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Denken wir, oder lassenwir denken?

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Sind meine Gedanken wirklich meine Gedanken?

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Ihr Frauen seid euren Männern untertan

Während seiner langjährigen Vortragstätigkeit wurdeder Autor immer wieder auf die ungleiche gesell-schaftliche Stellung von Mann und Frau angespro-chen. Aus den sich daraus entwickelnden Gesprä-chen kristallisierte sich nach und nach heraus, dassdie meisten Menschen, bewusst oder unbewusst, einetraditionelle Einstellung zum jeweils anderen Ge-schlecht haben. Dieses durch uralte religiöse Wur-zeln wwwwwwwwwwwwwwwwwwwzeln geprägte Verhältnis zwischen Männern und Frauen trägt nicht uner-heblich dazu bei, dass die Frauen in der Regel in fast allen Bereichen desLebens eine untergeordnete Stellung einnehmen.

Bei der Suche nach den Ursachen für das bisweilen negative Frauenbildwar es unumgänglich, einen Einblick in die historischen Ursprünge zugewinnen. Dabei ist mir aufgefallen, dass in unserem Kulturkreis die reli-giöse Prägung durch die Bibel eine wichtige Rolle spielt. Denn dort wirdbereits im zweiten Kapitel des ersten Buches Mose der Grundstein für dasnegativ belastete Frauenbild gelegt. Eva, die aus der Rippe Adams ent-nommene Frau, war es, die den Mann zum Ungehorsam gegenüber Gottverführte, und so das Leid in die Welt brachte.

Diese und ähnliche meist falsch verstandenen Aussagen der Bibel habenim Laufe der Generationen dazu geführt, dass es im Zusammenleben derGeschlechter nicht nur zu vielen Missverständnissen, sondern letztendlichauch zur Unterdrückung der Frauen gekommen ist.

In diesem Buch möchte ich zum einen die Ursachen der Frauenunterdrü-ckung aufzeigen, und zum anderen für ein Umdenken im Verständnis desjeweils anderen Geschlechts werben.

Das 172 Seiten starke Buch kann in jeder Buchhandlung und im Internetz. B. bei amazon.de bezogen werden.

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand, NorderstedtISBN 978-3744887168VK 7,99 €

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Denken wir, oder lassen wir denken?

Ich möchte meine Ausführungen mit einem Zitat aus dem Buch‘Himmlische Geheimnisse‘, Nr. 5986, von Emanuel Sweden-borg, beginnen:

„Merkwürdig ist auch, was öfter geschah, und dann auch (mir)gezeigt wurde, dass niemand weder im Himmel, noch in derHölle aus sich denkt, redet, will und handelt, sondern aus ande-ren, und so zuletzt alle und jeder aus dem allgemeinen Einflie-ßen des Lebens, das vom Herrn (ausgeht). Wenn ich hörte, wiesie sagten, dass ein Sendlingsgeist (subjectum) nichts aus sichdenke und rede, und dass derselbe gleichwohl glaube, er tue esnur aus sich, wurde mir öfters gegeben, mit denen zu reden, diein den Sendling (oder Träger) einflossen. Diese behaupteten, siedächten und redeten aus sich, nicht aber jener Sendling, undweil sie bei dieser Meinung blieben, wurde mir auch gegeben,ihnen zu sagen, dass dies eine Täuschung sei, und dass sieebenso wie die Sendlinge aus anderen dächten und redeten. Umdiese Behauptung zu bestätigen, durfte ich auch mit denen re-den, die in diese (einflossen); und da auch diese dasselbe be-kannten, auch mit denen, die wiederum in diese einflossen, usf.in zusammenhängender Reihe. Hieraus wurde dann klar, dassein jeder aus anderen dachte und redete.“

Über diese Erfahrung wurden die Geister sehr entrüstet, dennein jeder von ihnen will, dass er aus sich denke und rede; aberweil sie dadurch belehrt wurden, wie die Sache sich verhalte, sowurde ihnen gesagt, dass alles Denken und Wollen einfließe,weil es nur ein einziges Leben gebe, aus dem diese Vermögenstammen, und dass es vom Herrn einfließe durch eine bewunde-rungswürdige Form, welches die himmlische Form sei.

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Wenn man dieses Zitat für sich betrachtet, dann könnte derEindruck aufkommen, dass Geister im Allgemeinen und derMensch im Besonderen nicht aus sich denken, sondern, dasssozusagen andere durch uns denken. Einige Geistesfreundenehmen dieses Zitat als Beleg dafür, dass der Mensch nichtsaus sich denkt, sondern dass ihm ständig die Gedanken vonhöllischen und himmlischen Geistern einfließen. Der Menschhat lediglich die Möglichkeit, dank des freien Willens, sich fürden himmlischen oder den höllischen Einfluss zu entscheiden.Ob dies wirklich die einzig mögliche Sichtweise ist, oder obman das eben angeführte Zitat vielleicht auch noch anders in-terpretieren kann, darüber möchte ich heute sprechen.

In dem Buch „Die eheliche Liebe“, von Emanuel Swedenborgfindet sich eine Textstelle, die uns schon erste Hinweise darü-ber gibt, wie dieser Text zu verstehen sein könnte. Es handeltsich dabei um eine Denkwürdigkeit, aus der ich Euch die wich-tigsten Textpassagen vorlesen möchte. Swedenborg befandsich, wie so oft, in einem Zustand, in dem er mit den Geisternin der jenseitigen Welt kommunizieren konnte. Er wurde vonzwei Engeln in eine Gruppe von Geistern geführt, die Liebha-ber der Weisheit waren. Dort wurde unter anderem die Frageerörtert: „Warum wird der Mensch nicht geboren in die Kennt-nis irgendeines Triebes, während doch die Tiere und Vögel,sowohl edle als unedle in die Kenntnisse aller ihrer Triebe ge-boren werden?“

Die Weisen bestätigten die Wahrheit dieses Satzes, in dem sieeinige Beispiele dafür anführten, dass der Mensch mit keinerleiKenntnissen geboren wird. So sagten sie z. B., dass ein Kindnicht einmal die angeborene Kenntnis hat, sich selbst zur Brustder Mutter hinzubewegen; dass es nur zu saugen wisse, unddass es dies von dem beständigen Saugen im Mutterleib herha-

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be. Weiter führten sie an, dass das Kind weder mit der Fähig-keit zu laufen oder den Ton zu einer menschlichen Stimme zuartikulieren, geboren werde. Es kennt noch nicht einmal dieihm zuträgliche Nahrung, wie doch alle Tiere, sondern es er-greift das ihm Aufgestoßene, ob rein oder unrein, und bringt esin den Mund. Weiter können wir in der „Ehelichen Liebe“ Nr.133, lesen:

„Die Forscher sagten, dass der Mensch ohne Unterricht nichteinmal das Geschlecht zu unterscheiden wisse, und ganz undgar nichts von der Art und Weise, es zu lieben, und dass nichteinmal die Jünglinge und Jungfrauen etwas davon wissen ohneBelehrung von anderen, ob sie gleich zu allerlei Kenntnissenerzogen worden sind; mit einem Wort, der Mensch wird kör-perlich geboren wie ein Wurm und bleibt körperlich, wofern ernicht von anderen zu wissen, zu verstehen und weise zu seinlernt ...“

Nach diesen etwas allgemein gehaltenen Feststellungen äußer-ten nacheinander die Weisen aus den verschiedenen Himmels-richtungen ihre Ansichten, warum der Mensch ohne jeglicheKenntnisse geboren wird. So sagten die Weisen aus dem west-lichen Himmel:

„… Dass der Mensch nicht geboren werde als Wissen wie dasTier, sondern als Fähigkeit und Neigung, als Fähigkeit zumWissen und als Neigung zum Lieben, und dass er geboren wer-de als Fähigkeit, nicht nur zu wissen, sondern auch zu verste-hen und weise zu sein; und auch dass er geboren werde als dievollkommenste Neigung, nicht nur das zu Lieben, was sein undder Welt, sondern auch das, was Gottes und des Himmels ist; ...“

Weiter führten die Weisen aus:

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„Dass der Mensch von seinen Eltern geboren werde als ein Or-gan, das nur mit den äußeren Sinnen lebt, und zuerst mit keineninneren, damit er nach und nach Mensch werde, zuerst ein na-türlicher, hernach ein vernünftiger, und zuletzt ein geistiger;was nicht geschehen würde, wenn er mit Kenntnissen und Trie-ben, wie die Tiere, geboren würde; denn die angeborenenKenntnisse und Triebe setzen jenem Fortschreiten Grenzen;daher der Mensch in Wissenschaft, Einsicht und Weisheit inEwigkeit fort vervollkommnet werden kann.“

Ich denke, jeder von uns kann diese Worte Swedenborgs nach-empfinden. Jeder von uns ist in diese Welt mit keinerlei Wissenund Erfahrung gekommen. Wir waren nackt und mussten vonunseren Eltern erst die Vorzüge einer praktischen Kleidungerlernen. Wir waren hungrig und durstig, aber erst unsere Elternhaben uns beigebracht, wie und mit welchen Mitteln unserHunger und unser Durst gestillt werden können. Wir konntenunsere Bedürfnisse anfangs nur durch Weinen und Schreienkundtun, erst durch unsere Eltern haben wir gelernt, dass manseine Stimme zu sinnvollen Lauten und Worten artikulierenkann. Kurz, wir mussten vom ersten Augenblick unseres Le-bens an lernen, lernen und nochmals lernen. Dies entsprichtauch Swedenborgs Auffassung, wenn er sagt, dass der Menschohne Kenntnisse die Bühne des irdischen Daseins betritt. ZweiDinge sind es, die den Menschen über das Tier, welches ja be-reits mit Kenntnissen und Trieben auf die Welt kommt, erhe-ben. Da ist zum einen die Neigung des Menschen, sich Wissenanzueignen, was verbunden mit der Fähigkeit dieses Wissenverstehen zu können, zur Weisheit führen kann. Zum anderenist der Mensch mit der Neigung zum Lieben geboren. In ihm istdie Neigung angelegt, nicht nur das zu Lieben, was sein und derWelt, sondern auch das, was Gottes und des Himmels ist. DieseNeigung nach der Ausbildung von Weisheit und Liebe sind die

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Kräfte in uns, die uns dabei helfen, unsere absolute Kenntnislo-sigkeit zu überwinden. Wie wir das machen, können wir in der„Ehelichen Liebe“, Nr. 134, lesen. Dort sagten die Weisen ausdem östlichen Himmel Folgendes:

„Wir stimmen dem bei, was unsere Brüder gesagt haben, dassder Mensch nichts aus sich weiß, sondern aus andern und durchandere, damit er einsehe und anerkenne, dass alles, was er weiß,verstehe und worin er weise ist, von Gott ist; und dass derMensch nicht anders vom Herrn empfangen, geboren und ge-zeugt und Sein Bild und Ähnlichkeit werden kann; denn einBild des Herrn wird er dadurch, dass er anerkennt und glaubt,dass er alles Gute der Liebe und tätigen Liebe, und alles Wahreder Weisheit und des Glaubens empfangen hat und empfängtaus dem Herrn, und nichts aus sich, und wie wenn es aus ihmwäre; dieses fühlt er, weil er nicht mit Kenntnissen geborenwird.“

Der Mensch weiß nichts aus sich. Alles was er weiß, weiß eraus andern und durch andere. Auf den ersten Blick erscheintdiese Aussage etwas wundersam, denn ich habe mir doch meinWissen oft mühsam angeeignet, was haben denn andere damitzu tun. Es sind doch Informationen, die ich aus meinem Ge-dächtnis abrufe, wenn ich mich mit meinem Gegenüber unter-halte und nicht die Informationen anderer. Kurz, was habenandere mit meinem Wissen und meinen Gedanken zu tun?

Wie bereits ausgeführt, ist der Mensch, wenn er das Licht die-ser Welt erblickt, im Gegensatz zu den meisten Tieren ohnefremde Hilfe nicht lebensfähig. In ihm sind keine Triebe ange-legt, die es ihm später ermöglichen, ohne Unterricht seine Nah-rung zu finden, eine Wohnstätte zu bauen oder sich fortzu-pflanzen. Er würde nicht überleben können, wenn er nicht all

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die dazu notwendigen Informationen von seinen Eltern oderanderen Menschen lernen würde.

Der Mensch wird ohne Kenntnisse irgendwelcher Art geboren.Er wüsste noch nicht einmal den Weg zur Mutterbrust zu ge-hen, wenn ihn nicht die Mutter an die Quelle seiner Nahrunganlegen würde. Es ist in der Tat so, dass der Säugling alles, waser zum Überleben in der Welt braucht, erlernen muss. Alles,was der Mensch vom Säuglingsalter an erlernt, erlernt er vonanderen Menschen. Das heißt, das Wissen, dass der Menschsich aneignet und zu seinem Eigentum macht, hat er nicht aussich selbst geschöpft, sondern alles was er weiß, weiß er vonanderen Menschen. Swedenborg formuliert das so:

„... dass dem Menschen unmöglich sei, irgendein Wissen aussich selbst zu nehmen, sondern dass er es von Anderen nehme,weil ihm keine Kenntnis angeboren ist; und weil er kein Wissenaus sich selbst nehmen kann, ...“

Im praktischen Leben sieht es doch so aus, dass all die Argu-mente, die wir zur Bestätigung unserer Meinung anführen, dieGedanken von anderen Menschen sind. Es handelt sich immerum Gedanken, die wir gelesen, gehört oder sonst irgendwieerfahren haben. Wir führen diese Gedanken unserem Empfin-den nach an und haben das Gefühl, dass es unsere eigenen Ge-danken waren. Im Grunde genommen schmücken wir uns beiunseren Ausführungen meist mit fremden Federn, ohne unsdarüber bewusst zu sein, dass wir die Gedanken anderer anfüh-ren.

Natürlich sind die zu unserem Eigentum gewordenen Informa-tionen, die wir durch andere erhalten haben, auch nicht auf de-ren Mist gewachsen. Auch die anderen sind ja genauso infor-mationsleer wie wir in diese Welt gekommen und mussten sich,

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so wie wir, ihr Wissen von ihren Eltern und Lehrern aneignen.Auch bei ihnen hat es eine geraume Zeit gedauert, bis sie ihreWeisheit soweit ausbilden konnten, um uns die Information zugeben, die notwendig war, damit wir uns unsere Meinung bil-den konnten. Wenn wir diesen Gedanken weiterführen, dannwird klar, dass auch die Lehrer der anderen als kleine unwis-sende Kinder auf die Welt gekommen sind, die erst durch dieWeisheit ihrer Lehrer das Wissen erlangt haben, das notwendigwar, um es weitergeben zu können.

Wir sehen also, dass all unser Wissen aus dem Wissen von an-deren herstammt, und dass deren Wissen wieder von anderenherstammt. Diesen Gedanken kann man letztendlich bis zumersten Menschen zurückverfolgen, und der hat sein Wissen vonGott.

Nun stellt sich natürlich die Frage, warum ist das so, dass derMensch so unvollkommen auf diese Welt kommt, und die Tiereso vollkommen sind, da sie ja bereits mit allem Wissen ausge-stattet sind, um ihr Leben so zu gestalten, wie sie es gestalten?In der „Ehelichen Liebe“, Nr. 133, schreibt Swedenborg Fol-gendes:

„... diese Dinge müssen notwendig vermöge der göttlichenWeisheit so sein, damit der Mensch Mensch und das Tier Tiersei; und dass so die Unvollkommenheit der Geburt desMenschens eine Vollkommenheit werde, und die Vollkommen-heit der Geburt des Tieres seine Unvollkommenheit sei.“

Und in der Nr. 136 können wir lesen:

„… dass der Mensch dazu geschaffen sei, die Liebe und dieWeisheit von Gott aufzunehmen, jedoch in aller Ähnlichkeit

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wie von sich, und zwar dies um der Aufnahme und Verbindungwillen, und dass der Mensch deshalb nicht mit irgendeinemTriebe geboren werde, noch mit irgendeinem Wissen, auchnicht mit einem Vermögen, zu lieben und weise zu sein aussich; wenn er daher alles Gute der Liebe und alles Wahre derWeisheit Gott zuschreibt, so wird er ein lebendiger Mensch;wenn er es aber sich zuschreibt, so wird er ein toter Mensch.“

Der entscheidende Unterschied zwischen Mensch und Tier istnach Swedenborg der, dass das Tier in Bezug auf sein Wissenund seinen Trieben vollkommen auf die Welt kommt. DerMensch hingegen kommt in Bezug auf sein Wissen und seineTriebe unvollkommen auf die Welt. In der Heiligen Schriftwird dieser Zustand als öde und leer bezeichnet. Diese Öde undLeere ist die Grundvoraussetzung, um ein Engel im höchstenHimmel werden zu können. Nur weil der Mensch im Gegensatzzum Tier sozusagen nicht vorprogrammiert ist, ist der mensch-liche Verstand offen für die unbegrenzte Aufnahme von Wahr-heiten und sein Wille ist offen für die unbegrenzte Aufnahmedes göttlichen Guten. Dies wäre nicht möglich, wenn wir mitfest vorprogrammiertem Wissen und Trieben das Licht dieserWelt erblicken würden. In der „Ehelichen Liebe“, Kap. 134können wir dazu lesen:

„Der Mensch wird nicht mit Kenntnissen geboren, sondern erempfängt dieselben, und dass er sie empfängt, erscheint ihm alsaus ihm selbst kommend; so zu fühlen wird dem Menschenebenfalls von dem Herrn gegeben, damit er Mensch sei, undnicht Tier, weil er dadurch, dass er will, denkt, liebt, weiß, ver-steht und weise ist wie aus sich, die Kenntnisse aufnimmt, undsie zur Einsicht und durch ihre Anwendung zur Weisheit er-höht; so verbindet der Herr sich mit dem Menschen und derMensch sich mit dem Herrn. Dies hätte nicht geschehen kön-

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nen, sofern nicht von dem Herrn vorgesehen worden wäre, dassder Mensch in gänzlicher Unwissenheit geboren werde.“

Wir werden also in gänzlicher Unwissenheit geboren, damit wirdie Kenntnisse von anderen aufnehmen können und durch dieseeinsichtig werden. Durch die Anwendung der Kenntnisse undEinsichten bildet sich die Weisheit aus und die Weisheit ist dasEinfallstor der göttlichen Liebe in den Willen des Menschen.Denn der Wille ist nur über die Weisheit des Verstandes in derLage, die Liebe des Herrn aufzunehmen. Wenn dann der Willeund der Verstand in der Liebe zum Herrn stehen, dann hat dasGemüt die Grundvoraussetzung erfüllt, um dereinst ein Be-wohner des Himmels zu sein.

Halten wir fest: Damit der Mensch dereinst ein Bewohner desHimmels werden kann, ist es unumgänglich, dass der Menschin gänzlicher Unwissenheit geboren wird. Sein Wissen erhältder Mensch ausschließlich von anderen, indem er Informatio-nen durch die Sinnesorgane aufnimmt und zu seinem Eigentummacht. So gesehen hat Swedenborg völlig recht, wenn er sagt,dass der Mensch nichts aus sich denkt, redet und handelt. Dieswird auch in dem Werk „Himmlische Geheimnisse“, Nr. 4319,bestätigt. Dort steht geschrieben:

Durch vielfache Erfahrung wurde mir gezeigt, dass sowohl derMensch, als der Geist, wie auch der Engel, nichts aus sichdenkt, redet und handelt, sondern von anderen, und auch diesenicht von sich, sondern wieder von anderen und so fort; unddass also alle und jeder Einzelne (es tut) aus dem ersten (Ur-grund) des Lebens, d. h. aus dem Herrn, wie sehr es auch im-mer den Anschein hat, als ob sie es aus sich vermöchten.“

Dass letztendlich jeglicher Einfluss durch den Herrn stattfindet,ist leicht nachzuvollziehen, wenn man bedenkt, dass wir ja un-

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ser gesamtes Wissen von anderen haben und diese ihr Wissenwieder von anderen usw. usw., was sich letztendlich bis zumersten Menschen zurückverfolgen ließe. Adam wurde direktvom Herrn geschult und dieser gab sein Wissen an seine Kinderweiter und diese an die ihren usw. usw.

Neben dem Wissen, welches wir uns durch andere angeeignethaben, gibt es natürlich auch noch das Wissen, das wir durchden Einfluss der göttlichen Liebe und Weisheit erhalten. Umverstehen zu können, wie dieser Einfluss stattfindet, müssenwir uns einige Gedanken über die Struktur des Menschen ma-chen.

Nach Swedenborg besteht der natürliche Mensch aus einerDreiheit, nämlich aus der Seele, dem Gemüt und dem materiel-len Körper. Dazu können wir in der „Ehelichen Liebe“, Nr.101, Folgendes lesen:„Drei Stücke sind es, aus welchen der Mensch besteht, undwelche der Ordnung nach bei ihm folgen, die Seele, das Gemüt,und der Körper; sein Innerstes ist die Seele, sein Mittleres istdas Gemüt, und sein Letztes ist der Körper. Alles, was von demHerrn in den Menschen einfließt, fließt in sein Innerstes ein,welches die Seele ist, und steigt von da in sein Mittleres, wel-ches das Gemüt ist und durch dieses in sein Letztes, das derKörper ist, herab; so fließt die Ehe des Guten und Wahren vondem Herrn bei dem Menschen ein; unmittelbar in seiner Seele,und von da geht es zum Folgenden fort, und durch dieses zumÄußersten“

Mit anderen Worten, der Mensch kann nur deshalb bestehen,weil in ihn ständig die göttliche Lebenskraft einfließt. Das Ein-fallstor für diese Lebensenergie ist die Seele. Diese alles erhal-tende Lebensenergie fließt über die Seele in das Gemüt des

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Menschen und von dort in seinen materiellen Körper. Letztend-lich kann der Mensch nur deshalb in der irdischen Daseinsebe-ne existieren, weil der Herr ständig an ihn denkt und in jedeneinzelnen Menschen mit seiner göttlichen Kraft einfließt. Swe-denborg beschreibt dies wie folgt:

Es ist eine allgemeine Regel, dass nichts aus sich bestehenkann, sondern nur aus einem anderen und durch ein anderes,dass folglich alles in seiner Form nur erhalten werden kann auseinem anderen und durch ein anderes. So kann auch derMensch als äußerer Mensch nur bestehen aus dem Inneren unddurch das Innere, und der innere Mensch kann nur bestehen ausdem Himmel und durch den Himmel. Auch der Himmel aberkann nicht aus Eigenem bestehen, sondern nur aus dem Herrn.Allein und einzig Er besteht aus sich. Je nach dem Entstehenund Bestehen findet das Einfließen statt, daraus entstehen unddadurch bestehen alle Dinge. Der innere Mensch wurde nachdem Bilde des Himmels, der äußere nach dem der Naturweltgestaltet. Darum ist der innere Mensch ein Himmel in kleinsterForm und der äußere eine Welt in kleinster Form, ein Mikro-kosmos. (Von Seele Geist und Leib S.40)

Unter dem äußeren Menschen versteht Swedenborg den natür-lichen, materiellen Körper. Unter dem inneren Menschen, denMenschen der nach dem Ablegen des Fleischkörpers weiterlebt,versteht Swedenborg das Gemüt und der Teil des Menschen, inden der Herr einfließt, bezeichnet Er als Himmel. Dass Swe-denborg dies so formuliert, ist für mich ein Hinweis darauf,dass er den Begriffen Seele und Himmel eine sehr ähnlicheBedeutung beimisst. Denn er sagt ja, dass der innere Mensch,also das Gemüt, nur dann bestehen kann, wenn in den Himmeldes Menschen, also in seine Seele, beständig der Herr einfließt.

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Der Mensch besteht also aus der Dreiheit von Seele, Gemüt undKörper. Wobei sich das Gemüt in zwei Komponenten aufteilt,dem Verstand und dem Willen. Der Wille ist das Gefäß und derWohnsitz der Liebe, während der Verstand in gleicher Weisedie Weisheit beherbergt. Darum entsprechen Wille und Ver-stand der göttlichen Liebe und Weisheit, in der sie ja auch ihrenUrsprung haben. [ WCR 37 b, 224 b, 397, 658, 712, 778]

Das Verhältnis der Beiden zueinander ist laut Swedenborg sogestellt, dass der Wille der eigentliche Mensch ist, der den Ver-stand nach seinem Wunsche lenkt.(WCR 255, 347 c, 507 f, 658]

Der Wille sucht sich im Verstand die Mittel und Wege zusam-men, um seine Zwecke, die Wirkungen, zu erreichen. [WCR374 b]

Und in der „Wahren Christlichen Religion“, Nr. 397, könnenwir lesen: „Wille und Verstand bilden den Geist des Menschen,denn seine Weisheit und Einsicht wie auch seine Liebe undNächstenliebe, ja sein Leben überhaupt, wohnen in ihnen.“ Undan anderer Stelle schrieb er: „Der inwendige Wille ist derMensch selbst, beruht doch auf ihm das eigentliche Sein undWesen seines Lebens, (WCR 493).“

An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass viele Auto-ren für die Beschreibung des Menschen die Begriffe Körper,Seele und Geist verwenden. Den Verstand des Menschen sie-deln sie im Geist des Menschen an. Den Willen, der ja die Le-bensliebe repräsentiert, siedeln sie in der Seele an. Und dasEinfallstor der göttlichen Liebe und Weisheit in den Menschen,welches für Swedenborg die Seele ist, wird von den anderen

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Autoren oftmals mit dem göttlichen Funken, der sich im Her-zen des Menschen befindet, umschrieben.

Dies gilt es unbedingt zu beachten, damit wir den Worten, dieuns der Herr durch Swedenborg geschenkt hat, die richtigenInhalte geben. Denn nur wenn wir uns davon freimachen, denWorten, die uns der Herr durch Swedenborg gegeben hat, unse-re eigenen Wortbedeutungen überzustülpen, werden wir derwahren Bedeutung seiner Aussagen näherkommen.

Aber kommen wir auf die swedenborgsche Definition des Be-griffs Gemüt zurück. Das Gemüt, welches sich aus dem Willenund dem Verstand zusammensetzt, ist der Teil des Menschen,der nach dem Übertritt in die jenseitige Welt den Geist desMenschen ausmacht. Swedenborg sagte dazu in der „WahrenChristlichen Religion“, Nr. 397:

„Wille und Verstand bilden den Geist des Menschen, denn sei-ne Weisheit und Einsicht wie auch seine Liebe und Nächsten-liebe, ja sein Leben überhaupt, wohnen in ihnen.“

Dass der Verstand in der natürlichen Welt sein Wissen durchandere erhält, und dass diese ihr Wissen auch durch andere er-halten, haben wir ja bereit erfahren. Nun möchte ich kurz darü-ber sprechen, wie die göttliche Liebe in den Willen des Men-schen, der ja seine Lebensliebe und somit sein Leben darstellt,einfließen kann.

Die göttliche, alles erhaltende Liebe kann nicht unmittelbar inden Willen des Menschen einfließen, da ein solches Einfließendie Willensfreiheit beeinflussen würde. Dies hängt unter ande-rem damit zusammen, dass in der Regel der Wille aufgrundseiner irdischen Entwicklung mit weltlichen Begierden ange-

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füllt ist. Durch diese weltlichen Bindungen ist der Wille mitFalschem angefüllt, was ein unmittelbares Einfließen des göttli-chen Wahren verhindert.

Damit die göttliche Liebe doch noch in den Willen einfließenkann, muss sie den Umweg über die Weisheit des Verstandesgehen. Denn der Verstand kann über die Seele eine Verbindungmit der göttlichen Liebe aufnehmen. Dies kann mittelbar überandere Menschen, Bücher usw. aber auch unmittelbar wie z. B.über sogenannte Einfälle, geschehen. Mir fällt etwas (von oben)ein. Der Verstand ist in der Lage, sich durch das Einfließen dergöttlichen Liebe, mit dem göttlichen Wahren und dem weltlichFalschen des Willens auseinanderzusetzen. Das Produkt dieserAuseinandersetzung führt dazu, dass der Mensch Weisheit er-langt. Die zunehmende Weisheit wiederum ist das Einfallstorder göttlichen Liebe in den Willen. In der „Wahren ChristlichenReligion“, Nr. 587, können wir dazu Folgendes lesen:

„Da der Wille des Menschen von Natur aus böse ist und derVerstand lehrt, was böse und was gut ist, und da er das einewollen und das andere nicht wollen kann, so folgt, dass derMensch durch den Verstand umgebildet werden muss.“

Der Mensch, dessen Wille bzw. Lebensliebe auf das Böse, alsoauf die Welt, ausgerichtet ist, kann nur über seinen Verstandund die ihm innewohnende Weisheit umgebildet werden. Undgenau an dieser Stelle setzt die göttliche Liebe an, um mit demVerstand des Menschen eine Beziehung einzugehen. In demMaße, wie die göttliche Liebe durch die Seele als Einfallstor inden Verstand einfließen kann, in dem Maße nimmt die Weis-heit des Menschen zu. Dass es sich dabei um einen langwieri-gen Prozess handelt, ergibt sich schon alleine aus der Tatsache,dass die Willensfreiheit des Menschen nicht angetastet werden

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darf. Aber dennoch irgendwann einmal, unabhängig davon, obim Diesseits oder im Jenseits, hat die Weisheit im Menschenein Stadium erreicht, wo es dann zu einer langsamen Umbil-dung des Willens kommt.

Der Lebensliebe werden die materiellen Gelüste schal und siebeginnt sich für die göttlichen Einflüsse des Geistes zu interes-sieren. Und in dem Maße, wie über den Verstand des Menschendie göttliche Liebe in den Willen des Menschen einfließenkann, in dem Maße entwickelt der Wille eine Liebe zur Weis-heit. Ich denke, das kann jeder nachvollziehen, wir brauchendoch nur einmal daran zu denken, wie wir durch unser zuneh-mendes Wissen über den Herrn immer mehr Verständnis für diegeistigen Dinge entwickelt haben und wie durch dieses Verste-hen unsere Liebe zum Herrn zugenommen hat. Dabei habensich unsere Vorstellungen und Betrachtungsweisen teilweiseradikal verändert und wir haben uns von vielen alten Begrün-dungen lösen müssen, um Platz für neue Gedanken und Ideenzu machen. Hierzu habe ich in dem Büchlein „Von Seele, Geistund Leib“, aus dem Swedenborgverlag, auf der Seite 44, fol-gendes Zitat gefunden:

„Solange der Mensch auf Erden lebt, verändern sich die Vor-stellungen seines Denkens. Sie werden vermehrt oder geteilt,sie werden dabei zugleich zu verschiedenen und neuen Gesell-schaften der geistigen Welt ausgedehnt: bei denen, die im Bö-sen oder in falschen Überzeugungen sind, zu höllischen Gesell-schaften, bei denen, die im Guten sind, zu himmlischen. Beidenen, die sich nur zum Glauben überreden ließen, werden dieVorstellungen beschränkt, bei denen aber, die geistig wiederge-boren werden, verbreiten sich die Gedanken und Neigungenimmerzu in neue himmlische Gemeinschaften und ihre Aus-dehnung und Fülle nimmt beständig zu. Die früheren Gedanken

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werden geteilt und die geteilten mit Vorstellungen vereinigt, diemit neuen Gemeinschaften in Verbindung stehen, das Einzelnewird mit Allgemeinem erfüllt und dieses mit Einzelnem, mitneuen Wahrheiten, durch die neue Erleuchtung sich auftut. DieAusdehnung der Sphäre bis zu den himmlischen Gemeinschaf-ten wird vom Herrn denen gegeben, die wiedergeboren werden,besonders durch Versuchungen hindurch, in denen sie dem Bö-sen und Falschen widerstehen. Da kämpft der Herr durch dieEngel mit, und der Mensch wird in noch innerlichere Engels-gemeinschaften eingeführt und empfängt höhere Fähigkeitendes Innewerdens.“

Dieses Zitat enthält einen Gedanken, der für mich ein sehrwichtiger Schlüssel zum Verstehen der swedenborgschen Jen-seitsbeschreibungen zu sein scheint. Es wird gesagt, dass sichdie Vorstellungen des Denkens beim Vermehren oder Teilenzugleich zu verschiedenen und neuen Gesellschaften in dergeistigen Welt ausdehnen. Swedenborg sagt: „Die Vorstellun-gen des Denkens werden vermehrt oder geteilt, sie werden da-bei zugleich zu verschiedenen und neuen Gesellschaften dergeistigen Welt ausgedehnt: bei denen, die im Bösen oder infalschen Überzeugungen sind, zu höllischen Gesellschaften, beidenen, die im Guten sind, zu himmlischen.“

Hier wird also ein Zusammenhang zwischen dem Verändernvon Vorstellungen und Neigungen und der Bildung von neuenGesellschaften hergestellt. Da es sich dabei um Vorstellungenunseres Denkens und unserer Neigungen handelt, ist derSchluss naheliegend, dass es sich bei den Gesellschaften umGesellschaften in unserem eigenen Himmel handelt. Wie sagteSwedenborg: „Der innere Mensch wurde nach dem Bilde desHimmels, der äußere nach dem der Naturwelt gestaltet. Darumist der innere Mensch ein Himmel in kleinster Form und der

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äußere eine Welt in kleinster Form, ein Mikrokosmos“. Dass essich bei diesen Gesellschaften um Vorstellungen unserer Ge-danken und Neigungen handeln könnte, wird auch dadurchwahrscheinlich, wenn wir daran denken, dass Swedenborg ei-nen Zusammenhang zwischen der Seele und dem Himmel (inuns) herstellt. Dieser Gedanke, dass es sich bei den Gesell-schaften im Himmel um Vorstellungen unseres Denkens undunserer Neigungen handelt, wird auch in dem folgenden Zitataus dem Werk „Himmlische Geheimnisse“, Nr. 644, aufgegrif-fen. Dort wird gesagt:

„Dass durch die Kammern, bezeichnet werden die zwei Teiledes Menschen, welche die des Willens und Verstandes sind,erhellt auch aus dem, was gesagt worden ist, dass nämlich jenezwei Teile, Wille und Verstand, unter sich durchaus unter-schieden sind, und daher das menschliche Hirn in zwei Teile,die Halbkugeln genannt werden, geteilt ist; zu seiner linkenHalbkugel gehört das Verständige, zur rechten das Willige; diesist die allgemeinste Unterscheidung. Außerdem werden sowohlder Verstand als der Wille in unzählige Teile geschieden, dennes gibt so viele Abteilungen des Verständigen und so viele desWilligen im Menschen, dass sie nie nach den Hauptgattungen,geschweige denn nach den Arten ausgedrückt oder aufgezähltwerden können. Der Mensch ist wie ein kleinster Himmel, wel-cher der Geisterwelt und dem Himmel entspricht, wo alle Gat-tungen und alle Arten des Verständigen und Willigen aus demHerrn so höchst geordnet unterschieden sind, dass es auch nichtein Allerkleinstes gibt, das nicht unterschieden wäre, wovon,vermöge göttlicher Barmherzigkeit des Herrn, im Folgenden.Im Himmel werden jene Abteilungen Gesellschaften genannt,im Worte Wohnungen, vom Herrn Bleibestätten.“

Auch in diesem Zitat weist Swedenborg darauf hin, dass so-wohl der Verstand als auch der Wille in unzählige Teile ge-

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schieden sind, und zwar in so viele, dass sie nie nach denHauptgattungen, geschweige denn nach den Arten ausgedrücktoder aufgezählt werden können. Oder anders ausgedrückt, unserVerstand mit der in ihm waltenden Weisheit und unser Wille istso vielgestaltig an Liebes- und Weisheitsimpulsen, dass es un-möglich ist, all diese Impulse aufzuzählen. Es wird ja nichtumsonst gesagt, dass der Mensch wie ein kleinster Himmel ist,denn die Seele bzw. der Himmel des Menschen ist dadurch,dass dort die göttliche Liebe einfließen kann, für die Unend-lichkeit angelegt. Diese unendlich vielen Liebes- und Weis-heitsimpulse erscheinen uns zwar als eine homogene Einheit,sie sind aber in Wirklichkeit total voneinander differenziert.Swedenborg beschreibt dies so:

„Der Mensch ist wie ein kleinster Himmel, welcher der Geis-terwelt und dem Himmel entspricht, wo alle Gattungen und alleArten des Verständigen und Willigen aus dem Herrn so höchstgeordnet unterschieden sind, dass es auch nicht ein Allerklein-stes gibt, das nicht unterschieden wäre. Im Himmel werden jeneAbteilungen Gesellschaften genannt.“

Diese vom Herrn so höchst geordnet unterschiedenen Liebes-und Weisheitsimpulse haben die Eigenschaft, dass sich ähnli-che Einzelgedanken und Ideen sozusagen in Abteilungen zu-sammenschließen während unähnliche sich einander ausschlie-ßende Einzelgedanken und Ideen abstoßen und andere Grup-pengedanken bilden. Im Himmel bzw. in der Hölle des mensch-lichen Gemüts werden diese Gedankengruppen mit dem WortGesellschaften bezeichnet.

Da dieser Gedanke möglicherweise für den einen oder anderennoch etwas ungewohnt ist, möchte ich anhand eines kleinenBeispiels versuchen, diese Überlegung zu verdeutlichen.

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Stellen wir uns vor, in unserem Willen keimt der Wunsch nacheinem schönen neuen Auto auf. Sofort wird der Verstand vonunserem Willen damit beauftragt, diesen Wunsch in die Tatumzusetzen. Der Verstand wird nun mit seiner durch andereerlangten Weisheit damit beginnen, viele Einzelgedanken undIdeen nach ihrer Wertigkeit zu sammeln und zu sortieren. Dawird es eine Gedankengruppe geben, die sich mit der Frageauseinandersetzt, welche Art von Auto dem Willen angenehmwäre. Es wird andere Gedankengruppen geben, die sich mit derFinanzierung, der Ausstattung, dem Parkplatzproblem usw.usw. beschäftigen. Sicherlich wird es auch zu dem einen oderanderen Kampf zwischen dem Willen und dem Verstand kom-men. So wird es bestimmt nicht einfach sein, einen Kompro-miss zwischen den maximalen Ausstattungswünschen des Wil-lens und der Gedankengruppe, die sich mit unserer finanziellenSituation beschäftigt hat, zu finden.

Ich hoffe, dass dieses kleine Beispiel nachempfinden lässt, wiein unserem Willen und in unserem Verstand ständig neue Ge-sellschaften von Vorstellungen des Denkens und Wollens ent-stehen. Diese Gesellschaften können himmlischer aber auchhöllischer Art sein, je nachdem, ob unsere Motivation göttlicheroder weltlicher Natur ist. Diese Gesellschaften werden ein Teilunseres Gemüts.

Im Anschluss an dieses kleine Beispiel möchte ich noch einmalkurz die wichtigsten Gedanken meiner bisherigen Ausführun-gen zusammenfassen.

Der Mensch betritt die Bühne dieses Lebens ohne jeglichesWissen. Er hat lediglich die Fähigkeit, sich Wissen anzueignenund die Neigung zum Lieben.All sein Wissen, welches sich der Mensch aneignet, hat er vonanderen. Er nimmt Informationen aller Art auf und vermehrt

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dadurch sein Wissen. Da sich der Mensch in der Regel nichtdarüber bewusst ist, dass er sein Wissen von anderen hat,glaubt er, dass er sein Wissen aus sich hat.

Der Grund dafür, warum der Mensch ohne jegliches Wissengeboren wird liegt darin, damit er in Ewigkeit an Liebe undWeisheit zunehmen kann, um so dereinst ein Engel des höchs-ten Himmels werden zu können.

Das Einfallstor der göttlichen Liebe in den Menschen ist seineSeele, die von Swedenborg auch als Himmel bezeichnet wird.Über die Seele kann die göttliche Liebe unter der Wahrung derWillensfreiheit, mit dem Verstand des Menschen eine Bezie-hung eingehen, welche von Swedenborg auch als die Ehe dergöttlichen Liebe mit dem Verstand des Menschen bezeichnetwird. Das Kind dieser Liebe ist die Weisheit.

Über die zunehmende Liebe des Willens zur Weisheit des Ver-standes ist es dann möglich, den Willen umzubilden, damit ersich von seinen weltlichen Neigungen weg zu himmlischenNeigungen hin entwickeln kann.

Für die bei diesen Umbildungsprozessen verändernden Vorstel-lungen des Denkens neu entstehenden Gedanken und Neigun-gen verwendet Swedenborg als Entsprechung den Begriff Ge-sellschaften.

Bevor wir uns nun mit dem Einfließen des Denkens und Wol-len im Jenseits beschäftigen, möchte ich noch ein paar kurzeallgemeine Bemerkungen machen, die es zu beachten gilt, wennwir die Jenseitstexte von Emanuel Swedenborg betrachten. LautSwedenborg haben diese Mitteilungen aus der Geisterwelt im-mer Entsprechungscharakter. Hierzu können wir in dem Vor-

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wort zu dem Buch Himmel und Hölle, von Pfr. Dr. FriedemannHorn folgendes Zitat lesen:

„Swedenborg blieb sich auch bewusst, dass die Erscheinungender geistigen Welt nicht beschrieben werden können, wie sie ansich sind, sondern nur durch entsprechende Bilder aus dem irdi-schen Erfahrungsbereich des Menschen. Es ist wichtig, dies beider Lektüre stets vor Augen zu haben, dann vergisst man nicht,dass Swedenborg Geistiges bildhaft darstellt, und man wirdvermeiden, dass einem die geschilderten Einzelheiten den Blickfür die allein wichtigen Gesetzmäßigkeiten des uns allen erwar-tenden nachtodlichen Daseins verschleiern.“

Wenn wir also in den Werken Swedenborgs lesen, sollten wiruns immer bewusst sein, dass wir eine Lektüre lesen, dieweitgehendst Worte aus dem irdischen Alltag benutzt, um geis-tige Inhalte in das Bewusstsein des Lesers zu transportieren.Dies gilt im Besonderen dann, wenn es sich dabei um die soge-nannten Denkwürdigkeiten handelt. Denn bei diesen Denkwür-digkeiten versucht Swedenborg seinen Lesern oftmals Dingedarzustellen, für die es in der irdischen Sprache oft gar keineWorte gibt. So wird ihm z. B. in der „Ehelichen Liebe“, Nr. 42Folgendes gesagt:

„Aber dann nimm dich in acht, dass nicht der Glanz, der vonunserem Himmel, aus dem wir herabgestiegen sind, herstammtund flammend ist, tiefer [in dich] eindringe; [denn] aus seinemEinfluss werden zwar die höheren Ideen deines Verstandes,welche an sich himmlisch sind, erleuchtet, allein diese sind inder Welt, in der du lebst, unaussprechlich. Nimm deshalb, wasdu hören wirst, vernunftmäßig auf, und lege es so der Fas-sungskraft des Verstandes gemäß aus.“

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Dieser Rat, die geistigen Dinge vernunftmäßig aufzunehmenund sie dann der Fassungskraft des Verstandes gemäß auszule-gen, gilt natürlich auch für uns.

Nachdem wir uns bewusst gemacht haben, dass es sich bei denswedenborgschen Jenseitsberichten meist um Entsprechungenhandelt, möchte ich nun darüber sprechen, wie man sich dieDaseinsstruktur des Menschen in der jenseitigen Welt vorstel-len kann.

Wenn der Mensch in die jenseitige Welt eintritt, kommt er zu-nächst einmal in das Geisterreich. Dieses Geisterreich be-schreibt einen Gemütszustand, indem der Mensch noch nichtwahrhaftig ist. Das heißt, zwischen seinem inneren Wollen undden daraus hervorgehenden Erscheinlichkeiten ist noch keineHarmonie. Die göttliche Vorsehung hat es aber so eingerichtet,dass nach einer mehr oder weniger langen Zeit, Swedenborgspricht von maximal 30 Jahren, der Geistmensch einen Zustanderreicht, wo zwischen seinem inneren Wollen, was seiner Le-bensliebe entspricht, und den daraus hervorgehenden örtlichenErscheinlichkeiten kein Unterschied mehr ist. Wenn dieser Zu-stand erreicht ist, begibt sich der Mensch in seinen Himmeloder in seine Hölle. Wobei es zu bedenken gilt, dass laut Swe-denborg, die Räume im Himmel nichts anderes, als äußere Zu-stände sind, welche dem Inneren entsprechen. (HuH 191)

Wenn der Geistmensch diesen Zustand erlangt hat, dann ruht erin sich selbst, in seinem eigentlichen Leben. Bei Swedenborgkönnen wir hierzu in dem Buch ‚Himmel und Hölle‘, Nr. 502lesen:

„Nachdem der erste Zustand durchlaufen ist - der Zustand desmehr Äußerlichen -, wird der Geistmensch in den Zustand sei-

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ner inneren Bereiche bzw. seines inneren Wollens und des da-raus hervorgehenden Denkens versetzt: ein Zustand, in dem erauch in der Welt war, wenn er, sich selbst überlassen, frei undungebunden dachte. In diesen Zustand schlüpft er, ihm selbstunbewusst, ebenso wie in der Welt, wenn er das dem Sprechenzunächst liegende Denken - also das dem Sprechen vorherge-hende - abschaltet gegenüber den innerlicheren Gedanken undin diesen verweilt. Der Geistmensch ruht dann in diesem Zu-stand in sich selbst und in seinem eigentlichen Leben; denn freidenken aus eigener Neigung ist das eigentliche Leben des Men-schen und ist er selbst.“

Frei denken aus eigener Neigung ist das eigentliche Leben desMenschen und ist er selbst. Dieser Satz stellt scheinbar einentotalen Widerspruch zu dem anfangs zitierten SatzSwedenborgs dar, in dem er schrieb: „Dass niemand weder imHimmel, noch in der Hölle aus sich denkt, redet, will und han-delt, sondern aus anderen“.

Um diesen Gordischen Knoten lösen zu können, müssen wirdie Tatsache berücksichtigen, dass es sich bei dem anfangs er-wähnten Zitat Swedenborgs um eine Denkwürdigkeit handelt.Also um ein Erlebnis, das Swedenborg in der jenseitigen Weltbeobachtet hatte. Als er diesen Text schrieb, befand er sich alsoin einer Situation, wo er Unaussprechliches mit natürlichenWorten beschreiben musste. Eine Kunst, die Swedenborg sehrgut beherrschte, die aber von dem Leser dieser Beschreibungein absolutes Mitdenken fordert. Denn um diesen Text wirklichverstehen zu können, müssen wir die WortdefinitionenSwedenborgs verwenden und dürfen auf keinen Fall unserepersönlichen Wortdefinitionen anwenden.

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Wenn wir diese Erkenntnis anwenden, dann dürfen wir davonausgehen, dass Swedenborg, wenn er von Himmel und Höllespricht, das Innere des Menschen meint, denn perSwedenborgdefinition sind Himmel und Hölle keine Orte, son-dern Zustandsbeschreibungen des Inwendigen. In diese Zustän-de des Himmels oder der Hölle kommt der Mensch, nachdem erden Zustand des Geisterreichs durchlebt hat und sich als Geist-mensch in die Bereiche seines inneren Wollens und des daraushervorgehenden Denkens begibt. Er ist sich dessen völlig un-bewusst, denn er hält das, was er in seinem Inwendigen wieaußerhalb von ihm erlebt, für völlig normal und real. DerGeistmensch ruht in diesem Zustand in sich selbst und in sei-nem eigentlichen Leben; denn frei denken aus eigener Neigungist das eigentliche Leben des Menschen und ist er selbst. Swe-denborg schrieb in „Himmel und Hölle“, dass die Räume imHimmel nichts anderes sind, als äußere Zustände, welche denInnern entsprechen. Nicht anderswoher kommt es, dass dieHimmel voneinander geschieden sind, und dann auch die Ge-sellschaften in jedem Himmel, und jeglicher in der Gesell-schaft, daher kommt auch, dass die Himmel von den Höllenvöllig abgesondert sind, denn sie sind in entgegengesetztemZustand. [HH 191]

Auch hier handelt es sich um die verschiedenen Himmel, die indem Gemüt des Menschen angelegt sind und die Gesellschaf-ten, von denen die Rede ist, sind Gedanken und Neigungen diesich als äußere Zustände, welche dem Innern entsprechen, ma-nifestieren. Swedenborg schrieb doch ganz eindeutig, dass sichbei denen, die geistig wiedergeboren werden, die Gedanken undNeigungen immerzu in neue himmlische Gemeinschaften ver-breiten und ihre Ausdehnung und Fülle beständig zunimmt.

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Wenn wir den Gedanken Swedenborgs weiterdenken, dass derGeistmensch in der jenseitigen Welt nach dem Verlassen desGeisterreichs in sich selbst und somit in seinem eigentlichenLeben ruht, dann können wir davon ausgehen, dass es sich beiden Landschaften, Orten, Gesellschaften und Personen, die demGeistmenschen im Himmel begegnen, um Projektionen seinesInneren handelt. Dann wird verständlich, wenn Swedenborg in„Himmel und Hölle“ schreibt:„Auch wenn einer von einem Ort zum andern geht, sei es nunin seiner Stadt, oder in den Vorhallen, oder in den Gärten, oderzu anderen außerhalb seiner Gesellschaft, so kommt er schnel-ler dahin, wenn er sich darnach sehnt, und langsamer, wenn ersich nicht hinsehnt, der Weg selbst wird je nach seinem Ver-langen verlängert und verkürzt, obgleich er derselbe ist: Dieshabe ich öfter gesehen und mich darüber gewundert.“

Der Geistmensch muss lediglich seinen Willen fokussieren undschon befindet er sich in der Erscheinlichkeit dort, wohin ihnseine Neigung hinzieht. Je nachdem seine Neigung ist, obhimmlisch oder höllisch, so wird sich sein Himmel oder seineHölle gestalten. Denn frei denken aus eigener Neigung ist daseigentliche Leben des Menschen und ist er selbst.

Frei denken aus eigener Neigung beinhaltet aber auch, dass dieVorstellungen des Denkens, welche von Swedenborg mit demBegriff Gesellschaften belegt wurden, Einfluss auf dieses Den-ken haben. Der Mensch nimmt ja all das Wissen, das er wäh-rend seiner irdischen Daseinsform zu seinem Eigentum ge-macht hat, in die geistige Welt mit. Das bedeutet, dass er seinganz persönliches Wissen und somit seine ganz persönlichenGesellschaften ins Jenseits mitnimmt. Deshalb sagte Jesus jaauch: „In meines Vaters Hause gibt es viele Zimmer.“ So viele

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Geistmenschen es gibt, so viele Himmel und Höllen gibt es, diemit den Gesellschaften des jeweiligen Geistes bevölkert sind.

Wenn nun eine einzelne personifizierte Vorstellung des Geist-menschen von sich behauptet, dass sie aus sich denkt, dannwird schnell klar, dass es sich hierbei um einen Irrtum handelnmuss. Denn um einen Gedanken so denken zu können, dassman sich ihn vorstellen kann, benötigt der Mensch eine Unzahlvon Vorgedanken, die in den zu visualisierenden Gedankeneinfließen. Diese Vorgedanken wiederum sind auch nur dannmöglich, wenn in diesen anderen Gedanken eingeflossen sindusw.. Dies ist absolut vergleichbar mit dem Wissen, welcheswir durch andere erlernt haben. So gesehen hat Swedenborgnatürlich völlig recht, wenn er in der Sprache der Entsprechun-gen schreibt:

„Merkwürdig ist auch, was öfter geschah, und dann auch (mir)gezeigt wurde, dass niemand weder im Himmel, noch in derHölle aus sich denkt, redet, will und handelt, sondern aus ande-ren, und so zuletzt alle und jeder aus dem allgemeinen Einflie-ßen des Lebens, das vom Herrn (ausgeht).“

Alle Vorstellungen des Denkens werden von den Neigungendes Willens beeinflusst. Unsere Gedankengesellschaften beein-flussen sich gegenseitig, sodass kein Einzelgedanke davon aus-gehen kann, dass er nicht auf dem Fundament anderer Gedan-ken aufgebaut ist. Es gibt keine Vorstellungen, die nicht auseiner Vielzahl von einzelnen Neigungselementen bestehen, diewiederum von Erfahrungen und Begebnissen mit anderen Ge-sellschaften im Menschen geprägt sind.

Alles, was wirklich neu in den Vorstellungen des Gemüts ist,fließt über die Weisheit des Verstandes ein. Und bei der Weis-heit des Verstandes handelt es sich ja nur dann um eine wirkli-

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che Weisheit, wenn sie aus der Ehe zwischen der göttlichenLiebe mit dem Verstand des Menschen entspringt. Dies stimmtmit der Feststellung Swedenborgs überein, dass alle Gedankenund die mit ihnen zusammenhängenden Gesellschaften in denVorstellungen des Gemüts letztendlich vom Herrn sind, dennnur Er allein ist die Wahrheit und das Leben.

Obwohl es dem Geschöpf so erscheint, hat kein Geschöpf inder gesamten Schöpfung Leben aus sich. Nur der Herr hat Le-ben und wir empfangen es durch Ihn. Dass wir uns als unab-hängige und selbstständige Wesen empfinden, ist eine der größ-ten und genialsten Schachzüge Gottes. Nur durch die Entwick-lung unseres Ichbewusstseins war es dem Herrn möglich, We-sen zu schaffen, die sich frei entwickeln konnten. Eine Grund-voraussetzung zur Bildung eines Ichbewusstseins besteht darin,dass der Mensch ohne jegliches Wissen in diese Welt eintrittund sich mühsam sein Wissen durch Andere aneignet.

Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich als Resümeefesthalten, dass es aus meiner Sicht berechtigte Zweifel an derweitverbreiteten These gibt, dass die Gedanken des Menschendas Produkt irgendwelcher unmittelbaren Einflüsse von Ver-storbenen Menschen sind. Swedenborgs Ausführungen lassendurchaus den Schluss zu, dass der Mensch aus sich denkt undnicht in Abhängigkeit von irgendwelchen Einflüsterungen.Denn er sagt doch ganz deutlich: „Frei denken aus eigener Nei-gung ist das eigentliche Leben des Menschen und ist er selbst.“

Wir dürfen beim Lesen der Swedenborgtexte nie aus den Augenverlieren, dass er uns seine Erlebnisse, die er in der jenseitigenWelt hatte, nur in der Sprache der Entsprechungen mitteilenkonnte. Wenn wir uns nicht permanent vor Augen halten, dassseine Schriften über weite Strecken Entsprechungscharakter

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haben, werden wir diese Schriften nur sehr oberflächlich ver-stehen können.

Genauso verhält es sich natürlich auch bei der Frage: „ob derMensch aus sich denkt, oder ob Geister durch ihn denken“. DieEntsprechungen, die Swedenborg gewählt hat, um den Men-schen seiner Zeit die innerseelischen Vorgänge, die Informati-onsflüsse zwischen Unterbewusstsein und Bewusstsein, und dieinnerseelischen Abläufe bei Verstorbenen zu vermitteln, sindeinfach genial. Wir Heutigen, die wir durch die Psychologiemehr über die inneren Vorgänge der Seele wissen, als die Men-schen zu Swedenborgs Zeiten, sollten beim Lesen seiner Schrif-ten die Entsprechungskunde anwenden, und wir werden ver-blüfft sein, wie weit Swedenborg seiner Zeit voraus war.

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langweilige Sache. Doch diese Fahrt nach München ist wohl die spannendsteBahnfahrt, die er je gemacht hat. Nichts ahnend setzt er sich in ein Abteil undbefindet sich nach kurzer Zeit in Gespräche verwickelt, die sein ganzes Welt-bild infrage stellen.

Sicherlich, Daniel hat sich schon den einen oder anderen Gedanken über sichund die Welt gemacht, aber in diesen Gesprächen sieht er sich ziemlich un-vermittelt mit den elementaren Sinnfragen des Lebens konfrontiert. In derUnterhaltung mit seinen Mitreisenden muss sich Daniel mit Themen ausei-nandersetzen, die für ihn völlig ungewohnt sind.

Themen wie: Gibt es ein Leben nach dem Tod? Stammt der Mensch vomAffen ab? Wie war das mit dem Urknall? Ist der Mensch ein Geschöpf Got-tes? Und wenn ja, wer oder was ist Gott? Wenn es einen Gott gibt, warumlässt er soviel Not und Leid zu? Welcher Gott ist der Richtige? Die Antwor-ten, die Daniel durch seine Mitreisenden erfährt, sind für ihn so beeindru-ckend, dass er alles, was er bisher über Gott und die Welt gedacht hat, neuüberdenken muss.

Das Buch ist sehr gut für Leser geeignet, die sich bisher noch wenig Gedan-ken über das Woher, Wohin und Warum gemacht haben. Aber auch Leser, dienach einem tieferen Einblick in die Grundfragen des Lebens suchen, werdenbei der Lektüre des Buches auf ihre Kosten kommen.

Das Buch kann in jeder Buchhandlung, im Internet oder beim Autor zu einemPreis von 6,99 € bezogen werden.

Verlag: Books on Demand, NorderstedtISBN: 978-3741282478

Im ICE zu Gott

Wer sich einwenig mit der göttlichen Vorsehung aus-kennt, der weiß, dass der Herr in seiner unendlichenBarmherzigkeit nichts auslässt, um jeden Menschen im-mer wieder aufs neue Denkanstöße zu geben. Genau diesist dem gottungläubigen Daniel in meinem Buch “Im ICEzu Gott“ passiert.

Normalerweise ist Bahnfahren für Daniel eine ziemlich............................................................

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entfliehen, um sich auf die wirklich wichtigen Dinge des Lebens besin-nen zu können. Wobei Jesus Christus eine zentrale Stellung in diesenGeschichten einnimmt, denn Er hat wie kein Zweiter auf dieser Welt denWeg zum wahren Glück aufgezeigt.

Das Buch bietet als Alternative zu den Verlockungen der Welt einewarme und einfühlsame Begegnung mit Jesus Christus an, ohne dabei indie klischeehaften Vorstellungen eines rachsüchtigen und strafenden zuverfallen. Die Texte laden den Leser ein, in den tieferen Schichten dereigenen Seele den Schlüssel zum wahren Lebensglück zu suchen. Dort,wo Raum und Zeit ihre Gültigkeit verlieren, eröffnet sich dem wahrhaftSuchenden die persönliche Nähe zu Gott. Vielleicht begegnet dabei jaauch Ihnen Jesus Christus, der Ihnen zuruft: „Kommet alle, die ihr müh-selig und beladen seid, Ich will euch erquicken!“

Das Buch kann in jeder Buchhandlung, im Internet oder beim Autor zueinem Preis von 8,99 € bezogen werden.

Verlag: Books on Demand, NorderstedtISBN: 978-3739225975

Der schmale Pfad zum Glück

lautet der Titel meines im BoD-Verlag erschie-nenen Buches. In ihm wird der Leser in lebens-nahen und liebevoll geschriebenen Kurzge-schichten dazu eingeladen, die weiten Flure sei-nes eigenen Seelengrundes zu betreten. Diedurch die NO-Schriften inspirierten Texte sindmeist emotional angelegt und sollen dazu verfüh-ren, für kurze Zeit dem Stress des Alltags zuwwwwwwwwwww.

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Das Mysterium der Schöpfung

In seinem aktuell erschienenen Buch setzt sich Jür-gen Kramke mit den Grundlagen der geistigen undnatürlichen Schöpfung auseinander. Als Fundamentfür seine Ausführungen bezüglich der Ursachen undKräfte, die das Universum entstehen ließ und beste-hen lässt, beruft sich der Autor neben der Naturwis-senschaft auf die Aussagen des Naturforschers undVisionär Emanuel Swedenborg (1688 -1772). VieleEr-xxxxwwwwwErkenntnisse aus der Quantenphysik hat Emanuel Swedenborg, dessenWerke im Weltdokumentenerbe der UNESCO verzeichnet sind, vorweg-genommen.

So wusste er z. B., dass der Urgrund der Materie geistiger Natur ist. EineErkenntnis, die die erst viele Jahrzehnte nach Swedenborgs Tod von demPhysiker und Nobelpreisträger Max Planck formuliert wurde. Auch dievon dem Quantenphysiker Hans-Peter Dürr postulierte Existenz einerjenseitigen Welt und dem Weiterleben nach dem Tod, hat Swedenborg inseinen Werken nachgewiesen. Swedenborg kannte wie kaum ein Andererdie Verhältnisse und Gesetzmäßigkeiten der geistigen Welt mit ihrenWechselwirkungen zur natürlichen Welt.

Mit diesem Hintergrund setzt sich der Autor in seinem Buch mit denexistenziellen Fragen der Schöpfung und des Lebens auseinander. Dabeiwerden die folgenden Themen ausführlich behandelt:

Die Entwicklung des Lebens vom Mineralreich zum MenschenDie Lehre von den GradenRaum und ZeitDie EntsprechungskundeGott ist MenschDie Verhältnisse in der jenseitigen Welt

Dieses Buch möchte Ihnen neue Sichtweisen über die Grundlagen dergeistigen und natürlichen Schöpfung nachvollziehbar aufzeigen.

Das 204 Seiten starke Buch kann in jeder Buchhandlung und im Internetz. B. bei amazon.de bezogen werden.

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand, NorderstedtISBN 9783738611465VK 8,99 €