Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln · Anhand von Beispielen aus einer...

71
Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

Transcript of Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln · Anhand von Beispielen aus einer...

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

2

Impressum

Auftraggeber:

Bundesamt für Umwelt BAFU, Abteilung Klima

Amt für Natur und Umwelt Graubünden

Gemeinde Davos

Autorin und Autor:

Veronika Stöckli, Bergwelten 21 AG, Davos

Gian Paul Calonder, Gemeinde Davos

Projektbegleitung:

Thomas Probst, Bundesamt für Umwelt BAFU

Roland Hohmann, Bundesamt für Umwelt BAFU

Titelbild:

Bündaloipe, 16. Dezember 2016

Bildquellen:

Wo nicht anders vermerkt stammen die Bilder von der Autorin oder dem Autor.

Version:

14. Juni 2018

Ein Projekt im Rahmen des Pilotprogrammes zur Anpassung an den Klimawandel, gefördert durch

das Bundesamt für Umwelt BAFU. Für den Inhalt des Berichts sind allein die Autoren verantwortlich.

Inhaltsverzeichnis Orientierung ............................................................................................................................................ 4

Der Klimawandel und seine Ursachen ................................................................................................ 4

Vom Klimawandel zum Klimahandeln ................................................................................................. 5

Davos und sein Klima .............................................................................................................................. 6

Stadt und Land .................................................................................................................................... 6

Wetter und Klima ................................................................................................................................ 7

Das Davoser Klima ............................................................................................................................... 7

Klimawandel in Davos ......................................................................................................................... 9

Folgen des Klimawandels ...................................................................................................................... 12

Fische aus den Bahamas .................................................................................................................... 13

Die Sonne ist nur Zeugin .................................................................................................................... 19

Frau Holle wird nachlässig ................................................................................................................. 24

Die verlorene Insel ............................................................................................................................ 30

Tauwetter im Untergrund ................................................................................................................. 37

Grüne Grenzen wandern ................................................................................................................... 41

Gut gewappnet? ................................................................................................................................ 47

Take-off für Pollenflug ....................................................................................................................... 52

Das Ende der Natureiszeit ................................................................................................................. 55

Vom Wandel zum Handeln ................................................................................................................ 59

Ausblick ................................................................................................................................................. 63

Das Klima der Zukunft ....................................................................................................................... 63

Ziele und Massnahmen ..................................................................................................................... 65

Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 67

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

4

Orientierung

Der Klimawandel und seine Ursachen

Wir leben in einer Zeit des anthropogenen Klimawandels. Weltweit ist es in den vergangenen

60 Jahren um 0.5 °C bis 1.3 °C wärmer geworden. Die Periode von 1983 bis 2012 war in der nördli-

chen Hemisphäre die wärmste 30 Jahre-Periode der vergangenen 1400 Jahre (IPCC, 2014a). In der

Schweiz ist die Temperatur seit Messbeginn (1864) um 1.7°C angestiegen (BAFU, 2017). Der globale Wert wird hier also deutlich übertroffen.

Der Klimawandel ist hausgemacht

Die Ursache für den Klimawandel liegt in der zunehmenden Konzentration an Treibhausgasen in der

Atmosphäre. Dies heizt die Lufttemperatur an. Treibhausgase sind Abfallprodukte von Verbren-

nungsprozessen, Industrie und Landwirtschaft. Das Kohlendioxid (CO2) – es ist das bedeutendste

Treibhausgas- - hat seit Beginn der Industrialisierung im 18. Jahrhundert um über 40% zugenommen

(Hartmann et al., 2013). Das Gas entsteht, wenn kohlenstoffhaltige Materialien wie Heizöl oder

Treibstoffe (Benzin, Diesel, Kerosin) verbrannt werden. Neben dem CO2 zählen auch Methan (CH4),

Lachgas (NO2) und synthetische Gase wie Schwefelhexafluorid (SF6) zu den Treibhausgasen.

Gesellschaft und Umwelt reagieren auf den Klimawandel

Das veränderte Klima hat Folgen. Extremereignisse wie Hitzewellen fordern Menschenleben, eine

lange Trockenperiode zieht Ernteeinbussen nach sich und Überflutungen bedrohen Leib und Leben

und schädigen Siedlungen und Infrastruktur. Im Gebirge schmilzt das Eis der Gletscher und die

Schneebedeckung nimmt ab. Pflanzen und Tiere haben ihre Vorkommen in höher gelegene Lagen

verschoben und ihre saisonalen Aktivitäten verändert (vgl. ANU, 2015a).

Der Klimawandel hält an und hat weitere Folgen

Die Treibhausgase erwärmen Atmosphäre, Erdoberfläche und Gewässer und führen weitere Verän-

derungen im Klimasystem herbei. Die Temperatur der Erdoberfläche wird in den Jahren zwischen

2016 bis 2035 um weitere 0.3 bis 0.7 °C ansteigen, verglichen mit den Jahren 1986 bis 2005 (IPCC, 2014b). Als Folge davon wird in bereits heute trockenen Gebieten noch weniger Niederschlag fallen,

während es in feuchten Gebieten mehr regnen wird. Durch den Anstieg des Meeresspiegels werden

Küstengebiete vermehrt von Fluten betroffen sein. Dadurch sind auch für uns die Produktion und der

Zugang zu Nahrung oder die Preisstabilität in Frage gestellt (IPCC, 2014b). Der Klimawandel wird uns

teuer zu stehen kommen, wenn wir nicht rechtzeitig dagegen ankämpfen. Global kann sich das Brut-

toinlandprodukt durchschnittlich um 1 bis 5% verringern, wenn es um rund 4 °C wärmer wird (IPCC,

2007). Trotz dieser verheerenden Aussichten werden die nötigen Massnahmen zum Schutz des Kli-

mas und zur Anpassung an den Klimawandel nur zögerlich ergriffen.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

5

Vom Klimawandel zum Klimahandeln

Der Klimawandel ist überall präsent, auch in Davos. Dies bestätigen zum einen die Klimadaten, wel-

che hier bereits seit den 1860er Jahren erhoben werden (vgl. MeteoSchweiz. 2012a). Zum anderen

sind in der Landschaft Davos die Folgen des Klimawandels deutlich sichtbar. So kann - wer im Gebirge

unterwegs ist - ohne Aufwand erkennen, dass die Gletscher schwinden und dass die Bäume in grös-sere Höhen vordringen.

Der Klimawandel ist im Berggebiet offensichtlich

In Gebirgsgegenden wie Davos sind die Folgen des Klimawandels besonders augenfällig. Die Jahres-

mitteltemperatur liegt hier nahe am Gefrierpunkt. Die Natur spiegelt die kalten Temperaturen mit

schneebedeckter Landschaft und Gletschern und die Wirtschaft richtet sich entsprechend auf den

Wintertourismus aus. Mit der Erwärmung steigt auch die Nullgradgrenze weiter an. Schnee und Eis

werden folglich rarer, die Landschaften werden grüner und die Wirtschaft kann sich immer weniger

auf eine winterlich weisse Unterlage abstützen. Eine Neuorientierung ist gefragt.

Mit konkreten Beispielen für den Klimawandel und seine Folgen sensibilisieren

Das Projekt Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln führt den Klimawandel und seine Folgen vor Augen. Anhand von Beispielen aus einer vertrauten Umgebung zeigt der Film, wie

Natur, Landschaft und Wirtschaft in und um Davos auf den Temperaturanstieg von lediglich 1.7 °C

sichtbar reagieren. Der Film möchte damit auf die Bedeutung des Klimawandels vor Ort aufmerksam

machen. Der vorliegende Bericht erläutert die Inhalte des Davoser Klimafilms.

Die im Davoser Klimafilm präsentierten Beispiele sind mithilfe von Expertinnen und Experten sowie

auf der Grundlage neuer und historischer Berichte und Bilder aufgearbeitet worden. Davos als Ge-

sundheitsplatz und Forschungsstandort mit langer Tradition bietet diesbezüglich ausserordentlich

reichliche Quellen. Film und Bericht geben jedoch kein vollständiges Bild der Veränderungen ab. Es

gäbe noch zahlreiche weitere Aspekte, welche den Einfluss des Klimawandels in Davos aufzeigen.

Der Davoser Klimafirm und der vorliegende Bericht sollen dazu bewegen, im Sinne des Klimaschutzes und der Klimaanpassung zu handeln. Letztlich muss es uns gelingen, den Klimaschutz voranzutreiben

und Strategien einer an den Klimawandel angepassten und nachhaltigen Wirtschaft umzusetzen. So

kann Davos auch in Zukunft ein attraktiver Wohn- und Arbeitsort sein.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

6

Davos und sein Klima

Stadt und Land

Davos ist eine Stadt mitten in den Bergen (vgl. Abbildung 1). Das Siedlungsgebiet liegt in einem Hoch-

tal auf 1560 m ü. M. zwischen dem Bündner Rheintal und dem Engadin. Das Gemeindegebiet umfasst

284 km2, womit Davos eine der grössten Gemeinden der Schweiz ist (Gemeinde Davos, 2016a). Rund

2.3% des Gemeindegebiets werden als Siedlungsfläche genutzt, 35% durch die Landwirtschaft be-wirtschaftet und 22% der Fläche sind bewaldet (BFS, 2016a). Das übrige Gemeindegebiet wird durch

Gipfel und Seen geprägt.

In Davos leben rund 12 800 Personen (Gemeinde Davos, 2015). Zusammen mit dem Schanfigg steu-

ert Davos rund 8% des kantonalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei (BAK Basel, 2010). Die Tourismus-

wirtschaft ist der bedeutendste Wirtschaftszweig. Er erreichte im Jahr 2008 knapp 60% der hiesigen

Wertschöpfung (BAK Basel, 2010). Die rund 6800 Arbeitsplätze sind mehrheitlich in Beherbergung

und Gaststätten angesiedelt (Gemeinde Davos, 2016a). Das Gesundheitswesen und die Forschung

bilden weitere wichtige Säulen der Davoser Wirtschaft. Heute erforschen das Weltstrahlungszentrum

(PMOD/WRC), das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF, das Schweizerische Institut für Allergie- und Asthmaforschung (SIAF) und die AO Foundation offene Fragen von Gesellschaft,

Wirtschaft und Umwelt. Die Landwirtschaft bewirtschaftet in 87 Betrieben eine Fläche von 1575 ha

(Gemeinde Davos, 2015).

Abbildung 1. Davos, die höchstgelegene Stadt Europas liegt in einem Hochtal auf 1560 Metern ü. M.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

7

Wetter und Klima

Das Klima bezeichnet die meteorologischen Verhältnisse, wie sie für einen bestimmten Ort über ei-

nen Zeitraum von in der Regel 30 Jahren typisch sind (Naturwissenschaften Schweiz, 2016). Das Klima

wird charakterisiert durch die Strahlung, den Luftdruck, die Lufttemperatur, die Luftfeuchtigkeit und

den Wind.

Abbildung 2. Klimasystem der Erde. Quelle:

www.hamburger-bildungsserver.de.

Das Klima respektive seine meteorologischen Elemente sind wesentlich durch den Standort bestimmt

(vgl. Abbildung 2). Der Breitengrad, die Höhenlage oder die Nähe zu Gewässern sind ausschlagge-

bend. Auch standortsunabhängige Aspekte wie die Sonnenaktivität, der Verlauf der Erdbahn, Gase

und Partikel in der Atmosphäre beeinflussen das Klima.

Das Davoser Klima

Davos gehört zur Klimaregion Nord- und Mittelbünden. Das Klima gilt als gemässigt zentralalpin. Es

steht zwischen dem ausgeglichenen feuchten und milden ozeanischen Klima der westlichen Küsten-

länder und dem trockenen und kontinentalen Klima Osteuropas (Lütschg-Lötscher, 1944).

Davos weist eine Jahresmitteltemperatur von 3.5 °C auf und es fallen hier rund 1000 mm Nieder-

schlag pro Jahr (MeteoSchweiz, 2016). Rund 40% des Niederschlags im Talboden fallen als Schnee

(Zappa et al., 2003). Temperatur und Niederschlag zeigen einen deutlichen Jahresgang mit Maxima

im Sommer. An schönen Sommertagen setzt um etwa 11 Uhr die Thermik ein und bis zum Sonnenun-tergang weht typischerweise ein Nordwind (Gemeinde Davos, 2016a). In höheren Lagen kann das

ganze Jahr über Frost auftreten. Zwischen November und April ist die Landschaft in der Regel

schneebedeckt. Gewitter, Hagel und Nebel sind seltener als in den Voralpengebieten (MeteoSchweiz,

2013). So bemerkte von Valär bereits zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts: ..„..die feuchten Ne-

bel der tieferen Gegenden sind hier ganz unbekannt, so dass bei uns zuweilen angenehme warme

Witterung herrscht, während man in zahmeren Tälern von der Kälte leidet“ (von Valär, 1806). Durch

den Kaltluftsee, der sich hin und wieder im Hochtal bildet, sind die Temperaturen dennoch oft tiefer

als für die Höhenlage typisch. Den Einfluss dieses Kaltluftsees hat der ehemalige Landschaftsarzt

Wilhelm Schibler treffend geschildert: „In mancher Winternacht habe ich mit fast erfrorenen Ohren

und Nase das Landwasser passiert, und etwa nach Clavadel aufwärts strebend im Walde angelangt geglaubt, mich in warmer Stube zu befinden“ (Schibler, 1898). Die Klimaverhältnisse von Davos wer-

den im Folgenden kurz skizziert.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

8

Temperatur und Niederschlag (Normperiode 1981 bis 2010, vgl. MeteoSchweiz, 2015b)

Jahresmitteltemperatur. Der Durchschnittswert der Temperatur eines Jahres beträgt im Talboden

von Davos 3.5 °C. Der kälteste Wert des Jahres beträgt durchschnittlich minus 20.5 °C, der wärmste

plus 26 °C.

Eistage. In der Regel klettert das Thermometer an 58 Tagen nicht über null Grad (Eistag). Auf dem

Weissfluhjoch (2691 m ü. M.) geschieht dies an durchschnittlich 168 Tagen.

Frosttage. An durchschnittlich 178 Tagen (Weissfluhjoch 262 Tage) fällt die Temperatur unter null

Grad (Frosttag). Frosttage werden auch im Talboden in der wärmeren Jahreszeit registriert (durch-

schnittlich 11.4 Tage während der Monate Mai bis September).

Sommertage. An durchschnittlich 3.5 Tagen pro Jahr zeigt das Thermometer 25 °C an oder mehr

(Sommertag). Hitzetage, also Tage an welchen das Thermometer 30 °C erreicht, sind bis anhin in

Davos noch nie registriert worden. Der absolute Höchstwert liegt bei 29.6 °C (4. Juli 2015). Auf dem

Weissfluhjoch wurden bis heute weder Sommer- noch Hitzetage erreicht.

Vegetationsperiode. Die Vegetationsperiode wird anhand von fünf aufeinander folgenden Tagen von über 5 °C definiert. Im Talboden von Davos dauert die Vegetationsperiode in der Regel 164 Tage

(MeteoSchweiz, 2015b).

Jahresniederschlagssumme. Durchschnittlich fällt in Davos 1022 mm Niederschlag pro Jahr, verteilt

auf 175 Tage. Auf dem Weissfluhjoch werden erheblich mehr, nämlich 1411 mm Niederschlag regis-

triert. Die niederschlagsreichste Jahreszeit im Talboden ist der Sommer (Juni bis August; 409 mm).

Am wenigsten Niederschlag fällt in Davos im Winter (Dezember bis Februar; 184 mm). Die Summe

der Niederschläge ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. So fielen im Jahr 1989 lediglich 723 mm

Niederschlag, während 1999 rund 1370 mm Niederschlag fielen.

Schneedecke. Der Anteil des Schnees am Jahresniederschlag nimmt erwartungsgemäss mit der Höhe zu. In subalpinen Lagen beträgt er rund ein Drittel, in alpinen Lagen die Hälfte des Jahresnieder-

schlags (Jonas, 2012). Anfang März erreicht die Schneedecke in Davos ihre grösste Höhe, durch-

schnittlich 80 cm (vgl. Abbildung 3). Auf dem Weissfluhjoch liegt der Schnee von Mitte Oktober bis

anfangs Juli. Die grösste Höhe erreicht die Schneedecke dort Mitte April. Sie misst dann durchschnitt-

lich 2.2 m. In alpinen Lagen fällt auch während des Sommers hin und wieder Schnee.

Abbildung 3. Entwicklung der Schneedecke in einem durchschnittlichen Jahr in Davos (1960-2015; Datenquelle: SLF). Die grösste Höhe erreicht die Schneedecke Anfang März.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

9

Klimawandel in Davos

Das Klima hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nachweislich verändert. Die Lufttemperatur ist

deutlich wärmer geworden, was sich an den Messwerten eindrücklich zeigt (vgl. Abbildung 5). Heute,

respektive im Mittel der Jahre 1981 bis 2010, liegt die Durchschnittstemperatur in Davos um 0.7 °C

höher als im Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990. Auf dem Weissfluhjoch ist es im selben Zeitraum von durchschnittlich minus 2.5 °C auf minus 1.9 °C wärmer geworden (MeteoSchweiz, 2016).

Abbildung 4. Schnee im Versuchsfeld des WSL-Instituts für Schnee- und Lawinenforschung SLF auf dem Weissfluhjoch auf rund 2520 m ü. M., oberhalb von Davos.

Am Talboden werden im Juli durchschnittlich 18.1 °C erreicht (durchschnittliche Maximumtempera-

tur) statt der 16.9 °C der vorhergehenden Messperiode. Auf dem Weissfluhjoch kletterte die durch-

schnittliche Maximumtemperatur von 8.7 °C auf 9.9 °C. Die durchschnittliche Minimumtemperatur

des Monats Februar ist im gleichen Zeitraum von minus 9.6 °C auf minus 9.4 °C angestiegen, während sie auf dem Weissfluhjoch von minus 12.1 auf minus 11.4 °C wärmer wurde (MeteoSchweiz, 2016).

Vielfach sind in Davos höhere Lufttemperaturen im Winter an Föhnphasen gebunden. Ob die Häufig-

keit entsprechender Wetterlagen im Winter ebenfalls zugenommen hat, kann nicht belegt werden.

Abbildung 5. Entwicklung der Jahresmitteltempe-ratur von Davos, dargestellt als Abweichung vom Mittel der Normperiode 1981-2010. Rote Balken zeigen Jahre an, in welchen die Temperatur über dem Mittelwert dieser Periode lag, blaue Balken zeigen Jahre an, die kälter waren als der Durch-schnitt. Datenquelle: MeteoSchweiz, 2015a.

Die Eis- und Frosttage werden seltener

Die zunehmende Wärme spiegelt sich auch in der Häufigkeit von Frost- und Eistagen. Die Tage, an

welchen die Temperatur nicht über den Gefrierpunkt steigt (Eistage), sind in Davos seit den 1960er

Jahren von 64 (Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990) auf 58 Tage pro Jahr zurückgegangen (Durch-

schnitt der Jahre 1981 bis 2010). Auch auf dem Weissfluhjoch werden die Eistage seltener (Rückgang

von 177 auf 168 Tage). Einen ähnlichen Trend zeigen die Frosttage. Diese sind in Davos in der Zeit

von 1961-2016 deutlich weniger geworden (Rückgang von über 226 auf 178 Tage; vgl. Abbildung 6).

-4

-3

-2

-1

0

1

2

Ab

we

ich

un

g vo

m

Mit

telw

ert

[C

°]

Jahr

Abbildung 6. Entwicklung der Anzahl Frosttage pro Jahr über die Jahre 1962 bis 2016. Da-tenquelle: MeteoSchweiz, 2017e.

Die Sommertage werden häufiger

Während die Frost- und Eistage zurückgehen, werden die Sommertage häufiger. Seit dem Beginn der

1960er Jahre sind die Sommertage (Lufttemperatur von mindestens 25 °C) in Davos um 2 Tage pro Jahrzehnt häufiger geworden. (vgl. Abbildung 7).

Abbildung 7. Anzahl Sommer-tage in Davos pro Jahr. Da-tenquelle: MeteoSchweiz, 2017f.

Die Vegetationsperiode wird länger

Mit den wärmeren Temperaturen und den rückläufigen Frosttagen verlängert sich die Phase des

Pflanzenwachstums. In Davos dauert die theoretische Vegetationsperiode heute neun Tage länger als

zu Beginn der 1980er Jahre (164 statt 155 Tage; MeteoSchweiz, 2015a).

Die Nullgradgrenze steigt

Die Nullgradgrenze folgt dem Trend der Erwärmung. Sie steigt um rund 150-200 m pro 1°C Erwär-mung an. Heute liegt die Nullgradgrenze im Winter bei rund 850 m ü. M. Im Vergleich zu vor 50 Jah-

ren liegt die Nullgradgrenze heute im Schnitt rund 350 m höher (MeteoSchweiz, 2012).

Kein Trend in der Niederschlagssumme

Die jährliche Summe des Niederschlags hat sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert

(vgl. Abbildung 8). An der Station Davos Dorf werden pro Jahrzehnt durchschnittlich 1.2% mehr Nie-

derschlag festgestellt. Diese Zunahme ist aber nicht signifikant. Für das Weissfluhjoch wurde für die-

selbe Periode eine Abnahme von 0.6% pro Jahrzehnt berechnet, was ebenfalls nicht signifikant ist

(MeteoSchweiz, 2012).

Abbildung 8. Entwicklung der jährlichen Nieder-schlagssummen, dargestellt als Abweichung vom Mittel der Normperiode 1961-1990. Rote Jahre waren trockener, blaue Jahre nässer als der Normwert. Datenquelle: MeteoSchweiz, 2015a.

Starkniederschlag und Trockenheit tendenziell zunehmend

An zahlreichen Messstellen in der Schweiz werden mehr und intensivere Niederschläge festgestellt

(Scherrer et al., 2016). Dieser Trend zeichnet sich auch für Davos ab (MeteoSchweiz, 2017b). Demge-

genüber ist bezüglich Trockenheit in Davos (noch) kein Trend sichtbar (MeteoSchweiz, 2017c).

Weniger Schneefall

Während die jährliche Summe des Niederschlags mehr oder weniger konstant blieb, hat sich das

Verhältnis Regen zu Schnee verändert. Die ansteigende Nullgradgrenze führt dazu, dass es bis in ho-

he Lagen mehr regnet und weniger schneit. So hat es auf dem Weissfluhjoch über die Zeitspanne von

1981 bis 2010 an durchschnittlich 120 Tagen pro Jahr geschneit, statt an 128 Tagen wie zuvor (1961 bis 1990; MeteoSchweiz, 2016). Am Talboden ist diesbezüglich eine weniger stark ausgeprägte Ten-

denz feststellbar. Die Neuschneesumme ist auf dem Weissfluhjoch von 1055 (1961-1990) auf 981 cm

(1981-2010) zurückgegangen, in Davos von 546 cm auf 469 cm (MeteoSchweiz, 2012).

Kürzere Schneeliegedauer

Eine Veränderung zeichnet sich auch in der Dauer der Schneebedeckung ab (vgl. Abbildung 9). Auf

dem Weissfluhjoch ist die Schneeliegedauer in den vergangenen 30 Jahren um rund zwei Wochen

zurückgegangen (MeteoSchweiz, 2016). Im Talboden bleibt der Schnee rund 3 Wochen weniger lang

liegen als vor 30 Jahren.

Abbildung 9. Anzahl Tage mit Schnee an der Klimamesssta-tion in Davos Dorf. Quelle: MeteoSchweiz, 2017d.

Klimawandel Schweiz

Die Messwerte von Davos spiegeln weitgehend einen schweizweiten Trend. Insbesondere im Mittel-land nimmt die Anzahl der Sommer- und Hitzetage stark zu. In Zürich zum Beispiel zeigt sich seit 1960

eine Zunahme um ein bis zwei Hitzetage pro 10 Jahre. Umgekehrt sind dort die Frosttage deutlich

zurückgegangen, und zwar um sechs Tage pro 10 Jahre. Beim mittleren Niederschlag sind aufgrund

der grossen jährlichen Schwankungen bisher kaum Veränderungen feststellbar. Die Nullgradgrenze

im Winter ist seit 1960 um rund 300 m angestiegen (BAFU, 2016a).

-400

-200

0

200

400A

bw

eic

hu

ng

[mm

]

Jahr

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

12

Folgen des Klimawandels

Der Klimawandel ist mit Messwerten belegt, das zeigt das vorhergehende Kapitel klar auf. Der Kli-

mawandel ist aber auch weitherum sichtbar. Gerade im Berggebiet spiegelt er sich sehr eindrücklich

in der Umwelt und zunehmend auch in der klimaabhängigen Wirtschaft.

In der Höhenlage von Davos ist das Leben über weite Gebiete und über viele Tage des Jahres durch

Temperaturen unter der Nullgradgrenze, respektive unter dem Gefrierpunkt geprägt. Dieser Gefrier-

punkt ist eine bedeutende Zäsur. Er entscheidet über die Art des Niederschlags (Schnee oder Regen)

und die Ausdehnung von Gletschern und Permafrost. Von existentieller Bedeutung ist der Gefrier-

punkt auch für wechselwarme Lebewesen, also Pflanzen und Tiere, deren eigene Temperatur jener

der Umgebung entspricht. Verschiebt sich die Nullgradgrenze in grössere Höhen, so erschliessen sich

theoretisch neue Lebensräume für jene Lebewesen.

Weil Davos und das Berggebiet im Allgemeinen klimatisch nahe an der Nullgradgrenze liegen, ist der

Klimawandel hier besonders ausgeprägt. Die Temperatur und mit ihr das Klima verschieben sich im-

mer weiter über den Gefrierpunkt – mit eindrücklichen Folgen für Schnee, Gletscher und Permafrost, für Pflanzen und Tiere und für das Landschaftsbild. Und letztlich für die Wirtschaft, die vom Klima

und der Umwelt abhängig ist.

Solche Folgen des Klimawandels werden im Davoser Klimafilm aufgezeigt. Der vorliegende Bericht

illustriert und dokumentiert die im Film gezeigten Beispiele oder Module. Bericht und Film sind nicht

vollständig. Der Klimawandel hat und wird sich anhand weiterer Phänomene in der Landschaft Davos

zeigen. Das Ziel bleibt aber dasselbe: der aufgezeigte Wandel vor Ort soll uns alle dazu motivieren,

zum Schutz des Klimas und zur Anpassung an den Wandel einen grösstmöglichen Beitrag zu leisten.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

13

Fische aus den Bahamas

Das Phänomen des Klimawandels gab es bereits lange bevor der Mensch begann, in das Klimasys-tem einzugreifen. Hinweise dazu finden wir am Beispiel von versteinerten tropischen Fischen, die hoch oben am Ducan Gletscher im Fels eingeschlossen sind. Für den Klimawandel in jener geologi-schen Urzeit waren erdgeschichtliche Entwicklungen ausschlaggebend. Die Landmasse der Erde teilte sich in Kontinente auf und wurde durch verschiedene Klimazonen geschoben. Zugleich sties-sen Vulkane phasenweise viel Staub und Asche aus und liessen die Temperatur auf der Erde abküh-len. Neben den erdgeschichtlichen Vorgängen waren auch astronomische Konstellationen für die Klimaveränderungen ausschlaggebend. Diese astronomischen Konstellationen gelten als Haupt-schrittmacher für das Wechselspiel zwischen Kalt- und Warmzeiten während der letzten 800 000 Jahre.

Klimawandel im Verlauf der Erdentwicklung: Geologische Zeiträume

Vor rund 300 Mio. Jahren war die Landmasse der Erde - also alle Kontinente -.zusammenhängend. Sie

formte den Superkontinent Pangäa (vgl. Abbildung 10, links). Das Gebiet von Davos lag damals im

Küstenbereich der afrikanischen Platte, ungefähr auf dem Breitengrad der heutigen Bahamas. Es lag somit in einem subtropischen Klima. Statt schnee- und eisbedeckter Gipfel prägten Lagunen und

Deltas das Landschaftsbild (vgl. Abbildung 10, rechts). In den küstennahen Gewässern lebten Mu-

scheln, Algen, Knochenfische und kleine Saurier (Furrer et al., 2008).

Der Superkontinent Pangäa brach vor etwa 200 Mio. Jahren allmählich in einen Nord- und in einen

Südkontinent auseinander, Laurasia und Gondwana (Earthguide, 2017). Von Osten her schob sich ein

Meer namens Tethys dazwischen (vgl. Abbildung 10, links). Das heutige Mittelmeer ist ein Überbleib-

sel dieses Urmeeres. Davos lag auf Laurasia und reiste auf ihr über Jahrmillionen allmählich nord-

wärts.

Abbildung 10. Links: Der Superkontinent Pangäa mit dem damaligen Standort von Davos (roter Pfeil) unweit des Äquators. Bildquelle: www.wikipedia.org (Pangäa); Rechts: Landschaft im Trias. Bildquelle: Karen Carr www.dinosaurier-info.de.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

14

Die Lebewesen der ehemaligen Küstenlandschaft sind auf ihrer mehrere Millionen Jahre dauernden

Reise rund 1000 Kilometer nordwärts verschoben, im Sediment abgelagert und versteinert. Im Zuge

der Alpenfaltung, die vor rund 100 Mio. Jahren begann (Erlebnis Geologie, 2017), wurden sie als Teil

des Gletscher Ducan vom Meeresboden an den heutigen Standort angehoben.

Tropische Fische aus dem Eis

Vor einigen Jahrzehnten sind Forschende der Universität Zürich am Gletscher Ducan auf eine beson-

ders reiche Fossilfundstelle aus jener geologischen Urzeit gestossen. Durch den Rückgang des Eises

im Verlauf des Klimawandels sind die Versteinerungen am Gletscher freigelegt worden (vgl. Abbil-

dung 11).

Abbildung 11. Der Ducan Gletscher hat durch seinen Rückzug eine reiche Fossilfundstelle freigelegt.

Abbildung 12. Links: Stratigrafie der Silvretta-Decke an der Ducanfurgga. Quelle: Furrer et al. 2008. Rechts: Blick in die fossilführenden Gesteinsschichten des Ducan, welche auch Prosanto Formation bezeichnet wird.

Dort am Gletscher Ducan werden seit den 1980er Jahren systematisch Versteinerungen gesucht und die gefundenen Arten bestimmt und erforscht (Furrer et al., 1992). Das Alter der Fossilien kann mit-

hilfe der Radio-Isotopen-Analyse bestimmt werden. Die fossilreichen Schichten am Ducan Gletscher

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

15

konnten dank dieser Methode auf ein Alter um 241 Mio. Jahre vor heute datiert werden, in die Zeit

der Pangäa (vgl. Abbildung 12; Furrer et al., 2008).

Die Landschaft um den Ducan Gletscher zählt heute dank seiner Fossilien zu den Geotopen der

Schweiz. Geotope sind schützenswerte, geowissenschaftliche Naturdenkmäler von besonderer geo-logischer, geo-morphologischer oder geoökologischer Bedeutung (Geologie-Portal, 2016). Die Stelle

ist nicht zuletzt deshalb besonders wertvoll, weil sie Einblick in längst vergangene klimatische Zeiten

gewährt und damalige Lebewesen konserviert.

Erdgeschichte ist Klimageschichte

Wann immer im Verlauf der Erdgeschichte Kontinente zusammen stiessen oder auseinander bra-

chen, so hatte dies tiefgreifende Folgen für das Klima (vgl. Schwarzenbach et al., 2011). Einerseits

waren mit den Kontinenten auch die Vulkane in Bewegung und schleuderten grosse Mengen an

Treibhausgasen in die Luft. Über eine derart veränderte Zusammensetzung der Atmosphäre änderte

auch das Klima. Anderseits konnten die neu entstandenen Gebirge oder Landverbindungen beste-

hende Meerströmungen unterbrechen oder umleiten, oder neue Meere entstehen lassen, was eben-falls zu Veränderungen des Klimas führte. Über eine veränderte Land/Wasser Verteilung und über

eine veränderte Meereszirkulation, welche den Wärmetransport vom Äquator zu den Polen steuert,

haben die Kontinentalverschiebungen das Klima auf der Erde immer wieder verändert. Jede dieser

Klimaveränderungen hatte, als sich Leben auf der Welt ausbreitete, auch Einfluss auf die Biosphäre,

welche ihrerseits über den Kohlenstoffkreislauf das Klima mitsteuerte (Schwarzenbach et al., 2011).

Klimawandel im Quartär

Vor rund 2.6 Millionen Jahre ist es hinsichtlich geologischer Veränderungen vergleichsweise ruhig

geworden. Die Kontinente sind erdgeschichtlich gesehen stehen geblieben und die Zeit des Quartärs

begann. Aber auch im Quartär hat sich das Klima verändert. Diese Epoche ist durch eine Abfolge von Kalt- und Warmphasen gekennzeichnet. Die Kaltphasen werden auch als Eiszeiten bezeichnet).

In den letzten 600 000 Jahren gab es in Mitteleuropa vier Eiszeiten. Diese werden in den Alpen nach

vier Flüssen in Bayern benannt: Günz, Mindel, Riss und Würm . Jede dieser Eiszeiten hat ihre Spuren

hinterlassen. Alle vier Eiszeiten hatten ihren Ursprung an den Polen (Nord- und Südpol). Während

den Kaltzeiten bildeten sich um beide Pole grosse Eisschilde (Schwarzenbach et al., 2011). Auf der

Nordhalbkugel reichte das Eis in den Kaltzeiten weit nach Süden. In den Alpen füllte es die Täler bis in

grosse Höhen. Während der Kaltzeiten breiteten sich die Inlandeisschilde und die Gebirgsgletscher

stark aus und bedeckten bis 32% der Erdoberfläche. Heute werden nur etwa 10% der Landoberflä-

chen von Gletschern bedeckt (Wikipedia, 2016c). Die letzte maximale Ausdehnung des Eises wurde

vor etwa 21 000 Jahren erreicht. Die globale Durchschnittstemperatur lag etwa 5 bis 6 °C niedriger als heute. -.in Davos lag sie 10 bis 12°C tiefer als heute (Gemeinde Davos, 1998).

Milanković-Zyklen als Antrieb der Eiszeiten

Die Eiszeiten dauerten deutlich länger, als die Zwischeneiszeiten. In den vergangenen 800 000 Jahren

dauerten diese warm-kalt Zyklen jeweils 100 000 Jahre, wobei die Eiszeiten rund 90 000 Jahre und

die Zwischeneiszeiten rund 10 000 Jahre andauerten (Schwarzenbach et al.; 2011).

Die Wissenschaften stützen mithilfe neuer Klimamodelle die Vermutung, dass es für die Kalt- und

Warmzeiten während der letzten Hunderttausenden von Jahren nicht eine einzelne Ursache gibt. Es

wird angenommen, dass das Auf- und Ab der Temperatur von bestimmten astronomischen Konstel-

lationen beeinflusst wurde (Schwarzenbach et al.; 2011). Diese können sich überlagern, gegenseitig

verstärken oder abschwächen.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

16

Zu diesen astronomischen Konstellationen zählen die vom serbischen Mathematiker Milutin Milan-

ković endeckten sogenannten Milanković-Zyklen. Der Wissenschaftler erkannte in den 1920er Jahren

eine gewisse Übereinstimmung astronomischer Konstellationen mit den warm-kalt-Zyklen (Schwar-

zenbach et al.; 2011). Diese astronomischen Konstellationen äussern sich in Veränderungen der Erd-umlaufbahn sowie der Neigung und Rotation der Erdachse. In der Fachsprache wird die Veränderung

der Umlaufbahn als Exzentrizität, die Veränderung des Neigungswinkels der Erdachse als Obliquität

oder Inklination und die Richtungsänderung der Erdrotationsachse als Präzession bezeichnet (vgl.

Abbildung 13).

Exzentrizität: Die Umlaufbahn der Erde um die Sonne zeichnet eine Ellipse. Die Exzentrizität gibt an,

wie stark die ellipsenförmige Umlaufbahn von einer kreisförmigen Bahn abweicht. In einem Zyklus

von rund 100 000 Jahren verändert sich die Umlaufbahn der Erde um die Sonne von einer mehr kreis-

förmigen zu einer mehr elliptischen Form. Alle 400 000 Jahre erreicht die Abweichung einen Maxi-

mal- oder Minimalwert (vgl. Abbildung 13). Ursache dieser Abweichungen sind Störungen der Erd-

bahn durch die anderen Planeten des Sonnensystems, in erster Linie durch Jupiter und Saturn (Wi-kipedia, 2016b).

Abbildung 13. Änderungen in Position und Umlaufbahn der Erde mit den jeweiligen Periodendauern. Bild-quelle: Bildungsserver, 2016a.

Obliquität oder Inklination: Der Neigungswinkel (Neigung der Erdachse gegenüber einer Senkrechten

zur Ebene der Umlaufbahn), ändert ebenfalls im Lauf der Zeit. Mit einer Periode von rund 41 000

Jahren pendelt sie zwischen 22.0 und 24.5 Grad (vgl. Abbildung 13). Je nach Schiefe der Erdachse

unterscheidet sich das Klima zwischen den Jahreszeiten. Bei größerer Neigung sind die Winter kälter

und die Sommer wärmer, als bei geringerer Achsneigung. Zurzeit beträgt die Achsneigung 23,43° und

liegt etwa im Mittel zwischen den Extremwerten (Wikipedia, 2016b).

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

17

Präzession: Die Erde ist keine exakte Kugel, sondern weist am Äquator einen Wulst auf („Äquator-

wulst“). Dadurch bewirken die Gezeitenkräfte von Mond und Sonne ein Drehmoment, welches die

Erdachse aufzurichten versucht (vgl. Abbildung 13). Die Erdachse beschreibt dadurch eine kegelartige

Umlaufbahn. Für einen vollen Kegelumlauf benötigt die Erdachse rund 23 000 Jahre. Dieser Zeitraum wird Zyklus der Präzession genannt (Wikipedia, 2016a). Mit der Präzession wird der Unterschied zwi-

schen den Jahreszeiten verstärkt oder abgeschwächt und Winter und Sommer wechseln ihre Position

auf der Erdumlaufbahn.

Die vorgehend beschriebenen Zyklen vereinen sich zu einem Zyklus von 100 000 Jahren. Dieser Zyk-

lus deckt sich gut mit der Periodizität der Eiszeiten wie es Milanković erkannt hat (vgl. wikipedia,

2016b).

Verstärkende Rückkopplungsprozesse

Die Milanković-Zyklen haben während der vergangenen Million Jahre die Klimaveränderungen auf

der Erde beeinflusst. Dies wird von den Klimawissenschaften als unbestritten betrachtet. Unklar ist

allerdings wie stark. Berechnungen haben gezeigt, dass die von den Zyklen verursachten Schwankun-gen der Sonneneinstrahlung zu klein sind, um als alleinige Ursache für die Abkühlungsphasen zu gel-

ten. Ohne weitere verstärkende Rückkopplungsprozesse können die Milanković-Zyklen den Wechsel

zwischen Eis- und Warmzeiten nicht bewirkt haben (Schwarzenbach et al., 2011).

Eine Hypothese besagt, dass sich die Wirkung der Milanković-Zyklen durch den sogenannten Albedo-

Effekt verstärkt haben könnte (Schwarzenbach et al., 2011). Darunter versteht man die direkte Rück-

streuung der Sonneneinstrahlung von schneebedeckten Flächen. Durch die Klimaabkühlung an den

Polen ist der Schnee in den Winterzeiten dort länger liegen geblieben und hat die Albedo verstärkt.

Eine weitere mögliche Ursache ist, dass sich aufgrund der Milanković-Zyklen die Temperatur- und

Druckunterschiede zwischen den Breitengraden so verändert haben, dass die globalen Wind- und Meeresströmungen an Intensität zugenommen haben. Dass solche Veränderungen einen wesentli-

chen Einfluss auf das Klima haben, ist unbestritten (Schwarzenbach et al., 2011).

So gesehen können die Milanković-Zyklen als eine Art Schrittmacher angesehen werden, welche wei-

tere Prozesse des Klimasystems angestossen und so die jeweilige Abkühlung eingeleitet haben. Eines

aber ist sicher: Weder die Veränderungen der Sonnenaktivität, noch die Milanković-Zyklen können

die Ursache der ungewöhnlich schnellen Erderwärmung von 0.7°C im Verlauf der letzten hundert

Jahre sein (Schwarzenbach et al., 2011). In dieser Zeit spielt die deutliche Veränderung der CO2-

Konzentration, welche auch früher die Klimaveränderung schon mibestimmt hat, eine wichtige Rolle

(vgl. Kapitel Die Sonne ist nur Zeugin).

Die Spuren der Eiszeiten in Davos

Die Eiszeiten haben auch in der Landschaft Davos ihre Spuren hinterlassen (vgl. Maisch, 1981). Heute

sind insbesondere die Spuren der jüngsten Eiszeit, der Würm-Eiszeit, noch weit herum sichtbar. Glatt

geschliffene Felspartien bis in Höhen um 2600 m ü. M. weisen darauf hin, dass die Gletscher damals

die Täler der Landschaft Davos bis in diese Höhe aufgefüllt haben. In den Tälern bezeugen u-förmige

Talprofile, Moränen und erratische Blöcke, dass die Landschaft von Eis bedeckt und von den Glet-

schern geformt wurde (vgl. Abbildung 14). Andere Spuren wie Schotterterrassen, die ehemaligen

Seeböden und Deltas des Gross-Davosersees sind nach dem Rückzug der Gletscher entstanden. Da-

runter fällt auch der Bergsturz am Wolfgang. Er geschah nachdem sich der Gletscher zurückgezogen

hatte und die Hänge instabil wurden. Die damit verbundene Flussumkehr prägt die Landschaft bis

heute.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

18

Seit etwa 11 000 Jahren befinden wir uns in der Nacheiszeit oder Warmzeit (Bildungsserver, 2016b).

Auch im Verlaufe dieser Zeit, die als Holozän bezeichnet wird, gab es Klimaschwankungen (vgl. Kapi-

tel Die verlorene Insel).

Abbildung 14. Ein mächtiger Findling oberhalb der Stilli, der geologisch dem Flüela-Weisshorn zuge-ordnet werden konnte. Dieser stille Zeuge für die Eisbewegungen im Flüelatal musste vor einigen Jahren dem Hotel Interkontinental weichen.

Schlussfolgerungen

Die Klimageschichte spiegelt in vielerlei Hinsicht die Geschichte der Erde. Über die Land/Wasser Ver-

teilung, die Vulkanaktivität und über eine veränderte Meereszirkulation haben die Kontinentalver-schiebungen das Klima auf der Erde immer wieder verändert. Mit Beginn des Quartärs ist geologische

gesehen nahezu Ruhe eingekehrt. Aber auch in dieser Zeit hat sich das Klima verändert. Als Auslöser

für die Klimaveränderungen des Quartärs gelten die sogenannten Milanković-Zyklen. Im Verlauf die-

ser Zyklen verändert sich die Sonneneinstrahlung und deshalb gelten sie als eine Art Schrittmacher

für die Eiszeiten. Die Albedo der schneebedeckten Flächen und veränderte Meeres-strömungen

führschliesslich zum Wechselspiel zwischen den Warm- und Kaltzeiten.

Der Klimawandel in erdgeschichtlich früheren Epochen unterscheidet sich in einem ganz wesentli-

chen Punkt vom heutigen Klimawandel. Damals lagen natürliche Ursachen dem Wandel zugrunde.

Der heutige Wandel ist über die natürlichen Phänomene nicht erklärbar. Weder die Sonnenaktivität,

noch die Milanković-Zyklen können die ungewöhnlich schnelle Erderwärmung im Verlauf der letzten hundert Jahre erklären.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

19

Die Sonne ist nur Zeugin

Das Klima ist ein kompliziertes System. Die Energie der Sonne und die abgestrahlte Wärme be-stimmen den Energiefluss auf der Erde. Ändert sich die Ein- oder Abstrahlung, so ändern sich der Energiefluss auf der Erde und dadurch auch das Klima. Bei der aktuell festgestellten Erwärmung der Erde können eine veränderte Sonnenaktivität oder eine erhöhte Vulkantätigkeit als Ursache ausgeschlossen werden. Vielmehr sind die Treibhausgase Grund für den Klimawandel. Sie verän-dern die langwellige Abstrahlung von der Erde und damit das Klima.

Das Klima ist das Ergebnis physikalischer, chemischer und biologischer Prozesse die sich gleichzeitig

in der Atmosphäre, im Meer und auf der Erdoberfläche abspielen, sich gegenseitig beeinflussen und

aufeinander reagieren (Schwarzenbach et al., 2011). Angetrieben wird das Klimasystem durch Son-

nenenergie. Das Spektrum der Sonnenstrahlung reicht von der Röntgen- und Ultraviolettstrahlung

(UV) bis hin zur Infrarot- oder Wärmestrahlung (IR). Am intensivsten strahlt die Sonne im Bereich des

sichtbaren Lichts. Diese Energie macht rund 50% der gesamten Sonnenenergie aus (Schwarzenbach

et al., 2011).

Strahlungsbilanz

Die Strahlungsleistung der Sonne beträgt 1361 Watt pro Quadratmeter (W/m2; Cubasch et al., 2013)

und wird als Solarkonstante bezeichnet. Von dieser Strahlungsleistung erreicht weniger als die Hälfte

die Erdoberfläche. Diesen Anteil nennt man Globalstrahlung. Ein Teil der Globalstrahlung wird an der

Erd- und Wasseroberfläche reflektiert, der grössere Teil dagegen wird absorbiert und in Wärme um-

gewandelt. Der übrige Teil der Strahlungsleistung wird bereits in der Atmosphäre gestreut und re-

flektiert. Dabei spielen die Wolken bzw. ihre Wassermoleküle und auch die Aerosole (kleinste feste

oder flüssige Partikel) eine wesentliche Rolle (vgl. Abbildung 15; Schwarzenbach et al., 2011).

Abbildung 15. Quelle: Cubasch et al., 2013.

Die Wärmeenergie, welche die Erde erreicht, geht in den Transport von Luftmassen und in die Ver-

dunstung über. Der Rest wird von der aufgeheizten Erdoberfläche und den Wasserflächen als Wär-

mestrahlung wieder zurück in die Atmosphäre gestrahlt. Durch die Wolken und durch die Treibhaus-

gase wird ein Teil dieser thermischen Abstrahlung wieder zur Erde zurück gestrahlt (Gegenstrahlung).

Der Rest der terrestrischen Wärmestrahlung wird zusammen mit der von den Wolken abgegebenen Wärmestrahlung zurück in den Weltraum abgegeben.

Weltweite Bedeutung der Davoser Sonnenforschung

Die Sonne und ihre Bedeutung für das Klimasystem sind in der Davoser Forschungslandschaft sehr

bedeutend. Sie stehen im Zentrum der Arbeit am Physikalisch-Meteorologischen Observatorium

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

20

Davos resp. World Radiation Center, dem Weltstrahlungszentrum PMOD/WRC im alten Schulhaus

über dem Davoser See. Die Forschung am PMOD/WRC konzentriert sich auf die Einstrahlung der

Sonne und auf das Strahlungs-Energiegleichgewicht in der Erdatmosphäre (vgl. PMOD/WRC, 2017).

Am PMOD/WRC steht die weltweite Strahlungsreferenz, quasi der Urmeter der Sonnenforschung. Er wird durch die Standardgruppe gewährleistet, die aus sechs präzisen Gesamtstrahlungs-Radiometern

(Pyrheliometer) besteht. Damit die Sonnenstrahlung weltweit gleich präzise erfasst wird, werden die

Strahlungs-Messgeräte nach der radiometrischen Referenz in Davos kalibriert. Die Expertinnen und

Experten aus der ganzen Welt treffen sich deshalb alle fünf Jahre für die Internationalen Pyrheliome-

ter-Vergleiche (IPC) am PMOD/WRC. Die Bedeutung dieser internationalen Treffen wird dadurch

unterstrichen, dass der gesamte internationale Flugverkehr am Himmel über Davos in dieser Zeit

umgeleitet wird.

Abbildung 16. Die Internationalen Pyrheliometer-Vergleiche (IPC) 2015 auf dem Parkplatz vor dem PMOD/WRC in Davos.

Zurzeit betreibt das PMOD/WRC zudem an fünf Forschungsstationen der MeteoSchweiz spezielle

Infrarotdetektoren mit denen der Treibhauseffekt genau verfolgt wird.

Die Energiebilanz spiegelt den Klimawandel

Die Erde verzeichnet eine Netto-Wärmeaufnahme, die mit 2.29 W/m2 beziffert wird (IPCC, 2013). Das

Ungleichgewicht im Energiebudget der Erde stammt entweder von Veränderungen der Sonnen-

einstrahlung (Input) oder von Veränderungen der langwelligen Abstrahlung von der Erde (Output).

Sie können natürlichen oder anthropogenen Ursprungs sein.

Veränderungen der Sonne und der Vulkane sind die beiden bedeutendsten natürlichen Treiber von Veränderungen des Klimas während des Industriezeitalters (IPCC, 2013). Der Strahlungsantrieb (radi-

ative forcing) aufgrund von Veränderungen der Sonneneinstrahlung wird auf durchschnittlich 0.05

W/m2 geschätzt. Vulkane führten über die Jahre 1986 bis 2008 zu einem Strahlungsantrieb von -0.04

W/m2 (IPCC, 2013). Aus diesen Zahlen geht klar hervor, dass der gesamte natürliche Strahlungsan-

trieb durch Sonne und Vulkane über das gesamte letzte Jahrhundert nur einen kleinen Beitrag an das

veränderte Energiebudget geleistet hat (IPCC, 2013).Sie können deshalb die Erwärmung seit der In-

dustrialisierung nur zu einem kleinen Teil erklären.

Um den Einfluss der Sonnenaktivität genauer zu prüfen, haben die Klimawissenschaften verschiede-

ne Modelle entwickelt und den aktuellen Temperaturtrend mit den Klimaentwicklungen der Vergan-

genheit verglichen. Damit konnten sie nachweisen, dass die Temperaturentwicklung der letzten 250 Jahre weder mit den Milanković-Zyklen (siehe Kapitel Fische aus den Bahamas) noch mit den Sonnen-

fleckenzyklen erklärt werden kann. Erstere wirken sich sehr viel langsamer auf die Erderwärmung aus

und letztere sind zu kurz und zu wenig intensiv um den schnellen Temperaturanstieg zu erklären

(Schwarzenbach et al., 2011). So sind die Veränderungen bei der langwelligen Abstrahlung von der

Erde in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Und hier spielen die Treibhausgase die zentrale Rolle.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

21

Der „natürliche“ Treibhauseffekt

Treibhausgase sind gasförmige Bestandteile der Atmosphäre, die den sogenannten Treibhauseffekt

verursachen. Der Treibhauseffekt beruht darauf, dass die Gasmoleküle Wärmeenergie aufnehmen.

Die Gase können diese Energie später wieder als Wärmeenergie an die Umgebung abgeben. Zu den wichtigsten Treibhausgasen gehören Kohlendioxid, Methan, Lachgas sowie Schwefelhexafluorid und

halogenierte Kohlenwasserstoffe. Daneben sind Wasserstoff und Ozon wichtig. Die Treibhausgase

lassen die einfallende kurzwellige Sonnenstrahlung ungehindert passieren. Erst nachdem die Son-

nenstrahlung auf der Erde in Wärmestrahlung umgewandelt und als solche wieder in die Atmosphäre

reflektiert wird, kann sie von den Treibhausgasen absorbiert werden.

Ein Teil dieser absorbierten Wärmestrahlung wird in Richtung Weltall und ein Teil wiederum in Rich-

tung Erde abgegeben. Damit verhindern die Treibhausgase, dass die von der Erde abgestrahlte Wär-

meenergie gänzlich ins Weltall entweichen kann (Bildungsserver, 2016b). Treibhausgase tragen we-

sentlich dazu bei, dass Leben auf der Erde möglich ist. Ohne Treibhausgase würde die Durchschnitts-

temperatur an der Erdoberfläche bei minus 18 Grad liegen, statt wie derzeit bei plus 15 Grad. Die Differenz von 33 Grad, welche die Erde erst zu einem lebensfreundlichen Planeten macht, ist auf den

natürlichen Treibhauseffekt zurückzuführen (Schwarzenbach et al., 2011). Dies ist insofern erstaun-

lich, weil die Treibhausgase in der Erdatmosphäre meist nur in sehr kleinen Konzentrationen vor-

kommen.

Anthropogene Treibhausgase

Mit dem Verbrennen fossiler Brenn- und Treibstoffe, mit dem Abholzen tropischer Regenwälder und

mit der Landwirtschaft hat der Mensch über den Ausstoss von Treibhausgasen in den Strahlungs-

haushalt der Erde eingegriffen. Seit dem Beginn der Industrialisierung zeigt sich neben dem natürli-

chen Treibhausgaseffekt auch immer mehr ein anthropogener Treibhausgaseffekt. So haben Analy-sen der Luft in sehr altem Eis gezeigt, dass die CO2 Konzentration in der Erdatmosphäre seit Beginn

der Industrialisierung von 280 ppm (parts per million) auf heute über 400 ppm angestiegen ist. Dass

diese Entwicklung aussergewöhnlich ist, erkennt man auch daran, dass in den 800 000 Jahren zuvor

die CO2 Konzentration in der Erdatmosphäre den Wert von 280 ppm kaum übertroffen hat (Akade-

mien der Wissenschaften Schweiz, 2016).

Bereits in den 1950er-Jahren haben Forschende herausgefunden, dass die erhöhte CO2-

Konzentration in der Atmosphäre grösstenteils auf die Verbrennung von fossilen Energieträgern zu-

rückgeführt werden muss. Sie haben dies mit Hilfe der sogenannten C14-Methode nachgewiesen

(Schwarzenbach et al., 2011). Das C14 ist ein Isotop des Kohlenstoffs, das allmählich zerfällt, bis es

die stabile Form des Kohlenstoffs C12 erreicht. Weil Kohle, Erdöl und Erdgas mehrere Millionen Jahre alt sind, enthalten sie kein C14. Da die meisten CO2-Moleküle in der Atmosphäre ebenfalls kein C14

enthalten, stammen sie also von fossilen Brenn- und Treibstoffen.

Auch wenn diese Feststellungen bedeutend sind, so haben sie der Wissenschaft noch nicht gereicht,

um die derzeitige Erwärmung mit der Zunahme der CO2-Konzentrationen zu erklären. Das Klimasys-

tem, mit seinen negativen und positiven Rückkopplungsprozessen, wird als zu komplex betrachtet,

als dass man mit wenigen Messreihen dies erklären könnte.

Kohlenstoffkreislauf bestätigt den Befund

Aus der Klimageschichte weiss man, dass die CO2-Konzentrationen in der Erdatmosphäre auch schon

höher waren und von 10% (Uratmosphäre) auf heute weit unter ein Promille gesunken sind (Schwar-

zenbach et al., 2011). Deshalb war es für die Wissenschaften naheliegend, auch den heutigen Koh-lenstoffkreislauf zu untersuchen und zu bilanzieren.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

22

Kohlenstoff ist einer der wichtigsten chemischen Elemente. Er ist in den Sedimenten, im Wasser, in

der Luft, in den Pflanzen, den Tieren und im Menschen enthalten. Zwischen den genannten Kohlen-

stoff-Reservoiren gibt es einen regen Austausch. Von den anthropogenen CO2-Emissionen verbleiben

rund 44% für längere Zeit in der Atmosphäre, rund 30% werden von den Meeren und rund 26% von der Biosphäre auf dem Land absorbiert. Von jeder emittierten Tonne CO2 wird also rund die Hälfte

innerhalb von 30 Jahren abgebaut, weitere 30% im Verlaufe von einigen 100 Jahren und 20% verblei-

ben für etliche 1000 Jahre in der Erdatmosphäre (Schwarzenbach et al., 2011). Der aktuelle Anstieg

der CO2 Konzentrationen in der Erdatmosphäre wird also auch bei einem spürbaren Rückgang der

Emissionen nicht so schnell abgebremst. Dies wegen der langen Verweilzeit der Treibhausgase in der

Erdatmosphäre.

Der Strahlungsantrieb

Der Strahlungsantrieb beziffert die Veränderung des Energieflusses (IPCC, 2013). Er ist definiert durch

die Energiemenge, welche von der Erde absorbiert wird und derjenigen, welche ins All zurückge-

strahlt (reflektiert) wird. Ein positiver Strahlungsantrieb wärmt das System bzw. die Erde auf, wäh-rend ein negativer es bzw. sie abkühlt. Gesteuert wird der Strahlungsantrieb über Veränderungen in

der Einstrahlung und über Veränderungen in der Konzentration strahlungsaktiver Gase, den soge-

nannten Treibhausgasen und Aerosolen (Wikipedia, 2017).

Der Strahlungsantrieb nimmt seit der Industrialisierung zu, und diese Zunahme ist im Wesentlichen

auf das zunehmende CO2 zurückzuführen (vgl. Abbildung 17). Sein Beitrag wird mit 1.68 W/m2 ange-

geben. Weitere Treibhausgase wie Methan, Halogenkohlenwasserstoffe und Lachgas tragen weitere

1.33 W/m2 bei. Der Beitrag von Kohlenmonoxid, flüchtigen Verbindungen und Stickoxiden ist mit

0.18 W/m2 gering. Es gibt auch eine Reihe von Stoffen, die den Strahlungsantrieb reduziert haben.

Dazu gehören zum Beispiel Aerosole, welche über eine verstärkte Wolkenbildung dem Strahlungsan-trieb entgegenwirken. Insgesamt verringern sie den Strahlungsantrieb um 0.97 W/m2 (vgl. Abbildung

17).

In der Summe ist der Strahlungsantrieb deutlich grösser als null, was dazu geführt hat, dass das Kli-

masystem Energie aufnimmt. Insgesamt beträgt der Strahlungsantrieb plus 2.29 W/m2 im Vergleich

zu den Bedingungen vor der Industrialisierung. Der Strahlungsantrieb ist über die Zeit nicht konstant

angestiegen. Seit 1970 ist er stärker angestiegen als in den Jahrzehnten davor (IPCC, 2013). Im Jahr

1950 war der Strahlungsantrieb mit 0.57 W/m2 rund vier Mal kleiner als heute (vgl. Abbildung 17).

Eine Zunahme des Strahlungsantriebs um 1 W/m2 entspricht einer Erderwärmung von 0.8 °C

(Schwarzenbach et al., 2011). Bei einem Strahlungsantrieb von 2.29 W/m2 (IPCC, 2013) müsste die

Temperatur auf der Erde um fast 1.75°C ansteigen. Dies ist noch nicht der Fall. Grund für die Diffe-renz sind die Ozeane. Die grossen Wassermassen nehmen Wärme auf und verzögern dadurch den

Anstieg der globalen Temperatur (Schwarzenbach et al., 2011). Der Anstieg der globalen Mitteltem-

peratur beträgt momentan 0.9°C (NOAA; Climate.gov). Auch wenn die Treibhausgase in der Atmo-

sphäre nicht mehr zunehmen, wird die Temperatur so lange ansteigen bis sich auf der Erde der Ener-

giefluss auf ein neues dynamisches Gleichgewicht eingestellt hat.

Abbildung 17. Komponenten des Strahlungsantriebs und ihre Wirkung. Quelle Abbil-dung: IPCC, 2013.

Schlussfolgerungen

Das Klima ist das Ergebnis physikalischer, chemischer und biologischer Prozesse die sich in der Atmo-

sphäre, im Meer und auf der Erdoberfläche abspielen. Angetrieben wird das Klimasystem durch die

Sonnenenergie. Die Energiebilanz der Erde ist heute nicht mehr ausgeglichen. Die Wärmerückstrah-lung ins Weltall ist kleiner als die Sonneneinstrahlung auf der Erde. Die Erde verzeichnet somit eine

Netto-Wärmeaufnahme. Als Ursache für die zunehmende Wärme sind die zunehmenden Treibhaus-

gase verantwortlich. Zu Treibhausgasen zählen Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan, Ozon, Lachgas

sowie einige Spurengase. Die Treibhausgase absorbieren die Wärmestrahlung der Erde und heizen

dadurch die Erdatmosphäre auf. Mit dem Verbrennen fossiler Brenn- und Treibstoffe und mit der

Abholzung tropischer Regenwälder hat der Mensch den Ausstoss von Treibhausgasen deutlich erhöht

und dadurch den Strahlungshaushalt der Erde verändert sodass es auf der Erde wärmer immer wär-

mer wird.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

24

Frau Holle wird nachlässig

Der Schnee prägt den Davoser Winter nach wie vor. Für die Tourismuswirtschaft ist er sehr bedeu-tend, denn er ist für den Wintersport buchstäblich grundlegend. Schnee hat aber auch uner-wünschte Seiten. Als Lawine gefährdet er Menschen und kann Bauten oder den Wald schädigen. In den vergangenen Jahren ist der Schnee in Davos rarer geworden. Das ist auf die wärmeren Tempe-raturen zurückzuführen, denn die Niederschlagsmenge (Schnee und Regen) hat sich in derselben Zeit kaum verändert. Um für den Wintersport perfekte Schneeverhältnisse zu bieten werden im-mer mehr Pisten, Loipen oder Schlittelwege mit Kunstschnee eingeschneit. Ob dies den anhalten-den Rückgang der Logiernächte im Winter aufhalten kann ist hingegen fraglich.

Der Schnee schwindet

In der Regel ist Davos von November bis April schneebedeckt (vgl. Kapitel Das Davoser Klima). Wäh-

rend die maximale Schneehöhe mehr oder weniger unverändert geblieben ist, nimmt die Dauer der

Schneebedeckung stetig ab (Marty und Blanchet, 2012). Im Talboden ist dieser Trend mit rund 8 Ta-

gen pro 10 Jahre stärker ausgeprägt als in den umgebenden Bergen. Dort nimmt die Schneeliegedau-

er um 5 Tage pro 10 Jahre ab (MeteoSchweiz, 2012). Wintermonate – in erster Linie der Dezember – ohne Schnee werden allmählich zur Normalität (vgl. Abbildung 18).

Abbildung 18. Während in den Wintermonaten (Dezember bis Februar) bis Ende der Achtzi-ger-Jahre Davos fast immer schneebedeckt war, wird ein schneearmer Dezember all-mählich normal.

e

Mit dieser Entwicklung einer rückläufigen Schneebedeckung steht Davos nicht allein da. Im Alpen-

raum startet die Schneesaison in Höhenlagen zwischen 1100 und 2500 durchschnittlich 12 Tage spä-ter und endet 26 Tage früher als um das Jahr 1970. Gleichzeitig hat die maximale Schneehöhe seit

1970 um 3% bis 10% pro Dekade abgenommen (Klein et al., 2016). Der Trend ist gar über die gesam-

te nördliche Hemisphäre feststellbar. Der Schnee schmilzt 9 bis 15 Tage früher als in den drei Jahr-

zehnten zuvor (Dye, 2002).

Auch wenn belegt ist, dass der Klimawandel den Schnee deutlich verringert, gilt Schnee gleichzeitig

auch als nervöses System. Die Dimensionen der Schneedecke sind von Jahr zu Jahr sehr unterschied-

lich, nicht zuletzt weil der Niederschlag von Jahr zu Jahr erhebliche Schwankungen zeigt. Langjährige

Messreihen wie jene von Arosa zeigen, dass die Schneehöhe starken dekadischen Schwankungen

unterliegt (MeteoSchweiz, 2012).

Mehr Regen weniger Schnee

Die veränderte Schneebedeckung ist auf die wärmeren Temperaturen und den damit verbundenen

Anstieg der Nullgradgrenze zurückzuführen. Seit 1960 ist diese im Winter um 60 m pro Dekade ange-

stiegen (MeteoSchweiz, 2012).

Abbildung 19. Das Versuchs-feld des SLF auf 2540 m ü. M. unterhalb des Weissfluhjoch in Davos ist der einzige Ort auf dieser Höhenlage, von dem seit über 70 Jahren tägliche Messungen der Schneehöhe und des Neuschnees vorliegen (SLF, 2013).

Dieser Trend spiegelt sich im Verhältnis von Regen zu Schnee im Winterniederschlag. Über die Mona-

te November bis April ist für die gesamte Schweiz eine deutliche Abnahme der Tage mit Schneefall gegenüber den Tagen mit Regen feststellbar (Marty und Meister 2012; Serquet et al., 2013). Noch

stärker ausgeprägt ist der Anstieg der Nullgradgrenze im Sommer. In dieser Jahreszeit ist sie seit

1960 um rund 76 m pro Dekade angestiegen, insgesamt also um rund 400 Höhenmeter. Entspre-

chend diesem Rückgang apert die Schneedecke tendenziell immer früher aus (vgl. Abbildung 20).

Abbildung 20. Ausaperung auf dem Weissfluhjoch und in Davos. Der Rückgang der Schneeliegedauer im Frühjahr/Sommer ist auf dem Weissfluhjoch beschleunigt, weil dort die Schneeschmelze erst im Sommer erfolgt und die Temperaturen im Sommer stärker zugenommen haben als in den übrigen Jahreszeiten. Daten: Brazerol, 2014.

Mehr Kunstschnee weniger Naturschnee

Der ausgebliebene Schnee zu Beginn des Winters hat immer mehr Skigebiete dazu bewogen, ihre

Pisten künstlich zu beschneien. Damit wird der anhaltend steigenden Schneegrenze begegnet und

dem Wunsch nach einem frühen Einstieg in die Skisaison entsprochen. In der Region Davos Klosters

hat sich die Fläche der beschneiten Pisten in 10 Jahren von rund 61 ha im Jahr 2005 auf 118 ha im

Jahr 2015 beinahe verdoppelt (ARE, 2016; vgl. Abbildung 21). Dieser Trend hin zu mehr Kunstschnee zeigt sich auch in anderen Skigebieten. Schweizweit sind heute bereits die Hälfte aller Pisten auf

Kunstschnee angewiesen (SBS, 2016).

Eine Kunstschneepiste ist sehr aufwändig. Für 1 m³ Kunstschnee werden 1.5 bis 9 kWh Strom ver-

braucht (Rixen et al., 2011). Die Energie wird massgeblich für den Transport des Wassers ins Skige-

biet und für den Betrieb der Schneekanonen benötigt (Lang, 2009). Auch der Wasserbedarf ist erheb-

lich. Er liegt bei 0.2 bis 0.5 m³ Wasser für 1 m3 Kunstschnee.

50

100

150

200

250

1960 1980 2000 2020

Ap

er

[Ta

ge n

ach

de

m 1

. Ja

nu

ar]

Abbildung 21. Entwicklung der beschneiten Pis-tenfläche in den Skigebieten von Davos und Klos-ters. Datenquelle: ARE, 2016.

Unter diesen Voraussetzungen werden für eine Piste von 1 ha Fläche und 30 cm Schneehöhe somit

600 bis 1500 m³ Wasser und zwischen 5 000 bis 27 000 kWh Strom verbraucht (Rixen 2011). In der

Region Davos-Klosters wurden im Jahr 2015 bei 118 ha beschneiter Pisten von den Bergbahnen

schätzungsweise 71 000 bis 177 000 m3 Wasser verschneit (vgl. Abbildung 22). Das entspricht unge-

fähr dem jährlichen Wasserverbrauch von 1400 bis 3400 Personen. Der entsprechende Stromver-brauch lag schätzungsweise zwischen 590 000 bis 3 186 000 kWh. Die beschneiten Schlittelwege,

Langlaufloipen und Schneedepots sind dabei nicht berücksichtigt (vgl. Abbildung 23).

Abbildung 22. Einschneien auf Weissfluhjoch.

Der Wintertourismus stagniert

Die Anstrengungen rund um die Produktion von Kunstschnee in den Wintersportdestinationen sind

aus touristischer Sicht verständlich. Schnee ist neben der beschaulichen Bergkulisse die wichtigste Grundlage für die Tourismuswirtschaft in Graubünden und so auch in Davos. Touristische Betriebe

wie etwa die Bergbahnen sind in einigen Gegenden Graubündens fast gänzlich auf den Winter ausge-

richtet. Durchschnittlich hält die Wintersaison der Bergbahnen hier einen Anteil von 93% der Brutto-

wertschöpfung (schweizweit 76%). Die gesamte Seilbahnbranche im Kanton generiert einen Umsatz

von 223 Mio. Franken pro Jahr (SBS, 2016). Dabei sind die Festtage und der Jahreswechsel herausra-

gend. Viele Skigebiete erzielen in der kurzen Zeit über Weihnachten und Neujahr mehr als 20% ihres

Winterumsatzes (Abegg et al., 2012).

0

10

20

30

40

50

60

2005 2010 2015

Be

sch

ne

ite

Pis

ten

flä

che

(h

a)

Rinerhorn

Madrisa

Jakobshorn

Parsenn

Abbildung 23. Die mit Kunst-schnee präparierte Langlauf-loipe bei Bünda am 18. De-zember 2016.

Ob der Kunstschnee die einzig richtige Antwort auf den Klimawandel und den Rückgang der Logier-

nächte ist bleibt fraglich. Die hohe Abhängigkeit von Kälte und Schnee birgt in einem stetig wärmer

werdenden Klima grosse Risiken, insbesondere in einer Phase bereits sinkender Gästezahlen. In den

zwanzig Jahren zwischen 1992 und 2012 nahm die Zahl der Logiernächte im ganzen Kanton um

1.8 Mio. ab. Es fehlen heute primär die Gäste aus der Schweiz und dem nahen Ausland (Plaz und

Isenring, 2013). Diejenigen Gäste, die dennoch kommen, verweilen immer weniger lang vor Ort. So

blieben die Gäste im Jahr 2015 durchschnittlich noch 2,8 Nächte im Kanton (BFS, 2016b). Zunehmen-de Mobilität und ein verändertes Gästeverhalten prägen auch die Situation in Davos. Während die

Zahl der Logiernächte stagniert, nimmt die Anzahl der Ankünfte zu (vgl. Abbildung 24).

Abbildung 24. Während die Zahl der Logiernächte in Davos abnimmt (Abbildung links), steigt die Zahl der Ankünfte an (Abbildung rechts).

Rückläufige Erträge im Winter ist ein schweizweites Phänomen bei den Seilbahnen. Der entgegenge-

setzte Trend wird hingegen für den Sommer festgestellt. In der warmen Jahreszeit werden die Seil-

bahnen immer mehr benutzt (vgl. Abbildung 25). Gemäss Seilbahnen Schweiz SBS wird die Bedeu-

tung der Sommersaison zukünftig schweizweit zunehmen. Dies ist zum einen klimatisch bedingt und

basiert zum anderen auf dem grossen Wachstumspotential des Ausflugs- und Erlebnisgeschäfts im

Sommer (SBS, 2016).

2000000

2250000

2500000

2750000

Logi

ern

äch

te in

Da

vos

220'000

240'000

260'000

280'000

300'000

An

kün

fte

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

28

Abbildung 25. Personen-Verkehrserträge der Seilbah-nen in der Schweiz. Die Som-mer-Personen-Verkehrserträge nahmen seit 2008 um rund 75% zu, wäh-rend die Wintererträge in der gleichen Zeit um 25% zurück-gingen (Quelle: SBS, 2016).

Lawinen im Wandel?

Lawinen sind typische Phänomene des Winters. Spontane Lawinen sind an spezielle Witterungslagen

gebunden. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel stellt sich die Frage, ob die Lawinenaktivität

zurückgeht.

Für Lawinen ist massgeblich, wie die Schneedecke aufgebaut ist, wie hoch der Schnee liegt, wie viel

Neuschnee gefallen ist und wie warm und feucht er ist. In ganz Graubünden richten durchschnittlich

29 Lawinen Schäden an und fordern vereinzelt auch Menschenleben (vgl. ANU, 2015a).

Ob durch den Klimawandel Lawinenanrisse und entsprechende Schäden in Davos zurückgegangen

sind, ist ungewiss. Denn, die klimatischen Entwicklungen hinsichtlich Lawinen sind mit den getätigten

Schutzmassnahmen überlagert. In den vergangenen Jahrzehnten ist viel für die Lawinensicherheit vor Ort getan worden. Bekannte Lawinenanrissgebiete wurden und werden mit baulichen Massnahmen

entschärft. So sind beispielsweise das Schiahorn, der Brämabüel oder erst neulich wieder der Dorf-

berg mit Lawinenverbauungen oder Schneenetzen verbaut worden. Ein feststellbarer Rückgang der

Lawinenaktivität in Davos ist deshalb in erster Linie auf bauliche Massnahmen zurückzuführen und

weniger auf den Klimawandel.

Ausblick

Mit der zunehmenden Wärme wird der Schnee weiter schwinden, mit bedeutenden Folgen vor allem

für den Wintersport. Forschende rechnen damit, dass gegen Ende des laufenden Jahrhunderts eine

geschlossene Schneedecke nur noch in Gebieten oberhalb von rund 2000 m ü. M. erreicht wird. In

mittleren Höhenlagen (1000–1700 m ü. M.) wird nur noch jeder zweite Winter eine kontinuierlich geschlossene Schneedecke aufweisen (Schmucki et al., 2017). In der Höhenlage von Davos werden

nur noch halb so viele Tage mit Schnee gezählt werden (Marty et al., 2017a). Dieser weitere Rück-

gang der Schneedecke birgt das Risiko, dass Skigebiete ihre Schneesicherheit und damit Umsatz und

Wertschöpfung weiter verlieren werden.

Abbildung 26. Am ausapern-den Grüenihorn erscheint im Frühjahr jeweils das Konterfei von Jürg Jenatsch, dem Bünd-ner Kriegsherrn, Pfarrer und Politiker im 17. Jahrhundert. Wie lange wird er noch auf uns herunter blicken?

Schlussfolgerungen

Der Davoser Winter spiegelt den Klimawandel. Die steigenden Temperaturen haben eine ansteigen-

de Schneefallgrenze nach sich gezogen. Schneemenge und Schneeliegedauer sind dadurch erheblich

zurückgegangen. Diese Entwicklung ist insbesondere im Frühjahr markant. Dem Trend hin zu immer

weniger Naturschnee wird mit immer mehr Kunstschnee entgegengearbeitet. Mit grossem Aufwand

werden Pisten und Loipen bereits früh im Winter hergerichtet. Ob es dadurch gelingt, die grosse

wirtschaftliche Bedeutung des Wintersports aufrechtzuerhalten ist fraglich. Genauso fraglich ist es,

ob die erhebliche Zunahme im Sommergeschäft ausreicht, um das abnehmende Wintergeschäft aus-

zugleichen. Ob mit dem Schnee in den vergangenen Jahren auch die Lawinen zurückgegangen sind

bleibt unklar. Neue Lawinenverbauungen und Schneenetze haben vielerorts die Gefahr für Lawinen-anrisse erheblich verringert.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

30

Die verlorene Insel

Gletscher prägen die Landschaft im Hochgebirge. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich ihr Aus-sehen jedoch stark verändert. Die Gletscher haben aufgrund des Klimawandels erheblich an Eis verloren. Im Vorfeld schmelzender Gletscher entstehen nun Auenlandschaften mit wechselnden Wasserläufen, kleinen Seen und allmählich erobern auch Pflanzen das neue Land. Durch die Er-wärmung hält das Schwinden des Eises weiter an. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts werden die Davoser Gletscher gemäss Experten verschwunden sein. Mit den Gletschern verschwinden bedeu-tende Wasserspeicher, wunderschöne Postkartensujets und nicht zuletzt auch ein Stück Identität aus unserer Landschaft.

Gletscher entstehen aus Schnee, der mehrere Jahre überdauert. Unter der Last der Schneemassen

und aufgrund von Schmelzvorgängen wird der Schnee über die Jahre zu Eis verdichtet. Das Eis fliesst

allmählich talwärts, angetrieben durch die Schwerkraft und das grosse Eigengewicht. Das fliessende

Eis verändert die Landschaft. Kantige Felsen werden glatt geschliffen und lose Felsblöcke und Schutt

talwärts verfrachtet. Schmilzt das Eis, so bleiben die mittransportierten Felsblöcke als Findlinge oder

Moränen liegen. Diese Spuren in der Landschaft sind auch nach zehntausenden von Jahren Zeugen für die ehemalige Ausdehnung der Gletscher.

Nacheiszeitlich Gletscherschwankungen

Die Gletscher der Alpen haben in der Vergangenheit immer wieder ihre Ausdehnung geändert. Noch

vor 20 000 bis 18 000 Jahren bedeckten sie weite Teile des Mittellandes (vgl. Holzhauser, 2006). Im

anschliessenden Spätglazial zogen sie sich in die angestammten Alpentäler zurück. Die Gletscher

waren in den vergangenen Jahrtausenden zeitweise kleiner als sie heute sind. Dies zum Beispiel wäh-

rend der nacheiszeitlichen Wärmeoptima vor rund 9000 bis 5500 Jahren, vor 4500 bis 3800 Jahren

und am Ende des achten Jahrhunderts bis um 1300 (vgl. Holzhauser, 2006). In kühleren Abschnitten

stiessen die Gletscher vor und hinterliessen Moränenwälle. Die letzte ausgeprägte Vorstossphase

wird als Kleine Eiszeit bezeichnet (ca. 1300-1850) mit Hochständen im 14., 17. und 19. Jahrhundert (vgl. Holzhauser, 2006). Die Moränen aus dem 19. Jahrhundert sind im Vorfeld der Davoser Gletscher

zum Teil noch sehr gut sichtbar (vgl. Abbildung 27).

Abbildung 27. Die Endmoräne des höchsten Gletscherstandes der vergangenen Jahrzehnte ist am Vadret da Radönt auch nach über 160 Jahren noch eindrücklich sichtbar. Sie zeichnet mit grossen Blöcken die Lage des Eises um 1850 nach.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

31

Davoser Gletscher

Auf dem Gebiet der Gemeinde Davos liegen einige kleinere Gletscher und Firnfelder. Es sind dies der

Scalettagletscher am Ende des Dischmatals, der Chüealp Gletscher zwischen Scalettapass und Sertig-

pass, der Ducangletscher bei der Ducanfurgga und die Firnfelder zwischen Augstenhüreli und Leid-horn sowie am Passhöreli in der Nähe des Sertigpasses. Weitere Gletscher grenzen an das Gemein-

degebiet von Davos. Es sind dies der Vadret da Grialetsch, der Vadret da Radönt und der Schwarz-

horngletscher (alle Gemeinde Zernez), der Jörigletscher (Klosters-Serneus), der Vadret Vallorgia und

der Gletscher südwestlich des Scalettahorns (Gemeinde S-chanf).

Der Vadret da Grialetsch ist der grösste Gletscher in der Umgebung von Davos. Er ist dennoch ein

vergleichsweise kleiner Gletscher. Mit seinen rund 2.2 km2 entspricht er einem Achtel des Vadret da

Morteratsch bei Pontresina, oder einem Vierzigstel des Aletschgletschers (vgl. AFW, 2009).

Erheblicher Gletscherschwund

Gletscher gehören zu den wichtigsten Klimaindizien (Häberli et al., 2000). Im Hochgebirge ist zudem

der Einfluss des Menschen gering, wodurch der Einfluss des Klimas deutlich sichtbar wird (vgl. Aka-demien der Wissenschaften Schweiz, 2016). Bei konstantem Klima sind der Aufbau von Eis und die

Eisschmelze ausgeglichen. Wird es wärmer, so überwiegt der Abbau des Eises. Das Eis wird dünner

und der Gletscher wird kürzer (BAFU, 2012b).

Der Klimawandel hat die Gletscher im Kanton Graubünden in den vergangenen Jahrzehnten deutlich

dezimiert. Die Volumen der Bündner Gletscher haben sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts hal-

biert (AfW, 2009; vgl. Abbildung 28). Aktuell verlieren die Gletscher im gesamten Alpengebiet jährlich

etwa 40 km2 ihrer heutigen Fläche von 1800 km2 (Björnsen Gurung und Stähli, 2014). Allein im Jahr

2015 haben die Gletscher in der Schweiz 2,5% ihres Eises verloren (BAFU, 2016c).

Abbildung 28. „Fast fluten die Eisströme über Scalettahorn, Piz Grialetsch, Kühalphorn zusammen…“ stellte der Bota-niker Wilhelm Schibler am Ende des 19. Jahrhunderts fest (vgl. Schibler, 1897). Heute liegen einige Kilometer zwi-schen dem Chüealp Gletscher (im Hintergrund) und dem Gletscher südwestlich des Scalettahorns (im Vorder-grund).

Auch in der Landschaft Davos sind die Veränderungen sicht- und messbar. Die Gletscherzunge des

Scalettagletschers ist zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2012 um 90 m kürzer geworden (VAW,

2016). Heute ist der Scalettagletscher kein einheitlicher Gletscher mehr, sondern er ist aufgeteilt in

mehrere Eisfelder (vgl. Abbildung 26).

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

32

Abbildung 29. Links: Der Scalettagletscher um 2009. Rechts: Der Scalettagletscher im Jahr 1813, gezeichnet von Hans Conrad Escher (vgl. Krähenbühl, 1995).

Vadret da Grialetsch: Die Insel erreicht das Festland

Auch der grösste Gletscher im Raum Davos hat viel Eis verloren. Um 1850 reichte die Gletscherzunge

des Vadret da Grialetsch noch auf eine Höhe von rund 2300 m ü. M. hinunter. Der Gletscher wies

eine Fläche von 5.3 km2 auf. Mitten aus dem Gletscher ragte damals eine Felsinsel, die Isla Persa.

Diese Insel im weiten Eis wurde auf Bergtouren gerne als Rastplatz genutzt (vgl. swisstopo, 2004).

Heute ragt die Isla Persa als dunkler Felskopf aus dem eisfreien Gletschervorfeld (vgl. Abbildung 30).

Der untere Rand des Vadret da Grialetsch liegt auf einer Höhe von rund 2700 m ü. M. und seine Flä-

che erreicht noch 2.2 km2. Er ist heute nicht einmal mehr halb so gross wie um das Jahr 1850 (vgl. swisstopo, 2016; vgl. Abbildung 31 und 32).

Dass der Vadret da Grialetsch vor einigen Jahrzehnten bedeutend grösser war als heute, zeigt sich

nicht nur an historischen Bildern und Karten, sondern auch in der Landschaft. So sind rund um den

Gletscher Seiten- und Endmoränen erkennbar, welche den ehemaligen Höchststand des Gletschers

um die Mitte des 19. Jahrhunderts markieren. Gletscherschliff an Felsrücken zeugen noch heute bis

auf 2500 m ü. M. von der grossen Scherkraft und der Fliessrichtung des mit Steinen durchsetzten

Eises.

Abbildung 30. Der dunkle Felskopf der Isla Persa hat mittlerweile ihren Status als Insel im Eismeer vor dem Vad-ret da Grialetsch verloren.

Abbildung 31. Der Vadret da Grialetsch mit der Felsinsel Isla Persa (rot umrahmt) auf einer Karte von 1853. Quelle: swisstopo, 2016

Der Topograph Johann Wilhelm Coaz beschrieb um 1845 den Abstieg über den Grialetschgletscher an

der Isla Persa vorbei der wie folgt:

„Der Abstieg jenseits über den ebenfalls vergletscherten, steilen Nordhang auf den Grialetsch Glet-

scher hinunter war mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Da wir kein Beil zum Tritte einhauen bei uns hatten, mussten wir uns mit unseren Bergschuhen eigentlich in den Firn einhacken, die Guspen

fest ins Eis eindrücken und uns in schiefer Richtung den Hang hinunter arbeiten. Unten angelangt

hatten wir noch einen Gletscherschrund zu überschreiten, wie sich solche immer zwischen Hangglet-

schern und ebeneren Gletschern bilden. Auf dem Grialetsch Gletscher machten wir bei der Felsen-

gruppe, die mitten aus demselben hervortritt, in der Abenddämmerung die letzte Station mit der Hö-

he 2847 m ü. M. und eilten dann, uns links haltend, ich ans gut gestreckt gehaltene Seil voran über

den Grialetsch Gletscher hinunter zum Grialetschpass“ (vgl. swisstopo, 2004).

Heute wäre seine Tour noch weit beschwerlicher. Statt über Eis müsste er über steile Felshänge klet-

tern und ausgedehnte Schuttfelder überqueren. Die Isla Persa hat ihren Wert als willkommenen

Rastplatz wohl ebenfalls verloren.

Abbildung 32. Der Grialetschgletscher kurz nach dem Bau der Grialetschhütte im Jahre 1928 (links) und in den 1940er Jahren (rechts; Bilder Foto Furter, Davos).

Auenlandschaft anstatt ewiges Eis

Die schmelzenden Gletscher verändern die Landschaft. Das Eis macht Neuland Platz. Mulden füllen sich mit Wasser und wandeln sich zu kleinen Seen. Wilde Bäche durchziehen das Gletschervorfeld

und allmählich siedeln sich Pflanzen an, die bevorzugt Rohböden bewachsen. Es entstehen neue

Auenlandschaften. Solche Gletschervorfelder bilden einzigartige Lebensräume für Tiere und Pflanzen

und zeichnen sich durch einen vielfältigen und interessanten geomorphologischen Formenschatz aus.

Die Gletschervorfelder sind heute wahrscheinlich die einzige Wildnis der Schweiz. Beispiele solch

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

34

neuer Landschaften gibt es auch in der Region Davos zu entdecken, etwa im Vorfeld des Vadret da

Grialetsch oder des Jörigletschers.

Abbildung 33. Das Vorfeld am Vadret da Grialetsch ist ein einzigartiger Landschaftsaus-schnitt mit einer grossen Viel-falt an Lebensräumen für Pflanzen und Tiere und einem reichen geomorphologischen Formenschatz.

Ein eindrückliches Beispiel für diesen Landschaftswandel präsentiert sich am Jörigletscher. Nördlich

des Flüela Wisshorn sind seit den 1920er Jahren mir der fortschreitenden Gletscherschmelze neun

kleinere und grössere Seen entstanden, sodass heute im Vorfeld des Jörigletschers 24 Seen gezählt

werden. Mit dem fortschreitenden Gletscherschwund tauchen immer neue Seen aus dem Eis auf.

Diese Entwicklung steht im Gegensatz zu den Vorstellungen aus den 1920er Jahren. Ein junger Stu-

dent hat damals die Lebewesen in den Jöriseen untersucht. Aus seiner Sicht war klar, dass in abseh-

barer Zeit mindestens zwei der damals erst 13 Seen „der Versandung entgegen gehen“ (Kreis, 1920). Die in den verschiedensten Blau- und Grautönen gefärbten Jöriseen sind heute ein beliebtes Wan-

derziel.

Abbildung 34. Die untere Rei-he der Jöriseen am Fuss des Flüela Wisshorns.

Wandel in der Wahrnehmung

Wenn Gletscher verschwinden entstehen neue Landschaften und gleichzeitig geht auch ein Stück

Identität verloren. Die Wahrnehmung der neuen Landschaften ist zunächst vom Verlust des Eises

geprägt (Akademien der Wissenschaften Schweiz, 2016). Neben einer emotionalen Wertung dieser gletscherfreien Landschaften drängen sich aber bald auch praktische Fragen auf: Soll die Landschaft

genutzt oder muss sie nicht viel eher geschützt werden? Bedrohen jetzt Naturgefahren unsere Infra-

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

35

struktur und welche Rolle spielt der Verlust des Eises für die Wasserressourcen (vgl. Akademien der

Wissenschaften Schweiz, 2016)?

Im Fall des Gletschervorfeldes am Vadret da Grialetsch wurde bereits reagiert. Das Gletschervorfeld

steht unter Schutz. Die einzigartige neue Landschaft ist im Bundesinventar der Auengebiete von nati-onaler Bedeutung gelistet (ARE, 2015). Hier finden Pflanzen und Tiere und auch das Wasser freien

Lauf für ihre eigene Dynamik, unbehindert durch den Menschen. Einschränkungen bestehen aller-

dings dennoch auch hier: Der Schutz des Gletschervorfeldes ist überlagert mit alpwirtschaftlicher und

militärischer Nutzung (ARE, 2015).

Naturgefahren im Nachgang der Gletscherschmelze

Das schmelzende Eis legt Moränen und Schutt frei, und Felswände sind neuen mechanischen, hydro-

logischen und thermischen Bedingungen ausgesetzt. Die Stabilität der umgebenden Hänge ändert

sich. In dieser Phase können Gletscher Ausgangspunkt für verschiedene Naturgefahren sein, wie bei-

spielsweise Rutschungen, Steinschlag oder Felsstürze. Ein Blick in die Statistik zeigt allerdings, dass

sich die grössten Katastrophen während Vorstossphasen der Gletscher ereignet haben (vgl. VAW, 2017). In Graubünden werden zurzeit nicht viele Gletscher als mittelfristig gefährlich eingestuft: Nur

die beiden Engadiner Gletscher Vadret da l‘Alp Ota und Tschierva/Roseggletscher zählen dazu (VAW,

2017). Am Vadret da l‘Alp Ota löste sich im Sommer 2006 ein Murgang der zwei Wanderwege ver-

schüttete und eine Person tötete (VAW, 2017). Hinter der Seitenmoräne des Tschiervagletschers

bildete sich ein See der sich nach starken Regenfällen entleerte und so zum grossen Oberengadiner

Schadenshochwasser von August 1954 beitrug.

Veränderungen der Abflussregimes

Gletscher und in weit grösserem Ausmass der Schnee sind bedeutende Wasserspeicher. Sie verzö-

gern den Abfluss der winterlichen Niederschläge bis in die warme Jahreszeit oder halten es über Jah-re bis Jahrzehnte zurück. Schweizweit entstammen allerdings nur etwas weniger als 2% des Jahresab-

flusses von der sommerlichen Gletscherschmelze (BAFU, 2012b). Der Schnee ist als Wasserspeicher

weit wichtiger. Sein Anteil am jährlichen Abfluss beträgt rund 40%.

Mit der Erwärmung gehen diese Wasserspeicher allmählich zurück. In Zukunft soll der Wasserabfluss

aus dem Schnee auf 24% sinken (Akademien der Wissenschaften Schweiz, 2016). Wegen der Höhen-

lage werden die entsprechenden Veränderungen in Davos kleiner ausfallen. Modellrechnungen zei-

gen, dass sich neben der Menge auch die jahreszeitliche Verteilung der Abflüsse (Regimes) ändern

wird. Grundsätzlich wird im Winter der Abfluss grösser, im Sommer hingegen kleiner (BAFU, 2012b).

In Davos werden sich die Abflussverhältnisse wie folgt verändern: Im Winter wird bis um 2070 bis

2099 mit zunehmenden mittleren Abflüssen gerechnet. Im Sommer ist zunächst keine Veränderung des Abflussregimes zu erwarten. Um 2070 bis 2099 ist schliesslich mit einer leichten Abnahme der

mittleren Abflüsse zu rechnen (vgl. Akademien der Wissenschaften Schweiz, 2016).

Abbildung 35. Dischmabach-Davos, Kriegsmatte; 1668 m ü. M.; Fläche des Einzugsgebiets: 42.86 km²; Mittlere Höhe: 2376.6 m ü. M.; Vergletsche-rung 2,1%. Daten: BAFU, 2016b..

Es zeigt sich, dass die saisonalen Abflüsse bereits heute verfrüht sind. Die Abflusskurve des Dischma-

bachs bestätigt den aktuellen Trend. Die mittleren Abflussmengen im April und Mai haben in den

letzten 10 Jahren zu- und jene im Juli, August und September haben abgenommen (vgl. Abbildung

30). Der Dischmabach ist bis zur Messstelle kaum durch Nutzungen gestört.

Auswirkung auf die Wirtschaft

Die Veränderungen von Menge und saisonalem Wasserangebot haben Folgen. Die zunehmenden

Abflüsse im Winter dürften sich positiv auf die Produktion der Wasserkraft auswirken, denn es kann

dann mehr Energie produziert werden, wenn die Nachfrage gross ist. Die abnehmenden Abflüsse im

Sommer können hingegen bei den verschiedenen Anspruchsgruppen zu Konflikten führen, so bei-

spielsweise zwischen Wasserkraft, Landwirtschaft und Fischerei. Der Rückgang der Wasserspeicher

wird zudem der Nutzung von Grundwasser, der Trinkwasserversorgung und der künstlichen Be-

schneiung Probleme bereiten, was auch die Tourismuswirtschaft treffen wird.

Schlussfolgerungen

Im Gebirge rund um Davos finden sich einige kleinere Gletscher und Firnfelder. Durch den Klimawan-del schwinden sie allmählich, wie sich vor Ort aber auch anhand von Daten, Bildern und historischen

Dokumenten eindrücklich zeigt. An Stelle der Gletscher entwickeln sich neue Auenlandschaften mit

freien Wasserläufen, Bergseen und an karge Bedingungen angepassten Pflanzen und Tiere. Eine neue

Wildnis ist am Entstehen.

Gleichzeitig geht allmählich ein vertrautes Stück Landschaft verloren und ein Wasserspeicher geht

zurück. Gegen das Ende des 21. Jahrhunderts dürften die meisten Gletscher in der Gemeinde Davos

verschwunden sein. Mit ihnen verschwindet auch ein wunderschönes Landschaftselement und tou-

ristisches Markenzeichen, das von Generationen verinnerlicht und gepflegt wurde.

0.0

1.0

2.0

3.0

4.0

5.0A

bfl

uss

Dis

chm

abac

h (

m3

/s) 2006 -

2015

1964 -1993

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

37

Tauwetter im Untergrund

Permafrost ist ein Phänomen des Untergrunds im Hochgebirge. Felsen, Schutthänge und steile Böschungen oberhalb von rund 2400 m ü. M. sind stellenweise mit Permafrost durchsetzt, auch in der Landschaft Davos. Im Permafrost bleibt der Untergrund das ganze Jahr hindurch gefroren. An der Oberfläche weisen bestimmte Landschaftselemente auf das Eis hin. Blockgletscher oder spät ausapernde Schneefelder zählen dazu. Durch den Klimawandel erwärmt sich der Permafrost all-mählich. Dabei verändert sich der Zusammenhalt der Fels- oder Schutt- und Eis-Gemische. In Ext-remfällen kann es zu Steinschlag, Felssturz oder Hangrutschungen kommen.

Als Permafrost wird ein Untergrund bezeichnet, der während des ganzen Jahres eine Temperatur

unter null Grad Celsius aufweist. Jede Art von Untergrund, also Fels, Schutt oder gewachsene Böden

können betroffen sein (SLF, 2016). Permafrost kommt im gemässigten Klima in der Regel nur in ho-

hen Lagen vor. Man geht davon aus, dass oberhalb 2400 m ü. M. Permafrost vorkommen kann (vgl.

Abbildung 32; BAFU, 2014b). Insgesamt sind schätzungsweise 6% der Fläche unseres Landes mit

Permafrost durchsetzt (SLF, 2016).

Abbildung 36. Davos und Um-gebung auf der Permafrost-Hinweiskarte. Je dunkler die Färbung, desto wahrscheinli-cher ist das Vorkommen von Permafrost. Quelle: BAFU, 2014b.

Permafrost ist in der Landschaft nicht direkt sichtbar. Das Eis ist im Fels eingeschlossen oder liegt

unter einer Boden- oder Gesteinsschicht, welche bis mehrere Meter mächtig sein kann. Bestimmte

Landschaftselemente deuten jedoch auf das Eis im Untergrund hin. Zu diesen Landschaftselementen

zählen Blockgletscher, spät ausapernde Schneefelder oder Bodenfliessen (Solifluktion).

Dynamik im Verlauf des Jahres

In den Alpen bestimmen weitgehend Höhenlage und Exposition ob Permafrost vorkommt und wie

dieser beschaffen ist. Klimatische Verhältnisse wie die Sonnenstrahlung, die Lufttemperatur und die

Schneebedeckung bestimmen mit, wie kalt es im Untergrund ist. Weiter beeinflussen das Gestein,

die Exposition, die Topographie und die Hydrologie eines Gebietes die Temperatur des Permafrosts (Zenklusen Mutter et al. 2010).

Klimawandel und Permafrost

Messdaten aus verschiedenen Gebirgsregionen der Welt deuten auf eine zunehmende Erwärmung

des Untergrunds hin (Häberli und Maisch, 2007). Analoge Daten zum alpinen Permafrost der Schweiz

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

38

sind noch sehr spärlich. Das Permafrostmessnetz der Schweiz PERMOS stellt fest, dass die Tempera-

tur an der Oberfläche in steilem Fels in den vergangenen Jahren wiederholt neue Rekordwerte er-

reicht hat. Auch im Boden wird seit 2009 stellenweise eine Erwärmung beobachtet und die Mächtig-

keit der Auftauschicht nimmt tendenziell zu (PERMOS, 2016). Auch die Fliessgeschwindigkeit von Blockgletschern nimmt zu. Zahlreiche Blockgletscher bewegen sich heute mit Geschwindigkeiten von

mehreren Metern pro Jahr talwärts. Die aktuellen Geschwindigkeiten sind damit vielerorts vier bis

fünf Mal höher als in der Periode zwischen 2005 und 2007. Sowohl die allmähliche Erwärmung als

auch sommerliche Hitzewellen erhöhen die Temperatur des Permafrosts. Hitzewellen vermögen die

mittlere jährliche Temperatur der Bodenoberfläche um 0,5 bis 1 °C anzuheben. Dies zeigte sich bei-

spielsweise im Sommer 2015. In tieferen Bodenschichten zeigten damals die Messwerte neue Re-

kordwerte in den 10- bis 25-jährigen Messreihen (BAFU, 2016c). Alle diese Trends der Permafrost-

Beobachtung spiegeln die Klimaerwärmung.

Abbildung 37. Blockgletscher wie derjenige im Plattentälli im Sertig sind Schutt und Eis-Gemische, die sich langsam und teigartig talwärts bewe-gen. Die zähfliessende Masse ist an ihren Wülsten gut zu erkennen.

Erstbefund: Permafrost über dem Schottensee am Flüelapass

Permafrost ist in der Landschaft Davos weit verbreitet (vgl. Abbildung 36) und er wird hier auch ein-

gehend beobachtet und erforscht. Eine der ersten detaillierten Untersuchungen zum Permafrost in

den Alpen wurde zu Beginn der siebziger Jahre am Flüelapass begonnen. Am Fuss einer Schutthalde

über dem Schottensee wurde in rund 2380 m ü. M. im Untergrund eine dicke Eisschicht festgestellt

(vgl. Häberli 1975). Dieses Permafrost-Vorkommen ist im Wesentlichen auf einen kühlenden Luftzug in der Schutthalde über dem See zurückzuführen (Phillips et al. 2009).

Abbildung 38. Schema der Luftströme in der Schutthalde über dem Schottensee. Quelle: SLF.

Das Eis im Untergrund des Permafrostkörpers über dem Schottensee erreicht eine Mächtigkeit von

rund 10 Metern. Die Auftauschicht über dem Permafrost misst ungefähr 3 m. Die Dauer, während

welcher die Auftauschicht positive Temperaturen verzeichnet schwankt, zwischen 106 und 159 Tage

pro Jahr.

Abbildung 39. Spätausapern-de Schneefelder über dem Schottensee am Flüelapass weisen auf den Permafrost im Untergrund hin.

Trotz der zunehmenden Wärme der Umgebungsluft zeigt die Auftauschicht über dem Schottensee

keine bedeutende Veränderung, auch nicht während des Hitzesommers 2003. Als Ursache für die

beobachtete Trägheit des Permafrosts an diesem Standort wird die dicke Schuttschicht angesehen. Diese isoliert die darunter liegenden Eisschichten sehr effektiv von der stetig steigenden Temperatur

der Luft. Demgegenüber zeigt der Fels über der Schutthalde mehr Dynamik. Dort werden immer häu-

figer Steinschlagereignisse beobachtet.

Die Folgen von tauendem Untergrund

Steigt die mittlere Temperatur der Bodenoberfläche langfristig an, so nimmt zuerst die Mächtigkeit

der sommerlichen Auftauschicht zu. Während Jahrzehnten und Jahrhunderten nehmen darauf die

Temperaturen im Untergrund von oben her in immer tieferen Schichten zu. Schliesslich taut der

Permafrost von den tiefsten Schichten – also vom Berginnern her – auf (vgl. Häberli und Maisch,

2007). Immer ausgedehntere Partien und immer mächtigere Gesteinspakete von Bergflanken gelan-gen in den für die Stabilität kritischen Temperaturbereich von -2 bis 0°C (Häberli und Maisch, 2007).

Schmelzen eisreiche Schutthalten, verliert das ursprüngliche Schutt/Eis-Gemisch seinen inneren Zu-

sammenhalt und wird instabil. Der Untergrund beginnt sich zu setzen und talwärts zu kriechen. Ste-

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

40

hen Bauten oder Infrastrukturanlagen wie Bergrestaurants oder Seilbahnmasten über Permafrost, so

können sie Schaden nehmen, wenn der Untergrund schmilzt (SLF, 2016). Tauender Permafrost hin-

terlässt zudem oftmals losen Schutt, der in Verbindung mit starkem Regen zu Murgängen führen

kann. Das Eis in gefrorenen Schutthalden und Blockgletschern braucht sehr viel Energie bis es zu schmelzen beginnt. Dies verlangsamt den Auftauprozess erheblich (Häberli und Maisch, 2007). Im

Fels sieht es etwas anders aus. In eisgefüllten Klüften sind schon Temperaturen von etwa minus 2 bis

0°C kritisch, weil dann Fels, Eis und Wasser miteinander auftreten können (Häberli und Maisch,

2007). Den warmen Bedingungen entsprechend wurden insbesondere im Juli und August 2015 in den

Permafrostgebieten im Hochgebirge oberhalb von rund 2500 Metern viele Felsstürze beobachtet

(BAFU, 2016c).

Ausblick

Die zukünftige Entwicklung des Permafrosts ist vergleichsweise unsicher. Durch die komplexe Wech-

selwirkung mit der Umgebung sind sichere Aussagen zu zukünftigen Veränderungen der Temperatur

oder des Gefüges nur schwer möglich. Es ist sehr aufwändig die Änderungen im Permafrost mit Klimamodellen zu berechnen. Entsprechend sind Aussagen über zukünftige Entwicklungen unsicher

(Akademien der Schweiz, 2016).

Schlussfolgerungen

Permafrost ist ein weit verbreitetes Phänomen im Hochgebirge, auch in der Landschaft Davos. Alpine

Böden, Fels oder Schutthalden sind in Höhen oberhalb 2400 m ü. M. oft ganzjährig eisdurchsetzt.

Unter dem Einfluss des Klimawandels ist die Temperatur des Permafrosts in den vergangenen Jahr-

zehnten allmählich angestiegen. Das hat Folgen. In einem Temperaturbereich nahe der Nullgradgren-

ze verliert das Eis seine bindenden Eigenschaften. Der Zusammenhalt der ursprünglich gefrorenen

Schutt/Eis-Gemische verändert sich und es kann zu Setzungen des Untergrunds oder zu Steinschlag oder Felsstürzen kommen. Das Risiko, dass Menschen und Infrastruktur davon betroffen sind ist am

Steigen. Das Eis tief im Untergrund dürfte trotz allem noch Jahrhunderte weiter bestehen.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

41

Grüne Grenzen wandern

Die Vegetation spiegelt das Klima an ihrem Standort, denn Pflanzen sind wechselwarm und ihr Stoffwechsel ist wesentlich von der Umgebungstemperatur bestimmt. Wird es wärmer, so verän-dern sich die Lebensbedingungen der Pflanzen und die Vegetationszeit dauert länger. Dieser Ent-wicklung passen sich die Pflanzen an. Sie treiben früher im Jahr aus, fruchten erfolgreicher und besiedeln ehemals zu kalte Gebiete. Solche Trends werden auch in Davos beobachtet. Die Baum- und die Waldgrenze liegen höher als in früheren Jahrzehnten, die Berggipfel sind grüner geworden und zahlreiche Arten spriessen und blühen zeitiger im Frühjahr als in der Vergangenheit. Das be-deutet aber auch, dass konkurrenzschwache Arten unter Druck geraten.

Das Verbreitungsgebiet von Pflanzen, wie auch ihr Wachstum und ihre Entwicklung sind wesentlich

von der Temperatur und dem Niederschlag bestimmt. Die Vegetation in Davos vom Talboden bis zu

den Berggipfeln spiegelt dies in deutlich voneinander abgrenzbaren Vegetationsgürteln. So ist an den

Hängen über dem Talboden zunächst der Nadelwald dominant, darüber folgen die Zwergsträucher

und weiter oben alpine Rasen. In Gipfelnähe wird die Vegetation spärlich. Hier wachsen vereinzelt

Gräser und Kräuter des Hochgebirges.

Ändern sich die klimatischen Bedingungen, so ändern sich auch die Vegetationsgürtel. Dieser Effekt

ist in Davos wie auch in anderen Gebirgsregionen zurzeit eindrücklich sichtbar (vgl. Abbildung 40).

Abbildung 40. Blick vom Er-berberg in Richtung Jakobs-horn und Sertig. Im Herbst wird sichtbar, dass insbeson-dere die Lärche die untere wie die obere Waldgrenze nach-zeichnet.

Die Waldgrenze zieht bergwärts

Die Waldgrenze, also die obere Grenze des geschlossenen Waldes, liegt in der Region Davos auf un-

gefähr 2000 m ü. M. Darüber stocken einzelne Bäume und markieren damit die Existenzgrenze dieser

Pflanzengruppe. Die obere Grenze des Waldes und die Baumgrenze sind in Davos von jungen Bäu-

men geprägt. Dies deutet darauf hin, dass die Lebensbedingungen für Bäume auch in höheren Lagen

als Folge des Klimawandels günstiger geworden sind.

Vor rund 150 Jahren, also zur Zeit der letzten Gletscherhöchststände, sah die Waldgrenze noch ganz

anders aus. So bemerkt der Geologe Theobald (1868): „Auf kahlen Höhen und Klippen, sieht man oft verdorrte hohe Bäume, die abgeschälte Äste, Skeletten ähnlich, ausstrecken“. Dieselbe Beobachtung

machen auch andere Gebirgsreisende jener Zeit. Die obere Grenze des Waldes und die Baumgrenze

waren damals vorwiegend durch alte und teilweise auch durch abgestorbene Bäume geprägt, ganz

im Gegensatz zu heute (vgl. Abbildung 41).

Abbildung 41. Baum- und Waldgrenze am Dörfjiberg im Sertig.

Die ansteigende Waldgrenze ist ein weltweit beobachtetes Phänomen. In Davos wird der Trend

durch Forschungsarbeiten im Dischmatal bestätigt. Dort hat sich herausgestellt, dass die Lärche an

den gegen Süden orientierten Hängen um rund 150 Höhenmeter weiter oben vorkommt als 40 Jahre

zuvor (Erdle et al., 2013). Nebst der Lärche konnten sich auch die Arve und die Fichte in grösseren

Höhen etablieren (Leibold, 2012; vgl. Abbildung 42).

Abbildung 42. Links: Waldgrenzbäume von 1980 (grün) und 2012 (rot) im Dischmatal. Quelle: Erdle, Lisa, Diplomarbeit. Rechts: Wald- und Baumgrenze im Dischmatal.

Klimaexperimente bestätigen den Aufwärtstrend

Der Aufwärtstrend der Bäume zeigt sich auch im Experiment. In der Versuchsfläche Stillberg im

Dischmatal wird der Einfluss des Klimawandels auf Bäume untersucht (vgl. Abbildung 43). Dort hat

sich gezeigt, dass nicht alle Baumarten auf die gleiche Art reagieren, wenn es wärmer wird. Wird am

Standort der Bäume der Boden künstlich erwärmt, so beschleunigen die Bergföhren ihr Wachstum,

während die Lärchen kaum darauf reagieren (Martin et al., 2010).

Abbildung 43. Versuchsaufforstung Stillberg. Noch heute ist das Muster der verschiedenen Baumar-ten der Pflanzung von 1975 zu erkennen.

Veränderungen der Vegetation am Talboden

Die Landschaft Davos ist durch ihre Höhenlage vergleichsweise arm an Laubbäumen. Nebst der le-

gendären Börtji-Buche (vgl. Abbildung 44), welche bereits in der Davoser Flora von 1880 erwähnt

wird (vgl. Geissler, 1882), wies Davos in früheren Jahrzehnten kaum Laubbäume auf. Schibler weist in

seiner Flora von Davos (1937) auf „ein paar Gebüsche von Bergahorn, Hängebirken, Traubenkirschen, Zitterpappeln, die noch Blockreviere in den Mädern ob dem linken Seeufer verkleiden…“.

Heute sind die von Schibler aufgezählten Arten am Seewer Berg baumförmig. Neu finden wir zudem

die Esche und den Spitzahorn im Siedlungsgebiet. Die Buche findet sich an der hohen Promenade

oder am Seeufer und immer zahlreicher besiedeln sie den Wald in Davos-Laret. Der Einfluss des Kli-

mawandels zeigt sich nicht nur an der oberen Waldgrenze, sondern er ist auch an der Höhenverbrei-

tung der einzelnen Baumarten tieferer Lagen feststellbar.

Abbildung 44. Die knorrige „Börtji-Buche“ ist der einzige, vergleichsweise alte Laub-baum in der Landschaft Da-vos. Die Buche wird bereits in der Geissler-Flora von 1882 erwähnt.

Aufwärtstrend der alpinen Flora

Veränderungen der Vegetation lassen sich auch an den höchsten Standorten der Landschaft Davos

feststellen, auf den Berggipfeln. Zu Beginn der 2010er Jahre kartierte ein Forschungsteam des WSL-

Instituts SLF die Flora der Berggipfel und verglich die Artenliste mit einer analogen Arbeit aus den

1890er Jahren. Damals war Wilhelm Schibler als Landschaftsarzt in Davos tätig und erkundete in sei-

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

44

ner Freizeit die hiesige Flora. Er hatte zum Ziel, die höchstgelegenen Vorkommen der alpinen Flora zu

studieren. Er folgte den Spuren Oswald Heers, welcher in demselben Ansinnen bereits in den 1830er

Jahren durch Davos reiste. Bis gegen Ende der 1920er Jahre botanisierte Wilhelm Schibler insgesamt

66 Gipfel und Pässe in der Umgebung von Davos, welche über eine imaginäre Höhenlinie von 2600 m über Meer ragen. Er listete seine Funde auf und beschrieb seine damaligen Touren ausdrucksvoll

(Schibler, 1897, 1929; vgl. Abbildung 45).

Abbildung 45. Die Flora in Höhenlagen über 2600 m ü. M. wie hier an der Leidbach-furgga ist artenreicher gewor-den.

Der Vergleich zeigt, dass die Flora der Davoser Berggipfel artenreicher geworden ist. Es kommen

heute 42% mehr Arten dort vor als zu Schiblers Zeiten (Wipf et al., 2013). Diejenigen Arten, welche

nur in den neuzeitlichen Begehungen auf den Gipfeln gefunden wurden, stammen nicht von benach-barten Gipfeln, sondern überwiegend aus tieferen Lagen. Zudem haben sich alteingesessene Arten

weiter ausgebreitet. Ihre höchsten Vorkommen liegen heute durchschnittlich 56 m weiter oben als

früher. Weltweite Untersuchungen stellen zudem fest, dass die Verbreitung von Arten nordwärts in

Richtung der Pole ausdehnt, und zwar mit einer Geschwindigkeit von rund 6 Kilometer pro Dekade

(Parmesan und Yohe, 2003).

Wie es Frühling wird

Pflanzen sind nicht nur in ihrer Verbreitung, sondern auch in ihrer Entwicklung im Verlauf des Jahres

sehr eng mit den klimatischen Bedingungen in ihrer Umgebung abgestimmt. Verändern sich diese, so

zeigen die Pflanzen auch veränderte Entwicklungen. Dies kann anhand von phänologischen Beobach-

tungen gezeigt werden.

Das phänologische Beobachtungsnetz der Schweiz existiert seit 1951. Heute werden an rund 160

Stationen 26 Pflanzenarten beobachtet. In der Landschaft Davos werden der Zeitpunkt des Blühens,

des Fruchtens oder der Verfärbung des Laubs verschiedener Pflanzenarten erhoben. Ein Blick auf die

Daten zeigt, dass die meisten der beobachteten Pflanzenarten ihre Entwicklungsstadien verfrühen.

So hat sich beispielsweise der Blühzeitpunkt des Roten Holunders (Sambucus racemosa) in den ver-

gangenen 40 Jahren um beinahe einen Monat verfrüht (vgl. Abbildung 46).

Eine verfrühte Blühte zeigt sich auch im Vergleich mit historischen Aufzeichnungen. Heute blühen in

der Landschaft Davos ab Jahresbeginn bis Ende Mai rund 192 Blütenpflanzen (Durchschnitt der Jahre

Jahre 2010 bis 2016; vgl. Abbildung 47). Demgegenüber wurde in den 1890er Jahren durchschnittlich

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

45

nur 114 Arten bis Ende Mai blühend gesehen (vgl. Schibler, 1897). Arten wie beispielsweise der Wie-

senkerbel (Anthriscus sylvestris), eine häufige Art auf den Fettwiesen im Talboden blüht heute bei

uns ab Mitte April. Schibler (vgl. Schibler, 1897) hat diese Art in den 1890er Jahren in Davos erstaun-

licherweise nur in einem Jahr vor Ende Mai blühend gesehen.

Abbildung 46. Links: Blühzeitpunkt des Roten Holunders (Sambucus racemosa) in Davos. Von Ende Juni in den 1970er Jahren hat sich der Blühzeitpunkt in den vergangenen 40 Jahren um beinahe einen Monat verfrüht (Datenquelle: MeteoSchweiz). Rechts: Roter Holunder in Blüte.

Ähnliche Trends sind weltweit zu beobachten. Die beobachteten Pflanzen blühen und fruchten frü-

her im Jahr oder treiben ihr Laub früher aus. Dies konnte sogar mithilfe von Satellitenbildern festge-

stellt werden (Cleland et al., 2007). Dies steht im Einklang mit der Entwicklung der Vegetationsdauer

in Davos (vgl. Abbildung 48).

Abbildung 47. Links: Anzahl blühender Pflanzenarten von Jahresbeginn bis zum 31. Mai eines Jahres (Schibler, 1897 und eigene Beobachtungen).

Vergleichbare Beispiele für den Einfluss des Klimawandels auf Vorkommen und Entwicklung von

Pflanzenarten sind von den polaren bis zu den tropischen Lebensräumen bekannt (Walther et al., 2002).

120

140

160

180

200

Tag

de

s Ja

hre

s

0

50

100

150

200

250

historisch heute

An

zah

l Art

en

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

46

Abbildung 48. Dauer der Vegetationsperiode (Anzahl Tage pro Jahr) in Davos Dorf. Datenquelle: Mete-oSchweiz, 2015a. In Davos hat sich über die vergangenen Jahrzehnte die Dauer der Vegetationszeit deutlich verlängert.

Es ist dennoch nicht immer eindeutig, dass das veränderte Klima die beobachteten Veränderungen

verursacht hat. Nicht-klimatische Einflüsse dominieren in der Regel lokal beobachtete, kurzfristige

biologische Veränderungen (Parmesan und Yohe, 2003). Das ist auch bei uns der Fall. So haben Ein-

griffe wie Alpwirtschaft, Landwirtschaft oder ein Verschieben von Bodenmaterial ebenfalls einen

grossen Einfluss auf die Vegetation und ihre Entwicklung. In den stark vom Menschen geprägten

Lebensräumen der Tallagen ist es allgemein weit schwieriger klimatisch bedingte Veränderungen

festzustellen als im Hochgebirge.

Ausblick

Die Verbreitung und Entwicklung von Pflanzen hat sich bereits verändert und wird in Zukunft so wei-

tergehen. Hohe Fruchtbarkeit, grosse Populationsgrössen, weite geografische Verbreitung und räum-liche Ausdehnung, grosse Plastizität und rasche Generationenwechsel fördern die Persistenz (Ander-

son, 2016). Bei dieser rasanten Entwicklung geht leicht unter, dass es auch Verlierer gibt. Arten, wel-

che sich nur sehr langsam ausbreiten können, oder Landschaften besiedeln, in denen keine Ersatz-

standorte vorkommen zählen dazu. Beispiele dafür sind Arten der Feuchtgebiete, welche in den ver-

gangenen hundert Jahren auf eine Fläche von rund 5 % zurückgedrängt wurden. Generell wird zudem

befürchtet, dass insbesondere diejenigen Arten unter die Räder geraten, welche ein sehr kleines

Verbreitungsgebiet haben und wenig konkurrenzstark sind (Urban et al., 2012).

Schlussfolgerungen

Pflanzen spiegeln das Klima ihrer Umgebung. Ändert sich dieses, so ändert die Vegetation. Das ist

aktuell auch in Davos der Fall. Die Vegetationszeit dauert länger als in früheren Jahrzehnten und Frostereignisse werden seltener. Davon können die Pflanzen profitieren. Als wechselwarme Orga-

nismen werden ihre physiologischen Abläufe nämlich wesentlich von der Umgebungstemperatur

bestimmt. Die Pflanzen entwickeln sich rascher, fruchten erfolgreicher und können neu auch in ehe-

mals zu kalten Gebieten gedeihen. Besonders eindrücklich zeigt sich dieses Phänomen an der Wald-

grenze: junge Bäume stocken bis weit über der aktuellen Waldgrenze.

Der Trend hin zur Ausdehnung des Verbreitungsgebietes oder einer früheren und rascheren Entwick-

lung wird bei vielen Pflanzen weitergehen. Es wird jedoch befürchtet, dass insbesondere diejenigen

Arten unter die Räder geraten, welche ein sehr kleines Verbreitungsgebiet haben, wenig konkurrenz-

stark sind und diejenigen Lebensräume besiedeln, die immer seltener werdenEinzelne Arten können

das Rennen gegen die Zeit verlieren und unter der Konkurrenz raschwachsender Arten verdrängt werden. Ein sorgfältiger Umgang mit den Lebensräumen von Pflanzen und Tieren in Davos unter-

stützt ihr Überleben in einer wärmeren Zukunft.

100

120

140

160

180

200

220

1960 1970 1980 1990 2000 2010

Ta

ge

Jahr

-60

-40

-20

0

20

40

60

1960 1970 1980 1990 2000 2010

An

zah

l Ta

ge p

ro J

ah

r

Jahr

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

47

Gut gewappnet?

Der Klimawandel scheint dem Alpensteinbock gut zu tun: Höhere Frühlingstemperatur, frühere Schneeschmelze und damit ein verbessertes Nahrungsangebot begünstigen das Hornwachstum, ein Indiz für Vitalität. Diese Zusammenhänge hat ein internationales Forschungsteam mithilfe von Daten des Amts für Jagd und Fischerei Graubünden in einer Analyse festgestellt. Andere Tiere des Hochgebirges haben weniger Glück. Das Schneehuhn zum Beispiel wird durch den Klimawandel einen Teil seines angestammten Lebensraums verlieren.

Der Alpensteinbock ist ein majestätischer Bewohner des Hochgebirges. Er hat eine bewegte Ge-

schichte. Vor einigen Jahrhunderten waren die Steinböcke bei uns ausgerottet. Nur in Italien konnte

sich ein Restbestand von ca. 100 Tieren halten. Aus diesem Restbestand wurden 1911 einige Tiere

gestohlen und in der Schweiz ausgesetzt (Tierporträt, 2017). Die Nachkommen dieser Tiere leben in

verschiedenen Populationen auch in den Bergen um Davos, so zum Beispiel am Schiahorn.

Der Alpensteinbock folgt dem Klimawandel

Der Bestand des Alpensteinbocks wird heute durch die Jagd reguliert. Das Gehörn der erlegten

männlichen Tiere wird durch das Amt für Jagd und Fischerei Graubünden vermessen und die Daten digital erfasst. Dabei werden neben der Gesamtlänge der Hörner auch die jeweiligen Jahreszuwachse

erfasst.

Mit den Daten dieser Messungen hat ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ana-

lysiert, ob und wie sich der Klimawandel auf das Gehörn des Steinbocks auswirkt. Der folgende Text

stammt weitgehend aus der Publikation von Büntgen et al.2013.

Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern standen mehr als 42 000 individuelle Hornzuwächse

von über 8 000 Steinböcken zur Verfügung, die aus 8 Steinbockkolonien im Kanton Graubünden

stammen. Die Untersuchung wurde durch eine Datensammlung ermöglicht, die lückenlos bis ins Jahr

1964 zurückreicht.

Abbildung 49. Verteilung der untersuchten Hornzuwächse beim Alpensteinbock in Graubünden über den Zeitraum 1964 bis 2010. Die Graphik zeigt Tiere nach Altersklassen gruppiert. In der Tabelle wird die Anzahl der untersuchten Hörner sowie die mittlere Anzahl Segmente bzw. Jahre und der mittlere Jahreszuwachs

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

48

sowohl für jede einzelne Kolonie als auch für die Gesamtmenge aufgeführt. Die Skizze unten rechts zeigt die Hornstruktur eines 12 Jahre alten Steinbocks. Der älteste Jahreszuwachs befindet sich am Ende des Horns. Quelle Abbildung: Büntgen et al. 2013.

Synchrone Zeitreihen

Mit den Daten konnten verschiedene Analysen durchgeführt werden. In einem ersten Schritt sind die

8043 Tiere anhand des Gehörns bzw. anhand der Anzahl Wachstumssegmente in Jung- und Alttiere

gruppiert worden. In einem zweiten Schritt wurden die Tiere nach ihrer Aufenthaltshöhe beim Ab-

schuss klassiert und in einem weiteren Schritt wurden die mittleren Jahreszuwächse in den einzelnen Kolonien miteinander verglichen und statistisch ausgewertet.

Die Untersuchungen zeigen, dass das Hornwachstum unabhängig vom Standort der Kolonie überall

ähnlich verläuft. Die Korrelationswerte unter den einzelnen Kolonien sind mit wenigen Ausnahmen

hoch. Auch die Vergleiche des Hornwachstums von jungen mit älteren Tieren oder mit der Aufent-

haltshöhe der Tiere zeigen weitgehende Übereinstimmung. Damit war der Datensatz auch für eine

weitergehende Klima-Analyse geeignet.

Methoden aus der Jahrringforschung

Der Datensatz wurde mit den Methoden der Jahrringforschung (Dendrochronologie) aufbereitet und

analysiert. Dabei wurde der Effekt von verschiedenen klimatischen Grössen auf das Hornwachstum

unabhängig vom Abschussjahr und Alter der Tiere untersucht. Die Abbildung 50 zeigt die berechne-ten Korrelationen zwischen Hornwachstum und Schneedeckendauer/Schneefall oder zwischen

Hornwachstum und Phänologie (jahreszeitlichen Änderungen, des Wachstums und der Entwicklung

der Pflanzen).

Abbildung 50. Verschiedene Schneeparameter und pflanzenphänologische Aspekte in Korrelation mit dem Hornwachstum des Alpensteinbocks. Im Teil a) der Graphik wird die Korrelation des gemittelten jährlichen Hornwachstums mit der Schneedeckendauer und mit dem Schneefall verglichen. Der Vergleich bezieht sich auf die Monate Januar bis Juli sowie auf definierte zeitliche Perioden innerhalb der ersten Jahreshälfte. Im unteren Teil der Graphik wird die zeitliche Verfügbarkeit von 39 verschiedenen Pflanzen zwischen Mitte April und Mitte Juli mit dem mittleren Hornwachstum verglichen. Die Pflanzen sind in höheren Lagen zu finden und nach dem mittleren jährlichen Erscheinungsdatum sortiert. Quelle Abbildung: Büntgen et al. 2013.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

49

Die Resultate der Studie zeigen, dass das Hornwachstum mit der Schneedeckendauer deutlich stärker

korreliert als mit dem Schneefall (vgl. Abbildung 50). Der Monat mit der höchsten negativen Korrela-

tion ist der April. Dies bedeutet, dass je länger der Schnee im Monat April liegen bleibt, desto kleiner

ist das Hornwachstum bzw. je früher es im April ausapert desto stärker ist das Hornwachstum. Der Vergleich zwischen mittlerem Hornwachstum und Erscheinungszeitpunkt der Pflanzen zeigt zudem,

dass ab Juni (150 Tage) dieser Zusammenhang weniger wichtig wird als im Frühjahr. Die höchste

Übereinstimmung zwischen Pflanzen- und Hornwachstum wird beim Alpenhuflattich (Tussilago farfa-

ra) erzielt. Hier wurde für den Zeitraum 1982 bis 2012 eine Korrelation von 0.76 ermittelt (vgl. Abbil-

dung 50).

Die Studie hat das Hornwachstum der Steinböcke noch mit weiteren klimatischen Grössen korreliert

(vgl. Abbildung 51 und 52). Darunter waren die monatlichen Temperaturwerte sowie die Nordatlanti-

sche Oszillation. Diese ist Bestandteil der atmosphärischen Zirkulation und repräsentiert die Druck-

verhältnisse über dem Nordatlantik. Sie kann einen grossen Einfluss auf das Wetter in Mitteleuropa

ausüben. Sind die Druckverhältnisse zwischen Islandtief und Azorenhoch stark ausgeprägt (NAO+), so wird in Mitteleuropa ein feuchter und milder Winter erwartet. Sind die Druckverhältnisse nur

schwach ausgeprägt (NAO-), muss Mitteleuropa mit einem kalten und trockenen Winter gerechnet

werden (vgl. Abbildung 52).

Abbildung 51. Korrelation des gemittelten jährli-chen Hornwachstums mit den mittleren monatli-chen und saisonalen Temperaturwerten. Quelle Abbildung: Büntgen et al. 2013.

Abbildung 52. Vergleich des Hornwachstums (blau) mit den Temperaturen März bis Mai (rot), mit dem Auf-treten des Alpenhuflattichs (grün) und mit der nordatlantischen Oszillation (grau) verglichen. Quelle Abbil-dung: Büntgen et al. 2013.

Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass die mittleren monatlichen Temperaturen zwischen März und

Mai das Hornwachstum der acht Steinbock-Populationen entscheidend beeinflussen (vgl. Abbildung

51). Höhere Temperaturen in dieser Zeit lassen den Schnee früher schmelzen und verbessern das

Nahrungsangebot. Dies führt letztlich zu einem gesteigerten Hornwachstum.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

50

Die Abbildung 52 zeigt zudem, dass die Nordatlantische Oszillation, die das Winterwetter in Europa

beeinflusst, ebenfalls den jährlichen Zuwachs der Hörner beeinflusst. Sind die Winter mild und feucht

(NAO+), so wachsen die Hörner der Steinböcke überdurchschnittlich stark. Sind sie kalt und trocken

(NAO-) fallen die mittleren Zuwachsraten unterdurchschnittlich aus.

Der Klimawandel kann sowohl die Phänologie als auch die Verbreitung der Arten beeinflussen. Beim

Steinbock ändert der Klimawandel die Qualität des Lebensraumes. Das Futterangebot wird grösser

und das Tier reagiert mit stärkerem Hornwachstum, was zugleich Ausdruck seiner Lebenskraft ist.

Abbildung 53. Steingeiss mit ihrem Jungtier in der Region Davos.

Das Alpenschneehuhn verschiebt den Lebensraum in höhere Lagen

Das Alpenschneehuhn, mit wissenschaftlichem Namen Lagopus muta, ist hervorragend an die klima-

tischen Bedingungen des Hochgebirges angepasst. Überschreitet die Umgebungstemperatur 15 °C,

wird es ihm zu warm und es zieht sich an schattige Plätze zurück (Vogelwarte, 2017a). Ob dieser wichtigen Bedeutung der Lufttemperatur haben sich Forschende der Vogelwarte die Frage gestellt,

welchen Einfluss der Klimawandel auf das Alpenschneehuhn haben. Die Forschenden haben festge-

stellt, dass in den Ost- und Südalpen der Schweiz Schneehühner in zunehmend höheren Lagen beo-

bachtet werden (Vogelwarte, 2017b). Demgegenüber fiel die die Höhenverschiebung in den Nord-

und Westalpen gering aus. Die Höhenverschiebung in den Ost- und Südalpen gehört zu den rasches-

ten unter den Tieren und Pflanzen in den Alpen und könnte mit dem Ansteigen der Baum- und Wald-

grenze zusammenhängen (Vogelwarte, 2017b; vgl. Kapitel Grüne Grenzen wandern). Eine ähnliche

Höhenverschiebung ihres Lebensraumes wurde in Graubünden auch bei Reh, Hirsch, Gämse und

Steinbock festgestellt (ANU, 2014).

Nebst dem Aufenthalt in immer grösserer Höhe hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auch die Populationsgrössen des Alpenschneehuhns verändert. Es zeigte sich, dass in manchen Zählgebieten

der Bestand stark abnahm, während er in anderen eher zunahm (Vogelwarte, 2017b). Ob diese Ver-

änderungen der Populationsgrössen ebenfalls mit dem Klimawandel zusammenhängen ist noch un-

klar.

Anpassungen wechselwarmer Tiere

Analog zur Verbreitung der Pflanzen bestimmt das Klima am Standort auch wesentlich das Vorkom-

men wechselwarmer Tiere wie beispielsweise Fische, Amphibien, Reptilien oder Insekten und Spin-

nen. Die Fähigkeit dieser Tiere mit schwankenden Lebensbedingungen umzugehen ist gross und die

vielen Kleinstlebensräume erlauben ein Ausweichen auf engstem Raum (Akademien der Wissen-

schaften Schweiz, 2016). Grössere wechselwarme Tiere benötigen analog zu den Warmblütern neue

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

51

geeignete Lebensräume. So gibt es Hinweise, dass Bachforellen früher schlüpfen und ihr Habitat

flussaufwärts verschoben haben (Burkhardt-Holm, 2009).

Schlussfolgerungen

Die Tiere des Hochgebirges scheinen recht unterschiedlich auf den Klimawandel zu reagieren. Der

Alpensteinbock zeigt einen überraschenden Effekt: höhere Temperaturen im Frühjahr steigern das Hornwachstum der Tiere. Eine Studie zeigt - basierend auf einer einzigartigen Datensammlung des

Amts für Jagd und Fischerei Graubünden - dass insbesondere höhere Temperaturen zwischen März

und Mai und die Ausprägung der Nordatlantischen Oszillation letztlich das Hornwachstum steuern.

Gleichzeitig verschiebt der Alpensteinbock seinen Lebensraum in höhere Lagen, genauso wie das

Schneehuhn und andere Wildtiere auch. Da dieser Raum mit zunehmender Höhe am Berg enger

wird, stellt sich die Frage, ob zukünftig die Populationen kleiner werden. Umso wichtiger ist es, Tie-

ren wie auch Pflanzen im Hochgebirge den Raum nicht streitig zu machen.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

52

Take-off für Pollenflug

Das Klima beeinflusst die Gesundheit von Menschen auf vielfältige Art. Grosse Hitze mit Tempera-turen über 30 °C kann den Kreislauf stark belasten und zu frühzeitigen Todesfällen führen. Ge-sundheitliche Probleme können auch indirekt über wärmere Temperaturen auftreten. Durch den Klimawandel können zum Beispiel allergene Pflanzenarten neue zuvor für sie zu kalte Gegenden besiedeln und zu mehr Heuschnupfen führen. Wärmere Temperaturen führen zudem zu erhöhten Ozonwerten, die gesundheitliche Probleme zusätzlich anheizen können.

Hitze ist ein bedeutendes Gesundheitsrisiko. Hitze kann bestehende gesundheitliche Probleme ver-

stärken, die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit schwächen oder gar zum Tod führen (Urbinel-

lo und Röösli, 2014). Im Hitzesommer 2015 waren hierzulande rund 800 Todesfälle mehr zu bekla-

gen, als in einem normalen Jahr (BAFU, 2016c). Trotz zunehmender Wärme wurde in Davos die 30 °C-

Marke noch nie geknackt. Die gesundheitlichen Risiken des Klimawandels sind deshalb hier oben

deutlich geringer als im Unterland. Dennoch stehen auch in Davos neue gesundheitliche Herausfor-

derungen an, die der Klimawandel mit sich bringt.

Der Tanz der Pollen

Ein Beispiel betrifft Pollenallergien. Grundsätzlich können Pollen aus den Blüten verschiedener Pflan-

zenarten bei empfindlichen Personen Heuschnupfen und andere allergische Reaktionen hervorrufen.

Die Pollenbelastung der Luft ist von den in der Umgebung vorkommenden Pflanzenarten, der Witte-

rung, der Jahreszeit und der Belastung der Luft mit Schadstoffen abhängig. Je mehr Pollen in der Luft

sind, desto heftiger können die Reaktionen sein. In der Schweiz sind etwa 15 bis 20% der Bevölke-

rung von einer Pollenallergie betroffen (Allergiezentrum Schweiz, 2016).

In Davos beginnt die Heuschnupfensaison mit den Pollen der Laubbäume, unter ihnen Birke, Erle

oder Hasel. Im Frühsommer und Sommer treten die Graspollen in grosser Zahl auf. Später im Jahr

können krautartige Pflanzen wie beispielsweise der Knöterich die Allergikerinnen und Allergiker be-

lasten.

Die Pollenbelastung der Luft wird für die Umgebung von Davos an der Hochgebirgsklinik am Wolf-

gang ermittelt. Die Pollen werden mit Pollenfallen aufgefangen, unter dem Mikroskop bestimmt und

ausgezählt. Die Ergebnisse werden als Konzentrationen (Pollen pro Kubikmeter Luft) einzelner Arten,

Gattungen oder Pflanzenfamilien angegeben (MeteoSchweiz, 2014a; vgl. Abbildung 54). Für den

Standort Davos werden die Pollen verschiedener Laubbäume (Ahorn, Birke, Buche, Hasel, Esche,

Platane), Nadelbäume (Lärche, Fichte), Gräser (Familie der Poaceen) und jene des stark allergenen

Neophyten Ambrosia ausgezählt.

Abbildung 54. Graspollen (Anzahl Pollen pro Kubikmeter und Tag) an den Standorten Davos (links) und Zürich (rechts). Quelle Abbildungen: Allergiezentrum Schweiz, 2016.

Die Pollenbelastung ist in der Höhenlage von Davos vergleichsweise gering. Zudem erreicht die Belas-

tung ihren Höhenpunkt später (vgl. Abbildung 54). Die Pollenbelastung erreicht in Davos etwa einen

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

53

Drittel der in Zürich gemessenen Werte. Die durchschnittlich stärkste Pollenbelastung (graue Fläche)

setzt in Davos fast einen Monat später ein als in Zürich. Die Belastung im warmen Jahr 2015 (schwar-

ze Balken) zeichnet ist stärker und setzt früher ein, als in einem durchschnittlichen Jahr. In der Dauer

der Heuschnupfensaison sind hingegen kaum Unterschiede zu erkennen.

Ein Blick auf die Daten von Davos zeigt, dass nicht nur das Jahr 2015 herausragend ist, sondern dass

sich grundsätzlich die durchschnittliche saisonale Pollenbelastung über die vergangenen Jahrzehnte

verändert hat. So ist die Luft heute (2000 bis 2014) vergleichsweise früher und auch stärker mit

Graspollen durchsetzt als in den Jahren zuvor (1985 bis 1999). Die Dauer der Belastung scheint hin-

gegen unverändert (vgl. Abbildung 55).

Abbildung 55. Die durchschnittliche Belastung der Davoser Luft mit Graspollen hat in den vergange-nen 15 Jahren (grüne Linie; 2000 bis 2014) früher im Jahr höhere Werte erreicht als in den 15 Jahren zuvor (graue Linie; 1985 bis 1999). Die Dauer der Belastung scheint sich hingegen nicht zu verän-dern (Daten MeteoSchweiz).

Die tendenziell verfrühte Graspollen-Belastung spiegelt die Beobachtung, dass die Pflanzen in Davos

früher blühen als in vergangenen Jahrzehnten (vgl. Kapitel Grüne Grenzen wandern). Auch andere

Standorte in der Schweiz und weltweit zeigen verfrühte Pollenbelastungen. So blühen in Neuenburg

die meisten der untersuchten Arten früher im Jahr (Clot, 2003). In der nördlichen Hemisphäre startet

die Pollensaison 15 Tage früher (WHO, 2008). Im Hitzejahr 2003 setzte die Belastung mit Graspollen 1 bis 2 Wochen früher ein als in den 2 bis 3 Jahrzehnten zuvor (Gehrig, 2003). Aufgrund der grossen

Trockenheit hörte sie aber auch 7 bis 33 Tage früher auf. Die Pollenbelastung insgesamt scheint aber

an anderen, tiefer gelegenen Standorten (Basel, Locarno) in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehn-

ten gar zurückzugehen (Clot, 2003; Frei und Gassner, 2008).

Abbildung 56. Pollenmengen in Davos (Pollen pro Kubikmeter Luft und Tag) der Artengruppen Gräser (Fami-lie Poaceae) und Laubbäume (Ahorn, Buche, Esche, Birke). Während die Pollen der Gräser über die Zeit kei-nen klaren Trend zeigen, nimmt die Pollenmenge der Laubbäume deutlich zu.

Die Entwicklung der Pollenbelastung (Pollenmenge über die Zeit) einzelner Artengruppen zeigt dabei

recht unterschiedliche Muster. Während die Pollenmenge der Gräser keinen Trend zeigt (1983 bis

2014); vgl. Abbildung 56, links), nimmt jene der Laubbäume (Birke, Erle, Ahorn, Buche, Esche) deut-

lich zu (vgl. Abbildung 56, rechts). Die zunehmende Pollenmenge der Laubbäume ist wohl eine Folge

der beobachteten Zunahme dieser Baumarten im Hochtal (vgl. Kapitel Grüne Grenzen wandern).

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

54

Bäume scheinen nicht nur in Davos, sondern ganz grundsätzlich stärker auf den Klimawandel zu rea-

gieren als Gräser oder krautartige Pflanzen (Clot, 2003).

Der Effekt des Klimawandels auf die Pollenbelastung im Allgemeinen und auf den Heuschnupfen

selbst ist dennoch nicht ganz geklärt. Zum einen werden zahlreiche allergene Pflanzenarten in weit grösserem Ausmass durch den Menschen verbreitet als durch den Klimawandel. Die Pflanzen werden

zur Zierde in Gärten, Parks und Grünflächen angepflanzt oder in der Landwirtschaft eingesetzt. So

sind die allergenen amerikanischen Platanen beliebte Alleebäume und das eingesäte Wiesen-

Lieschgras dominiert gedüngte Fettwiesen. Die Ambrosia wurde aus Nordamerika eingeführt. Ihre

Samen werden über Vogelfutter weiter verschleppt (Lanfranchi, 2013; ANU, 2015a). Bekannt ist das

Beispiel der allergenen Purpurerlen in der Bahnhofstrasse von Buchs (Gassner et al., 2013).

Luftschadstoffe verstärken allergische Reaktionen

Die beobachtete Zunahme von Allergien ist auf verschiedene Entwicklungen zurückzuführen, die

unter dem Begriff western lifestyle zusammengefasst werden. Neben der zunehmenden Wärme und

den eingeschleppten allergenen Pflanzenarten gehören auch Ernährung und Umweltschadstoffe mit dazu. Zu ihnen zählen Feinstaub, Stickoxide oder Ozon. Luftschadstoffe schwächen das Immunsystem

und sie haben auch eine indirekte Wirkung. Die Schadstoffe können die Pollen verändern, indem sie

deren Oberfläche oder Inhaltsstoffe angreifen. So können Stickoxide oder Ozon den Gehalt an Ei-

weiss im Pollen verändern, oder gar das Eiweiss selber beeinflussen (Frank und Ernst, 2016).

Der Zusammenhang zwischen Luftschadstoffen und allergischen Reaktionen wurde in der SAPALDIA-

Studie aufgezeigt. In stark mit Luftschadstoffen belasteten Regionen sind Heuschnupfen und Asthma

vergleichsweise häufig. Während in Basel 18% von Heuschnupfen betroffen sind, waren es in Lugano

noch 15,5%, in Davos 10% und in Montana noch 4,3% (Wüthrich, 2009). Ein Extremfall von allergi-

scher Reaktion im Zusammenhang mit Luftschadstoffen ist das sogenannte thunderstorm asthma. Während eines Gewitters werden Allergene aufwirbelt. Die Winde der Gewitterfront konzentrieren

die Pollenfragmente in Bodennähe, wo sie eingeatmet werden (NZZ, 2016). In der Folge können

Atemnot oder Husten auftreten und zwar plötzlich. Die Freisetzung von Pollen-Allergenen bei hohen

Ozon-Werten könnte das thunderstorm asthma erklären (Frank und Ernst, 2016).

Ausblick

Bis anhin schränkten kalte Temperaturen und Frostereignisse die Entwicklung von Gräsern und die

Verbreitung der Laubbäume ein. Diese Einschränkungen fallen mit der zunehmenden Wärme mehr

und mehr weg. So ist es zu erwarten, dass sich das Spektrum der Pflanzenarten in Davos weiter ver-

ändert und die Art und die Intensität der Pollenbelastung zunehmen. Auch die stark allergene Amb-

rosia wird ihren Beitrag dazu leisten. Im Vergleich mit Standorten der Tallagen wird die Pollenbelas-tung insgesamt aber dennoch vergleichsweise gering bleiben.

Schlussfolgerungen

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich mit der zunehmenden Wärme auch die Pollenbelastung

verändert. So wird seit Mitte der Achtziger Jahre ein Anstieg der Pollen von Laubbäumen beobachtet.

Dies widerspiegelt die Zunahme dieser Pflanzengruppe in Gärten und im Wald. Zudem blühen die

Gräser tendenziell immer früher und die Menge ihrer Pollen in der Luft nimmt zu. Die Klimaerwär-

mung wird die Pollenbelastung weiter erhöhen. Zunehmende Ozonwerte bei höheren Temperaturen

und Stickoxide sowie Feinstaub aus dem Verkehr oder der Landwirtschaft können die allergischen

Reaktionen verstärken und die Gesundheit empfindlicher Personen beeinträchtigen. Anstrengungen

im Bereich Klimaschutz helfen nicht nur den Klimawandel zu bremsen, sondern auch die gesundheit-lichen Belastungen durch Luftschadstoffe und Pollen zu reduzieren. Am Gesundheitsplatz Davos

kennt man die Zusammenhänge bestens.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

55

Das Ende der Natureiszeit

Mitten im winterlichen Davos lag einst eine Natureisbahn. Mit einer Fläche von 18 000 m2 war sie die grösste Natureisbahn Europas. Als Austragungsort von Europameisterschaften und Welt-cuprennen in diversen Eissportarten ist sie legendär. Doch mit der zunehmenden Wärme wurden der Aufbau und der Betrieb schwierig und unrentabel. Schliesslich wurde die Natureisbahn im Frühjahr 2016 für immer geschlossen. Neu wird an gleicher Stelle ein Kunsteispark eingerichtet. Der Versuch mit technischen Hilfsmitteln die ausbleibende Kälte im Winter zu ersetzten um das Angebot des Eislaufsportes aufrecht zu erhalten, ist nachvollziehbar, aber langfristig nur mit gros-sem Aufwand zu halten.

Eissport ist in Davos seit langem populär. Spätestens ab Ende der 1860er Jahre nutzten Kurgäste den

Davoser See als Eisbahn. Die umliegenden Gasthäuser richteten bei schönem Wetter auf dem Eis

Tische und Stühle auf. Die Gäste wurden durch schlittschuhlaufende Kellner bedient (vgl. Schmid,

2012). Die etwas abgelegene Lage des Sees führte jedoch bald zur Suche nach alternativen Standor-

ten im Siedlungsraum. Unter Federführung von Hoteliers und von Kurgästen insbesondere aus Eng-

land wurden bei der Mattastrasse und einige Jahre später auch an der Talstrasse neue Eisbahnen eingerichtet (Schmid, 2012). Die Eisbahn an der Mattastrasse fiel der Korrektur des Landwassers zum

Opfer. Nach Streitereien über den Unterhalt und die Kosten übernahm 1887 der Kurverein die Lei-

tung der Eisbahn an der Talstrasse. Bald wurde sie auf eine Fläche von 16 000 m2 vergrössert. Dane-

ben entstand ein grosses Gebäude mit zwei Türmen, einer Terrasse für das Orchester und ein feuda-

les Restaurant (vgl. Abbildung 55).

Abbildung 57. Gäste tummeln sich auf der Davoser Natureisbahn. Quelle: ETH-Bibliothek Zürich Bildarchiv. Fotograf Unbekannt, um 1930.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

56

Mekka des internationalen Eissports

Im Winter 1894/95 fanden auf der Davoser Natureisbahn die ersten internationalen Wettkämpfe im

Eislauf statt, organisiert durch den damals neu gegründeten Internationalen Schlittschuh-Club Davos

(ISCD), der noch heute besteht. Rasch sprach sich herum, dass die Eisbahn ausserordentlich schnell ist. Gründe dafür waren wohl die dünne Luft, respektive der geringe Luftwiderstand, und das ver-

gleichsweise saubere Eis. Bald darauf wurde im Jahr 1898 der erste Weltrekord im Eisschnelllauf auf-

gestellt, über die Distanz von 1500 m. In den folgenden 100 Jahren erliefen Eisschnellläuferinnen und

Eisschnellläufer in Davos über 90 Weltrekorde (Schmid, 2012).

Very british – das englische Eisfeld

Die englischen Gäste - sie machten lange Jahre gut ein Drittel aller Gäste in Davos aus.-.trugen viel

zur Entwicklung des Eissports bei. Der englische Stil im Eiskunstlauf und das Bandy unterschieden

sich jedoch von den Eissportarten, die in Kontinentaleuropa praktiziert wurden und sie hatten inter-

national kaum Bedeutung. Die Briten hielten aber an der Pflege ihrer eigenen Sportarten fest, was

hin und wieder zu Konflikten auf der Eisbahn führte (Schmid, 2012). Schliesslich erhielten sie im Win-ter 1896 ein eigenes Eisfeld, das sogenannt Englische Eisfeld. Noch bis am Schluss behielt diese west-

liche Ecke des Natureisfeldes diesen Namen.

Abbildung 58. Auch als längst keine typisch britischen Sportarten mehr dort ausgetragen wurden behielt das Englische Eisfeld seinen Namen.

Wie der HCD auf das Eis kam

Im Jahr 1918 gründeten Davoser Gäste den ersten Eishockeyclub, der später durch den Hockeyclub

Davos (HCD) abgelöst wurde. Bald fand auf dem Natureisfeld der erste Spengler-Cup statt. Später,

1926, führte Davos die Europameisterschaften durch, aus welcher prompt der einheimische Hockey

Club als Sieger hervor ging. Viele Jahre später, im 1960, liess die Gemeinde neben dem Natureis eine

Kunsteisbahn errichten, die 1980 überdacht wurde. Seitdem werden die Spiele des HCD auf Kunsteis

in der Halle ausgetragen.

Abbildung 59. Hockeyspiel auf dem Natureisfeld. Bildquelle: Foto Furter, Davos.

Die Eigenheiten der Natureisbahn passten über die Jahre immer weniger zu den Ansprüchen des Elitesports. Wind oder Schneefall haben im dicht gefüllten Wettkampfkalender der Eisschnellläufer

und Hockeyspieler keinen Platz mehr. Der Sport ist immer mehr auf konstante Bedingungen einge-

stimmt, wie sie Kunsteishallen bieten können.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

57

Das Ende der Natureiszeit

Nicht nur die veränderten Ansprüche sondern auch die zunehmenden Temperaturen haben die Exis-

tenz der Natureisbahn in Davos mehr und mehr bedroht. Für den Aufbau des Natureises sind sowohl

eine ausreichende Schneedecke als auch kalte Temperaturen Voraussetzung. Beides wird in einem wärmeren Klima rarer (vgl. Kapitel Klimawandel in Davos). Entsprechend gingen im Verlauf der ver-

gangenen Jahrzehnte die Betriebstage der Eisbahn immer weiter zurück (vgl. Abbildung 60 und 61).

Dauerte die Saison der Natureisbahn bis in die 1960er Jahre durchschnittlich 113 Tage, so erreichte

sie in den letzten beiden Jahrzehnten deren 73. Die Winter mit der längsten Saison waren 1924/25

und 1927/28 mit je 128 Tagen. Der Winter mit der kürzesten Saison war der Winter 2015/16 (ledig-

lich 18 Tage), der schliesslich das Ende der Natureisbahn einläutete. Interessant ist, dass die Saison

insbesondere immer später einsetzte. Seit Messbeginn startete die Saison im Herbst um rund einen

Monat später, im Frühjahr endete sie rund 3 Wochen früher. Grund für dieses Ungleichgewicht könn-

te sein, dass im Herbst die Eismeister für die Herstellung der Natureisbahn sowohl auf genügend

Schnee als auch auf tiefe Boden- und Lufttemperaturen angewiesen sind. Im Frühjahr hingegen spielt der Schnee keine Rolle mehr. Sonneneinstrahlung und Lufttemperaturen bestimmen, ob die Natur-

eisbahn offenbleibt oder geschlossen wird.

Abbildung 60. Natureisbahn Davos: Die Anzahl Betriebstage und zwei berechnete Trendlinien für die Perioden 1894-2016 (rot) und 1945-2016 (blau)..

Die Abbildung 60zeigt, dass die Saison des Natureisfeldes über die Jahre immer kürzer geworden ist.

Die rote Trendlinie bezieht sich auf die gesamte Messperiode und die gestrichelte blaue Trendlinie

wurde mit den Werten nach 1945 gerechnet. Weil der Rückgang der Betriebstage erst nach den

1940er Jahren einsetzte, eignet sich die blaue Trendlinie besser um die Entwicklung in die Zukunft zu projizieren. Gemäss dieser Projektion würde sich die Natureisstrecke bis 2060 auf durchschnittlich 40

Tage zurückgehen.

Abbildung 61. Natureisbahn Davos: Entwicklung der Natureisstrecke anhand der Eröffnungs- und Schliessdaten während der Zeitperiode 1894 bis 2015, mit entsprechenden Trendlinien.

Mit der verkürzten Saison haben sich über die Jahre auch die Einnahmen aus den Eintritten verrin-

gert. Mit diesen Einnahmen wurden in den letzten 10 Jahren gerade noch rund 20% der Bruttokosten

der Natureisbahn gedeckt. Die Davos Destination Organisation (DDO) und die Gemeinde haben des-

halb beschlossen den Betrieb der Natureisbahn nach der Saison 2015/16 einzustellen.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

58

Ein Kunsteistraum als Ersatz

Die wachsenden wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen rund um die Natureisbahn

haben die DDO dazu bewogen, mit einer Arbeitsgruppe einen Ersatz für das Natureis zu beraten. So

wurde schliesslich beschlossen, an Stelle der Natureisbahn einen Kunsteispark einzurichten. Dieser wurde im August 2016 von der Politik bewilligt und bereits im November desselben Jahres umge-

setzt. Der Kunsteispark besteht aus mehreren Themeneisfeldern, die miteinander verbunden sind. In

den Kunsteispark eingebettet sind auch verschiedene Gastronomiebetriebe. Das Kunsteis wird auf -

10°C abgekühlt (Gemeinde Davos, 2016 b). Dafür sind vier Kältemaschinen im Einsatz mit einer ma-

ximalen Leistung von 400 kW. Für den Betrieb der Anlagen wird pro Winter mit Energiekosten von

150 000.- Franken gerechnet (Gemeinde Davos, 2016b). Dies entspricht und einem Verbrauch von

rund 700 000 bis 800 000 kWh. Eine Anlage zur Wärmerückgewinnung ist vorerst nicht vorgesehen,

soll aber geprüft werden. Ebenfalls geprüft werden soll der Bau einer Photovoltaik-Anlage, die zu-

mindest einen Teil des benötigten Stroms selber produzieren könnte. Der Energiebedarf ist sehr hoch

und er wird steigen, durch die zunehmende Wärme und mehr Regen statt Schnee.

Die Anlagen für den auf zwei Jahre befristeten Versuchsbetrieb wurden gemietet. Der Nettoaufwand

für den Betrieb der Anlagen beläuft sich gemäss Botschaft an den Grossen Landrat vom 5. August

2016 auf 470 000.- Franken pro Jahr.

Schlussfolgerungen

Die Natureisbahn Davos war über 100 Jahre lang ein Aushängeschild des Wintersportortes. Die An-

zahl Betriebstage sind durch die zunehmende Wärme in den vergangenen Jahrzehnten eingebro-

chen. Das legendäre Natureisfeld musste schliesslich aufgegeben werden. Eine Besonderheit, die das

sportliche Davos weltweit bekannt gemacht hat, musste infolge des Klimawandels aus wirtschaftli-

chen Gründen aufgegeben werden. Ein Kunsteispark, wie er in ähnlicher Form bereits an anderen Standorten existiert, soll den Eislaufbegeisterten auch in Zukunft ihr Eisvergnügen bieten.

Der Versuch mit technischen Hilfsmitteln Schnee und Kälte zu ersetzten, um das Angebot des Eislauf-

sportes aufrecht zu erhalten, ist nachvollziehbar. Eine Streichung des Angebots wäre in Davos nicht

infrage gekommen. Wegen des Klimawandels wird der Kunsteispark als Ersatz wohl dennoch nur eine

befristete Lösung sein. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Gemeinde Zeit haben den Klimawandel als

Ansporn für Innovationsprozesse zu nutzen. Als Beitrag an die Bemühungen zum besseren Schutz des

Klimas sollte der Kunsteispark die anfallende Abwärme der Kältemaschinen nutzen und die Anlagen

mit erneuerbaren Energien betreiben, am besten mit eigens dafür produziertem Strom.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

59

Vom Wandel zum Handeln

Kohlendioxid (CO2) ist das Treibhausgas mit den bedeutendsten Auswirkungen auf das Klima. In Davos werden jährlich rund 90 000 Tonnen CO2 in die Luft geblasen. Zweidrittel davon stammen von Ölheizungen. Denn fast 70% der Gebäude werden mit diesem fossilen Brennstoff beheizt. We-gen der Klimaerwärmung muss zukünftig weniger geheizt werden. Der Ausstoss an CO2 wird sich deswegen aber nicht automatisch verringern. Dies weil wir dazu tendieren mit dem eingesparten Geld den Energieverbrauch an anderer Stelle zu erhöhen. Um die Klimaziele zu erreichen müssen wir aktiv und nachhaltig handeln. Gerade in Davos können alle einen Beitrag dazu leisten.

Der Ausstoss an Treibhausgasen ist der Motor für den Klimawandel. Die Treibhausgase sammeln sich

in der Atmosphäre an und verändern die Energiebilanz der Erde so, dass es hier immer wärmer wird

(vgl. Kapitel Die Sonne ist nur Zeugin). Auch Davos heizt das Klima an. Die Emissionen des bedeu-

tendsten Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) sind in Davos vergleichsweise hoch (SLF, 2006). Im Jahr

2012 wurden hier insgesamt rund 90 000 Tonnen CO2 ausgestossen (Marunke, 2014).

Das CO2 wird hauptsächlich über die Wärmeerzeugung bzw. über die Verbrennung von Heizöl ausges-

tossen (68% der CO2-Emissionen). Der Verkehr als zweitgrösste Emissionsquelle kommt auf 18%. Beide Emissionsquellen zusammen kommen auf einen Anteil von 86% und machen damit deutlich,

wie abhängig die Energieversorgung in Davos von den fossilen Brenn- und Treibstoffen aus fernen

Ländern ist. Dies gilt sowohl für die Wärmeerzeugung als auch für die Mobilität.

Abbildung 62. CO2-Emissionen auf dem Gebiet der Gemeinde Davos, sortiert nach Energieträger. Quelle Marunke, 2014.

Temperatur und Heizenergiebedarf

Das vergleichsweise kalte Klima in Davos führt dazu, dass der Energiebedarf für Heizzwecke hoch ist.

Der Zusammenhang zwischen dem Klima und dem Heizbedarf wird mit den sogenannten Heiztagen

und den Heizgradtagen aufgezeigt. Als Heiztag gilt ein Tag, an dem die mittlere Aussentemperatur

12 °C oder weniger beträgt und an dem normalerweise geheizt wird, um eine Raumtemperatur von

20 °C zu erreichen (MeteoSchweiz, 2014c). Bei den Heizgradtagen (HGT) wird die Differenz zwischen

der Raumtemperatur (z.B. 20 C) und der Aussentemperatur gebildet, jedoch nur für die Tage, an

welchen die mittlere Aussentemperatur unter der Heizgrenze (z.B. bei 12 °C) liegt (Zweifel, 2015).

Der Energiebedarf für Heizzwecke ist theoretisch rückläufig

Die Anzahl Tage mit einer Aussentemperatur von weniger als 12 °C ist in den vergangenen 50 Jahren

in Davos um 10% zurückgegangen. Heute fällt die Temperatur noch an ungefähr 300 Tagen pro Jahr

unter die 12 °C-Marke. Vor fünfzig Jahren musste knapp ein Monat länger geheizt werden (Mete-

oSchweiz, 2014c). Die Anzahl der Heizgradtage hat in Davos in den letzten 50 Jahren um 15% abge-

nommen (vgl. Abbildung 63). Bei den Heizgradtagen fällt auf, dass sie im Winterhalbjahr weniger

deutlich zurückgegangen ist als im Sommer (rund 200 gegenüber 500 HGT; MeteoSchweiz, 2014c).

Weil zudem im Winterhalbjahr rund 75% der Heizenergie verbraucht wird, fällt die Energieeinspa-

rung in den beiden Jahreshälften fast gleich aus. Wird der Rückgang der Heizgradtage mit dem Ener-

gieverbrauch verglichen, so zeigt sich, dass in Davos pro m2 Energiebezugsfläche heute theoretisch rund 10% weniger Heizenergie verbraucht wird als vor 50 Jahren.

Abbildung 63. Entwicklung der Heizgradtage (HGT) in Davos über die Jahre 1961-2015. In dieser Zeit haben die HGT um 15% abgenommen. Quelle MeteoSchweiz, 2015.

Zukünftiger Heizenergiebedarf

Um das Klima der Zukunft abzuschätzen, behilft sich die Forschung mit Modellen. Das modellierte

Klima der Zukunft wird in Szenarien aufgezeigt. Diese Klima-Szenarien wurden für verschiedene

Emissionsszenarien berechnet (vgl. Kapitel Klima der Zukunft). Nebst dem Klima im Allgemeinen kön-nen damit auch einzelne Indikatoren modelliert werden. So wurden auf der Grundlage der Tempera-

turentwicklung in Davos (1960-2010) und der zwei Klimaszenarien RCP3PD 2060-schwach und A1B

2060-stark die Entwicklung der Heizgradtage berechnet. Dabei wurde davon ausgegangen, dass ein

linearer Zusammenhang besteht zwischen dem Anstieg der Temperatur und der Abnahme der Heiz-

gradtage (vgl. Abbildung 64).

Abbildung 64. Davos: Entwicklung der HGT für zwei verschiedene Klimaszenarien.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Heizgradtage beim Szenario RCP3PD 2060-schwach bis 2060 ähnlich

rasch abnehmen wie bisher. So würden im Jahre 2060 in Davos noch rund 4700 HGT pro Jahr gezählt.

Dies entspricht einer Abnahme von 23% gegenüber 1960 und einer Abnahme von 15% gegenüber

dem Wert von 2010. Damit wird Davos noch so viele Heizgradtage zählen, wie sie heute in Klosters

gezählt werden, das rund 300 Höhenmeter tiefer liegt.

Für das Szenario A1B zeigen die Ergebnisse eine starke Abnahme der Heizgradtage. Im Jahre 2060

würden in Davos noch rund 3350 HGT gezählt. Dies entspricht einer Abnahme um 45% gegenüber

1960 und einer Abnahme um 39% gegenüber dem Wert von 2010. In Davos wird damit so viele Heiz-

gradtage zählen, wie sie heute in Chur gezählt werden, das rund 1000 Höhenmeter tiefer liegt.

Reduktion des Wärmeverbrauchs über die Klimaerwärmung

Die Ergebnisse der Modellierung zeigen, dass in Davos im Jahre 2060 theoretisch deutlich weniger

geheizt werden muss. Für die Wärmeerzeugung muss je nach Klimaszenario zwischen 15 und 40%

weniger Energie aufgebracht werden. Dabei würde im Winterhalbjahr (60%) mehr eingespart als im

Sommerhalbjahr (40%). Weil der Einfluss des Kaltluftsees bei höheren Temperaturen geschwächt

wird, könnte die benötigte Heizenergiemenge letztlich leicht höher ausfallen.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

61

Dieser reduzierte Heizwärmebedarfs würde sich nur bei einem konstant schlechten Gebäudestan-

dard einstellen. Die Energiegesetzgebung verlangt jedoch, dass mehr auf erneuerbare Energieträger

umgestellt und die Energieeffizienz gesteigert wird. Weil dadurch allgemein der Standard der Gebäu-

de und der Heiztechnik verbessert werden, werden letztlich weniger Heizenergie bzw. CO2-Emissionen eingespart, als aufgrund der Erwärmung zu erwarten wäre.

Die effektive Einsparung von Heizenergie und Emissionen werden zudem durch sogenannte

Rebound-Effekte beeinflusst. Der Rebound-Effekt besagt, dass Einsparungen an einer Stelle durch

Mehrverbrauch an anderer Stelle kompensiert oder sogar überkompensiert werden (Gillingham et

al., 2013). Dieser Mehrverbrauch kann innerhalb des Gebäudes z.B. durch höhere Raumtemperatu-

ren, durch Zunahme des Stromverbrauchs für Kühlzwecke oder durch eine Vergrösserung der Wohn-

fläche wettgemacht werden (direkte Rebound-Effekte). Die eingesparten Kosten können jedoch auch

in ein grösseres Auto oder in eine zusätzliche Reise ins Ausland gesteckt werden (indirekte Rebound-

Effekte). So ziehen höhere Anstrengungen in einem Bereich vielfach tiefere Anstrengungen in einem

anderen Bereich nach sich, so dass das Budget insgesamt ausgeglichen bleibt (Khan and Dhar, 2006). Auch der Bericht CH2014 geht davon aus, dass ein Grossteil der Energieeinsparung durch Rebound-

Effekte kompensiert wird (CH2014, 2014). Der Bericht kommt zum Schluss, dass über die Erwärmung

je nach Klimaszenario bei der Energie schweizweit Einsparungen von 0.1 bis 0.8% und bei den CO2-

Emissionen Einsparungen von 0.9 bis 3.7% zu erwarten sind (Winkler et al, 2015). In Davos werden

die Einsparungen höher ausfallen als der schweizweite Mittelwert. Hier gehen die Heizgradtage fast

doppelt so stark zurück und zudem fällt ein Teil des Rebound-Effektes weg, weil in der Höhenlage

von Davos kaum gekühlt werden muss.

Vom Wandel zum Handeln

Überall wo Treibhausgase ausgestossen werden, muss der Klimaschutz ansetzen. So können wir beim Wohnen, bei der Mobilität, in der Landwirtschaft oder bei der Ernährung darauf achten, klimafreund-

liches Verhalten und klimafreundliche Technologien einzusetzen (vgl. ANU, 2015b).

Die meisten Treibhausgasemissionen können in Davos beim Wärmeverbrauch und bei der Wärmeer-

zeugung eingespart werden (SLF, 2006; Marunke, 2014). Durch Gebäudesanierungen und sparsame

Ersatzneubauten (Minergie, Minergie-P und Minergie A) und eine angepasste Beheizung der Gebäu-

de kann der Energieverbrauch und damit auch der CO2-Ausstoss erheblich gesenkt werden.

Der Sanierung von Altbauten kommt in Davos eine besondere Bedeutung zu. In der Schweiz wird bei

den Altbauten ein Renovationsbedarf von 78% geschätzt (Gunzinger, 2016). Mit der aktuellen Sanie-

rungsrate von 1.1%, würde es rund 70 Jahre dauern bis alle Altbauten energietechnisch saniert sind

(Gunzinger, 2016). Dies ist zu lange um die Klimaziele zu erreichen, deswegen wurden Förderpro-gramme wie das Gebäudeprogramm erstellt.

Die wichtigsten Massnahmen zur Einsparung von Heizwärme sind: Wärmedämmung der Fassaden,

der Dächer oder Dachgeschosse und der Kellerdecken sowie der Einbau von Wärmeschutzverglasun-

gen. Technisch betrachtet kann jede dieser Gebäudekomponenten einzeln angegangen werden. Für

die Energiebilanz sind jedoch Gesamtsanierungen einträglicher. Die Förderprogramme kommen einer

Gesamtsanierung mit einem Bonus entgegen. Ein kleiner Schwachpunkt bleibt allerdings auch bei

Gesamtsanierungen: der Energieeinsatz bei den Sanierungsarbeiten und die grauen Energie der ein-

gesetzten Produkte.

Der Energieverbrauch wird nicht nur durch die Bereitstellung von Raumwärme sondern ist auch vom

Benutzerverhalten bestimmt. Dieses wird von unseren Ansprüchen bestimmt und diese steigen lau-fend. Beobachtungen bei den Gemeindeliegenschaften zeigen, dass Massnahmen zur Steigerung der

Energieeffizienz vielfach zu höheren Raumtemperaturen führen (mündliche Mitteilung Liegen-

schaftsverwalter Gemeinde Davos). In Zusammenhang mit dem Benutzerverhalten besteht in Davos

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

62

besonders bei den Zweitwohnungen, die bei Abwesenheit stärker als notwendig beheizt werden, ein

Handlungsbedarf (SLF, 2006).

Wird der Wärmeverbrauch von Davos nach Energieträgern aufgeschlüsselt, stellt man für die erneu-

erbaren Energien ein erhebliches Steigerungspotenzial fest. Vom heute geschätzten Gesamt-Wärmeverbrauch von 300-330 GWh werden zurzeit, rund 20 GWh mit Elektrizität (70% Wasserkraft),

24 GWh mit Erdwärme, 12 GWh mit Holzenergie und 1.6 GWh mit Solarthermie abgedeckt (Marun-

ke, 2014; Gemeinde Davos, 2016c). Das ergibt für die erneuerbaren Energien (Wärme) einen Anteil

von 15 bis 17%. Auch im Bereich der Wärmeerzeugung mit erneuerbaren Energien besteht in Davos

grosser Handlungsbedarf.

Schlussfolgerung

Trotz Klimaerwärmung werden die gesetzlich geforderte Steigerung der Energieeffizienz und die Um-

stellung auf erneuerbare Energien einen deutlich höheren Beitrag bei der Reduktion der der CO2-

Emissionen leisten als die über die Erwärmung zu erzielenden Einsparungen. Daher wird es wichtig

sein diese zwei Klimaschutzmassnahmen mit Priorität umzusetzen und sowohl die Anforderungen als auch die Rahmenbedingungen für Gebäudesanierungen und für erneuerbare Energien laufend zu

verbessern.

Eine Herausforderung ist und bleibt die Tatsache, dass viele unserer Anstrengungen um Energie ein-

zusparen an anderer Stelle ganz oder teilweise wettgemacht werden: der sogenannte Rebound-

Effekt. Dieser besagt, dass Einsparungen an einer Stelle durch Mehrverbrauch an anderer Stelle

kompensiert oder sogar überkompensiert werden. Gegenüber diesem unberechenbaren Verhalten

stehen wir allerdings nicht hilflos gegenüber. Mit einer Erhöhung der Energiepreise oder einer Ände-

rung unserer Ansprüche und unseres Lebensstils können wir auch den Rebound-Effekt in den Griff

bekommen und tatsächlich etwas für den Schutz des Klimas tun.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

63

Ausblick

In Davos ist der Klimawandel bereits heute klar sichtbar. So sind Bäume bis weit über die Waldgrenze

zu finden und Gletscher ziehen sich immer weiter von ihrer 1850er Moräne zurück. Die Phänomene

in der Landschaft werden durch Daten unterstrichen. Die Schneeliegedauer geht zurück und die Temperatur steigt an. Doch was erwartet uns in Zukunft?

Das Klima der Zukunft

Gehen die Emissionen weiter, wird sich die Erde weiter erwärmen und Veränderungen im Klimasys-

tem nach sich ziehen. Die zukünftige Entwicklung des Klimas lässt sich mit Hilfe von Annahmen zu

den Emissionen und ihren Auswirkungen auf die Atmosphäre abschätzen. In der Regel wir das Klima

der Zukunft in verschiedenen Szenarien skizziert.

Szenarien unserer Klimazukunft

Die zukünftige Entwicklung des Klimas wurde vom Swiss climate research network entwickelt (vgl.

CH2011, 2011). Die Klimaszenarien basieren im Wesentlichen auf Emissionsszenarien der IPCC Be-

richte.

Eine Version des Szenarios für das Jahr 2060 (genau genommen für den Zeitabschnitt zwischen 2045 und 2075) nimmt an, dass sich die CO2-Belastung bei einer Konzentration von 450 ppm in der Atmo-

sphäre stabilisiert (Emissionsszenario RCP3PD, vgl. MeteoSchweiz, 2014b; CH2011, 2011). Dadurch

würde das international vereinbarte 2 °C-Ziel erreicht und eine Erwärmung global um mehr als 2 °C

gegenüber vorindustriellen Verhältnissen verhindert werden. Dieses Szenario gilt als optimistisches

Szenario.

Eine zweite Version des Klimaszenarios 2060 geht davon aus, dass die Emissionen bis um 2050 weiter

zunehmen und erst später leicht abnehmen. Das 2 °C-Ziel würde dadurch nicht erreicht (Szenario

A1B, vgl. MeteoSchweiz, 2014b; CH2011, 2011). Dieses Szenario gilt als realistisch.

Es wird wärmer und wärmer

Die beiden Klimaszenarien weisen für das Jahr 2060 eine erhebliche Zunahme der Temperatur aus. Die Mitteltemperaturen werden sehr wahrscheinlich in allen Jahreszeiten um weitere 1 bis über 3 ° C

ansteigen (MeteoSchweiz, 2012). Dies bedeutet, dass in Davos die Jahresmitteltemperatur von 3.5 °C

(Normperiode über die Jahre 1981 bis 2010) auf 4.5 bis 6.5 °C ansteigt. Damit wird Davos in puncto

Jahresdurchschnittstemperatur den heutigen Werten in Andermatt (4.2 °C), Scuol (5.5 °C) oder

Disentis (6.7 °C) entsprechen.

Achtung heiss!

Nicht nur die durchschnittliche Temperatur sondern auch extreme Werte verändern sich. So werden

gemäss den Szenarien die Wärmeperioden und Hitzewellen häufiger auftreten, wärmer sein und

länger anhalten (CH2011, 2011).

Mehr Regen statt Schnee und trockenere Sommer

Im Gegensatz zur Temperatur ist die zukünftige Entwicklung des Niederschlags nur schwer abschätz-

bar. Das Szenario 2060-schwach errechnet für das Winterhalbjahr keine oder eine sehr geringe Zu-

nahme bis 2% der Niederschlagsmenge. Für das Sommerhalbjahr hingegen wird angenommen, dass

der Niederschlag um 6.2% abnimmt. Das Szenario 2060-stark sieht im Winter rund 14% mehr Nieder-

schlag kommen, im Sommer hingegen fast 20% weniger (CH2011, 2011). Zudem geht man davon aus,

dass Starkniederschläge zunehmen. Gleiches gilt für Trockenphasen. Grundsätzlich gilt allerdings,

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

64

dass sich Extremereignisse des Niederschlags nur schwer in die Zukunft projizieren lassen, genauso

wie Stürme (CH2011, 2011). In der Summe verändert sich der Jahresniederschlag hingegen kaum

(Zappa et al., 2012).

Nullgradgrenze und Wintertemperaturen

Heute liegt die Nullgradgrenze im Winter in Graubünden bei rund 850 m. ü. M. Bis 2060 wird mit

einer Temperaturerhöhung von 1.4 bis 3.3°C gerechnet. Dies würde einer um weitere rund 250 bis

600 Meter höheren Nullgradgrenze entsprechen. Die winterliche Nullgradgrenze würde damit im

Extremfall irgendwo zwischen Klosters und Davos liegen.

Gewässer

Die Lufttemperatur ist die wichtigste Einflussgrösse für die Gewässertemperatur. Die Temperatur der

Fliessgewässer wird doppelt vom Klimawandel betroffen sein: einerseits durch die erhöhte Lufttem-

peratur und andererseits durch die jahreszeitliche Umverteilung der Abflüsse. Erhöhte Lufttempera-

tur und tiefere Pegelstände im Sommer werden die Ökologie der Fliessgewässer und die Wassernut-

zung vermehrt unter Druck setzen (BAFU, 2012b).

Gletscher

Die Gletscher schmelzen nicht nur im Sommer stark ab, sondern die Schmelzsaison beginnt früher im

Spätfrühling und endet später im Herbst. Im Lauf der Zeit verkleinert sich die Gletscherfläche, sodass

der absolute Schmelzwasseranteil am Abfluss kleiner wird (BAFU, 2012b). Kleine Gletscher wie bei-

spielsweise der Vadret da Grialetsch werden gemäss Prognosen noch vor dem Ende des Jahrhunderts

verschwunden sein (BAFU, 2012b).

Erwartete Entwicklungen weltweit

Das International Panel on Climate Change beschreibt die Zukunft des Klimawandels (vgl. IPCC,

2013). Mit der zunehmenden Temperatur werden

..die Ozeane weltweit sich weiter erwärmen. Die Wärme wird von der Oberfläche in tiefere Wasser-

schichten eindringen und die Zirkulation der Ozeane beeinflussen (IPCC, 2013).

..arktisches Eis und Gletscher schwinden. Das Eis der Arktis wird weiter zurückweichen und dünner

werden. Auch die Gletscher werden weiter Eis verlieren. Gegen Ende des 21. Jahrhunderts wird glo-

bal das Volumen der Gletscher um (ohne jene in der Peripherie der Antarktis) um 15% bis über die

Hälfte ihres Volumens verlieren (IPCC, 2013).

..Schneeflächen werden geringer. Je nach Szenario wird die schneebedeckte Fläche der nördlichen

Hemisphäre bis Ende des Jahrhunderts um 7 respektive 25% zurückgehen (IPCC, 2013).

..der Permafrost geht zurück. Oberflächennaher Permafrost (die obersten ca. 3.5 m) wird weiter zu-

rückgehen. Die Fläche wird je nach Szenario um 37% bis 81% zurückgehen.

..der Meeresspiegel steigt weiter an. Durch die steigende Wassertemperatur (thermische Expansion)

und die verlorene Masse an Eis.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

65

Ziele und Massnahmen

Der Klimawandel wird noch lange anhalten. Die Temperaturen werden über Jahrhunderte bis Jahr-

tausende hoch bleiben, auch wenn die Emissionen heute komplett gestoppt würden. Wegen des

trägen Wärmetransports in die Tiefen der Ozeane werden sich diese über Jahrhunderte weiter er-

wärmen. Je nach Szenario werden 15 bis 40% des emittierten CO2 länger als 1000 Jahre in der Atmo-sphäre verweilen (IPCC, 2013). Dies bedeutet, dass wir mit unseren Emissionen das Klima zukünftiger

Generationen beeinflussen.

Anstrengungen von Bund und Kanton

Ein Stopp der Treibhausgasemissionen ist nötig, um den Klimawandel massgeblich einzugrenzen. Auf

internationaler Ebene wurden mit dem Kyoto-Protokoll völkerrechtlich verbindliche Grenzwerte für

den Ausstoß von Treibhausgasen festgesetzt (UNFCCC, 2014). Die Schweiz hat sich zu den Zielen der

internationalen Abkommen zum Klimaschutz bekannt. Das CO2-Gesetz regelt seine Umsetzung. Bis

2020 müssen die Treibhausgasemissionen um 20% unter das Niveau von 1990 sinken.

Nebst dem Schutz des Klimas sind auch Anstrengungen zur Anpassung an die veränderten Bedingun-

gen nötig. In der Klimaanpassungsstrategie formuliert der Bund Ziele, Herausforderungen, Hand-lungsfelder und passende Massnahmen dazu (BAFU, 2012a; BAFU, 2014a).

Der Kanton Graubünden unterstützt die Bemühungen des Bundes. In seiner kantonalen Klimastrate-

gie zeigt er auf, wie die Risiken des Klimawandels gemindert, die Bevölkerung und deren Lebens-

grundlagen geschützt und die Anpassungsfähigkeit der Systeme (Gesellschaft, Umwelt, Wirtschaft

und Politik) gestärkt werden können (vgl. ANU, 2015c). Sie zeigt auch auf, mit welchen Massnahmen

der Kanton zur Senkung der Treibhausgasemissionen beitragen kann.

Anstrengungen der Gemeinde Davos

Um die Ziele des Klimaschutzes zu erfüllen, wurden in der Schweiz verschiedene Labels entwickelt,

die zur Förderung eines sparsamen Energieverbrauchs und von erneuerbaren Energien beitragen

sollen. Das Label „Energiestadt“ ist eines davon. Die Auszeichnung wird als Leistungsnachweis für Regionen, Gemeinden und Städte gewertet, die erneuerbare Energien, Energieeffizienz und umwelt-

verträgliche Mobilität fördern. Mit dem Label soll sich eine innovative Energiepolitik breit etablieren

und konsequent umgesetzt werden.

Vor 15 Jahren ist Davos als erste Bündner Gemeinde in den Kreis der Energiestädte aufgenommen

worden. Im Dezember 2016 ist die Gemeinde zum vierten Mal rezertifiziert worden. Dabei hat Davos

die Bedingungen für das Label deutlich erfüllt. Davos setzt schon seit längerer Zeit auf erneuerbare

Energien, auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Das Erlebnisbad «eau-là-là» und das Kongresszent-

rum werden zum Beispiel mit Abwärme der Kunsteisbahn mitgeheizt. Diese Massnahme ersetzt 1000

MWh fossile Energie. Seit Herbst 2016 läuft auch das Kluftwasser aus der 400 m tiefen Geothermie-

bohrung über die Wärmepumpe der Abwärmenutzung. Man rechnet, dass damit weitere 400 MWh an fossiler Energie ersetzt werden können. Ebenfalls seit 2016 wird das Schweizer Sportgymnasium

Davos (SSGD) mit Erdwärme beheizt, wodurch die Zahl der mit Erdwärme beheizten Gemeindelie-

genschaften auf sechs angestiegen ist (55 Wohnungen plus 1 Schule und das PMOD/WRC). Auf den

Dächern von Hallenbad und Kongresszentrum wurde zudem die Photovoltaikanlage ausgebaut, so

dass 2017 damit rund 300 MWh Strom für den Eigenverbrauch produziert werden können. Weitere

Massnahmen sind geplant oder beschlossen: Im neuen Ablaufkanal der Kläranlage Gadenstatt wird

2017 ein Wärmetauscher eingebaut. Damit können voraussichtlich weitere 400 MWh fossile Energie

ersetzt werden. Zudem wird 2017 das Heizsystem einer weiteren Gemeindeliegenschaft auf Erdwär-

me umgestellt.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

66

Um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden sowie den Status als Energiestadt zu halten, müssen

Massnahmen, welche für eine effiziente und klimaschonende Energiepolitik stehen, in einem ener-

giepolitischen Aktionsprogramm gebündelt und umgesetzt werden. Die Fragestellung, welche Mass-

nahmen umsetzbar und erfolgversprechend sind, wurde auch in einer Machbarkeitsstudie zum Kli-maschutz durch das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Zusammenarbeit mit der

Gemeinde Davos untersucht (SLF, 2006). Darin wurden die maßgeblichen CO2-Quellen und -Senken in

der Landschaft Davos ermittelt, sowie Möglichkeiten zur Emissionsreduktion und Verbesserung der

Senken aufgezeigt und quantifiziert. Dies mit dem Ziel die lokale Energiepolitik zu optimieren. Später

wurden die Grundlagen für die Nutzung erneuerbarer Energien mit einer Erdwärmesondenkarte

(2009), mit einem Grundwassermodell (2010) und mit einem Solarkataster (2012) ergänzt und diese

der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Mit der 2016 durchgeführten Wärmebildaktion hat die Ge-

meinde den Hauseigentümern geholfen, die Energielecks ihrer Liegenschaften zu orten und auch

aufgezeigt wie man bei einer Gebäudesanierung vorgehen könnte.

Durch den Klimawandel werden sich einige Rahmenbedingungen in Davos kontinuierlich verändern. In Zusammenhang mit einer Anpassung kommt dabei der Gemeinde entgegen, dass sie sich bereits in

der Vergangenheit immer wieder mit Risiken aus Naturgefahren oder mit Starkniederschlägen ausei-

nandersetzen musste. Hier sind verschiedene Grundlagen und Arbeitsinstrumente wie Naturgefah-

renkarten, Schutzkonzepten, Datenbanken von Naturereignissen etc. erarbeitet worden. Federfüh-

rend war das Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden, das in jeder Region Spezialisten für Na-

turgefahren und Schutzbauten ausgebildet und stationiert hat. Zusammen mit den Revierförstern

steht heute ein flächendeckendes Netzwerk an Beratern zur Verfügung. Damit wird sichergestellt,

dass auch in Akutsituationen die Gemeinden sowie die Feuerwehr und der Zivilschutz mit Fachwissen

vor Ort unterstützt werden können. An dieser Stelle müssen auch die vielen der Prävention dienen-den Schutzbauten, die vollautomatischen Messstellen und Frühwarnsysteme erwähnt werden, die

immer in Zusammenarbeit mit den Gemeinden errichtet worden sind.

Über die Gesetzgebung ist die Gemeinde Davos bereits heute an Pflichtaufgaben gebunden, die für

die Bewältigung der Folgen des Klimawandels relevant sind. So müssen Raumplanung und Baugesetz

eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung sichern, die den sozialen, wirtschaftlichen und umwelt-

schützenden Anforderungen Rechnung tragen. Überdies müssen Gewässer der Abflussdynamik

Rechnung tragen und gepflegt werden, öffentliche Bauten ressourcenschonend und energieeffizient

gebaut sein, die Wasserversorgung einwandfrei und gesichert arbeiten, die Abwasserreinigung flä-

chendeckend und effizient funktionieren, die Abfallentsorgung verursachergerecht sowie die öffent-

lichen Transportmittel emissionsarm und nachhaltig sein. Weil diese Aufgaben Pflicht sind, müssen sie auch unter veränderten Bedingungen gewährleistet werden, was eine zwangsläufige Anpassung

bedeutet.

In Zukunft wird es wichtig sein, die bewährten Strategien beim Umgang mit Naturgefahren weiterzu-

entwickeln und viel stärker und unter Einbezug aller Pflichtaufgaben auf vorbeugende Massnahmen

zu setzen. Dabei muss konzeptionell vorgegangen werden: Was kann die Gemeinde in den einzelnen

Aufgabenbereichen tun? Wo besteht Handlungsbedarf und welche Anpassungsmassnahmen sind

relevant? Diese Fragen müssen auch in Davos noch beantwortet werden.

Die grösste Herausforderung für die Tourismusdestination Davos wird jedoch sein, neue Angebote zu

entwickeln bzw. die Chancen zu entdecken und aufzugreifen, die der Klimawandel mit sich bringt.

Denn hier könnten sich einige Traditionen, mit denen der Ort gross und bedeutend geworden ist, wie beispielsweise der Wintersport, für eine neue Entwicklungs- oder Anpassungsstrategie noch lange als

hinderlich erweisen.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

67

Literaturverzeichnis

Abegg B. 2012. Natürliche und technische Schneesicherheit in einer wärmeren Zukunft. Forum für Wissen, S. 29-35.

AFW (Amt für Wald). 2009. Gletscher und Klimawandel in Graubünden. Faktenblatt 14. Chur, 12 S.

Akademien der Wissenschaften Schweiz. 2016. Brennpunkt Klima Schweiz. Grundlagen, Folgen und Perspektiven. Swiss Academies Reports 11 (5), Bern, 218 S.

Allergiezentrum Schweiz. 2016. Pollendaten [online]. www.pollenundallergie.ch. Abgerufen am 22.6.2016.

Anderson JT. 2016. Plant fitness in a rapidly changing world. New Phytologist, 210: 81–87.

ANU (Amt für Natur und Umwelt Graubünden). 2014. Klimawandel Graubünden. Zweiter Bericht über die Tätigkeiten und Projekte der Verwaltung in den Bereichen Klimaschutz und Klimaanpassung. Chur, 98 S.

ANU (Amt für Natur und Umwelt Graubünden). 2015a. Klimawandel Graubünden. Arbeitspapier 3: Risiken und Chancen. Chur, 142 S.

ANU (Amt für Natur und Umwelt Graubünden). 2015b. Klimawandel Graubünden. Arbeitspapier 2: Klimaschutz. Analyse der Herausforderungen und Handlungsfelder. Chur, 100 S.

ANU (Amt für Natur und Umwelt Graubünden). 2015c. Klimaw3andel Graubünden. Arbeitspapier 4: Klimastrategie. Synthe-se der Herausforderungen und Handlungsfelder. Chur, 27 S.

ARE (Amt für Raumentwicklung Graubünden). 2015. Kantonaler Richtplan. Chur, 417 S.

ARE (Amt für Raumentwicklung Graubünden). 2016. Daten Kunstschnee.

BAFU (Bundesamt für Umwelt). 2012a. Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz. Ziele, Herausforderungen und Hand-lungsfelder. Erster Teil der Strategie des Bundesrates vom 2. März 2012. Bern, 66S.

BAFU (Bundesamt für Umwelt) (Hrsg.). 2012b. Auswirkungen der Klimaänderung auf Wasserressourcen und Gewässer. Synthesebericht zum Projekt «Klimaänderung und Hydrologie in der Schweiz» (CCHydro). Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Wissen Nr. 1217: 76 S.

BAFU (Bundesamt für Umwelt). 2014a. Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz. Aktionsplan 2014–2019. Zweiter Teil der Strategie des Bundesrates. Bern, 113 S.

BAFU (Bundesamt für Umwelt). 2014b. Hinweiskarte der potentiellen Permafrostverbreitung [online]. www.swisstopo.ch. Abgerufen am 1.10.2014.

BAFU (Bundesamt für Umwelt). 2016a. Klimawandel [online]. www.bafu.admin.ch Abgerufen am 09.12.2016.

BAFU (Bundesamt für Umwelt). 2016b. Indikator Mittlerer Abfluss [online]. www.bafu.admin.ch. Abgerufen am 4.4.2016.

BAFU (Bundesamt für Umwelt). 2016c. Hitze und Trockenheit im Sommer 2015. Auswirkungen auf Menschen und Umwelt. Bern, Umwelt-Zustand Nr. 1629; 108 S.

BAFU (Bundesamt für Umwelt). 2017. Klima: Das Wichtigste in Kürze [online]. www.bafu.admin.ch. Abgerufen am 6.4.2017.

BAK Basel. 2010. Wertschöpfung im Kanton Graubünden. Entwicklung von Regionen und Branchen 1990 bis 2013. Basel, 35 S.

BFS (Bundesamt für Statistik). 2016a. Regionalporträts Gemeinden. Davos [online]. www.bfs.admin.ch. Abgerufen am 3.8.2016.

BFS (Bundesamt für Statistik). 2016b. Schweizer Tourismusstatistik 2015. Neuenburg, 68 S.

Bildungsserver. 2016a. Erdbahnparameter [online]. http://wiki.bildungsserver.de. Abgerufen am 25.08.2016.

Bildungsserver. 2016b. Eiszeitalter [online]. http://wiki.bildungsserver.de. Abgerufen am 25.08.2016.

Björnsen Gurung A, Stähli M. 2014. Wasserressourcen der Schweiz: Dargebot und Nutzung – heute und morgen. Themati-sche Synthese 1 im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP 61 „Nachhaltige Wassernutzung“, Bern, 69 S.

Brazerol D. 2014. Ausaperdatum im Klimawandel, bezüglich den letzten 50 Jahre im Raum Davos. Maturaarbeit, Schweizeri-sche Alpine Mittelschule Davos, 40 S.

Burkhardt-Holm P. 2009. Klimawandel und Bachforellenrückgang – gibt es einen Zusammenhang? Resultate aus der Schweiz. Umweltwiss Schadst Forsch (2009) 21:177–185

Büntgen U, Liebhold A, Jenny H, Mysterud A, Egli S, Nievergelt D, Stenseth NC, Bollmann K. 2014. European springtime temperature synchronises ibex horn growth across the eastern Swiss Alps. Ecology Letters, (2014) 17: 303–313.

CH2011. 2011. Swiss Climate Change Scenarios CH2011, published by C2SM, MeteoSwiss, ETH, NCCR Climate, and OcCC, Zurich, Switzerland, 88 pp.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

68

CH2014-Impacts. 2014. Towards Quantitative Scenarios of Climate Change Impacts in Switzerland, published by OCCR, FOEN, MeteoSwiss, C”SM, Agroscope, and ProClim, Bern Swirterland, 136 pp.

Cleland EE, Chuine I, Menzel A, Mooney HA, Schwartz MD. 2007. Shifting plant phenology in response to global change. Trends in Ecology & Evolution, Volume 22, Issue 7, July 2007, Pages 357–365.

Clot B. 2003. Trends in airborne pollen: An overview of 21 years of data in Neuchâtel (Switzerland). Aerobiologia, Volume 19, Issue 3, pp 227-234.

Cubasch UD, Wuebbles D, Chen MC, Facchini D, Frame N, Mahowald and JG Winther. 2013. Introduction. In: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergov-ernmental Panel on Climate Change [Stocker, T.F., D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S.K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex and P.M. Midgley (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA.

Dye DG. 2002. Variability and trends in the annual snow-cover cycle in Northern Hemisphere land areas, 1972-2000. Hydro-logical Processes 16, 3065-3077.

Earthguide. 2017. Pangaea, Gondwanaland, Laurasia and Tethys [online]. www.earthguide.ucsd.edu. Abgerufen am 19.4.2017.

Erdle LM, Barbeito I, Bebi P. 2013. Forty Years of Treeline Change in the Swiss Alps. In: Wohlgemuth T; Priewasser K (eds) 2013: ClimTree 2013. International Conference on Climate Change and Tree Responses in Central European Forests. Con-ference, 1 to 5 September 2013. Birmensdorf, Swiss Federal Research Institute WSL, 83 P.

Erlebnis Geologie. 2017. Wachsen die Alpen? [online]. www.erlebnis-geologie.ch. Abgerufen am 17.4.2017.

Frank U, Ernst D. 2016. Effects of NO2 and Ozone on Pollen Allergenicity. Front. Plant Sci., 04 February 2016. http://dx.doi.org/10.3389/fpls.2016.00091.

Frei T, Gassner E. 2008. Trends in prevalence of allergic rhinitis and correlation with pollen counts in Switzerland. Interna-tional Journal of Biometeorology, Vol 52, Issue 8, pp 841-847.

Furrer H, Eichenberger U., Froitzheim N, Wurster D. 1992. Geologie, Stratigraphie und Fossilien der Ducankette und des Landwassergebietes (Silvretta-Decke, Ostalpin). Bericht der gemeinsamen Exkursion der Schweiz. Paläontologischen Gesell-schaft und der Schweiz. Geologischen Gesellschaft vom 12. Oktober 1991. Eclogae geol. Helv. 85(1): 245-256.

Furrer H, Schaltegger U, Ovtcharova M, Meister P. 2008. U-Pb zirkon age of volcaniclastic layers in Middle Triassic platform carbonates of the Austroalpine Silvretta nappe (Switzerland). Swiss J. Geosci. 101:595-603.

Gassner M, Gehrig R, Schmid-Grendelmeier P. 2013. Hay fever as a Christmas gift. Engl J Med 368(4):393-394.

Geologie-Portal. 2016. Geotope [online]. www.geologieportal.ch. Abgerufen am 18.05.2016.

Gehrig R. 2003. The influence of the hot and dry summer 2003 on the pollen season in Switzerland. Aerobiologia, Volume 22, Issue 1, pp 27-34.

Geissler O. 1882. Die Flora von Davos. Davos, Hugo Richter, 76 S.

Gemeinde Davos.1998. Begleitbroschüre zum Landschaftsweg Davos. 2. Auflage 2007

Gemeinde Davos. 2015. Jahresbericht 2014. Davos, 121 S.

Gemeinde Davos. 2016a. Davos in Zahlen [online]. www.gemeindedavos.ch. Abgerufen am 11.01.2016.

Gemeinde Davos. 2016b. Eisbahnprojekt Davoser „Eistraum“; Botschaft an den Grossen Landrat 25. August 2016.

Gemeinde Davos. 2016c. Umweltamt: Statistik Energieverbrauch (internes Papier).

Gillingham K, Kotchen MJ, Rapson DS, Wager G. 2013. The rebound effect is overplayed. Nature 493: 475-476.

Gunzinger A. 2016. Kraftwerk Schweiz, Vortrag anlässlich einer Tagung der ENAW.

Hartmann DL, AMG Klein Tank, M Rusticucci, LV Alexander, S Brönnimann, Y Charabi, FJ Dentener, EJ Dlugokencky, DR Easterling, A Kaplan, BJ Soden, PW Thorne, M Wild and PM Zhai. 2013. Observations: Atmosphere and Surface. In: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergov-ernmental Panel on Climate Change [Stocker TF, D Qin, GK Plattner, M Tignor, SK Allen, J Boschung, A Nauels, Y Xia, V Bex and PM Midgley (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA.

Häberli W. 1975. Untersuchungen zur Verbreitung von Permafrost zwischen Flüelapass und Piz Grialetsch (Graubünden). Mitteilungen der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie an der ETH Zürich, Nr. 17, 221 S.

Häberli W, Maisch M. 2007. Klimawandel im Hochgebirge. In: Wilfried Endlicher und Wilhelm Friedrich Gerstengarbe (Hrsg.). Der Klimawandel. Einblicke, Rückblicke, Ausblicke. Berlin und Potsdam, 142 S.

Holzhauser H. 2006. Gletscher. Historisches Lexikon der Schweiz (online). www.hls-dhs-dss.ch. Abgerufen am 15.3.2017.

IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change). 2007. Climate Change 2007: Synthesis Report. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, 54 p.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

69

IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change). 2013. Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Stocker TF, Qin D, Plattner GK, Tignor M, Allen SK, Boschung J, Nauels A, Xia Y, Bex V, and Midgley PM (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, 1553 pp.

IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change). 2014a. Summary for Policymakers. In: Climate Change 2014: Mitigation of Climate Change. Contribution of Working Group III to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Edenhofer O, Pichs-Madruga R, Sokona Y, Farahani E, Kadner S, Seyboth K, Adler A, Baum I, Brunner S, Eickemeier P, Kriemann B, Savolainen J, Schlömer S, von Stechow C, Zwickel T and Minx JC (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA.

IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change). 2014b. Summary for policymakers. In: Climate Change 2014: Impacts, Adaptation, and Vulnerability. Part A: Global and Sectoral Aspects. Contribution of Working Group II to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Field, C.B., V.R. Barros, D.J. Dokken, K.J. Mach, M.D. Mastran-drea, T.E. Bilir, M. Chatterjee, K.L. Ebi, Y.O. Estrada, R.C. Genova, B. Girma, E.S. Kissel, A.N. Levy, S. MacCracken, P.R. Mastrandrea, and L.L. White (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, pp. 1-32.

Jonas T. 2012. Monitoring von Schneewasserressourcen in der Schweiz. Forum für Wissen 2012: 7–12.

Khan U, Dhar R. 2006. Licensing effect in consumer choice. Journal of Marketing Research. 43: 259-266.

Klein G, Vitasse Y, Rixen C, Marty C, Rebetez M. 2016. Shorter snow cover duration since 1970 in the Swiss Alps due to earlier snowmelt more than to later snow onset. Climatic Change Vol. 139, Issue 3, pp 637-649.

Krähenbühl H. 1995. Wo sind die Erzabbaustellen im Dischma? Bergknappe 73, 3, S.33-34.

Kreis H. 1920. Die Jöriseen und ihre postglaziale Besiedlungsgeschichte. Eine faunistisch-biologische Studie. Inaugural-Dissertation, Leipzig.

Lanfranchi M. 2013. Gebietsfremde Pflanzen und Tiere in Graubünden. Pro natura regio 2/13, S. 3-4.

Lang T. 2009. Energetische Bedeutung der technischen Pistenbeschneiung und Potenziale für Energieoptimierungen. Bern, 33 S.

Leibold E. 2012. Räumlich-zeitliche Analyse der alpinen Waldgrenze während der letzten 40 Jahre im Dischmatal (Davos). M.Sc. thesis, Department für Wald- und Bodenwissenschaften, Universität für Bodenkultur Wien, Wien, Austria, 80 S.

Lütschg-Lötscher O. 1944. Zur Hydrologie der Landschaft Davos – Forschungsgebiet Nr. 7 - Davosersee. In: Beiträge zur Geologie der Schweiz - Geotechnische Serie - Hydrologie, Lieferung 4: Zum Wasserhaushalt des Schweizer Hochgebirges, Bd. 2 (Teil 3). Bern, Kümmerly & Frey, 490 S.

Maisch M. 1981. Glazialmorphologische und gletschergeschichtliche Untersuchungen im Gebiet zwischen Landwasser und Albulatal. Dissertation Universität Zürich, 215 S.

Martin MA., Gavazov K., Körner C., Hättenschwiler S., Rixen C. 2010. Reduced early growing season freezing resistance in alpine treeline plants under elevated atmospheric CO2. Global Change Biology 16 (3): 1057-1070.

Marty C, Blanchet J. 2012. Long-term changes in annual maximum snow depth and snowfall in Switzerland based on ex-treme value statistics. Clim. Change 111 705-721.

Marty C, Meister R. 2012. Long-term snow and weather observations at Weissfluhjoch and its relation to other high-altitude observatories in the Alps. Theor Appl Climatol 573–583.

Marty C, Schlögl S, Bavay M, Lehning M. 2017a. How much can we save? Impact of different emission scenarios on future snow cover in the Alps, The Cryosphere, 11, 517-529.

Marunke A. 2014. Vergleich der CO2-Bilanz der Gemeinde Davos für die Jahr 2005 und 2012 mit Hilfe des ECO-Region Rechners. Bachelorarbeit, Universität Potsdam.

MeteoSchweiz. 2012. Klimabericht Kanton Graubünden 2012. Fachbericht MeteoSchweiz, 242, 56 S.

MeteoSchweiz. 2013. Klimaszenarien Schweiz – eine regionale Übersicht, Fachbericht MeteoSchweiz, 243, 36 pp.

MeteoSchweiz. 2014a. Klimaindikatoren - Browser [online]. www.meteoschweiz.ch. Abgerufen am 28.5.2014.

MeteoSchweiz. 2014b. Klimaszenarien Schweiz – eine regionale Übersicht. Fachbericht MeteoSchweiz, 243, 36 S.

MeteoSchweiz. 2014c. Heizgradtage und Heiztage. Daten für Davos (erhalten am 24.4.2014).

MeteoSchweiz. 2015a. Homogene Monatsdaten. Station Davos DAV [online]. www.meteoschweiz.admin.ch. Abgerufen am 05.05.2015.

MeteoSchweiz. 2015b. Klimanormwerte Davos. Normperiode 1981−2010 [online]. www.meteoschweiz.admin. ch. Abgeru-fen am 05.05.2015.

MeteoSchweiz. 2016. Klimadiagramme und -normwerte an Stationen [online]. www.meteoschweiz.admin.ch. Abgerufen am 2. 8. 2016.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

70

MeteoSchweiz. 2017a. Klima-Indikatoren. Heizgradtage in Davos [online]. www.meteoschweiz.admin.ch. Abgerufen am 20.1.2017.

MeteoSchweiz. 2017b. Klima-Indikatoren. Davos. Tage mit starkem Niederschlag [online]. www.meteoschweiz.admin.ch. Abgerufen am 6.4..2017.

MeteoSchweiz. 2017c. Klima-Indikatoren. Davos. Dürre [online]. www.meteoschweiz.admin.ch. Abgerufen am 6.4..2017.

MeteoSchweiz. 2017d. Klima-Indikatoren. Davos. Schneetage [online]. www.meteoschweiz.admin.ch. Abgerufen am 6.4..2017.

MeteoSchweiz. 2017e. Klima-Indikatoren. Davos. Frosttage [online]. www.meteoschweiz.admin.ch. Abgerufen am 6.4..2017.

MeteoSchweiz. 2017f. Klima-Indikatoren. Davos. Sommertage [online]. www.meteoschweiz.admin.ch. Abgerufen am 6.4..2017.

Naturwissenschaften Schweiz. 2016. Wetter und Klima [online]. www.naturwissenschaften.ch. Abgerufen am 22. November 2016.

NOAA, Climate.gov; Climate Change Dashboard, www.climate.gov. Abgerufen 12.3.2016

NZZ (Neue Zürcher Zeitung). 2016. Tödliche Pollenwalze [online]. www.nzz.ch. Abgerufen am 12.12.2016.

Parmesan C, Yohe G. 2003. A globally coherent fingerprint of climate change impacts across natural systems. Nature 421, 37-42.

PERMOS (Swiss Permafrost Monitoring Network). 2016. Permafrost in Switzerland 2010/2011 to 2013/2014. Noetzli J, Luethi R, Staub B (eds.), Glaciological Report Permafrost No. 12–15 of the Cryospheric Commission of the Swiss Academy of Sciences, 85 pp.

Phillips M. Zenklusen Mutter E. Kern-Luetschg M. and Lehning M. 2009. Rapid degradation of ground ice in a ventilated talus slope: Flüela Pass, Swiss Alps, Permafrost Periglacial Process., 20, 1–14, doi:10.1002/ppp.638, 2009.

Plaz P, Isenring M. 2013. Ausgangslage Wirtschgaftsraum Graubünden. Referaz^t anlässlich der Präsidentenkonferenz der Bündner Wirtschaftsverbände. Lenzerheide, 4. Oktober 2013.

PMOD/WRC (Physikalisch-Meteorologisches Observatorium Davos/World Radiation Center). 2017. Über uns [online]. www.pmodwrc.ch. Abgerufen am 17.4.2017.

Rixen C, Teich M, Lardelli C, Gallati D, Kytzia S, Pohl M, Pütz M, Bebi P. 2011. Winter tourism, climate change and snow-making: an ecological and economical assessment. Mountain Research and Development, 31(3):229-236.

SBS (Seilbahnen Schweiz). 2016. Fakten und Zahlen zur Schweizer Seilbahnbranche. Ausgabe 2016. Bern, 19 S.

Scherrer SC, Fischer EM, Posselt R, Liniger MA, Croci-Maspoli M, Knutti R. 2016. Emerging trends in heavy precipitation and hot temperature extremes in Switzerland. J. Geophys. Res. Atmos., 121, doi:10.1002/2015JD024634.

Schibler W. 1897. Über die nivale Flora der Landschaft Davos. Jahrbuch des Schweizer Alpenclub. 33: 262-291.

Schibler W. 1929. Die Flora des Davoser Landwassertales über 2600 Meter. In: Festschrift für die 110. Jahresversammlung der Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft in Davos . Basel, Benno Schwabe & Co., 93-118 S.

Schibler W. 1937. Flora von Davos. Verzeichnis der Gefässpflanzen der Landschaft Davos und der angrenzenden Gebiete. Chur, 2016 S.

Schmid Y. 2012. Davos, eine Geschichte für sich. Historischer Stadtbegleiter. Verlag Desertina, 216 S.

Schmucki E, Marty C, Fierz C, Weingartner R, Lehning M. 2017. Impact of climate change in Switzerland on socioeconomic snow indices. Theor Appl Climatol. Volume 127, Issue 3, pp 875–889.

Schwarzenbach R, Rentsch C, Müller L (eds). 2011. Mensch Klima!: Wer bestimmt die Zukunft? Lars Müller Verlag, 576 S.

Serquet G, Marty C, Rebetez M. 2013. Monthly trends and the corresponding altitudinal shift in the snowfall/precipitation day ratio Theor Appl Climatol (2013) 114:437–444.

SLF (WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung). 2006. Bilanzierung und Reduktion der Co2-Emissionen in der Land-schaft Davos. Eine Machbarkeitsstudie zum Klimaschutz. Davos, 97 S.

SLF (WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung). 2013. Schnee. Primus-Verlag, Darmstadt, 160 S.

SLF (WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung). 2016. Permafrost [online]. www.slf.ch. Abgerufen am 12.12.2016.

Swisstopo (Bundesamt für Landestopografie). 2004. Bericht des Topographen Coaz von einer Tagestour um den Piz Vadret im September 1845. Dufour Map. Kartografie einst und jetzt. Bern.

Swisstopo (Bundesamt für Landestopografie). 2016. Zeitreise – Kartenwerke [online]. www.map. geo.admin.ch. Abgerufen am 24.4.2016.

Davos + 1.7 °C konkret: vom Klimawandel zum Klimahandeln

71

Theobald G. 1868. Der Pflanzenwuchs des Hochgebirges im Kampfe mit Gletschern und Firnschnee. Jahrbuch des Schweizer Alpenclub. Vierter Jahrgang 1867-1868; S. 431-453.

Tierportraet. 2017. Der Alpensteinbock [online]. www.tierportrait.ch. Abgerufen am 16.4.2017.

UNFCCC (United Nations Convention on Climate Change). 2014. Kyoto Protocol [online]. www.unfccc.int. Abgerufen am 19.5.2014.

Urban MC, Tewksbury JJ, Sheldon KS. 2012. On a collision course: competition and dispersal differences create no-analogue communities and cause extinctions during climate change. Proceedings of the Royal Society. DOI: 10.1098/rspb.2011.2367.

Urbinello D, Röösli M. 2014. Hitzewellen und Gesundheit. Newsletter Nr. 1-6, Swiss TPH.

Von Valär J. 1806. Topographische Beschreibung der Landschaft Davos. Der neuer Sammler 2: 3–68.

VAW (Versuchsanstalt für Wasserbau). 2016. Schweizerisches Gletschermessnetz [online]. www.vaw.ch. Abgerufen am 28.5.2016.

VAW (Versuchsanstalt für Wasserbau). 2017. Auszug aus dem Inventar gefährlicher Gletscher [online]. www.vaw.ch. Abge-rufen am 27.03.2017.

Vogelwarte. 2017a. Alpenschneehuhn Lagopus muta [online]. www.vogelwarte.ch. Abgerufen am 17.4.2017.

Vogelwarte. 2017b. Alpenschneehuhn und Klimawandel [online]. www.vogelwarte.ch. Abgerufen am 17.4.2017.

Walther GR, Post E, Convey P, Menzel A, Parmesan C, Beebee TJC, Fromentin J-M, Hoegh-Guldberg O, Bairlein F. 2002. Ecological responses to recent climate change. Nature 416, 389-395.

WHO (World Health Organization). 2008. Protecting health in Europe from climate change. WHO Europe, Copenhagen 54 p.

Wikipedia. 2016a. Präzession [online]. www.wikipedia.org. Abgerufen am 25.08.2016.

Wikipedia. 2016b. Milanković-Zyklen [online]. www.wikipedia.org. Abgerufen am 25.08.2016.

Wikipedia. 2016c. Eiszeitalter [online]. www.wikipedia.org. Abgerufen am 25.08.2016.

Wikipedia. 2017. Radiative forcing [online]. www.wikipedia.org. Abgerufen am 25.08.2016.

Wipf, S.; Rixen, C.; Stöckli, V., 2013: Und ausserdem: Schiblers Spuren in der Forschung von heute. In: Berger, H. (eds), 2013: Wilhelm Schibler: Auf den Spuren eines fast vergessenen Botanikers. Zürich, Hugo Berger. 36-38.

Wüthrich B. 2009. Epidemiologie allergischer Krankheiten–Pollenallergien, Klimaerwärmung und Luftverschmutzung. Pi-pette (Swiss Laboratory Mediciene) 2009;2:14-18.

Zappa M, Pos F, Strasser U, Warmerdamp P, Gurtz J. 2003. Seasonal water balance of an Alpine catchment as evaluated by different methods for spatially distributed snowmelt modelling. Nord Hydrol 34: 179–202.

Zenklusen Mutter E., Blanchet J and Phillips M. 2010. Analysis of ground temperature trends in Alpine permafrost using generalized least squares. J. Geophys. Res., 115, F004009, doi:10.1029/2009JF001648, 2010.

Zappa M, Luzi B, Fundel F, Jörg-Hess S. 2012. Vorhersage und Szenarien von Schnee- und Wasserressourcen im Alpenraum. In: Eidgenössische Forschungsanstalt WSL (Hrsg.): Alpine Schnee- und Wasserressourcen gestern, heute, morgen. Forum für Wissen 2012: 19-27.

Zweifel G. 2015. Neue Berechnung der Heizgradtage. TEC21 19-20/2015, S. 20.