MillionMitgliedern, meist aus Griechenland, Rumänienund Serbien stammend, unter der bundesrepu-blikanischen Bevölkerung vertreten und machendamit rein mengenmäßig das Zehnfache vondem aus, was die jüdischen Gemeinden auf-zubieten haben.

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112 Dritter Abschnitt

So findet man also die Vertreter des Juden-tums in den höchsten Rundfunkinstanzen querdurch die Republik: Vom NDR (Reuben Herzbergvon der jüdischen Gemeinde Hamburg ist dortRundfunkrat, Michael Fürst, Chef der jüdischenGemeinden in Niedersachsen, Mitglied des Ver-waltungsrates) bis hin zu Deutschlandradio (Ro-bert Guttmann, Präsident der Zionistischen Or-ganisation in Deutschland, ZOD, ein „Mann mitJewish Power”, so die „Allgemeine Jüdische”vom 17. September 1999, ist stellvertretenderRatsvorsitzender und auch Mitglied des Pro-grammausschusses) und Deutscher Welle(Hersz Krymalowski, Vorstandsmitglied der Sy-nagogengemeinschaft Köln und Delegierter desZentralrates der Juden in Deutschland, sitzt imRundfunkrat des Auslandssenders der Bundes-republik).Der Zentralratschef der Juden Ignatz Bubis ge-hörte dem Rundfunkfrat des Hessischen Rund-funks von 1986 bis zu seinem Tode 1999 an,sechs Jahre davon als Chef. Sein Nachfolgeran der Spitze des Zentralrates, Paul Spiegel, istschon seit 1991 Mitglied des WDR-Rundfunk-rates und sitzt zudem im Programmausschussder Kölner Fernseh- und Radioanstalt. MichelFriedman wurde 1991 ZDF-Fernsehrat, als wel-cher er es 2003 sogar zu einem Führer brachte;freilich nicht zum sozusagen eigentlichen — dasist ZDF-Intendant Markus Schächter —, so dochimmerhin, wie schon weiter oben erwähnt, zumSchriftführer. Salomon Korn folgte Friedman imSeptember 2003 als ZDF-Fernsehrat nach.

Starke VernetzungAuch auf anderen Ebenen kann man eine starkeVernetzung der Pro-Israel-Kräfte mit den öffent-lich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutsch-land feststellen. Beispielsweise ist das langjäh-rige Mitglied des jüdischen Zentralrats GerrardBreitbart als Hauptabteilungsleiter beim Zwei-ten Deutschen Fernsehen hervorgetreten und

konnte die mit dem Heinz-Galinski-Preis deko-rierte unermüdliche Israel-Lobbyistin Lea Rosh1991 zur Chefin des NDR-Funkhauses Hannoveraufsteigen.Die Letztgenannte gehörte zu den Hauptpro-pagandisten eines Giga-Holocaust-Mahnmals inBerlin, mit dessen Bau 2003 begonnen wurde,und hatte sich 1989 vehement gegen die deut-sche Einheit gewandt:

»Ich fände 80 Millionen wiedervereinigteDeutsche furchtbar. Nehmen wir die Teilungdoch als Bürde der Geschichte hin.«

Anfang 2003 unterzeichnete Lea Rosh diescharfe öffentliche Kritik eines „Bündnisses ge-gen Antisemitismus” an den Friedensdemons-trationen, die gerade wegen des Irak-Kriegesder USA stattfanden.

» Wo war etwas von Solidarität mit Israel zulesen?«

machte sie in einem Interview mit der „Frank-furter Rundschau” vom 20. Februar 2003 alsHaupteinwand gegen die Friedensbewegtengeltend. Und sie erteilte bei dieser GelegenheitGeschichtsunterricht folgender Art:

»Ich habe die Geschichte nicht vergessen.Ich vergesse auch nicht, dass die Amerikanerdie Landung in der Normandie mit einem un-geheuren Blutzoll bezahlt haben, für uns.«

Auch sonst spielen Personen, die sich aus-gesprochen stark für israelische Belange ein-setzen, eine hervorragende Rolle in öffentlich-rechtlichen Medien.Wieder das Beispiel NDR: Dort ist Sabine Abelals Vertreterin der „Aktion Sühnezeichen” Mit-glied des Rundfunkrates und Jobst Plog wirktals Intendant; er hat sich unter anderem als Ku-rator der „Jüdischen Organisation Norddeut-scher Studenten” (JONS) Verdienste um dieauserwählte Sache erworben und ist Kuratori-umsmitglied der überaus pro-israelischen Ge-sellschaften für Christlich-Jüdische Zusammen-arbeit. Klaus Schütz sitzt im Rundfunkrat desDeutschlandradios — der ehemalige Regierende

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Des Zentralrats zentrale Rolle 113

Bürgermeister von Berlin und Botschafter in Is-rael, Mitglied auch des Kuratoriums der Freun-de des zionistischen Leo-Baeck-Instituts, pflegtsich für israelische Belange seit langem schonförmlich zu zerreißen. Schütz' Tochter ist zumJudentum konvertiert (wie übrigens auch dieTöchter des ehemaligen BundesaußenministersKlaus Kinkel und des langjährigen Bundestags-präsidenten Eugen Gerstenmaier sowie dieWitwe des evangelischen Kirchentagspräsiden-ten Martin Niemöller, die ihren Vornamen jü-disch anreicherte und sich seit Vollzug derÜbertrittsprozedurien Sibylle Sarah Niemöller-von Seil nennt).Bleibt noch nachzutragen, dass der jüdische, Is-rael von Herzen zugetane Gyula Trebitsch, vondem das Wort stammt:

»Durch langfristige Erziehung der Seh-gewohnheiten kann das Publikum dazu ge-bracht werden, im Laufe der Zeit das Richti-ge zu denken«,

mit seinem 1960 gegründeten „Studio Ham-burg” lange Jahre über eine der größten Pro -

duktionsstätten für Fernsehsendungen in Euro-pa herrschte (er spielte im TV-Bereich eineähnliche dominante Rolle wie der ebenfalls ex-trem israelbezogene „Atze”, recte: AbrahamBrauner im bundesdeutschen Filmwesen) unddass infolge Erwerbs der Konkursmasse desLeo-Kirch-Konzerns (ProSieben, Sat 1 usw.) derfür israelische Interessen stark engagierteHaim Saban, welcher über die US-amerikani-sche und die israelische Staatsbürgerschaft zu-gleich verfügt, im Spätsommer 2003 zum größ-ten Privatfernsehboss der BundesrepublikDeutschland aufgestiegen ist.

Prominente Politiker mit „guten Drähten” hat-ten Saban beim „Mega-Deal” Schützenhilfe ge-leistet; vor allem Georg von Waldenfels (CSU),Stoibers ehemaliger Finanzminister. Der US-jü-dische Politiker Martin Indyk, unter Frau Alb-right Vizeaußenminister, der stets für Israel aufPosten steht, ist Haim Sabans enger Wegge-fährte und leitet ein von ihm gesponsertes „Sa-ban Center for Middle East Policy”.

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Vierter Abschnitt

Weitere Maschen im Netz„Chic, nach Deutschland

zu gehen”

Am 15. März 2001 berichtete das US-jüdischeBlatt „Aufbau”:

»„Es ist chic, quasi en vogue, nach Deutsch-land zu gehen", sagte Rabbi Marc Schneierbei einem Gespräch im deutschen Konsulatin New York und verwies auf die verschie-densten amerikanisch-jüdischen Organisatio-nen, die sich in jüngster Zeit nach Deutsch-land orientieren. „Die jüdische GemeinschaftDeutschlands ist die am schnellsten wach-sende in ganz Europa”, unterstrich Schneier.Es sei für die Entwicklung des ganzen jüdi-schen Volkes zentral, dass sich die jüdischeGemeinde in Deutschland wieder gut ent-wickle.«

Schneier ist u. a. Vorsitzender der Stiftung „Ap-peal of Conscience Foundation” („Appell desGewissens"), „eines wichtigen Teils der wohl-habenden, einflussreichen jüdischen Gesell-schaft New Yorks” („Süddeutsche Zeitung", B.September 2000). Kanzler Schröder erhielt vom

„Appeal" nach seiner Absegnung der 10 Milli-arden Mark an den Zwangsarbeiterfonds denTitel eines „Welt-Staatsmannes”; die Laudatiohielt Henry Kissinger. Schneier wirkt auch alsChef der 1999 gegründeten NABOR (NorthAmerican Board of Rabbis). Dieser Rabbinerver-band müht sich ab, die heftigen Fehden unterden religiösen Richtungen im Judentum (Ortho-doxe, Konservative, Reformer, Rekonstruktionis-ten usw.) zu schlichten.Weiter im „Aufbau"-Text vom 15. März 2001:

»Symbolisch wählte NABOR Berlin als ihrendiesjährigen Tagungsort und kam damit erst-mals nach Deutschland. Auf dem Tagungs-programm standen auch Treffen mit Bundes-kanzler Gerhard Schröder und AußenministerJoschka Fischer.«

Mit seinem Hinweis auf die jüdische Gemeindein Deutschland als wachstumsfreudigste in Eu-ropa ist Schneier auf eine Entwicklung zu spre-chen gekommen, die Helmut Kohl und HeinzGalinski Ende 1990 mit ihrer Vereinbarung überdie Aufnahme von UdSSR-Juden in Gang setz-ten. Diese Regelung ist bis Mitte 2003 von

Aus dem „Aufbau”vom 15. März 2001

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Weitere Maschen im Netz 115

schon zweihunderttausend Menschen genutztworden. Das Potenzial ist gewaltig. Auf bis zusieben Millionen wird jüdischerseits die Zahlder Menschen in der ehemaligen Sowjetuniongeschätzt, die auf hebräische Herkunft (vonMutters bzw. Vaters Seite her oder auch beid-seitig) verweisen können.Kohl, der damalige Bundeskanzler, und Galinski,der seinerzeitige Chef des Zentralrats der Ju-den, waren — in Begleitung ihrer Flügeladjutan-ten Wolfgang Schäuble und Ignatz Bubis —1990 übereingekommen, dass GUS-Juden inDeutschland einen Status wie Flüchtlinge ge-mäß Genfer Konvention erhalten, so dass sieohne zahlenmäßige und zeitliche Begrenzung,also auch ohne Prüfungsverfahren wie sonstbei Asylbewerbern, als „Kontingentflüchtlinge”in der Bundesrepublik aufgenommen werden.Am 9. Januar 1991 stimmten die Ministerprä-sidenten der Bundesländer dieser Regelung zuund vereinbarten Maßnahmen zur großzügigenfinanziellen Unterstützung der jüdischen Zu-wanderer aus dem Osten.

Mehr nach Deutschlandals nach Israel

(gnatz Bubis ließ sich von Jonathan Laurencefür dessen Ausarbeitung „Reconstructing Com-munity in Berlin. Of Jews, Turks and GermanResponsibility” einige Auskünfte über die Gene-sis der besagten Übereinkunft entlocken (außerdieser — in Englisch verfassten — Studie desWissenschaftszentrums für Sozialforschung Ber-li n, FS III — 99-102, Oktober 1999, im Internet:http://skylla.wz-berlin.de/pdf/1999/iii99-102.pdf,gibt es zu diesem Komplex kaum „handfeste”Quellen, so dass sich fast der Eindruck vonCamouflage aufdrängt).Bubis leitete demzufolge die Gesprächsrundemit Galinski, dessen Vize er damals war unddessen Nachfolger er wurde, Kanzler Kohl undMinister Schäuble mit dem Hinweis ein, es sei

ja schließlich nicht die Schuld der Juden, dassihre Zahl von einst 600 000 auf nunmehr nurnoch 28 000 gesunken sei. Deutschland habe,so Bubis im Viererzirkel weiter, 30 000 viet-namesische Bootsflüchtlinge aufgenommen(und zwar als von jedem Asylverfahren befreite„Kontingentflüchtlinge"), mithin 2000 mehr alses insgesamt Juden in der Bundesrepublik ge-be. Und dies, obwohl die Vietnamesen über-haupt keine Beziehung zu Deutschland hätten.Wenn jetzt wieder Juden nach Deutschlandkommen wollten, dann sei dies doch von denDeutschen zu begrüßen und von ihnen als jüdi-scher Vertrauensbeweis in die deutsche Demo-kratie zu werten.Diese Argumente „zogen” bei Kohl und Schäu-ble sowie später bei der versammelten bundes-deutschen Ministerpräsidentenschaft. AndereGesichtspunkte wohl auch, über die freilichnichts nach draußen drang. Man gab jedenfallsgrünes Licht für den Zuzug von GUS-Juden.Über die Eskalation der Entwicklung teilte derjüdische Historiker Prof. Dr. Julius Schoeps, Lei-ter des Potsdamer Moses-Mendelssohn-Zen-trums für europäisch-jüdische Studien, im zio-nistischen „Aufbau” (New York) vom 1. Mai2003 mit:

»Seit Mitte der 90er-Jahre siedeln sich inder deutschen Aufnahmegesellschaft jährlichzwischen 15 000 und 20 000 jüdische Kontin-gentflüchtlinge mit ihren Familien an. DerMitgliederbestand der Jüdischen Gemeindenhat sich mehr als verdreifacht, ein „NeuesJudentum in Deutschland” wird auch nachaußen hin immer sichtbarer. Und die größteÜberraschung: Im vergangenen Jahr, so ver-raten uns die Statistiken, hat Deutschlanderstmals in seiner Geschichte mehr jüdischeEmigranten aufgenommen als Israel und dieUSA. 19 262 jüdische GUS-Immigranten re-gistrierten die hiesigen Zuwanderungsbehö-ren, während der jüdische Staat nur 18 878Olim (jüdische Zuwanderer, D. K.) verzeich-

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116 Vierter Abschnitt

nete. In den Vereinigten Staaten bewegtsich die jährliche Zahl russisch-jüdischerNeuankömmlinge überraschenderweise seitlängerem bei weit unter 10 000.«

Dabei schultern die Deutschen nicht nur die In-tegrationskosten für Ostjuden in der Bundes-republik, sondern zum erheblichen Teil auch fürsolche, die aus der Ex-Sowjetunion nach Israelauswandern. Am 1. September 1992 hieß esdazu in den „Israel Nachrichten”:

»Deutschland wird die Aussiedlung von Ju-den, die aus der früheren Sowjetunion inden jüdischen Staat gekommen sind, mit ei-ner Kreditgarantie von drei bis fünf Milliar-den DM unterstützen. Die Zeitung „JediotAcharonot” berichtete am Montag, eine ent-sprechende Zusage werde BundeskanzlerHelmut Kohl dem neuen israelischen Regie-rungschef Jitzchak Rabin geben, wenn die-ser Mitte September nach Bonn komme. Diefrühere israelische Regierung hatte vonBonn Kreditgarantien über zehn MilliardenDollar gewünscht.«

Bedenken gegen den ZustromDeutsche Politiker aus dem etablierten Bereich,die Bedenken gegen den Zustrom von Ostjudenin die Bundesrepublik anmeldeten, wurden vonder eigenen Gilde umgehend gezüchtigt. So er-ging es etwa BundesentwicklungshilfeministerCarl-Dieter Spranger, der gemäß dpa (zitiert inder „Allgemeinen Jüdischen” vom 13. Juni1996) über die Kontingentflüchtlinge geäußerthatte:

» Wenn Sie in Betracht ziehen, dass vielevon ihnen die deutsche Rentenversicherungbeanspruchen, ohne eingezahlt zu haben,verstehen Sie, was für ein Problem das ist.«

CSU-Spranger wurde gleich darauf in Münchenmit dem Polit-Ochsenziemer wieder zur politi-schen Korrektheit gebracht, unterließ jedenfallshinfort Anspielungen auf den Umstand, dass

vielen der zuwandernden GUS-Juden Ansprü-che gemäß „Fremdrentengesetz” gewährt wer-den, ohne dass sie Beitragsentrichter gewesenwären.Einspruch gegen einen in Deutschland münden-den Strom von Ostjuden (Hinweis: Der berühm-te jüdische Schriftsteller Nathan Birnbaum warWortschöpfer sowohl von „Ostjuden/Ostjuden-tum” wie auch von „Zionismus”) wurde umge-hend aus der zionistischen Ecke erhoben, daman dort naturgemäß den Exodus von GUS-Ju-den nach Israel lenken will. So zitierte die demZionismus verpflichtete Wiener „IllustrierteNeue Welt” in ihrer Ausgabe von August/Sep-tember 1990 den bekannten israelischenSchriftsteller Yoram Kaniuk mit den Worten:

»Ich kann nicht verstehen, wie Juden inDeutschland überhaupt leben können. Es istschon jenseits von allem Verrat. Es ist einGeheimnis, so als ob eine Gruppe von Judenauf dem Jupiter den Talmud studierte.«

Und am 24. Dezember 1990 veröffentlichtenbundesdeutsche Tagesmedien folgende Mel-dung der Nachrichtenagentur „AssociatedPress” (ap):

»Der israelische Botschafter in Deutschland,Benjamin Navon, ist gegen die Einwan-derung sowjetischer Juden nach Deutsch-land. Es sei nicht akzeptabel, dass sowjeti-sche Juden als Flüchtlinge nach Deutschlandkämen ... Die Zahl der nach Israel einge-wanderten Juden aus der Sowjetunion hatkurz vor Weihnachten die Rekordmarke vonhundert Personen pro Stunde erreicht. Dasteilte die in Israel als Einwanderungsbehör-de tätige halbstaatliche Jewish Agency mit.«

Vom Tolerieren und Fördern des Zustroms derOstjuden haben sich etablierte deutsche Politi-ker auch nicht durch die fulminante Kritik desisraelischen Staatspräsidenten Ezer Weizmanabbringen lassen. Bei seinem Besuch der Bun-desrepublik im Januar 1996 sagte er mit Verve,es überhaupt nicht verstehen zu können, dass

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Weitere Maschen im Netz 117

Juden in Deutschland leben, wo ihr Platz dochin Israel sei.Damit hatte Weizman nicht etwa im Affekteine abseitige Minderheitenmeinung zum Aus-druck gebracht. In der Ausgabe vom B. Februar1996 der „Allgemeinen Jüdischen” teilte dasdamalige Direktoriumsmitglied des ZentralratsMoritz Neumann titelseitig mit, dass Weizmanbetont habe:

»Ich nehme nichts von dem zurück, was ichin Deutschland öffentlich erklärt habe«,

(am 17. August 1999 notierten die „IsraelNachrichten”, Weizman habe seine bei derDeutschlandvisite 1996 geäußerte Ansichtabermals bekräftigt), und Neumann fuhr fort:

»Mit der Meinung, dass Juden nicht inDeutschland leben sollten, steht Weizmankeineswegs allein. Manch einem der Dele-gierten des Jüdischen Weltkongressesrutschte die Frage schon mal heraus, wenner das Namensschild der Kongressteilneh-mer aus Deutschland sah: „Wieso leben Siein Deutschland?"«

In der „Frankfurter Rundschau” vom 15. August2001 schrieb Prof. Dr. Mosche Zimmermann,Geschichtswissenschaftler der HebräischenUniversität Jerusalem, zu diesem Thema:

» Was der israelische Alt-Präsident Weizmanbeim Besuch in Berlin sagte, ist allgemeinesGedankengut in Israel: Man kann nicht be-greifen, wie Juden außerhalb Israels, undschon gar nicht in Deutschland, ihr Zuhausefinden können.«

Die Ermittlungen einer„Task Force”

Seit Ende der 90er-Jahre rumort es wegen derKontingentflüchtlinge verstärkt unter Juden inDeutschland. Unmut ruft hervor, dass sich im-mer mehr unter ihnen befänden, die nicht diehalachische, den überlieferten Vorschriften ent-sprechend (jüdische Mutter), „richtige Jüdisch -

keit” vorweisen können. „Israel Nachrichten”vom 3. Dezember 1999:

»Rabbi Chaim Naftalin hat eine tiefe Sorge:Immer mehr Zuwanderer aus Osteuropa, vorallem aus Russland, geben sich in Deutsch-land fälschlicherweise als Juden aus undprofitieren damit von dem besonderen Sta-tus, den die deutsche Bundesregierung jüdi-schen Immigranten zubilligt. „Ich habe diebrennende Sorge, dass sich damit die Keim-zelle eines neuen Antisemitismus bildenkönnte”, sagt das geistliche Oberhaupt derisraelitischen Gemeinde von Konstanz undgleichzeitig Vorsitzender des von Jerusalemanerkannten jüdischen Gerichts Bet Din inDeutschland ... Naftalin nennt es paradox,dass die Bundesregierung gerade wegen ih-rer Gutwilligkeit eine neue judenfeindlicheStimmung fördern könnte. Nicht Diplomaten,nur jüdische Rabbiner wären in der Lage, Be-trüger zu überführen.«

Am 7. Juni 2001 meldete sich Zentralratsprä-sident Paul Spiegel in der „Allgemeinen Jüdi-schen” zum bewussten Thema öffentlich zuWort:

»Bei vielen der bisher eingereisten „Kontin-gentflüchtlinge” stellen wir häufig fest, dasssie nach halachischen Regeln keine Judensind. Künftig soll verstärkt darauf geachtetwerden, dass es sich bei den Zuwanderernum Juden handelt und nicht um Personenmit bloßer jüdischer Abstammung im wei-teren Sinne. Um dies zu erreichen, sollen diezuständigen Konsulate bei ihren Entschei-dungen Vertrauenspersonen heranziehen, dieim Einvernehmen mit dem Zentralrat der Ju-den in Deutschland benannt werden.«

Zwischenzeitlich hatten die jüdischen Maßgeb-lichen in der Bundesrepublik längst Konsequen-zen gezogen und, was die eigene Gemeinschaftbetrifft, massiv auf die Bremse getreten: Mehrals fünfzigtausend der als Juden in die Bundes-republik hereingelassenen Kontingentflüchtlin-

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118 Vierter Abschnitt

ge blieb allein bis Anfang 2002 mangels „wah-rer Jüdischkeit” der Beitritt zu den jüdischenGemeinden versperrt. Die „Rundumbetreuung”dieser Menschen, und auch diejenige künftigzuströmender Personen ähnlicher Art, obliegtnun ausschließlich der bundesrepublikanischenAllgemeinheit.Am 23. Januar 2003 schrieb der New Yorker„Aufbau”:

»Der Zentralrat der Juden in Deutschlandhatte sich im neuen deutschen Zuwan-derungsgesetz eine Verschärfung mit Kon-trollen in den Heimatstaaten der Zuwanderergewünscht. Eine Verringerung ihrer Zahl undder entstehenden Kosten in den nächstenJahren wäre die Folge gewesen.«

Doch nach einem „verheerenden Echo” — auchübrigens von fanatischen deutschen Multikul-tisten — sei der „ungeliebte Pferdefuß”, alsostrengere Einreisekontrollen, wieder aus demGesetzestext gestrichen worden.Am B. August 2003 wiederum hieß es im jüdi-schen Wochenmagazin „tachles”:

»Kürzlich besuchte eine hochrangige Delega-tion der Jewish Agency (JA) jüdische Ge-meinden in Deutschland. Die Botschaft,welche die JA bei dieser Gelegenheit ver-breitete, ist nicht unwichtig: Höchste Priori-tät müsse, noch vor der Alija, die Unterstüt-zung des jüdischen Lebens in Deutschlandgenießen. Oberstes Ziel bleibe zwar, die Ju -

den in Deutschland zu veranlassen, nach Is-rael zu kommen, doch die Task Force der JAfür Deutschland reflektiert eine neue Denk-weise. Die Stärkung der jüdischen Identitätin Deutschland werde auch den Zionismusfördern, meinte Shai Hermesh, Schatzmeis-ter der JA und Leiter der Task Force.«

Ziel aber müsse bleiben, so habe die Unter-suchungskommission der Jewish Agency (derauch Rabbi Joshua Spinner von der LauderFoundation angehörte) unmissverständlich be-tont, dass

»der Platz der Juden in Israel, nicht inDeutschland«

sei. Unverzichtbar sei es deshalb,»unter den Juden in Deutschland jüdischeWurzeln zu festigen und die jüdisch-zionisti-sche Erziehung zu fördern«.

Zu den Feststellungen der Gesandtschaft derJewish Agency gehörte es laut „tachles” übri-gens auch, dass sich Deutschland für Judenaus der Ex-Sowjetunion materiell wesentlichmehr lohne als Israel. Das jüdische Magazin:

»Das Absorptionspaket Deutschlands ist imVergleich zum israelischen Angebot viel at-traktiver.«

Bleibt noch nachzutragen, dass sich die rotgrü-ne Bundesregierung Israel zu Gefallen knappein Jahrzehnt nach dem Kohl-Galinski-Abkom-men auch noch zur Aufnahme von rund vierhun-dert Libanesen bereit erklärte, die in der so ge-

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Weitere Maschen im Netz 119

nannten Südlibanesischen Befreiungsarmee(SLA) gedient hatten. Das war eine als brutalverschrieene Miliz, die mit den israelischen Be-satzern des südlichen Libanon kollaboriert hatteund nach deren Abzug Racheakte der gequältenBevölkerung fürchtete. Der jedem „Multikulti”abholde nahöstliche Judenstaat mochte den„lieben Verbündeten” kein Asyl gewähren. Da-für sprang die Bundesrepublik ein, was mitdem „besonderen Verhältnis der Deutschen zuIsrael” begründet wurde.

Verstärkung aus Amerika

Zu den erst neuerdings aus den USA ins „schi-cke Deutschland” (Rabbi Schneier) mit seinemvon Zuzugs wegen wachsenden Judentum ge-kommenen, Israel strikt verbundenen jüdischenOrganisationen zählt — neben der bereits im vo-rangegangenen Abschnitt dieses Buches er-wähnten B. B. Y. 0. (Logenjugend des B'naiB'rith; in der Bundesrepublik seit 1992) und derebenfalls schon vorgestellten Ronald S. LauderFoundation (in Berlin präsent seit 1995) — dasAmerican Jewish Committee.

Seit 1906 besteht das AJC in den VereinigtenStaaten von Amerika, wo es als außerordent-lich einflussreich gilt. (Über „Jews in AmericanPolitics” überhaupt und ihre Macht berichtenrecht aufschlussreich L. Sandy Maisel und IraN. Forman in ihrem 2001 erschienenen Buchgleichen Titels). Die AJC-Zügel fest in der Handhält die zur Hitlerzeit aus Deutschland emigrier-te, in Los Angeles residierende Milliardärsfami-lie Ramer (Zement, Farben usw.). Clan- undCommittee-Chef Ramer weiß zu berichten, dassihm die deutsche Regierung stets „mit offenenArmen” begegne.

Der als Kind aus Deutschland nach Amerika ge-kommene Wall-Street-Goßbankier Jakob Schiffhatte der Gründung des American Jewish Com -

mittee Pate gestanden. Louis Marshall, AJC-Chef von 1912 bis 1929, auch Mitbegründerder Jewish Agency und als Rechtsanwalt Kom-pagnon von Samuel Untermeyer (dieser erklärteam 6. August 1933 im New Yorker Rundfunk-sender WABS Hitler den „holt' war” und den„sacred war” noch obendrein), gilt in jüdischenKreisen als eigentlicher Held der Story, wieAmerikas Autokönig Henry Ford niedergezwun-gen werden konnte, so dass er von seinem an-tijüdischen Kurs abließ.

L'histoire se repäte? 1999 gehörte das AJC zuden Hauptinitiatoren einer — ebenfalls zielfüh-renden — amerikanischen Medienkampagne,um deutsche Firmen vor allem der Automobil-branche zu mehr Zahlungen in den „Zwangs-arbeiterfonds” zu zwingen. Über die Vorgehens-

AJC-Annonce im New Yorker „Aufbau”

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120 Vierter Abschnitt

weise hieß es am 21. Oktober 1999 in der„Frankfurter Allgemeinen”:

»Die Kampagnen gegen deutsche Unterneh-men gehen jetzt erst richtig los und werdensich bis zum nächsten VerhandlungsterminMitte November in Bonn noch verstärken.Bereits unmittelbar nach der Vorlage des An-gebots erschienen Anzeigen jüdischer undpolnischer Opferorganisationen in amerikani-schen Zeitungen, in denen einzelne Unter-nehmen angeprangert wurden; Mercedes-Benz mit der Formulierung „Design —Leistung — Zwangsarbeit” oder die Ford-Werke in Köln mit Bildern von Zwangsarbeitund der Zeile „Das Montageband, das Fordgerne vergessen würde” oder der Bayer-Kon-zern mit Fotos des Nazi-Schergen JosefMengele und der Zeile „Bayers größterKopfschmerz".«

Die Anzeigen waren, so hatte es schon am 6.Oktober 1999 in den „Israel Nachrichten” ge-standen, von B'nai B'rith International und demAmerikanischen Jüdischen Kongress aufgege-ben worden.Zugleich stellte der AJC durch Schwarze Listenmit den Namen der entsprechenden Firmenjene deutschen Unternehmen an den Prangerder Weltöffentlichkeit, die sich bis dahin ge-weigert hatten, Gelder in den „Zwangsarbeiter-Entschädigungsfonds” zu entrichten.

Ein Unsisono zur Weihedes Hauses

Das AJC, in etlichen Ländern aktiv, betreibtnun also seit Anfang 1998 auch eine deutscheZweigstelle. Diese wurde in Berlin etabliert,

»weil die Stadt momentan die am stärkstenexpandierende jüdische Gemeinde beher-bergt und weil sie ein gut geeigneter Ort ist,die Entwicklung jüdischen Lebens in den mit-tel- und osteuropäischen Ländern zu beob-achten und zu begleiten«,

wie AJC-Deutschlandchef Eugene DuBow am14. Januar 1998 in der „Frankfurter Allgemei-nen” zitiert wurde.Bei der Eröffnung der Berliner Committee-Filia-le gaben sich die Botschafter der USA und Isra-els, der Zentralrat der Juden — damals nochmit Ignatz Bubis an der Spitze — und mehrerehundert Stützen der bundesrepublikanischenGesellschaft ein Stelldichein, darunter fast derhalbe Berliner Senat und ein Viertel Bundes-kabinett. Bundespräsident Roman Herzog rich-tete zur Feier des Tages einen Empfang aus(den Mister DuBow hatte er schon lang zuvormit dem Bundesverdienstkreuz dekoriert). UndAußenminister Klaus Kinkel schmiss sich alsHauptredner bei einem Gala-Diner aus Anlassder Weihe des Berliner AJC-Hauses in Schale.Leitmotiv bei all dem war die unverbrüchlicheSolidarität der Bundesrepublik mit Israel. Dazumahnten die Juden und das gelobten die Deut-schen. Jeweils unisono.Dass die Repräsentanz von Ramers US-jüdi-schem Komitee in Deutschland eine Verstär-kung des proisraelischen Netzwerkes bedeute-te, war von vornherein klar. Auch beim Studiumder AJC-Veröffentlichungen im Internet merktman rasch, dass die Verantwortlichen mit Leibund Seele an Israel hängen. Auf der Websitewird kurz und bündig bekundet, was Sache ist:

»Support of the state of Israel«.So hat das AJC-Büro Berlin beispielsweise hie-sige Kundgebungen „Solidarität mit Israel —Gegen Antisemitismus und Antizionismus” mit-organisiert, eine Studie „Antisemitismus in derNahost-Berichterstattung deutscher Printme-dien” mit eingebauter „Auschwitz-Keule” ge-gen Israel-Kritiker publiziert (Medien des „Net-zes” stiegen groß ein), und seit Mai 2003 kannman bei der deutschen Niederlassung des Ko-mitees eine Handreichung erhalten titels

»Mit unterschiedlichen ethnischen und reli-giösen Gruppen über Israel reden«,

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Weitere Maschen im Netz 121

aus der eine nahezu einschränkungslose Unter-stützung Israels auch beim härtesten Vorgehengegen die Palästinenser spricht. In der AJC-Werbung, so beispielsweise in einer Annonceim „Aufbau” vom 17. April 2003, bildet manden nahöstlichen jüdischen Staat als Großisraelab, also einschließlich Gasagebiet, Westjordan-land, Golanhöhen.

Ein Import aus Israel

Eine weitere Netzverstärkung in jüngerer Zeit,diesmal allerdings als Direkt-Import aus Israel,ist AMCHA (hebräisch: „Dein Volk"). Die Ver-einigung tritt mit dem Untertitel „Nationales Is-raelisches Zentrum zur psychosozialen Betreu-ung von Holocaust-Überlebenden und derenKindern” auf. Es handelt sich um eine, wie esam 1. April 1999 in der „Allgemeinen Jüdi-schen” hieß,

»Hilfsorganisation, die mit deutscher Unter-stützung Schoa-Opfer in Israel betreut«.

Illustriert war der Beitrag des Zentralratsblattesmit eiinem Foto, das den Intendanten des Nord-deutschen Rundfunks Jobst Flog zeigt, wie ergerade dem Chef von AMCHA-Deutschland Dr.Peter Fischer einen Scheck überreicht —

»als finanzielle Hilfe von prominenter Seite«(allerdings nicht aus privater Schatulle, sondernaus öffentlich-rechtlichem Fundus).Fischer, einst Sekretär des jüdischen Gemein-debundes der DDR, gehört zum Funktionariatdes Zentralrats der Juden in Deutschland, fürwelchen er unter anderem als Hauptverant-wortlicher der „Gedenkstättenarbeit” figuriertund als dessen Berliner Geschäftsstellenleiterer wirkt. Nebenher bekleidet er auch Amterwie das eines Aufsichtsrates der „Dr. HildegardHansche-Stiftung”, die nach Eigenauskunft

»Bildung und Erziehung der Jugend im anti-faschistischen Geist«

im Schilde führt.

Was die bundesdeutsche vergangenheitsbewäl-tigende „Gedenkstättenlandschaft” betrifft, fürderen Betreuung Fischer im Zentralrat zustän-dig ist, schreibt Reinhard Rürup, Leiter des Pro-jekts „Topographie des Terrors” (in: PetraSteinberger, „Die Finkelstein-Debatte”, Mün-chen 2001):

»Die Bundeszentrale für politische Bildunghat inzwischen 2000 solcher Orte gezählt,die von den großen KZ-Gedenkstätten bis zukleinen lokalen Gedenksteinen reichen.«

Da möge der Professor aber noch einmal nach-zählen. Denn in den beiden voluminösen Ge-denkstätten-Lexika der Bundeszentrale wirdmehr als das Doppelte der vorgenannten Zahlan Anti-NS-Mahnstätten erwähnt; fünfhundertallein sind es in Berlin. Woche für Woche kom-men bundesweit mehrere neue hinzu.Nach eigener Bekundung geht es Fischers„Schoa-Opfer-Hilfswerk” darum,

»primär Spenden für die Tätigkeit in Israel zuorganisieren. Die gespendeten Gelder flie-ßen entweder der 1995 gegründeten AM-CHA-Stiftung in Deutschland zu, um mit denerwirtschafteten Zinserträgen kontinuierlicheArbeit von AMCHA Israel zu ermöglichen,oder sie werden direkt für konkrete Projektenach Israel weitergeleitet.«

AMCHA sei, so die „Allgemeine”,»die 1987 von Überlebenden gegründete ein-zige Institution in Israel, die psychosozialeHilfe bei der Linderung von Spätschäden derNaziverfolgung anbietet«.

Survivor Syndrom„Survivor Syndrom”, Überlebenden-Syndrom,habe der Psychiater William Niederland „dieLangzeitwirkung der Massivtraumatisierungen”genannt, von denen viele Davongekommenedes Holocausts betroffen seien. „Allgemeine”:

»Auch aktuelle Ereignisse, ein Prozess gegeneinen KZ-Aufseher oder ein Giftgasalarm

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122 Vierter Abschnitt

während des Golfkrieges, lassen die Ängstewieder ausbrechen.«

Der 1993 gestorbene Niederland, dessen Wie-ge 1904 in Ostpreußen stand, der 1934 bis1939 im faschistischen Italien wirkte und dannnach Amerika ging, hat weitere Symptome desSyndroms geschildert:

»Ängste, wenn mitten in New York ein uni-formierter Polizist auftaucht oder wenn derMilchmann morgens klingelt.«

Neben Niederland war der Psychiater Leo Shu-ra Eitinger (geboren 1912 in Mähren, Ausch-witz-Überlebender, wirkte nach 1945 meist inNorwegen, gestorben 1996) Bahnbrecher beider Beschreibung des „Survivor Syndroms”. Ertrat auch als Verfasser von Büchern wie „TheAntisemitism in Our Time. A Threat Against UsAll” (1984) auf.Am 17. Januar 1998 berichtete die „FrankfurterRundschau” über einen Vortrag des israe-lischen AMCHA-Direktors Dr. Nathan Durst, ge-boren 1930 in Berlin, vor der Zentralen Wohl-fahrtsstelle des Zentralrates und demSigmund-Freud-Institut. Angst, Depression, Iso-lation und psychosomatische Störungen seienhäufige Ausdrucksformen des „Überlebenden-Syndroms”, sagte er. Schon ein Arztbesuch we-cke manches Mal alte Ängste, weil etwa eineSpritze Erinnerungen an Dr. Mengele wachru-fen könne. Zum Übergreifen des Syndroms aufdie Nachkommen der Betroffenen erläuterte Dr.Durst:

»Die Kinder der Überlebenden haben denHolocaust zwar nicht selbst erlebt, aber ihrePhantasien davon können schlimmer sein alsdie Wirklichkeit.«

Gerade mit Rücksicht auf die vom Syndrom Be-troffenen hatte der AMCHA-Direktor 1996Alarm geschlagen, als eine Ladenkette in Israel— und dies nach eigenen Angaben erfolgreich(„das läuft wie verrückt") — unter jungen Leutenfür Lederstiefel ausgerechnet unter dem MottoReklame machte:

»Aus dem gleichen Material wie die Stiefelder Nazis!«

Dr. Durst protestierte:»Demnächst wird wohl auch noch deutschesGas in den Geschäften offeriert.«

Die Werbung wurde daraufhin gestoppt. Siehehierzu die Berichterstattung in: „Der Spiegel”,Nr. 45/1996.Um das beschriebene Leid zu lindern, arbeitedas Hilfswerk — so berichten die offiziellenAMCHA-Schriften — in Israel mit „Kurz- undLangzeittherapien, Hausbesuchen, Zusammen-künften und Videoaufzeichnungen von Lebens-berichten”. Man betreibt insgesamt vier Be-treuungs-, Begegnungs- und Genesungsstätten.Doch:

»Nur 30 Prozent der Kosten können durchdas israelische Sozialwesen abgerechnetwerden, den Rest müssen Spenden decken.«

Zu den Kernforderungen der Organisation zähltdaher:

»Das Survivor Syndrom und die daraus ent-standenen psychosomatischen Krankheitenendlich als Spätschäden des Holocaust aner-kennen.«

Als das Bundesentschädigungsgesetz beschlos-sen worden sei, habe man noch nichts vomProblem der psychischen Spätschäden gewusst,heißt es in AMCHA-Veröffentlichungen. Wes-halb diese Opfer bisher auch keinen Anspruchauf Entschädigung bzw. Wiedergutmachunghätten.

»Dreihunderttausend Menschen, die dieSchoa überlebt haben und heute in Israel le-ben, so wird geschätzt, leiden unter dieserTraumatisierung«,

erfuhr man im AMCHA-Bericht der „Allgemei-nen Jüdischen” vom 1. April 1999 (sieben Jah-re zuvor hatte AMCHA die Zahl der in Israel le-benden Holocaust-Überlebenden noch mit derHälfte, einhundertfünfzigtausend, angegeben).Hinzuzurechnen seien die Angehörigen der„zweiten Generation, die Kinder der Uberleben-

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Weitere Maschen im Netz 123

Verein der Freundeund Förderer vonAMCHA e.V.

Mehr als 150.000 Überle-bende des Holocaust habenheute ihre Heimat in Israelgefunden.Viele von ihnen leiden nochtäglich unter den Erfahrun-gen von damals, Sie leidenunter traumatischen Schlaf-störungen, ,chronischen körperlichenKrankheiten, außergewöhnli-cher Nervosität, schwerenDepressionen, psychoso-matischen Leiden.

AMCHA — eine einzigartigeisraelische Organisation hilftden Überhebenden in Israel.

den". Ihre Zahl werde „auf 750 000 geschätzt”.Auch sie seien „betroffen von dem, was ihrenEltern widerfahren ist” und „geschädigt durchdas unbewältigte Leiden”.In den Internet-Nachrichten von AMCHA heißtes zu diesem Komplex:

»Die Statistik vom März 1992 spricht von276 000 Überlebenden. Davon sind ca.100 000 Menschen, die als Kinder überlebthaben — „child-survivors”. Wenn man die

IN ISRAELLEBEN HEUTE NOCH350000 ÜBERLEBENDEDES HOLOCAUST.

FÜR SIE IST DIEVERGANGENHEITGEGENWART.

Links: Amcha-Werbung im „Spezial " Nr. 2/1992.des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel” („Judenund Deutsche "). Rechts: Amcha-Broschüre von1999.

Zahl der Neueinwanderer aus der ehemali-gen Sowjetunion seit Anfang der 90er-Jahredazuzählt, dürfte die Zahl der Betroffeneneher um die 300 000 liegen ... Einer grobenSchätzung zufolge dürfte die Zahl der Über-lebenden der zweiten Generation, d. h. derNachkommen der Überlebenden, in Israel ca.500 000 bis 700 000 betragen. Ihre Kindheitwar auf vielfältige Weise von der Vergan-genheit der Eltern überschattet. Teilweise

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124 Vierter Abschnitt

bedürfen auch sie einer speziellen psycho-therapeutischen Beratung oder Behandlung.Somit beläuft sich die Gesamtzahl der in Is-rael lebenden, direkt oder indirekt vom Holo-caust betroffenen Personen auf etwa eineMillion.«

In einer Broschüre „AMCHA — das israelischeZentrum für Holocaust-Überlebende”, verbreitetvon der in Berlin sitzenden deutschen Stelledes Hilfswerks, erfährt die Zahl der mehr alsein halbes Jahrhundert nach Ende des Kriegeslebenden „Survivors” im jüdischen Staat nocheinmal eine Aufstockung:

»In Israel leben heute 350 000 Überlebendedes Holocaust. Für sie ist die VergangenheitGegenwart.«

„Einzige Wiedergutmachungs-leistung der DDR”

In ihrer 1999er Berichterstattung über dasHilfswerk fuhren die „Israel Nachrichten” fort:

»AMCHA hat neben der Mutterorganisationin Israel noch Freundeskreise in Österreich,der Schweiz, Holland, Nord-Amerika und Bel-gien. In Frankreich ist ein weiterer im Auf-bau und seit 1990 gibt es auch AMCHADeutschland.«

Zum Auftakt der Zentralratsblatt-Erzählung überdas Wachsen des deutschen Zweiges hieß es:

»Tatsächlich, so der Deutschland-VorsitzendePeter Fischer, sei die Gründung die einzigeWiedergutmachungsleistung der DDR gewe-sen.«

Dazu ist es laut „Allgemeiner” folgendermaßengekommen:

»Fischer, heute hauptberuflich Mitarbeiter imZentralrat der Juden in Deutschland, hattezu Wendezeiten von AMCHA gehört und1990 zufällig Maurits Cohen, den Leiter dereuropäischen AMCHA-Zentrale in den Nie-derlanden, getroffen. Dank Fischers gutenBeziehungen zur Regierung Hans Modrow

gelang es ihm, den Ministerrat der DDR zuüberzeugen, 1990 ein Stiftungskapital vonüber 6,2 Millionen Mark bereitzustellen. Bis1995 dauerte es dann noch in den Vereini-gungswirren, bis der „Stiftung in Gründung”die besondere Gemeinnützigkeit zugestandenwurde. Erst danach gründete sich der Förder-verein, der das — in Fischers Worten —„Spielbein” der Stiftung darstellt und Öffent-lichkeitsarbeit betreibt und Spenden sam-melt.«

Fischer und Cohen waren übrigens zusammen-gekommen, als dieser ab Ende 1989 eine „Auf-klärungsoffensive” in Deutschland unternahm.So stellte Cohen damals u. a. auf einem „1. In-ternationalen Kongress über Spätschäden derVerfolgung” in Hannover seine Organisation vorund hielt auch Vortrag vor jüdischen Ärzten undPsychologen in Berlin.Gleich im ersten Jahr seien mit dem bundes-deutschen „Bein” der Organisation „mehr alssechsundzwanzig Prozent des gesamten Haus-haltes von AMCHA” eingespielt worden, weißdie „Allgemeine” des Zentralrats zu berichten.Die Mahnung der „Survivor"-Vereinigung an dieDeutschen war also erfolgreich gewesen:

»Das Leid der von AMCHA betreuten Men-schen ist unmittelbar mit dem NamenDeutschland verbunden. Im Bewusstsein die-ser besonderen historischen Verantwortungist der Verein in Deutschland tätig.«

Der Appell an die „historische Verantwortung”blieb aber auch bei staatlichen bundesdeut-schen Stellen nicht unerhört. Beispielsweisefließen aus der Bundesstiftung „Erinnerung, Ver-antwortung und Zukunft” öffentliche Gelder anAMCHA. Dass der bundesdeutsche Fiskus viasteuerliche Absetzbarkeit von Spenden auch indiesem Falle Aktivitäten zugunsten Israels mit-finanziert, versteht sich sozusagen von selbst.Zudem leitet die Jewish Claims Conferencenamhafte Summen an AMCHA in Israel ausdeutschen Wiedergutmachungsgeldern weiter.

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Weitere Maschen im Netz 125

Prominente Förderer

Der bedeutendste Hintermann der internationalorganisierten AMCHA-Bewegung ist zugleicheiner der prominentesten Zionisten unsererZeit: Elle Wiesel. Der Friedensnobelpreisträgeramtiert als Ehrenpräsident der „North AmericanFriends of AMCHA/Israel”. Chef des europäi-schen Netzwerks der Bewegung ist der bereitserwähnte Maurits Cohen, der — wie geschildert— noch in DDR-Zeiten Peter Fischer für das Pro-jekt gewann.Dem AMCHA-Führungs- bzw. -Fördererkorps inder Bundesrepublik Deutschland gehören nebenZentralrats-Fischer u. a. folgende Bekannt- undBerühmtheiten an:

Isabel Armbrust („Initiative SozialistischesForum"), ProjektkoordinatorinKlaus Engelhardt (Ratsvorsitzender derEKD), StiftungsehrenratGeorg Hüssler (Prälat), StiftungsehrenratBenjamin Navon (Botschafter Israels inDeutschland a. D.), KuratorRenate Schmidt (Bundesfamilienministerin),KuratorinJosef Schmitz-Eisen (Generalsekretär Cari-tasverband), KuratorDorothea Strube (evangelische Synoden-sprecherin), GeschäftsführerinRita Süssmuth (Bundestagspräsidentin undBundesministerin a. D.), StiftungsehrenrätinHans-Jochen Vogel (Bundesminister undSPD-Vorsitzender a. D.), StiftungsehrenratKonrad Weiß (Kuratorium Aktion Sühnezei-chen, Deutsch-Israelische Gesellschaft),Stiftu ngs-Vorsta ndsm itg I i edGerd Woriescheck (Babcock Borsig AG), Ku-rator

Bei Konrad Weiß handelt es sich um jeneneinstigen DDR-Filmemacher, der 1990 in derVolkskammer Ostberlin das

»DDR-Schuldbekenntnis gegenüber Israel«

einbrachte, ab 1991 einige Zeit als Vizeprä-sident der Deutsch-Israelischen Gesellschaftwirkte, 1993/94 die Grünen im Bundestag ver-trat und der die Forderung erhoben hat, derWeltsicherheitsrat der Vereinten Nationenmöge wegen der Umtriebe hiesiger „Rechts-radikaler” internationale Truppen in die Bun-desrepublik entsenden. In Weiß' Petition an dieUNO-Exekutive hieß es:

»Die Alliierten haben Deutschland zu früh indie Souveränität entlassen ... Dieser Staatist untauglich, in der Völkergemeinschaftgleichberechtigt zu leben.«

Auch AMCHA Österreich kann mit viel Pro-minenz aufwarten. Botschafter a. D. WalterSchallenberg, Präsident der Gesellschaft fürAußenpolitik und Internationale Beziehungen,wirkt als Chef, Generalmajor Karl Semlitsch,Wiener Militärkommandant, als sein Vize. Re-präsentiert wird der österreichische Zweig desAMCHA-Netzwerks weiterhin durch Persönlich-keiten wie:

Professor Dr. Jakob AllerhandKlubobmann Dr. Andreas Khol (ÖVP)Caritasdirektor Dr. Michael LandauSchauspieler Fritz MuliarProfessor Dr. Anton PelinkaLeiter der Politischen Bildung im Unter-richtsministerium i. R. Dr. Leopold Rettinger .Bundesminister a. D. Rudolf Scholten (SPÖ)Generalsekretär des Europarates und Prä-sident der Österreichisch-Israelischen Ge-sellschaft Dr. Walter Schwimmer (ÖVP)Bundesrätin Terezija Stoitsis (Grüne)Evangelisch-Lutherischer Bischof HerwigSturmProfessor Dr. Erika WeinzierlSimon Wiesenthal„Das jüdische Echo"-Chefredakteur Dr. LeonZelman

— Bürgermeister a. D. Helmut ZilkAuf ähnlichem Felde wie AMCHA operiert derals gemeinnützig anerkannte Verein „esra”

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126 Vierter Abschnitt

(Berlin) mit seinem „Selbsthilfeprojekt esraatzmit”. Daran führend beteiligt sind die Psy-chiater David Joel de Levita (Spezialgebiet:„Transgenerationelle Folgen von Krieg und Ver-folgung”) und Johann Lansen (Ex-Direktor desAmsterdamer Sinai-Zentrums). In Zürich gibt es„TAMACH — Psychosoziale Beratungsstelle fürHolocaust-Überlebende und ihre Angehörigen”.

Simon-Wiesenthal-Center

Beim AMCHA-Repräsentanten Wiesenthal han-delt es sich um den bekannten „Nazijäger” mitSitz in Wien. Einerseits wird er geradezu byzan-tinisch bejubelt (sogar von ihm als dem „JamesBond der Juden” ist die Schreibe gewesen).Andererseits hat man ihn oft schon harschenVorhaltungen ausgesetzt:

Österreichs Kanzler Alfons Gorbach, der unterHitler im KZ gesessen hatte, erhob gegen Wie-senthal den Vorwurf, ständig „alte Wundenaufzureißen”. Kanzler Bruno Kreisky, von Her-kunft Jude und einst Hitleremigrant, sprachWiesenthal das Recht ab, als moralische Auto-rität aufzutreten, denn sein Wirken sei „vonHass diktiert” und eine „gefährliche G'schaftl-huberei”; der „Nazi-Jäger” bediene sich, soKreisky „mafiaähnlicher Methoden”. Eli Rosen-baum, im US-Justizministerium für „Nazi-Jagd”zuständig, kreidete Wiesenthal an, sich mitfremden Federn zu schmücken und urteilte überden „James Bond der Juden”:

»Er ist inkompetent, egomanisch, ein Ver-breiter falscher Informationen. Er hat dieÜberlebenden betrogen. Er hat uns alle be-trogen.«

Isser Harel, langjähriger Chef des israelischenGeheimdienstes Mossad, wies Wiesenthals Ei-genlob zurück, maßgeblich am Auffinden undErgreifen Adolf Eichmanns beteiligt gewesen zusein:

» Wir haben von Wiesenthal nichts bekom-men, das von irgendeiner Bedeutung für dieOperation war. Alle seine Behauptungen wa-ren falsch.«

Als Wiesenthal noch nicht so sehr ins Visier jü-discher Kritiker geraten war, 1977, erwählteman ihn als Namenspatron bei der Gründungeiner international wirkenden Einrichtung, diesich nicht zuletzt Wohl und Wehe des StaatesIsrael angelegen sein lässt — des „Simon-Wie-senthal-Center” (SWC). In ihrem Buch „One byOne: Facing the Holocaust” (New York 1990)schreibt die „New York Times"-Journalistin Ju-dith Miller, eine der zentralen Botschaften die-ses Zentrums laute, dass die Erinnerung an denHolocaust eine wichtige Unterstützung Israelssei

»Another implicit message of the WiesenthalCenter is that the Holocaust helped to vali-date the state of Israel. Remembering theHolocaust leads to staunch support of Isra-el.«

Beim ersten Golfkrieg der US-Amerikaner hattedie vom Zentralorgan des SWC, „Response.The Wiesenthal Center World Report”,

Dinner im Weißen Haus 1989: Wiesenthal-Cen-ter-Chef Rabbi Hier, George Bush sen., IsraelsPremier Schamir (von rechts).

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Weitere Maschen im Netz 127

Nr. 1/1999, in reißerischer Aufmachung verbrei-tete, international — auch von bundesrepublika-nischen Medien — eifrig aufgegriffene Falsch-meldung erhebliche Auswirkungen, SaddamNussein baue Gaskammern mit Hilfe deutscherFirmen. Die Originalschlagzeile auf der Titelsei-te lautete:

»Shocking Revelation: German Firms ProduceZyklon B in Iraq.«

Als Folge solcher Horrorgeschichten gestaltetesich seinerzeit das Durchdrücken zusätzlicherbundesdeutscher Unterstützung für Israel, vorallem militärischer, noch geschmeidiger.

Im Sommer 2001 kündigte das Simon-Wiesen-thal-Center eine „internationale Solidaritäts-kampagne” für Israel an. Ein ganzseitiges Inse-rat in der „New York Times” rief dazu auf, demjüdischen Staat Besuche abzustatten; auchwurde eine dortige „Weltkonferenz” mit „Jeru-salem-Gelöbnis” angeregt. Zu den Unterzeich-nern des Inserates zählten die US-GouverneureJeb Bush (Florida; Bruder des Präsidenten),Gray Davis (Kalifornien) und George Pataki(New York), die (jüdisch-zionistische) SenatorinDianne Feinstein und ihre Kollegin Hillary Clin-ton, Gattin des Ex-Präsidenten, sowie die Bür-germeister Rudolph Giuliani (New York) und Ri-chard Riordan (Los Angeles).

Als Hauptsponsor des Wiesenthal-Center ist derkanadisch-jüdische Geschäftsmann Samuel Belz-berg hervorgetreten. Zur Hollywood-Prominenz,die sich keilen ließ, zählte Frank Sinatra. Nichtminder aktiv für das WJC ist Elizabeth „Liz” Tay-lor, die zum Judentum konvertierte Schauspiele-rin — überhaupt eine unermüdliche Parteigänge-rin Israels. Arnold Schwarzenegger spendeteeine Dreiviertelmillion Dollar, sah sich aber2003, mitten in seiner Kampagne für die Wahlzum Gouverneur von Kalifornien als Kontrahentdes eben erwähnten Gray Davis, Enthüllungendes Wiesenthal-Center über die „Nazi-Vergan-

genheit” seines Vaters Gustav (NSDAP, SA,Stabsfeldwebel der Wehrmacht) ausgesetzt.An der Spitze des Center (nomineller Hauptsitz:Los Angeles, eigentlicher Mittelpunkt: Jerusa-lem) steht Rabbiner Marvin Hier,

»one of the foremost spiritual leaders in theUnited States, and in the entire Jewishworld«,

so die Hymne auf ihn als „einen der hervor-ragendsten geistigen Führer” durch Israels Pre-mier Menachem Begin („Los Angeles TimesMagazine", 15. Juli 1990). Hiers Stellvertretersind Abraham Cooper und Meyer May, eben-falls Rabbis. Für die überstaatlichen Kontakteist Shimon Samuels mit der Amtsbezeichnung„Director for International Liaison” zuständig,der zugleich als Chef der europäischen Sektionder Organisation in Paris amtiert. In einem In-terview bejahte Samuels 2002 die Notwendig-keit eines

»europäischen Netzwerkes für die Solidaritätmit Israel«

(hagalil.com, 18. April 2002). Zweigstellen desWiesenthal-Centers gibt es ferner in New York,Miami und Toronto.

„Die Seele ruht in Jerusalem”Mit besonderem Eifer für die zionistische Sachewirkt auch der Keren Hayesod (KH), übersetztin etwa: „Stiftungsfonds”, frühere Schreibwei-se in Deutschland: Keren Hajessod, Name inden USA: United Israel Appeal. Hierbei handeltes sich gemäß Selbstcharakterisierung um

»die zentrale Organisation der Spenden-sammlungen für Israel«.

Die „Allgemeine Jüdische” vom 26. September2001 schrieb anlässlich einer KH-Veranstaltung„Solidarität mit Israel” im Kempinski Bristol Ho-tel Berlin, bei Keren Hayesod handele es sichum

»die weltweit größte Spendenaktion für Isra-el«.

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128 Vierter Abschnitt

sie begünstigenden britischen Balfour-Erklärung(„jüdische Heimstatt in Palästina"). Seit 1929hängt der KH an den Fäden der Jewish Agency(JA), die — wie es in den Verlautbarungen desKeren heißt — als

»vorstaatliche Regierung des künftigen Isra-els«

ins Leben gerufen worden war.Bei weitem nicht allein für Um- und Ansiedlungvon Juden aus aller Welt, neuerdings der GUS-Exilanten, sind KH-Spendengelder eingesetztworden.

»Zu den wichtigsten Erfolgen des KerenHayesod gehören die Gründung der Luft-fahrtgesellschaft EI Al, der Schifffahrts-gesellschaft ZIM und der Bank Leumi«,

bescheinigt man sich selbst als Hauptergebnis-se des erfolgreichen Schnorrens für die guteSache.Als KH-,,Unterabteilungen" gibt es eine Frauen-organisation („Women's Division") und eineNachwuchsgruppe („Young Leadership"). KH-Weltvorsitzender, so die offizielle Titulatur, istAvi Pazner, der frühere Botschafter des StaatesIsrael in Paris und Rom. Dem „World Board ofTrustees” ( Weltausschuss der Treuhänder)steht ein altbewährter Repräsentant des Zionis-mus in Kanada, Harvey Wolf, vor. Als General-direktor des Keren Hayesod wirkt Gad Ben Ari, .zuvor israelischer Regierungssprecher.

„Zur weltweiten Familie gehören”

Vorsitzender des Präsidiums von Keren HayesodDeutschland e.V. war bis September 2003 An-dreas C. Wankum (seither: David Leschem), der2000/2001 in Hamburg als gescheiterter Betrei-ber des HSV-Fußballstadion-Neubaus für uner-freuliche Schlagzeilen sorgte und in der Hanse-stadt auch schon mal CDU-Schatzmeister war.Seit Juni 2002 gehört Wankum zugleich dem„Board of Governors”, also der erweiterten Füh-rungsriege, der Jewish Agency an. Bei häufigen

Als Arbeitsgrundlage der überstaatlich vernetz-ten Organisation hat die Knesset, Israels Par-lament, 1956 eigens ein Gesetz verabschiedet.Es erteilt den KH-Aktivisten die Weisung,

»die Stärkung des Staates Israel, die Heim-führung der im Exil Lebenden und die Ver-einigung des jüdischen Volkes zu fördern«.

Israels Regierungschef verleiht alljährlich den„Prime Minister's Award Nadiv Keren Haye-sod”, welcher „außergewöhnlichen Führungs-persönlichkeiten und großzügigen Spenderndes Keren Hayesod” gebührt. Den Orden für2003 erhielt Charles R. Bronfman, Bruder desChefs des Jüdischen Weltkongresses Edgar M.Bronfman. Ariel Scharon betonte — mit Blickauf die Diaspora — in der Begründung der Preis-verleihung, dass

»uns ein ewiges Band verbindet«.Und der israelische Ministerpräsident sprach indiesem Zusammenhang auch von

»der Einheit des jüdischen Volkes, dessenSeele in Jerusalem ruht«.

So sieht es der KH denn auch als seine vorneh-me Aufgabe an,

»der wachsenden Gefahr der Assimilationfür die jüdische Jugend im Westen«

zu wehren,»die Stärkung der Beziehung zwischen Israelund den jüdischen Gemeinschaften in derDiaspora«

als unverzichtbar zu betreiben und»den Grundsatz, dass Israel im Mittelpunktder jüdischen Identität steht«,

als weitere Conditio sine qua non zu beherzi-gen.Eine Hauptparole in den Verlautbarungen desjüdisch-zionistischen Spenden-Netzwerkes lau-tet:

»Israel braucht den KH und der KH brauchtSie.«

Gegründet wurde der Keren Hayesod als Zweigder zionistischen Weltbewegung 1920 in Lon-don zur Umsetzung der Herzl-Ideologie und der

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Weitere Maschen im Netz 129

Keren Hayesod-Werbung im Internet

Israel-Aufenthalten erholt er sich einerseits undholt er sich andererseits neue Weisungen. Sotraf er beispielsweise im April 2003 mit Minis-terpräsident Ariel Scharon zusammen undnahm vom 17. bis 20. Juni an der „World Con-ference of Keren Hayesod” in Tel Aviv teil, wo250 führende KH-Aktivisten aus fünf Kontinen-ten zusammengeströmt waren. Bei dieser Gele-genheit bekam man, fand Wankum, besondersintensiv zu fühlen,

»was es bedeutet, zur weltweiten KerenHayesod-Familie zu gehören«.

In Anlehnung an einen Michel-Friedman-Aus-spruch heißt es in der KH-Werbung im Internet:

»Lassen Sie Israel spüren, dass es das Zu-hause der weltweiten jüdischen Familie ist.«

Der bundesrepublikanische KH-Chef betont:»Dem jüdischen Staat und seinen Bürgernmuss jede nur mögliche Hilfe als Ausdruckder Solidarität gewährt werden.«

Dieses auch nach dem Tode. Denn der KerenHayesod betreibt besonders nachdrücklich dieAktion „Ihr Testament für Israel”, wobei

»in allen Fragen zu Erbschaften und Legatenzugunsten des Staates Israel Ihnen unsereExperten mit Rat und Tat diskret zur Ver-fügung stehen«.

Hohe nichtjüdische Repräsentanten des öffent-lichen Lebens der Bundesrepublik Deutschlandlassen Keren Hayesod unmittelbar, durch Spen -

den, oder mittelbar, durch Sympathiewerbung,gelegentlich auch durch beides, Unterstützungangedeihen. Bundespräsident Johannes Raubeispielsweise machte bei seinen häufigen Is-rael-Aufenthalten gern seine Aufwartung,wenn es um Einweihungszeremonien von KH-geförderten Institutionen ging. So geschehenbeispielsweise 2003 bei der Eröffnung des„ Monart-Kunstzentrums” in Ashdod. Sozusagenin einem Aufwisch zeichnete der Bundesprä-sident bei dieser Gelegenheit gleich auch eineKH-Großsponsorin, Kenda Bar-Gera, mit demBundesverdienstkreuz aus.

Gesellschaftliche „Großevents”

Keren Hayesod-Spendengalas in der Bundes-republik geraten zu gesellschaftlichen „Groß-events”. Aus einem KH-Bericht im Internet:

»Zu einem glanzvollen gesellschaftlichen Er-eignis für Vertreter der deutschen Bundes-parteien, die Hamburger und Berliner Stadt-väter, Repräsentanten des gesellschaftlichenLebens beider Städte und nicht zuletzt fürdie Freunde des Keren Hayesod Deutschlandund des Staates Israel wurde der Besuchdes ehemaligen Bürgermeisters von NewYork, Rudolph W. Giuliani, der auf Einladungdes Keren Hayesod am 20. Januar 2003Deutschland bereiste. Die Empfänge in Ham-

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130 Vierter Abschnitt

burg und Berlin standen vor allem im Zei-chen des KH-Spendenaufrufs für die Fire-and Rescue-Services in Israel.«

In Hamburg habe der KH-Werbeträger aus NewYork

»immer wieder die Wertegemeinschaft desWestens betont«

und, natürlich, auch kräftig für den zionisti-schen Klingelbeutel Reklame gemacht.

»Israel benötigt unsere Hilfe«,rief Giuliani aus, während KH-Deutschland-ChefWankum den Ex-Bürgermeister der Ostküsten-Metropolis als

»Vaterfigur für Amerika und Symbolfigur derfreien Welt«

bezeichnete und Bürgermeister von Beust, da-mals noch mit seinem Innensenator RonaldSchill im Schlepptau, einem altgedienten Mit-glied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft,verkündete:

»Die Hamburger sind am 11. September2001 zu New Yorkern geworden.«

Weiter im Text der KH-Berichterstattung:»Den offiziellen Abschluss des Giuliani-Besu-ches in der Hansestadt stellte ein Groß-Spenderempfang im kleinen exklusiven Kreisim Anglo-German-Club der Stadt dar.«

Im Prinzip wiederholte sich die Prozedur dannin Berlin. Höhepunkt war dort laut KH-Report

»der Empfang im Kuppelbau des Reichstagesmit zahlreichen Vertretern des öffentlichenLebens«.

Das Wort zur Begrüßung ergriff Berlins Ge-meinderabbiner Yitzhak Ehrenberg, welcher

»auf die historische Bedeutung des Abendsverwies, an dem in diesem Gebäude kosche-res Essen gekocht und verspeist werde; die-ser kleine Umstand zeige die Kraft des jüdi-schen Gedankens und Wesens.«

Auch Giuliani rekurrierte auf besagte Wesens-kraft und hob unter stürmischem Beifall derVertreter aller gesellschaftlich relevanter Grup-pen

»Israels Führungsrolle im Nahen Osten«hervor. Dann ging es wieder ans Spendensam-meln.

Symbol blau-weißeSammelbüchse

Beim fünften Kongress der internationalen zio-nistischen Bewegung in Basel 1901 erblickteeine weitere Spendensammlungs-Organisationder Israel-Lobby das Licht der Welt: KerenKayemeth Lelsrael — Jüdischer Nationalfonds(frühere deutsche Schreibweise: Keren Kaje-meth Lejisrael).Geschaffen wurde der KKL, um Geld für zionis-tischen Landkauf in Palästina aufzutreiben unddort eine Infrastruktur im Sinne des kommen-den Israel aufzubauen. Der KKL folgte den se-mikommunistischen Leitlinien seines Schöpfers,des Rabbiners Hermann Zwi Schapira, derschon 1884 einen Verein „Zion” mit dem Zielder hebräischen Inbesitznahme Palästinas ge-gründet hatte: Erworbenes Land bleibt jüdi-scher Allgemeinbesitz und wird Siedlern und In-stitutionen nur zur (allerdings erneuerbaren)Pacht auf 49 Jahre gegeben.Gemäß Selbstdarstellung arbeitete der KKL

»als verlängerter Arm der Zionistischen Be-wegung und als Treuhänder des jüdischenVolkes, um Boden in Eretz Israel für das jüdi-sche Siedlungswerk zu erwerben«.

Die „blau-weißen Sammelbüchsen”, die in denjüdischen Gemeinden der ganzen Welt dafürherumgingen, wurden zu einem zionistischenSymbol.In den „JNF-KKL-Nachrichten” des Internetheißt es über die nahöstliche Erfolgsbilanz derOrganisation:— »Boden für rund 1000 Siedlungen aufberei-

tet,— 220 Millionen Bäume gepflanzt,- über 100 Wasserreservoire und Dämme er-

richtet,

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Weitere Maschen im Netz 131

- Hunderte von Campingplätzen und regionaleParks angelegt,

- etwa 6000 Kilometer Straßen und Wegegebahnt.«

Über ihren aktuellen Daseinszweck klärt die Or-ganisation wie folgt auf:

»Der Jüdische Nationalfonds hat zur Auf-gabe, für die strukturelle Entwicklung desStaates Israel zu sorgen ... Die Wälder desKKL dienen als Zentren von Freizeit und Er-holung. Diese umfassende Tätigkeit hat ei-nen positiven ökologischen Einfluss und siehebt die Lebensqualität Israels nachhaltig.«

Auch Pädagogik im Sinne der Lehre Herzls ge-hört zu den Obliegenheiten des KKL. In den In-ternet-Nachrichten seines Organs „Neuland”heißt es dazu:

»Im Bereich der zionistischen Erziehung unterder jüdischen Jugend im Lande und in derDiaspora nahm der KKL die wichtige Auf-gabe auf sich, das Band zwischen der Ju-gend und dem Boden Israels zu festigen. Au-ßer den Aktivitäten in den Schulen durch dieLehrerbewegung beherbergt der KKL jedesJahr Tausende Jugendliche aus Israel unddem Ausland in den von ihm im ganzen Lan-de errichteten Feld- und Waldzentren.«

In der Eigenwerbung stellt der KKL vor allemseine Begrünungs- und Wiederaufforstungspro-jekte heraus. Zumal ein verheerender Wald-brand des Jahres 2000 einen beträchtlichenTeil des Baumbestandes vernichtet hat; haupt -

betroffen war die Umgebung von Jerusalem.Betont wird ferner, dass die fortschrittliche is-raelische Technologie zur Zurückdrängung derWüste internationalen Vorbildcharakter besitze.Wer 10 Euro gibt, dem wird die Pflanzung einesBaumes in Israel verheißen, eine Allee kostet100 Euro, für 10 000 Euro kann man sich Stiftereines israelischen Hains nennen und mit 50 000Euro ist man mit einem ganzen Wald dabei,der den Namen des Spenders tragen kann. Abfünf gespendeten Bäumen erhält man

»eine dekorative Urkunde mit dem Motiv„König David"«.

Obligatorisch ist für deutsche Geldgönner darü-ber hinaus eine Spendenquittung. Das alles sei,so KKL,

»lebendiges Zeichen der Verbundenheit mitIsrael und seinen Menschen«

(und die Quittung der Nachweis zum Absetzenvon Steuern beim deutschen Finanzamt).

„Fingerabdruck hinterlassen”

Spendenkäuflich zu haben sind beim KKL auchBons, die zur eigenhändigen Baumpflanzung inIsrael berechtigen:

»Hinterlassen Sie Ihren persönlichen Finger-abdruck in Israel — pflanzen Sie mit eigenenHänden einen Baum. Gutscheine für Baum-pflanzungen, die Sie bei Ihrer Israelreise ein-lösen können, stellt Ihnen jedes Büro des Jü-dischen Nationalfonds aus.«

Werbung desKKL-JüdischerNationalfondsin England

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132 Vierter Abschnitt

Vornehmlich in jüdischen Medien wirbt der Na-tionalfonds—KKL unter der Schlagzeile „Israelals Erben” ferner für den Abschluss von Testa-menten zugunsten Israels:

»Ihre Verbundenheit mit dem jüdischen Volkbringen Sie damit auch in Zukunft dauerhaftzum Ausdruck. «

Am Rande der Negev-Wüste, bei Beer Schewa,gibt es seit 1991 einen „Wald der deutschenLänder”, der mit Geldern mehrerer Bundeslän-der angepflanzt worden ist. Die Schirmherrensind:

Kurt Beck (Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz),Eberhard Diepgen (Ex-Regierender von Ber-li n),Hans Eichel (Bundesfinanzminister, Ex-Mini-sterpräsident von Hessen),Johannes Rau (Bundespräsident; Minister-präsident a. D. von NRW),Bernhard Vogel (Ex-Ministerpräsident vonThüringen).

Auch die Oberbürgermeister zahlreicher Städte,darunter— Erfurt (Manfred Auge),- Frankfurt am Main (Petra Roth),- Mainz (Jens Beutel),— Nürnberg (Peter Schönlein),sind Wald-Patrone in Israel, seitdem aus denKämmereien ihrer Kommunen beachtliche Sum-men zur Begrünung des Judenstaates zur Ver-fügung gestellt wurden. Neuerdings ist auchLeipzig mit von der Partie. Bürgermeister HolgerTschense überreichte 2003 zehntausend Eurofür das KKL-Projekt im Norden des Negev.Der israelische „Willy-Millowitsch-Wald” wie-derum ist eine Gabe des Kölner Ablegers derGesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammen-arbeit und, als Schirmherr, des kölnischenOberbürgermeisters Fritz Schramma. Der Namedes rheinischen Spaßmachers stehe „für Tole-ranz und Kampf gegen fremdenfeindliche Ten-denzen”, hieß es bei der Taufe des Hags. Mil -

lowitsch hatte mitten in der Hitlerzeit, 1940,die Führung der NS-staatlich reichlich geförder-ten Volksbühne seiner Familie in der deutschenDomstadt übernommen. Er starb hochbetagt1999. So war es ihm nicht mehr vergönnt, „sei-nen” Wald in Israel zu erleben.

„Wahres Wunder in der Wüste”

Der KKL applaudiert seiner eigenen Aktion „Fürein grünes Israel”. Sie sei ein

»wahres Wunder, das neues Leben in derWüste weckt, ein Beitrag für das friedlicheZusammenleben, lebendiges Symbol der Völ-kerverständigung«.

Kritiker allerdings wenden ein, dass den Paläs-tinensern in den besetzten Gebieten das ihnenohnehin streng rationierte Wasser noch mehrabgegraben werde, wodurch das Elend dortwachse, auch die Wut und die Gewalt, so dassder Terror neuen Nährboden finde.Nach Erlöschen seiner Arbeit in den Jahren derHitlerdiktatur breitete sich das KKL-Netzwerk inDeutschland ab 1952, dem Jahr der hiesigenWiedergründung, abermals aus.Auf den Internetseiten der KKL-JNF Deutsch-land heißt es:

»Der Hauptsitz der gemeinnützigen Organisa-tion ist Düsseldorf. Büros sind in München,Frankfurt, Berlin und Düsseldorf. Rund16 000 Spender in Deutschland unterstützenden Jüdischen Nationalfonds regelmäßig.«

Yehiel Leket, der auch der Knesset, dem israe-lischen Parlament, angehört, ist Weltvorsitzen-der des KKL; die Hauptzentrale liegt in Jerusa-lem. Dem KKL-Jüdischer Nationalfonds inDeutschland steht Benjamin Bloch vor. Er istJahrgang 1943, gebürtiger Jerusalemer, Vor-standsmitglied der jüdischen Gemeinde inFrankfurt am Main und Verwaltungsrat derRothschild'schen Stiftung.2001, bei der deutschen Hundertjahrfeier desKKL in Berlin mit Gala-Diner für 200 Ehrengäste

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Weitere Maschen im Netz 133

(und natürlich blau-weißer Spendenbüchse), un-terstrich Israels Botschafter Shimon Stein diehervorragende Bedeutung der Organisation fürden jüdischen Staat. Michel Friedman zähltebei dieser Gelegenheit die Leistungen des KKLzu den „Errungenschaften der Zivilisation”, wel-che von palästinensischem Terrorismus bedrohtseien. Und über den Auftritt von Bundesinnen-minister Otto Schily (Schwiegersohn des jüdi-schen Partisanen im Zweiten Weltkrieg JindrichChajmovic) bei der Festlichkeit notierte die „All-gemeine Jüdische” am 25. Oktober 2001:

»Er erinnerte sich, wie er einst selbst einenBaum gepflanzt hatte. „Es gibt nichts Schö-neres, als einen Baum zu pflanzen — etwas,das über das eigene Leben hinausreicht.”Der SPD-Politiker würdigte den KKL als gro-ße Erfolgsgeschichte des Staates Israel. Erversicherte „unzerbrüchliche (sic!) Freund-schaft und Solidarität mit dem jüdischenStaat".«

Aufmarsch der ProminentenAuch bei Spenden-Galas und Benefiz-Diners,kurz: „Geldaufbringungsaktionen” — so die „Is-rael Nachrichten”, 4. Februar 2000 -, einer an-deren bedeutsamen Organisation des proisrae-lischen Netzes, der WIZO (Women's Internatio-nal Zionist Organization), ist regelmäßig eingroßer Auftrieb Prominenter zu beobachten.Beispielsweise berichtete die „Allgemeine Jü-dische” in ihrer Ausgabe vom 26. September2001:

»Zum „Rosenball” hatte die Kölner WIZOeingeladen und zu der Benefiz-Gala warenmehr als fünfhundert Gäste gekommen. Da-runter zahlreiche prominente Namen wieShimon Stein, Botschafter des Staates Isra-el, Zentralratspräsident Paul Spiegel, dieFernsehmoderatoren Alfred Biolek und HansMeiser sowie Vertreter aus der Kölner Politikund Wirtschaft. Der Ball stand unter der WIZO im Internet

Schirmherrschaft von Christina Rau, der Fraudes Bundespräsidenten, die ebenso wie dernordrhein-westfälische MinisterpräsidentWolfgang Clement ein Grußwort geschickthatte.«

Als wohltätigen Zweck des „Rosenballs” be-zeichneten die WIZO-Organisatoren Judith Levyund Rosie Kuper die Spendenbeschaffung fürdas israelische Seniorenzentrum in Herzlija. Esheißt „Bet Heuss” — nach dem ersten Bundes-präsidenten. (Der vorerwähnte Biolek übrigensbekundete gelegentlich, zwar selbst kein Judezu sein, doch zu glauben, dass „irgendwo inder Familie jüdisches Blut sein muss".)

»Benefiz mit Starbesetzung. Prominente un-terstützen Projekt«,

lauteten Schlagzeilen im Organ des Zentralratsam 6. November 2002 über eine kurz zuvor ab-gehaltene Frankfurter WIZO-Veranstaltung. Die-se wurde gesponsert u. a. vom PrivatbankhausSchroders und dem Hilton-Hotel. Durch denbunten Abend leitete TV-Moderatorin SonyaKraus, welche sich mit dem Ruf einführte:

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134 Vierter Abschnitt

»Ich empfinde das als eine große Ehre. Ichhabe mein Herz an Israel verloren.«

Aus dem Bericht der „Jüdischen Allgemeinen”über die Zusammenkunft:

»Immerhin rund zweihundertachtzig Gästekamen in den Saal des Hilton-Hotels, um diejährliche Gala der WIZO-Organisation Frank-furt zu erleben und ihre Solidarität vor allemmit Kindern in Israel zu zeigen. Eine Kartefür die Gala kostete immerhin einhundert-fünfzig EURO.«

„Für die meisten Gäste”, fuhr die „Allgemeine”fort,

»unter ihnen mit Paul Spiegel, Michel Fried-man, Salomon Korn und Dieter Graumannnicht nur fast die Hälfte des Präsidiums desZentralrats, sondern auch weitere bekannteGesichter wie StadtverordnetenvorsteherKarlheinz Bührmann, Pröpstin Helga Tröskenund der frühere Frankfurter Oberbürgermeis-ter Andreas von Schoeler«,

sei es bei der Entrichtung des Eintrittspreisesnicht geblieben. Habe es doch auch in diesemJahr gegolten, möglichst viele Patenschaftenfür israelische Kinder zu vermitteln.

»Für 500 Euro konnten die Anwesenden ei-nem Kind aus armen Verhältnissen oder zer-rütteten Familien in Israel den Aufenthalt ineiner WIZO-Kindertagesstätte ermöglichen... Insgesamt sammelten die WIZO-Damendreihundertzweiundzwanzig Patenschaften äfünfhundert Euro.«

Überhaupt, so zitierte die „Allgemeine” Andre-as von Schoeler („einen der treuen Besucherder Gala"), sei man „aus Solidarität mit Israel”anwesend. Von diesem Frankfurter SPD-Stadt-oberhaupt außer Diensten, Träger mancher is-raelitischer Auszeichnungen wie etwa des Sil-bernen Ehrensiegels der Gemeinde in„Mainhattan”, stammt übrigens das von der

„Frankfurter Rundschau” am 12. November1992 überlieferte einprägsame Wort:

»Auschwitz ist Deutschlands Vergangenheit,Gegenwart und Zukunft.«

Auch die WIZO-Hauptveranstaltung 2003 in derdeutschen Hauptstadt war, wie die Organisati-on per Internet mitteilt, „ein großer Erfolg”:

»In Scharen strömten Besucher zum diesjäh-rigen WIZO-Basar in das Haus der JüdischenGemeinde zu Berlin ... Der Andrang derGäste, unter denen neben den Gemeindemit-gliedern zahlreiche Persönlichkeiten aus derPolitik, dem Wirtschafts- und Kulturleben zusehen waren, war groß.«

Sowohl der Regierende Bürgermeister KlausWowereit (SPD) als auch sein Vorgänger Eber-hard Diepgen (CDU) hätten sich

»vergnügt unter das Publikum gemischt undden Trubel sichtlich genossen«.

Diepgen, „altbewährter WIZO-Freund”, habedie Kunstversteigerung geleitet und Ernst Cra-mer sei mit der „WIZO-Herrennadel” geehrtworden. (Cramer ist der bereits eingangs diesesBuches beschriebene wichtigste Jude im Füh-rungsgefüge des proisraelischen Springer-Me-dienkonzerns.)Der Erlös des Berliner WIZO-Basars ging übri-gens ebenfalls an mildtätige Projekte in Israel. -Sehr aktiv ist auch die Münchner WIZO. „All-gemeine Jüdische” vom 5. August 1999:

»Die Münchner Sektion der Organisation för-dert eigene Projekte in Israel. Dabei erfahrendie engagierten Frauen der Wohltätigkeits-organisation auch Hilfe aus der MünchnerBevölkerung. Seit Jahren gibt es einenFreundeskreis, dem die frühere „First Lady”der Stadt und heutige LandtagsabgeordneteHildegard Kronawitter mit viel Elan vor-steht.«

Laut der eben zitierten Ausgabe des Zentral-ratsblatts zieht sich wie ein Leitfaden durch dieArbeit von WIZO das Motto:

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Weitere Maschen im Netz 135

»Anderen helfen und selbst dabei viel Freudehaben.«

„Riesiges Netzwerkmannigfaltiger Projekte”

Wie wichtig die Unterstützungsarbeit geradefür den Nachwuchs im jüdischen Staat sei, sodie „Allgemeine” weiter, habe Ruth Tamir, WI-ZO-Exekutivmitglied aus Israel, folgendermaßenbegründet:

»In Israel leben ungefähr 187 000 vernach-lässigte oder misshandelte Kinder.«

Am 24. April 2003 wurde im Zentralratsblattdie langjährige Vorsitzende von WIZO Deutsch-land, Lala Süsskind, mit ihrem Hinweis auf die

»schwierige wirtschaftliche Situation in Isra-el, wo immer mehr Kinder unterhalb der Ar-mutsgrenze leben«,

zitiert. Frau Süsskind weiter:»Das bedeutet nichts anderes, als dass vielevon ihnen tatsächlich nicht genug zu essenbekommen. Hätten Sie gedacht, dass es je-mals so weit kommt?«

Und am 31. Juli 2003 berichtete die „JüdischeAllgemeine”:

»Rund vierzig Prozent der Tel Aviver könnensich nach Angaben des OberbürgermeistersRon Huldai nicht einmal die Grundnahrungs-mittel leisten. Hauptleidtragende dieser Ent-wicklung seien vor allem Kinder.«

Die Women's International Zionist Organization,WIZO, wurde 1920 in London als Zweig der zio-nistischen Bewegung geschaffen. Als eigentli-che „Gründungsmutter” gilt Rebecca Sieff(1890-1966), Tochter des jüdischen Gemischt-warenhaus-Kings Michael Marks und Gattinvon Israel Sieff, einem engen Vertrauten vonChaim Weizmann, dem Oberhaupt des Weltzio-nismus. Die Lady sei

»mit Liebe für ihr Volk erfüllt«

gewesen, schrieb die „Allgemeine Jüdische”am 2. August 1990 zum 70. Jahrestag der WI-ZO-Gründung über diese

»Führerin, Vorkämpferin, heldenhafte jüdi-sche Frau«.

Rebecca Sieffs Pionierarbeit sei es zu verdan-ken, dass WIZO heute

»ein riesiges Netzwerk mannigfaltiger Pro-jekte«

betreiben könne.Die Zahl der WIZO-Mitarbeiter soll weltweitbei 250 000 liegen. Die Zentrale befindet sichseit 1949 in Israel. WIZO bildet einen Teil derWorld Zionist Organization (WZO) und gehörtauch dem World Jewish Congress an.

„Unser Fokus liegt auf Israel”»WIZO ist eine der wichtigsten sozialen In-stitutionen in Israel. Ohne sie gäbe es großeLücken in der sozialen Betreuung der israe-lischen Gesellschaft. Wir versuchen auch,das Band zwischen Judentum in aller Weltund dem Staat Israel zu festigen.«

So stellt sich die WIZO Föderation Deutschlande. V. auf ihrer Internetseite vor. Das hiesige zio-nistische Frauennetzwerk wurde erstmals ab1929 geknüpft; 1960 nahm man den Faden wie-der auf. Als neue Präsidentin wurde im Mai2003 Rachel Singer von vierzig Delegierten ausganz Bundesdeutschland gewählt. Ihre langjäh-rige Vorgängerin Lala Süsskind hat sich gemäß„Jüdischer Allgemeiner” vom 24. April 2002 zu-letzt sehr grimmig über ihres Erachtens mangel-hafte Präsenz jüdischer Gemeindemitglieder beiSolidaritätsaktionen für Israel geäußert:

»Ich finde es erbärmlich. Wir sollten wirklichaktiver werden!«

Als Stellvertreterinnen im Vorsitz von WIZO-Deutschland wirken Michal Gelerman und Dia-na Schnabel, die Schatzmeisterei obliegt EstherSharell, Simone Graumann dient als Schriftfüh-rerin. Weitere Vorstandsmitglieder sind Mirjam

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136 Vierter Abschnitt

Kon, Jenny Sommer, Aviva Steinitz und LilianTichauer.

»Unser Fokus liegt bekanntlich auf Israel«,betonte Frau Singer in einem Gespräch mit der„Jüdischen Allgemeinen” (13. August 2003).Weiter bekundete die bundesrepublikanischeWIZO-Chefin:

»Unsere Aufgabe ist hauptsächlich das Fund-raising, also das Sammeln von Spendengel-dern ... Unser größtes Kapital ist unsereFrauenpower.«

Nicht zu verwechseln ist WIZO mit anderen jü-dischen Frauenorganisationen wie etwa „BetDebra”, der 1999 gegründeten „jüdischen Frau-eninitiative”, die alljährliche Kongresse von„Rabbinerinnen, Gemeindepolitikerinnen, jüdi-schen Aktivistinnen und Gelehrten” durchführt;z. B. 22.-25. Mai 2003 in Berlin (mit Förderungdurch die Konrad-Adenauer-Stiftung, das Bun-desministerium für Familie, Senioren, Frauenund Jugend und das Kulturamt Berlin-Pankow).Weiter gibt es das nicht zu WIZO gehörendeProjekt „Netzwerk jüdischer Frauen”, initiiertvon Gabriele Noa Lerner, Chefin einer Internet-agentur, und Ewa Alfred, einer Rechtsanwältin.Auch dieses erfreut sich der Förderung durchBundesmittel. Noa Lerner berichtete in der „Jü-dischen Allgemeinen” vom 9. Oktober 2002:

»Das Bundesministerium ist uns seit zweiJahren bei der Vorbereitung sehr behilflich.

Sie haben mit uns zusammen die nötigen Fi-nanzpläne erstellt und gewähren uns groß-zügige finanzielle Unterstützung: SämtlicheVortragshonorare, Reise- und Unterbrin-gungskosten für die Referentinnen sowie dieVerpflegungskosten.«

Beim ersten Kongress dieser Gruppe, Berlin 13.Oktober 2002, referierten u. a. Charlotte Knob-loch, Vizepräsidentin des Zentralrats (Thema:„Eigene Erfahrungen auf der Karriereleiter"),und Deidre Berger, Direktorin des American Je-wish Committee. Sie sprach über

»Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwi-schen deutschen und amerikanischen Netz-werken.«

„Zur Finanzierung desStaatshaushalts”

„Geldaufbringungsaktionen” für den jüdischenStaat sind auch Passion, vor allem aber Profes-sion der Unternehmung „State of Israel Bonds”(Israel-Entwicklungs-Staatsanleihe) mit Steue-rungszentrale in Jerusalem, zweitem HauptsitzNew York und Zweigstellen in 23 weiteren Län-dern, darunter Frankfurt/Main und Wien. DieSelbstdarstellung lautet:

»State of Israel Bonds ist eine dem israe-lischen Finanzministerium unterstehende Or-ganisation. Seit über 50 Jahren vertreibenwir Staatsanleihen. Für den Bestand der An-leihen haftet der Staat Israel. Wir unterstüt-zen die wirtschaftliche Entwicklung in einemLand, dessen Hightech-Industrie zur Welt-spitze gehört. Diese ehrgeizigen Projektemüssen finanziert werden. Hierbei haben wiruns in über fünf Jahrzehnten als kompeten-ter und zuverlässiger Partner erwiesen.«

In einer anderen Werbung für die Bonds heißtes:

»Mit Ihrer Investition finanzieren Sie die im-mensen Einwanderungs-, Bildungs- und High

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Weitere Maschen im Netz 137

Tech-Projekte in Israel. Auch als Geschenkgeeignet. Ab 250 US-Dollar sind Sie dabei!«

Bei einer Veranstaltung traten im Mai 2003 inBerlin Israels Botschafter Shimon Stein und derDeutschlanddirektor der Israel-Bonds, ArnonKozlov (der auch führend im Rabbiner-Ausbil-dungsverein Or Torah Stone tätig ist), gemein-sam auf. Motto des Abends:

»Israel Bonds — Ein Instrument zur Finanzie-rung des israelischen Staatshaushaltes.«

Israel Bonds Österreich wirbt im Internet mitdem Hinweis auf dreistellige Millionen-Dollar-Beträge, die von österreichischen Großbankenfür die gute Sache mobilisiert worden seien. Is-rael Bonds Deutschland versucht im Internet inteils gewöhnungsbedürftigem Deutsch Vertrau-en zu erwecken:

»Israel ist eine der führenden „high-tech-nology” Nationen in der Welt mit dem größ-ten Anteil von ausgebildeter und vernetzterBevölkerung am Computer auf diesem Plane-ten ... Hollywood-Größen haben sich nie-mals mit ihrer Unterstützung Israels zurück-gehalten. Über die Jahre sind einige derschillerndsten Persönlichkeiten der Leinwandin Filmen aufgetreten, um ihre Unterstützungdes jüdischen Staates zu dokumentieren ...Fazit: Israel Bonds hält die Hoffnung Israelslebendig und am wachsen.«

In einem ausführlichen Artikel mit den Schlag-zeilen:

»Mehr als nur eine bloße Geldanlage — FürJuden bedeuten die Staatsanleihen die Si-cherung des Gelobten Landes«

hatte das Zentralratsblatt „Allgemeine Jüdi-sche” am 13. Juli 1995 die Israel Bonds vor-gestellt. Zitiert wurde Shmuel Schacham, derdamalige Direktor des Geldaufbringungsnetzesin Deutschland:

»Diese Anleihen des Staates Israel seien na-türlich keine Versicherung im üblichen Sinne,räumt er ein. Eine „Versicherung” sind siefür die Juden in aller Welt, die mit den An -

leihen das Gedeihen von Eretz Israel unter-stützen. Damit schaffen sie für sich und ihreNachkommen „eine Zuflucht, sollten einesTages wieder schlimme Zeiten anbrechen".«

Schacham berichtete bei dieser Gelegenheitüber geradezu fanatisch israelophile deutscheKunden. „Allgemeine”:

»Ein hoher Prozentsatz der Anleihenkäufersind Christen. Sie machen immerhin 50 Pro-zent unter den Privatgläubigern aus. Scha-cham berichtet von „ergreifenden Szenen”,von Menschen, die er geradezu überredenmüsse, nicht ihre ganzen Ersparnisse inBonds anzulegen. „Sie wollen unter allenUmständen etwas Gutes für unser Land tunund nehmen sogar gern die Papiere mit denfür sie schlechtesten Konditionen in Kauf”... Dabei spiele bei den Deutschen, so zu-mindest seine Erkenntnis, nicht das Gefühlder Schuld eine Rolle, sondern die Einsicht,dass Israel unbedingt ein starker Staat seinmüsse.«

Möllemann mobilisiert

Die Kritik des später, 2003, bei einem Fall-schirmsprung auf nicht geklärte Weise zu Todegekommenen Vorsitzenden der Deutsch-Ara-bischen Gesellschaft, Vizekanzlers a. D., Ex-Bun-desministers und FDP-Führungsfunktionärs Jür-gen Möllemann am Vorgehen des jüdischenStaates gegen die Palästinenser sowie seinverbaler Schlagabtausch mit Zentralratsvize Mi-chel Friedman spornten 2001 /2002 Israelfreun-de aus dem bundesrepublikanischen Judentumund ihre engsten Partner an, Deklarationen mitListen von Unterzeichnern zu veröffentlichen,was aus dieser Richtung eigentlich eher seltenist.Angeheizt wurde das Meinungsklima zusätzlichdurch die scharfe Kontroverse zwischen demdeutschen Schriftsteller Martin Walser unddem jüdischen Publizisten Marcel Reich-Ranicki

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138 Vierter Abschnitt

(zur NS-Zeit: Chefübersetzer des Judenrates inWarschau, nach 1945: Offizier des kommunisti-schen polnischen Geheimdienstes, in der Bun-desrepublik: „Literaturpapst").Da gab es beispielsweise eine „Frankfurter Er-klärung” mit der Präambel:

»Insgesamt 31 Israel und dem Judentumnahe stehende Organisationen aus Frankfurtund dem Rhein-Main-Gebiet haben auf Ini-tiative der Deutsch-Israelischen Gesellschaft,Arbeitsgemeinschaft Frankfurt, jetzt eine„Frankfurter Erklärung für Israel” unterzeich-net. Die Verabschiedung der Proklamationfand am 6. Mai 2002 in Anwesenheit derFrankfurter Oberbürgermeisterin Petra Rothund des Gesandten der Botschaft des Staa-tes Israel, Mordechay Levy, statt.«

Die Solidaritätsadresse für Israel gipfelte inden Worten:

»Uns geht es nicht darum, „Ausgewogen-heit” zu erzeugen. Wir sind parteiisch, ohnedie jeweilige Tagespolitik zu meinen. Wirsind für Israel und wir wollen Israel Stimmegeben.«

Die Unterzeichner der „Frankfurter Erklärung fürIsrael” waren:

Akim DeutschlandBank LeumiDeutsch-Israelische Gesellschaft FrankfurtDeutsch-Israelische Gesellschaft MainzFörderverein LichtigfeldschuleFrankfurter Bne-Brit(B'nai B'rith)-LogeFranz-Oppenheimer-GesellschaftFreunde der Bar-Ilan-UniversitätFreunde der Hebräischen Universität Jeru-salemGesellschaft für Christlich-Jüdische Zusam-menarbeit Bad HomburgGesellschaft für Christlich-Jüdische Zusam-menarbeit FrankfurtGesellschaft für Christlich-Jüdische Zusam-menarbeit HochtaunusIsraelisches Verkehrsbüro

Jewish AgencyJüdische Gemeinde FrankfurtJüdische Gemeinde Bad NauheimJüdische Gemeinde-ZeitungJüdischer NationalfondsKeren Hayesod DeutschlandKinder- und JugendalijaMakkabi FrankfurtSeminar- und Gedenkstätte B. PappenheimUnited Mizrachi BankVerein Jüdischer AkademikerZentralwohlfahrtsstelle der JudenZionistischer Verband Deutschland

Die Listen des JudaistenSchon Ende Dezember 2001 hatte es sozusageneine Mobilmachung proisraelischer Kräftedurch den Judaisten Prof. Dr. Karl E. Grözingergegeben. Man wandte sich in einem „OffenenProtestbrief” gegen die „FAZ-Sonntagszeitung”,die wegen

»einer Reihe von gegen das Judentum undIsrael gerichteten Artikeln, die an die fins-tersten Zeiten des Antisemitismus erinnern«,

gegeißelt wurde. Auch einen Artikel des Blat-tes über Möllemann rechnete man dazu. Als„reine antisemitische Propaganda” kam denUnterzeichnern von Grözingers Liste beispiels-weise folgende „FAZ"-Aussage vor:

»Israel ist keine soziale Gemeinschaft, diemit sich und der Welt in Frieden lebt.«

Ihren Namen unter den Offenen Anti-FAZ-Briefsetzten u. a.:

Dr. Elio AdlerDr. Kristlieb AdloffRechtsanwalt Hermann AlterShoshona Alter (Herausgeberin der „Frank-furter Jüdischen Nachrichten”)Prof. Dr. Friedrich BattenbergProf. Dr. Hans Peter BenöhrLandesrabbiner Dr. h. c. Joel BergerDr. Monika Bernett

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Weitere Maschen im Netz 139

Mit diesem Wahl-kampfflugblatt wirbel-te Möllemann vielStaub auf.

Wolf Biermann (der Sänger)Dr. Alexander Brenner (Chef der jüdischenGemeinde Berlin)Prof. Dr. Michael BrockeProf. Dr. Wolfgang CastritiusProf. Dr. Elisabeth EngelsJochen Feilcke (Vizepräsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft)Jörg FiebelkornProf. Dr. Peter FiedlerProf. Dr. Winfried FreyRechtsanwalt Nathan GelbartRalph Giordano (der Schriftsteller)Dr. Bernard GofmanDr. Hans-Michael HaußigProf. Dr. Alfred HaverkampProf. Dr. Arno HerzigDr. Matthias Heyl

Dr. Gabriel IränyiDr. Andreas KainKrzystof KrawczykRon KrauszDr. Eleonore LappinProf. Dr. Hermann LichtenbergerDr. Hanna LissDr. Anna-Ruth LöwenbrückProf. Dr. Jürgen LottD r. Peter MevesNathan MilgromRabbiner Dr. Andreas NachamaPhilipp von der OstenProf. Dr. Peter von der Osten-SackenKarl Pfeifer (der Journalist aus Wien)Lea Rosh (die Rundfunk- und Fernsehjourna-listin)Rabbiner Walter Rothschild

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140 Vierter Abschnitt

Rabbiner Dr. Chaim RozwaskiDr. Irene RungeProf. Dr. Julius H. SchoepsArkadi SchneidermannProf. Dr. Martin StöhrArthur Süsskind (Vorsitzender der jüdischenRepräsentantenversammlung Berlin)Lala Süsskind (langjährige WIZO-Vorsitzen-de)Prof. Dr. Barbara VogelAndreas C. Wankum (Chef von Keren Haye-sod Deutschland)Moishe WaksProf. Dr. Peter WeltenProf. Dr. Markus H. WenningerProf. Dr. Thomas WilliProf. Dr. Hans D. Zimmermann

„An aufrechte Demokraten”

»An alle Mitglieder der Jüdischen Gemeindezu Berlin, Freunde und aufrechte Demokra-ten«

erging Ende Mai 2002 ein»Aufruf zur Demonstration gegen den Ver-such der FDP, mit antisemitischen ParolenWahlpropaganda zu machen«.

Die Manifestation lief am 5. Juni 2002 in Berlinvor der FDP-Zentrale, dem Thomas-Dehler-Haus, -mit dem Chef der Berliner Jüdischen Ge-meinde, Dr. Alexander Brenner, als Hauptred-ner ab.Folgende Organisationen gehörten zu den Un-terzeichnern des Aufrufs:

Jüdische Gemeinde BerlinWIZOAmerican Jewish CommitteeBBYOBündnis gegen Antisemitismus und Antizio-nismusDeutsch-Israelische Gesellschaft, Arbeits-gemeinschaft BerlinFörderkreis „Magen David Adom”

Gesellschaft für christlich-jüdische Zusam-menarbeit in BerlinJanusz-Korczak-LogeJüdischer StudentenverbandJüdischer Kulturverein BerlinJugendzentrum „Olam”Keren HayesodKeren Kayemeth Lelsrael — Jüdischer Natio-nalfonds„Kesher” — Israelis in BerlinOrganisation jüdischer Ärzte und Psycho-logenRaoul-Wal lenberg-LogeSimon-Dubnow-LogeTUS MakkabiZionistische Jugend DeutschlandZionistische Organisation Deutschland.

Folgende Persönlichkeiten gingen mit ihrer Un-terstützung besagten Aufrufs an die Öffentlich-keit:

Bärbel Bohley,Gerhard Duckwitz,Margot Duckwitz,Rainer Duckwitz,Thomas Fröhlich,Lilo Fuchs,Franziska Havemann,Katja Havemann,Dr. Irma Jung,Eva Kastl,Jörg Kastl,Marianne Kewenig,Erika Kirchhoff,Ina Landmann,Dr. Jürgen Landmann,Doris Liskow,Marco Martin,Marlies Menge,Joachim Nehls,Sabine Nehls,Hildigund Neubert,Karla Pulat,Dr. Peter Raue,

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Weitere Maschen im Netz 141

Lea Rosh,Bella Safyan,Rosemarie Schrank,Wolfgang Schrank,Jakob Schulze-Rohr,Dr. Adolf von Wagner,Heide von Wagner,Udo Walz.

„Konsens unserer Gesellschaft”

In halbseitiger Aufmachung erschienen in Blät-tern wie der „Süddeutschen Zeitung” am 21.Juni 2002, als die Möllemann/Friedman- unddie Walser/Reich-Ranicki-Kontroverse neuenHöhepunkten entgegenstrebte, „Solidaritäts-anzeigen” folgenden Wortlauts:

»In den letzten Wochen werden in politi-schen und literarischen Debatten zunehmendAnschauungen öffentlich, die sich erneut an-tisemitischer Vorurteile bedienen. In dieserSituation erklären wir unsere Solidarität mitden jüdischen Bürgern unseres Landes. Wirverstehen ihre große Besorgnis. Jedem Res-sentiment gegenüber Juden und anderen ge-sellschaftlichen Minderheiten erteilen wireine deutliche Absage. Wir bleiben damitbei dem politischen und moralischen Kon-sens unserer demokratischen Gesellschaft,der aus der Verantwortung für die national-sozialistische Vergangenheit erwachsen ist.«

Zu den Unterzeichnern dieser Erklärung zähltenu.a..

Wolfgang Beck (Verlag C. H. Beck, Mün-chen),Günther Beckstein (CSU-Innenminister vonBayern),Rolf Boysen (Schauspieler),Hans Otto Bräutigam (Diplomat und Politiker,Justizminister in Brandenburg 1990-1999),Barbara Bronnen (Schriftstellerin, Tochterdes Literaten Arnolt Bronnen),

Barbara Diestel (Leiterin der KZ-Gedenkstät-te Dachau)Dieter Dorn (Intendant Bayerisches Staats-schauspiel),Heinrich Graf von Einsiedel (1994 auf derPDS-Liste in den Bundestag gelangter ehe-maliger Vizepräsident von Stalins „Natio-nalkomitee Freies Deutschland"),Norbert Frei (Historiker),Klaus Hahnzog (SPD-Abgeordneter),Hildegard Hamm-Brücher (Bundesministerina. D.),Thomas Harlan (Schriftsteller; Sohn des Re-gisseurs Veit Harlan),Hannes Heer (verantwortlich für Reemtsmas"Wehrmacht-Ausstellung"),Gert Heidenreich (Schriftsteller),Marianne Hoppe (Schauspielerin),Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Ex-Bundesjustizministerin),Jerzy Montag (MdB, Vorsitzender der Grü-nen in Bayern),Klaus G. Saur (K. G. Saur-Verlag; Sohn vonHitlers letztem Rüstungsminister Karl OttoSaur),Engelbert Siebler (Weihbischof),Klaus Staeck (Propagandagrafiker),Christian Ude (Oberbürgermeister von Mün-chen),Hans Jochen Vogel (Bundesminister a. D.,Ex-SPD-Chef),Hanna Wolf (SPD-Bundestagsabgeordnete),Wolfram Wette (Historiker).

Kurz darauf warteten 100 etablierte Medien-schaffende mit einer öffentlichen Verlautbarungtitels „Einspruch” auf. Hier ging es um

»Solidarität mit unserem Kollegen MichelFriedman, den Jürgen W. Möllemann rassis-tisch angegriffen und verletzt hat«

sowie gegen die von Möllemann bei seiner Is-rael-Kritik angeblich benutzten „alten antise-mitischen Klischees”. Unterzeichnet wurde der„Einspruch” von den ARD-Maßgeblichen

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142 Vierter Abschnitt

Hartmann von der Tann,Siegmund Gottlieb,Manfred Krupp,Petra Lidschreiber,Johannes Unger,Michael Zeiß,Elke Hermann.

Außerdem waren u.a. folgende weitere Me-dienpersönlichkeiten mit ihrer Unterschrift beim„Einspruch gegen Möllemann” vertreten:

ORB-Intendant Hansjürgen Rosenbauer,ARD-Hauptstadtstudioleiter Thomas Roth,Börsenmoderator Frank Lehmann,Jochen Siemens, Chefredakteur der „Frank-furter Rundschau”,Josef Joffe, Herausgeber der „Zeit”Hellmuth Karasek, Mitherausgeber des „Ta-gesspiegels”,Hannelore Hoger, Schauspielerin,Eva Demski, Autorin,Rosa von Praunheim, Filmemacher.

„Gegen Stimmmenfang imbraunen Sumpf”

»Stimmabgabe zu Gunsten der FDP bei derBundestagswahl überdenken. Gegen denStimmenfang der Liberalen im braunenSumpf.«

So lauteten die Überschriften einer Anti-Mölle-mann-Publikation zur Bundestagswahl 2002, inder es auftakts hieß:

» Wir, eine spontan zusammengetretene Ini-tiative besorgter Bürger, darunter auch tradi-tionelle FDP-Freunde, sind bestürzt über diejüngste Entwicklung innerhalb der FDP. Unterder Regie des Jürgen W. Möllemann wirdversucht, Stimmen aus dem braunen Sumpfzu gewinnen, indem antiisraelische und anti-jüdische Ressentiments unter dem Deckman-tel vermeintlicher Kritik an der israelischenRegierung und deren Ministerpräsident, ArielSharon, angesprochen werden. Die Unver-

brämtheit, mit der Möllemann dabei seinebereits bekannte Israelfeindlichkeit zutagetreten lässt und gleichzeitig historische Tat-sachen des Nahostkonfliktes bewusst igno-riert, stellt alles bisher Dagewesene in denSchatten.«

Zu den Unterzeichnern gehörten u. a.:Dr. Elio AdlerWolf-Dieter AdlhochAdriana Freifrau von BaillouDeidre BergerDr. Edna BrockeChaverim/Freundschaft mit Israel e. V.Couch Potatoes Fernsehproduktions GmbHUta DeichmannDeutsch-Israelische Gesellschaft Frankfurt/MainHenry DiamantDr. Aaron EckstaedtJan FeddersenProf. Dr. Winfried FreyRechtsanwalt Norman Nathan GelbartGesellschaft für Christlich-Jüdische Zusam-menarbeit HochtaunusDr. Dieter GraumannDr. Elvira GrözingerHaGalil onLineProf. Dr. Klaus HellerSchlomo JammerDr. Robert KaffeesiederElvira KaktussSusanna KalbTina KlugDr. Daniel Korn0. Kraigher/ Z. Kuhar von der Redaktion-NahostFocus.deDr. Hermann Kuhn, Vizepräsident BremischeBürgerschaftGudrun Landgrebe, SchauspielerinRechtsanwalt Wolff Lehmann-BodemMarek LieberbergProf. Andrej S. MarkovitsDr. Peter Meves

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Weitere Maschen im Netz 143

Pfarrer Hans-Jürgen MüllerPfarrerin Christiane MüllerRechtsanwalt Ron NiklasRenö Pollak, Zionistische Vereinigung Frank-furt/MainSanto ProfitaRaoul Wallenberg Loge/B'nai B'rith Berlin

Prof. Dr. Rolf RendtorffRachel SalamanderBärbel Schäfer, FernsehmoderatorinRachel SingerDr. Schimon StaszewskiProf. Dr. Othmar VöhringerBettina Zoerb

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Fünfter Abschnitt

Das Schilumim-Management

Jewish Claims Conference Inc.

Für die Gelder, die man sich von den Deutschenwegen der Verbrechen der Hitlerzeit holt, be-nutzt die offiziell zionistisch/israelische Seitedas alttestamentarische Wort „Schilumim”(Zahlungen). Man möchte jede Konnotation vonVergeben oder Verzeihen vermeiden, wie es imdeutschen Wort „Wiedergutmachung” mit-schwingt. Symptomatisch dürfte sein, dass derjüdische Leiter des Frankfurter Fritz-Bauer-Insti-tuts Micha Brumlik in seinem Beitrag „Holo-caust und Vergangenheitsbewältigung” für das„Neue Lexikon des Judentums” den AusdruckWiedergutmachung wegwerfend behandelt undals „schönfärberisch” bezeichnet, der Terminusbei Aleida Assmann/Ute Frevert („Geschichts-vergessenheit, Geschichtsversessenheit", Stutt-gart 1999) als „unerträglich verharmlosend” er-scheint und dass die jüdische Literatin LeaFleischmann in ihrem Buch „Dies ist nicht meinLand. Eine Jüdin verlässt die Bundesrepublik”(Hamburg 1980) schrieb:

»Gegen das Wort Wiedergutmachung hätteman sofort gerichtlich Einspruch erhebenund verbieten müssen, es im Zusammenhangmit den Judenverfolgungen zu nennen.«

Für die Eintreibung und Abwicklung der deut-schen Zahlungen, also für das Schilumim-Ma-nagement, zeichnet die eigens dafür geschaffe-ne Conference an Jewish Material Claimsagainst Germany Inc., kurz: Jewish Claims Con-ference (JCC) oder auch nur Claims Conference,verantwortlich. Sie arbeitet seit 1951/52, alsomehr als ein halbes Jahrhundert schon und da-mit fast vier Mal so lange, wie es eigentlich

höchstens vorgesehen war. Marilyn Henry, Ver-fasserin der offiziösen Geschichte der JCC,schrieb im „Aufbau” vom 22. August 2002,dass nach ursprünglicher Absicht schon 1965hätte Schluss sein sollen. Weiter:

»Es war niemals daran gedacht, aus derClaims Conference eine Dauereinrichtung zumachen. Noch in einer Veröffentlichung derJCC zum 20. Jahrestag ihrer Gründung hießes 1972, dass „die Lebensdauer der Confe-rence von Beginn an als begrenzt voraus-bestimmt” gewesen sei.«

Mahnmale — hier das von Bergen-Belsen — erin-nern an das Leid der grauenhaften NS-Judenver-folgung.

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Doch was Bundesfinanzminister Fritz Schäffer,der Adenauers Abmachungen der 50er-Jahremit Israel und der Conference kritisierte, weilsie nicht abschließend waren, vorausgesehenhatte, trat ein: Immer wieder erfolgten „letzteForderungen”, und, kaum waren sie erfüllt, wei-tere — nämlich „letzteste” (so ein sarkastischesWort von Nahum Goldmann). Goldmann, Schöp-fer des Schilumim-Systems, wurde allerdingszunehmend unwohl dabei. Vor seinem Tode (erstarb 1982) riet er zur Mäßigung, und er emp-fahl seinen Leuten, zur Abwechslung auch ein-mal Zeichen und Worte der Dankbarkeit an dieDeutschen zu richten.Auch von sozialdemokratischer Seite ist relativfrüh ein Schlussstrich unter das Schilumim-Ka-pitel gefordert worden. So äußerte SPD-ChefWilly Brandt, Regierender Bürgermeister vonBerlin, 1962:

»Da eine alsbaldige Beendigung der Wieder-gutmachung sowohl im Interesse der Bun-desrepublik als auch der Bundesländer liegt,habe ich meine zuständigen Kollegen imSenat von Berlin gebeten, sich in ihren Ge-schäftsbereichen für eine beschleunigte Ver-abschiedung eines Wiedergutmachungsab-schlussgesetzes einzusetzen.«

Das Brandt-Zitat ist der aufschlussreichenSchrift der Jewish Claims Conference „DieWiedergutmachung am Kreuzweg” (New York/Frankfurt am Main 1964) entnommen. Aller-dings lief unter Brandt als Kanzler, 1969-1974,Schilumim unvermindert weiter, und das Sys-tem erfuhr sogar Aufblähungen.Ein Ende ist auch heute, noch einmal drei Jahr-zehnte später, nicht in Sicht. Geirrt hat sich da-mit wohl auch der jüdische Historiker Prof. Dr.Julius H. Schoeps, der in seinem Buch von1986 „Über Juden und Deutsche” einem Kapi-tel die Überschrift gab

» Wiedergutmachung von NS-Verbrechen. Einhistorisches Werk vor seinem Abschluss«

und darin ausführte:»Die materielle Wiedergutmachung national-sozialistischen Unrechts ist ein Vorgang, dernahezu abgeschlossen ist.«

„Das kann man nichtzweimal verlangen”

In den frühen 90er-Jahren ist Schilumim bei-spielsweise um die Eintreibung von Forderun-gen an die Deutschen der Ex-DDR erweitertworden. Man machte geltend, dass die Regie-renden in Ostberlin zuvor stets jüdisch-israe-lische Wiedergutmachungsverlangen abgelehnthätten. Das trifft zu. Andererseits berichteteNahum Goldmann in seinem Buch von 1978„Das jüdische Paradox. Zionismus und Juden-tum nach Hitler”:

»So konnte ich eines Tages zu Adenauer sa-gen: „Sie erheben den Alleinvertretungs-anspruch für ganz Deutschland und erkennendie DDR nicht an. Dann seien Sie auch kon-sequent und zahlen für sie!” Nach mehr-monatigen Verhandlungen willigte er ein,und so bekommt heute ein aus Leipzig stam-mender Jude dieselbe Rente wie einer ausFrankfurt am Main.«

Somit hätten die Juden, fuhr Goldmann fort, ihrHauptargument verloren, von der DDR individu-elle Wiedergutmachung zu fordern. Was denverstaatlichten jüdischen Besitz auf DDR-Gebietbetreffe, so müsse man zugeben, dass die Er-träge von Staats wegen den dortigen jüdischenGemeinden für ein „zufriedenstellendes Bud-get” gegeben würden. Zusammenfassend hieltder eigentliche Baumeister des Schilumim-Netzwerkes fest:

»Natürlich hat die Bundesrepublik für dieDDR mitbezahlt. Für die Menschen in Leipzighat sie ebenso bezahlt wie für die Menschenin Frankfurt am Main. Das kann man nichtzweimal verlangen.«

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Dr. Nahum Goldmannals Chef des JüdischenWeltkongresses. Linksvon ihm: Jitzchak Ra-bin, der nachmaligeFriedensnobelpreis-träger, Attentatsopfer1995.

Kann man doch, wie die Schilumim-Zusatzfor-derungen nach der Wiedervereinigung 1990 ge-zeigt haben. Was Goldmann allerdings todes-halber nicht mehr erleben musste.In den 90er-Jahren geriet auch Österreich insSchilumim-Netz der JCC. Parlament und Regie-rung in Wien hatten zwar unter Hitler verfolg-ten Juden großzügig Altersruhe- und Opferent-schädigungsgelder bewilligt, sich aber stetszionistisch-israelischen Forderungen verweigert.Einzig war es zur Einrichtung eines Fonds imWerte von knapp sieben Millionen Dollar ge-kommen

»für die Zahlung von Entschädigung an Opferder NS-Verfolgung aufgrund von Religionund Rasse«,

den aber Österreich nicht allein schultern muss-te, sondern der anteilig auch von der Bundes-republik Deutschland getragen wurde.Wie bereits angedeutet, sollte man nicht ver-gessen, dass die Österreicher durchaus nichttaub waren für die Wiedergutmachungsbegeh-ren jüdischer Hitlerverfolgter. Am 20. November1994 las man in der Wiener „Kronenzeitung”

folgenden Text, den der österreichische Bot-schafter in Israel, Dr. Herbert Kroll, ein Viertel-jahr zuvor an das Außenministerium in Wiengesandt hatte:

»In Summe waren die zahlreichen Maßnah-men Osterreichs zugunsten abstammungs-mäßig Verfolgter seit 1945 wesentlich ein-drucksvoller, als es die Medien stets dar-stellen: So leben in Israel derzeit 5004Empfänger österreichischer Pensionen, derenAnspruchsberechtigung und Anrechnungs-zeitraum zum ganz überwiegenden Teil inder Sondergesetzgebung für abstammungs-mäßig Verfolgte begründet ist. Im Jahr 1993sind von Österreich nach Israel ca. 1,6 Milli-arden Schilling an Pensions- und Opferfür-sorge-Leistungen überwiesen worden. Fürabstammungsmäßig Verfolgte in der ganzenWelt leistete Österreich etwa sechsmal soviel: weltweit wurden 1993 ca. 8 MilliardenSchilling an ca. 30 000 abstammungsmäßigVerfolgte bzw. deren Ehegatten überwiesen.Derartige Leistungen an abstammungsmäßigVerfolgte werden seit Jahrzehnten erbracht,

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betragen insgesamt 200 bis 300 MilliardenSchilling und laufen in Milliardenhöhe proJahr.«

Am 19. Dezember 1962 unterzeichnete JCC-Chef Nahum Goldmann eine Erklärung, in dersich die Conference verpflichtete, keine wei-teren Ansprüche an Österreich zu stellen. Dieisraelische Schilumim-Expertin Prof. Nana Sagiberichtet in ihrem Wiedergutmachungsbuch:

»Als dann in den siebziger Jahren der Welt-verband der NS-Opfer und der Weltverbandösterreichischer Auswanderer zusätzlicheAnsprüche gegen Österreich erhoben, ant-wortete Kanzler Kreisky, der sich auf Gold-manns Verzichtserklärung stützte, mit einementschiedenen Nein.«

Nach dem Abtritt des herkunftsjüdischen BrunoKreisky als Bundeskanzler in Wien, 1983, wur-de Österreich dann doch peu ä peu weich ge-kocht. Und die Claims Conference reaktivierteihren Österreich-Zweig, Committee for JewishClaims on Austria (CJCA), der allerdings festans große Schilumim-Reich angeschlossenblieb: JCC-Chef Rabbi Israel Miller fungierte inPersonalunion auch als Präsident von CJCA.Wichtige Stationen auf dem Weg zu Schilumimaus der Alpenrepublik waren die Entsetzens-ausbrüche nach Wahlentscheidungen der öster-reichischen Bevölkerung: Die massiven Kam-pagnen gegen den zum Bundespräsidentengewählten Waldheim zum einen, jüdischerseitsorganisiert von Israel Singer, dem Weltkon-gress- und JCC-Führungsfunktionär, und dieEmpörung über die Erfolge der Haider-FPÖ zumanderen, wobei insbesondere der Präsident desBundes der Israelitischen Kultusgemeinden inÖsterreich, Ariel Muzicant (geb. 1952 in Haifa,1956 mit den Eltern nach Wien gekommen), derAlpenrepublik den Marsch blies. Immobilien-boss Muzicant ist auch Chef der Wiener Zwi-Perez-Chajes-Loge des weltumspannenden jüdi-schen B'nai B'rith-Geheimordens, welcher

wiederum zur Jewish Claims Conference ge-hört.Auch Albert Sternfeld, jüdischer Autor desSchilumim-Buches „Betrifft Österreich: Von Ös-terreich betroffen”, hat den Nexus zwischenWiedergutmachung aus Osterreich und „Wald-heim-Affäre” bestätigt. In einem Interview mitdem „Aufbau” (New York), Ausgabe vom 29.März 1996, sagte er:

»Ich darf erinnern: Die Claims ConferenceDeutschland hatte große Verdienste. DasAnhängsel, Claims Committee Österreich,hat mit Unterschrift Goldmanns im Dezember1962 für uns verzichtet. Dann war Pause,man wurde erst 1986 — Waldheim — wiederaktiv.«

Verdammt in alle Ewigkeit?»Wir verhandeln ständig weiter, um denKreis der Unterstützungsberechtigten zu er-weitern«,

sagte Claims-Conference-Generalsekretär Gide-on Taylor in einem Interview mit dem zionisti-schen „Aufbau” vom 22. Januar 1999, gewis-sermaßen den Schilumim-Aufbruch ins nächsteJahrtausend ankündigend. Auch werden stän-dig neue Abteilungen zum Durchsetzen und Ein-kassieren von Zusatzforderungen gebildet wieetwa die „International Commission on Holo-caust Era Insurance Claims” (ICHEIC), bei deres um das Eintreiben mehrerer Hundert Millio-nen Euro von deutschen Versicherungsunter-nehmen gegangen ist und an deren SpitzeLawrence Eagleburger, zuvor Mitglied der US-Regierung, agierte.Als das Schilumim-Management 2002 wiedereinmal „einen Etappensieg” vermelden konnte(das deutsche Bundesfinanzministerium verlieh,mit Wiedergutmachungskonsequenz, fünfzigweiteren Arbeitslagern — sie hatten sich zurKriegszeit in Rumänien, Ungarn, der Slowakei,Serbien, Kroatien, der Tschechei befunden, ei-

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nige auch in Afrika, nämlich Italienisch-Libyen— den Status der „Konzentrationslagerähnlich-keit"), schrieb der „Aufbau” am 21. März jenesJahres:

»Für die Claims Conference hat mit der Er-weiterung der Lagerliste eine neue Arbeits-phase begonnen, bei der laut Karl Brozik vonNeuseeland bis Alaska über Anspruchsforde-rungen informiert werden müsse.«

In diesem Artikel des „Aufbaus” wurde fernerbetont, dass es bei der Spürarbeit in SachenSchilumim

»immer wieder Entdeckungen größerer oderkleiner Art geben wird«.

Die Schlagzeile lautete:»Noch lange nicht zufrieden«.

Sollte also der jüdische Literat Maxim Biller zu-treffend menetekelt haben, als er am 23. Au-gust 1999 in der „Süddeutschen Zeitung”schrieb:

»Mit dem Holocaust kam ein Fluch über dieDeutschen. Denn der Holocaust ist ein ver-dammt großer schwarzer Schatten, der siebis in die Ewigkeit auf Schritt und Tritt ver-folgen wird, so wie Schatten es nun mal ansich haben.«?

Wenig später äußerte Rabbi Israel Singer vomJewish World Congress und der Jewish ClaimsConference (er bekräftigte die Aussage 2002):

»Einen Schlussstrich kann und darf es nie-mals geben. Deutschland wird für immer dieVerantwortung für die Verbrechen der Naziszu tragen haben. Deutschland hat eine blei-bende Verantwortung gegenüber dem jüdi-schen Volk und dem Staat Israel. Historischeund moralische Verantwortung werden nieverlöschen. Niemals.«

Am 23. April 2001 veröffentlichte das „Hambur-ger Abendblatt” eine Einlassung der Justiz-senatorin der Hansestadt Lore Maria Peschel-Gutzeit „gegen die Schlussstrich-Mentalität”.Frisch aus Israel zurück, wo sie an einer Kon -

ferenz zum Thema „40 Jahre Eichmann in Jeru-salem” teilgenommen hatte, schrieb sie:

»Unter dieses dunkelste Kapitel der deut-schen Geschichte, als aus unserem Volk,einstmals ein Volk der „Dichter und Denker”,ein Volk der „Richter und Henker” wurde,darf niemals ein Schlussstrich gezogenwerden! Hier besteht unsere fortwährendehistorische Verantwortung, die wir an dienachfolgenden Generationen weitergebenmüssen.«

Und bei allem Respekt vor der mnemotech-nischen Leistung der Jerusalemer Opfer- undHeldengedenkstätte (so die offizielle Titulatur)Jad Vaschem erscheint es doch unverhältnis-mäßig, wenn deren Direktor Avner Shalev for-dert:

»Ich halte es jedenfalls für notwendig, dieErinnerung an den Holocaust zu kanonisie-ren. Ich denke, dass dies für Deutschlandund die deutsche Gesellschaft sogar nochwichtiger ist als für uns«,

wie er es in einem Interview mit der „Frankfur-ter Rundschau” (3. Mai 2000) getan hat. Immer-hin bedeutet kanonisieren „heilig sprechen, insHeiligenverzeichnis, den Kanon, aufnehmen”.

„Zwölf Jahre nicht ewigerMaßstab”

Da wecken versöhnlichere Worte bei der Mehr-zahl der Deutschen gewiss wesentlich ange-nehmere Gefühle für die Juden. Beispielsweisejene des Ehrenpräsidenten des American Je-wish Committee, Theodore Ellenoff, der bei sei-ner Rede „Patriotismus und das ,Global Villa-ge i ”, Messe Frankfurt/Main, 20. Oktober 1993,sagte:

» Wenn eine ganze Nation positive Grund-empfindungen gegenüber dem eigenen Landverdrängt, kann dies abträgliche Folgen ha-ben wie bei einem Individuum. Eine solcheNation wird sich selbst und für die interna-

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Aus „Spiegel-Spezial "(„Juden und Deut-sche"), 1992. Seitherhat sich der von denDemoskopen ermittelteTrend noch verstärkt,insbesondere in derdeutschen Jugend.

tionale Gesellschaft zum Problem. Die jun-gen Deutschen tragen Verantwortung ange-sichts ihrer Geschichte, und sie sind zugleichverpflichtet, dieser Geschichte jene Traditio-nen zu entnehmen, die es ihnen erlauben,unbefangen und mit Stolz zu sagen: Ich binein Deutscher!«

Oder man denke an Professor Dr. HerbertWeichmann, den langjährigen sozialdemokrati-schen Bürgermeister von Hamburg, der als her-kunftsjüdischer Sozialdemokrat vor Hitler emi-griert war. In einer Rede im Rathaus derHansestadt am 17. September 1965 führte eraus:

»Auch zwölf Jahre eines verbrecherischenRegimes dürfen nicht zum ewigen Maßstabeines Volkes werden. Wunden der Vergan-genheit sollen nicht ewig bluten. Die Zeitgeht weiter.«

In seiner Ansprache zur Einweihung der KZ-Ge-denkstätte Neuengamme am 7. November1965 äußerte Weichmann:

»Uns, die wir überlebt haben, bleibt die Leh-re, wenn wir in dem Leben, das weitergeht,einen Platz finden wollen, nicht ewig zu has-sen, nicht ewig zurückzublicken und uns da -

durch selbst zum Gefangenen unserer Ver-gangenheit zu machen.«

Auch Theodor Wolff, der überragende deutsch-jüdische Publizist, nach dem der bekanntestebundesrepublikanische Journalistenpreis be-nannt ist, ließ sich nicht auf die Leimrute derKollektivverfluchung locken. Er schrieb mittenim Krieg (siehe: Bernd Sösemann, Hg., „Theo-dor Wolff. Ein Dokument aus dem Exil1942/43”, Königstein/Taunus 1984):

»Es ist absolut unwahrscheinlich, dass inDeutschland und in anderen Ländern jenersehr erhebliche Teil der Bevölkerung, der im-mer freundlich und ohne sichtbare Feindse-li gkeit mit den Juden zusammenlebte, dieRohheiten der Marterung und des Mordes,die Schamlosigkeit der Ausplünderung, dieEingebungen des Rassenhasses und die Er-findungen der Rassengesetzgebung ge-wünscht oder gebilligt hat.«

Gerade in diesem Zusammenhang ist vielleichtfür Deutsche wie Juden eine alttestamentari-sche Weisheit (Spr. Salom., 21,8) erinnerungs-würdig:

» Wer mit Schuld beladen ist, geht krummeWege.«

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Die Stiftung für die 10 MilliardenDer im vorhin zitierten „Aufbau"-Artikel er-wähnte Karl Brozik (Jahrgang 1926, geboren inBöhmen, zur Kriegszeit Zwangsarbeiter im La-ger Auschwitz, ab 5. Mai 1945 in Prag, bis1959 im Außenhandelsministerium der CSSRtätig gewesen, „wegen jüdischer Herkunft aus-geschieden”, 1969 nach Westdeutschland ge-kommen) tritt seit 1987 als Repräsentant derClaims Conference in der Bundesrepublik auf,die ihren Sitz als GmbH in Frankfurt am Mainhat. Ihm assistiert Stephan J. Kramer, zugleichGeschäftsführer des Zentralrats der Juden inDeutschland. Laut internem Geschäftsvertei-Iungsplan des Zentralratspräsidiums sind gleichzwei der neun Mitglieder für Fragen der ClaimsConference zuständig, Charlotte Knobloch undSalomon Korn, was für die Bedeutung desKomplexes spricht.In einem Interview Broziks mit der „BerlinerZeitung” vom 1. April 2000 ging es auch umdie Zahl der nach fünfeinhalb Jahrzehnten nochlebenden Überlebenden des Holocaust, als de-ren Sachwalter sich die JCC ja bezeichnet(heißt es doch in der JCC-Eigenwerbung:

»More than 50 Years Service to Holocaust-Survivors.«)

Laut Brozik hat die Claims Conference entspre-chende Berechnungen angestellt und

»kommt dabei auf noch heute 800 000 jüdi-sche Überlebende«.

Und in einem „Jungte World"-Gespräch vom21. Februar 2001 sagte der JCC-Repräsentantin Deutschland:

»Die Claims Conference hat nur einen Bruch-teil von dem zurückgefordert, was von denNationalsozialisten angerichtet wurde.«

Karl Brozik vertritt die JCC auch im Kuratoriumder 2000 gegründeten, für die Verteilung der10 Milliarden aus dem so genannten Zwangs-arbeiterfonds zuständigen Bundesstiftung „Erin-nerung, Verantwortung und Zukunft”. (Mit der

Auszahlung an Juden ist ebenfalls die JCC be-traut.) Vorsitzender des Kuratoriums der Bun-desstiftung ist Dr. Dieter Kastrup, enger Ver-trauter von Kanzler Gerhard Schröder. Vertreteretablierter Parteien,— Bernd Reuter von der SPD,- Volker Beck von den Grünen,- Wolfgang Bosbach für die CDU/CSU,- Max Stadler von der FDP,— Dieter Wiefelspütz von der SPD,sowie des Managements der Großunternehmen— Daimler Chrysler,- Allianz,- Deutsche Bank,— Siemensfindet man auch in der Kuratoriumsrunde. Zweidieser Konzerne weisen ein besonders starkesIsrael-Engagement auf. Über sie, Daimler-Chrysler und Siemens, hieß es in den „IsraelNachrichten” vom 25. Februar 2000:

»Der Stuttgarter Automobilhersteller istschon seit 1994 mit insgesamt 15 MilliardenDollar an israelischen Firmen über einenFonds beteiligt. In dessen Portfolio befindensich inzwischen 15 israelische High-Tech-Schmieden ... Siemens ist bisher an mehrals 50 Start-ups mit durchschnittlich 10 Pro-zent beteiligt. Zudem unterhält der Münch-ner Konzern gute Beziehungen zum For-schungszentrum Yissum an der HebräischenUniversität in Jerusalem, dem Weizmann-In-stitut in Rehovot und dem Technion in Hai-fa «

Und am 5. Februar 1999 hatte das Zionisten-blatt aus Tel Aviv geschrieben:

»Der Siemens-Konzern ist schon seit derMandatszeit in Israel tätig und hat dort seit1994 ein offizielles Vertretungsbüro, das die„Siemens Israel” gegründet hat, von Her-mann Kölle geleitet. Siemens ist derzeit ansechs israelischen Firmen beteiligt, an viervon diesen als Hauptaktionär und an Ornet(jetzt „Siemens Data Communication”) sogar

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zu 100 Prozent. Benjamin Navon, der frühereisraelische Botschafter in Bonn, ist der Re-präsentant von Daimler-Benz. Dieser Konzernerwarb für die deutsche Luftwaffe eine Ent-wicklung elektronischer Kampfsysteme zurStörung feindlicher Radaranlagen im Wertevon 150 Millionen Dollar von der israe-lischen Elta Electronics Ltd., einer Tochterge-sellschaft der Israel Aircraft Industries.«

Seit Mitte 1999 übrigens ist Godel RosenbergChefrepräsentant von DaimlerChrysler in Israel.Zuvor war er als Vorstandsmitglied der Israeliti-schen Kultusgemeinde München und CSU-Pres-sesprecher in Erscheinung getreten.

„Keiner von uns hält 10 Milliardenfür ausreichend”

Die USA, Polen, Russland, die Ukraine, Weiß-russland und die Tschechische Republik sinddurch amtliche Vertreter mit von der Partiebeim Kuratorium der Bundesstiftung „Erinne-rung, Verantwortung und Zukunft”. Der StaatIsrael sitzt in Gestalt von Meron Hacohen direktam Tisch der Milliardenverteiler. Für die so ge-nannten Klägeranwälte, die mit der Androhungruinöser Sammelklagen deutschen Unterneh-men „die Folterwerkzeuge gezeigt” hatten(Nachrichtenmagazin „Focus"), spricht dort BurtNeuborne aus den Vereinigten Staaten vonAmerika.Auch ein Verein namens „Bundesverband Infor-mation und Beratung für NS-Verfolgte” entsen-det einen Repräsentanten ins Kuratorium derBundesstiftung — und zwar seinen Geschäfts-führer Lothar Evers. Dieser war als Mitglied dertschechischen (!) Delegation an den Verhand-lungen um die Fonds-Milliarden beteiligt gewe-sen. 2000 erhielt sein auch von der öffentlichenbundesrepublikanischen Hand bedienter Vereinden „Demokratiepreis der Blätter für deutscheund internationale Politik”. Micha Brumlik vomFritz-Bauer-Institut und die ehemalige linkslibe -

rale Bundesministerin Hildegard Hamm-Brü-cher, die sich seit Jahr und Tag für israelischeInteressen geradezu zerreißt, waren die Lobred-ner. (Als Daniel J. Goldhagen diesen Preis dreiJahre zuvor überreicht bekam, traten JürgenHabermas und Jan Philipp Reemtsma als Lau-datoren auf.) In seinen Dankesworten führteEvers aus:

»Zehn Milliarden Mark wollen die öffent-lichen Hände und der Stifterverband derdeutschen Wirtschaft aufbringen, um einenmateriellen Schlussstrich unter die Betei-li gung deutscher Unternehmen an den Ver-brechen des Nationalsozialismus zu ziehen.Keiner von uns hätte im März 1997 geglaubt,dass eine solche Summe zu erkämpfen wäre.Keiner von uns hält diesen Betrag für ausrei-chend.«

Folgende Vereinigungen sind Mitglieder des1992 gegründeten „Bundesverbandes Informati-on und Beratung für NS-Verfolgte”:

Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste,Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter So-zialdemokraten,Auschwitz-Komitee in der BundesrepublikDeutschland,Bund der „Euthanasie"-Geschädigten undZwangssterilisierten,Conference an Jewish Material ClaimsAgainst Germany (die Claims Conference al-so),Die Grünen im Landschaftsverband West-falen-Lippe,Interessengemeinschaft ehemaliger Teilneh-mer am antifaschistischen Widerstand,Landesverband Jüdischer Gemeinden Nord-rhein,Landesverband der Jüdischen Gemeindenvon Westfalen,Lesben- und Schwulenverband in Deutsch-land,Organisation der Zwangsarbeiter unter Na-ziherrschaft (Israel),

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- Pax Christi (Deutsche Sektion),

- Section du Camp de Concentration deMauthausen (Belgrad),

- Synagogengemeinde Köln,

- Vereinigung der Verfolgten des Nazi-regimes/Bund der Antifaschisten,

- Weiße-Rose-Stiftung.

Schilumim auf Umwegen

Wie bereits im ersten Abschnitt dieses Buchesdargelegt (als weiterführende Literatur zu emp-fehlen: Doehring/Fehn/Hockerts, „Jahrhundert-schuld, Jahrhundertsühne. Reparationen, Wie-dergutmachung, Entschädigung”, München2001), hat Bundestagspräsident WolfgangThierse für den Zeitraum bis Ende der 90er-Jahre nicht weniger als 103 Milliarden Mark —in aktueller Kaufkraft, also real, mehr als dasDoppelte — an Wiedergutmachungszahlungenbilanziert.Wobei eine Fülle an indirekten Schilumim nochhinzukommt. Um nur einige Beispiele zu nen-nen:

Milliardenkosten durch Kontingentflüchtlin-ge aus der ehemaligen Sowjetunion gemäßKohl-Galinski-Abkommen von 1990,Wiedergutmachung der Bundesrepublik anzahlreiche weitere Staaten (die Bandbreiteder Zahlungen reicht von einigen Millionenbis zu mehreren Milliarden), an der auchJuden partizipieren,Waffengeschenke an Israel im Werte vonungezählten Milliarden,Entwicklungshilfe; pro Kopf der Bevölkerunggerechnet ist Israel der mit weitem Abstandam reichlichsten bediente Empfänger sol-cher bundesdeutscher Zahlungen an „Dritt-weltländer”, zu denen der jüdische Staatgezählt wird, obwohl er die gängigen Krite-rien gar nicht erfüllt,

— „Know-How-Hilfe” und großzügigste finan-zielle Förderung für israelische Universitäten,Institute und sonstige Forschungsstätten.

Zum zuletzt erwähnten Punkt teilten die „IsraelNachrichten” am 18. Juni 1999 mit, dass

»Deutschland nach den USA auf dem Gebietder Forschung Israels engster Partner ist.Was vor 40 Jahren gewissermaßen als einStück Wiedergutmachung begann, ist längstzu einer deutsch-israelischen Freundschaft inder Wissenschaft geworden.«

Auch via Rentenrecht wurden allerhand neueWege für Schilumim beschritten. Zu den weni-gen Veröffentlichungen, die sich damit beschäf-tigen, gehörte ein Aufsatz in der Zeitschrift derBundesversicherungsanstalt für Angestellte(BfA), Dezember 1983, in dem es hieß:

»Nach dem deutsch-israelischen Sozialver-sicherungsabkommen können heute israe-lische Staatsbürger, ohne jemals der deut-schen Sozialversicherung als Pflichtversicherteangehört zu haben, durch Entrichtung eineseinzigen freiwilligen Beitrages im Auslandzurückgelegte Ausbildungszeiten als Ausfall-zeiten in der deutschen Rentenversicherungangerechnet erhalten ... Das hat dazu ge-führt, dass bei der BfA rund 37 000 Anträgeauf Nachentrichtung eingegangen sind undweitere 5600 bei der zuständigen LVA Rhein-provinz.«

Vorgenannte Fakten sind der breiten Öffentlich-keit allenfalls in schütteren Ansätzen bekannt.Vorherrschend ist in etablierten Medien die Be-hauptung, es habe viel zu spät und viel zu wenigWiedergutmachung gegeben. So lautet aucheine gängige Darstellung in deutschen Schulbü-chern. Den Vogel schießt das 2001/2002 im Ber-li ner Verlag „Volk und Wissen” erschienene Un-terrichtswerk „Geschichte Plus” für die neuntenKlassen ab, das über die materielle Wiedergut-machung für Hitler'sche Holocaustverbrechenschreibt:

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Das Schilumim-Management 153

»Die wenigen überlebenden Opfer wurdenerst 55 Jahre nach Kriegsende entschädigt.«

Besatzergesetz MG 59

Dabei gab es Schilumim schon vor Gründungdes westdeutschen Staates im Jahre 1949,was in Thierses Berechnung ebenfalls nicht be-rücksichtigt ist.Hier geht es nicht allein um die „Entnahmen”aus dem besetzten Deutschland für Unterbrin-gung und Versorgung Hunderttausender DP-Ju-den. Darüber hinaus wurde im November 1947auf Drängen jüdischer Organisationen eine ers-te Regelung zum Wiedergutmachungskomplexvom Militärregime in der amerikanischen Be-satzungszone erlassen, das „Rückerstattungs-gesetz” (U. S. Military Government Law No.59). Es bestimmte: Wer in den Besitz eines un-ter Verfolgungsdruck weggebenen oder weg-genommenen Vermögens gelangt war, musstees nun herausrücken oder Schadensersatz inGeld leisten. Konnten sich jüdische Anspruch-steller nicht einigen, entschied das ObersteRückerstattungsgericht in der amerikanischenZone (Restitution Appeals Court), das weitüberwiegend mit Juden besetzt war.Für das Management von MG 59, wie die Kurz-bezeichnung des Besatzer-Ukas lautete, wareine jüdische Treuhandgesellschaft mit Zentra-le in New York und einem Netz von Ein-treibungsfilialen in Westdeutschland zuständig,die Jewish Restitution Successor Organisation(JRSO). Sie nahm ihre Arbeit im Sommer 1948auf und sollte auch

» Werte nicht mehr lebender Juden zuguns-ten jüdischer Überlebender verwalten«.

In der Führung der JRSO mit ihren rund 300hauptamtlichen Mitarbeitern saß Saul Kagan.Er fungierte später — und dies siebenundvierzigJahre lang — als Generalsekretär der ClaimsConference. Gegen Ende seiner Karriere, in den90er-Jahren, half der Veteran des Schilumim -

Managements noch eifrig, Wiedergutma-chungsgelder aus der Ex-DDR und Österreichherauszuschlagen.Über die Folgen des MG 59 berichtete der„Aufbau” am 19. März 1999:

»Ende 1948 hatte die JRSO 163 000 Anträgeeingereicht ... Die eingenommenen Gelderwurden zur Finanzierung der Übersiedlungvon Displaced Persons nach Israel und zumBau von Notheimen und ähnlichen Zweckenbenutzt.«

Zum JRSO-Netzwerk gehörten Unterabteilun-gen wie die Jewish Cultural ReconstructionCorporation (JCR) mit Sitz in Offenbach. Siewurde geleitet vom Professor für jüdische Ge-schichte an der New Yorker Columbia-Univer-sität, Salo Wittmayer Baron (die berühmte Han-nah Arendt gehörte zu seinen Mitarbeitern),und hatte den Auftrag, „nach geraubtem Kul-turgut zu fahnden”. Auf diese Weise gefundeneObjekte wurden an jüdische Institutionen welt-weit verteilt.Wie hoch der Wert der Eintreibungen gewesenist, die auch noch in den ersten Jahren nachGründung der Bundesrepublik von alliierten In-stanzen fortgesetzt wurden, lässt sich kaum an-nähernd schätzen. Nur wenig wurde publiziert(am interessantesten: Carl Walter Schwarz,„Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliier-ten Mächte”, München 1974). Die meisten Ak-ten sind noch unter Verschluss. Das gilt auchfür die detaillierten Berichte über die Arbeitder in der britischen Besatzungszone mit glei-cher Zielrichtung wie die JRSO gebildete Je-wish Trust Corporation (JTC) und die BrancheFranGaise, die in der französischen Zone ein-schließlich Saargebiet entsprechende Beitrei-bungen vornahm.Sehr zurückhaltend hat sich der ZeitgeschichtlerProfessor Dr. Hans Günter Hockerts ans Taxie-ren „der quantitativen Seite dieses Vorgangs”,der in hauptsächlich vorbundesrepublikanischer

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Zeit ablief, gewagt. In „Jahrhundertschuld,Jahrhundertsühne” schreibt er:

»Schätzungsweise haben einhunderttausendPrivatpersonen ein Wertvolumen von 3,5Milliarden DM herausgegeben, das zumeistGrundbesitz, aber auch Unternehmen oderBeteiligung an Unternehmen betraf. Auf heu-tige Preisverhältnisse hochgerechnet, ergibtdas rund 10 Milliarden DM.«

„Nahezu terra incognita” (Hockerts) ist die Ab-wicklung der alle vier Zonen und Berlin über-greifenden Kontrollratsdirektive Nr. 50 der Alli-ierten vom April 1947 zur Rückerstattung von„Organisationsvermögen”. Mit dieser Direktivegelangte beispielsweise der DGB an das be-trächtliche Vermögen der Deutschen Arbeits-front (bei deren Gründung 1933 war der DGB-Vorläufer ADGB praktisch pleite) und kam eszur Rückerstattung auch jüdischen Organisati-onsvermögens in unbekannter Größenordnung.

Über die Abwicklung der Rückerstattung jüdi-schen Gemeindevermögens berichtet der His-toriker Michael Brenner von der zionistischenBrandeis-Universität in den USA, dass es in vie-len Fällen eine Aufteilung der Werte zwischenJRSO und den wieder erstandenen Gemeindengegeben habe:

»In Berlin etwa erhielt die JRSO neben demgesamten Stiftungsvermögen 60 % des frü-heren Gemeindevermögens, während derGemeinde 40 Prozent zugesprochen wurden.In Stuttgart konnte die Gemeinde 65 % desehemaligen Gemeindevermögens erhalten, inWiesbaden dagegen nur 10 Prozent.«

Die Alliierten rückten nichts raus

Bleibt noch anzumerken, dass parallel dazu inder Nachkriegszeit in Deutschland einer dergrößten Beutezüge von Siegern in der Welt-

geschichte stattfand. Die Alliierten — gleicher-maßen im Westen wie im Osten — schlepptenWertgegenstände ungeheuren Ausmaßes ausdem niedergezwungenen Reich hinweg: Edel-metalle und Schmuck, wissenschaftliche For-meln und Patente, Museumsstücke und ganzeKunstschätze. Das Raubgut stammte aus pri-vaten Beständen ebenso wie aus staatlichemBesitz. Umgerechnet wenigstens 500 MilliardenEuro, wahrscheinlich sogar ein Mehrfaches da-von, ging Deutschland und den Deutschendurch den Beutezug alliierter Besatzer, die aufeigene Faust oder im Auftrage ihrer Regierun-gen handelten, verloren. (Viele Einzelheitenhierzu in: Gerhard Frey, Hg., „DeutschlandsAusplünderung”, München 1993.)

Von der gewaltsamen Abtrennung ganzer Pro-vinzen, die mit ihren Gütern und Bodenschätzenden Deutschen genommen wurden, gar nichterst zu reden. Und noch einmal hinzu kam dieZwangsarbeit, die Deutsche für die Sieger ver-richten mussten. Die Wissenschaftliche Kom-mission der Bundesregierung für Kriegsgefan-genengeschichte hat geschätzt, dass von dendeutschen Zwangsarbeitern allein in der Sow-jetunion mindestens 10 Milliarden Arbeitsstun-den geleistet wurden; Paul Carell/Günter Böd-deker („Die Kriegsgefangenen", Frankfurt/Main1980) setzen doppelt so hoch an: „20 Milliar-den Arbeitsstunden.” Das entspricht viereinhalbJahren Arbeit der gesamten Belegschaften deswichtigsten Industrielandes der Bundesrepublik,Nordrhein-Westfalen.

Auf den Gedanken, jüdische Schilumim-Begeh-ren aus Hab und Gut, Land und Leistungen zubefriedigen, die sie den Deutschen nach Kriegs-ende abzwangen, sind die alliierten Sieger-mächte offenbar nie gekommen. Wie selbstver-ständlich haben die deutschen Herrschenden inBonn bzw. Berlin dieses auch nie und nirgendsaufs Tapet gebracht.

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Das Schilumim-Management 155

Es begann im Waldorf-Astoria

Im Dezember 1949 liefen die im BesatzergesetzMG 59 vorgesehenen Fristen für die jüdischeJRSO aus. Umgehend riss einer der bedeu-tendsten Zionistenführer seit Gründung der Be-wegung, der bereits mehrfach in diesem Bucherwähnte Dr. Nahum Goldmann, die Initiativean sich. Damals schon maßgeblich in der Zio-nistischen Weltorganisation (von 1956 bis 1968deren Präsident, von 1953 bis 1978 darüber hi-naus Chef des Jüdischen Weltkongresses, von1954 bis 1959 zudem Oberhaupt des von ihminitiierten Dachverbandes jüdischer Organisa-tionen in den USA, der „Conference of Pre-sidents of Major American Jewish Organisati-ons"), begann er mit den Vorbereitungen zurGründung eines weltgeschichtlich einzigartigenNetzwerkes, eben der Claims Conference Inc.,deren erster Präsident er denn auch wurde.

Als Grundlagen für die jüdisch-israelischenGeldforderungen an die Deutschen dienten ihm(und dem Staate Israel) die bereits im zweitenAbschnitt dieses Buches dargestellte zionisti-sche Doktrin von Siegfried Moses und Genos-sen von wegen „Kriegszustand mit Deutschlandseit 1933”, weiter die schon aus der Anfangs-zeit des Zweiten Weltkrieges, Oktober 1939,stammenden Reparationspläne vom Kreis umSchalom Adler-Rudel (einst Generalsekretär derReichsvereinigung der deutschen Juden, späterChef der Abteilung „Internationale Beziehun-gen” der Jewish Agency) und die Schilumim-Vorarbeiten der Gebrüder Robinson, denenGoldmann das größte Gewicht beimaß. In sei-nem Werk „Das jüdische Paradox” schrieb er:

» Während des Krieges hatte der JüdischeWeltkongress in New York ein Institut fürJüdische Angelegenheiten geschaffen. SeineLeiter waren zwei bedeutende litauische Ju-den, Jacob und Nehemiah Robinson. Nachihren Plänen wurden zwei absolut revolutio -

näre Ideen entwickelt: Das Nürnberger Ge-richt und die deutsche Wiedergutmachung.«

Nehemiah Robinson übrigens hatte in seinem1944 in New York erschienenen Buch „Indemni-fication and Reparation — Jewish Aspects” denWert des „von den Nazis beschlagnahmten jü-dischen Vermögens in Europa” mit zwei Milliar-den Dollar angegeben.Im Oktober 1951 trafen sich auf Goldmanns Ini-tiative im Luxushotel Waldorf Astoria, NewYork-Manhattan (später auch Schauplatz ersterKontakte zwischen Adenauer und Ben-Gurion),die Vertreter der 23 größten jüdischen Organi-sationen der Welt mit Repräsentanten Israels,an deren Spitze Außenminister Mosche Scha-rett, zur Gründung der Conference an JewishMaterial Claims against Germany.Ein Wort noch zu Scharett: Er amtierte von1953 bis 1955 als Premierminister und war einehrenwerter, friedensgeneigter Mann. Mit sei-

Mosche Scharett

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156 Fünfter Abschnitt

nem Versuch eines anständigen jüdisch-ara-bischen Ausgleichs scheiterte er an Hardlinern.Seine unter dem Titel „Israels heiliger Terror”von Livia Rokach veröffentlichten Tagebüchersind ein erschütterndes Zeugnis fehlgeschlage-ner Friedensbemühungen.

Die Führung desSchilumim-Managements

Heute gehören dem weltumspannenden Netz-werk der Claims Conference folgende Vereini-gungen an:

Agudath Israel World OrganizationAlliance Israelite UniverselleAmerican Gathering of Jewish HolocaustSurvivorsAmerican Jewish CommitteeAmerican Jewish CongressAmerican Jewish Joint Distribution Com-mitteeAmerican Zionist MovementAnglo-Jewish AssociationB'nai B'rith InternationalBoard of Deputies of British JewsCanadian Jewish CongressCentre of Organizations of Holocaust Survi-vors in IsraelConseil Representatif des Institutions Jui-ves en FranceCouncil of Jews from GermanyDelegacion de Asociaciones Israelitas Ar-gentinasEuropean Council of Jewish Communities/European Jewish CongressExecutive Council of Australian JewryJewish Labor CommitteeSouth African Jewish Board of DeputiesWorld Jewish CongressWorld Jewish ReliefWorld Union for Progressive JudaismZentralrat der Juden in Deutschland.

Den Chef der Claims Conference GmbH inDeutschland, Karl Brozik, hat man vorhin schonkennenlernen können. Saul Kagan, über Jahr-zehnte oberster Manager des Schilumim-Betrie-bes, ist ebenfalls bereits vorgestellt worden.Die gegenwärtigen „Big Bosse” der ClaimsConference sitzen in New York. Es handelt sichum die Rabbiner Israel Singer (Präsident desJCC; zugleich ist er Geschäftsführer des Jüdi-schen Weltkongresses und Intimus von dessenLeiter Bronfman) und Julius Berman (Vorsitzen-der des JCC). Singer ist Sohn eines aus Wienstammenden Zionisten; bei Berman handelt essich um den Filius eines aus Wilna in die USAeingewanderten Schochet (ein solcher nimmtdas Schächten vor, die jüdisch-rituelle Schlach-tung von Tieren). Ende der 80er-Jahre wirkteBerman als Chef der „Presidents Conference”,des Dachverbandes US-jüdischer Organisatio-nen. Bevor er 2002 den JCC-Vorsitz übernahm,war er — nicht nur Rabbi, sondern auch studier-ter Jurist — Justitiar der Claims Conference Inc.In einem Porträt des JCC-Vorsitzenden im jüdi-schen „Aufbau” (New York) vom 25. Juli 2002hieß es:

»Berman hat nie an Verhandlungen mitDeutschland mitgewirkt. Dies bleibt auchweiterhin Israel Singer vorbehalten. Bermanhat also mit Deutschland nichts zu tun, under scheint darüber auch recht froh zu sein. Ersteht dem Land skeptisch gegenüber, gibtaber zu, dass seine Haltung hier nicht ganzstimmig ist. „Ich würde nie einen Mercedeskaufen, aber vielleicht ein Service von Rosen-thal”, sagt er und setzt hinzu, auch die Polenseien schlimme Antisemiten gewesen.«

Mit seiner Haltung zu Deutschland steht Ber-man in der Tradition eines Rabbiner Israel Mil-ler. Der war, bevor das Duumvirat Singer/Ber-man kurz nach seinem Tode an die Spitze derJCC trat, bis 2002 zwanzig Jahre lang alsNachfolger von Gründungschef Nahum Gold-mann Präsident und beherrschende Figur der

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Das Schilumim-Management 157

„Aufbau” würdigtRabbi Israel Miller.

Claims Conference gewesen. Dem „Aufbau”(Nr. 7/2001) hatte er gesagt, er kaufe grund-sätzlich keine deutschen Produkte und besucheDeutschland nur, wenn es seine Funktion unbe-dingt erfordere. Übrigens war der Zentralrats-chef in Deutschland, Ignatz Bubis, bis zu sei-nem Tod 1999 Israel Millers Vize an der Spitzeder Claims Conference.In seiner Ausgabe vom 4. April 2002 rief der„Aufbau” dem JCC-Rabbi Miller nach, er sei

»ein überdimensionaler Mensch gewesen«.Weiter im Nekrolog:

» Während des Zweiten Weltkrieges war erMilitärgeistlicher in der US Air Force, wo erden damaligen Piloten George Bush sr. ken-nenlernte. Nach dem Krieg wurde er Rabbi-ner des Kingsbridge Heights Jewish Centerin der Bronx, sodann 25 Jahre lang leitenderFunktionär im Verwaltungsrat der YeshivaUniversität, Präsident oder Vorstand vonmehr als einem Dutzend nationaler und inter-nationaler jüdischer Organisationen, Freundund Berater amerikanischer und israelischerStaatsoberhäupter (sogar mit Honecker ver-handelte er über jüdische Belange in der da -

maligen DDR), Leiter einer Delegation ortho-doxer Rabbiner nach Moskau zur Zeit desHöhepunktes des Kalten Krieges (1965), Ver-mittler und Befürworter der interkonfessio-nellen Zusammenarbeit im National CitizensCommittee for Community Relations und beizahlreichen Anlässen beredter und bewegen-der Wortführer des amerikanischen sowiedes Weltjudentums. Doch immer blieb er be-scheiden, besonnen und zugänglich.«

So richtig „mit Leib und Seele verschrieben”habe er sich seiner Tätigkeit bei der ClaimsConference. So sei Rabbi Miller

»Urheber und Verfechter zahlreicher Abma-chungen und Verträge, die Holocaust-Über-lebenden über die ganze Welt hinweg Dollarverschafften«.

Was „Aufbau” in der Aufzählung nicht aus-drücklich erwähnte: Israel Miller fungierte auchals Präsident der American Zionist Federation,Vorsitzender der Organisation jüdischer Geist-licher der US-Streitkräfte und — wie später jaauch JCC-Berman — als Präsident der Confe-rence of Presidents of Major American JewishOrganisations.

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158 Fünfter Abschnitt

„Nur an sozial Schwache”

»Alle Gelder, die der Claims Conference zu-geteilt wurden, sind an soziale Einrichtungenund sozial Schwache verteilt worden«,

betonte Karl Brozik in seinem bereits erwähn-ten „Jungte World"-Interview vom 21. Februar2001.Ob das auch für die immerhin zweihunderttau-send Dollar gilt, die 2002 an die israelische Ar-mee gingen, um Offiziersnachwuchs Holocaust-Lektionen in Polen zu erteilen? Der Etatpostenin der JCC-amtlichen Liste der verteilten deut-schen Wiedergutmachungsgelder heißt im Ori-ginalwortlaut:

»Israel Defense Forces, Tel Aviv. Toward thecost of sending officer cadets to sites ofNazi atrocities in Poland. $ 200 000.«

Richtig ist, dass in den JCC-Geldverteilungslis-ten viele Posten als Zuwendungen an karitativeEinrichtungen ausgewiesen sind. Um nur einigeder zahlreichen Fälle zu nennen: 2002 beispiels-weise 62 000 Dollar für die Installation einerSprinkleranlage an ein geriatrisches Zentrumfür Holocaust-Überlebende in Ramat Gan/Israeloder 70 000 Dollar für die Renovierung einerKüche im Jerusalemer Hazon Yeshaja Zentrum„for the care of Nazi victims”. Aus den 241 000JCC-Dollar an das Sozialamt der israelischenGemeinde Beer Scheva sind Mittel bereit-gestellt worden für alte Kameraden des Vetera-nenverbandes der Partisanen- und Untergrund-kämpfer; Originalwortlaut:

»Toward Radak Organization of Partisansand Underground Fighters.«

Auch für „Essen auf Rädern”, „Winterhilfe”,medizinische Versorgung usw. von Holocaust-Überlebenden in GUS-Staaten werden Geldergewährt. 2002 beispielsweise sind 57 703 Dol-lar dafür nach Weißrussland gegangen; ammeisten gab es in dieser Hinsicht für jüdische„Wohlfahrtskomitees” in Moskau: 1,421 Millio-nen Dollar.

Man liest im JCC-Etat ferner von Weiterleitun-gen namhafter Beträge an den „Jewish Familyand Children's Service” etwa im US-Bundes-staat Kalifornien. Es flossen 2002 hierfür nach

Berkeley 65 000 Dollar,Long Beach 25 000 Dollar,Los Angeles 914 000 Dollar,

- Palm Springs 4 340 Dollar,— San Franzisko 200 000 Dollar.Auch Einrichtungen besagten US-jüdischen Ser-vices in anderen Bundesstaaten kommen in denGenuss deutscher Wiedergutmachungsgelder.Beispiel Florida: 822 041 Dollar gingen 2002nach Miami, 185 300 Dollar nach West PalmBeach. Weiteres Beispiel: Für das Verpfle-gungsprogramm „food program for Nazi-victims”, der „Ladies Cholim D'Satmar” flossen125 000 Dollar nach New York-Brooklyn.

Schwerpunkt„Holocaust-Teaching”

Aus den Schilumim-Abrechnungen der ClaimsConference ergibt sich, dass Etatposten wie„Holocaust-Teaching” zunehmend an Bedeu-tung gewinnen. Hier Beispiele für Summen, diefür solche Zwecke im Jahr 2002 via JCC nachIsrael gelangt sind:

100 000 Dollar an Agudath Bet Yaacov inTel Aviv für „Holocaust teacher training se-minars”40 000 Dollar an Arachim in Bnei Brak „fürdie Kosten von Holocaust-Seminaren”100 000 Dollar an das AusbildungsinstitutBeth Jacob in Jerusalem für das „teachertraining program for Shoah education”120 000 Dollar an das Zentralarchiv für dieGeschichte des jüdischen Volkes in Jerusa-lem „zur Förderung computergerechter Auf-arbeitung von Holocaust-Unterlagen”40 000 Dollar an Dash-Ort in Tel Aviv für„Forschungen über die Rolle von Holocaust-Überlebenden bei der Gründung Israels”

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Das Schilumim-Management 159

30 000 Dollar an E. D. Z. Nativ Ediciones inJerusalem „für die Übersetzung der Enzy-klopädie des Holocaust ins Spanische”850 000 Dollar an den israelischen Erzie-hungsfonds in Jerusalem „für die Holo-caust-Erziehung russischsprachiger Juden inder früheren Sowjetunion und in Israel”140 000 Dollar an Hechal Shlomo Jerusa-lem „für die Ausstellung von Thora-Rollen,die von den Nazis beschlagnahmt wordenwaren und mit Hilfe der Claims Conferenceaus Litauen gerettet werden konnten”1 930 500 Dollar an die Israel Experience inJerusalem für „Holocaust education”59 000 Dollar an das Kerem Institut zur Leh-rerausbildung in Jerusalem für „the teachertraining program on the Holocaust”15 000 Dollar an das Machanayim JewishHeritage Center in Jerusalem „für eine Aus-stellung über Synagogen, die im Holocaustzerstört wurden”172 500 Dollar an die religiösen MachonNetvei Ha Halacha — Ma'agrei Meyda Tora-nyim in Gush Etzion „für die Sammlung vonUnterlagen über die Reaktion auf den Holo-caust aus halachischer Sicht”1 400 000 Dollar an die Aktion „Marsch derÜberlebenden — International” in Tel Aviv„für Ausbilder und Mitarbeiter, insbesonde-re solche aus Argentinien”200 000 Dollar an Massua, die JerusalemerZentralstelle der Organisationen von Holo-caust-Überlebenden in Israel, „für eine Ge-denkdokumentation, was Überlebende desHolocaust für den Staat Israel geleistet ha-ben”190 000 Dollar an das Massua-Institut fürHolocaust-Studien im Kibbutz Tel Yitzhak„für Russisch-Seminare, Vorbereitung derSchüler auf Polen-Reisen und eine Eich-mann-Ausstellung”70 000 Dollar an das Melitz-Zentrum für Jü-disch-Zionistische Erziehung in Jerusalem

„für Seminare über jüdische Geschichte inMittel- und Osteuropa zur Holocaust-Zeit”115 000 Dollar an Mercaz Beth Jacob inEretz Yisroel, Jerusalem, für „teacher trai-ning courses on the Holocaust”290 000 Dollar an das Michlalah College inJerusalem für „Holocaust education teachertraining programs”88 200 Dollar an das Moreshet-MordechaiAnielevitch (Anielewicz) Memorial Holo-caust Learning Center in Givat Haviva „fürdie Ausstattung von Lehrräumen mit Com-putern und Seminare für Zuwanderer ausRussland”241 000 Dollar an die Vereinigung der Par-tisanen, Untergrundkämpfer und Ghetto-Aufständischen in Israel, Tel Aviv, „zur Ar-chivierung auf den Holocaust bezogenenMaterials”32 500 Dollar an Ot Va'Ed in Jerusalem „fürdie Produktion holocaustrelavanter Unterla-gen100 000 Dollar an das Shem Olam Institutin Kfar Haroeh „für Veröffentlichungen undUnterrichtsmaterial über führende Rabbinerder großen jüdischen Gemeinden währenddes Holocaust”50 000 an Shuvu/Return in Jerusalem fürdas „Holocaust education training program”100 000 Dollar an die Synagogen-Gedenk-stätte Jerusalem für eine Dokumentationüber jüdische Gemeinden in Deutschland„until they were destroyed on Kristallnacht”25 000 Dollar an die Universität Tel Aviv„für Forschungen über Außenlager des KZRavensbrück”25 000 Dollar an die Erinnerungsstätte derTheresienstadt-Märtyrer in Givat Haim Ihuz„zur Erhaltung von Archivmaterial, Kunstund Sammlungen zum Holocaust”121 000 Dollar an die Welt-Union JüdischerStudenten „für Internet-Arbeit, insbesonde-re Holocaust-Artikel”

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160 Fünfter Abschnitt

„Aufbau "-Artikel überden langjährigen ClaimsConference-ManagerSaul Kagan (oben) undden neuen Conference-Vorsitzenden JuliusBerman (unten)

1 451 000 Dollar an die Zionistische Welt-organisation in Jerusalem für Holocaust-Studienreisen nach Polen und „Training inHolocaust studies for educators and leadersfrom the former Soviet Union”

40 000 Dollar an das Yaacov Herzog Centerfür Jüdische Studien „für die Kosten vonSenioren-Seminaren über den Holocaust”

2 170 000 Dollar an die Holocaust-Gedenk-stätte Jad Vaschem in Jerusalem, ins -

besondere „toward a teacher training pro-gram an Holocaust education”175 000 Dollar an Yiddishspiel, jiddischesTheater in Tel Aviv, für dessen „Shoah-Pro-gram”.

Rund um die Welt

Auch sind von der Claims Conference im Rech-nungsjahr 2002 solche Projekte in anderen

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Das Schilumim-Management 161

Staaten mit deutschen Schilumim-Geldern ge-fördert worden. Beispiele:

ARGENTINIEN:265 000 Dollar an die Fundacion Memoriadel Holocausto in Buenos Aires „für dieÜbersetzung und Publizierung der bedeu-tendsten Holocaust-Werke ins Spanischeund für eine Dauerausstellung über den Ho-locaust”

AUSTRALIEN:50 000 Dollar an das Jewish HolocaustCentre in Elsternwick/Victoria für Erzie-hungsmaterial, „teacher training” und dieKatalogisierung von Holocaustunterlagen20 000 Dollar an das Jewish Museum inSydney „für eine Ausstellung über Kinderals Opfer des Holocaust”

BELGIEN:— 30 000 Dollar an die Fondation de la me-

moire contemporaine in Brüssel „für dieÜbersetzung von Videoaufzeichnungen”

GRIECHENLAND:— 25 000 Dollar an das Jüdische Museum in

Athen „für eine Holocaust-Ausstellung”GROSSBRITANNIEN:

100 000 Dollar an das Beth Shalom-Holo-caust Memorial Centre in Notts für das„education program and teacher training”sowie „the digitizing of the photo archiveof Holocaust-related materials”20 000 Dollar an das Zentrum für Jüdisch-Christliche Beziehungen in Cambridge fürdas „Holocaust Studies program”15 000 Dollar an das Jüdische MuseumLondon für die Ausstellung „Rescue and theHolocaust”50 000 Dollar an die World ORT Union, Lon-don, für deren „Web-based program ,Lear-ning about the Holocaust through Art”'

ITALIEN:— 30 000 Dollar an die Associazione Figli Della

Shoah in Mailand „für eine Wanderausstel-lung zur Schoah in Italien und in Europa”

KANADA:12 500 Dollar an den Atlantic Jewish Coun-cil in Halifax „für die Kosten eines Erzie-hungsprogramms”120 000 Dollar an das Baycrest Center forGeriatric Care in Toronto u.a. für „Holo-caust training modules”25 000 Dollar an B'nai B'rith Kanada für„teachers training trip (,Holocaust and HopeEducator's Tour')”30 000 Dollar an den Canadian Jewish Con-gress für „teacher workshops an Holo-caust”20 000 Dollar an das Holocaust Center inToronto „für die Digitalisierung und Bewah-rung von Bändern mit Überlebenden-Berich-ten”3 000 Dollar an das Holocaust LiteratureResearch Institute in Ontario „für eine Inter-net-taugliche Version der Erzählungen vonNazi-Opfern”8 000 Dollar an den Jewish CommunityCouncil of Ottawa/Vaad Hai'Ir für „Holo-caust Remembrance and Education Pro-grams”16 600 Dollar an die Jewish Federation ofEdmonton für das Holocaust-Symposium„Facing the Hate”6 250 Dollar an die Jewish Federation für„Holocaust teaching”12 000 Dollar an Reena Thornhill „für einPilotprogramm zur Holocaust-Erziehung”30 000 Dollar an das Vancouver HolocaustCenter u. a. für eine Ausstellung über dasKZ Ravensbrück

KROATIEN:— 25 000 Dollar an die jüdische Gemeinde von

Osijek für Holocaust-Forschung nebst „tea-cher training program”

- 12 000 Dollar an die jüdische Gemeinde vonZagreb „für eine Holocaust-Dokumentation”

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162 Fünfter Abschnitt

POLEN:— 17 120 Dollar an die Gesellschaft der Kinder

des Holocaust in Warschau „für ein Grup-penprogramm zum Thema Naziverfolgung”

- 287 100 Dollar an das Jüdische HistorischeZydowski-Institut Warschau „für das Ringel-blum-Archiv und die Dokumentation überJuden in Warschau 1939-45”

RUMÄNIEN:— 40 000 Dollar an das Institut für Hebräische

und Jüdische Studien in Cluj-Napoca (Klau-senburg) für das „teacher training programon the Holocaust”

RUSSLAND:— 7 500 Dollar an die Russische Holocaust-

Stiftung in Moskau „zur Erfassung von Ho-locaust-Archiven auf Computer”

SCHWEDEN:35 000 Dollar an das Jüdische MuseumStockholm für eine Wallenberg-Ausstellung30 000 Dollar an das Institut für JüdischeKultur in Lund „für den Erhalt und die Kata-logisierung von Unterlagen über das Kon-zentrationslager Ravensbrück”

SERBIEN:— 6 500 Dollar an den Bund jüdischer Gemein-

den Jugoslawiens in Belgrad „für eine Ho-locaust-Ausstellung”

SLOWAKEI:— 15 000 Dollar an die Milan Simecka Stif-

tung in Bratislava/Preßburg „for primaryschool teachers on the Holocaust”

TSCHECHISCHE REPUBLIK:— 125 000 Dollar an die Gedenkstätte There-

sienstadt zur Renovierung von Lehrräumenund für Anschauungsmaterial

URUGUAY:— 15 000 Dollar an das Centro Recordatorio

Del Holocausto in Montevideo „für Neu-anschaffung von Holocaust-Literatur”

USA:— 25 000 Dollar an das ADL Braun Holocaust

Institute der Anti-Defamation League (B'nai

B'rith) in New York für das „teacher pro-gram for Shoah”25 000 Dollar an den Aufbau Trust NewYork „zur Archivierung auf den Holocaustbezogenen Materials”118 500 Dollar an B'nai B'rith International,Washington D. C., für diverse „Holocaust-projects”25 000 Dollar an das Center for Holocaust& Genocide Studies in Minneapolis für„teacher training trunks on Holocaust edu-cation”50 000 Dollar an die Chico Research Foun-dation for the Modern Jewish and IsraelStudies Program im kalifornischen Chico fürdas dortige „teacher training center forShoah education”15 000 Dollar an die Children's MishnayMemorial Foundation in Brooklyn, NewYork, für das Holocaust-Erziehungspro-gramm „Facing History and Ourselves”50 000 Dollar an die Facing History andOurselves Foundation Inc. in Boston für denweiteren Ausbau des „National JewishEducation Project” über den Holocaust6 222 Dollar an die Federation of JewishChild Survivors of the Holocaust in Con-shohocken, Pennsylvanien, für Ausgaben„related to Holocaust education”15 000 Dollar an das Florida Holocaust Mu-seum in Maitland „zum Erhalt von Ober-lebenden-Überl ieferunge n”15 000 Dollar an die Georgia-Kommissionzum Holocaust in Atlanta für die Dokumen-tationsarbeit50 000 Dollar an das Hebrew Union Col-lege/Jewish Institute of Religion in Cincin-nati für „Holocaust teacher training work-shops”5 000 Dollar an das Holocaust AwarenessInstitute in Denver für das „teacher trainingprogram on Holocaust education”

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Das Schilumim-Management 163

40 000 Dollar an das Holocaust Center ofNorthern Califonia in San Franzisko für dieKosten des „teacher training”15 000 Dollar an das Holocaust Center inPittsburgh für Anschauungsmaterial80 000 Dollar an das Holocaust Museum inHouston/Texas für „teacher trunks in Eng-lish and Spanish on Holocaust education”92 000 Dollar an das Holocaust ResourceCenter and Archives in Bayside, New York,für „teacher training”, speziell zur Unter-stützung der Holocaust-Erziehung in Argen-tinien und Osteuropa („to promote Holo-caust education in Argentina and EasternEurope")169 000 Dollar an das Holocaust TeacherTraining Program in New York zur Bestrei-tung von Seminar-Kosten100 000 Dollar an das Jewish Children'sMuseum Brooklyn, New York, „für eineDauerausstellung zum Holocaust”25 000 Dollar an das Los Angeles Museumof the Holocaust „für die Digitalisierung aufden Holocaust bezogenen Materials”90 000 Dollar an die Memorial Foundationfor Jewish Culture in New York „towardthe cost of scholarships for Holocaust re-search”15 000 Dollar an das Midwest Center forHolocaust Education in Overland Park100 000 Dollar an Mosad Harim Levin inBrooklyn, New York, für ein „high schooltextbook on the Shoah”55 000 Dollar an das Museum of JewishHeritage — A Living Memorial to the Holo-caust in New York für das dortige Institutzur Geschichte des Holocaust sowie Holo-caust-Symposien110 000 Dollar an Torah Umesorah/The Na-tional Society for Hebrew Day Schools inNew York für das „teacher training programon Holocaust education”

1 000 000 Dollar an das United States Holo-caust Memorial Museum in WashingtonD. C. „zur Rettung vorrangigen Archivmate-rials”14 000 Dollar an die Universität von Alaskain Fairbanks für das „teacher training pro-gram on the Holocaust”

Förderung in Osterreich

Für Österreich erwähnt die Claims Conferencein ihrer Abrechnung für 2002 zwei geförderteEinrichtungen:82 750 Dollar sind — für Holocaust-Forschungen— an das jüdische „Centropa” („Central Europe-an Center for Research and Documentation")mit seinem Direktor Edward Serotta gegangen.Es ist eine aus US-Amerika importierte Einrich-tung, deren Wiener Niederlassung u. a. folgen-de Institutionen auf ihrer Fördererliste hat:

Nationalfonds der Republik Österreich fürOpfer des Nationalsozialismus,Bundeskanzleramt,Außenministerium,Erziehungsministerium,Österreichische Nationalbank,Postsparkasse,Stadt Wien,Goethe-Institut (Bundesrepublik).

72 000 Dollar Schilumim reichte die ClaimsConference an die in Wien erscheinende zionis-tische „Illustrierte Neue Welt” (Chefredaktion:Joanna Nittenberg) weiter, und zwar

»für Forschungen über das Leben österrei-chischer Juden in Israel nach dem Holo-caust«.

Das Blatt führt sich auf Theodor Herzl höchst-selbst als Gründervater zurück. Im jüdischen In-ternet-Netzwerk „haGalil.com” wird die „Illus-trierte Neue Welt” charakterisiert als

»ein historisch bedeutendes Bindeglied zwi-schen Israel und Österreich, Nachweis dafür,

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164 Fünfter Abschnitt

dass es in Wien lebendige Wurzeln desStaates Israel gibt«.

Israelizismus/Vergangenheitsbewältigung

Die einzige bundesdeutsche Einrichtung, die2002 Gelder aus dem Schilumim-Topf der Je-wish Claims Conference erhielt (7 000 Dollar),war das Fritz Bauer-Institut in Frankfurt amMain. Dieses ist benannt nach einem jüdischen„Nazijäger”, dem 1968 gestorbenen langjäh-rigen Generalstaatsanwalt in Hessen Fritz Bau-er. Als Chef des Instituts wirkt der jüdischeErziehungswissenschaftler, Publizist, Verbands-funktionär und ehemalige Kommunalpolitiker(„Die Grünen") Prof. Micha Brumlik.Das Fritz Bauer-Institut bildet das bedeutendsteVerbindungsstück zwischen den Netzwerkendes Israelizismus und der so genannten Vergan-genheitsbewältigung (ewige Beschäftigung mitHitler) in Deutschland. Dem Förderverein desInstituts gehören an:

Aktion Sühnezeichen/FriedensdiensteArbeiterwohlfahrt OdenwaldkreisArbeitsgruppe Landessynagoge RothBGS-Kameradschaft HammBildungswerk der Humanistischen UnionNRWBrandes & Apsel-VerlagFörderverein Gedenkstätte BreitenauGedenkstätte BuchenwaldBund Deutscher PfadfinderinnenBund der Pfadfinderinnen und PfadfinderLandesverband HessenCampus VerlagGewerkschaft Erziehung und Wissenschaft,HauptvorstandJugend der Deutschen Angestellten Ge-werkschaft HessenDeutsches Historisches Institut WarschauEuropäische Union Jüdischer StudentenEvangelische Kirche Kurhessen-Waldeck

Evangelischer Regionalverband Frankfurtam MainGesamtschule Gießen-OstHagenovia Treuhand Steuerberatungsgesell-schaftDeutsche Genossenschaftsbank Frankfurtam MainDresdner BankEuropäische Union jüdischer StudentenEvangelische Akademie ArnoldshainFraport AGFreudenberg StiftungGesellschaft für Christlich-Jüdische Zusam-menarbeit Frankfurt/MainGrüne Jugend HessenHessischer JugendringJüdische Allgemeine, Blatt des ZentralratsBankhaus Löbbecke & Co.Nassauische Sparkasse WiesbadenNaturFreunde HessenKZ-Gedenkstätte NeckarelzNeue Gesellschaft für bildende Kunst BerlinPax ChristiReclam Verlag LeipzigRotary-Club WiesbadenScaneg VerlagSPD-Ortsverein Frankfurt am Main/WestendSportjugend HessenTransit VerlagStiftung Denkmal für die ermordeten JudenEuropasZentralverband demokratischer Wider-standskämpfer- und Verfolgtenorgan isatio-nen.

An Gebietskörperschaften treten als Fördererdes Fritz-Bauer-Instituts u. a. in Erscheinung:— Kreis Bergstraße

Landkreis Darmstadt-DieburgLandkreis Groß-GerauHochtaunuskreisKreis OffenbachBad HersfeldBad Homburg vor der Höhe

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Das Schilumim-Management 165

DarmstadtDieburgDreieichFlörsheim am MainHanauHeusenstammHungenKönigstein im TaunusLandsberg am LechLangenMaintalMichelstadtMörfelden-WalldorfMühlheim am MainNeu-IsenburgNidderauPfungstadtWetzlarWiesbadenWittl ichGemeinde Alsbach-HähnleinGemeinde BickenbachGemeinde EgelsbachGemeinde Erzhausen

Zu den mehr oder weniger prominenten Einzel-mitgliedern des Fördervereins des Fritz Bauer-Instituts gehören u. a.

Alfred Biolek, der FernsehmoderatorKarl Brozik, der deutsche JCC-RepräsentantPeter Conradi, der SPD-Bundestagsabgeord-nete a. D. und Präsident der Bundesarchi-tektenkammerHerta Däubler-Gmelin, die Ex-Bundesmini-sterinHannelore Elsner, die SchauspielerinNorbert Frei, der HistorikerMichel Friedman, der ehemalige Zentral-ratsvizeKarl Erich Grözinger, der JudaistVolker Hauff, der Frankfurter Ex-OBHilmar Hoffmann, der Präsident des Goe-the-InstitutsImre Kertesz, der Schriftsteller

Klaus Kinkel, der Bundesaußenminister a. D.Hans-Ulrich Klose, der SPD-PolitikerSalomon Korn, der ZentralratsfunktionärHans Koschnick, der ehemalige Bremer Bür-germeisterSabine Leutheusser-Schnarrenberger, dieBundesjustizministerin a. D.Michael Naumann, der Bundeskulturmini-ster a. D.Jan Philipp Reemtsma, der Anti-Wehr-machts-AusstellerHorst Eberhard Richter, der Psychoanaly-tikerRomani Rose, der Zentralratschef der Sintiund RomaRita Süssmuth, die ehemalige Bundestags-präsidentinWolfgang Thierse, der BundestagspräsidentRuth Wagner, die hessische Ministerin a. D.Heidemarie Wieczorek-Zeul, die Bundes-ministerinMonika Wulf-Matthies vom DGB, die EU-Kommissarin a. D.

Missbrauch einer edlen Sache

Wiedergutmachung für entsetzliche Massenver-brechen der Hitlerzeit ist zweifellos eine Bring-und Ehrenschuld — soweit man das Leid, dasbeispielsweise durch die grauenhaften Marter-und Todes-KZ entstanden ist, überhaupt irgend-wie materiell auszugleichen oder doch zumin-dest zu lindern vermag. Leider aber haben Aus-wüchse und Ausartungen von Schilumim oftAnlass zu Vorbehalten und Kritik gegeben.Schon gleich zu Anfang machte der Fall desPhilipp Auerbach Furore. Er war Führungsmit-glied im Zentralrat und Präsident des Landes-entschädigungsamtes in Bayern, als welcher ersich den Beinamen

»Cäsar der Wiedergutmachung«

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166 Fünfter Abschnitt

einhandelte. Seine Schilumim-Betrügereienführten 1951 zu Dienstenthebung und Verhaf-tung. Zwei Tage nach seiner Verurteilung zuzweieinhalb Jahren Gefängnis verübte er am16. August 1952 Selbstmord. Der vorgefundeneAbschiedsbrief enthielt schaurige Verwün-schungen seiner Gegner.Der nicht materiell, so doch ideell schwerwie-gendsten Schilumim-Gaunerei machte sichWerner Nachmann schuldig, Vorsitzender desZentralrats der Juden in Deutschland von 1969bis 1988. Mindestens 30 Millionen Mark Wie-dergutmachungsgelder waren von ihm ver-untreut worden. Etliche Millionen hatte er inseine bankrottösen Wiederverwertungs-Unter-nehmen, vor allem seine Lumpensortieranstalt,gesteckt. Die Lumperei war möglich geworden,weil CDU-Parteigenosse Nachmann über guteDrähte ins gesamte Establishment verfügte(Bonn hatte ihm sogar einen Diplomatenpasszur Verfügung gestellt) und weil keine Behördees gewagt hatte, sein anrüchiges Finanzgeba-ren unter die Lupe zu nehmen. Die Steuerfahn-dung war auf höheren Befehl zurückgepfiffenworden, und der Rechnungshof durfte den Zen-tralrat ohnehin nicht prüfen. Kanzler Kohl hatteNachmann zur „moralischen Autorität” prokla-miert und Bundespräsident von Weizsäcker ihnanlässlich der Verleihung des Theodor-Heuss-Preises 1986 mit den Worten besungen:

»Sie haben zur Besonnenheit, Mäßigung undGerechtigkeit gemahnt. Sie haben Missver-ständnisse ausgeräumt und Verständigungbewirkt. Die segensreichen Wirkungen IhresBeispiels und Ihrer Arbeit für alle Deutschensind kaum zu berechnen. Wir freuen uns, Sieunseren Mitbürger nennen zu können.«

Nachmann, Träger auch des Großen Bundesver-dienstkreuzes mit Stern und Schulterband, derVerdienstmedaille Baden-Württemberg, der Eh-rensenatorwürde der Universität Heidelbergusw. usf., hatte neben seiner Tätigkeit als Zen-tralratschef u. a. folgende Funktionen:

Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Karls-ruhe,Präsident des Oberrates der Israeliten Ba-den-Badens,Gründungsmitglied der Heidelberger Hoch-schule für jüdische Studien,Präsident des Israel Bonds in der Bundes-republik,Vorsitzender des jüdischen Makkabi-Ver-bandes,Herausgeber der Allgemeinen JüdischenWochenzeitung,Vizepräsident der Europäischen Sektion desJüdischen Weltkongresses,Vorsitzender des Rohstoffverbandes Baden-Württemberg,Stellvertretender Vorsitzender des Großhan-dels-Ausschusses BaWü,Mitglied der Vollversammlung des Außen-handels-Ausschusses der Industrie- undHandelskammer Mittlerer Oberrhein,stellvertretender Vorsitzender des ZDF-Fern-sehrates,Mitglied des ZDF-Richtlinien- und Koor-dinierungsausschusses,Beauftragter der Jewish Claims Conferencefür die Bundesrepublik Deutschland.

„Weder Einflussnahme nochKontrolle”

Die Fälle Auerbach und Nachmann sind nurBeispiele. Immer wieder gab es, von Beginn anbis heute, Skandale und Affären, die eine ansich ehrenwerte Sache, Wiedergutmachung fürentsetzliche Schandtaten, in Misskredit geratenließen. Gewaltige Summen flossen in dunkleKanäle.In den 50er-Jahren gab es einen zaghaften Ver-such bundesdeutscher Behörden, Kontrolleneinzuführen. Die Gegenseite aber lehnte esentschieden ab, sich von den Deutschen beauf-sichtigen zu lassen. Und am 22. September

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Das Schilumim-Management 167

1997 antwortete Staatssekretärin Irmgard Kar-watzki namens der Bundesregierung auf eineParlamentarische Anfrage des Bundestagsabge-ordneten Heinrich Lummer, der wissen wollte,wie es um eine Überwachung der Verteilungvon Wiedergutmachung bestellt sei (Bundes-tagsdrucksache 13/8596):

»Von deutscher Seite ist weder eine Ein-flussnahme auf die Vergabepraxis noch eineKontrolle des tatsächlichen Mitteleinsatzesmöglich.«

In dem 1985 vom Bundesfinanzministerium he-rausgegebenen Werk „Der Werdegang des Ent-schädigungsrechts” wurde in vorsichtiger Formdas Thema Schilumim-Betrug angesprochen:

»Kein Zweifel, dass in der Entschädigung —wie in anderen Zweigen der Wiedergutma-chung — eine erkleckliche Zahl von Verfahrengelaufen ist, in denen „frisierte” Fakten zumErfolg geführt haben. Wie hoch diese Dun-kelziffer in DM ausgedrückt sein mag, weißwohl niemand.«

Der juristische Beauftragte der Jewish Agencyfür Wiedergutmachungsfragen in Bundes-deutschland, der tadellos beleumundete jüdi-sche Rechtsanwalt Dr. Carl Walter Schwarz,wies die Behauptung einer deutschen Journa-listin, dass viele Antragsteller auf Wiedergut-machung von den deutschen Behörden „Ernied-rigungen ausgesetzt” gewesen seien, in derZeitschrift „Juristische Schulung”, Juni 1986,zurück:

»Kein Verfolgter ist jemals erniedrigt wor-den, es sei denn, er hätte sich selbst ernied-rigt und missbräuchlich Leistungen erschli-chen. Dies ist vielfach geschehen und diedabei zu Tage getretene kriminelle Energieund Phantasie waren bemerkenswert.«

In Israel hat es immer wieder Protestbewe-gungen mit dem Vorwurf an die Regierunggegeben, sie würde die von den Deutschen ge-zahlten Wiedergutmachungsgelder nicht korrektan Berechtigte weiterleiten. So wurde bei -

spielsweise am 2. Mai 1999 von den „IsraelNachrichten” titelseitig der Aufruf zu einerKundgebung drei Tage später auf demRabin-Platz in Tel Aviv veröffentlicht, in dem eshieß:

»Ihre Anwesenheit ist sehr wichtig, damitwir uns alle vereinigen, um gegen die Be-nachteiligung und fortgesetzte Vernachlässi-gung im Zusammenhang mit Geldern zu pro-testieren, die im Finanzministerium fürHolocaust-Überlebende bereit liegen, ohnedass sie zu ihnen gelangen würden. Vieleweitere Geldsummen sollen im Finanzminis-terium eintreffen und wir fordern, dass siean die Holocaust-Überlebenden ohne wei-tere Verschleppung verteilt werden.«

Kritik prominenter Juden

Die Schilumim-Manager der Jewish ClaimsConference selbst sind in jüngster Zeit beson-ders heftig von zwei prominenten Abstam-mungsgenossen attackiert worden:Von dem New Yorker Soziologen und Hoch-schullehrer Prof. Dr. Norman Finkelstein (Sohneines Auschwitz-Überlebenden), der die JCCals Hauptbestandteil einer „Holocaust-Indus-trie” sieht, welche nichts anderes sei als

»ein einziger Wucherbetrieb auf dem mora-lischen Stand eines Monte-Carlo-Kasinos«.

Und von dem in der Schweiz lebenden Ge-schichtswissenschaftler Raul Hilberg (Hitler-Emigrant, Koryphäe der etablierten Holocaust-Forschung, Verfasser des Standardwerks „DieVernichtung der europäischen Juden”, Profes-sor emeritus der University of Vermont, von derUS-Regierung in ihre „Holocaust-Kommission”berufen), über den der jüdische Soziologe undPublizist Natan Sznaider 2002 am 15. Juli 2002in der „Frankfurter Rundschau” schrieb:

»Finkelsteins Analyse der „Holocaust-Indus-trie” hält er für zutreffend, und für ihn sind

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168 Fünfter Abschnitt

die jüdischen Organisationen schlimmer alsShylock selbst.«

„Israel Nachrichten” vom 31. Januar 1999:»Die Anwälte der Sammelkläger und dieWJC-Vertreter hätten die Banken auf unmo-ralische Weise, mit Beleidigungen und Er-pressung, zur Zahlung der Vergleichssummebewegt, erklärte Hilberg.«

Neben der JCC hat Hilberg also auch den vonEdgar Bronfman geführten Jüdischen Weltkon-gress, World Jewish Congress (WJC), im Visier.Schon am 22. Februar 2001 hatte der berühmteHolocaust-Historiker in einem Interview mit der„Frankfurter Rundschau” hinsichtlich nun auchnoch auf die Schweiz ausgedehnter Schilumim-Forderungen, die zur Zahlung von 1,25 Milliar-den Dollar durch eidgenössische Banken führ-ten, erklärt:

»Meiner Ansicht nach ist Finkelstein aufdem richtigen Weg. Das Problem ist, dassman Banken und Versicherungen fast wahl-los angreift, und zwar mit Milliardenklagen,ohne dass man weiß, wie viel Geld über-haupt auf diesen Konten lagert und wie vieleOpfer noch am Leben sind. Man geht von

240 000 jüdischen Sklavenarbeitern aus, vondenen die Hälfte überlebt habe. Woherkommt diese Rechnung, das ist doch reineFantasie. Man schlägt blindlings auf die Un-ternehmen ein und fordert massenhaft Geldund sagt, wenn Sie nicht zahlen, sorgen wirdafür, dass Sie in Amerika keine Geschäftemachen.«

Auch unter moralischen Gesichtspunkten seiein solches Vorgehen „nicht akzeptabel”. Hil-berg weiter:

»Ja, es handelt sich bei der Entschädigungs-frage um Erpressung, nicht im juristischenSinne, sondern in der öffentlichen Wahrneh-mung.«

In seinem Buch „The Holocaust Industry. Re-flections an Exploitation of Jewish Suffering”(Anfang 2001 in deutscher Übersetzung er-schienen: „Die Holocaust-Industrie. Wie dasLeid der Juden ausgebeutet wird”) schreibtNorman Finkelstein:

»Die Holocaust-Industrie instrumentalisiertden Völkermord an den Juden und beutetdas Leid der Opfer aus. Immer neue Entschä-digungsforderungen werden gestellt, von de-nen die Opfer aber kaum Nutzen haben. Jü-dische Verbände nutzen ihre moralischeMacht zu politischen Erpressungsmanövern.Das Gedenken an den Holocaust hat sichIosgelöst von dem tatsächlichen Verbrechenund dient als Druckmittel — um Israels Politikgegen jede Kritik zu immunisieren, um dieDefizite der USA in der eigenen Menschen-rechtspolitik zu verschleiern, um das „Shoah-Business” am Laufen zu halten. Die Würdeund Rechte der Opfer bleiben auf der Stre-cke.«

In einem Februar 2001 veröffentlichten Inter-view mit der Illustrierten „Neue Revue” be-hauptete Finkelstein unter der Schlagzeile„Schindluder-Liste”:— »Wenn es heute tatsächlich noch bedürfti-

ge jüdische Nazi-Opfer gibt, dann, weil die

JCC-KritikerProf. NormanFinkelstein

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Das Schilumim-Management 169

Mahnmal für die Opfer der Gewaltherrschaft in Bremen

JCC die deutschen Gelder, die für dieseMenschen gedacht waren, veruntreute ...Geld, das man der JCC gibt, ist in die Kloa-ke geworfen.«»Die JCC und der Jüdische Weltkongressmissbrauchen den guten Willen der Deut-schen, indem sie Geld erpressen und ihreGeldschränke füllen. Mit ihren skrupellosen,gemeinen Erpressungstaktiken sind diesejüdischen Organisationen die wichtigstenFörderer des Antisemitismus geworden.«»Solchen jüdischen Organisationen zu er-lauben, die Erinnerung an jüdisches Leidenauszunutzen, dient weder den Juden nochden Deutschen. Juden und Deutsche teilendas Interesse, sie aus dem Geschäft zuschmeißen. Niemand soll vom Leiden dererprofitieren, die umgekommen sind.«

Eine kurz darauf im Auftrag des Nachrichten-magazins „Der Spiegel” unternommene Mei -

nungsumfrage des Emnid-Instituts für Demo-skopie ergab, dass fast zwei Drittel derDeutschen die Ansichten Finkelsteins teilenund nur ein Viertel sie für falsch halten. Beiden Jüngeren unter 30 Jahren hat sich sogareine noch stärkere Zustimmung für Finkelsteinergeben.

Das Imperium schlägt zurück

Die Gegenseite holte umgehend die Antise-mitismus-Keule hervor. So musste sich Hilberg,lange Jahre weltweit gerühmter jüdischer„Bahnbrecher der Holocaust-Historiographie”,beispielsweise von Natan Sznaider in der„Frankfurter Rundschau” des 15. Juli 2002

»in beste antisemitische Tradition«einreihen lassen und schrieb Charles Maier imSammelband „Die Finkelstein-Debatte” (Mün-chen 2001), Finkelsteins Thesen würden

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170 Fünfter Abschnitt

»an eine Neuauflage der „Weisen von Zion”grenzen«.

Bei Natan Sznaider handelt es sich um einenProfessor für Soziologie am Academic Collegevon Tel Aviv in Israel. GeschichtsprofessorCharles Maier wirkt als Direktor des Minda deGunzburg Center of European Studies der Har-vard Universität (USA). Dieses, mit Zweigstelleauch in Berlin, ist nach der 1985 gestorbenenAileen Minda Bronfman de Gunzburg benannt,der Schwester des Weltkongress-Bosses EdgarBronfman, die mit dem in Frankreich lebendenBaron Alain de Gunzburg verheiratet war. DasProgramm für Deutschland- und Europastudiendes Gunzburg-Zentrums ist mit Geldern derdeutschen Bundesregierung eingerichtet wor-den. Aus diesem deutschen Topf gab es auchGunzburg'sche Finanzförderung für Daniel J.Goldhagens Kollektivverfluchung der Deut-schen, „Hitlers willige Vollstrecker”.Auch die „Israel-Fraktion” im Deutschen Bun-destag machte mobil. So forderte der sozialde-mokratische Abgeordnete Reinhold Robbe(Deutsch-Israelische Gesellschaft, Deutsch-Is-raelische Parlamentariergruppe, Gesellschaftfür Christlich-Jüdische Zusammenarbeit), aufdie deutsche Ausgabe des Finkelstein-Bucheszu verzichten, denn dieses sei

»in höchstem Maße schädlich und unverant-wortlich«.

Schon 1997 hatte es massive Versuche gege-ben, Finkelstein mundtot zu machen. Damalsging es um sein gegen Goldhagens antideut-sche Tiraden gerichtetes, gemeinsam mit derkanadischen Zeitgeschichtlerin Ruth BettinaBirn verfasstes Buch „A Nation an Trial. TheGoldhagen Thesis and Historical Truth”. Darinwar Goldhagen vorgeworfen worden, die Fak-ten „maßlos verzerrt” und sie „mit einem Netzvon Phantasien überzogen” zu haben. Über dieVersuche, die deutsche Übersetzung, „Eine Na-tion auf dem Prüfstand. Die Goldhagen-Theseund die historische Wahrheit”, zu verhindern,

berichtete Kanzler Schröders Ex-KulturministerMichael Naumann am 9. Februar 2001 in einemInterview mit der „Netzzeitung”:

»Es hat seinerzeit einen Anruf gegeben einesführenden Redakteurs der „New York Repu-blic”, Leon Wieseltier, der Norman Finkel-stein wörtlich mit Ungeziefer verglich. Näm-lich mit den Tieren, die man findet, wennman einen Stein hochhebt. Des Weiterenhat es massive Versuche von Abraham Fox-man von der jüdischen Anti-Defamation Lea-gue gegeben, der öffentlich Stellung nahm.Unter dem Hinweis darauf, dass der Holt-Verlag in deutschem Besitz sei, wollte eruns, den Holt-Verlag, dazu bewegen, dasBuch nicht zu veröffentlichen. Das zog sichdann in die Presse hinein, bis zur „New YorkTimes".«

Foxmans Anti-Defamation League gehört zumNetzwerk des internationalen jüdischen Logen-bundes B'nai B'rith. Wieseltier ist Funktionsträ-ger des American Jewish Congress. B'nai B'rithund American Jewish Congress zählen zur Füh-rung der Jewish Claims Conference, also desSchilumim-Managements. 1993 beschrieb Wie-seltier, was ihm ein Hauptfinanzier des Simon-Wiesenthal-Center über die „Spielregeln” er-klärt habe:

»Israel, jüdische Erziehung und all die ande-ren bekannten Stichworte scheinen nichtmehr überzeugend genug, um die Juden zurSolidarität anzuspornen. Nur der Holocaustfunktioniert.«

„Deutsch-israelischeRüstungszusammenarbeit”

Die „teilweise unter Umgehung geltendenRechts” („Frankfurter Allgemeine”, 12. Dezem-ber 2002) betriebene „deutsch-israelische Rüs-tungszusammenarbeit”, hinter der sich nichtsanderes verbirgt als bundesrepublikanischeKriegswaffengeschenke gewaltigen Ausmaßes

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Das Schilumim-Management 171

an den jüdischen Staat, stellt ein ganz beson-ders eigentümliches Kapitel der Schilumim-Ge-schichte dar. Auch dass Deutschland Israel gra-tis mit Panzern, Raketen, U-Booten usw.versorgt, wird nämlich als Wiedergutmachungfür Massenverbrechen der Hitlerzeit deklariert.

Schon bevor die ersten Hauptprotagonisten be-sagter „Rüstungszusammenarbeit”, Franz JosefStrauß und Schimon Peres, die Bühne betraten,war Israel aus deutschen Militärbeständen,Hinterlassenschaften der Wehrmacht, bedientworden, für die allerdings gezahlt werdenmusste. Kein Geringerer als der nachmaligeStaatspräsident Ezer Weizman, Kommandantder ersten Staffel der israelischen Luftwaffe,war daran beteiligt gewesen, Messerschmitt-Kampfflugzeuge aus der Tschechoslowakeinach Palästina zu überführen. Mit ihnen konn-ten er und seine Kameraden die Angriffe derägyptischen Luftwaffe im Krieg 1948 zurück-schlagen.Die Ursprungsvereinbarung über bundesdeut-sche Waffenlieferungen an den Judenstaat tra-fen 1957 der damalige Verteidigungsminister(und nachmalige bayerische Ministerpräsident)Strauß und Israels Chef-Waffenbeschaffer (Ge-neraldirektor im Verteidigungsministerium, spä-ter Premier) Peres. Ab Anfang der 60er-Jahrelief die Transaktion in großem Stile an. In den„Israel Nachrichten” vom 12. November 1999berichtete Bundesdeutschlands Ex-Botschafterin Israel, Dr. Niels Hansen, ausführlich überden Ablauf der Dinge:

Adenauer habe im August 1962 endgültig zuge-stimmt, dass „der Beistand nunmehr voll anlau-fen” konnte. Und auch die SPD-Spitze (Fritz Er-ler, Erich 011enhauer) habe mitgezogen.Schimon Peres sei von Art und Umfang derdeutschen Lieferungen begeistert gewesen undhabe im Nachhinein bekundet:

»Die Qualität war ausgezeichnet, der Um-fang beträchtlich ... Deutschlands Hilfe ist

ein wichtiger, sehr wichtiger Beitrag gewe-sen.«

Insbesondere Strauß, so Peres weiter, habe zuIsraels Sicherheit „sehr substantiell beigetra-gen”; durch die von ihm veranlassten Waffen-li eferungen sei die israelische Armee „zum ers-ten Mal fast verwöhnt” worden. Als er am 28.Mai 1963 zu einem Israel-Besuch eintraf, soüberliefert es Hansen, wurde der CSU-Politikervon Mosche Dajan, dem Ex-Generalstabschefund späteren Verteidigungsminister, auf demFlugplatz mit den Worten empfangen, er kom-me,

»um dem Mann zu danken, der unserer Nati-on in den schwersten Stunden beigestandenhat«.

Tarnnetze geworfen

Die Zahl der eingeweihten Personen sei in bei-den Ländern möglichst gering gehalten worden,notiert Hansen,

»und selbst den Bundespräsidenten und denBundestagspräsidenten ließ man außen vor.In Deutschland entschied auf Regierungs-ebene nicht das Kabinett, sondern der eben-falls unter dem Vorsitz des Kanzlers tagendekleine Sicherheitsrat. Israelischerseits ver-fuhr man ähnlich ... Selbst die Bonner Alli-ierten wurden zunächst nicht ins Vertrauengezogen, und Peres unterrichtete auf BittenErlers erst im April 1963 beiläufig PräsidentJohn F. Kennedy, der einverstanden war.«

Man warf Tarnnetze aller Art. Hansen:»Anfänglich waren zur Tarnung Leihgabenoder Verpachtungen vereinbart worden. DieVerbringung des Materials nach Israel muss-te verschleiert werden. Die außerhalbDeutschlands produzierten Waffen, z. B.schwedische Fla-Geschütze, wurden gleichvom Herstellerland aus zum Versand ge-bracht und die Rechnung durch Bonn begli-chen.«

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172 Fünfter Abschnitt

Die „abenteuerlichsten Methoden” seien zumZuge gekommen. Hansen zitiert Franz JosefStrauß:

»Wir haben die Israel zugesagten Geräteund Waffen heimlich aus den Depots derBundeswehr geholt und hernach als Ablen-kungsmanöver bei der Polizei in einigen Fäl-len Diebstahlsanzeige erstattet.«

Die unter französischer Lizenz in Deutschlandgebauten Noratlas-Transportflugzeuge seienvon der deutschen zunächst an die französischeLuftwaffe geliefert und von dieser an die israe-lische weitergereicht worden. So hätten dieFranzosen Mitte Mai 1960 die ersten drei Ma-schinen auf ihrem Flugplatz Lahr in Empfanggenommen und sie gleich den israelischen Pilo-ten übergeben. Diese überpinselten das EiserneKreuz mit dem Davidstern und landeten viaMarseille 24 Stunden später in Israel.Noch ein weiterer Trick wird von Hansen ge-schildert:

»Die Abgabe amerikanischer Sikorsky-Hub-schrauber, deren Weiterleitung vom Wa-shingtoner Office of Munitions Control nichtgenehmigt war, ging 1963 so vor sich, dassdie Helikopter bereits auf dem Weg von denUSA im Hafen eines Drittlandes nachts vomdeutschen auf ein parallel ankerndes israe-lisches Transportschiff umgeladen wurden... Am 15. August 1963 erhob die US-Bot-schaft im Auswärtigen Amt Vorstellungengegen das Auftauchen von 15 bis 20 Hub-schraubern amerikanischer Bauart in Israel,welche Verstärkung der israelischen Luft-streitkräfte geeignet sei, das militärischeKräftepotenzial im Nahen Osten zu verschie-ben und daher die amerikanische Regierungbeunruhige. Darauf wurde zwei Wochenspäter geantwortet, die Apparate seien denIsraelis „zu Ausbesserungszwecken” und„vorübergehend leihweise” zur Verfügunggestellt worden, womit man sich, offenbaraugenzwinkernd, zufriedengab.«

Nach dem Wechsel an der Spitze des BonnerVerteidigungsressorts 1962 war eine Beschleu-nigung und Ausweitung deutscher Schilumim-Waffenlieferungen an Israel festzustellen. Han-sen:

»Nach dem Rücktritt von Strauß Ende No-vember 1962 honorierte dessen NachfolgerKai-Uwe von Hassel, den Peres am B. Juni1963 zum ersten Mal traf, nicht nur die ein-gegangenen Zusagen, sondern er verlegtegewisse Lieferungen vor. Zusätzliche Aufträ-ge für die Bundeswehr wurden vereinbart.Der neue Minister zeigte sich sogar bereit,ein Dutzend Kampfpanzer Leopard zur Ver-fügung zu stellen. Tanks waren schon vonStrauß in Aussicht genommen worden, undtatsächlich wurden 1963 ein paar abge-geben. Israel benötigte sie dringend, um dieAusstattung Ägyptens mit modernen T 34/85und T 54 durch die Sowjets auszugleichen.In der Unterredung (mit Peres) vom 30. Juni1964 stimmte Hassel weiteren Bitten zu.«

Dem christdemokratischen Außenminister Ger-hard Schröder behagten die — zurückhaltendausgedrückt — halblegalen Waffenzuschiebun-gen freilich so gar nicht. Schon Anfang 1962richtete er eine Beschwerde an den Kanzler:

»Das Auswärtige Amt wurde bisher über denStand der rüstungswirtschaftlichen Bezie-hungen zu Israel nicht ausreichend unterrich-tet. In der vierteljährlich übermittelten Län-derstatistik der Rüstungskäufe waren dieZahlen für Israel entweder überhaupt nichtenthalten oder offensichtlich verschleiert, d.h. insbesondere die über Liechtenstein lau-fenden Käufe entweder gar nicht enthaltenoder in der Rubrik „sonstige Länder” unter-gebracht.«

Aus eigener Erfahrung als leitender Beamterdes Auswärtigen Amtes weiß Hansen zu be-richten:

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Das Schilumim-Management 173

»Jedenfalls auf Referats- oder Abteilungslei-terebene erhielt man überhaupt keine Aus-kunft über Rüstungslieferungen nach Israel.«

Nachdem Ludwig Erhard Konrad Adenauer alsKanzler abgelöst hatte, wurde Schröder erneut,und abermals erfolglos, mit einer Beschwerdebeim Regierungschef vorstellig:

»Ich halte diesen Zustand für untragbar undhöchst gefährlich und möchte Ihnen dahervorschlagen, dass Sie sobald wie möglich zueiner Besprechung mit Herrn von Hassel undmir einladen, auf der der ganze Fragenkom-plex erörtert wird.«

Es nützte alles nichts. Trotz Schröders Beden-ken wurden die Waffentransaktionen nachNahost fortgesetzt. Und mit der 1964 erfolgtenLieferung von 150 Panzern M 48 A 1 (Patton)aus Deutschland an den jüdischen Staat be-gann dann, so Hansen,

»die letzte und folgenschwerste Etappe derVerteidigungshilfe für Israel vor Aufnahmeder diplomatischen Beziehungen«.

Nicht immer ganz koscher ...

Im Prinzip wie in bereits geschilderter Manier,doch noch deutlich umfangreicher, ging es inden folgenden Jahrzehnten weiter. In den 80er-Jahren begann zusätzlich die Ausbildung israe -

lischer Soldaten in Deutschland. Auch dieCamouflage wurde perfektioniert: 1971 unter-zeichneten die Verteidigungsminister beiderLänder ein Abkommen, in dem sie sich ver-pflichten, die „Geheimschutzeinstufung” der je-weils anderen Seite „bei der Zusammenarbeitzu respektieren”. Was praktisch auf ein bilate-rales Schweigegelübde hinauslief.Die 90er-Jahre allerdings begannen zum mäch-tigen Arger der deutsch-israelischen Trappis-tenbruderschaft mit dem lautstarken Auffliegender gesetzwidrigen Belieferung Israels mit Pan-zern aus Beständen der DDR-Volksarmee. DerBundesnachrichtendienst hatte die Tanks alsLandmaschinen getarnt und in Hamburg aufSchiffe verladen, dummerweise aber verges-sen, die Wasserschutzpolizei zu informieren.Diese kassierte die Konterbande erst einmalein.Die Panzer wurden „natürlich” trotzdem nochnach Israel geliefert. Doch im Dezember 1991musste Kohls für Rüstungskontrolle und Ge-heimdienste zuständiger KanzleramtsministerLutz Stavenhagen infolge der Affäre zurücktre-ten. Nur kurz darauf, Mai 1992, nahm derMann sein Wissen um mysteriöse Hintergründeund Hintermänner mit ins Grab. Bis dahin beibester Gesundheit, starb er plötzlich und uner-wartet „an einer Lungenentzündung”, gerademal 52 Jahre alt.

„Bild', 14. Februar 1991

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174 Fünfter Abschnitt

Im Vorfeld und während des Golfkrieges1990/91 gab es zusätzliche Liebesgaben an Is-rael aus bundesdeutschem Kriegswaffenarse-nal, beispielsweise die Panzer „Fuchs”. Zuvorhatten „Netz"-Medien die von der zionistischenPropaganda aufgebrachte Horrormeldung ver-breitet, Israels Bedrohung durch irakische „Gift-gasraketen” sei durch die Lieferung deutscherTechnik an Bagdad verursacht worden.

Am 14. Februar 1991 berichtete die Bayern-Ausgabe der „Bild"-Zeitung:

»Seit Dienstag sind 32 junge Israelis im All-gäu untergebracht. In der Jägerkaserne inSonthofen. Nach den Raketenangriffen undden Giftgas-Drohungen durch Saddam Hus-sein hat Bonn dem Staat Israel acht Giftgas-Spürpanzer „Fuchs” geschenkt. Die israe-lischen Soldaten werden jetzt für denEinsatz damit ausgebildet. Drei WochenSchulung unter dem Kommando von OberstShimon Azriel.«

Das dem Netz mit jeder Faser verpflichteteBlatt des Springer-Konzerns freute sich übereine Reihe von „Sonder-Maßnahmen für dieGäste aus Israel”, beispielsweise:

»Die Einkleidung der an Sommertemperatu-ren gewohnten Mannschaft mit Bundes-wehr-Parka, Pullover, Stiefel, Feldmütze so-wie warmer Unterwäsche.«

Dann der Höhepunkt:

»Koscheres Essen wird mit Bundeswehr-Flugzeugen aus Brüssel eingeflogen, kosche-res Geschirr wurde eigens für die Gäste ge-kauft.«

Zum Glück, beschloss die „Bild” ihre Bericht-erstattung, fühle sich die israelische Militär-mannschaft gemäß Auskunft des Obersten Az-riel nicht dadurch verunsichert, dass man sie inSichtweite der ehemaligen SS-OrdensburgSonthofen einquartiert hatte.

Ließ Dönitz grüßen?

Ende der 90er-Jahre kam es zu weiteren Inten-sivierungen der „militärischen Zusammen-arbeit” zwischen Bundesdeutschland und Israel,beispielsweise durch Lieferung von „Pa-triot"-Raketen aus deutschen Beständen anden jüdischen Staat. Neue Verträge wurden ge-schlossen. So meldeten die „Israel Nachrich-ten” am 27. November 1998 auf der Titelseite:

»Der neue Staatssekretär im Verteidigungs-ministerium der Bundesrepublik, Dr. WaltherStützle, und der Generaldirektor des israe-lischen Verteidigungsministeriums, General-major d. R. Ilan Biran, haben in Tel Aviv einProtokoll über die Zusammenarbeit zwischenDeutschland und Israel im Bereich der Mili-tär-Technologie unterzeichnet.«

Zu den bundesdeutschen Schilumim-Waffen-geschenken an den jüdischen Staat gehörentraditionell auch Unterseeboote. Wobei mangelegentlich den Umweg wählte, dass in Eng-land gebaut, von der Bundesrepublik bezahltund dann von den Briten direkt an Israel gelie-fert wurde.Der jüngste Geschenkvorgang betrifft die „Dol-phin”, „Tekuma” und „Leviathan” aus derU-Boot-Klasse „Delphin”, deren Bau und Liefe-rung auf deutsche Kosten von Kohls Außen-minister Genscher bei seinem Israel-Besuch An-fang 1991 zugesagt wurde. Am 5. August 1999schrieb das Zentralratsblatt „Allgemeine Jüdi-sche” sinnigerweise unter der Schlagzeile „Dö-nitz lässt grüßen. Israel erhält deutsche U-Boo-te”

»Den sprichwörtlichen großen Bahnhof hat Is-rael dem ersten von drei in Deutschland ge-bauten U-Booten am Dienstag vergangenerWoche bereitet. Präsident und Regierungs-spitze waren in Haifa zur Stelle, als das grün-liche Boot, von dem nur der Turm und dieKonturen erkennbar waren, mit seinen fünf-unddreißig Mann Besatzung in den Heimatha-

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Das Schilumim-Management 175

fen Haifa einfuhr. Die neue hochmoderneU-Boot-Waffe bedeutet einen gewaltigenQualitäts-Sprung für die israelische Marine.Seinen arabischen Nachbarn, vor allem Ägyp-ten, ist nicht wohl dabei. Sie befürchteten, Is-rael könne sich mit den Booten eine nukleareZweitschlagkapazität aufbauen.«

Deutschland habe 1,5 Milliarden Mark für dieseneue Waffengabe bezahlt, schrieb die „All-gemeine” beim Eintreffen des ersten geschenk-ten U-Bootes Marke „Delphin” in Israel weiterund fuhr fort:

»Auf den Punkt brachte es ein Offizier derBesatzung im Gespräch mit der Zeitung„Haarerz”: „Ich bin der Sohn von Holocaust-Überlebenden. Ich sehe das so: Es ist keinGeschenk, es steht uns zu."«

Fortsetzung dürfte schon alsbald folgen. Am 20.Februar 2003 brachten die „Israel Nachrichten”,sozusagen zur Einstimmung, auf der Titelseitedie Nachricht:

»Die israelische Marine ist am Erwerb vonzwei weiteren deutschen U-Booten des Typs„Delphin” interessiert. Israel und Deutschlandhätten in dieser Frage erste Gespräche auf-genommen, meldete „Haaretz” am Mittwoch.«

Zwischenzeitlich hatten sich die Verdachts-momente, Israel könnte die ihm von den Deut-schen gelieferten U-Boote mit atomarenMarschflugkörpern bestücken, weiter verstärkt.Auch US-Medien brachten Berichte, dass esgeschehen sei. Damit wäre Israel neben denUSA und Russland zum dritten Land aufgestie-gen, das lenkbare Atomwaffen von Untersee-booten starten kann.

Ein Orden für den„deutschen Tiger”

Am 15. April 2002 berichtete die „FrankfurterRundschau” in einer längeren Abhandlung überdie abermalige Ausweitung der israelisch-deut-schen Militärvernetzung und schrieb von

»Zusammenhängen, die der deutschen Öf-fentlichkeit kaum bewusst sind«.

Das Blatt zitierte den israelischen Brigadege-neral Reuven Benkler, Militärattache seinesLandes in Berlin:

»Die Beziehungen finden alltäglich statt, un-unterbrochen. Es sind Arbeitsbeziehungenvon Verbündeten.«

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176 Fünfter Abschnitt

Benkler, so die „Frankfurter Rundschau” weiter,erzähle

»von den Reisen der Bundeswehrspitzennach Israel, vom letzten Besuch des israe-lischen Marinebefehlshabers und von Begeg-nungen der Logistikchefs beider Armeen inDeutschland, von israelischen Offizieren, diedeutschen Geheimdiensten Besuche abstat-ten ... Und weil die deutsche Armee so pro-fessionell arbeitet, sendet Israel nicht nurhohe Offiziere ins Land der Bundeswehr,sondern auch Alpinistentrupps, Ingenieure,Luftwaffen- und Marinesoldaten, erzähltBenkler. Unter Anleitung von Bundeswehr-kollegen lernen israelische Soldaten in Flug-und U-Boot-Simulatoren den Umgang mit ih-rem Kriegsgerät. Umgekehrt schickt die Bun-deswehr Scharfschützen und andere „wichti-ge Kräfte” zu Übungen nach Israel.«

Als besonderen Ausdruck solcher „militärischerHarmonie” wertete die „Frankfurter Rund-schau” folgenden Vorgang:

»Kurz vor seiner Pensionierung zeichnete dieisraelische Armee den deutschen Heeres-In-spekteur Helmut Willmann voriges Jahr miteiner „Honorary Citation” aus. Willmann hat-te sich als Chef des deutschen Heeres starkfür die Zusammenarbeit mit den Israelis en-gagiert ... Erstaunlicherweise zeichnete dieisraelische Armee den Deutschen als erstenNicht-Israeli aus, zudem noch, gegen dasPrinzip, für Leistungen außerhalb des Kamp-fes. Bei der Verleihung des Ordens feiertendie Israelis Willmann als den „deutschen Ti-ger”, produzierten ihm zu Ehren ein Helmut-Willmann-Video, und seine israelischen Kol-legen versicherten ihm: „Wenn Du nachIsrael kommst, bist Du bei uns zu Hause."«

Übrigens hatte Willmann auch regelmäßige is-raelisch-deutsche Heeres-Generalstabsgesprä-che eingeführt.Dass unter den befehlsgemäß nach Israeldienstreisenden deutschen Soldaten und Offi -

zieren „vielleicht Enkel von KZ-Wächtern undWehrmachtssoldaten” seien, interessiere Isra-els Militärattache nicht, notierte die „Frankfur-ter Rundschau” noch. Für Holocaust-Pädagogikallerdings sei gesorgt:

»Seit 1999 schickt die Bundeswehr jährlich15 Offiziersanwärter nach Israel, die durchsLand reisen, die Holocaust-Gedenkstätte YadVaschem besuchen und sich bei Übungen inder Negev-Wüste mit israelischen Elitesol-daten messen.«

Was der AA-Chef„durchgehen lässt”

Über den Umfang des Militärtransfers wisse,so die „Frankfurter Rundschau”, außer demengsten Kreis der Beteiligten niemand Be-scheid, auch nicht, wie viele Waffen „am Bun-destag vorbei” nach Israel geliefert worden sei-en. Es stehe aber fest und sei sogar an offiziellpublizierten Zahlen abzulesen, dass kein Landaußerhalb der Nato so viel Kriegsgerät ausDeutschland erhalte wie Israel. Die Zeitungfuhr fort:

»Nach Informationen des Militärexperten Ot-fried Nassauer vom „Berliner Informations-zentrum für transatlantische Sicherheit” be-zieht Israel Komponenten aus deutscherProduktion für seine Waffen oder Waffen-systeme. Darunter seien Bauteile für Panzer,Lastwagen, Hubschrauber und Flugzeuge,„Optronik”, elektronische Bausteine und Zün-der. Dass deutsche Komponenten im Kampfgegen die Palästinenser eingesetzt werden,hält Nassauer „in bestimmten Bereichen” für„ziemlich wahrscheinlich".«

In den „politischen Grundsätzen” der rotgrünenBundesregierung von Januar 2000 aber heißtes, Export von Kriegswaffen und „kriegswaffen-nahen sonstigen Rüstungsgütern” sei in solcheLänder verboten,

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Das Schilumim-Management 177

»die in bewaffnete Auseinandersetzungenverwickelt sind oder wo eine solche droht«.

Nicht von ungefähr also notierte der „Spiegel”am 9. Dezember 2002:

»Grünen Puristen stünden sämtliche Haarezu Berge, urteilt ein Berliner Wehrexperte,wenn sie wüssten, was ihr Vormann JoschkaFischer schon alles im Bundessicherheitsratdurchgehen ließ.«

Die Zuchtrute hatte ein israelkritischer Politikerder Grünen bereits 1991 zu spüren bekommen:Christian Ströbele. Als er die irakischen Rake-tenangriffe auf Israel als

»Konsequenz der israelischen Politik den Pa-lästinensern und den arabischen Staaten,auch dem Irak gegenüber«

bezeichnete, wurde er einem Trommelfeuer derBetroffenheit und Empörung ausgesetzt undmusste schließlich, trotz tiefer Verbeugungen,von seinem Amt als Grünen-Sprecher abtreten.Von „Joschka” Fischers Verhalten her jeden-falls verwundert es wenig, dass der jüdischeChef des Fritz Bauer-Instituts Prof. Micha Brum-li k bei der Bundestagswahl 1998 auf der Titel-seite des Zentralratsblattes „Allgemeine Jüdi-sche” zur Wahl der Grünen aufrief, denn:

»Sie bringen dem Staat Israel eine tragfestekritische Solidarität entgegen. Israel weiß,was es an Bündnis 90/Die Grünen hat.«

Zugleich zeigte sich Brumlik begeistert darüber,dass die Grünen

»die konsequente Aufhebung des völkischendeutschen Staatsangehörigkeitsrechts sowieeine generöse und verantwortete Einwan-derungspolitik befürworten«.

Da könnte man sich fragen, was wohl in IsraelIos wäre, würde dort eine maßgebliche Persön-li chkeit die konsequente Aufhebung desstrengstens an nationalen Kriterien ausgerich-teten Staatsangehörigkeitsrechts und eine ge-neröse Einwanderung auch von Nichtjuden ver-langen.

„Israel bekommt, was es braucht”

Am 3. Mai 2003 schrieb die „Frankfurter All-gemeine Zeitung”:

»Deutschland habe einen Rüstungsboykottüber Israel verhängt: Als vor einigen Wochenderartige Berichte auftauchten, rief das inBerlin einiges Erstaunen hervor. Das habesie getan, so lauteten die Berichte, um dieisraelische Regierung zur Mäßigung im Vor-gehen gegen die Palästinenser zu bewe-gen.«

Zunächst sei unklar geblieben, was von diesenBerichten zu halten gewesen sei. Allmählich je-doch würden sich „die Nebel lichten”:

»Substantielle Einschränkungen des lebhaf-ten Rüstungsgeschäfts mit Israel gibt esnicht und eine kurze Phase der Zögerlichkeitist weitgehend vorüber.«

Bundeskanzler Gerhard Schröder habe vor demBundestag klargestellt:

»Ich will ganz unmissverständlich sagen: Is-rael bekommt das, was es für die Aufrecht-erhaltung seiner Sicherheit braucht, und esbekommt es dann, wenn es gebraucht wird.«

Die deutschen Schilumim in Form von „Militär-kooperation” mit Israel haben zu einer Entwick-lung beigetragen, über deren Ergebnis am 17.September 1999 die „Allgemeine Jüdische” mitsichtlichem Stolz berichtete:

»Dass Israel eine Waffenschmiede von nichtgerade kleinen Ausmaßen ist, ist hinlänglichbekannt. Jetzt bestätigt es auch die ame-rikanische Fachzeitschrift „Defense News”mit aktuellen Zahlen. Danach ist Israel dersechstgrößte Waffenproduzent in der Welt.Sechs israelische Firmen gehören zu denweltweit größten einhundert Rüstungsunter-nehmen. Nur vier andere Länder — die USA,Großbritannien, Frankreich und Japan — kön-nen mehr Hersteller unter den Top Einhun-dert vorweisen.«

Page 178: David Korn: Das Netz  Israels Lobby in Deutschland

178 Fünfter Abschnitt

Dr. J. Bar-Tikwah, führender Vertreter der lin-ken israelischen Kibbutzbewegung, schriebschon 1970 in seiner Sozialgeschichte „Das un-heilige Land” über Militanz im jüdischen Staat:

»Aus Europas krummen, lebensschwachenJuden entstand ein gefährliches Soldaten-volk.«

Bleibt zu diesem Kapitel noch anzumerken,dass Israel Wiedergutmachungszahlungen füreigene Taten konsequent verweigert, obwohles in immerhin schon fast achthundert Resolu -

tionen der Vereinten Nationen verurteilt wor-den ist. Typisch dürfte folgender Vorgang sein:Bei zwei Gegenstimmen (die US-amerikanischeund die israelische) verpflichtete die UN-Voll-versammlung 1997 den Staat Israel zur Zahlungvon 1,7 Millionen Dollar an den Libanon wegendes am 18. April des Vorjahres erfolgten Be-schusses des UNIFIL-Flüchtlingslagers beimDorf Kana mit 105 toten Zivilpersonen. Der is-raelische UNO-Delegierte David Peleg reagiertedarauf mit der Ankündigung, sein Land werdekeinen einzigen Cent hergeben.

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Sechster Abschnitt

„Wollen jüdischer als Juden sein”

Sichron awotejnu

Der US-jüdische Jurist und Publizist ProfessorDr. Franz Oppenheimer warnte die Deutschenin einem Aufsatz (Übersetzung in: „FrankfurterAllgemeine Zeitung”, 14. Mai 1986) vor

»kollektiver Schuldbesessenheit«.Der jüdische Philosophieprofessor Ernst Tu-gendhat schrieb in der „Zeit” des 22. Februar1991 von einer

»irrationalen Verarbeitung des Holocausts,was die Deutschen dazu disponiert, einzukni-cken, wenn von den Israelis mit dem Fingerauf sie gezeigt wird«.

Die auflagenstärkste jüdische Gegenwarts-autorin Salcia Landmann hat bei den Deutscheneine

»kollektive Bußbereitschaft wegen Ausch-witz, die schon lange irrationale, massenpsy-chotische Elemente birgt«,

diagnostiziert (in: „Welt am Sonntag”, 10. No-vember 1991).Und von Professor Dr. Julius H. Schoepsstammt die folgende Analyse neudeutscher

Psyche bzw. Psychose (in: „Aufbau”, New York,15. Februar 2001):

»Die deutsche Gedenkkultur hat fast selbst-quälerische Züge angenommen ... Es gibt inDeutschland eine Sucht, jüdischer als die Ju-den sein zu wollen. Darüber ist noch wenignachgedacht worden. Es wäre jedoch unbe-dingt notwendig, denn mittlerweile hat die-ses Syndrom krankhafte Züge angenom-men.«

Schoeps, einer der bekanntesten und scharfsin-nigsten Repräsentanten jüdischen Lebens inDeutschland, Historiker und Direktor des Pots-damer Moses-Mendelssohn-Zentrums, ist Sohndes berühmten preußisch-konservativen Publi-zisten und Philosophen Prof. Hans-JoachimSchoeps (1909-1980). Der hatte nach HitlersMachtübernahme, bevor er enttäuscht denWeg in die Emigration antrat, mit seinem„Deutschen Vortrupp — Gefolgschaft deutscherJuden” dem vaterländischen Judentum imReich einen Überlebensraum schaffen wollen.Julius H. Schoeps gibt im Anhang seines Bu-ches „Über Juden und Deutsche” (Stuttgart/

„Aufbau "-Schlagzeile vom 15. Februar 2001

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180 Sechster Abschnitt

Bonn 1986) den Brief wieder, den ihm sein Va-ter 1943 im gemeinsamen schwedischen Exilsozusagen ins Stammbuch geschrieben hatte.Darin rief Hans-Joachim Schoeps die dringendeMahnung seines Urgroßvaters in Erinnerung,„sich immer nur jüdisch, gemeint im rassischenSinne, zu verheiraten” und fuhr fort:

»Ich gebe Dir diesen Rat, der 5 Generationenvor Dir erteilt wurde, hiermit weiter. Ich er-zähle Dir so viel von Deinen Ahnen, weil ichmeine, dass jeder Mensch in einer Kette desBlutes und der Erinnerung steht, die für dieJuden nach unserem Glauben bis zum Sinaizurück reicht. Das ist ein großes Mysterium:Auch Du hast dort gestanden, auch Dir gel-ten alle Verheißungen und Strafandrohun-gen, die Gebote der Thora als Richtschnurfür das Leben und die kommende Erlösungvon aller Schuld. Das Gedenken der Kette,das sichron awotejnu, ist deshalb für uns sowichtig. Das Heraustreten aus ihr ist dergeistige Tod. Aber solange noch ein jüdi-sches Kind nach seinem Vater Kaddischsagt, solange gibt es Judentum und — diesdas zweite Geheimnis — solange gibt es indi-viduelle Unsterblichkeit.«

„Sichron awotejnu”, vom alten Schoeps be-wusst in hebräischen Lettern geschrieben, be-deutet soviel wie „Ehre unseren Vorvätern”,das „Kaddisch"-Gebet gilt dem Andenken Ver-storbener.

„Du bist meschugge!”

Das Gebot „Sachor ” (= „Erinnere Dich!”) hatteimmer schon eine wichtige Bedeutung bei denJuden. Zweitausend Jahre schworen sie ge-mäß Psalm 137,5:

»Wenn ich dich je vergesse, Jerusalem,dann soll mir die rechte Hand verdorren.«

Und sie wurden nicht müde zu geloben:»Das nächste Jahr in Jerusalem.«

Von ihrem gut funktionierenden „historischenGedächtnis” zeugt auch der Kanon jüdischerFeiertage: So erinnert das Pessachfest an einendreitausend Jahre zurückliegenden Vorgang,den Auszug aus Ägypten, zu Sukkot (Laubhüt-tenfest) reminisziert man die Wanderung durchdie Wüste, Chanukka ehrt die Überwindung derSeleukiden vor mehr als zweitausend Jahren,zu Purim erfreut sich die Judenheit des imBuch Esther geschilderten Triumphs über denErzfeind Haman am persischen Hof nebst Aus-rottung seiner gesamten Familie und Anhängervor zweieinhalb Jahrtausenden.Über deutsche Nacheiferei und Nachäffereiaber, offenbar Symptom der von Julius H.Schoeps angesprochenen „Sucht”, höhnte dasZentralratsblatt „Allgemeine Jüdische” auf sei-ner Titelseite am 5. Oktober 1995:

»In den Volkshochschulen zwischen Pinne-berg und Garmisch-Partenkirchen, Wanne-Ei-ckel und Chemnitz wird Hora getanzt und Ku-gel gekocht, in deutschen Zeitungen findensich Abhandlungen über „Talmud und Organ-transplantation” oder den „Einfluss der Kab-bala auf die frühromantische deutsche Lite-ratur”, in Schulen und Kindergärten trifftman auf viele kleine Saras, Benjamins undRafaels.«

Die Bundesdeutschen würden sich heute „mitgroßem Eifer” damit beschäftigen, „jüdischesLeben und jüdische Kultur nachzuspielen”. Kei-ne Stadt wolle auf ihr „deutsch-jüdisches Kul-turfestival”, auf „Tage des jüdischen Films”oder „Wochen jiddischer Volksmusik” verzich-ten, und selbst bei Einweihungen eines jüdi-schen Museums oder einer jüdischen Schulewürden hochrangige Politiker auftauchen. Ins-gesamt sei die Bundesrepublik zu einem Landgeworden, dessen Bewohner „eine folkoristi-sche Kopie jüdischen Lebens” zelebrierten.Möglicherweise am treffendsten aber hat derGaststättenbetreiber und Schuhhändler GabrielLewy (israelisch-deutscher Doppelpassbesitzer)

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 181

das Phänomen beurteilt. Zu seiner „ständigenBegleiterin”, der von Israel wie besessenenSchauspielerin Iris Berben, sagte er:

»Du bist meschugge. Du bist jüdischer alsviele Jüdinnen, die ich kenne.«

Berben, als Jugendliche von dem aus der israe-lischen Kleinkriminellenszene stammenden,später dann lange Zeit im Münchner Drogenmi-li eu versumpften Abraham Reichstadt (Künstler-name: Abi Ofarim) dem Jüdischen geöffneteNichtjüdin von Geburt, ist ewig unterwegs, um„an Auschwitz zu erinnern” und Reklame für Is-rael zu machen. In einem Interview mit demMagazin „vivian”, Nr. 43/2000, bekundete sie:

»Meine Gedanken und mein Herz sind in Is-rael, das ist ganz klar.«

Im Berliner „Tagesspiegel” vom 23. Dezember2001 äußerte sie über ihre, so wörtlich, „Liebezu Israel”:

»Dieses Land und seine Leute sind meinezweite Heimat.«

Kurz zuvor, am 9. Dezember 2001, hatte sie inder „Bild am Sonntag” Israel geraten (und zwar„mit geballten Fäusten”, wie dem „BamS"-Re-porter auffiel), auf Palästinenser-Anschläge

»mit Bomben zu antworten«.

Iris Berben in „Renn-schwein Rudi Rüssel”

Ferner bekundete sie bei dieser Gelegenheit,sie sei

»vernarrt in Israel und seine Menschen«.Und sie „outete” sich:

»Manchmal flüchte ich regelrecht aus die-sem satten Deutschland nach Israel. Denndort spüre ich, dass einem die Menschenviel mehr Lust am Leben geben.«

Der laut eigenem Lebensgefährten meschugge-nen, aber als Werbeträgerin offenbar für sehrgeeignet befundenen Iris Berben wurde 2001vom israelischen Botschafter in DeutschlandShimon Stein im Kaisersaal der Münchner Resi-denz der „Scopus Award” der Hebräischen Uni-versität Jerusalem verliehen. 2002 bekam dieSchauspielerin auch noch den Leo-Baeck-Preisdes Zentralrats der Juden. Die Laudatio hieltMichel Friedman, der im folgenden Jahr vomDrogendezernat der Kripo als Kokser überführtwurde.

In Ohnmacht gefallen

Viele nichtjüdische deutsche Vertreter und Akti-visten bundesrepublikanischer Pro-Israel-Grup-pierungen betreiben Mimikry grotesken Aus-maßes, verüben „Auschwitzbewältigung” bis

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182 Sechster Abschnitt

zum Exzess und gerieren sich darüber hinausoft israelischer, als selbst für den Zionismusentflammte Juden es tun.In der Deutsch-Israelischen Gesellschaft bei-spielsweise trifft man manche solcher Übereif-rigen an. Die DIG zählt zu jenen Organisationenin der Bundesrepublik, die über erheblichen Ein-fluss verfügen, in der Öffentlichkeit jedoch we-nig bekannt sind. Zahlreiche hochrangige Politi-ker wirkten und wirken mit. Zusammen könntensie mehrere Kabinette auf Landes- und Bundes-ebene bilden. Führende Vertreter aus gesell-schaftlichen Leitungsgremien, Wirtschaft undMedien geben sich in der DIG ein Stelldichein.Das Credo aller lautet:

»Israel braucht mehr denn je gute und zuver-lässige Freunde. Die Deutsch-Israelische Ge-sellschaft ist die Organisation der FreundeIsraels.«

Als DIG-Präsident fungiert Professor ManfredLahnstein, der ehemalige sozialdemokratischeBundesfinanzminister (1980-82), langjährigeManager des Bertelsmann-Konzerns und Auf-sichtsratsvorsitzende der Bundesdruckei GmbH,der auch dem Aufsichtsrat der Universität Haifaangehört und über Rockefellers TrilateraleKommission mit dem internationalen Insidertumvernetzt ist. Lahnstein ist nichtjüdisch, seineGattin, die Management-Expertin Sonja Lahn-stein-Kandel, gehört der jüdischen GemeindeHamburgs an und ist u. a. als Vorsitzende des„Council for a Beautiful Israel” hervorgetreten.Ihr Gatte hat sich hin- und mitreißen lassen.Doch ein „Cherchez la femme” allein taugtnicht zur Erklärung. In einem Interview mit demMagazin „chrismon” vom 9. September 2002antwortete Lahnstein auf die Frage, welches

persönliche Erlebnis er am meisten mit Israelverbinde:

»Das war 1966 der Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Ich bin 1937 ge-boren, war also 29 Jahre alt. Wir hattenüber unsere jüngere Geschichte in der Schu-le so gut wie nichts gehört, kannten auchkeine Juden. Es waren ja keine mehr da.Dann kam ich nach Yad Vashem, da war einunheimlich einfacher, beeindruckenderRaum. Da waren die Tafeln mit den Namender Konzentrationslager, in der Mitte eineFlamme, und das war es. Aber dann packtemich der Raum auf einmal an. Da bin ichohnmächtig geworden und zusammengebro-chen.«

In einem Titelseiten-Interview mit dem Zentral-organ des Zentralrats der Juden in Deutsch-land, der „Allgemeinen Jüdischen”, 20. Dezem-ber 2001, antwortete Manfred Lahnstein aufdie Frage, wie sich bei der DIG „die praktischeSolidarität mit dem jüdischen Staat” ausdrücke:

»Zunächst einmal dadurch, dass wir in unse-rer gesamten Arbeit für die Sache Israelswerben. Bei politischen Entwicklungen,wenn sie denn grundlegender Natur sind,äußern wir uns auch zentral, laut und ver-nehmlich.«

Im Pressegespräch mit „chrismon” betonte derDIG-Chef:

»Israel ist eine Demokratie und ein Rechts-staat. Da werden die Menschenrechte ge-achtet.«

Auf den Vorhalt der durch ihre Reisereportageaus Israel und den besetzten Gebieten bekanntgewordenen Journalistin Julia Deeg, sie wisseaber von palästinensischen Folteropfern, denenman beispielsweise „mit Zigaretten Verletzun-

DEUTSCH-ISRAELISCHE GESELLSCHAFTBONN • BERLINER FREIHEIT 26

Sammelbecken für alleFreunde Israelsin der Bundesrepublik

Gründungswerbung der DIG

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 183

gen in die Haut gebrannt" habe, entgegneteLahnstein:

»Na, na!«

„Alle Bestrebungen für Israel”

Im Programm der Lahnstein'schen Gesellschaft,den „Leitsätzen der DIG”, heißt es u. a. :

»Die Deutsch-Israelische Gesellschaft istdie zentrale Organisation in der Bundes-republik Deutschland, in der sich FreundeIsraels in überparteilicher Zusammenarbeitzusammenfinden, um in Solidarität mit demStaat Israel und seiner Bevölkerung zu wir-kenDie DIG unterstützt und fördert alle Bestre-bungen, die darauf gerichtet sind, demStaat Israel und seinen Bürgern Frieden,ein Leben in anerkannten und sicherenGrenzen, in wirtschaftlicher und sozialer Si-cherheit zu gewährleisten.Die DIG engagiert sich für einen Frieden imNahen Osten, der die Lebensfähigkeit Isra-els dauerhaft sichert. Sie tritt für eine Ver-ständigung zwischen allen Völkern der Re-gion ein.Die Arbeit der DIG geht von dem Wissenum die von Deutschen zu verantwortendenVerbrechen an den Juden während derJahre 1933 bis 1945 aus.Als konkreter Beitrag ergibt sich für dieDIG daraus, Vorurteilen gegenüber Judenin der deutschen Bevölkerung entgegen-zuwirken sowie Antisemitismus und Anti-zionismus entschieden zu bekämpfen.«

Einfluss nehmen will man erklärtermaßen „vor-nehmlich” auf die Regierung und die politi-schen Parteien.Zur Gründungsgeschichte der DIG teilt das For-schungsinstitut der Deutschen Gesellschaft fürAuswärtige Politik in seinem „weltpolitik.net”mit:

»Erst die Aufnahme diplomatischer Bezie-hungen im Jahre 1965 bot die Gelegenheit,schon im Folgejahr die Deutsch-IsraelischeGesellschaft zu gründen. Ziel war es, eineOrganisation zu schaffen, die innerhalb undaußerhalb der Bundesrepublik für das Rechtauf einen lebensfähigen jüdischen Staat ein-treten sollte. Die Initiative zur Gründung derDIG ging von wichtigen Persönlichkeiten derPolitik aus. Die Besetzung des Kuratoriums,dem u. a. Altbundeskanzler Konrad Adenau-er, der seinerzeitige Bundestagspräsident Dr.Eugen Gerstenmaier und sein StellvertreterCarlo Schmid angehörten, wies auf die hoheBedeutung hin, die der DIG von Seiten derPolitik beigemessen wurde. Es war das Zielder Gesellschaft und der 1971 als Partner-organisation gegründeten Israelisch-Deut-schen Gesellschaft (IDG), „die politisch ver-antwortlichen Kräfte beider Länder für einEngagement zu gewinnen".«

Erster DIG-Chef war Gerhard Jahn, Sozialdemo-krat und Bundesminister. Ihm folgte 1967 dervon Vaters Seite herkunftsjüdische Ernst Ben-da, CDU-Bundesinnenminister der Großen Ko-alition, später Präsident des Bundesverfas-sungsgerichtes. Ihn löste an der DIG-Spitze1972 Heinz Westphal ab, zeitweiliger SPD-Bun-desminister. Dann trat 1977 der langjährigeHamburger CDU-Chef väterlicherseits jüdischerHerkunft Erik Blumenfeld an die Täte der Ge-sellschaft. Abgelöst wurde er 1991 vom Bre-mischen Bürgermeister und Bundesratsprä-sidenten a. D. Hans Koschnick. Diesenwiederum hat 1994 der bereits vorgestellteManfred Lahnstein „beerbt”.Als Lahnsteins DIG-Vizepräsidenten fungieren:— Christian Bala, Sozialwissenschaftler an der

Ruhr-Universität Bochum mit guten Verbin-dungen zum einflussreichen American IsraelPublic Affairs Committee (AIPAC) in denUSA, der wichtigsten Israel-Lobby Ame-rikas,

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184 Sechster Abschnitt

Marieluise Beck von den Grünen, Auslän-derbeauftagte der Bundesregierung,Anke Eymer, CDU-Bundestagsabgeordnete,stellvertretende Vorsitzende des Bundes-tagsausschusses für Familie, Senioren,Frauen und Jugend,Jochen Feilcke, ehemaliger Bundestags-abgeordneter, vom Zentralverband der Ber-li ner Arbeitgeberverbände,Joachim Krüger, Chef zugleich der DIG-Ar-beitsgemeinschaft Sachsen-Anhalt mit Sitzin Magdeburg.Dirk Niebel, MdB der FDP, arbeitsmarktpoli-tischer Sprecher seiner Fraktion im Bundes-tag, Vizechef der Deutsch-Israelischen Par-lamentariergruppe,Reinhold Robbe, SPD-Bundestagsabgeord-neter, Vorsitzender des Verteidigungsaus-schusses, ebenfalls in der Deutsch-Israe-lischen Parlamentariergruppe maßgeblich,nicht minder in der Gesellschaft für Christ-lich-Jüdische Zusammenarbeit und — nichtzu vergessen — auch Mitglied der Früh-stücksgebetgruppe des Hohen Hauses,Waltraud Rubien, die auch im JüdischenNationalfonds Keren Kayemeth Lelsraelmaßgeblich mitwirkt.

Dem erweiterten DIG-Präsidium gehören u. a.an.

Dr. Heinrich Bartel, Bundeszentrale für Poli-tische Bildung,Imrich Dinath, Präsident der Deutsch-Tsche-chischen und Deutsch-Slowakischen Wirt-schaftsvereinigung,Yoram Ehrlich, Synagogengemeinde Saar,Esther Haß, Vorstand der jüdischen Ge-meinde Kassel,Helmut Klotz, Leiter des Leipziger Synago-gal-Chors,Roland Neidhardt, Synodaler der Evangeli-schen Kirche, Träger der Buber-Rosenzweig-Medaille der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit,

Gernot Römer, Publizist, langjähriger Chef-redakteur der „Augsburger Allgemeinen”.

„Demonstrativ im Knopfloch”

Aktiv in der DIG ist übrigens auch der gelegent-lich als „rechts” eingestufte ehemalige Ham-burger Innensenator Ronald Schill. Lange bevorScharon zur Tat schritt, hatte er Israel geraten,einen Wall gegen die Palästinenser zu errich-ten.

»Schill trägt das Emblem der Deutsch-Israe-lischen Gesellschaft demonstrativ im Knopf-loch«,

berichtete der Berliner „Tagesspiegel” am 5.September 2001 und zitierte den Ex-Richterund Neu-Politiker wie folgt:

»Da bin ich schon lange Mitglied. Es ist ge-radezu die Pflicht jedes Deutschen, Israel indieser schwierigen Lage zu unterstützen. InIsrael muss eine Mauer gebaut werden, an-ders kann es sich gegen die palästinensi-schen Terroristen gar nicht zur Wehr set-zen.«

Laut „Focus” vom 12. August 2002 hatte sichSchill mit seiner Partei für die Bundestagswahlvorgenommen, Möllemann im Berliner Kabinettzu verhindern, selber Bundesminister zu wer-den, dann zu Scharon zu pilgern und diesemklarzumachen,

»dass wir ohne Wenn und Aber zu Israel ste-hen«.

Die DIG verfügt nach eigenen Angaben über ca.5500 Mitglieder in 48 örtlichen Verbänden, den„Arbeitsgemeinschaften”. Man bringt ein „DIG-magazin” heraus, hält

»Deutsch-Israelische Konferenzen unter Be-teiligung von Abgeordneten der Knesset unddes Bundestages«

ab und steckt auch hinter einem „Israelisch-Deutschen Jugendforum”. Die israelische Paral-lelgesellschaft IDG wird von den ehemaligenBotschaftern des jüdischen Staates in der Bun-

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formationsmaterial fand viele Interessenten... Unter dem reichhaltigen Informations-angebot der israelischen Botschaft war „Is-rael von A-Z” der absolute Renner ... An un-serer Pinnwand gab es eine Einschätzungder aktuellen Lage von Prof. Manfred Lahn-stein und ein Interview mit dem israelischenMinisterpräsidenten Scharon wie auch — lastbut not least — ein Grußwort des israe-lischen Botschafters Shimon Stein.«

Nicht zuletzt die Förderung von Israels Ge-schäftstüchtigkeit steht auf dem Programm derVereinigung. Weshalb es Jochen Feilcke, einerder Lahnstein-Vize und zugleich Vorsitzenderder DIG-Arbeitsgemeinschaft Berlin, in einemInterview mit der „Jüdischen Allgemeinen”vom 14. Februar 2002 nicht nur für dringendangezeigt erachtete,

»das Israelbild in Deutschland, speziell inden deutschen Medien, zu verbessern«,

sondern auch als vordringlichen Programmpunktverkündete:

» Wir wollen Berliner und Brandenburger Un-ternehmer anregen, sich stärker mit demThema Israel zu befassen. Israel besitzt eine

DIG-Auftritt im Zentral-

ratsblatt

desrepublik Ascher Ben-Nathan, Avi Primor undItzhak Ben-Ari geführt. Einer der Maßgeblichenin der Israelisch-Deutschen Gesellschaft istauch Johannes Gerster, früher CDU-Bundes-tagsabgeordneter und seit 1997 Leiter der Je-rusalemer Niederlage der Konrad-Adenauer-Stiftung. Vernetzt sind DIG und IDG mitähnlichen „Freundschaftsgesellschaften” in Ös-terreich und der Schweiz, was u.a. in „Vier-Länder-Konferenzen” Ausdruck findet.Gelegentlich wendet sich die DIG unmittelbaran die Öffentlichkeit. Das war zum Beispiel beieinem Infostand auf der Zeil in Frankfurt amMain am 7. Mai 2003 zum Staatsgründungsfei-ertag Israels der Fall. Aus dem DIG-Internetbe-richt über die Aktion:

»Solidarität mit Israel zeigen, geschmücktmit den israelischen Fahnen, mit dabei auchFreunde vom Jüdischen Nationalfonds undvon der Vereinigte Israel Aktion ... Als einegute Idee erwies sich unser Gewinnspiel, fürdas EL AL Israel Airlines den Hauptgewinn —einen Flug nach Tel Aviv — gestiftet hatte.Das uns vom Israelischen Verkehrsbürofreundlicherweise überlassene attraktive In-

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186 Sechster Abschnitt

hoch entwickelte High-Tech-Industrie. DasLand hat so viele Startup-Unternehmen wieganz Europa zusammen. UnterschiedlichsteFormen der Zusammenarbeit bieten sich sogeradezu an. Wir wollen dazu anregen, in-dem wir Informationen zur Verfügung stellenund Kontakte vermitteln.«

Kathartische Charakterwäsche

Gemeinsame Veranstaltungen unternimmt dieDIG unter anderem mit der Aktion Sühnezei-chen/Friedensdienste (ASF). Mit Presseorganenwie der „Welt” des extrem proisraelischenSpringer-Konzerns hat die DIG eine „Medien-partnerschaft” geschlossen.Die ASF-Sühnezeichler schicken seit über 40Jahren junge Deutsche, die sich wegen derVerbrechen der Hitlerzeit mit Schuld bzw. Ver-antwortung beladen fühlen, zur freiwilligen undunbezahlten Bußarbeit nach Israel (auch nachPolen, Russland usw.)Zehntausende haben die angeblich für Individu-um und Volk wohltuende kathartische Sühne-tour schon hinter sich gebracht. Diese bestehtu. a. aus Landwirtschaftsarbeiten in den Kibbut-zi m der Zionisten, sozialen Diensten für geis-teskranke, körperlich behinderte oder sonstpflege- und zuwendungsbedürftige Juden, In-standsetzungsarbeiten bzw. Unkrautjäten inHolocaust-Gedenkstätten sowie „Holocaust- Er-innerungsarbeiten”, zu welchen die Sühne-zeichler bei ihren Israel-Aufenthalten vor allem

von der Alfred Wiener Collection, dem Beit-Wolyn-Zentrum für Shoah-Forschung, dem Leo-Baeck-Institut und der Zentralgedenkstätte JadVaschem angehalten werden. Seit 1970 ist derDienst für ASF in der Bundesrepublik Deutsch-land als Wehrersatzdienst anerkannt.Längst schon drängen Deutsche, welche denmit massiver volkspädagogischer „Charakter-wäsche” (ein Wort von Schrenck-Notzings) ver-bundenen Frondienst absolviert haben, auch inFührungsetagen der Politik vor. Beispielsweisediente die Bundesministerin für Bildung undForschung Edelgard Bulmahn (Jahrgang 1951)nach ihrem Abitur ein Jahr lang im israelischenKibbutz Bror Chail. Als Kabinettsmitglied in Ber-li n verwendet sich die Sozialdemokratin mitgroßer Energie für die Förderung israelischerUniversitäten und sonstiger Forschungsstätten.Über eine Festveranstaltung „25 Jahre deutsch-israelische Wissenschaftsbeziehungen” in Ber-lin hieß es am 23. März 2000 in den „IsraelNachrichten”:

»Der israelische Wissenschaftsminister Ma-tan Wilnai betonte, dass Deutschland in denvergangenen 25 Jahren zum zweitwichtigs-ten Kooperationspartner Israels in der For-schung geworden sei — nach den USA. Mi-nisterin Bulmahn sagte, Deutschland habemehr als 500 Forschungsvorhaben gefördert... Beide Seiten versicherten, dass die Zu-sammenarbeit künftig noch ausgebaut wer-den soll.«

Schöpfer der „Aktion Sühnezeichen” war derevangelische Theologe Lothar Kreyssig (1898-

Aktion Sühnezeichen im Internet

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 187

1986), in dessen ASF-Gründungsaufruf von1958 es hieß, dass

»wir Deutschen mehr als andere unmess-bares Leiden der Menschen verschuldet undin frevlerischem Aufstand gegen Gott Millio-nen von Juden umgebracht haben«.

Über die deutsche Teilung äußerte der Chef-sühner:

»Es ist gut, dass eine politische Katastrophediesen Ereignissen folgte. Auf solche Weisemüssen die Deutschen doch begreifen, wieschwer die Sünde des Nationalsozialismuswiegt.«

Kreyssig träumte von der Einheit der Christenin einer Ökumene, die auch die Juden umfas-sen sollte — aus mosaischer Sicht zweifellosein furchtbarer Frevel, der sich durch noch soviel Sühnerei nicht ausgleichen lässt.Das Lexikon „Prominente ohne Maske. 1000 Le-bensläufe einflussreicher Zeitgenossen” (Mün-chen 2001) bringt folgendes Curriculum vitaedes langjährigen ASF-Spitzenfunktionärs inKreyssigs Nachfolge, Klaus Geyer:

»Als Vorstandsvorsitzender der „Aktion Süh-nezeichen” bis 1993, eines mit erheblichenMitteln der evangelischen Kirche und sons-tigen Steuergeldern finanzierten Vereins, derAbertausende junge Deutsche zur unentlohn-ten „Sühnearbeit für Hitlerverbrechen” bei-spielsweise in israelische Kibbutze geschickthat, als Mitherausgeber der Zeitschrift „Jun-ge Kirche” und via Predigten von der Kanzelhat der Pfarrer (gebürtiger Berliner, Jahrgang1941) unaufhörlich deutsche Schuld undScham wegen Krieg und Auschwitz pro-pagiert. Keine Anklage gegen das eigeneVolk war ihm scharf genug, als dass er sienicht noch verschärft hätte. 1998 war erselbst Angeklagter: Die Schwurgerichts-kammer beim Landgericht Braunschweigverurteilte ihn zu acht Jahren Gefängnis. Erhatte im Jahr zuvor seine Frau, SPD-Ortsbür-germeisterin von Beienrode, erschlagen, sie

dann als vermisst gemeldet und Polizei undBevölkerung um barmherzige Mithilfe bei derSuche nach ihr gebeten. Die Tat war Aus-druck einer „affektgeladenen Beziehungskri-se”: Geyer hatte mehrere Geliebte, seineFrau wollte die Scheidung; er befürchtete ei-nen Skandal und den Verlust seiner Ämterund rastete sozusagen aus. So stellte es dasGericht fest, weshalb der Angeklagte, vor al-lem mit Hilfe eines extrem verständnisvollenGutachters, nur wegen Totschlags verurteiltwurde. Beim Prozess kam übrigens auch he-raus, dass der einstige oberste Sühnezeich-ner der Republik bereits mehrfachen Dieb-stahl auf dem Kerbholz hatte.«

„Verwirklichte Hoffnung Israel”Pro-Israelizismus in teils exzessiver Ausprägungliegt auch bei den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit vor, von denen esnicht weniger als 79 in Deutschland gibt unddie ein Netzwerk über die Grenzen der Bundes-republik hinaus bilden. Sie sind eng verbundenmit dreißig gleichartigen Vereinigungen in allerWelt, welche zusammen einen „InternationalenRat der Christen und Juden” konstituieren.Das bundesweit oberste Leitungsorgan nenntsich „Deutscher Koordinierungsrat”. Nach des-sen Angaben wirken „ca. 20 000 Mitglieder,Freunde und Förderer” in Deutschland mit. Wasdie Finanzen betrifft, erfährt man aus demHauptquartier via Internet:

»Wie der Deutsche Koordinierungsrat wer-den auch die Einzelgesellschaften überwie-gend aus öffentlichen Mitteln, aus Mit-gliedsbeiträgen und Spenden finanziert.«

Die Gesellschaften veranstalten Jahr für Jahreine „Woche der Brüderlichkeit” mit Motti wie— »Verwirklichte Hoffnung — 40 Jahre Staat

Israel

- Zionismus — Befreiungsbewegung des jüdi-schen Volkes

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188 Sechster Abschnitt

Antizionismus — Neue Formen der Juden-feindschaft«

und verleihen seit 1968 alljährlich die „Buber-Rosenzweig-Medaille”, benannt nach dem be-rühmten Rabbiner und Zionisten Martin Buberund dessen Mitstreiter Franz Rosenzweig.Preisträger 2003 war Bundesaußenminister Jo-seph „Joschka” Fischer, die Laudatio auf ihnhielt Paul Spiegel, Präsident des Zentralratsder Juden in Deutschland. Gewiss zu begrüßenwar die Auszeichnung zweier jüdischer Weg-bahner einer wahrhaftigen Versöhnung mit denDeutschen, Hans Günther Adler (1974) und Ye-hudi Menuhin (1989).Als Schirmherr des Koordinierungsrates wirktBundespräsident Johannes Rau (auch er Buber-Rosenzweig-Medaillenträger), der ohnedies un-ermüdlich „Solidarität mit Israel” predigt unddies auch bei seinen bislang schon mindestensvierzig Reisen in den jüdischen Staat praktizierthat.Im Koordinationsrats-Präsidium der Gesell-schaften für Christlich-Jüdische Zusammen-arbeit sitzen:

Landesrabbiner Dr. h.c. Henry G. Brandt (alsRepräsentant des Judentums),Professor Dr. Berndt Schaller (vertritt denevangelischen Teil der Bewegung),Dr. Eva Schulz-Jander (von katholischer Sei-te).

Dem Kuratorium des Koordinierungsrates gehö-ren jüdischerseits u. a. an:

Arno Lustiger, Frankfurter Publizist, auchEhrenvorsitzender der Zionistischen Organi-sation in Deutschland (ZOD),Andreas Nachama, ehemaliger Chef derBerliner jüdischen Gemeinde,Rachel Salamander, Münchner Publizistin.

Außerdem findet man im Kuratorium z. B. nochfolgende mehr oder minder prominente Men-schen:— Wolfgang Benz, Leiter des Berliner Instituts

für Antisemitismusforschung,

Hans Koschnick, Bremer Bürgermeistera. D., ehemaliger Chef der Deutsch-Israe-lischen Gesellschaft,Thomas Krüger, Präsident der Bundeszen-trale für politische Bildung,Christa Nickels, Staatssekretärin a. D.,Jobst Plog, Intendant des NorddeutschenRundfunks,Dieter Stolte, Herausgeber der Tageszei-tung „Die Welt”, Ex-ZDF-Intendant,Rita Süssmuth, ehemalige Bundesministerinund Bundestagspräsidentin außer Diensten,Ekkehardt Wesner, Repräsentant der Volks-wagen AG.

Zu den Ursprüngen der Gesellschaften teilt derKoordinierungsrat mit:

»Federführend beim Aufbau waren Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter der amerikanischenBesatzungsmacht im Rahmen ihres Erzie-hungsprogramms der Deutschen zur Demo-kratie.«

So entstand denn auch die erste Gesellschaftfür Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, ge-gründet im Juli 1948 in München, „auf Anre-gung der Amerikaner”. Den Koordinierungsratgibt es seit November 1949.Als besonders wichtig werten die Gesellschaf-ten in eigener Sache ihre Teilhabe an der Ini-tiierung bzw. Inszenierung folgender Unterneh-mungen:

»Anerkennung Israels,Aussetzung der Verjährung von NS-Verbre-chen,Revision des christlichen Religionsunter-richts,Überwindung von Antijudaismus in Theo-logie und Kirche,Verständigung und Zusammenarbeit zwi-schen Christen und Juden,„Wiedergutmachung” an den Überlebendendes Holocausts.«

Die „historische deutsche Schuld” an HitlersVerbrechen will man permanent vor Augen füh-

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 189

ren, bei der „Entfaltung freien, ungehindertenjüdischen Lebens in Deutschland” mithelfenund überdies

»der Selbstbesinnung in den christlichen Kir-chen hinsichtlich der in ihnen theologischbegründeten und geschichtlich verbreitetenJudenverachtung und Judenfeindschaft«

dienen. „Solidarität mit dem Staat Israel” ver-künden die Gesellschaften litaneiisch. Das Ein-treten für den jüdischen Stat wird in ihren Pu-blikationen als „Grundpfeiler” bezeichnet. Ineiner Solidaritätsadresse der Gesellschaften anFrau Hamm-Brücher (Trägerin der Buber-Rosen-zweig-Medaille) nach deren scharfen Anti-Möl-lemann-Attacken und erneuten exzessivenTreuebekundungen für Israel hieß es im Juni2002:

»Mit Ihrer Haltung sind Sie einmal mehr denGesellschaften für Christlich-Jüdische Zu-sammenarbeit und der gesamten Bundes-republik Deutschland ein Vorbild gewordenim sensiblen Umgang mit den jüdischen Bür-gern unseres Landes und der Grundsolidari-tät mit Israel.«

Die FDP aber wurde vom Koordinierungsrat inder Causa Möllemann aufgefordert,

»deutlich ihr Fehlverhalten gegenüber demZentralrat der Juden und dessen Vizeprä-sidenten Michel Friedman einzugestehen«.

„Der Festakt als Farce”

Wenn es irgendwie gegen Israel geht oderauch nur zu gehen scheint, stehen die Gesell-schaften wie im Wimpernschlag geharnischtauf dem Blachfeld. Das haben beispielsweiseihre Reaktionen auf die christliche Gottes-dienstordnung des „Weltgebetstages der Frau-en 2003” gezeigt. Weil darin das Gebet einerPalästinenserin vorkam, die den lieben Gott umHilfe bei der Rückkehr in „unsere rechtmäßigeHeimat” ersuchte, wurde Protest erhoben: Beider Fürbitte handele es sich um „Desinformati-on” und die gebetliche Verurteilung „der Beset-zung des Landes der Palästinenser” sei, sobefanden die Gesellschaften für Christlich-Jüdi-sche Zusammenarbeit,

»eine Position, die darauf hinausläuft, dasExistenzrecht des Staates Israel in Frage zustellen«.

Vom deutschen Weltgebetstagskomitee sei„diese Tendenz sogar noch verstärkt” worden,denn es habe angeregt, Altäre mit Hausschlüs-seln zu schmücken, wie sie als Symbol für die

Zentralratsblatt-Kritik an der „ Woche der Brüderlichkeit”

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190 Sechster Abschnitt

alte Heimat von Familien palästinensischerFlüchtlinge aufbewahrt werden. Empörter Kom-mentar des Koordinierungsrates:

»Man stelle sich das Schlüsselsymbol einmalauf dem Altar eines Gotteshauses in derBundesrepublik Deutschland vor, in dem dasSchicksal der nach 1945 vertriebenen Sude-tendeutschen bzw. ihrer Nachkommen ange-sprochen wird!«

In einer Stellungnahme des Koordinierungs-rates vom Februar 2003 hieß es:

»Christliche Theologie und Frömmigkeit, diediesen Namen verdient, darf und kann nichtIsrael-vergessen sein, und das gilt auch imHinblick auf den Staat Israel.«

So wünschen sich die Gesellschaften beispiels-weise bei Gebeten zu Gott in den Kirchen de-monstrativ und obligatorisch den Hinweis auf

»Dein Volk Israel«als Abschluss, direkt vor dem Amen.Der Koordinierungsrat geißelt deutsche Medienals angeblich zu israelkritisch. In einer entspre-chenden Anklageschrift vom April 2002 hießes:

»Die israelische Seite wird in erster Linie alsbrutale Täter dargestellt, die palästinensi-sche als bloßes Opfer.«

Dieses sei— »Schüren antiisraelischer Stimmung,- als Antizionismus getarnter Antisemitis-

mus«.Sorge und Mitgefühl gelte auch palästinensi-schen Opfern, wird vom Präsidium des Deut-schen Koordinierungsrates der Gesellschaftenfür Christlich-Jüdische Zusammenarbeit betont,doch gleichzeitig unmissverständlich klar-gestellt, wer schuldig, wer unschuldig ist:

»Die von Israel ausgehenden Gegenmaßnah-men verstehen wir als Mittel der Abwehrund des Selbstschutzes.«

Trotz alledem wird den Gesellschaften fürChristlich-Jüdische Zusammenarbeit israeliti-scherseits immer mal wieder der Hosenboden

stramm gezogen. Vor allem die „Woche derBrüderlichkeit” begleitet man dann mit Häme.

»Der Festakt als Farce ... Seit fünfzig Jahrenwirkungslos: „Woche der Brüderlichkeit".«

So lauteten beispielsweise die Schlagzeilen inder „Allgemeinen Jüdischen” am 30. März2000. Und in der Ausgabe des 1. März 2001war wegwerfend von einer „ritualisierten Formdes Dialogs” die Schreibe. Den Gesellschaftenwurde in diesem Beitrag des Zentralrats-Zen-tralorgans beispielsweise vorgeworfen:

»Sie sprechen von gegenseitigem Verständ-nis. Wie weit ist es damit her, wenn Ver-anstaltungen der Gesellschaften am Schab-bat stattfinden?«» Wie kann ein Dialog stattfinden, wenn derjüdische Partner praktisch nicht anwesendist?«»Juden werden wieder einmal auf die Op-ferrolle reduziert.«»Manche jüdische Mitglieder fühlen sichuntergebuttert.«

EinhundertzweiunddreißigBundestagsabgeordnete ...

Die Frage, was politische Gestalten von solchunterschiedlicher Färbung wie beispielsweise

Angela Merkel, CDU/CSU-Fraktionschefinim Deutschen Bundestag,Reinhold Robbe, SPD-Vorsitzender des Ver-teidigungsausschusses des Bundestages,Dirk Niebel, FDP-Fraktionssprecher für Ar-beitsmarktpolitik im Bundestag,Jerzy Montag, Abgeordneter der Grünen imHohen Haus zu Berlin und bayerischer Lan-desvorsitzender seiner Partei,Petra Pau, PDS-Bundestagsmitglied,

miteinander verbindet, beantwortet sich wiefolgt: Alle Genannten sind

»ausgesprochene Freunde Israels, die Zei-chen der Solidarität setzen«.

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 191

So jedenfalls hat die Bundestagsvizepräsidentinund Bundesministerin a. D. Anke Fuchs (SPD)das Wesen und Wollen der Deutsch-Israelisch-en Parlamentariergruppe im Bundestag charak-terisiert, in welcher die Aufgelisteten gemein-sam aktiv sind.Frau Fuchs muss wissen, was gespielt wird. Siestand über viele Jahre, bis 2002, an der Spitzeder 1971 gegründeten Abgeordnetenvereini-gung. Wobei unter ihrem Vorsitz etliche Pro-minente erheblichen politischen Kalibers in derParlamentariergruppe gedient haben, beispiels-weise

die Bundeschefin der Grünen AngelikaBeer,der Schriftführer des Bundestages Wolf-gang Grotthaus (SPD),der CDU-Generalsekretär a. D. Peter Hintze,der ehemalige Geheimdienstchef (BND),Bundesaußenminister und FDP-VorsitzendeKlaus Kinkel.

Mit im Schnitt 125 Mitgliedern (es schwankt jeLegislaturperiode; derzeit sind es sogar 132) istdie Deutsch-Israelische neben der Deutsch-Amerikanischen die stärkste unter den bilatera-len Abgeordnetengruppen des Bundestages.Und das, obwohl Israel von der Einwohnerzahlnur den 98. Rang, von der Landesfläche sogarnur den 148. Platz unter den Staaten der Erdeeinnimmt.Im seit Herbst 2002 amtierenden 15. DeutschenBundestag wird die Deutsch-Israelische Par-lamentariergruppe geführt von— Hildegard Mülller (CDU/CSU-Fraktion) als

Vorsitzender,- Jerzy Montag (Fraktion Bündnis 90/Die Grü-

nen),

- Dirk Niebel (FDP-Fraktion) und

- Reinhold Robbe (SPD-Fraktion) als Vizevor-sitzende.

Niebel und Robbe sind dem Leser in diesemBuch schon als Führungsfunktionäre derDeutsch-Israelischen Gesellschaft begegnet.

Niebel hat 1982/83 im Schweiße seines Ange-sichts im israelischen Kibbutz Kfar Giladi als„freiwilliger Büßer für deutsche Verbrechen”geochst; er wirkt auch als Kuratoriumsmitglieddes Max-Planck-Instituts für Kernphysik, Vor-standsmitglied der auf USA-Treue fixiertenDeutsch-Atlantischen Gesellschaft und als Mit-glied des Bundestagsausschusses für Wirt-schaft und Arbeit. Robbe hält zusätzlich denVorsitz im Verteidigungsausschuss des Bundes-tages, den Beiratsvorsitz im Initiativkreis Wirt-schaft — Junge Führungskräfte für die SPD e. V.und die Vizepräsidentschaft der Karl-Schiller-Stiftung. Montag ist Rechtsanwalt und gehörtdem Wahlprüfungsausschuss sowie dem Rechts-ausschuss des Deutschen Bundestages an.Gruppenchefin Hildegard Müller, Ex-Bundes-vorsitzende der Jungen Union, 2002 über dieLandesliste der CDU NRW in den Bundestaggelangt, politische Zielvorstellung: „Weniger Na-tion, mehr Globalisierung” („Spiegel", 18/2001),stammt aus dem mittleren Management derDresdner Bank AG (Abteilungsdirektorin). Sie trittauch in Erscheinung als

Beiratsmitglied der Barmenia-Versicherung,Kuratoriumsmitglied der Jakob-Kaiser-Stif-tun g ,Kuratorin von Politik Digital Internet (pol-di.net) e. V.,Mitglied des Zentralkomitees der Deut-schen Katholiken,Präsidiumsmitglied der CDU,stellvertretende Vorsitzende der Mittel-stands- und Wirtschaftsvereinigung derCDU NRW,Mitglied des Rechnungsprüfungsausschus-ses des Bundestages,Mitglied des Ausschusses für Gesundheitund Soziale Sicherung des Bundestages,Mitglied der „Herzog-Kommission” zur Re-form der sozialen Sicherungssysteme.

Kaum war Frau Müller zur Vorsitzenden derParlamentariergruppe auserwählt, gewährte Is-

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192 Sechster Abschnitt

raels Botschafter in Berlin Shimon Stein ihreine Antritts-Audienz. Im Spätsommer 2003war sie treibende Kraft, als es darum ging, EU-Mittel für den Aufbau der palästinensischenSelbstverwaltung schärfer zu kontrollieren bzw.die Gelder wegen angeblichen Missbrauchs fürTerrortaten ganz einzufrieren.

Das große Schweigen

Häufig statten Delegationen der Deutsch-Israe-lischen Parlamentariergruppe dem nahöstlichenjüdischen Staat Besuche ab oder heißen ein-flussreiche Emissäre von dort in Berlin will-kommen. Über die Inhalte der Gespräche undKonferenzen wird die Öffentlichkeit, wennüberhaupt, nur spärlich informiert. Auch das fürgewöhnlich gut unterrichtete Internet hilft dawenig. Im schroffen Gegensatz zu ihrer alleinschon quantitativen Bedeutung, immerhin um-fasst sie über 20 Prozent der Abgeordneten derhöchsten deutschen Volksvertretung, ist dieParlamentariergruppe online praktisch nichtpräsent. Sie hat keine eigene Website, und es

gibt trotz rund einem Dritteljahrhundert ihrerExistenz nur eine Handvoll Meldungen über sieim „Netz der Netze”.Von wenigen Ausnahmen abgesehen, schwei-gen sich die involvierten MdB in den einschlä-gigen öffentlichen Verlautbarungen und Selbst-auskünften über ihre Mitgliedschaft in derDeutsch-Israelischen Parlamentariergruppe aus.Über einhundert Abgeordnete des DeutschenBundestages spielen auf diese Weise Rumpel-stilzchen.Keine einigermaßen distanzierte Publikationüber die Gruppe liegt vor. Die einzige größereAbhandlung ist unappetitlich apologetisch: „25Jahre Deutsch-Israelische Parlamentariergruppeim Deutschen Bundestag”, veröffentlicht inNr.2/1996 des Magazins der Deutsch-Israe-lischen Gesellschaft, verfasst von JohannesGerster (seit 1997 wohnhaft in Jerusalem), ei-nem der bedingungslosesten Israel-Fans.Berichte wie die der Tel Aviver „Israel Nach-richten” vom 25. April 2003 aber dringen in dieetablierte deutsche Presse nicht vor. Unter derSchlagzeile

Aus den „IsraelNachrichten”

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„Wollen jüdischer als Juden sein" 193

»Deutscher Abgeordneter zu Solidaritäts-besuch in Israel«

informierte das Tel Aviver Blatt:»Der Heidelberger FDP-Bundestagsabgeord-nete und Vorsitzende der FDP-LandesgruppeBaden-Württemberg Dirk Niebel, stellvertre-tender Vorsitzender der Deutsch-IsraelischenParlamentariergruppe und Vizepräsident derDeutsch-Israelischen Gesellschaft, hat vom12. bis 14. April Israel besucht.«

Die Gesprächspartner Niebels waren hochkarä-tig und somit gewiss auch die geheim gehalte-nen Beratungen nicht von Pappe. Der Gast ausBerlin traf nach Darstellung der „Israel Nach-richten” immerhin zusammen mit

Avraham Poraz, dem Innenminister desStaates Israel,Effi Manor, dem stellvertretenden General-direktor des Außenministeriums,Il an Schalgi und Ehud Rassavi, einflussrei-chen Knesset-Abgeordneten,hohen Offizieren von Zahal, der israelischenArmee (bei Niebels Besuch der deutschenPatriot-Raketenbatterie in Petach-Tikva).

Als SPD-Frau Fuchs, damals noch Chefin derParlamentariergruppe und Vize-Bundestagsprä-sidentin, am 18. Oktber 1999 zu einer ihrerzahlreichen Visiten des jüdischen Staates ein-traf, hieß es in den „Israel Nachrichten” des-selben Tages:

»Vorgesehen bei ihrem fünftägigen Besuchsind Treffen mit dem Vorsitzenden des Knes-set-Finanzausschusses und der Israelisch-Deutschen Parlamentariergruppe Eli Gold-schmidt, dem Vorsitzenden des Knesset-Aus-schusses für Auswärtiges und SicherheitDan Meridor, den Ministern Schimon Peres,Michael Melchior, Chaim Ramon und Schlo-mo Ben-Ami und dem Bürgermeister von Je-rusalem Ehud Olmert.«

Da hätte die Öffentlichkeit schon gern gewusst,was zwischen derart vielen hohen Herrschaftenausgeklügelt wird. Doch in den etablierten bun -

desdeutschen Medien blieb der Besuch so gutwie ohne Echo, als hätte die Fuchs ihren Baugar nicht verlassen.

„Mitverantwortung für Israel”Auch in den deutschen Landtagen gibt es ähn-liche Einrichtungen; sie wirken nicht minder ca-moufliert. So gehören immerhin rund zwanzigProzent der Düsseldorfer Landtagsabgeord-neten, mehr als vierzig an der Zahl, der 1987gegründeten Deutsch-Israelischen Parlamenta-riergruppe NRW an. Alle Fraktionen (SPD, CDU,FDP, Grüne) sind in diesem Gremium vertreten.Als Vorsitzender amtiert der Sozialdemokrat Ul-rich Schmidt, in Personalunion Landtagsprä-sident. Bei einem seiner Treffen mit IsraelsDeutschlandbotschafter Shimon Stein betonteSchmidt laut dem offiziellen Blatt „Landtag in-tern” Nr. 12/2001 (es war eine der sehr selte-nen Notiznahmen der Existenz der Parlamenta-riergruppe):

» Wir Deutsche haben eine Mitverantwortungfür den Staat Israel.«

Die vorerst letzte Neuschöpfung einer Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe gab es imJuni 2003 in Schwerin: Abgeordnete aller Frak-tionen des Landtags von Mecklenburg-Vorpom-mern gründeten dort eine solche Vereinigungund verkündeten das Ziel,

»die Verbindungen zu Israel zu vertiefen, zurVerbreitung von Kenntnissen über Geschich-te und Kultur des israelischen Volkes bei-zutragen und ein gutes Miteinander von Ju-den und Nichtjuden zu fördern«.

Den Vorsitz übernahm Sylvia Bretschneider(SPD), die nebenher Landtagspräsidentin ist.Über die Deutsch-Israelische Parlamentarier-gruppe hinaus wirken im Hohen Haus zu Berlinweitere Zusammenschlüsse ähnlichen Sinnsund Zwecks wie etwa der „Gesprächskreis Isra-el”, der von der SPD-Abgeordneten DagmarSchmidt geleitet wird. Von 1996 bis 2002 figu-

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rierte Rita Süssmuth als Chefin der deutschenAbteilung eines „Interparlamentarischen Ratesgegen Antisemitismus”, dem angeblich eintau-sendeinhundert Abgeordnete aus siebenund-achtzig Ländern angehören, der aber etwas voneinem Geheimorden an sich haben muss, weiler so gut wie nie öffentlich in Erscheinung tritt.Auf diesem Felde existiert, besser: vegetiert,wohl manche Gruppierung, die vielleicht keineandere Funktion hat, als „Ablass-Mitgliedschaf-ten” zu ermöglichen.

„Anspruch Israels mitvertreten”Auch sonst lassen viele Repräsentanten sämtli-cher etablierter Parlamentsparteien keinenZweifel an ihrer Solidarität mit Israel aufkom-men, die mal „unverbrüchlich”, mal „unerschüt-terlich” ist, manchmal „kein Wenn und Aberkennt”, bisweilen sogar „hundertprozentig” be-schworen wird.Nicht selten kommt Israel-Solidarität von MdBs— von grün bis schwarz — in Titelseiten-Inter-views mit dem jüdischen Zentralrats-Zentral-organ zum Ausdruck. Zwei typische Beispiele:

Christian Sterzing, „Nahostexperte” derBundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen,auf der Frontseite der „Allgemeinen Jüdi-schen” vom 10. Mai 2001:

» Wir haben sehr enge und freundschaftlicheBeziehungen zu Israel. Wir machen regel-mäßige Besuche und haben Kontakte zu ver-schiedenen Parteien und Gruppierungen.Man kann das Verhältnis schon als solida-risch bezeichnen.«Christian Schmidt, außenpolitischer Spre-cher der CSU-Landesgruppe im DeutschenBundestag, auf der Titelseite der „Allgemei-nen” vom 28. Februar 2002:

»Ich kann Außenminister Fischer nur darinbestärken, dass er in der Kontinuität allerdeutschen Bundesregierungen bleibt, unddass er das Existenzrecht Israels über eine

vermeintlich einheitliche europäische Nah-ostpolitik stellt. Insbesondere muss die Bun-desregierung auch den Anspruch Israels aufgesicherte Grenzen mit vertreten.«

Mehr als manchmal hat man den Eindruck,dass Politiker in Deutschland nicht um deutscheWähler werben, sondern um israelische buhlen.Typisch dafür dürfte folgende Meldung der ei-nem bedingungslosen Israelizismus huldigen-den Internet-Nachrichtenagentur „Israel-Netz”vom 27. August 2002 sein:

»Deutschlands Politiker gehören an die SeiteIsraels. Dies erklärte der Spitzenkandidat derBerliner CDU für die Bundestagswahl, GünterNooke, vor deutschen Israelfreunden in Berlin.Er sprach bei einer Kundgebung „Deutschlandan der Seite Israels".«

Nooke (Deutsch-Israelische Parlamentariergrup-pe) leitete in seiner Ansprache die Festbindungan Israel nicht nur aus der Hitler-, sondernobendrein auch noch aus der Honecker-Vergan-genheit ab. Er führte aus:

»Zur belasteten Geschichte zählen nicht al-lein die Verbrechen der Nazis, sondern auchdie Ausbildung palästinensischer Terroristenin der DDR. Im „Neuen Deutschland” warArafat zu DDR-Zeiten regelmäßig auf der Ti-telseite. Seine Waffen kaufte er bei Hon-ecker.«

Israel selbst allerdings stellt sich weitaus weni-ger pingelig im Umgang mit der DDR-Vergan-genheit an. Dieses jedenfalls dann, wenn esum gewisse höchstrangige Vertreter des Stasi-,Mauermord- und „PLO-Terroristenunterstützer"-Regimes geht. So meldete die Deutsche Pres-se-Agentur am 3. April 1996:

»Bei seinem ersten Besuch in Israel hat sichder ehemalige Chef der Stasi, Markus Wolf,mit israelischen Berufskollegen aus altenZeiten getroffen (auch übrigens mit Ex-Pre-mier Schamir, D. K.), die ihm höchstes Lobaussprachen. Der ehemalige Chef des israe-lischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet,

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Jaacov Peri, sagte zu ihm: „Du bist eine Le-gende.” Laut Wolf hat die Stasi nie direktgegen Israel agiert, da ihr Hauptziel West-deutschland war. Wäre sein Vater Zionistgewesen und 1933 nach Palästina aus-gewandert, wäre Wolf vielleicht eines Tagesder Chef des israelischen GeheimdienstesMossad geworden, spekuliert der ehemaligeChef des israelischen „Aman"-Militärnach-richtendienstes, Schlomo Gazit.«

Bei Vater Friedrich Wolf aber handelte es sichnun einmal nicht um einen zionistischen, son-dern um einen kommunistischen Juden. Wieauch Stasi-Vizeminister Hans Fruck ein Her-kunftsjude war, der bei der MfS-internen Ein-schätzung des Zionismus als

»reaktionär, nationalistisch, rassistisch, kon-terrevolutionär, antisozialistisch, antisowje-tisch«

und der Bewertung der Zionistischen Weltorga-nisation als

»vom israelischen Geheimdienst miss-braucht«

die Feder führte. Und jüdisch von Geburt warnicht minder Hermann Axen, von 1966 bis zumUntergang der SED-Diktatur als ZK-Sekretär fürinternationale Beziehungen mit der Pflege derKontakte zur PLO beauftragt gewesen. Undauch Albert Norden, der als jahrzehntelangerAgitpropchef in Ostberlin die Leitlinien derNahost-Stellungnahmen in SED-Medien wieetwa dem Zentralorgan „Neues Deutschland”festlegte, entstammte einer jüdischen Familie.

Das vorgenannte Quartett ließ auch immer wie-der „antisemitische” Zwischenfälle durch Agen-ten und Provokateure in Westdeutschland in-szenieren, die das Image der Bundesrepublikweltweit bräunlich verdüsterten (und es allenmöglichen Anspruchstellern leichter machten,noch mehr Sühnesummen für Hitlerverbrechenaus den Deutschen herauszuquetschen).

„Zweite Heimat Israel”

Was nun die Träger des höchsten Amtes derRepublik betrifft, so hat SPD-Rau (Spitzname:„frommer Johannes”) in einem Jahrfünft alsBundespräsident, 1999-2004, mit seinen Hosi-annas auf den Hebräerstaat alle Vorgänger,auch die mit Dezenniumsperiode, übertroffen.Zuvor schon, als NRW-Minister bzw. -Minister-präsident, hatte er sich für Israel alle Naselangin die Schanze geworfen, und immer wieder,auch beispielsweise bei seiner Nahost-Visiteim November 1998, über die Deutschen unddie Hitlerzeit Ansichten geäußert wie:

»Es gibt eine kollektive Haftung und Verant-wortung.«

Nicht von ungefähr sangen die „Israel Nach-richten” am Tag der Bundespräsidentenwahl,23. Mai 1999, eine Hymne auf Rau als denMann, „der in seinem politischen Leben fast al-les erreicht hat”, der „legendär” sei, der „schonals Landesvater etwas Präsidiales an sich hat-te”, der „als charismatischer ,Menschenfischer'und ,Brückenbauer' gilt” — vor allem aber,

»der ein treuer und überzeugter Freund Isra-els ist«.

Einsamer Spitzenreiter unter allen deutschenPolitikern ist Rau mit der Anzahl seiner Israel-Besuche. Unmittelbar bevor er wieder einmaleinschwebte, schrieben die „Israel Nachrich-ten” in ihrer Ausgabe des 16. Februar 2000:

»Es ist sein einunddreißigster Besuch in Isra-el.«

Was zu niedrig gegriffen war, wie der Verfas-ser jenes Artikels im eigenen Archiv hätte fest-stellen können. Denn schon rund eineinviertelJahre zuvor, 27. November 1998, hatte es indenselben „Israel Nachrichten” geheißen:

»Anfang der 60er-Jahre, damals bereitsSPD-Abgeordneter, reist Rau gemeinsam mitProbst Heinrich Grüber zum ersten Mal nachIsrael. Nach diesem Besuch lässt ihn dieFaszination des Gelobten Landes nicht mehr

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Echo auf Raus Rede in Jerusalem im Februar 2000: „Israel Nachrichten'; „Allgemeine Jüdische'; deut-sche Tagespresse („Süddeutsche Zeitung").

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 197

los. Fünfunddreißig (!) Mal ist der Politikerseither in unterschiedlichen Ämtern undFunktionen nach Israel zurückgekehrt.«

Die „Süddeutsche Zeitung” wies am 17. Febru-ar 2000 dezent darauf hin, dass ja noch die Pri-vataufenthalte hinzugerechnet werden müsstenund wählte die Formulierung:

»Kaum zu zählende Male war Rau privat wiepolitisch in Israel.«

Die „Frankfurter Allgemeine” desselben Tagesenthielt sich ebenfalls der konkreten Erbsen-zählerei und schrieb zum Thema kurz und bün-dig

»Israel ist Raus zweite Heimat.«Sein erster bundespräsidialer Israel-Trip, Febru-ar 2000, kam dem „frommen Johannes” beson-ders recht. Denn gerade war die Affäre um das„System Rau” (Banken/Politik-Filz) aus seinerMinisterpräsidentenzeit in Düsseldorf aufgeflo-gen. Da traf es sich gut, dass sich die Schein-werfer der Medien wiejr, weit zurück in dieVergangenheit auf Hitler und Holocaust richte-ten, was bei einer deutschen Politikerreisenach Jerusalem garantiert ist. Übrigens warauch Raus israelischer Amtskamerad EzerWeizman just in jenen Tagen wegen einesSkandals um Geld und Gunst in die Bredouillegeraten. Im Gegensatz zu seinem bundesdeut-schen Kollegen allerdings konnte er sich nichtim Sattel halten und stürzte bald darauf.Vor seinem Abflug in den Vorderen Orient hatteRau gegenüber der „Allgemeinen Jüdischen”des Zentralrats (veröffentlicht in der Ausgabevom 17. Februar 2000) seine Überzeugung be-kundet, dass

»Israel für das Bewusstsein aller Bürger jüdi-schen Glaubens ein Rückhalt ist«,

und beteuert, was ihm Herzensangelegenheitsei:

»Ein unerschütterliches Verhältnis zwischenDeutschland und Israel.«

„Das nervt mich extrem”Bei der von den israelischen Abgeordneten an-geblich „mit großer Spannung erwarteten”überhaupt ersten Ansprache eines deutschenBundespräsidenten im Parlament des Juden-staates bekundete Rau vor gähnend leeremPlenum, dass

»ich mich im Angesicht des Volkes Israel inDemut verneige«

und dass»das Verhältnis zwischen Israel und Deutsch-land für immer ein besonderes sein wird«.

Weitere Kernsätze der Rauschen Rede in derKnesset:

»Ich bitte um Vergebung für das, was Deut-sche getan haben, für mich und meine Ge-neration.Wir Deutschen werden in alle Zukunft be-gleitet werden von den Bildern der Morde,die Deutschland zu verantworten hat.Die persönliche Schuld mag der Täter mitins Grab nehmen. Die Folgen einer Schuld,die die Grundlagen menschlicher Sittlich-keit erschüttert hat, tragen die nach ihmkommenden Generationen.Heute sorgen wir uns darum, wie die Nach-geborenen mit der Schuld ihrer Väter um-gehen werden.Die Mitverantwortung für Israel ist einGrundgesetz deutscher Außenpolitik seitGründung unseres Staates.Ich möchte die Zukunft unserer Kinder undKindeskinder an der Seite der Kinder Isra-els sehen.«

Knesset-Chef Abraham Burg verteilte daraufhineine Schmeicheleinheit, indem er sich bei Raubedankte als

»dem größten Freund Israels«.Apropos Väter: Ewald Rau, der Bundesprä-sidentenvater, war zur Hitlerzeit die rechteHand (hauptamtlicher Sekretär) von WilhelmGoebel, dem Reichsbundleiter der christlichen

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198 Sechster Abschnitt

Blaukreuzlerbewegung, Verein zur RettungTrunksüchtiger. Goebel setzte sich energischfür die Verbreitung nationalsozialistischen Ge-dankengutes in der evangelischen Kirche einund brachte seine stramm völkische Gesinnungauch als Herausgeber des Blattes „Zeitspiegel”zum Ausdruck. Im Kriege diente Rau senior inder Wehrmacht. Bei den Raus daheim in Wup-pertal hing der Führer an der Wand. Nämlichdas Bild, das Hitler mit Hindenburg am „Tagvon Potsdam” 1933 zeigt. Johannes Rau weißdas Aufhängen der historischen Momentauf-nahme in der elterlichen Wohnstube als ca-mouflierten Widerstand zu deuten, handele essich doch um das einzige Bild, auf dem Hitlersich jemandem beuge.Apropos Kinder: 2001 verursachte ein Interviewmit Raus Tochter Anna, Gymnasiastin, Furore,das sie der Illustrierten „Max” gegeben hatte(veröffentlicht in Nr. 4 des Blattes jenes Jahres)und in dem sie ihrem Frust über die unablässi-ge „Bewältigung” der NS-Zeit Luft machte(„Das nervt mich extrem!"). Sie sagte weiter:

»Immer wieder dasselbe. Man fängt an mitHitler und dem rosa Kaninchen, dann kommtAnne Frank und „Die Welle”, dann schautman „Schindlers Liste” am Wandertag. ImKonfirmandenunterricht nimmt man den Ho-locaust durch und in Geschichte sowieso.Man könnte fast sagen, man spricht in allenFächern darüber. Da stumpft man irgendwieab. Es ist einfach zu viel.«

Sondermittel bereitgestellt"

Zu den mannigfachen proisraelischen Aktivitä-ten, die Rau als Bundespräsident entfaltete,gehörte u.a. die Schirmherrschaft über diedeutsche Zweigstelle des „Peres-Center forPeace” (benannt nach dem langjährigen Minis-ter und Regierungschef Israels). Vorsitzenderdes für die Bundesrepublik zuständigen Komi-tees dieser Gruppe ist der Kölner Medienunter -

nehmer Alfred Neven du Mont (Sohn des zurHitlerzeit höchst erfolgreichen wie ebenso an-gepassten Verlegers Kurt Neven du Mont), dersich nach eigenem Bekunden von Israels Bot-schafter in Bonn Avi Primor für dieses Amt kei-len ließ und bei der Entgegennahme der Ehren-bürgerschaft der Stadt Köln am 4. Mai 2001von seiner ertragreichen Spendensammelei beideutschen Großunternehmern berichtete, wel-che dem großen Center-Ziel diene,

»dass die Palästinenser nach Jahr und Tagin etwa auf derselben Linie liegen wie wir«.

Auch geht auf Rau die Gründung eines „Koor-dinierungszentrums Deutsch-Israelischer Ju-gendaustausch — ConAct” im Jahre 2001 zu-rück. Dieses hat seinen Sitz in der LutherstadtWittenberg und wird aus öffentlichen deut-schen Mitteln finanziert. Unter dem Stichwort„Hier geht's ums Geld” schreibt „ConAct” imInternet:

»Deutsch-israelische Jugendbegegnung gibt'snicht umsonst: Neben Aufenthaltskosten fal-len durch den Flug hohe Reisekosten an, dieallein durch Teilnehmerbeiträge oft nicht fi-nanziert werden können. Um deutsch-israe-lische Jugendbegegnungen dennoch möglichzu machen, stellt das Bundesministerium fürFamilie, Senioren, Frauen und Jugend Son-dermittel bereit.«

Weitere Geldquellen sind der Kinder- und Ju-gendplan des Bundes, die Kassen der Bundes-länder Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vor-pommern und das Auswärtige Amt. Die Kostenfür junge Israelis, die via Raus „ConAct” in dieBundesrepublik reisen, werden so zu 75 % vonstaatlich deutscher Seite getragen.Das Wittenberger Koordinierungszentrum führtübrigens auch ausdrücklich so bezeichnete„Vernetzungsseminare” durch, an denen Abge-sandte der israelischen Regierung teilnehmen;im September 2003 war es Dina Lutati vomWohlfahrtsministerium des jüdischen Staates.

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An jüdisch/israelischen Orden und Ehrenzeichenhat Johannes Rau den absoluten RekordhalterHelmut Kohl nicht einholen können. Aber Trä-ger der Buber-Rosenzweig-Medaille der Gesell-schaften für Christlich-Jüdische Zusammen-arbeit (Schirmherr: er selbst), der Ehrenmit-gliedsnadel des Jerusalemer Israel-Museums,des Ehrendoktorhutes des Technion Haifa so-wie des Leo-Baeck-Preises des Zentralrats derJuden ist er immerhin doch schon. In ihrer Aus-gabe direkt nach der feierlichen Verleihung derletztgenannten Auszeichnung notierte die „All-gemeine Jüdische” am 30. November 1995:

» Weil die jüdische Gemeinschaft in Deutsch-land wächst, mit all ihren Problemen, spen-dete Rau das dotierte Geld für ein Netzwerkzur Förderung jüdischen Lebens.«

Bleibt noch nachzutragen, dass Johannes Rauals sein liebstes Steckenpferd das Sammelnvon Briefmarken nennt. Spezialgebiet, manahnt es schon: Israel.

„Heiße Ware aus demHeiligen Land”

Raus ebenfalls sozialdemokratischer Nachfolgerals Ministerpräsident an Rhein und Ruhr Wolf-gang Clement, im Oktober 2002 zum Bundes-wirtschaftsminister befördert, ist Israel kaumminder gewogen, wie auch die zionistische Ju-denheit ihm. Clements Israelophilie kommt u. a.in seiner Mitgliedschaft im deutschen Direkto-rat der Jerusalem-Foundation (Ziel: „Jerusalemsoll eine Welthauptstadt werden”) zum Aus-druck.Anlässlich der Verleihung der Josef-Neuberger-Medaille der Düsseldorfer Israeliten an denSPD-Politiker im Jahr 2002 stimmte Paul Spie-gel eine Hymne auf Clement an, die in der örtli-chen Gemeindezeitung der Juden wie folgt wi-derhallte:

»Er will die Partnerschaft. Er sucht die Au-genhöhe. Er ist ein wahrer Freund Israels, in

einer Zeit, in der Israel verlässliche Freundewie ihn so dringend braucht. Er hat nieZweifel an seiner tiefen Solidarität zu Israelgelassen.«

Dann der Katzensprung aus dem Sack: Dass essich bei Wolfgang Clement um

»einen wahren Freund der jüdischen Ge-meinschaft«

handele, werde, so der Zentralratschef, darandeutlich, dass er

»menschliche Stammzellen aus Israel impor-tieren«

wolle, was, so Spiegel weiter,»ein Schritt in die Zukunft, ein Schritt auf-einander zu«

sei.In der Tat ist Clement als der vehementesteVerfechter deutschen Imports israelisch gezüch-teter menschlicher Stammzellen hervorgetreten.Israel erhofft sich von solcher in Deutschlandnicht erlaubter „Biotechnologie” mit Humanem-bryonen einen boomenden Exportwirtschafts-zweig.

»Heiße Ware aus dem Heiligen Land«,lautete ein ganzseitiger Artikel in der „Jüdi-schen Allgemeinen” vom 26. September 2002,in dem es darum ging, dass

»deutsche Wissenschaftler demnächst mitdem Import embryonaler Stammzellen „Ma-de in Israel” beginnen«.

Aus dem Labor des Dr. Itskovitz

Zu den Hauptakteuren auf israelischer Seitegehören Lior Gepstein und Joseph Itskovitz-El-dor vom Rambam Medical Center des Technionin Haifa. Dieses ist die älteste Hochschule inIsrael (Eröffnung 1925), eine von Albert Einsteinmitinitiierte Schöpfung des Hilfsvereins derDeutschen Juden und im Ursprung ganz nachVorbildern im Deutschen Reich angelegt gewe-sen. Nach 1933 kamen etliche jüdische Kapazi-täten aus Deutschland ans Technion. Heute

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gibt es 12 000 Studenten dort. Die Hochschulecharakterisiert sich selbst als

»Motor der High-Tech-Entwicklung in Israel.«Die Forschungsstätten in Haifa (Technion undUniversität), dem Zentrum der israelischen Bio-technologie, insbesondere der Humanembryo-nen-„High Tech", werden traditionell besondersmassiv aus der Bundesrepublik bezuschusst.Deutsche Gelder in dreistelliger Millionenhöhesind geflossen. Und zwar aus:— Bundes- und Länderkassen,

- EU-Mitteln (Hauptzahlmeister: Deutschland),

- Schatullen des Deutschen AkademischenAustauschdienstes,

- dem Etat der Deutschen Forschungsgemein-schaft,

- dem Topf der VW-Stiftung,

- den Erträgen von „Kooperationsverträgen”(beispielsweise besteht ein solcher seit1984 zwischen TU Berlin und Technion).

Im März 2002 berichtete das Technion-Blatt„Fokus”, bis dato seien allein mit Mitteln desLandes Niedersachsen

»sechsundsiebzig gemeinsame Forschungs-vorhaben mit einem Gesamtaufwand von 16Millionen DM«

finanziert worden. Auch Clements NRW hatvon Bundesländerseite kräftig zugebuttert.Das Magazin „Newsletter Haifa” des Deut-schen Förderkreises der Universität Haifa (Chef:Manfred Lahnstein, Stellvertreter: Dr. KlausReinhard Wachs, Schatzmeister: Max M. War-burg) berichtete in seiner Ausgabe Nr. 2/2001:

»Die Zukunft für deutsche und israelischeWissenschaftler scheint rosig. Denn For-schungsministerin Edelgard Bulmahn willden Austausch noch mehr fördern. Dies sag-te sie während eines Besuchs der Univer-sität Haifa. So beginnen in diesem Frühjahrfünf neue Forschungsprojekte im Bereich derBiotechnologie, die das Ministerium mit 3,7Millionen Mark unterstützt. Bisher hat ihrMinisterium mehr als 700 Millionen Markfür verschiedene Kooperationsprogrammezur Verfügung gestellt.«

Über Israels obersten StammzellenproduzentenItskovitz schrieb das Zentralratsblatt im bereitsanzitierten „Heiße Ware"-Artikel:

»Er erinnert sich immer noch verdutzt daran,wie der nordrhein-westfälische Ministerprä-sident Wolfgang Clement mit Hubschrauberund einem Tross von dreißig Mitarbeiternwährend einer Israelreise bei ihm auftauch-

Große Beachtung fürDr. Itskovitz im Blattdes Zentralrates

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te, um die Zusammenarbeit zwischen denUniversitäten Haifa und Bonn voranzutrei-ben. Heute kann der Wissenschaftler schonamüsiert von deutschen Politikern erzählen,die während eines Besuches in Israel „Mi-nisterpräsident Scharon, den Staatspräsiden-ten und mich” treffen wollen.«

Das Ergebnis der Bundestagswahl in Deutsch-land interessiere Itskovitz vor allem in einemPunkt, fuhr die „Allgemeine” fort, nämlich wiees mit der Stammzellen-Kooperation zwischenDeutschland und Israel weiter gehe.

»Da aber schon Politiker beider großer deut-schen Volksparteien an die Tür seines Laborsklopfen wollten, gehören Joseph Itskovitzund sein Team nach dem Wahltag wohl aufjeden Fall zu den Gewinnern.«

Itskovitz weist laut Zentralratsblatt darauf hin,»dass die pragmatische Einstellung in Israelzur Forschung an menschlichen Embryonensicher auch mit der jüdischen Religion zu-sammenhängt. „Im Judentum ist ein Embryo,der nicht in der Gebärmutter aufgenommenwurde, noch kein Mensch”, erklärt er und zi-tiert damit rabbinische Autoritäten.«

Am 17. Juni 2001 meldete hierzu die evangeli-sche Nachrichtenagentur idea:

»Im „Lehrhaus Judentum für Christen” hatteder jüdische Mediziner Szimon Staszewskierläutert, warum Israel die Embryonenfor-schung erlaubt. Die Frage, wann das Lebenbeginne, werde bei den Juden anders beant-wortet als bei den Christen. Die Rabbinerhätten nach der Entdeckung des Mikroskopsentschieden, dass nur das beachtet werdenmüsse, was man mit dem bloßen Auge se-hen könne. Ein Embryo im Vier- oder 16-Zel-lenstadium sei aber mit bloßem Auge nichterkennbar. Deshalb dürften nach jüdischemRecht Embryonen im frühen Stadium, die beider Erzeugung im Reagenzglas überschüssigseien, für die Forschung verwendet werden.«

„Ich bin doch kein Kannibale”

War es Clement als Ministerpräsident in Düs-seldorf nicht vergönnt, den Stammzellen-Importaus Israel durchzusetzen, klappte es dannschließlich bald nach seiner Ernennung zuSchröders „Superminister” in Berlin. Sinniger-weise am Heiligen Abend 2002 meldete die„Welt”:

»Deutsche Forscher dürfen erstmals Stamm-zellen von Embyronen einführen. Das Robert-Koch-Institut in Berlin erteilte dem Neurobio-logen Oliver Brüstle von der Universität Bonndie dafür erforderliche Genehmigung. DieZellen aus dem Labor des israelischen Gynä-kologen Joseph Itskovitz in Haifa sollen inden nächsten Tagen nach Deutschland trans-portiert werden ... Für die Stammzellenfor-schung in Bonn hatte sich Bundeswirtschafts-minister Wolfgang Clement eingesetzt, derim Frühjahr noch als nordrhein-westfälischerMinisterpräsident das Labor von Itskovitz inHaifa besucht hatte. Bundesforschungsminis-terin Edelgard Bulmahn begrüßte gestern dieImportgenehmigung für embryonale Stamm-zellen.«

Schließlich kam auch der Durchbruch im Bun-destag: Das Parlament gab dem Stammzellen-Import „unter strengen Auflagen” grünes Licht.Die „Ethikkommission” soll Wache schieben.Das „Gesetz zur Sicherstellung des Embryonen-schutzes im Zusammenhang mit Einfuhr undVerwendung menschlicher embryonaler Stamm-zellen” wurde „von einer „fraktionsübergrei-fenden Abgeordnetengruppe” aller Bundestags-parteien ausgearbeitet. Für weitestgehendeImportmöglichkeiten waren die MdB Peter Hint-ze (Ex-Generalsekretär der CDU, Deutsch-Israe-lische Parlamentariergruppe) und Ulrike Flach(FDP; sie hatte 2002 im Landesverband NRWdas parteiinterne Feuer auf Möllemann eröff-net) eingetreten.

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Kritik an seiner Stammzellenpolitik, wie sie amstärksten von kirchlichen Kreisen artikuliertworden ist, hat Wolfgang Clement oft im zorni-gen Zack-Zack-Ton zurückgewiesen. Auf demDeutschen Evangelischen Kirchentag im Juni2001 in Frankfurt/Main rief er Protestierendenentgegen:

»Ich bin doch kein Kannibale, der Embryosverbrauchen will!«

Br. Elija vom Kloster Frauenberg/Bodman amBodensee aber gibt im Internet („jemael inter-national") unter der Schlagzeile:

»Der deutsch-israelische Greuel oder derGriff nach dem Menschen«

u.a. Folgendes zu bedenken:»Man muss klar erkennen, dass es sich beiembryonalen Stammzellen um jene Urzellendes Embryos handelt, in welche die Anlageseiner ganzen körperlichen Entwicklunghineingegeben ist ... All diejenigen, dieversuchen, dem Menschen in einem frühenStadium seiner Existenz das „Menschsein”abzusprechen, um so seine vorgeburtlicheTötung und die experimentelle Forschungan seinen Stammzellen zu rechtfertigen,haben die Beweislast auf ihrer Seite. Dasgilt auch für die religiösen Vorstellungen,welche die Einwohnung der Seele auf ei-nen späteren Zeitpunkt nach der Zeugungverlegen und so bedauerlicherweise indi-rekt helfen, die moralische Hemmschwellezur Tötung eines Menschen zu senken.Der deutschisraelische „Stammzellen-Deal”bekommt noch einmal eine besonders ma-kabre Note. Da es sich bei diesen Embryo-nen um Menschen handelt, muss man da-von ausgehen, dass in Haifa (Israel) mit derEntnahme der Stammzellen jüdische Men-schen getötet wurden. Die Stammzellendieser Menschen dienen jetzt deutschenWissenschaftlern zur Forschung. Das ist dieunverschleierte Wahrheit.«

„Das Schreckliche lässteinen nie los”

Über Klaus Kinkel, den ehemaligen Chef desAuslandsgeheimdienstes BND (1983-87), Bun-desjustizminister (1991/92), Bundesaußenminis-ter (1992-98) und FDP-Vorsitzenden (1993-95),hieß es in den „Newslettern der Universitätvon Haifa”, Nr. 2/2001:

»Seit vorigem Jahr gehört er dem Board ofGovernors (Vorstand) der Universität Haifaan. Eine Aufgabe, die für ihn nicht nur einemoralische Verpflichtung ist, sondern auchein familiäres Anliegen: Seine Tochter istmit einem Israeli verheiratet und lebt seit ei-nigen Jahren in Israel.«

Dem Haifaer Universitätsblatt gegenüber be-kundete Kinkel:

»Die Großmutter meines israelischenSchwiegersohnes kommt aus Haifa. Es isteine wunderschöne Stadt. Natürlich kenneich Israel aus vielen Besuchen und fühlemich dem Land und seinen Menschen engverbunden.«

Welche Eindrücke er nach einem Israel-Besuchmit nach Hause nehme?

»Das Schreckliche der Vergangenheit lässteinen nie los. Natürlich sind das die mas-sivsten Eindrücke, aber ich lerne Israel auchjedes Mal als wunderschönes und interes-santes Land aufs Neue kennen.«

Wie man im Lexikon „Prominente ohne Maske— Neu” nachlesen kann, plauderte Kinkels Ei-dam Ofir Tuval über seinen Schwiegervater, derdamals noch Bundesaußenminister war, 1998aus:

»Politische Angelegenheiten um Israel teilter mir normalerweise vorher mit. Wenn michetwas stört, kann ich ihn jederzeit anrufen.Klaus Kinkel fühlt sich Israel wegen des Ho-locausts verpflichtet. Er hat tiefe Gefühle fürIsrael. Er hat als deutscher Geheimdienst-

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chef Israel in vielen Fällen geholfen, die bisheute nicht bekannt wurden.«

Derlei Ausplapperei ist eher ein Indiz gegendas Gerücht, bei Tuval handele es sich um ei-nen Agenten des israelischen Geheimdienstes.In seinem kurz vor seinem mysteriösen Tod2003 erschienenen Buch „Klartext” brachteauch Möllemann die Behauptung von Beziehun-gen des Kinkel-Schwiegersohns zum Mossadauf.Zu den zionistischen Orden, die sich Klaus Kin-kel an die Brust hängen und heften kann, ge-hört der „Distinguished Statesman Award”.Verliehen bekommen hat er ihn von der Anti-Defamation League, der bedingungslos anti-an-tisemitischen Eingreiftruppe in Diensten der jü-dischen Logenverbindung B'nai B'rith. Über dieZeremonie gab es am 4. Mai 1995 eine Bericht-erstattung in der „Allgemeinen Jüdischen”.Noch im selben Jahr wurde die Kinkel-Tochtervon dem bereits erwähnten Tuval über die

Schwelle getragen. Die Zentralratszeitungschrieb über die beiden am 27. Juli 1995:

»Sie wären ein ideales Paar für Linda deMols „Traumhochzeit” — der Israeli Ofir Tuvalund die Deutsche Andrea Kinkel. Jung, nett,gut aussehend und prominent: Denn dieBraut ist die Tochter des deutschen Außen-ministers Klaus Kinkel. Kennengelernt habensich die Liebenden vor zwei Jahren an derBerliner Universität. „Es war Liebe auf denersten Blick”, behauptet die israelische Ta-geszeitung „Jediot Achronot”. Die Brautspreche bereits Hebräisch und begleite ihrenzukünftigen Ehemann an den Feiertagen indie Synagoge. Die Hochzeit soll am 21. Okto-ber in Berlin stattfinden. „Es wird eineschlichte Zeremonie sein — nur die Familieund einige enge Freunde”, erklärte der Bräu-tigam. Ganz besonders freue er sich darüber,dass seine 83-jährige Großmutter, die in Ber-li n geboren wurde, aus Haifa in die deutscheHauptstadt kommen werde.«

Kinkel im Haifaer Universitäts-Blatt

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Ger Zedek oder doch nur German?

Doch trotz aller Liebe, viel Hebräisch und jederMenge Synagoge stellten sich erheblicheSchwierigkeiten ein, bevor sich das Traumpaarim Traumland niederlassen konnte. Am 3. Au-gust 1998 hieß es in den „Israel Nachrichten”:

»Die Tochter des deutschen AußenministersKlaus Kinkel kann nicht israelische Staats-bürgerin werden. Das israelische Innenminis-terium entschied, ihre in den USA erfolgteKonvertierung zum Judentum nicht anzuer-kennen. Andrea Kinkel ist seit einiger Zeitmit dem Israeli Ofir Tuval verheiratet, dochzur Erlangung der israelischen Staatsbürger-schaft reicht dies bislang nicht. Nach Anga-ben des Blattes „Jediot Achronot” schicktedas Innenministerium die Unterlagen, in de-nen Andrea Kinkel um die Staatsbürger-schaft nachsuchte, korrigiert zurück. KinkelsEintrag „jüdisch” unter der Rubrik Nationali-tät war in „deutsch” geändert worden. Auchder Antrag auf Einbürgerung der kleinenTochter des Paares wurde abgewiesen. An-drea Kinkel war vor ihrer Heirat in den USAzum orthodoxen Judentum konvertiert. PerGesetz müssen derartige Konvertierungen inIsrael anerkannt werden. Doch das von derultra-orthodoxen Schas-Partei kontrollierteInnenministerium baut in den letzten Jahrenmassive Hürden auf und verhindert oft jahre-lang die Anerkennung im Ausland erfolgterKonvertierungen.«

Allerdings sind selbst dann längst noch nichtalle Schwierigkeiten beseitigt, wenn man als„Ger Zedek” (hebr.: Übergetretener) bzw. „Pro-selyt” (grch.: Hinzukömmling) anerkannt wordenist. Das „Neue Lexikon des Judentums” teiltmit

»Als äußeres Zeichen nimmt der Proselyt,der als neugeborenes Kind gilt, einen hebräi-schen Namen an. In diesem besteht keineVerbindung mehr zu den leiblichen Eltern,

sondern zu Sara und Abraham, dem Stamm-vater der Proselyten. Das Bet Din (religiösesGericht, D. K.) hat den Proselyten auf die zuerwartende besondere Verantwortung infol-ge der Übernahme der Tora durch Israel hin-zuweisen. Der Proselyt ist zwar vom Stand-punkt der Religion Jude, seine nichtjüdischeHerkunft hat aber halachische (jüdisch-über-li eferungsgemäße, D. K.) Konsequenzen. EineProselytin darf keinen Priester heiraten, einProselyt keine öffentlichen Ämter überneh-men, nicht als Richter in Strafsachen, nachmanchen Quellen auch nicht in Zivilsachenagieren, sein Erbe können nur nach demÜbertritt gezeugte Kinder antreten. Hat erkeine Kinder, ist seine Habe Hefker („herren-los"). Da Proselyten nicht in der jüdischenTradition aufgewachsen sind, wird geraten,Pessach nicht allein bzw. unter sich zu fei-ern. Ein Proselyt gilt sonst halachisch als Ju-de, wird in der Hierarchie allerdings ansEnde gesetzt.«

Wäre die Kinkel-Tochter nicht „Ger Zedek” ge-worden, sondern nur „Ger” (im Sinne von Ger-man) geblieben, hätte das einschneidende Fol-gen auch für das Kind ihrer Beziehung mitTuval. Es würde nämlich, weil Mutter Nicht-jüdin, als „Mamser” gelten (von hebräisch„Meam sar”: „aus einem fremden Volk"). Laut„Neuem Lexikon des Judentums” wird dieMamser-Problematik im Talmud häufig behan-delt. Die Ehe zwischen Mamserim (Mehrzahl)und Juden sei untersagt. Ein Mamser dürfe nureinen Mamser oder einen Proselyten heiraten.(Siehe hierzu auch: Walter. Homolka, Hg.,„Nicht durch Geburt allein. Übertritt zum Ju-dentum”, München 1995.)Amos Elon, israelischer Publizist, hat sich inseinem Werk „Die Israelis — Gründer und Söh-ne” der Frage gewidmet, wer eigentlich die imWesentlichen schon seit Staatsgründung gel-tenden strengen Abstammungs- und Einbürge-rungsbestimmungen zum offiziellen Gesetz wer-

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den ließ. Es war die sozialistische (!) und allesandere als observante (strenggläubige) Regie-rungschefin Golda Meir, genannt „Mutter Isra-els”. Elon:

»Golda Meir drängte das israelische Par-lament im März 1970, die talmudische Defi-nition in das Staatsgesetz aufzunehmen.«

Die Begründung der „Mutter Israels” sei dennauch nicht religiöser, sondern nationaler Art ge-wesen, fährt der israelische Publizist fort. Sohabe die Premierministerin in der Knesset aus-gerufen:

»Mischehen zwischen Juden und Nichtjudenwürden die Existenz des jüdischen Volkesgefährden.«

Jude h. c.

Kinkels Nachfolger als BundesaußenministerJoseph „Joschka” Fischer ist nicht nur Ehren-doktor der Universität Haifa (Mai 2002), Trägerdes Heinz-Galinski-Preises der Jüdischen Ge-meinde Berlin (verliehen im November 2002;Laudator: Richard von Weizsäcker, selber Preis-träger) und Inhaber der Buber-Rosenzweig-Me-daille der Gesellschaften für Christlich-JüdischeZusammenarbeit (März 2003), sondern kann

sich seit Mitte 2003 auch noch Jude ehrenhal-ber nennen. Denn am 19. Juni jenes Jahresverlieh ihm die 1500 Seelen starke jüdischeGemeinde des griechischen Thessaloniki an-lässlich des dortigen EU-Gipfels die Ehrenmit-gliedschaft. Überschrift in der „Jüdischen All-gemeinen” vom 3. Juli 2003:

»Fischer Gemeindemitglied«.Jude h. c. Joschka Fischer scheint als Außen-minister vor lauter Solidaritätsbekundungen fürIsrael kaum in den Schlaf zu kommen. Geradewar er im Amt als AA-Chef, da meldeten die„Israel Nachrichten” des 5. November 1998:

»Die neue deutsche Regierung, die die Nach-kriegsgeneration repräsentiert, fühlt Israelgegenüber „eine besondere Verantwortung”.Dies erklärte gestern der deutsche Außen-minister Joschka Fischer bei einer Presse-konferenz gemeinsam mit US-Außenministe-rin Madeleine Albright in Washington.«

Bei einer Ansprache vor dem „Jewish Commu-nity Relations Council” New York, März 1999,betonte Fischer, dass ihm die jüdisch-deutschenbzw. israelisch-bundesrepublikanischen Bezie-hungen ziemlich über alles gehen, mit dasWichtigste in seinem Politleben seien:

»Jewish-German relations are one of themost important things in my political life,also the relationship between Israel andGermany.«

Die Vergangenheit, Hitlers Verbrechen an denJuden nämlich, dürfe niemals ruhen, fuhr Fi-scher fort:

»There can be no such thing, no Schluss-strich.«

Nicht nur in Berlin tue er alles und setze sichunermüdlich ein für die Sache Israels, dessenRechte unverbrüchlich seien, beteuerte Fischervor den US-Juden zu den „Grundlagen unsererAußenpolitik”, sondern auch in der Europäi-schen Union und in den Vereinten Nationen.Originalton:

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206 Sechster Abschnitt

»For us it's very true, the right of the Stadeof Israel is inviolate, we're doing everythingto secure that. That is a basic concept ofour foreign policy and of our special relati-onship, based on our common history andheritage ... We try to use our influence inthe EU and the UN on behalf of Israel.«

Bei einer gemeinsamen Veranstaltung des Zen-tralrats der Juden in Deutschland und des Eu-ropäischen Jüdischen Kongresses im Ballsaaldes Berliner Hotels Adlon am 15. Mai 2002

»bekräftigte Fischer noch einmal die histori-sche Verpflichtung Deutschlands gegenüberIsrael, die Grundlage deutscher Politik seiund sein werde«,

wie die „Jüdische Allgemeine” in ihrer Aus-gabe der folgenden Woche meldete. Das Zen-tralratsblatt über die hochkarätige Teilnehmer-gesellschaft des Meetings (neben „demEhrengast Bundesaußenminister Fischer"):

»Kabinettsmitglieder, führende Fraktionsver-treter des Deutschen Bundestages, hohe Re-präsentanten der Kirchen, Intendanten undChefredakteure sowie die Botschafter derUSA, Israels, Frankreichs und Großbritan-niens.«

Es referierten auch Paul Spiegel (über „antiis-raelische Stimmung als neuer Nährboden füruralten Antisemitismus"), die FDP-PolitikerWolfgang Gerhardt und Burkhard Hirsch (contraMöllemann; für „unverbrüchliche Verantwor-tung für Israel”) und Michel Friedman, Zentral-ratsvize sowie designierter Vorsitzender desEuropean Jewish Congress. Dieser rief aus:

» Wir sind beunruhigt, dass die Karte Europasimmer mehr braune Flecken bekommt. Wirhaben uns an zu viel gewöhnt, wir nehmenwieder zu viel hin.«

„Jüdische Allgemeine”:»Damit endete der Abend, an dem zwischenLachs-Kreationen, Spargel und Dessert deut-liche Worte gefallen waren.«

„Das Leiden hört nie auf”

Am 13./14. November 2002 ließ Fischer den sogenannten Weltsaal in seinem Berliner Amts-sitz für einen „Festakt mit Symposium” der Je-wish Claims Conference zum 50. Jahrestag desLuxemburger Wiedergutmachungsabkommensumkleiden. Bei dieser Veranstaltung betonteClaims-Conference-Präsident Israel Singer laut„Jüdischer Allgemeinen” vom 21. November2002:

» Wenn auch inzwischen sechs Jahrzehnteseit der Schoa vergangen sind, darf mannicht vergessen, dass das Leiden der Über-lebenden nie aufhört.«

Der Bundesaußenminister strich heraus, dass»der Holocaust, dieses schrecklichste allerVerbrechen gegen die Menschlichkeit, vondieser Stadt aus, Berlin, geplant, organisiertund befohlen«

worden sei, sich»Deutschland seiner Verantwortung für dieSchoa zu stellen«

habe, er der Claims Conference und anderenjüdischen Organisationen überaus dankbar seifür die

»Hilfe bei der Beschäftigung mit der Vergan-genheit und dem Aufbau einer deutschenDemokratie«,

dass Deutschland „unwiderruflich” IsraelsRechte unterstütze, was auch

»Grundlage aller deutscher Beziehungen zuanderen Staaten sei«.

Und der AA-Minister zeigte sich höchst erfreutdarüber, dass Berlin neuerdings die amschnellsten wachsende jüdische Gemeinde Eu-ropas aufweise. Abschließend bedankte sichJoschka Fischer „aus tiefstem Herzen” bei derClaims Conference für deren „unermüdliche Be-mühungen um Gerechtigkeit”. 0-Ton:

»We thank you from the bottom of ourhearts for the Claims Conference's valiantund tireless quest of justice.«

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 207

In dieser Machart ging es auch das folgendeJahr weiter, mit Höhepunkten wie Fischersdreitägigem Besuch im April im jüdischenStaat, wo er sein Kommen als

»Geste der Freundschaft und Solidarität inschwierigen Zeiten«

charakterisierte.Nie hat es Außenminister Fischer hinsichtlichIsraels nur bei Worten bewenden lassen. SeineTaten reichten vom Durchdrücken weiterer Ver-günstigungen der Europäischen Union bis zumZudrücken beider Augen bei eigentlich unzuläs-sigen Waffenlieferungen.

„Verhasste Eltern”

Joseph Fischer ist 1948 in Gerabronn/Württem-berg als Sohn eines ungarndeutschen Metz-gers, der den antideutschen Vertreibungsterrornach 1945 mit seiner Frau nur knapp überlebthatte, zur Welt gekommen. Später, als „Josch-ka” (Genossenname in Frankfurter Linksextre-mistenkreisen) und schon halbetabliert, schrieber von

»den verhassten Eltern, deren Schweigen,deren Feigheit oder gar Täterschaft wegen

AUFBAU No. 7 April 2. 1999

man sich Israel und den Juden gegenüberimmer geschämt hat«.

Er fuhr in seiner Tirade gegen die von ihm so ge-nannten „Ich-habe-nichts-gewusst-Eltern” fort:

» Warum ist denn der politisch denkende Teilder Nachkriegsgeneration links und antina-tional geworden, wenn nicht wegen Ausch-witz und Babi Jar?«

Fischer — Schule abgebrochen, Lehre abgebro-chen, als Gehilfe am Fließband bei Opel fristlosentlassen — war, vom linksextremen SDS-Ideo-logen Hans-Jürgen Krahl beeinflusst, Ende der60er-Jahre zur militanten Gruppe „Revolutionä-rer Kampf” gestoßen, die sich in Frankfurt amMain aus roten Aktivisten aller Sorten rekru-tierte, Straßenkämpfe mit der Polizei austrug(Fotos zeigen Fischers Beteiligung an der bruta-len Misshandlung eines hilflos am Boden lie-genden Beamten) und Häuser besetzte. Beson-ders hatten seine Genossen und er es damalsauf den als „Westend-Spekulanten” beschimpf-ten Frankfurter Immobilienboss Ignatz Bubisabgesehen, den nachmaligen Zentralratsvorsit-zenden der Juden in Deutschland. Daniel Cohn-Bendit wie auch der — gleich diesem jüdische —spätere Linksterrorist Hans-Joachim Klein ge-

POLITICS

Großer zionistischerMedienbahnhof fürAußenminister Fischer

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208 Sechster Abschnitt

hörten zu Fischers extremistischer Genossen-schaft. „Joschka” selbst nahm auch an einerKonferenz der von Jassir Arafat geführten PLOin Algier teil. Denn die Frankfurter Szene wardamals, verbal jedenfalls, ganz für die Palästi-nenser.Fischer wurde in seiner miltanten Phase zusechs Wochen Haft verurteilt, war sogar einmalin der Fahndung von XY-Zimmermann zu sehen,kam aber insgesamt in jener „wilden Zeit”recht glimpflich davon, weshalb manche roteVeteranen wähnen, er sei schon damals sozu-sagen „nicht ganz koscher” gewesen.Der israelische Geheimdienst Mossad, in Algiermit Agenten präsent und auch in der Frankfur-ter Anti-Bubis-Szene mit Argusaugen dabei ge-wesen, hat über vorgenanntes Geschehen mitSicherheit viel Material gesammelt (womöglichauch, weil mit ihnen vernetzt, von deutschenDiensten Zusätzliches zugespielt bekommen).Was alles — je nach Bedarf — hilfreich verwen-det werden kann.Ab Anfang der 80er-Jahre versuchte es „Josch-ka”, der „gescheiterte Sponti” (so seine eins-tige Genossin Jutta Ditfurth), nach dem Motto:Neues Spiel, neues Glück, in der Bewegung derGrünen. Mit viel Ellbogen gegen Parteifreundeund Hinaufdienerei bei Mächtigen klappte esdiesmal mit der Karriere. So avancierte Fischernicht nur zum Bundesaußenminister und Vize-kanzler, sondern hat es darüber hinaus sogarzum Juden honoris causa gebracht.

Des Stiftungschefs„vornehmste Pflicht”

Besonders exemplarisch für das israelizistischeNetzwerk in der Bundesrepublik, das nicht rei-ßen will, auch wenn sich die Mitmacher fürden jüdischen Staat förmlich zerreißen, sind dieStiftungen der etablierten Parteien CDU/CSU,SPD, FDP und Grüne. Von den rund drei Milliar-den, die sie insgesamt pro Legislaturperiode

aus öffentlichen deutschen Kassen erhalten,wenden sie erhebliche Beträge für und in Israelauf. Wie hoch auch nur annähernd genau dieSummen sind, lässt sich kaum ermitteln. Dazusind die Stiftungshaushaltspläne allzu ver-schachtelt. Und so manches geht auch hierbeisozusagen auf verschlungenen Pfaden nachNahost (horribile dictu: über den Jordan).Aus dem kolossalen Kanon an Israel-Hilfenetwa der Konrad-Adenauer-Stiftung seien bei-spielsweise erwähnt:— Postgraduiertenstipendien an Israelis für

ein Studium in Deutschland (jeweilige Dau-er: zwei bis drei Jahre),Forschungsstipendien für den israelischenWissenschaftsnachwuchs in Deutschland(zwei bis drei Monate),Aus- und Fortbildungsstipendien „für israe-li sche Fach- und Führungskräfte” in Israelselbst (zwei bis vier Jahre).

Ziemlich alle Rekorde an Engagement für Israelbricht Johannes Gerster von der Konrad-Ade-nauer-Stiftung. Dies tat er auch schon von1982 bis 1997 — da fand sein Wechsel ins Ge-lobte Land der Juden statt — als Vizepräsidentder Deutsch-Israelischen Gesellschaft und bis1994 als Chef der Deutsch-Israelischen Par-lamentariergruppe des Deutschen Bundestages,wo er nebenbei als stellvertretender Vorsitzen-der der CDU/CSU-Fraktion wirkte (seine Nach-folge an der Spitze der genannten Parlamenta-riergruppe trat SPD-Bundesministerin a. D. AnkeFuchs an).Wenig minder war Gersters Einsatz für Israelzuvor bereits in seiner Funktion als CDU-Lan-desvorsitzender in Rheinland-Pfalz. Mit 16 Jah-ren, so erzählt er, der nach hiesiger Kenntnisnichtjüdisch ist, sei er 1957 erstmals zusammenmit einer deutschen Jugendgruppe nach Israelgereist, in den Kibbutz Kinneret. Das Land habeihn so beeindruckt, dass er „immer wiederkommen wollte” („Israel-Nachrichten", 20. No-vember 1998).

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 209

Im jüdischen Staat sitzt Gerster seit 1997 nichtnur als Chef auf dem dortigen Zweig der Kon-rad-Adenauer-Stiftung, sondern er amtiert auchals Vizepräsident der Israelisch-Deutschen Ge-sellschaft. Er ist Träger israelischer Auszeich-nungen, darunter, schon 1995 verliehen, desEhrendoktorhutes der Ben-Gurion-Universitätdes Negev. Bei der Verleihungszeremonie lobteUni-Chef Avishay Bravermann Gersters

»hohe Führungsqualität, seine Arbeit zuguns-ten des jüdischen Volkes, seine Sensibilitätund Verpflichtung gegenüber und sein Enga-gement für Israel«.

Der Ausgezeichnete antwortete:»Die Last, noch vieles leisten zu müssen,habe ich noch nie als solche empfunden.Vielmehr betrachte ich es als vornehmstePflicht, einem Freund — und Israel ist ein sol-cher — in guten und schlechten Tagen bei-zustehen.«

Am 18. Juni 1999 notierten die „Israel Nach-richten”:

»Besonders hervorzuheben sind GerstersVerdienste um die Förderung der Wissen-schaften in Israel und den wissenschaftli-chen Austausch mit Deutschland. An derUniversität in Jerusalem unterstützt er dieArbeit des Kohl-Instituts und an der Univer-sität in Tel Aviv das Mosche-Dajan-Zentrum;an der Ben-Gurion-Universität des Negev inBeer Shewa konnte mit seiner Hilfe das Zen-trum für Deutsche Studien geschaffen wer-den.«

„In große Familie integriert”

Die deutsch-israelischen Beziehungen begreiftGerster als

»Verhältnis vom „Volk der Täter von gestern”zum „Volk der Opfer"«,

wie er in den „Israel Nachrichten” vom 21. Fe-bruar 2003 schrieb. Trotz all der vielen staatli-chen und sonstigen deutschen Zuwendungen in

jeder Hinsicht klagte er im selben Artikel an,dass sich

»Schatten über die deutsch-israelischen Be-ziehungen«

schöben, vor allem auch»wegen des strikten Nein der Bundesregie-rung zum amerikanisch-britischen Vorgehen,den irakischen Despoten Saddam Hussein indie Schranken zu weisen«.

Das deutsch-israelische Verhältnis drohe durchso etwas

»aus den Fugen zu geraten«.Anlässlich einer Chanukka-Feier in Jerusalem,an der — so die „Israel Nachrichten” — auch

»Herr Ulrich Korenke, Vorsteher a. D. desFrankfurter Stadtparlaments, ein aktiver undtreuer Freund Israels, und sein Sohn Christo-pher Korenke, Direktor der Air-France-Flug-li nie in Deutschland«,

teilnahmen, bezeichnete Gerster am 5. Dezem-ber 1999 die Geschichte des Staates Israel als

»eine in der Welt einmalige, unvergleichlicheErfolgs-Story«.

Er nannte den jüdischen Staat „groß und stark”und äußerte sich „voll Optimismus” darüber,dass

»Israel sich auch in Zukunft gegen allenKleinmut und gegen alle Zweifel behauptenwird«.

Weitere Teilnehmer an besagter jüdischer Fei-erlichkeit in Jerusalem waren übrigens DietmarSchulz vom ZDF und Konsul Weinberger alsVertreter des deutschen Botschafters TheodorWallau. Der Konsul rief aus, er fühle sich

»in diesem Kreise wie zu Hause, in einergroßen Familie integriert«.

Ähnliche Gefühle beschleichen, wie er schonmanches Mal bekundete, auch Johannes Gers-ter: Ihm persönlich begegne, so sagt er, in Israel

»menschliche Verbundenheit, welche dieKälte unserer schlimmen Vergangenheit er-wärmt«.

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210 Sechster Abschnitt

Ein Hauptanliegen ist es Gerster, unablässigauf Hitlerzeit und Holocaust hinzuweisen. Laut„Israel Nachrichten” (20. April 1999) sagte eram Vorabend der Feiern zum 51. israelischenStaatsgründungstag:

» Wer mit Auslauf des alten Jahrhundertsvon einem Schlussstrich träumt, denkt unhis-torisch. Man kann sich nicht aus seiner eige-nen Vergangenheit und auch nicht aus sei-ner eigenen Verantwortung verabschieden.Die deutsch-israelischen Beziehungen blei-ben besondere Beziehungen auch nach demJahre 2000.«

Wenn nun Christdemokrat Johannes Gersterschon mal auf die Palästinenser zu sprechenkommt, die es in jener nahöstlichen Region jaauch noch gibt, dann so (zit. gemäß „IsraelNachrichten” vom 1. Januar 1999):

»Letzthin, auf dem Rückweg von Ramallah,entkamen wir nur knapp einem Steinwurfha-gel halbwüchsiger, beschäftigungsloser pa-lästinensischer Jungen, die — von den Altenaufgehetzt — wieder einmal etwas Zeitver-treib eigener Art im ansonsten langweiligenTagesablauf suchten.«

Ein Forum für die Knesset

Die sozialdemokratische Friedrich-Ebert-Stiftung(FES) wetteifert mit den gleichartigen Einrich-tungen der anderen deutschen Bundestagspar-teien um die Siegespalme im Einsatz für Israel.Dass dabei manchmal übers Ziel hinaus ge-schossen wird, haben gelegentlich sogar etab-li erte bundesrepublikanische Organe kritischangemerkt. So hieß es in einem Artikel der„Rheinischen Post” vom 5. Februar 2003 unterder Schlagzeile „Die Israel-Connection” (derBeitrag handelte hauptsächlich von der wegenihres übereifrigen Engagements für den jüdi-schen Staat in die Negativberichterstattung ge-ratene, steuergeldbezuschusste „Gesellschaftfür Wirtschaftsförderung”, GfW):

»Eine Waschanlage für SPD-Gelder, wie siein den frühen 80er-Jahren zwischen Fried-rich-Ebert-Stiftung und der israelischenNaphtali-Stiftung vermutet worden war? Da-mals gingen Staatsanwälte der Spur von 24Millionen Mark nach, die von der SPD-nahenStiftung an die von deutschen Sozialdemo-kraten mitbegründete israelische Stiftunggeflossen sein sollen, ein Teil wiederum indie SPD-Parteikasse. Indizien zu steuerlich

Johannes GerstersAnti-Schlussstrich-Agitation

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 211

unzulässiger Parteienfinanzierung gab es vie-le, Beweise keine.«

Allzeit bereit jedenfalls ist die Friedrich-Ebert-Stiftung, um sich für israelische Interessen indie Schanze zu werfen. So hieß es in den „Isra-el Nachrichten” des 29. März 2000 zumWunsch des jüdischen Staates nach „verstärk-ter Anbindung an die Europäische Union”:

»Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat diesem ver-stärkten Interesse Israels Rechnung getragenund eine Expertengruppe gebildet, die be-reits zahlreiche Gespräche mit den wichtigs-ten israelischen Stellen und Fachleuten ge-führt hat und entsprechende Vorschlägeausarbeiten soll.«

Auch betreibt die FES, so die „Israel Nachrich-ten” vom 18. Oktober 1999,

»ein politisches Austauschprogramm, mitdem sie der neuen Führungsgeneration aufbeiden Seiten die Gelegenheit zur Vertiefungihrer Kenntnisse und Kontakte bieten möch-te«.

Am 6. August 1999 hoben die „Israel Nachrich-ten” die beiden „Baumeister” der Beziehungenzwischen der Friedrich-Ebert-Stiftung und demjüdischen Staat hervor:

»Zwei Namen stehen für diese Versöhnungs-arbeit, die schon bald in praktische Zusam-menarbeit, vor allem auf genossenschaft-lichem, gewerkschaftlichem und wissen-schaftlichem Gebiet mündete: AkiwaLewinsky, in leitender Funktion bei der Je-wish Agency und in der damals gemeinwirt-schaftlichen Bank Hapoalim tätig, auf der ei-nen, und Walter Hesselbach, langjährigerVorsitzender der Bank für Gemeinwirtschaftund des Kuratoriums der Friedrich-Ebert-Stif-tung, auf der anderen Seite. Beide legtenden Grundstein für ein vertrauensvolles Ver-hältnis, das sich in der wachsenden Aktivitätder Stiftung in Israel niederschlug und auchzum Aufbau enger Beziehungen auf poli-tisch-parlamentarischer Ebene beitrug.«

Mit Hilfe der Ebert-Stiftung seien, so die Zio-nistenzeitung weiter, u. a. entstanden:

Die Golda-Meir-Educational Association,„verschiedene Institute und Abteilungen”des Gewerkschaftsverbandes Histradut,die Bildungseinrichtung „Givat Haviva”,das Gustav-Heinemann-Institut für Nahost-studien an der Universität Haifa.

„Als erfolgreiches Instrument” sei nicht zu ver-gessen

»das von der Ebert-Stiftung initiierte und fi-nanzierte „Senat-Projekt”, das mit wöchent-lichen Kurzanalysen zu wichtigen Themen zueinem klassischen Forum der Politikberatungfür alle Knesset-Abgeordneten und weitereEntscheidungsträger geworden ist«.

„Angemessen abgezäunt”

Christen haben im nahöstlichen jüdischen Staatbekanntlich oft einen schweren Stand. Wer inIsrael christliche Missionsarbeit unter Judenwagt, muss sich auf heftige Gegenreaktionengefasst machen. Solche Bekehrungsversuchegelten dort eben nicht nur als religiöse Häresie,sondern auch als Anschlag auf den nationalenBestand.So hieß es denn auch über

»messianische Seelenfänger, denen in Israelein rauher Wind ins Gesicht bläst«

im September 1998 im Mitteilungsblatt der Is-raelitischen Kultusgemeinde Bayern:

»Just das aggressive Missionsverhalten vonamerikanischen Evangelikalen hat dazu ge-führt, dass die israelische Knesset letztesJahr den Entwurf für ein verschärftes Anti-missionsgesetz billigte. Das noch gültige,aus dem Jahre 1977 stammende Gesetz ver-bietet die Verführung zum Religionswechseldurch Gewährung von finanziellen Vorteilen.Der neue von orthodoxer Seite ins Gesetz-gebungsverfahren geschickte Entwurf siehtnun vor, bereits Druck und Verteilung von

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212 Sechster Abschnitt

Schriften, die zum Religionswechsel auffor-dern, für illegal zu erklären und zu best-rafen.«

Auf scharfe Trennung wird sogar über den Todhinaus geachtet. Das beweisen die Bestat-tungs-Richtlinien des Oberrabbinats von Israel,unterzeichnet von den höchsten dortigen Hala-cha-Hütern, Israel Meir Lau und Elijahu BakschiDoron. Sie sind im Schana Beschana, einemverbindlichen Regelwerk zur jüdischen Überlie-ferung, festgeschrieben und gelten auch für dieDiaspora.Das Organ des Zentralrats der Juden inDeutschland, die „Allgemeine Jüdische”, ver-öffentlichte in seiner Ausgabe vom 27. Novem-ber 1997 diese Vorschriften:

»1. Auf Jüdischen Friedhöfen muss daraufgeachtet werden, dass dort ausschließlichJuden die letzte Ruhe finden. Ein Nichtjude/eine Nichtjüdin oder ein Verstorbener, überdessen Glaubenszugehörigkeit Zweifel vor-li egen, darf dort nicht bestattet werden. 2.Die Heiligen Bruderschaften, Chewrot Kadi-scha, sollen dafür Sorge tragen, dass auchNichtjuden, die in unserer Mitte leben, aufeinem Teil des Jüdischen Friedhofes bestat-tet werden — falls sie es wünschen -, aberauf einem dafür abgesonderten Areal, dasexklusiv für Nichtjuden und für ungeklärteFälle reserviert ist. 3. Auf allen JüdischenFriedhöfen soll man Teile absondern fürNichtjuden und für ungeklärte Fälle. Der Teilsoll acht Ellen von den übrigen Gräbern ent-fernt sein. Der Teil soll angemessen abge-zäunt werden, man soll Reihen von Grabstät-ten anlegen, so dass man die nichtjüdischenToten und die Zweifelsfälle in der ihnen ge-bührenden Ehre begraben kann. 4. Im Falleeiner Mischehe wird der verstorbene jüdi-sche Ehepartner auf dem Jüdischen Friedhofbestattet. Verlangt er oder sie, neben demEhegatten/der Ehegattin begraben zu wer-den, so können beide auf dem Teil der

Nichtjuden oder Zweifelsfälle bestattet wer-den. Vorausgesetzt, dass er oder sie diesschriftlich zu Lebzeiten beantragt haben.«

„Mit Herz und Hand für Israel”

Trotz all solcher entschiedener Abgrenzerei gibtes einige Gruppierungen in der Bundesrepublik,die gemäß Selbstbekenntnis ganz besondersstark christlich motiviert sind und sich zugleichwie extreme Israel-Lobbyisten aufführen.Da ist beispielsweise die Partei BibeltreuerChristen (PBC), deren Chef Pfarrer GerhardHeinzmann mahnt:

»Wohl und Wehe eines Volkes hängen vonseiner Haltung zu Israel ab.«

Er klagt UNO und EU an, sie würden»permanent auf Israel einschlagen«,

und er wähnt sich auf den Spuren des Prophe-ten Jesaja, wenn er als Grundsatz auch für diePolitik ausgibt:

»Rede freundlich mit Jerusalem!«Auf Plakaten, Flugblättern, Veranstaltungengibt die PBC als Losung aus:

»Solidarität mit Israel!«

Propaganda der Partei Bibeltreuer Christen (PBC)

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In einer Verlautbarung der Partei, verbreitet imInternet, heißt es unter der Schlagzeile „Israel— Augapfel Gottes, Zankapfel der Welt”:

»Gott hat sich aus den Völkern der Erde einVolk ausgewählt und zu seinem Eigentumgemacht: ISRAEL ... Die 2000 Jahre Chris-tentum sind begleitet von Hass und Feind-schaft gegen die Juden. Und wir Deutsche?Zuletzt im Nazireich haben deutsche Men-schen den Augapfel Gottes (Sacharja 2,12)angetastet ... Wir schämen uns für alle die-se Gräueltaten, die Deutsche als Gehilfendes Bösen an dem Volk begangen haben,das sich Gott zu seinem Eigentum erwählthat. Wir beugen uns unter diese großeSchuld und bitten Gott und alle Angehörigendes jüdischen Volkes um Vergebung ... Mitder Rückkehr aus weltweiter Zerstreuungund der Gründung des Staates ISRAEL aufbiblischem Boden haben die Juden als recht-mäßige Erben das Land nach jahrhunderte-langer Fremdherrschaft durch nichtjüdischeVölker zurückerhalten ... Dazu gehören auchdie Gebiete Judäa und Samaria, die Golan-höhen und der Gazastreifen.«

Also die seit 1967 von Israel besetzten Gebiete.Noch extremer israelizistisch tritt die 1980 ge-gründete Arbeitsgemeinschaft „Christen für Is-rael” (CFI) unter ihrem Vorsitzenden Pastor Dr.h. c. Fritz May in Erscheinung. Sie versteht sichals

»freies, unabhängiges, evangelikales Glau-benswerk«.

Nach eigenen Angaben hat sie über fünfzigtau-send Personen in ihren Spender- und Unterstüt-zerlisten. CFI, in Bundesdeutschland und Öster-reich als gemeinnützig anerkannt und dahersteuerbegünstigt, sammelt unter anderem fürIsrael-Einwanderer aus der ehemaligen Sowjet-union, Holocaust-Geschädigte im jüdischenStaat, warme Mahlzeiten an arme Israelis undisraelische Begrünungsaktionen in der WüsteNegev.

Die CFI-Arbeitsgemeinschaft»liebt Israel auf dem Hintergrund der Heili-gen Schrift«,

wie man ihren Verlautbarungen entnehmenkann. Sie ist davon überzeugt,

»dass auch das heutige Volk Israel noch Got-tes auserwähltes Volk ist«.

Als Christ sei man»dazu verpflichtet, Israel ganzheitlich zu hel-fen«.

Als unabdingbar gilt den „Christen für Israel”:»Öffentliches Eintreten für den Staat Israel.«

Man streitet und sammelt»mit Herz und Hand für Israel«.

Und die Organisation beteuert, adressiert ins-besondere an misstrauische Rabbiner:

» Wir wollen keinen Juden missionieren.«

„Zentrum der Welt”

Bei der CFI-Tagung am 4. Mai 2003 in Wetzlartrat als Hauptredner Jan Willem van der Hoe-ven auf, Leiter eines „Internationalen Christli-chen Zionistischen Zentrums” in Jerusalem.Der bezeichnete bei dieser Gelegenheit Absich-ten zur Gründung eines palästinensischen Staa-tes als

»teuflischen Plan«.Arafat sei

»ein Lügner und ein Mann von Sünde«,beseelt vom Trieb,

»den Tempelberg zu erobern und Israel zuvernichten«.

Außerdem gab sich bei der Wetzlarer CFI-Ver-anstaltung der Vorsteher einer Vereinigung „Fa-ckel Gideons”, Belay Birlie, die Ehre. Israel, sorief er aus, werde

»mehr und mehr zum geistlichen und politi-schen Zentrum der Welt«.

Ohne Israel, so fuhr er fort, sei alle Politik hie-nieden „bedeutungslos”. Der Sturz SaddamNusseins, der sich als eine Art WiedergeburtNebukadnezars gefühlt habe, sei eine Erfüllung

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214 Sechster Abschnitt

der Prophetie Jeremias (von wegen „Untergangvon Babylon”) gewesen.

»Israels heilsgeschichtliche Funktion«wurde in Wetzlar von Helge Stadelmann be-tont, dem Rektor der Freien Theologischen Aka-demie Gießen. Die Lehre, dass die christlicheGemeinde die Juden als von Gott auserwähltabgelöst hätte, sei

»Quell von Antisemitismus«.Was dringend gebraucht werde, sei

»eine Israelogie«.Die Arbeitsgemeinschaft „Christen für Israel”ist besonders stolz auf ihre „Vertrauensleute inIsrael”. Yehiel Leket, Weltvorsitzender des KKL-Jüdischer Nationalfonds, der Spendensammel-organisation für Israel, hat es sich in der Tatgelegentlich nicht nehmen lassen, dem CFI-Chef Pastor May persönlich seine Aufwartungzu machen und ihn zu würdigen als

»herausragenden Freund Israels«.Am 1. Oktober 1998 meldete die „AllgemeineJüdische”:

»Der Wetzlarer Pastor Fritz May ist von derStadt Jerusalem mit der Auszeichnung „Ge-treuer von Jerusalem” geehrt worden. Mayverbreite durch seine Schriften und Vorträgeden Aufruf zur Versöhnung und Solidarität mitdem jüdischen Volk, sagte Bürgermeister EhudOlmert bei der Preisverleihung am 27. Sep-tember im Jerusalemer Rathaus. Durch die Ar-

beitsgemeinschaft Christen für Israel habeMay Menschen aufgefordert, Projekte zumWohle der Bevölkerung in Israel zu fördern.«

Besagte Auszeichnung (hebräisch: „NeemanJerushalayim"), so betonte das Zentralratsblatt,sei bisher erst zwei Deutschen verliehen wor-den, nämlich Axel Springer (1983) und der Fa-milie Holtzbrinck (1996) — einflussreichen Me-dienkonzernchefs also.Gut ein halbes Jahr später berichteten die „Is-rael Nachrichten” (Ausgabe vom 30. Mai 1999)von der Verleihung des Ehrendoktorats der is-raelischen Bar-Ilan-Universität an Pastor May(auch hierbei war Axel Springer einer seinerVorgänger):

»Damit wurde erstmals in der 2000-jährigenGeschichte der Beziehungen zwischen Judenund Christen einem deutschen evangelischenTheologen die höchste Auszeichnung einerjüdischen Universität in Israel zuerkannt.«

Pastor May proklamierte in seiner Dankesrede»eine Koalition von Juden und Christen, dieden Auftrag Gottes verwirklichen, ein Lichtder Hoffnung für die ganze Welt zu sein«.

Die „wirkliche Wahrheit”

Am 10. Mai 2002 freuten sich die „Israel Nach-richten”:

Mahnung „christlicherIsrael-Freunde”(„ Chick's Literatur';BundesrepublikDeutschland/Schweiz)

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»Unter dem Motto „Was wird aus Israel?”kamen rund 1000 Israelfreunde zum 22. Tref-fen der Arbeitsgemeinschaft „Christen für Is-rael” in die Wetzlarer Stadthalle, um demVolk und Land Israel in schwieriger Zeit ihreSolidarität und Freundschaft zu bekunden.«

Bei dieser Gelegenheit habe der Oberrabbinerder israelischen Armee außer Diensten Morde-chai Piron (Jerusalem) nicht nur

»aus erster Hand über die wirkliche Lage inIsrael informiert«,

sondern auch ausgerufen:»Gott ist ewig, das Land ist ewig und des-halb ist Gottes Volk auch ewig, es kann garnicht anders sein.«

Die „Israel Nachrichten” fuhren fort:»Piron führte weiter aus, dass Gottes Erwäh-lung auch für das heutige Israel gültig sei.Aus seiner Erfahrung in der israelischen Ar-mee berichtete der Chef-Rabbiner, dass sieauf hohem moralischen Niveau handele. Sieerwäge ihre Vorgehensweise immer unterethisch-moralischen Gesichtspunkten. „Isra-els Armee versucht immer, Unschuldige zuverschonen."«

Abschließend habe der Oberrabbiner — nicht zu-letzt unter dem Eindruck, dass IslamistenSelbstmordattentätern als Verheißung einhäm-mern würden,

»dass im Paradies zweiundsiebzig Jungfrau-en auf sie warten«, —

seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht:»Ein Dialog mit dem Islam sei von christli-cher und jüdischer Seite unmöglich. Piron er-klärte, dass Gott am Ende der Zeiten seinenFrieden für die Welt und Israel schaffen wer-de, um seine Ziele zu erreichen.«

Aus Jerusalem nach Wetzlar angereist warauch der Diplomtheologe und Journalist Mar-kus Jerominski, der, so die „Israel Nachrich-ten”,

»die Christen aufforderte, „sich in ihrer Hal-tung zu Israel nicht von der Tagespolitik und

den Medien abhängig zu machen, sondernvon den Verheißungen Gottes in der Bibel"«.

Als Grußwortentbieter traten bei der CFI-Ver-sammlung ferner der Pressesprecher der israe-lischen Botschaft, Yuval Fuchs, der Vertreterder israelischen Universität Bar-Ilan, Ari Lipin-ski, und der Chef der Partei Bibeltreuer Chris-ten, Pastor Gerhard Heinzmann, auf. Auch gabes eine Podiumsdiskussion, bei welcher der Is-rael anklagende Bericht der UNO-Unter-suchungskommission über das Massaker im pa-lästinensischen Flüchtlingslager Dschenin als„infame Lüge” und „Farce” bezeichnet wurde.„Israel Nachrichten” abschließend:

»Die Podiumsdiskussion griff weitere brisan-te Fragen auf und informierte die Besucherüber die wirkliche Wahrheit in Israel und imNahen Osten.«

Unter dem Davidsternbanner

Seit einiger Zeit veranstalten diverse „christli-che Israel-Freunde” in der Bundesrepublik Soli-daritätskundgebungen für den jüdischen Staat.Eine solche fand beispielsweise am 10. Mai2002, gewürdigt in der folgenden „JüdischenAllgemeinen” (23. 5.), in Frankfurt am Main,Paulsplatz, statt. Im Aufruf hatte es geheißen:

» Wir wollen uns nicht verschließen vor demHerzensschrei aus Israel: Wir brauchen eureHilfe. HEUTE — JETZT!«

Eingeladen zur Kundgebung hattenPfarrer i. R. Winfried Amelung, Lothar Klein(Sächsische Israelfreunde),Dr. Jürgen Bühler (Internationale ChristlicheBotschaft Jerusalem),Johannes und Christel Diekmann (Ruf zurVersöhnung).Harald Eckert (Christliche Freunde Israels),Theo Ellessat (Israel Heute),Johannes Facius (Internationale Gemeindefür Fürbitten),

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216 Sechster Abschnitt

Dr. Christoph Häselbarth (Josua-Dienst;Philippus-Dienst),Hinrich und Elke Kaasmann (Ebenezer Hilfs-fonds Deutschland),Waltraud und Günter Keil (Die Brücke Ber-li n-Jerusalem),Pastor Rudi Pinke (Christliches ZentrumFrankfurt/Main),Schwester Pista (Evangelische Marien-schwesterschaft),Dan Tracy (Internationaler Bibellehrdienst).

Das Zentralratsblatt freute sich in seinem Be-richt insbesondere über Transparente wie:— »Israel, wir stehen an deiner Seite— Unser Herz schlägt für Israel«Mitinitiator Pastor Pinke rief aus:

»Unsere Verantwortung für den jüdischenStaat bleibt ohne Einschränkung bestehen.«

Gastredner war der Erste Sekretär der israe-li schen Botschaft in Deutschland, Yossef Levy,der Arafat als „Terroristen” und „Leiter einerTerrororganisation” bezeichnete. Mit Blick auf

die vielen israelischen Davidsternbanner aufdem Kundgebungsplatz rief Levy:

»Das blau-weiße Fahnenmeer mitten inFrankfurt ist für mich eine der schönstenLandschaften, die ich in meinem ganzen Le-ben gesehen habe.«

Dann trat Harald Eckert von den „ChristlichenFreunden Israels” ans Mikro, der „die dreiHauptbeweggründe der Initiatoren zu dieserVeranstaltung” erläuterte:

»1. Diese Kundgebung möchte ein Ausdruckdes Mitgefühls zu Israel hin und ein Zeichender Verbundenheit zu den jüdischen Men-schen in Deutschland sein. 2. Wir wollen da-mit das Existenzrecht und das Selbstverteidi-gungsrecht Israels unterstützen. 3. Wirwissen uns herausgefordert, den deutschenPolitikern, den deutschen Medien und demdeutschen Volk ins Gewissen zu reden, dieLektionen der Vergangenheit nicht zu verges-sen und sich in der Zeit der Not als treuerund aufrichtiger Freund Israels zu erweisen.«

„ Christliche Israel-Freunde " in Aktion

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 217

Zum Höhepunkt kam man dann mit der Mea-Maxima-Culpa-Predigt der Schwester Pista. Siesagte:

»Unsagbar hat Gottes Volk gelitten während2000 Jahren christlicher Geschichte. Wir ha-ben Schuld um Schuld auf uns geladen, ih-nen unseren Herrn zum Abscheu gemacht.Die schlimmsten Verbrechen an Juden wur-den im 20. Jahrhundert von getauften Chris-ten verübt ... Die „Endlösung” war ein bisins kleinste Detail durchdachter Plan — aus-geführt von einem der gebildetsten Völkerder Welt — und zugleich von einem der arro-gantesten und verführtesten. Auschwitzfunktionierte dank deutscher Technologie,Tüchtigkeit und Organisation. Kein Volk, kei-ne Ideologie, kein System hat je in so kurzerZeit ein solches Ausmaß an Brutalität, Leidund Demütigung über ein anderes Volk ge-bracht wie das deutsche über das jüdische.Voll Schmerz und tiefer Scham bekenne ichdiese Schuld als Glied meines Volkes. Wirsind es, die eine Übeltat auf die andere ge-häuft haben.«

Die Schwester wies aber auch den Ausweg:» Was können wir tun, dass heute unter an-derem Vorzeichen nicht wieder Gleiches ge-schieht? Damals haben unsere Väter ge-schwiegen. Heute können wir als Bürgereines demokratischen Landes unsere Stimmeerheben. Wir bitten unsere Regierung: Las-sen Sie keinen Boykott israelischer Warenzu! Halten Sie Ihre Abmachungen ein — Lie-ferung der Ersatzteile! Durch nichts werdedie Existenz des Staates Israel als legitimeHeimstätte des jüdischen Volkes in Frage ge-stellt — auch nicht das seit 35 Jahren unge-teilte Jerusalem als seine ewige Haupt-stadt!«

Nach der Schwester-Pista-Ansprache gab eseine Schweigeminute und abschließend,

»in Klagemelodien hineingesprochen«,

so die interne Regieanweisung, folgendes Ge-bet:

»Tröste, Ewiger, unser Gott, tröste die Trau-ernden Zions und die Trauernden Jerusa-lems. Zion — bitterlich weint es, und Jerusa-lem erhebt seine Stimme: Mein Herz weintum ihre Erschlagenen. Du, Ewiger, wirst siewieder aufbauen, wie verheißen ist: Und Ichwerde ihr sein eine Feuermauer rings, undzur Herrlichkeit werde Ich sein in ihrer Mitte.Gelobt seist Du, Ewiger, der tröstet Zion undbaut Jerusalem!«

Schofar-Hörner/Luftwaffen-T-Shirts

Tags nach der Frankfurter Veranstaltung ver-sammelten sich einige Hundert christlich-from-me Israelfreunde auch in Hannover vor derOper unter dem Motto

»Israel, du bist nicht allein«.Auf der Rednerliste standen u. a.:

Thomas Bittmann (Christliches ZentrumHannover),Dr. Jürgen Bühler (Internationale ChristlicheBotschaft Jerusalem),Dr. Winfried Balke, Hannover,Karl Benatzky (Freie Christengemeinde, Hel-storfer Str., Hannover),Thomas Lieth (Missionswerk Mitternachts-ruf, Pfäffikon, Schweiz),Matthias Hoffmann (Gemeinde Ichthys,Hannover),Christa Egli (Glaubenszentrum Bad Ganders-heim).

Im Aufruf an die Aktivisten zur Teilnahme ander Kundgebung hatte es geheißen:

»Israelfahnen, Schofar-Hörner etc. gern mit-bringen!«

Hier nun in Hannover mahnte der Sprecher der„Internationalen Christlichen Botschaft”, JürgenBühler, zu

»mehr Solidarität mit Israel«

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218 Sechster Abschnitti

iund es trat — sozusagen als „Special GuestStar” — Friedbert Pflüger auf, außenpolitischerSprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion undVorsitzender des Europa-Ausschusses desDeutschen Bundestages. Zentralrats-,,Allgemei-ne

»Er unterstrich Israels vorbildliche Leistungdes Staatsaufbaus seit 1948. Die besondereVerpflichtung der Deutschen gegenüber Isra-el dürfe niemals in Frage gestellt werden ...„Wenn wir eine Zerstörung Israels zulassenwürden, wie sie von palästinensischer Seitegewollt ist, dann hätte Hitler nachträglichgesiegt”, sagte Pflüger.«

Am 25. August 2002 kamen dann 4000 (eigeneAngaben) christliche Solidarisierer mit Israel inBerlin, vor dem Brandenburger Tor, zusammen,um, wie das ihnen nahestehende „Israel-netz.de-Newsletter” meldete,

»sich uneingeschränkt für das Existenz- undSelbstverteidigungsrecht Israels auszuspre-chen«.

Hauptredner war diesmal Ludwig Schneider,der, nach eigenen Angaben herkunftsjüdisch, inJerusalem residiert und dort eine christlich-is-raelizistische Zeitschrift „nachrichten aus isra-el” (nai) herausgibt. Auch ist er als Vortrags-rundreisender bei Pro-Israel-Veranstaltungen inDeutschland unterwegs. Via Internet machtSchneiders „nai” Reklame für

»ein breitgefächertes Sortiment israelischerProdukte. Mehr als je zuvor sind die israe-lischen Hersteller auf Ihren Einkauf Made inIsrael angewiesen. Wir bringen Ihnen --wenn Sie wollen — Israel ins Wohnzimmer.Israelische Produkte auch aus dem bib-lischen Kernland Judäa und Samaria, die inEuropa aus politischen Gründen nicht zu er-werben sind.«

Gemeint ist damit das israelisch besetzteWestjordanland.Zu nai-Schneiders „Online Angebot” zählen:

- »Wohlgerüche der Bibel. Außergewöhnli-che Duftnoten in handbemalten Glasfläsch-chen,

- Schriftrolle des Esther-Buches mit farbigenIllustrationen,

- Israel-Schirmmützen,— Israel-Luftwaffen-T-Shirts.«Grußwörtlich trat bei bewusster Berliner Kund-gebung der CDU-Bundestagsabgeordnete Gün-ter Nooke (Deutsch-Israelische Parlamentarier-gruppe) in Erscheinung. Dr. Bühler äußertegemäß „Israelnetz.de”:

» Wenn die Politiker in Deutschland die Prä-ambel des Grundgesetzes wahrnehmen woll-ten, müssten sie an der Seite Israels stehen.Nur so kämen sie der „Verantwortung vorGott und den Menschen” nach.«

Übrigens hatte Israels Botschafter in Berlin,Shimon Stein, die Veranstalter der Kundgebungtags zuvor „zur Aussprache empfangen”.

Noch ein Netzwerk

Vom 15. bis zum 17. Oktober 2002 trafen sichauf dem Gelände der Evangelischen Marien-schwesternschaft in Darmstadt-Eberstadt

»elf Leiter von sieben national tätigen Israel-werken zu einer zweitägigen Klausurta-gung«,

wie es in der anschließenden Presseerklärunghieß. Ergebnisse dieser Tagung:

»Gründung eines Beziehungs- und Aktions-forums unter dem Namen „Christliches Fo-rum für Israel — Deutschland an der Seite Is-raels” ... Bildung einer Aktionsplattform zurAufarbeitung von Vergangenheitsschuld amjüdischen Volk und zur Förderung einer posi-tiven Beziehung zwischen Deutschland undIsrael.«

Weiter im Pressetext der Klausuranten:»Dieses Netzwerk versteht sich im Sinnedieser Ziele als offenes Forum für Leiter von

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 219

Die Seite für aktuelle und objektive Berichterstattung über dasTagesgeschehen in Israel.

Das „Israelnetz” im Internet bringt auch viel über „christliche Israel-Freunde”.

etablierten, national arbeitenden Israel-Wer-ken in Deutschland.«

Der vor Ort gebildete Leitungskreis des „Christ-li chen Forums für Israel — Deutschland an derSeite Israels” setzte sich zusammen aus:

Jürgen Bühler (Internationale ChristlicheBotschaft),Harald Eckert (Christliche Freunde Israels),Hinrich und Elke Kaasmann (Ebenezer Hilfs-fonds),Günter und Waltraud Keil (Die Brücke Ber-li n-Jerusalem).

Konkret ins Auge gefasst wurden:»Zentrale Gedenkveranstaltungen am Vor-abend des 27. Januar (Holocaustgedenktag)sowie eine Reihe dezentraler Veranstaltun-gen anlässlich des Jahrestages der „Macht-ergreifung” Hitlers, 30. Januar.«

Am 5. Juni 2003 berichtete die „Jüdische All-gemeine” über die „Initiative Deutschland ander Seite Israels”, in der sich „verschiedenechristliche Organisationen” zusammengefundenhätten,

»weil sie meinen, dass Deutschland auf-grund seiner historischen Verantwortung andie Seite Israels gehört«.

Einer der Träger der Initiative sei die Organisa-tion „Dienste in Israel”,

»die aus christlicher Überzeugung für den jü-dischen Staat einsteht; sie versteht die Exis-tenz des jüdischen Staates als Zeichen derTreue Gottes zu seinem Volk.«

Über das mit „Dienst in Israel” kooperierende„Evangelisch-Freikirchliche Sozialwerk Hanno-ver e. V.” wusste das Zentralratsblatt bei dieserGelegenheit zu informieren:

»Es bietet jungen Christen die Möglichkeit,durch praktischen Arbeitseinsatz in Israeldas tägliche Leben und das Judentum dortkennenzulernen. Jährlich machen rund acht-zig Freiwillige Gebrauch von dem Angebot.Die jungen Menschen im Alter zwischenachtzehn und dreißig Jahren arbeiten zwi-schen drei Monaten und einem Jahr in ver-schiedenen sozialen Einrichtungen — einemKibbutz, einem Krankenhaus, mit behinder-ten Kindern und Jugendlichen und in Alten-heimen, wo sie Holocaustüberlebende pfle-gen.«

„Billige Propaganda für einenMann aus Nazareth”

In diesem Zusammenhang ist auch folgende In-ternet-Meldung im „forum.judentum.de” vom 6.Mai 2002 aufschlussreich:

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220 Sechster Abschnitt

»Die Bewegung christlicher Israelfreunde istausdrücklich und auf das Engste verbundenmit den offiziellen Stellen Israels. Die Bot-schaft Israels ermutigt und ermuntert unserEngagement maßgeblich. Die überwältigen-de Mehrheit der Teilnehmer an der großarti-gen PRO-ISRAEL-Kundgebung des Zentralra-tes der Juden in Deutschland kam aus denReihen unserer Freunde. Es sprach auch derBotschafter Israels, seine Eminenz (sic!) HerrShimon Stein.«

Diese Darstellung stieß allerdings gleich aufProteste im Internet. Da hieß es etwa:

»Ich finde es abenteuerlich, dass Sie eineKundgebung des Zentralrats der Juden soumzudeuten versuchen.Diese Leute scheinen überall die gleichenGeschichten zu erzählen. Die Teilnehmerkamen hauptsächlich aus jüdischen Ge-meinden und linken Zusammenhängen.Eine Gruppe verteilte Flugis mit Magen Da-vid (Davidstern). Auf der Rückseite war bil-li ge Propaganda für einen Mann aus Naza -

reth zu lesen. Die Veranstalterdistanzierten sich während der Demo vonden Missionaren.«

Jüdischerseits gibt es denn auch zunehmendEinwände, „das Treiben” solcher „zweifelhafterIsrael-Freunde”, die letzten Endes doch nur„auf Seelenfang aus” seien, hinzunehmen bzw.sogar noch zu unterstützen. Schon am 30. No-vember 1995 hatte die „Allgemeine Jüdische”in massiver Aufmachung auf der Titelseite un-ter der Schlagzeile

»Nepper, Schlepper, Missionare«darüber aufgeklärt,

»wie fundamentalistische Christen ver-suchen, in Deutschland jüdische GUS-Zu-wanderer zu „bekehren"«.

Besonders ins Visier genommen hatte das Zen-tralratsblatt einen „Evangeliumsdienst für Isra-el” (EDI).Gegen die Berliner Demo besagter „christlicherIsraelfreunde” im August 2002 hatte es ins-besondere beim Bundesverband Jüdischer Stu-denten in Deutschland (BJSD) heftige Reaktio-

Jüdische Warnungen.Oben im Zentralrats-organ, unten in derZeitung der Israeliti-schen Kultusgemein-den Bayerns.

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 221

nen gegeben. Die jüdische NachrichtenagenturJTA meldete am 25. August 2002:

» Während die hiesige israelische Botschaftfür die Veranstaltung war und dort Informati-onsmaterial verteilte, distanzierte sich derBJSD deutlich von der Auffassung, dass Ju-den Jesus als ihren Erlöser anerkennenmüssten.«

Die Kommission der Rabbiner

„Jüdisches Leben in Bayern” (Mitteilungsblattder Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern)berichtete in seiner Ausgabe April 2003 übereine Veranstaltung der „Jewish Winter Univer-sity in Würzburg”, die mit Unterstützung desZentralrats, der Lauder Foundation, der JewishAgency, der Zionistischen Weltorganisation undder Israelitischen Gemeinde Würzburg arbeitet,zu diesem Thema:

»Dass es christlich-fundamentalistische Grup-pen gibt, die in glühendem Eifer Israel mitpolitischem Engagement unterstützen, istwohl jedem spätestens seit der letzten gro-ßen Pro-Israel-Demonstration in Berlin be-kannt. Die religiösen Hintergründe dafür wur-den den Teilnehmern erst auf der WinterUniversity bewusst: Israel, und zwar das bib-lische Territorium, und Juden haben einenentscheidenden Stellenwert in den apokalyp-tischen Erwartungen dieser Fundamentalis-ten. Eretz Israel in den Grenzen des Groß-reichs Davids muss wiederhergestellt werdenund alle Juden müssen zum Christentumübergetreten sein, damit Jesus wiederkehrenkann und das Ende der Zeiten anbricht. KeinStück Land darf an Palästinenser abgetretenwerden und so wurde auch die ErmordungRabins als Strafe Gottes angesehen.«

Es gebe Gruppierungen,»die die Mission meist mit höchst unmora-lischen Mitteln in Israel und auch Deutsch-land betreiben«,

sowie solche,»die Israel mit kräftigen Finanzspritzen unter-stützen und im Gegenzug dort frei ihre Orga-nisationen aufbauen«.

Bei der jüdischen Winter University habe nundie zentrale Fragestellung gelautet:

»Wie geht man damit um? Kann Israel inseiner heutigen Lage es sich überhaupt leis-ten, wählerisch bei der Wahl seiner Unter-stützer zu sein? Soll es solche Gelder ableh-nen? Darüber stritten sich die Geister. Nurbei einem Punkt waren sich alle einig: Keinechristliche Mission, egal mit welchen Mit-teln!«

Apropos Mord an Rabin, der bekanntlich von ei-nem jüdischen Fanatiker verübt wurde. Hierzugab es von gewissen „christlichen Israel-Freun-den”, die Rabin wegen seiner Kompromiss-bereitschaft gegenüber den Palästinensernschärfstens angriffen, in der Tat höchst be-denkliche Stellungnahmen. Zum Beispiel im„Rundbrief” Nr. 3/1995 der Bewegung „Fürbittefür Deutschland”, wo es hieß:

»Es könnte sein, dass Rabin geistlich ein Usi-ja war, ein König, der viele Siege mit demHerrn errang und dessen Herz treulos wurde,so dass der Herr ihn wegnehmen musste.«

Israels Oberster Rabbiner-Rat hat nun 2003eine Kommission zur Abwehr „christlicher Um-triebe” gebildet. Vermutlich wird von dort als-bald eine Weisung für den weiteren Umgangmit gewissen „christlichen Israel-Freunden”ausgehen.

„Deutschland zum Verschwindenbringen!”

Die wohl wildeste Gestalt hat bundesdeutscheIsrael-Eiferei in einem Teil des linksextremenSpektrums angenommen. Diese Leute begreifenund bezeichnen sich selbst ausdrücklich als„Antideutsche”. Hymnen auf Israel gehen hier

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222 Sechster Abschnitt

einher mit schaurigen Verfluchungen Deutsch-lands und des deutschen Volkes.

»Heraus zum revolutionären 1. Mai. GegenKapitalismus, gegen Antisemitismus und An-tizionismus!«

lautete die Überschrift eines für diese Bestre-bungen typischen Aufrufs zum Maifeiertag2003, unterzeichnet vom „Bündnis gegen Anti-semitismus und Antizionismus Berlin” (BgAA)und verbreitet auch via Internet. In dem Pam-phlet heißt es:

»Nieder mit Deutschland! Wahrscheinlichkann nicht häufig genug betont werden, dassdie ekligste Variante von Nation und Natio-nalstaat die deutsche ist. Hier konstituiertsich nationale Identität immer völkisch. Hierfinden sich die Individuen am liebsten in derGemeinschaft, die erst die Vernichtung dereuropäischen Jüdinnen und Juden betriebenund halb Europa in Schutt und Asche gelegthat, es aber nachher nicht gewesen sein will.Stalingrad und die Bombennächte habennicht nachhaltig genug gewirkt ... Ohne dieDestruktion dieser völkischen Gemeinschaftist Emanzipation nicht zu haben, im Gegen-teil: sie ist Bedingung ihrer Möglichkeit,Deutschland zum Verschwinden zu bringen.«

Unter der Zwischenüberschrift „Solidarität mitIsrael ! " liest man dann:

»Solange der Antisemitismus und seine Be-dingungen nicht abgeschafft werden, mussder jüdische Staat verteidigt werden. Solida-rität mit Israel und seiner Regierung, sofernsie die Verteidigungsnotwendigkeit seinerBürgerinnen und Bürger exekutiert! Eine linkeBewegung, die das nicht begreift, hat nichtsmit Emanzipation und Revolution zu tun.«

In ihrer Ausgabe vom 29. April 2003 hat sichdie linke „tageszeitung” mit diesen

»Antideutschen, die für Israel schwärmen,die Israelfans bis zur Karikatur sind«,

ausführlich beschäftigt. Vorgestellt werden indiesem Artikel einige Aktivisten des oben zitier-

ten Berliner „BgAA”. Beispielsweise ein 21-jäh-riger Genosse namens Karl Herz, welcher, sodie „taz”,

»verdammt deutsch aussieht: hochgewach-sen, blond, blaue Augen; zugleich ist etwasteddybärig Sanftes um ihn.«

Das Linksblatt zitiert diesen eigentümlichenTeddybären wie folgt:

»In Deutschland Emanzipation zu denken,setzt eine antideutsche Position voraus. DieGenossen in Mexiko sollten auch anti-deutsch sein.«

Weiter tritt ein Thomas Fischer auf,»25-jähriger Student der Politikwissenschaf-ten, der mit seiner Basecap auch gut als ame-rikanischer College-Boy durchgehen würde«.

Diese Collegeboygestalt sagt:»Im Nachhinein hätten wir eine AufteilungDeutschlands zugunsten seiner Nachbarnnach dem Krieg favorisiert.«

„Die Perspektive,die alles bestimmt”

Sozusagen getoppt werden die vorgenanntenGenossen noch von einem Justus Wertmüller(40), Redakteur von „Bahamas”, des — so die„taz” —

»vierteljährlich erscheinenden Zentralorgansder Antideutschen«.

Diesen Wertmüller charakterisiert „die tages-zeitung” so:

»Rechts von ihm hängt ein Poster, das derSowjetarmee für ihren Sieg gegen die Wehr-macht in Stalingrad dankt. Seine Israel-Be-geisterung paart sich mit Verachtung für dieislamische Welt: „Der Islam als politischesProjekt ist gezielt antizivilisatorisch.” Israelmüsse vor Palästina geschützt werden — not-falls mit einer Mauer, möglichst noch perfek-ter als die Berliner von einst. Alle Parolender Friedensbewegung seien identisch ge-wesen mit denen der NPD, sagt Wertmüller.

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„Wollen jüdischer als Juden sein” 223

„Hinter dem Ruf nach Frieden verbergen sichdie Mörder.” Die „Friedensfuzzis” hätten einProblem: „Die NPD spricht ihre Sprache.” Pa-thetisch beglückwünschte die Redaktion der„Bahamas” die „Regierungen der Vereinig-ten Staaten von Amerika und Großbritan-niens” zu ihrem Sieg am Golf.«

Wertmüller lobe die Berichterstattung der„Welt” des bekanntlich glühend pro-israe-lischen Springer-Konzerns, und er frage sich,

»ob nicht jede Redaktion wie bei allen Re-dakteuren des Springer-Verlags im Arbeits-vertrag den Einsatz für den Erhalt Israels ver-langen sollte.«

Die „taz” brachte in besagtem Artikel typischeBeispiele für Aufrufe aus der Ecke der linken„Antideutschen”. Etwa:

»Der Hauptfeind ist Deutschland. Hier sinddiejenigen auszumachen, die sich als Deut-sche zum mörderischen Mob zusammenrot-ten — ob im Kegelverein, in der Burschen-schaft, in Tierschutz- und Friedensgruppen,Bürgerinitiativen oder in „Vertriebenenver-bänden".«

Bei einer Kundgebung der „Antideutschen” am14. April 2003 unter dem Motto

»Keine Träne für Potsdam«,in der ehrend des 58. Jahrestages der verhee-renden Bombardierung Potsdams kurz vor Endedes Zweiten Weltkrieges gedacht wurde, habeeine Rednerin ihre Ansprache mit dem Ausrufabgeschlossen:

»Preußen war Scheiße! Deutschland auf-lösen! Für den Kommunismus!«

Die Bewegung wittere eben, so die „taz”,»überall Feinde, überall Antisemiten, überallDeutsche ... Der jüdische Staat ist die Per-spektive, die alles bestimmt.«

So heißt es denn auch, nachzulesen im Internetunter „left.action.de”, in einem mit „ClaraSchuhmann” unterzeichneten „Solidarität-mit-Israel"-Aufruf:

»Die Linke hat jede Frage über das Für undWider des Antizionismus oder das Für undWider Israels zurückzuweisen. Gegen solchenprojektiven Wahn hilft im Zweifelsfall nur dieGewalt der Autorität. Gerade jetzt gilt esdem Antisemitismus in jeglicher Form ent-gegenzutreten und unmissverständlich klar-zumachen, dass Solidarität mit Israel Voraus-setzung jeglicher emanzipativer Bemühungenist und bleibt. Solidarität mit Israel! Für denKommunismus! Nieder mit Deutschland!«

Solidarität — auch mitPflastersteinen

Die linksextreme „Partisan Wandzeitung” mel-det sich im Internet folgendermaßen zu Wort:

»Es ist höchst widerlich zu sehen, wie lockerdie europäische Linke sich zu Großdemonstra-tionen für Palästina mobilisieren lässt ... Wirsollten als deutsche Linke das Maul halten

Israel-Propaganda der „Antideutschen” im Internet, 2003. Angekündigt wurde hier „eine bundesweiteVernetzung der linken Israel-Solidarität”.

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224 Sechster Abschnitt

und lieber den Antisemiten in Nazistrukturenund Staatsparteien, in Hamas-Blöcken aufden Demos, den Lobbyisten der arabischenRegimes etc. nicht nur in schlauen Flugblät-tern und grottenschlechten Wochenzeitungen,sondern praktisch den Kampf ansagen. Auchwenn es schwierig und gefährlich ist.«

Eine Gruppe „Antideutsche Kritik” macht sichin ihrem „Solidarität-mit-Israel"-Aufruf im Inter-net unter der Schlagzeile

»Gegen linke Deutsche, für eine antideut-sche Linke«

kaum noch Mühe, zu verschleiern, was für sie" Action"-Sache ist:

»Statt mit den friedensliebenden Deutschenin eine konstruktive Diskussion zu treten, istes sinnvoller zu diskutieren, ob wir ihre Frie-

Der „Katechismus ” wird von einer „AssoziationAntideutscher Kommunisten” herausgeben undvom 4a ira-Verlag" vertrieben.

denskundgebungen mit Flugblättern oderPflastersteinen kritisieren.«

Ein anonymer Aktivist der „Antideutschen” ausdem „Cafö Morgenland”, Frankfurt am Main,lässt sich im Internet nach seinem Lob für ArielScharon und dessen Mut, „sich zu wehren”,über Deutschland,

»das Land der Täter, wo inzwischen derdeutsche Wahn zum guten Umgangston ge-hört«,

wie folgt vernehmen:»Und die Mehrheit, der kleine Mann auf derStraße und am Stammtisch? Da wird allesausgekotzt, was sich zeitweise angestauthat ... Wenn du deinen Freund loswerdenwillst, dann leihe ihm Geld oder bekennedich solidarisch zu Israel. In beiden Fällensiehst du ihn nie wieder.«

Notwendig sei deshalb:»Die Zerschlagung der antisemitischen Brut,die Abschaffung des völkischen Konsens inder deutschen Gesellschaft.«

Und weiter:»Es ist völlig egal, welche Politik die jeweili-ge Israel-Regierung verfolgt ... Ob die Israe-lis die richtige oder die falsche Staatsformausgewählt haben, ob sie die bessere oderschlechtere Einstellung zu Minderheiten ha-ben, spielt im Zusammenhang mit der Hal-tung zu diesem Staat absolut keine Rolle, esdarf keine Rolle spielen.«

Der antideutsche Israel-Fanatiker schließt mitden Worten:

»Meine persönlichen Beziehungen zu Israelsind quasi null. Ich habe es niemals besucht,spreche seine Sprache nicht, seine Kultur istmir auf geradezu schmähliche Weise fremd,seine Religion ist nicht die meine. Dennochist das Bestehen dieses Staatswesens mirwichtiger als das irgendeines anderen. Soli-darität mit Israel! Deutschland halt's Maul!«

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Personenregister

Abel, Sabine 112 Baron, Salo Wittmayer 153 Biran, Ilan 175

Abs, Hermann Josef 26 Bartel, Heinrich 184 Birlie, Belay 213

Adenauer, Konrad 10 ff., 14, 16 ff., 25f., Barth, Theodor 59 Birn, Ruth Bettina 170

57, 60, 145, 155, 171, 173, 183 Barzel, Rainer 12 Birnbaum, Nathan 116Adler, Elio 138, 142 Battenberg, Friedrich 138 Bismarck, Ruth-Alice von 31Adler, Hans-Günther 188 Bauer, Fritz 63, 164f. Bitan, Hava 75Adler-Rudel, Schalom 155 Bauer, Yehuda 43, 46 Bittmann, Thomas 217

Adlhoch, Wolf-Dieter 142 Beck, Kurt 132 Black, Edwin 44 ff.

Adloff, Kristlieb 138 Beck, Marieluise 184 Blair, Tony 84

Albrich, Thomas 65 Beck, Volker 150 Blankenhorn, Herbert 12

Albright, Madeleine 31, 113, 205 Beck, Wolfgang 141 Bloch, Benjamin 132

Alfred, Ewa 136 Becker, Israel 70 Blumenfeld, Brigitte 33

Allerhand, Jakob 125 Becker, Karl Heinrich 57 Blumenfeld, Erik 12, 15, 21, 183Beckstein, Günther 105, 141 Blumenfeld, Kurt 57Alter, Hermann 138Beer, Angelika 191 Blumenthal, Werner Michael 31Alter, Shoshona 138Begin, Menachem 9, 127 Bocian, Abram 63Altmaier, Jakob 16, 21Beitz, Berthold 105 Bodemann, Y. Michael 9Amelung, Winfried 53f., 215Belling 62 Bodenheimer, Max Isidor 51Apel, Hans 27Beltz 62 Böddeker, Günter 154Apt, Max 42 Belzberg, Samuel 127 Böhm, Franz 12, 15Arafat, Jassir 77, 194, 208, 213, 216 Ben-Ami, Schlomo 193 Böhm, Salo 42Arendt, Hannah 153 Ben Ari, Gad 128 Boehmer, Henning von 33Arlosoroff, Chaim Victor 35Ben-Ari, Itzhak 185 Böll, Annemarie 31Armbrust, Isabel 125Benatzky, Karl 217 Böll, Heinrich 31Aschner 43 Benda, Ernst 183 Bohley, Bärbel 140Assmann, Aleida 144 Benes, Eduard 78 Bonhoeffer, Dietrich 31Assor, Reuven 65 Ben-Gurion, David 10, 14, 16, 25f., Borgelt, Hans 62Auerbach, Philipp 165f. 65f., 155 Bosbach, Wolfgang 150Auhagen, Otto 56f. Benkler, Reuven 175f. Boschkow, Alexander 76

Avidow, Dan 66 Ben-Nathan, Ascher 9, 66f., 185 Boß, Gerhard 31Avnery, Uri 80 Benöhr, Hans Peter 138 Boysen, Rolf 141Axelrod, Toby 117 Benz, Wolfgang 188 Bräutigam, Hans Otto 141Axen, Hermann 195 Berben, Iris 181 Brandt, Henry G. 188Aznar, Jose Maria 84 Berenbaum, Michael 111 Brandt, Willy 16, 145Azriel, Shimon 174 Berger, Deidre 136, 142 Braun, Otto 57Badt, Hermann 57 Berger, Joel 86f., 138 Brauner, Artur „Atze" 7, 113Baeck, Leo 6, 29f., 34f., 37, 57, 60, Bergsdorf, Wolfgang 29 Bravermann, Avishay 209

92 f. Berman, Julius 156f., 160 Bredt, J. V. 57Baer, Tommy P. 13 Bernadotte, Folke Graf 67 Breitbart, Gerrard 112Baillou, Adriana Freifrau von 142 Bernett, Monika 138 Breitscheid, Rudolf 57Bala, Christian 183 Bernhard, Georg 57 Brenner, Alexander 86, 96, 100, 139f.Balfour, Arthur 54f., 128 Bernstein, Eduard 57 Brenner, Michael 63, 65, 68, 71, 154Bali, Rifat 83 Bernstorff, Johann Heinrich Graf 57 Bretschneider, Sylvia 193Balke, Winfried 217 Beust, Ole von 130 Breuer, Robert 57Ballin, Albert 61 Beutel, Jens 132 Brocke, Edna 21 f., 142Ballod, Carl 55 Bevin, Ernest 67 Brocke, Michael 139Bamberger, Julius 59 Biedenkopf, Kurt 101 Bronfman, Charles R. 128Barak, Ehud 12, 87 Biermann, Wolf 139 Bronfman, Edgar 94, 128, 156, 168, 170Bar-Gera, Kenda 129 Biller, Maxim 148 Bronfman, Samuel 95Bar-Tikwah, J. 178 Bindert, Franz-Josef 29 Bronfman de Gunzburg, Aileen MindaBarkai, Avraham 92 Biolek, Alfred 133, 165 de 170

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226 Personenregister

Bronnen, Arnolt 141 Dam, Hendrik George van 75 Erhard, Ludwig 12, 16, 173Bronnen, Barbara 141 Darboven, Albert 33 Erler, Fritz 16, 171Brozik, Karl 96, 148, 150, 156, 158, 165 Davis, Gray 127 Erzberger, Matthias 56Brühne, Lothar 70 Deeg, Julia 182 Eulenburg, Philipp zu 54Brüstle, Oliver 201 Deichmann, Uta 142 Evers, Lothar 151Brumlik, Micha 31, 144, 151, 164, 177 Deile, Volkmar 31 Eymer, Anke 33, 184Buber, Martin 40, 43, 50, 188 Delbrück, Hans 56 Facius, Johannes 215Bubis, (gnatz 75, 82f., 95, 107, 112, Demski, Eva 142 Fassbinder, Rainer Werner 107

115, 120, 157, 207 Denes, Ivan 15 Feaux de la Croix, Ernst 11Bühler, Jürgen 215, 217, 218f. Dernburg, Bernhard 57 Feddersen, Jan 142Bührmann, Karlheinz 134 Dessauer, Friedrich 60 Fehn, Bernd Josef 152Bülow-Schwante, Vicco von 38 Diamant, Henry 142 Fehrenbach, Konstantin 56f.Bulmahn, Edelgard 186, 200f. Diekmann, Christel 215 Feilchenfeld, Werner 44, 46Burda, Frieder 33 Diekmann, Johannes 215 Feilcke, Jochen 139, 184f.Burg, Abraham 197 Diekmann, Kai 7 Feinstein, Dianne 127Busch-Petersen, Nils 105 Diepgen, Eberhard 132, 134 Felhendler, Leon 63Bush, George 85, 126, 157 Diestel, Barbara 141 Fiebelkorn, Jörg 139Bush, Jeb 127 Dinath, Imrich 184 Fiedler, Peter 139Camhi, Jeff 82 Ditfurth, Jutta 208 Filiba, Lina 83Capestrano, Johannes von 56

Doehring, Karl 152 Finkelstein, Norman 167-170Carell, Paul 154 Dönitz, Karl 174f. Fischer, Gero 79Carmel, Alex 53 Domberger, Joseph 13, 105 Fischer, Joseph „Joschka" 24, 27, 80,Carmin, Itzhak 12 Dorn, Dieter 141 105, 114, 177, 188, 194, 205-208Castell-Castell, Albrecht Fürst zu 109 Doron, Elijahu Bakschi 212 Fischer, Peter 121, 124f.Castritius, Wolfgang 139

DuBow, Eugene 120 Fischer, Thomas 222Cem, Ismail 82

Duckwitz, Gerhard 140 Flach, Ulrike 201Duckwitz, Margot 140 Fleischmann, Lea 144Chajmovic, Jindrich 133 Duckwitz, Rainer 140 Ford, Henry 119Chakotin, Serge 59

Chamberlain, Joseph 55Durst, Nathan 122 Forman, Ira N. 119

Charim, Daniel 33 Eagleburger, Lawrence 147 Foxman, Abraham 25, 170Cheshin, Ruth 33 Eban, Abba 18 Frank, Anne 198Chirac, Jacques 84 Eberhard, Otto 57 Frank, Ludwig 22

Ebert, Jakov 109 Franke, Sylva 5, 7Cleinow, Georg 56Eckert, Harald 215f., 219 Frankl, Wilhelm 22Clement, Wolfgang 33, 133, 199-202Eckert, Willehad P. 29 Fredersdorf, Herbert B. 70Clinton, Hillary 127Eckstaedt, Aaron 142 Frei, Bruno 7Cohen, Irene 73Egli, Christa 217 Frei, Norbert 141, 165Cohen, Maurits 124f.Ehrenberg, Itzchak 14, 88, 136 Frevert, Ute 144Cohen, Roger 9Ehrlich, Yoram 184 Frey, Gerhard 154Cohen, Sam 35Eichel, Hans 33, 132 Frey, Winfried 139, 142Cohen-Reuß, Max 56Eichmann, Adolf 126 Friedländer, Saul 107Cohn, Thomas 30 Eigen, Manfred 32 Friedman, Michel 80, 84-87, 89, 95,Cohn-Bendit, Daniel 207 Einsiedel, Heinrich Graf von 141 97 ff., 105, 107, 112, 129, 133f.,Conradi, Peter 165 Einstein, Albert 57f., 199 137, 141, 165, 181, 189, 206Cooper, Abraham 127 Eitinger, Leo Shura 122 Friedrich 1., Großherzog von Baden 52f.Corach, Carlos 76 Eizenstat, Stuart 31 f. Friedrich, Johannes 31Coudenhove-Kalergi, Richard Graf 8 Elija 202 Fröhlich, Hannah 79Cramer, Ernst 6, 29, 33, 134 Ellenoff, Theodore 148 Froehlich, Henry 7Crutzen, Paul J. 32 Ellessat, Theo 215 Fröhlich, Thomas 140Cwajgenbaum, Serge 95 Elon, Amos 204f. Fruck, Hans 195

Däubler-Gmelin, Herta 165 Elsner, Hannelore 165 Fuchs, Anke 191, 193, 208Dahlhaus, Horst 29 Elsner, Helmut 33 Fuchs, Lilo 140Dahlke, Paul 70 Engelhardt, Klaus 125 Fuchs, Yuval 215Dajan, Mosche 11 Engels, Elisabeth 139 Fürst, Michael 112

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Personenregister 227

Galinski, Heinz 80, 88, 114f., 118, 152 Günther, Hans F. K. 50 Hesselbach, Walter 211Gansel, Norbert 29 Gunzburg, Alain de 170 Heuberger, Georg 30Gazit, Schlomo 195 Guttmann, Robert 64, 112 Heuss, Theodor 133Gefen, Aba 66 Gyßling, Walter 59 Heyl, Matthias 139Gelbard, Rudi 79 Haas, Wilhelm 29, 32 Heymont, Irving 68Gelbart, Nathan 139, 142 Habermas, Jürgen 151 Hier, Marvin 127Gelerman, Michael 135 Habsburg, Otto von 8 Nilberg, Raul 167Genscher, Barbara 29 Hacohen, Meron 151 Himmler, Heinrich 46, 107Genscher, Hans-Dietrich 29, 175 Häselbarth, Christoph 216 Hindenburg, Paul von 198Gentz, Manfred 33 Hahnzog, Klaus 141 Hintze, Peter 191, 201Georg(e), Manfred 5 Haider, Jörg 78, 147 Hirsch, Burkhard 206Gepstein, Lior 199 Halevi, Jehuda 43 Hirschfeld, Kurt 39Gerhardt, Wolfgang 206 Haller, Roman 14 Hitler, Adolf 6, 14, 19, 35f., 39, 44,Gerstenmaier, Eugen 12, 113, 183 Haman 180 46f., 59, 61 f., 64, 67, 70, 94, 102,Gerster, Johannes 14, 185, 192, 208 ff. Hamm-Brücher, Hildegard 31, 141, 107f., 144, 146, 149, 170f., 194,Geyer, Klaus 187 151, 189 195, 197f., 205, 209, 218f.Ginsburg, Hans Jakob 22 Hansen, Karl 28 Hochwald, Abraham 51Ginzel, Günther B. 40 Hansen, Mary 28 Hockerts, Hans Günter 152f.Giordano, Ralph 139 Hansen, Niels 8, 10ff., 15ff., 19, 21, Hod, Motti 66Giuliani, Rudolph 127, 129f. 22, 24-29, 31 ff., 171, 173 Hoetzsch, Otto 56f.Goebbels, Joseph 59, 70 Harel, Isser 126 Hoeven, Jan Willem van der 213Goebel, Wilhelm 197f. Harlan, Thomas 141 Hoffmann, Hilmar 165Göring, Hermann 6 Harlan, Veit 141 Hoffmann, Matthias 217Görres, Ida Friederike 8 Harrison, Earl G. 64 Hofman, Chaim 70Gofman, Bernard 139 Haß, Esther 184 Hofmann, Elias 104Golan, Yehuda 66 Hassel, Kai Uwe von 172f. Hoger, Hannelore 142Goldberg, David 86 Hauenschild, Hans-Hilger 32 Holtzbrinck (Fam.) 214Goldhagen, Daniel J. 62, 105f., 151, Hauff, Volker 165 Holzheid, Hildegard 14Goldmann, Nahum 16, 19-20, 45, 55, Haußig, Hans-Michael 139 Homolka, Walter 204

60 ff., 145, 147, 155f. Haußmann, Hermann 57 Honecker, Erich 194Goldschmidt, Arthur 49 Havemann, Franziska 140 Hoppe, Marianne 141Goldschmidt, Eli 192f. Havemann, Katja 140 Horowicz, David 26Goldstein, Marek 70 Haverkamp, Alfred 139 Hose, Burkhard 109Gorbach, Alfons 126 Hecht-Galinski, Evelyn 80 Hubermann, Bronislaw 44Gordon, Efraim 54 Hechler, William 54 Huch, Ricarda 15Gordon, Sarah 61 Heer, Hannes 141 Hüssler, Georg 125Gothein, Georg 60 Neid, Ludger 50 Huldai, Ron 135Gottlieb, Siegmund 142 Heidecker, Fritz Joseph 42 Nussein, Saddam 8, 82, 127, 174Grabler, Josef 106 Heidenreich, Gert 141 Indyk, Martin 113Grabowsky, Adolf 56f. Heinzmann, Gerhard 212, 215 Iranyi, Gabriel 139Graumann, Dieter 79, 96, 102f. 108, Heller, Klaus 142 Israel, Berthold 49134, 142 Hendricks, Barbara 192 Itskovitz, Joseph 199 ff.Graumann, Simone 135 Henry, Marilyn 144Grelimann, Gerhard 109 Hermann, Elke 142 Jäckh, Ernst 56f.Grimm, Otto 109 Hermesh, Shai 118 Jahn, Gerhard 183Grimm, Rosa 109 Herz, Karl 222 Jammer, Schlomo 142Grinberg, Zalman 65 Herzberg, Reuben 112 Jankowitsch, Peter 33Gringauz, Samuel 66, 68 Herzig, Arno 139 Jason, Alexander 62Grözinger, Elvira 142 Herzl, Theodor 5, 11, 49-53, 55, 102, Jerominski, Markus 215Grözinger, Karl Erich 138, 165 128, 163 Jesus-Cohen, Teresa de 76Grotthaus, Wolfgang 195 Herzog, Chaim 88 Joffe, Josef 29, 142Grüber, Heinrich 195 Herzog, Roman 120 John, Barbara 105Grün, Karl 109 Hesse, Hermann 42 Johnson, Lyndon B. 31Grunspan, Rebecca 76 Hesse, Otmar 31 Joseph, Ovadia 119

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228 Personenregister

Josephthal, Georg (Giora) 41 Korn, Daniel 142 Lehmann, Frank 142Jung, Irma 140 Korn, Salomon 89, 96, 107f., 112, Lehmann, Herbert H. 73Kaasmann, Elke 216, 219 129, 134, 150, 165 Lehmann-Bodem, Wolff 142Kaasmann, Hinrich 216, 219 Koschnick, Hans 165, 183, 188 Lehrer, Abraham 94Kaffeesieder, Robert 142 Kozlov, Arnon 137 Leket, Yehiel 132, 214Kagan, Saul 153, 156, 160 Krahl, Hans-Jürgen 207 Lerner, Noa 136Kain, Andreas 139 Kraigher, Otto 142 Leschem, David 128Kaktuss, Elvira 142 Kramer, Stephan J. 96, 150 Leutheusser-Schnarrenberger,Kalb, Susanne 142 Kraus, Sonya 134 Sabine 141, 165Kalinna, Hermann 29 Krause, Albrecht 29 Levin, Carl 76Kalmanowicz, Nathan 79, 96, 100, 102 Krausz, Ron 139 Levita, David Joel de 126Kaminski, Andre 87 Krawczyk, Krzystof 139 Levy, Joel 110Kaniuk, Yoram 116 Kreisky, Bruno 126, 147 Levy, Judith 133Karasek, Hellmuth 142 Kreyssig, Lothar 186f. Levy, Mordechai 25, 138Karwatzki, Irmgard 167 Kristaller, Samuel 92 Levy, Yossef 76, 216Kastl, Eva 140 Kroll, Herbert 146 Lewinsky, Akiwa 211Kastl, Jörg 140 Kronawitter, Hildegard 134 Lewy, Gabriel 180Kastl, Ludwig 57 Krone, Heinrich 60 Licharz, Werner 29Kastrup, Dieter 150 Krüger, Joachim 184 Lichtenberger, Hermann 139Katsav, Mosche 83, 86 Krüger, Thomas 188 Lichtheim, Richard 54f.Keil, Günter 216, 219 Krupp, Manfred 142 Lidschreiber, Petra 142Keil, Waltraud 216, 219 Krymalowski, Hersz 112 Lieberberg, Marek 142Kempner, Robert W. 43 Kühn, Heinz 33 Lieth, Thomas 217Kennedy, John F. 171 Külb, Karl Georg 70 Limbach, Jutta 33Kertesz, Imre 165 Küng, Hans 31 Lind, Jakov 15Kewenig, Marianne 140 Kugelmann, Cilly 63 Lipinski, Ari 215Khol, Andreas 125 Kuhar, Z. 142 Liskow, Doris 140Khoury, George 31 Kuhn, Hermann 142 Liss, Hanna 139Kiep, Walter Leisler 98 Kuper, Rosie 133 Livne, Jacov 87Kinkel, Andrea 203f. Kupferberg, Yael 189 Löbe, Paul 57f.Kinkel, Klaus 19, 24, 113, 120, 165, Lagemann, Peter 33 Lösener, Bernhard 39

191, 202 ff. LaGuardia, Fiorello Henry 73 Löwenbrück, Anna-Ruth 139Kirch, Leo 113 Lahnstein, Manfred 14, 27, 33, 182f., Löwenfeld, Raphael 92Kirchhoff, Erika 140 185, 200 Lott, Jürgen 139Kissinger, Henry 13, 114 Lahnstein-Kandel, Sonja 182 Lübke, Heinrich 9Klein, Hans-Joachim 207 Lambsdorff, Otto Graf 14 Lummer, Heinrich 167Klestil, Thomas 111 Landau, Eugen 49, 57 Lunacek, Ulrike 78Klose, Hans-Ulrich 27, 165 Landau, Michael 125 Lustig, Walter 34Klotz, Helmut 184 Landauer, Georg 50 Lustiger, Arno 30, 63, 188Klug, Tina 142 Landgrebe, Gudrun 142 Lutati, Dina 198Klutznick, Philipp 12 Landmann, Ina 140 Magenschab, Hans 111Knobloch, Charlotte 14, 79, 86 ff., 95, Landmann, Jürgen 140 Magnus, Ernst 49

99, 136, 150 Landmann, Salcia 179 Mahlo, Rüdiger 77f.Koch, Franz 70 Landsberg, Otto 59 Mahrenholz, Ernst Gottfried 29Kölle, Hermann 150 Langnas, Steven 86 Maier, Charles 169f.König, Günter 21 Lansen, Johann 126 Maisel, L. Sandy 119Köster-Loßak, Angelika 29 Lappin, Eleonore 139 Mann, Heinrich 59Kohl, Helmut 6, 8, 12-15, 23f., 28, 73, Laster, Samuel 79 Mann, Thomas 57

105, 114 ff., 118, 152, 173, 175, Lau, Israel Meier 212 Manor, Effi 193199 Lauder, Ronald S. 110 Mao Tse-tung 193

Kollek, Theodor 32 Laurence, Jonathan 115 Marcus, Ernst 39Kon, Mirjam 136 Laurien, Hanna-Renate 33 Markovits, Andrej S. 142Korenke, Christoph 209 Lazarus, Moritz 92 Marks, Michael 135Korenke, Ulrich 209 Leber, Georg 33 Marshall, Louis 119

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Personenregister 229

Martin, Marco 140 Nathan, Paul 49 Peres, Schimon 13, 21, 25, 171 f., 193,Marx, Karl 80f. Naumann, Michael 165, 170 198Masur, Norbert 46 Navon, Benjamin 116, 125, 151 Peri, Jaacov 195May, Fritz 213f. Nebukadnezar 213 Peschel-Gutzeit, Lore Maria 148May, Meyer 127 Nehls, Joachim 140 Petersen, Carl Wilhelm 57Mayer, Arno J. 61 Nehls, Sabine 140 Pfeifer, Karl 79, 139Mayer, Laurenz 77 Neidhardt, Roland 184 Pflüger, Friedbert 218Meier, Axel 52 Netanjahu, Benjamin 76 Picot, Charles Georges 55Meier, Richard 74 Neubert, Hildigund 140 Pierer, Heinrich von 33Meinhof, Karl 56f. Neuborne, Burt 151 Pinke, Rudi 216Meir, Golda 9, 205 Neumann, Moritz 87, 117 Pinner, Ludwig 44Meiser, Hans 133 Neurath, Konstantin Freiherr von 58 Piron, Mordechai 215Melchior, Michael 193 Neven du Mont, Alfred 198 Pista 216f.Mendig, Hans von 22 Neven du Mont, Kurt 198 Plog, Jobst 112, 121, 188Menge, Marlies 140 Nevermann, Knut 29 Pollak, Rene 143Mengele, Josef 120 Poraz, Avraham 192f.Menuhin, Yehudi 188 Newman, Peter Charles 94

Praunheim, Rosa von 142Meridor, Dan 193 Nichols, Patrick 14

Preuß, Hugo 60Merkel, Angela 27, 190 Nickels, Christa 188

Primor, Avi 9, 14, 23, 76, 91, 185, 198Mershev, Reuven 9 Nicosia, Francis R. 37f., 42, 55f., 58

Profita, Santo 143Mertes, Alois 12 Niebel, Dirk 184, 190f., 192f.

Mertes, Michael 29 Niederland, William 121 f. Pünder, Hermann 57

Meves, Peter 139, 142 Niemöller, Martin 113 Pulat, Karla 140

Meyer, Albert 93 Niemöller-von Sell, Sibylle Sarah 113 Quaatz, Reinhold 60

Meyer, Lothar 57 Niklas, Ron 143 Rabin, Jitzchak 116, 146, 221Middelhoff, Thomas 107 Nittenberg, Joanna 163 Radhauer, Hildegard 33Milgrom, Nathan 139 Nooke, Günter 194, 218 Raffael, Gideon 65Miller, Israel 147, 156f. Nordau, Max 102 Ramer, Bruce 119f.Miller, Judith 126 Norden, Albert 195 Ramon, Chaim 193Millowitsch, Willy 132 Noske, Gustav 56 Rassavi, Ehud 193Mink, Andreas 157 Nussbaum, Max 43 Rathenau, Walther 58, 61Modrow, Hans 124 Ozdemir, Cem 82 Rau, Anna 198Möllemann, Jürgen 75, 82, 141, 189 Ofarim, Abi 181 Rau, Christina 133Mohn, Heinrich 107 Offenberg, Mario 34 Rau, Ewald 197f.Mohn, Liz 33 Rau, Johannes 16, 33, 129, 132, 188,Offman, Marian 21 f., 105Mohn, Reinhard 33, 106 195-199Olejski, Jacob 68Mommsen, Theodor 60 Raue, Peter 140011enhauer, Erich 16, 171Montag, Jerzy 141, 190f. Raz-Krakotzkin, Amnon 90Moses, Siegfried 34f., 48, 155 Olmert, Ehud 103, 193, 214

Reed, Jack 76Moskovics, Thomas 33 Oppenheimer, Franz 179

Reemtsma, Jan Philipp 5 ff., 141, 151,Moyne, Walter E. 67 Oppenheimer, Hans (lohn F.) 42, 56

165Müller, Christiane 143 Osten, Philipp von der 139 Reemtsma, Philipp Fürchtegott 6Müller, Erich 109 Osten-Sacken, Peter von der 139

Reichmann, Hans 59Müller, Hans-Jürgen 143 Dz, Amos 80 Reich-Ranicki, Marcel 137Müller, Hermann 57 Palmon, Jacob Erwin 41 Reines, Isaak Jakob 100Müller, Hildegard 191 Papen, Franz von 46 Rendtorff, Rolf 143Müller, Karlheinz 109 Pataki, George 127 Renger, Annemarie 16, 29Muliar, Fritz 125 Patton, George 64f. Rettinger, Leopold 125Muzicant, Ariel 147 Pau, Petra 190 Reuter, Bernd 150Nachama, Andreas 89, 105, 139, 188 Paucker, Arnold 58 Rhomberg, Günther 33Nachmann, Werner 75, 166 Pawlow, Iwan Petrowitsch 59 Richter, Horst Eberhard 31, 165Naftalin, Chaim 117 Pazner, Avi 128 Richthofen, Hartmann Freiherr von 57Napoleon I. 11 Peleg, David 178 Riefenstahl, Leni 70Nassauer, Otfried 176 Pelinka, Anton 125 Riordan, Richard 127

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230 Personenregister

Rivlin, Reuven 89, 129 Schaller, Berndt 188 Schumann, Erich 33Robbe, Reinhold 170, 184, 190f. Schamir, Jitzchak 88, 126, 194 Schuster, David 96, 108f.Robinson, Jacob 155 Schapira, Herrmann Zwi 130 Schuster, Josef 79, 96, 108, 110Robinson, Nehemiah 155 Scharansky, Natan 79 Schwarz, Carl Walter 153, 167Rockefeller, David 182 Scharett, Mosche 155 Schwarz, Johann 96Rodenstock, Rolf 105 Scharinger, Ludwig 33 Schwarz-Gardos, Alice 7-9Römer, Gernot 184 Scharon, Ariel 76, 80, 84, 128f., 142, Schwarzenegger, Arnold 127Rokach, Livia 156 201, 224 Schwarzenegger, Gustav 127Roland, Ida 8 Scharping, Rudolf 24f. Schwimmer, Walter 33, 125Rommel, Manfred 33 Scheel, Christine 192 Segev, Tom 10, 38f., 43, 49f.Roosevelt, Franklin D. 73 Scheidemann, Philipp 56 Seligmann, Rafael 90f.Rose, Andrea 24 Schell, Jozef St. 32 Sellin, Ernst 57Rose, Romani 165 Schickel, Alfred 20 Sellitsch, Siegfried 33Rosenbauer, Hansjürgen 105, 142 Schiff, Jakob 119 Semlitsch, Karl 125Rosenbaum, Eli 126 Schilanski, Dov 10, 16 Serotta, Eduard 163Rosenberg, Godel 151 Schild, Robert 83 Servatius, Bernhard 33Rosensaft, Josef 71 Schill, Ronald 130, 184 Shalev, Avner 148Rosenthal, Alfred 30 Schily, Otto 77, 133Rosenzweig, Franz 188 Schlöndorff, Volker 62

Sharell, Esther 135

Rosh, Lea 112, 139, 141 Schmid, Carlo 16, 183Sheldon, Gerald 7

Roth, Petra 132, 138 Schmidt, Christian 194Siebler, Engelbert 141

Roth, Thomas 142 Schmidt, Dagmar 193 Sieff, Israel 135Rothschild, Edmond de 49 Schmidt, Renate 94, 125 Sieff, Rebecca 135Rothschild, Lionel 55 Schmidt, Ulrich 193 Siemens, Jochen 142Rothschild, Walter 139 Schmitz-Elsen, Josef 125 Simon, James 92Rotter, Waldemar 29 Schnabel, Diana 135 Sinatra, Frank 127Rozwaski, Chaim 93, 140 Schneider, Ludwig 218 Singer, Israel 111, 147f., 156, 206Rubien, Waltraud 184 Schneiderman, Herman 12 Singer, Miriam 42Rubinstein, Adolf 59 Schneidermann, Arkadi 140 Singer, Rachel 135, 143Rürup, Reinhard 29, 121 Schneier, Marc 114, 119 Slevogt, Max 57Ruffer, Gerhard 65 Schocken, Salman 34, 41 Snopkowski, Simon 69, 89Ruge, Manfred 132 Schoeler, Andreas von 134 Sobernheim, Moritz 56f.Runge, Irene 140 Schoeller-von Holtzbrinck, Monika 33 Sobernheim, Walter 57Ruppin, Arthur 49f. Schönborn, Christoph 33 Sösemann, Bernd 149Saban, Haim 113 Schönlein, Peter 132 Sombart, Werner 56f.Safyan, Bella 141 Schoeps, Hans Joachim 179f. Sommer, Jenny 136Sagi, Nana 10, 20, 34, 147 Schoeps, Julius H. 30, 91, 115, 140, Sperling, Hanna 96Sakman, Bert 32 145, 179f. Spiegel, Paul 30, 75f., 79f., 83, 85f.,Salamander, Rachel 143, 188 Scholten, Rudolf 33, 125 89, 94-97, 107, 112, 117, 133f.,Salinger, Eliyahu Kutti 40 Schramma, Fritz 132 188, 199, 206Salpeter, Eliahu 12 Schrank, Rosemarie 141 Spieker, Thomas P. 5Samuel-Willenpart, Elisabeth 33 Schrank, Wolfgang 141 Spielberg, Steven 43, 111Samuels, Shimon 127 Schrenck-Notzing, Caspar von 186 Spinner, Joshua 110, 118Saur, Karl-Otto 141 Schröder, Gerhard (CDU) 16, 173, 177 Spranger, Carl-Dieter 116Saur, Klaus J. 141 Schröder, Gerhard (SPD) 27, 84, 114, Springer, Axel Cäsar 5 ff., 13, 105, 214Schabert, Thilo 33 118, 150, 170, 201 Staab, Heinz A. 32Schacham, Shmuel 137 Schubert, Karl von 57 Stadelmann, Helge 214Schadmi, Nahum 72 Schuck 20 Stadler, Max 150Schächter, Markus 112 Schütz, Klaus 30, 112f. Staeck, Klaus 141Schäfer, Bärbel 143 Schulz, Dietmar 209 Stalin, Josef 36, 141Schäffer, Fritz 18, 145 Schulz-Hardt, Joachim 30 Staszeweski, Noemi 129Schäuble, Wolfgang 115 Schulz-Jander, Eva 188 Staszewski, Schimon 30, 143, 201Schalgi, Ilan 193 Schulze-Rohr, Jakob 141 Stavenhagen, Lutz 173Schallenberg, Walter 125 Schumacher, Kurt 16 Stein, Ludwig 57

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Personenregister 231

Stein, Shimon 7, 76f., 83, 86, 133, Unger, Johannes 142 Weizsäcker, Richard von 29f., 105,137, 181, 185, 190, 193, 218, 220 Untermeyer, Samuel 119 166, 205

Steinberger, Petra 121 Valsonok, Rudolf 68 Welten, Peter 140Steindling, Rudolfine 33 Wenninger, Markus H. 140Veen, Hans Joachim 30Steinitz, Aviva 136 Wernicke, Otto 70Vierhaus, Rudolf 30Stern, Avraham 46 Wertmüller, Justus 222Vöhringer, Othmar 143Stern, Hartmut 48 Wertz, Hans 33Sternfeld, Albert 147 Vogel, Barbara 140

Wesner, Ekkehardt 188Sterzing, Christian 194 Vogel, Bernhard 25, 30, 33, 132

Westarp, Kuno Graf von 56,Stewens, Christa 108 Vogel, Hans-Jochen 125, 141

Westphal, Heinz 17, 183Stöhr, Martin 140 Vogel, Rolf 25

Wette, Wolfram 141Stoiber, Edmund 33, 100 Voloj, Julian 77 Widerker, Martin 103Stoitsis, Terezija 125 Wachs, Klaus Reinhard 200 Wieckenberg, Ernst-Peter 30Stolte, Dieter 98f., 188 Wagner, Adolf von 141 Wieczorek-Zeul, Heidemarie 165Stone, Adolf 59 Wagner, Heide von 141 Wiefelspütz, Dieter 150Strauß, Franz Josef 12, 21, 25, 171 f. Wagner, Richard 49 Wiesel, Elie 125Streicher, Julius 47, 65, 70f. Wagner, Ruth 30, 165 Wieseltier, Leon 170Stresemann, Gustav 36 Wagner, Victor 33 Wiesenthal, Simon 125f.Ströbele, Christian 177 Waks, Moishe 77, 140 Wilhelm II., Kaiser und König 51-54,Strube, Dorothea 125 Waldenfels, Georg von 113 62, 93Stützle, Walther 175 Waldheim, Kurt 147 Willi, Thomas 140Sturm, Herwig 125 Wallau, Theodor 209 Willmann, Helmut 27, 176Süsskind, Arthur 140 Wallmann, Walter 12, 30 Wilnai, Matan 186Süsskind, Lala 135, 140 Walser, Martin 137, 141 Wise, Stephen 15, 72Süssmuth, Rita 12, 31, 33, 100, 125,

Walz, Udo 141 Wössner, Frank 106165, 188, 194Sykes, Mark 55 Walzer, David 76 Wolf, Friedrich 195

Sznaider, Natan 167, 169f. Wankum, Andreas C. 128 ff., 140 Wolf, Hanna 141Warburg, Max M. 200 Wolf, Harvey 128Tamir, Ruth 135Wassermann, Oscar 57 Wolf, Markus 194f.

Tann, Hartmann von der 142 Weber, Max 56 Wolff, Theodor 149Taylor, Elizabeth 127Wedemeyer, Maria von 31 Wolffsohn, David 51Taylor, Gideon 147Wehner, Herbert 17 Wolffsohn, Michael 21, 81-84Teufel, Erwin 33

Thierse, Wolfgang 19, 31, 152f., 165 Weichmann, Herbert 149 Woriescheck, Gerd 125

Tichauer, Lilian 136 Weidenfeld, George 14, 106 Wowereit, Klaus 134

Timendorfer, Berthold 49 Weidenfeld, Werner 30 Wulf-Matthies, Monika 165

Timm, Helga 31 Weidenmüller, Hans A. 32 Zachar, Yaron 129Tobias, Jim G. 63, 71-73 Weihe, Volker 105 Zacher, Hans F. 32Tracy, Dan 216 Weinberger 209 Zeiß, Michael 142Trebitsch, Gyula 113 Weinzierl, Erika 125 Zelman, Leon 33, 125Trenkle, Thomas 109 Weiland, Dieter 33 Ziegler, Monika 7Trösken, Helga 134 Weinstein, Abraham 70 Ziff, William 105Truman, Harry S. 64 Weiser, Peter 33 Zilk, Helmut 32, 125Truppel, Oskar von 57 Weismann 57 Zimmermann, Dominikus 67Tschense, Holger 132 Weiß, Konrad 125 Zimmermann, Hans D. 140Tugendhat, Ernst 179 Weizman, Ezer 116f., 171, 197 Zimmermann, Mosche 117Tuval, Ofir 202-204 Weizmann, Chaim 31, 34, 45, 58, 135 Zinke, Peter 73Ude, Christian 14, 141 Weizsäcker, Marianne von 29 Zoerb, Bettina 143

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Institutionen/Organisationen

Absorption Department 41Abteilung Wanderung (Hilfsverein) 49Abwehrverein, siehe: Verein zur Abwehr des AntisemitismusAcademic College Tel Aviv 170ADL Braun Holocaust Institute 162Agudath Bet Yaakov 158Agudath Israel World Organization 156Akim Deutschland 138Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste (ASE) 31, 112, 125,

151, 164, 186Aktionsbündnis gegen Antisemitismus 78Alfred Wiener Collection 186Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund (ADGB) 154Alliance Israelite Universelle 48, 156Allianz Versicherungen 150Aman Nachrichtendienst 195Amcha 121-126American Gathering of Jewish Holocaust Survivors 156American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) 183American Jewish Committee (AJC) 19, 31, 119 ff., 140, 148,

156, 170American Jewish Congress 156, 170American Jewish Joint Distribution Committee 73, 156American Zionist Federation 157American Zionist Movement 43, 156Anders — na und? 97Anglo-German-Club Hamburg 130Anglo-Jewish-Association 156Anglo-Palestine Bank 36Anglo-Palestine Ltd. 36Anthropoid Innsbruck 78Anti-Defamation Forum 104f.Anti-Defamation League (ADL) 25, 103, 11, 170Antideutsche Kritik 224Appeal of Conscience Foundation 114Arachim Bnei Brak 158Arbeiterwohlfahrt (AWO) 94, 164Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter

Sozialdemokraten 151Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen 22Arbeitsgruppe Landessynagoge 164ARD 11, 70, 141 f.Associated Press (AP) 110, 116Associazione Figli della Shoah 161Assoziation Antideutscher Kommunisten 224Atlantic Jewish Council 161Atlantik-Brücke 98Aufbau Trust 162Auschwitz-Komitee 151Ausschuss für Volksaufklärung 58 f.Avoda 79

Axel-Springer-Verlag 5, 13, 29, 174, 223Babcock Borsig AG 125Bank für Gemeinwirtschaft (BfG) 211Bank für Sozialwirtschaft 94Bank Hapoalim 211Bank Leumi 138Bank Löbbecke & Co.Bank M. M. Warburg 39Bank A. E. Wassermann 39Barmenia Versicherung 191Basisgruppe Politikwissenschaft 79Baycrest Center 161Bayerische Landesstiftung 109Bayerische Volksstiftung 100Bayerischer Landesmedienrat 100Bayerisches Staatsschauspiel 109, 141Bayer-Konzern 129Beit Wolyn Zentrum 186Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicherheit

176Bertelsmann 106f., 182Bet Debra 136Bet Din 117, 204Beth Jacob 158f.Beth Shalom Holocaust Memorial Centre 161BGS-Kameradschaft Hamm 164Blaukreuzlerbewegung 198B'nai B'rith 5, 7, 12-14, 25, 29, 32, 60, 102-106, 111, 119f.,

138, 143, 147, 156, 161 f., 170, 203B'nai B'rith World Center 104B'nai B'rith Youth Organisation (BBYO) 104, 119, 140Bnei Akiva 79Branche Frangaise 153Brandes & Apsel Verlag 164Bremische Bürgerschaft 142Bricha 37, 65-67Brith Schalom 50Brücke Berlin-Jerusalem 216, 219Buber-Rosenzweig-Stiftung 29Bündnis gegen Antisemitismus 140, 222Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus Berlin

(BgAA) 112, 140, 222Bürgervereinigung Landsberg 69Büro für illegale Einwanderung 64Büro Wilhelmstraße 58f.Bund der „Euthanasie"-Geschädigten und Zwangssterilisier-

ten 151Bund der Pfadfinder 164Bund Deutscher Pfadfinder 164Bund Jüdischer Gemeinden Jugoslawiens 162Bund sozialdemokratischer Juden 79

Page 233: David Korn: Das Netz  Israels Lobby in Deutschland

Institutionen/Organisationen 233

Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) 98Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege 94Bundeskanzleramt Wien 163Bundesnachrichtendienst (BND) 74, 191, 202Bundespresseamt 5Bundessicherheitsrat 177Bundestag 24f., 176, 184, 190-193, 206Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) 105Bundesverband Information und Beratung für

NS-Verfolgte 151Bundesverband Jüdischer Studenten in Deutschland (BJSD)

77f, 220f.Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) 152Bundeswehr 26f., 77, 82, 84, 172, 174, 176Bundeswehrhochschule München 82Bundeszentrale für politische Bildung 12, 29, 121, 184, 188Büro Wilhelmstraße 58f.Cafe Critique 79Cafe Morgenland 224Campus Verlag 164Canadian Jewish Congress 156, 161Caritasverband 94, 125Center for Holocaust & Genocide Studies 162Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens

59, 92Centre of Organizations of Holocaust Survivors in Israel 156Centro Recordatorio del Holocausto 162Centropa 163Chaverim — Freundschaft mit Israel 142C. H. Beck-Verlag 141Chewrot Kadischa 212Chico Research Foundation 162Children's Mishnay Memorial Foundation 162Chowewe Zion 50Christen für Israel (CFI) 213 ff.Christlich-Demokratische Union Deutschlands (CDU) 15, 21,

60, 98, 128, 184, 190f., 201, 208, 218Christlich-Soziale Union (CSU) 15, 18, 22, 25, 60, 105, 113,

116, 141, 150f, 171, 190f., 194, 208, 218Christliche Freunde Israels 215f., 219Christliches Forum für Israel 79, 218f.Christliches Zentrum Frankfurt/Main 216Christliches Zentrum Hannover 214, 217Claims Conference, siehe: Jewish Claims ConferenceComite franGais des Amis de Sionisme 56Committee for Jewish Claims on Austria (CJCA) 147Conference of Presidents of Major Jewish Organisations

110, 155 ff.Conference on Jewish Material Claims Against Germany,

siehe: Jewish Claims ConferenceConseil Representatif des Institutions Juives en France 156Couch Potatoes Fernsehproduktion 142Council for a Beautiful Israel 182Council of Jews from Germany 156

DaimlerChrysler 5, 150f.Dash-ORT 158Delegacion de Asociaciones Israelitas Argentinas 156Deutsch-Arabische Gesellschaft 137Deutsch-Atlantische Gesellschaft 28, 191Deutsch-Hannoversche Partei 22Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) 8, 14f., 27, 29, 95,

125, 130, 138 ff., 142, 170, 182f., 188, 191, 193, 208Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe 170, 184,

191-194, 201, 208, 218Deutsch-Israelische Stiftung für Wissenschaft, Forschung

und Entwicklung 101Deutsch-Israelitischer Gemeindebund 56, 92Deutsch-Jüdischer Dialog 106Deutsch-Slowakische Wirtschaftsvereinigung 184Deutsch-Tschechische Wirtschaftsvereinigung 184Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) 164Deutsche Arbeitsfront (DAF) 154Deutsche Bank 58, 150Deutsche Demokratische Partei (DDP) 81Deutsche Forschungsgemeinschaft 200Deutsche Genossenschaftsbank 164Deutsche Gesellschaft der Freunde des israelischen Weiz-

mann-Instituts 29Deutsche Partei (DP) 17Deutsche Reichspartei (DRP) 17Deutsche Telekom 5Deutsche Welle 111 f.Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD) 200Deutscher Evangelischer Kirchentag 22, 202Deutscher Förderkreis der Universität Haifa 200Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) 154, 165Deutscher Rabbinerverband 60Deutscher Volksgemeinschaftsdienst 58Deutscher Vortrupp 179Deutsches Historisches Institut Warschau 164Deutsches Informationszentrum New York 5Deutsches Komitee zur Förderung der jüdischen Palästina-

siedlung, siehe: Pro-Palästina-KomiteeDeutsches Rotes Kreuz (DRK) 94Deutschland an der Seite Israels 79, 194, 218f.Deutschlandradio 112Deutschnationale Volkspartei (DNVP) 57, 60Diakonisches Werk 94Dialog der Generationen 97Dienste in Israel 219Dombauverein Speyer 107Dresdner Bank 164, 191Ebenezer Hilfsfonds 216, 219E.D.Z. Nativ Ediciones 159Eiserne Front 59EI Al 128, 185Else-Lasker-Schüler-Forum 97

Page 234: David Korn: Das Netz  Israels Lobby in Deutschland

234 Institutionen/Organisationen

Elta Electronics 151Ensemble Alptraumtöchter 79Ephraim Gustav Hönlein Genealogie Projekt 109f.Erwachsenenbildungszentrum München 100esra atzmit 126Europäische Union (EU) 23f., 28, 78, 83, 104, 165, 192,

200, 206Europäische Union Jüdischer Studenten/European Union of

Jewish Students (EUJS) 77, 164Europäischer Jüdischer Kongress/European Jewish Con-

gress (EJC) 84, 87, 94f., 97, 156, 206Evangelisch-Freikirchliches Sozialwerk 219Evangelische Akademie Arnoldshain 164Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) 125Evangelische Kirche Kurhessen-Waldeck 164Evangelische Marienschwesternschaft 216, 218Evangelischer Dienst für Israel (EDI) 220Evangelisch-Freikirchliches Sozialwerk 219Executive Council of Australian Jewry 156Facing History and Ourselve Foundation 162Fackel Gideons 213Federation of Jewish Child Survivors of the Holocaust 162Florida Holocaust Museum 162Förderkreis Reichsführer SS 107Förderkreis Magen David Adom 140Förderverein Gedenkstätte Breitenau 164Förderverein Lichtigfeldschule 138Fondation de la Memoire contemporaine 161Ford-Werke 120Forum für Israel 78f., 218Forum gegen Antisemitismus 79France-Palestine 56Franz Oppenheimer-Gesellschaft 30, 138Fraport AG 164Freie Demokratische Partei (FDP) 14, 100, 137, 142, 150,

184, 190f., 193, 201 f., 206, 208Freie Theologische Akademie Gießen 214Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) 147Freudenberg-Stiftung 214Freunde der Hebräischen Universität Jerusalem 97, 138Freunde und Förderer des Leo-Baeck-Instituts 29f., 97, 113Freunde von Neve Shalom/Wahat al-Salam 29ff.Freunde von Or Torah Stone 100Freundeskreis Aufbau 7Freundeskreis der Barl-Ilan-Universität 101, 138Freundeskreise Heinrich Heine 97Friedensbund 50Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) 210f.Friedrichstadtpalast 98Fritz-Bauer-Institut 31, 145, 151, 164f., 177Fritz-Naphtali-Stiftung 210Fürstlich Castell'sche Bank 109Fundacion Memoria del Holocausto 161

Gedenkstätte Buchenwald 164Gedenkstätte Dachau 141Gedenkstätte Neckarelz 164Gedenkstätte Neuengamme 149Gedenkstätte Theresienstadt 159, 162Gemeinde Ichthys 217Georgia-Kommission zum Holocaust 162German Friends of the Israel Philharmonic Orchestra 100Gesamtschule Gießen-Ost 164Geschwister Korn- und Gerstenmann-Stiftung 98Gesellschaft der Kinder des Holocaust 162Gesellschaft für Außenpolitik 125Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (GfW) 210Gesellschaft zur Förderung sakraler jüdischer Musik 29Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 8,

22, 29, 109, 112, 132, 138, 140, 142, 164, 184, 187-190,199, 205

Gesicht zeigen 97Gesprächskreis Israel 193Gesprächskreis Juden und Christen 22Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) 164Givat Haviva 159, 211Glaubenszentrum Bad Gandersheim 217Goethe-Institut 23, 163, 165Golda-Meir-Educational Association 211Grand Sanhädrin 11Grünalternative Jugend 79Grüne 78, 125, 141, 150f., 164, 177, 184, 190f., 194, 208Grüne Jugend Hessen 164Gustav-Heinemann-Institut für Nahostfragen 211Haavara 35-46, 62Habonim 40Hagana 71-73Hagenovia Treuhand 164Hamas 224Hamburger Institut für Sozialforschung 6Hanotea Ltd. 35Haschomer Hazair 40, 79Hazon Yeshaja Zentrum 158Hebraica Loge 14Hebrew Immigration Aids Society (HIAS) 73Hebrew Union College 71, 162Hechal Shlomo 159Hechaluz 41Helmut-Kohl-Institut 13, 209Herzog-Kommission 191Hessischer Jugendring 164Hessischer Rundfunk (HR) 87, 112HICEM 48Hildegard-Hansche-Stiftung 121Hilfsverein der deutschen Juden 48, 199Histradut 211Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg 166

Page 235: David Korn: Das Netz  Israels Lobby in Deutschland

Institutionen/Organisationen 235

Holocaust Awareness Institute 162Holocaust Center of Northern California 163Holocaust Center Pittsburgh 163Holocaust Center Toronto 161Holocaust Literature Research Institute 161Holocaust Museum Houston 163Holocaust Resource Center and Archives 163Holt-Verlag 170Humanistische Union (HU) 164Independent Order of B'nai B'rith, siehe: B'nai B'rithInfoladen 10, 79Initiative Sozialistisches Forum 125Initiativkreis Shalom Europa 109Initiativkreis Wirtschaft — Junge Führungskräfte für die SPD

191Institut für Antisemitismusforschung 188Institut für Hebräische und Jüdische Studien Cluj 162Institut für Jüdische Kultur 162Interessengemeinschaft ehemaliger Teilnehmer am antifa-

schistischen Widerstandskampf 151International Commission an Holocaust Era Insurance

Claims (ICHEIC) 147Internationale Christliche Botschaft Jerusalem 215, 217, 219Internationale Gemeinde für Fürbitten 215Internationale Medienhilfe (IMH) 5Internationaler Bibellehrdienst 216Internationaler Rat der Christen und Juden 187Internationales Christliches Zionistisches Zentrum 213Interparlamentarischer Rat gegen Antisemitismus 194Israel Aircraft Industries 151Israel Discount Bank of New York 31Israel Emergency Solidarity Fund One Family 95Israel Experience 159Israel Heute 215Israel-Museum Jerusalem 199Israel-Netz 194, 219Israelisch-Deutsche Gesellschaft (IDG) 8, 67, 183f., 209Israelisch-Deutsche Parlamentariergruppe 193Israelisch-Deutsches Jugendforum (IDJ) 184Israelischer Erziehungsfonds 159Israelischer Rat für Außenpolitik 24Israelisches Verkehrsbüro 138Jad be Jad 79Jad Vaschem 29, 46, 99, 106, 148, 160, 186Jakob-Kaiser-Stiftung 191Janusz-Korczak-Loge 7, 140Jerusalem Foundation 28, 31-33, 199Jewish Agency 12, 18, 35, 37, 41, 43, 50, 55, 64, 91, 95,

116, 118f., 128, 138, 155, 167, 211, 221Jewish Children's Museum Brooklyn 163Jewish Claims Conference (JCC) 17f., 20, 95f., 111, 124,

145-178, 206Jewish Community Council of Ottawa 161

Jewish Community Relations Council 205Jewish Cultural Reconstruction Corporation (JCR) 153Jewish Family and Children's Service 158Jewish Federation 161Jewish Holocaust Centre Elsternwick 161Jewish Institute of Religion 162Jewish Labor Committee 156Jewish Museum Sydney 161Jewish Restitution Successor Organisation (JRSO) 153 ff.Jewish Telegraph Agency (JTA) 95Jewish Trust Corporation (JTC) 153Jewish Winter University Würzburg 221John Slade Monterey Foundation 7Joint Distribution Committee 39, 73, 156Joseph-Carlebach-Institut 101Josua-Dienst 216Jüdisch-Jeminitische Gesellschaft 29Jüdische Jugendhilfe 40Jüdische Mittelstellen für Erwachsenenbildung 43Jüdische Organisation Norddeutscher Studenten (JONS) 112Jüdische Presse GmbH 97Jüdische Staatspartei 55Jüdischer Gemeindebund der DDR 121Jüdischer Kulturverein Berlin 140Jüdischer Nationalfonds 130, 132, 138, 140, 214Jüdischer Studentenverband 140Jüdischer Weltkongress 9, 12, 19, 39, 46, 87, 94f., 111,

117, 146, 148, 155f., 166, 168 ff.Jüdisches Historisches Zydowski-Institut 102Jüdisches Krankenhaus Berlin 34Jüdisches Museum Athen 161Jüdisches Museum Berlin 31, 108Jüdisches Museum Frankfurt am Main 30Jüdisches Museum London 161Jüdisches Museum München 99Jüdisches Museum Stockholm 162Jüdisches Winterhilfswerk 94Jugendzentrum Olam 140Junge Union 191KaDeWe 105Karl-Schiller-Stiftung 191Karpathen Öl AG 105Kerem Institut für Lehrerausbildung 159Keren Hayesod (KH) 7, 11, 40, 89, 100, 127-130, 138, 140Keren Kayemeth Lelsrael 40, 130, 140, 184f., 214Kesher — Israelis in Berlin 140KGB 75K. G. Saur-Verlag 141Kinder- und Jugendalija e. V. 138Kingsbridge Heights Jewish Center 157Kloster Frauenberg 202Knesset 16, 76, 90, 128, 132, 184, 192f., 197, 205, 210f.Komitee für den Osten 51Komitee zur Befreiung der russischen Juden 51

Page 236: David Korn: Das Netz  Israels Lobby in Deutschland

236 Institutionen/Organisationen

Kommission Impulse für die Zivilgesellschaft 94Kommission zur Erforschung der Geschichte der Frankfurter

Juden 107Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 17Konferenz der befreiten Juden aller Zonen 68Konrad-Adenauer-Stiftung 14, 25, 30, 136, 185, 208f.Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaus-

tausch (ConAct) 198Krupp-Konzern 105Kulturverein Sägefisch 79Ladies Cholim D'Satmar 158Landesentschädigungsamt Bayern 165Landtag Mecklenburg-Vorpommern 193Landtag Nordrhein-Westfalen 193Lauder Chabad Campus 111Lehrhaus Judentum für Christen 201Leipziger Synagogal-Chor 184Leo-Baeck-Institut 6, 29,f., 35, 37, 44, 46, 97, 113, 186Lesben- und Schwulenverband in Deutschland 151Likud 110Lockheed-Martin 23Londoner Schuldenkonferenz 26Los Angeles Museum of the Holocaust 163Ludwig-Börne-Stiftung 108Ludwig-Maximilians-Universität München 99Maccabi Hazair 40Maccabi World Union 102Maccabiah 103Machanyim Jewish Heritage Center 159Machon Netvei Ha Halacha 159Makkabi - Jüdischer Turn- und Sportverband in Deutsch-

land 93, 102-105, 138, 140, 166Marsch der Überlebenden international 159Massua-Institut für Holocaust-Studien 159Max-Planck-Institut 30, 191Mekoroth 44Melitz-Zentrum für jüdisch-zionistische Erziehung 159Memorial Foundation for Jewish Culture 163Mercaz Beth Jacob 159Mercedes Benz 120, 156Michlalah College 159Midwest Center for Holocaust Education 163Milian Simecka Stiftung 162Minda de Gunzburg Center of European Studies 170Minerva-Stiftung 101Misrachi 100ff., 138Missionswerk Mitternachtsruf 217Mittelstandsvereinigung der CDU 191Moreshet Mordechai Anielevitch Memorial 159Mosad Harim Levin 163Mosche-Dajan-Zentrum 209Moses-Mendelssohn-Zentrum 30, 115, 179Mossad 64, 67, 74, 126, 195, 203, 208

Mossad le Alija Bet 64, 67, 126, 203Museum of Jewish Heritage 163Nakam 72f.Naphtali-Stiftung 210Nassauische Sparkasse 164National Citizens Committee for Community Relations 157National-Jüdische Vereinigung 50National Society for Hebrew Day Schools 163Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 105, 222 f.Nationale Volksarmee (NVA) 173Nationalfonds der Republik Österreich 163Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD) 141Nationalreligiöse Partei 101Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) 37,

70Naturfreunde Hessen 164Netzwerk Jüdischer Frauen 136Neue Gesellschaft für bildende Kunst 164Neve Shalom/Wahat al Salam 29ff.Norddeutscher Rundfunk (NDR) 112, 121, 188North American Board of Rabbis (NABOB) 114Okologische Linke 79Österreichisch-Israelische Gesellschaft 125Österreichische Nationalbank 163Österreichische Volkspartei (ÖVP) 125Office of Munitions Control 172Ornet 150Or Torah Stone 100, 137Organisation der Zwangsarbeiter unter Naziherrschaft 151Organisation Jüdischer Ärzte und Psychologen 140Orient-Abteilung (Auswärtiges Amt) 37ORT 48, 161Ostdeutscher Rundfunk (ODR) 105, 142Ot Va' Ed 159Palästina-Amt 41, 43, 49Palästinensische Treuhandstelle (Paltreu) 36, 39Palestine Liberation Organization (PLO) 194f., 208Palestine Mandate Society 56Palestine & Orient Lloyd 45Paneuropa-Union 8Paritätischer Wohlfahrtsverband 94Parliamentary Palestine Committee 56Partei Bibeltreuer Christen (PBC) 212, 215Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) 141, 190Pax Christi 152, 164Peres-Center for Peace 198Philharmonisches Orchester Israel 44Philippus-Dienst 216Politik Digital International (poldi.net) 191Private Jüdische Lehranstalt 48Pro-Palästina-Komitee 11, 54, 56ff., 62ProSieben 113Rabbiner-Konferenz Deutschland 86f., 93

Page 237: David Korn: Das Netz  Israels Lobby in Deutschland

Institutionen/Organisationen 237

Radak Organization of Partisans und Underground Fighters158

Rambam Medical Center 199Raoul-Wallenberg-Loge 140, 143Rat der Juden aus Deutschland 124Rat für Außenpolitik 24Real Estate Company 7Reclam Verlag 164Reena Thornhill 161Reichsbank 36Reichsvereinigung der Juden in Deutschland 34, 92, 94, 155Reichsvertretung der deutschen Juden/ der Juden in

Deutschland 29, 34, 92Restitution Appeals Court 153Revolutionärer Kampf 207Ridgefield Foundation 7Ronald-S.-Lauder-Chorev-Seminarzentrum 110Ronald-S.-Lauder-Foundation 110 f, 118f., 221Rosa Antifa Wien 79Rotary Club 28, 164Rothschild'sche Stiftung 132Ruf zur Versöhnung 215Ruhr Universität Bochum 22, 183Russische Holocaust-Stiftung 162Saarländische Investitionskreditbank 97Saarländische Staatstheater GmbH 97Saban-Center for Middle-East Policy 113Sächsische Israelfreunde 215Salomon-Ludwig-Steinheim-Institut für deutsch-jüdische

Geschichte 50SAT 1 113Scaneg Verlag 164Schas 204Schin Bet 194f.Section du Camp de Concentration de Mauthausen 152Seminar- und Gedenkstätte B. Pappenheim 138Senat-Projekt 211Service for Israel 46Shalom Europa 108-110Shem Olam Institut 159Shoa Foundation 111Shuvu-Return 159Siedler-Verlag 106Siemens 142, 150Sigmund-Freud-Institut 122Simon-Dubnow-Loge 140Simon-Wiesenthal-Center 126f., 170Sinai-Zentrum 126South African Jewish Board of Deputies 156Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 16f., 21, 24,

27, 56f., 125, 134, 141, 150, 164, 171, 184, 190f., 193, 210Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) 125Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) 194f.Sozialistische Reichspartei (SRP) 17

Speyer-Stiftung 98Sportjugend Hessen 164SS 40, 46, 64, 174Staatssicherheitsdienst der DDR (Stasi) 194f.Stabsstelle für Kultur und europapolitische Fragen 98State of Israel Bonds 136f., 166Steering-Komitee 111Stifterverband der deutschen Wirtschaft 151Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten 107Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden EuropasStiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft 124,150f.Stiftung Ettersberg 30Stiftung für wissenschaftliche Forschung und Entwicklung 23Stiftung Saarländischer Kultur-Besitz 97Stiftung Sächsische Gedenkstätten 107Stiftung 20. Juli 1944 108Studio Hamburg 113Südlibanesische Befreiungsarmee (SLA) 119Talmud-Tora-Schule Hamburg 111Tamach 126Technion Haifa 150, 199f.Tempelgesellschaft 18, 36, 52Topographie des Terrors 29, 108, 121Torah Umesorah 163Transatlantik-Quandt-Stiftung 98Transit-Verlag 164Trilaterale Kommission 182Trust and Transfer Office Haavara 35UNIFIL 178United HIAS-Service 73United Israel Appeal 127United Mizrachi Bank 138United Nations Organisation (UNO) 73, 104, 178, 215United Nations Relief and Rehabilitation Administration

(UNRRA) 73United States Holocaust Memorial Museum 163Universität Alaska 163Universität Bar-Ilan 101, 138, 214Universität Beer Sheva 90Universität Ben-Gurion des Negev 12, 14, 209Universität (TU) Berlin 199f.Universität Bochum 22, 183Universität Bonn 201Universität Brandeis 12, 31, 64, 154Universität Duisburg 50Universität Haifa 27, 182, 200, 202, 211Universität Harvard 170Universität Heidelberg 166Universität Jerusalem 12, 41, 49, 97, 138, 150, 181Universität München 64, 99Universität Pennsylvania 64Universität Tel Aviv 28, 159Universität Vancouver 161

Page 238: David Korn: Das Netz  Israels Lobby in Deutschland

238 Periodika

Universität Vermont 162Universität Yeshiva 157Vancouver Holocaust Center 161Verband der jüdischen Gemeinden in der DDR 92Verein Jüdischer Akademiker 138Verein zur Abwehr des Antisemitismus 58 ff.Vereinigte Israel Aktion 185Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN/BdA) 152Vereinigung Jüdischer Organisationen Deutschlands zur

Wahrung der Rechte der Juden des Ostens (VJOD) 92Vereinigung der Partisanen, Untergrundkämpfer und Ghet-

toaufständischen 159Verlag Volk und Wissen 152Völkerbundsliga 57Volkshochschule München 100Volkswagen AG 188VW-Stiftung 200WABS 119Weiße-Rose-Stiftung 152Weizmann-Institut 29, 31 f., 106, 150Welt-Union Makkabi 102Weltgebetstagskomitee 189Weltkulturerbe Völklinger Hütte GmbH 97Weltverband der NS-Opfer 147Weltverband österreichischer Auswanderer 147Werkleute 40Westdeutscher Rundfunk (WDR) 97, 112Women's International Zionist Organization (WIZO) 133-136World Jewish Congress (WJC), siehe: Jüdischer Weltkon-

gressWorld Jewish Relief 156World Jewish Restitution Organisation 95World Mizrachi Movement 101 f.World ORT Union 161

World Union for Progressive Judaism 156World Union of Jewish Students 77, 159World Zionist Organization (WZO) 64, 135, 155, 160, 195, 221Yaacov Herzog Center 160Yiddishspiel 160Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt 20Zentralarchiv für die Geschichte des Jüdischen Volkes 158Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in

Deutschland 93Zentralbüro für jüdische Auswanderungsangelegenheiten 49Zentralkomitee der befreiten Juden in der Amerikanischen

Besatzungszone 64Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) 22, 191Zentralrat der Juden in Deutschland 5, 12, 16, 30, 73,

74-113, 115, 118, 120f., 124, 150, 156, 164, 166, 182,188f., 197, 221

Zentralrat der Sinti und Roma 165, 181Zentralverband demokratischer Widerstandskämpfer und

Verfolgtenorganisationen 164Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland 93f., 96,

138Zentrum für Jüdisch-Christliche Beziehungen 161Zentrumspartei 56f., 60ZIM 128Zion 130Zionistische Jugend Deutschland 87, 140Zionistische Organisation Deutschland (ZOD) 30, 64, 112,

138, 140, 188Zionistische Vereinigung für Deutschland 34, 50, 58, 92, 143Zuwanderungskommission der Bundesregierung 97Zwangsarbeiterentschädigungsfonds 31, 114, 120Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) 98f., 111 f., 166, 188,

209Zwi-Peres-Chajes-Loge 147

Periodika

Abwehrblätter 59Allgemeine Jüdische 9, 13f., 21, 23f., 33, 51, 76, 80, 82f.,

87f., 91, 93-96, 101, 103, 105f., 112, 118, 121 f., 127,133-135, 137, 166, 175, 177, 180, 182, 194, 196f., 199,203, 212, 214, 220

Allgemeine Wochenzeitung der Juden 80Allgemeine Zeitung des Judentums 43Altonaer Nachrichten 6Aufbau 5-8, 11, 41-45, 49, 56, 71 ff., 77f., 88, 106, 108,

114f., 118, 121, 124, 144, 147f., 150, 153, 156f., 160,162, 179, 188, 192, 206f., 211

Augsburger Allgemeine 184Bahamas 222f.

Beiträge zum Widerstand 1933-45 59Berliner Morgenpost 97Berliner Zeitung 150Bild 7, 173f., 181Bild am Sonntag 181Blätter für deutsche und internationale Politik 19, 151Blickpunkt Israel 95Börsen-Zeitung 109Bulletin der Bundesregierung 19Chrismon 89, 182Correspondenzblatt für jüdische Auswanderungsangelegen-

heiten 49Damals 50, 90

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Periodika 239

j i{

Defense News 177Deutsch-Israelische Gesellschaft Magazin 192Focus 151, 184Fokus 200Format 111forum.judentum.de 219Frankfurter Allgemeine Zeitung 11, 15, 97, 105, 108, 120,

138, 170, 177, 179Frankfurter Jüdische Nachrichten 138Frankfurter Rundschau 104, 107, 112, 117, 122, 134, 142,

148, 167-169, 175f.Globes 95Ha.Galil 95, 127, 163Ha'aretz 11, 95, 175Hamburger Abendblatt 148Illustrierte Neue Welt 116, 163Informationen zur Politischen Bildung aktuell 12International Herald Tribune 9Israel Nachrichten 5, 7-10, 12f., 14, 16f., 19f., 21-26, 28,

31, 40f., 54, 65f., 75f., 79f., 85, 89, 116f., 120, 124,133, 150, 152, 167f., 171, 174f., 186, 192f., 195f.,204f., 208-211, 214f.

israel.de.newsletterIsrael-Netz 194, 218Jediot Achronot 116, 203 f.The Jerusalem Post 95JNF-KKL-Nachrichten 130Jiddische Landsberger Cajtung 68Jüdische Allgemeine 79, 80-86, 93, 97, 103, 107, 135f.,

164, 185, 196, 205f., 215Das Jüdische Echo 125Jüdisches Leben in Bayern 221Junge Freiheit 8Junge Kirche 187Jungle World 150, 158Juristische Schulung 167Kirche und Israel 22Kronen-Zeitung 146Landtag intern 193left.action.de 223Los Angeles Times Magazine 127Main-Post 108f.Max 198

Mitteilungsblatt der Israelitischen Kultusgemeinden Bayern71, 89, 211, 220f.

Nachrichten aus israel (nai) 218National-Zeitung (Basel) 42National-Zeitung (München) 107Neue Osnabrücker Zeitung 84Neues Deutschland 194f.Neuland 131New York Herald Tribune 39New York Republic 170The New York Times 126f.Newsletter der Universität Haifa 200, 202Nyu York Morgn 68Das Parlament 9, 90Partisan Wandzeitung 223Response 126Rheinische Post 210Rheinischer Merkur 29, 98Schlemiel 61Der Spiegel 11, 21, 122, 169Der Standard 31 f.stern 80, 99, 109Der Stürmer 47, 70Süddeutsche Zeitung 114, 148, 196f.Tachles 118Der Tagesspiegel 20, 142, 184die tageszeitung 222f.Techiat ha'Metin 68The Times 10Vierteljahrshefte für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 21Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 21, 37vivian 181Die Welt (Springer-Konzern) 13, 19, 98f., 186, 201Die Welt (Zionistenorgan) 55Welt am Sonntag 179Wirtschaftswoche 22Yearbook of the Leo Baeck Institute 37Yediot Aharonot 95Die Zeit 29, 142, 179Zeitschrift der BfA 152Zeitschrift für Demographie und Statistik der Juden 49Zeitspiegel 198

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David Korn

Das NetzIsraels Lobby in Deutschland

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ISBN 3-924309-66-3

2. Auflage