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Lebensform Schützengraben „Wenn sie den Krieg lieben, ziehen Sie einen Graben in Ihrem Garten, füllen ihn halb mit Wasser, kriechen hinein und bleiben dort ei- nen Tag oder zwei, ohne etwas zu essen; bestellen Sie sich weiter einen Geisteskran- ken, damit er mit ein paar Revolvern und ei- nem Maschinengewehr auf Sie schieße, dann haben sie etwas, das gerade so gut ist und Ihrem Lande eine Menge Geld spart.“ 1 So kommentierte im März 1915 die amerikani- sche sozialistische Zeitschrift „Appeal to Reason“ die Diskussionen um den Kriegseintritt der USA. Die Redakteure in den fernen Ver- einigten Staaten verbanden den Stellungskrieg schon ein Jahr vor den großen Material- schlachten im Westen (beispielsweise vor Verdun und an der Somme) mit jenen charak- teristischen Schützengräben, in denen Sol- daten unter unmenschlichen Bedingungen dahinvegetierten. Eine neue Form des Krieges hatte sich an der Westfront des Deutschen Reiches herausgebildet – laut Werner Beumel- burg „eine neue Lebensform für Millionen Menschen, die sich von den Daseinsbeding- ungen des Friedens hauptsächlich durch die größere Sterblichkeit“ 2 unterschied. Doch es war nicht nur die „gehäufte Todes- gefahr für alle Beteiligten“ 3 , welche die „autar- ke Welt der Schützengräben“ 4 – so ein Veter- an – von den „Daseinsbedingungen des Frie- dens“ 5 abgrenzte. In Schlamm, Gestank, oft ohne Kontakt zur militärischen Führung, umge- ben von Ungeziefer und nicht selten orientie- rungslos in einer von kontinuierlichem Trom- melfeuer zerstörten Landschaft waren die Soldaten dem Krieg fast ohne Fluchtmöglich- keit ausgeliefert. In dieser Welt, in der es keine Kinder, Frauen und alte Menschen gab, und in welcher der Tod ein ständiger Begleiter war, entwickelten die Soldaten in den Gräben zwischen „denen da hinten [Etappe] und denen da drüben [Feind]“ 6 Verhaltensweisen und Lebensformen, mit denen sie irgendwie zu überleben hofften. 7 Auch in Zeiten relativer Ruhe schwebten die Frontsoldaten in Lebensgefahr, da die Artille- rie jederzeit jeden Punkt auf dem zentralen Schlachtfeld mit Geschossen belegen konnte. Der ständigen Lebensgefahr waren sich die Stellungskrieger – etwa Ernst Jünger in seiner Beschreibung der Kämpfe an der Somme 8 bewusst: „Man stelle sich vor, ganz fest an Der deutsche Verdun-Mythos „Verdun ist dann nicht mehr der Rede wert” 74 Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. Landesverband Rheinland-Pfalz Der Frontkämpfer der Westfront. Sturmtruppführer Richard Steller, Dörnbach/Pfalz Privatbesitz von Dr. Matti Münch

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Lebensform Schützengraben

„Wenn sie den Krieg lieben, ziehen Sie einenGraben in Ihrem Garten, füllen ihn halb mitWasser, kriechen hinein und bleiben dort ei-nen Tag oder zwei, ohne etwas zu essen;bestellen Sie sich weiter einen Geisteskran-ken, damit er mit ein paar Revolvern und ei-nem Maschinengewehr auf Sie schieße, dannhaben sie etwas, das gerade so gut ist undIhrem Lande eine Menge Geld spart.“1 So

kommentierte im März 1915 die amerikani-sche sozialistische Zeitschrift „Appeal to Reason“ die Diskussionen um den Kriegseintrittder USA. Die Redakteure in den fernen Ver-einigten Staaten verbanden den Stellungskriegschon ein Jahr vor den großen Material-schlachten im Westen (beispielsweise vorVerdun und an der Somme) mit jenen charak-teristischen Schützengräben, in denen Sol-daten unter unmenschlichen Bedingungendahinvegetierten. Eine neue Form des Kriegeshatte sich an der Westfront des DeutschenReiches herausgebildet – laut Werner Beumel-burg „eine neue Lebensform für MillionenMenschen, die sich von den Daseinsbeding-ungen des Friedens hauptsächlich durch diegrößere Sterblichkeit“2 unterschied.

Doch es war nicht nur die „gehäufte Todes-gefahr für alle Beteiligten“3, welche die „autar-ke Welt der Schützengräben“4 – so ein Veter-an – von den „Daseinsbedingungen des Frie-dens“5 abgrenzte. In Schlamm, Gestank, oftohne Kontakt zur militärischen Führung, umge-ben von Ungeziefer und nicht selten orientie-rungslos in einer von kontinuierlichem Trom-melfeuer zerstörten Landschaft waren dieSoldaten dem Krieg fast ohne Fluchtmöglich-keit ausgeliefert. In dieser Welt, in der es keineKinder, Frauen und alte Menschen gab, und inwelcher der Tod ein ständiger Begleiter war,entwickelten die Soldaten in den Gräbenzwischen „denen da hinten [Etappe] unddenen da drüben [Feind]“6 Verhaltensweisenund Lebensformen, mit denen sie irgendwiezu überleben hofften.7

Auch in Zeiten relativer Ruhe schwebten dieFrontsoldaten in Lebensgefahr, da die Artille-rie jederzeit jeden Punkt auf dem zentralenSchlachtfeld mit Geschossen belegen konnte.Der ständigen Lebensgefahr waren sich dieStellungskrieger – etwa Ernst Jünger in seinerBeschreibung der Kämpfe an der Somme 8 –bewusst: „Man stelle sich vor, ganz fest an

Der deutsche Verdun-Mythos „Verdun ist dann nicht mehr der Rede wert”

74 Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.Landesverband Rheinland-Pfalz

Der Frontkämpfer der Westfront.

Sturmtruppführer Richard Steller,

Dörnbach/Pfalz

Privatbesitz

von Dr. Matti Münch

schütze ein, als später an der Somme zurVerfügung standen. Das Auftaktfeuer hielt ander Somme aber rund eine Woche an, vorVerdun dagegen nur 21 Stunden. Auch derHagel an Artilleriegeschossen, in dem diedeutschen Verdunsoldaten etwa 1916 aushar-ren mussten, war verglichen mit dem Ge-schützfeuer ein Jahr später an einem anderenWestfrontabschnitt nicht außergewöhnlich.16

Der Artilleriebeschuss, dem die deutschenKämpfer an der Maas ausgesetzt waren, warkeineswegs überdurchschnittlich höher als aufanderen Schlachtfeldern im Ersten Weltkrieg.

Das Kriterium der Schlachtdauer ist für dieStellungskriege an der Westfront im ErstenWeltkrieg nur bedingt zu gebrauchen, da sichdie offiziell behauptete und die tatsächlicheSchlachtdauer in einem Frontabschnitt oft er-heblich unterschieden. Beginn und Ende derKämpfe lassen sich meist nicht klar bestimmen,und die Grenzen zwischen lokalen Gefech-ten, groß angelegten Offensiven und Schlach-ten können nicht immer klar gezogen werden.Weder verbesserten sich nach dem offiziellenSchlachtende die Lebensbedingungen an derFront, noch kam es 1917 zu einer entschei-denden Veränderung der Verhältnisse in denSchützengräben. Bei der Auswertung zeitge-nössischer Quellen fällt auf, dass die Soldatendie Zäsur des „offiziellen Schlachtendes“ inihrem täglichen Überlebenskampf kaum wahr-genommen haben.

Selbstverständlich standen die Männer aufdem zentralen Schlachtfeld vor Verdun auchnicht ununterbrochen unter Stress, weil sichkein Soldat während der gesamten Schlacht-dauer im Schützengraben aufhielt, doch un-bestritten ist die Schlacht von Verdun die bisheute längste Schlacht der bekannten Ge-schichte. Für den einzelnen Soldaten manife-stierte sich die Schlachtdauer jedoch nicht inder Gesamtdauer der kriegerischen Ausein-andersetzungen, sondern in der Dauer seinesEinsatzes sowie dem Rhythmus von Ruhe undEinsatz vor Ort. In diesem Punkt unterschiedsich das Schlachterlebnis an der Maas tat-sächlich von dem an der Somme. Die im Ver-gleich zu anderen Schlachten relativ langeDauer der heftigen Kämpfe an der Maas unddie katastrophalen Lebensbedingungen wirk-

einen Pfahl gebunden und dabei von einemKerl, der einen schweren Hammer schwingt,ständig bedroht zu sein. Bald ist der Hammerzum Schwung zurückgezogen, bald saust ervor, daß er fast den Schädel berührt, dannwieder trifft er den Pfahl, daß die Splitter flie-gen“9. Entfliehen konnten die Männer demZwangsmikrokosmos der Schützengräbenkaum. Sie waren gewissermaßen Gefangene,hatten zu gehorchen und auszuführen, wasihnen befohlen worden war. Die Aktivität frü-herer Kriegsformen wich im Stellungskrieg dererzwungenen Passivität der Soldaten10, dasDasein der Soldaten war „auf ein paar Grund-erfahrungen zu bringen – Hunger, Durst, Näs-se, Erschöpfung“11.

Die längste, verlustreichste und grau-samste Schlacht des Ersten Weltkrieges?

Ein wesentliches Element des Verdun-Mythoswar und ist bis heute die Betonung der Ein-maligkeit der Verhältnisse auf dem Schlacht-feld an der Maas. Noch am Ende des 20.Jahrhunderts behaupteten renommierte His-toriker ohne ihre wertenden Aussagen zu be-legen, Verdun sei „die längste, die verlust-reichste“12, ja die „grausamste“13 Schlacht desErsten Weltkrieges gewesen. Die Lebens-bedingungen auf dem Schlachtfeld an derMaas unterschieden sich jedoch kaum vondenen in den Schützengräben an anderen Ab-schnitten der Westfront im Ersten Weltkrieg,etwa an der Somme oder in der Champagne14

Die von Ernst Jünger, Erich Maria Remarqueund anderen Kriegsteilnehmern beschriebe-nen Gräben an anderen Teilen der Front hät-ten auch an der Maas liegen können. Dennochwird die Schlacht von Verdun bis heute vonvielen als die extremste Form des Stellungs-krieges eingeschätzt.15 Drei Gründe, die sichauf die Lebensumstände der Soldaten bezie-hen, werden für die Einzigartigkeit und Ein-maligkeit von Verdun angeführt: die Schlacht-dauer, die Verlustzahlen und die außerge-wöhnliche Massierung des Artilleriefeuers.

Was ist davon zu halten? Nach allem, was wirwissen, war der Artilleriebeschuss vor Verdunnicht stärker als an anderen Teilen der West-front. Zwar setzte die deutsche Artillerie zuBeginn der Schlacht an der Maas mehr Ge-

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ten sich um so mehr auf die deutschen Kämp-fer aus, als das deutsche Ablösesystem denMännern kaum Erholung gönnte. Dieselbendeutschen Einheiten wurden immer wiederohne ausreichende Ruhezeiten in die Schlachtgeworfen und hielten tagelang in den vorder-sten Linien aus. An anderen Abschnitten derWestfront, etwa an der Somme, waren Ver-weildauer in Graben, Reserve- und Ruhestel-lung vergleichsweise freundlicher geregelt.

Vor Verdun sei „eine Million Menschen ge-storben“, schrieb Kurt Tucholsky 1924 in der„Weltbühne“. Hermann Wendt bezifferte diedeutschen und französischen Verluste 1931mit 336.800 zu 362.000, der „Brockhaus“ von1994 nennt 337.000 Mann Verluste auf deut-scher Seite „an Gefallenen, Vermissten, Ver-wundeten und Gefangenen“17. Die Zahlen zei-gen, dass die Ermittlung der Verlustzahlen sounsicher ist wie die Bestimmung der Schlacht-dauer, da die Grundlage für einen Vergleichzwischen einzelnen Schlachten eine Kombi-nation aus Schlachtdauer, Schlachtraum undVerlustzahlen sein müsste. Horst Rohde be-hauptete gleichwohl noch 1992: „Verdun warsowohl, was das Jahr 1916 betrifft als auchund erst recht für die gesamte Zeit des ErstenWeltkrieges die längste und verlustreichsteSchlacht (absolut und auf den Quadratkilo-meter bezogen) der Weltgeschichte.“18

Die methodische Problematik der (wissen-schaftlich nachvollziehbaren) Angabe vonVerlustzahlen wird hier besonders deutlich:Der Militärhistoriker gibt nicht an, welchesGebiet für ihn das Schlachtfeld markiert. Han-delt es sich – im Falle Verdun – um die ge-samte von der 5. Armee gehaltene Front odernur um das zentrale Schlachtfeld? Und zumVergleich: Welches Gebiet umfasste dasSchlachtfeld an der Somme? Welche Zahlenliegen der Aussage zugrunde? WelcheSchlachtdauer nimmt Rohde an? Greift mandennoch mit aller gebotenen Vorsicht undwohl wissend um die Problematik unzurei-chender geographischer und zeitlicher Prä-zision auf das im „Sanitätsbericht über dasDeutsche Heer“ und in verschiedenen Regi-mentsgeschichten enthaltene statistische Ma-terial zurück, erscheint es als sehr wahrschein-lich, dass es beispielsweise an der Somme

sowohl mehr absolute wie relative Verlustegegeben hat. Laut dem „Sanitätsbericht überdas Deutsche Heer“ verlor die 5. Armee wäh-rend der Schlacht von Verdun vom 21.2. bis10.9.1916 an Kranken, Verwundeten, Gefalle-nen und Vermissten insgesamt 708.524 Mann,68.371 davon gelten als getötet odervermisst.19

Der Superlativ „grausamste“ Schlacht des Er-sten Weltkrieges kann sich zunächst in mate-rieller Hinsicht auf den Frontalltag der Sol-daten an der Maas beziehen. Im Vergleichder rekonstruierten Lebensbedingungen derKämpfer an der Maas mit denen von Soldatenan anderen Westfrontabschnitten, besondersan der Somme, zeigt sich, dass Verdun auchin dieser Hinsicht nicht einmalig war. Unter-künfte und Hygiene wurden hier wie dort alsbelastend empfunden. An beiden Orten lit-ten die Soldaten an Hunger und Durst, ihreSinne waren ständig durch Geruch, Gestankoder Lärm überreizt.20 Der Schützengraben-krieg an der Westfront zeigte grosso modoüberall das gleiche Gesicht; Verdun stelltekeine Ausnahme dar.

Das Attribut „grausamste“ Schlacht des ErstenWeltkriegs könnte sich jedoch – losgelöst vonden materiellen Bedingungen – auch auf diepsychologischen Auswirkungen desSchlachterlebnisses beziehen. Waren viel-leicht die inneren Belastungen vor Verdunerkennbar größer als an anderen Orten?

Die außergewöhnlichen Umstände derSchlacht, der Materialkrieg in extremer Form,die grauenhaften Lebensbedingungen in denSchützengräben, und die damit verbundenenpsychischen Belastungen, die durch dasdeutsche Erholungssystem an der Maas nichtgemildert, sondern eher noch verstärkt wur-den, waren Erfahrungen, welche die Soldatenvor Verdun offensichtlich schwerer als andereKriegserlebnisse zu verarbeiten vermochten.Obwohl er fast fünf Jahre im Ersten Weltkrieggedient hatte, war William Hermanns über-zeugt, dass sein kurzer, nur vier Tage währen-der Einsatz an der Maas sein Leben grundle-gend verändert habe.21 Auffallend ist jedoch,dass Soldaten, die das Grauen der Material-schlacht erstmals an der Somme erlebt hatten,

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vorriefen, scheinen vor Verdun ebenso wenigeinzigartig gewesen zu sein wie die psychi-schen Folgewirkungen des Schlachterlebnis-ses. Ein individuelles, psychisches Verdun-Trauma, an dem nur Verdun-Kämpfer litten,hat es höchstwahrscheinlich nicht gegeben.Wenn sich das Leben in den Schützengräbenund die psychischen Belastungen der Verdun-Kämpfer nicht grundsätzlich von anderenWestfrontabschnitten unterschieden haben,dann besitzt die oft propagierte Einzigartig-keit der Kämpfe im Maasgebiet, besonders imVergleich zur Somme-Schlacht, also kein fun-damentum in re, sondern ist das Ergebnisnachträglicher Manipulationen der Verdun-Erinnerung im kollektiven Gedächtnis.

Ein Mythos entsteht

Der Verdun-Mythos bestand und besteht ausden folgenden Kernelementen, die im Laufedes 20. Jahrhunderts mannigfaltig umgeformtund immer wieder neu kombiniert wurden. Essind dies die Einzigartigkeit der Schlacht imVergleich mit anderen Schlachten des ErstenWeltkrieges, die Interpretation der Schlacht alsphysische und psychische Prüfung des Front-soldaten und die damit verbundene Entsteh-ung eines neuen Soldatentypus, schließlichdie Konstruktion einer Nachfolgepflicht fürkommende (Soldaten-) Generationen, diedem Heldentum der deutschen Kämpfer vorVerdun nacheifern und deren Opfer rechtfer-tigen sollten. Ambivalente Bestandteile sindzum einen die Verklärung der Schlacht zueinem deutschen Sieg, da durch die Offen-sive an der Maas die deutsche Front ge-schützt und das französische Heer an dieserStelle gebunden und geschwächt worden sei(Falkenhayns „Ausblutungsstrategie“), zumanderen die pessimistische Deutung alsNiederlage mit Anklang an die Dolchstoßle-gende als Folge mangelhafter militärischerFührung.

Die mit Verdun verknüpften Inhalte des kollek-tiven Gedächtnisses weisen Kontinuitäten,aber auch deutliche Brüche auf, die sich oft –aber nicht immer – mit den jeweiligen Zeit-strömungen erklären lassen. Zu berücksichti-gen sind außerdem spezifische Verkürzungen,Umformungen und Erweiterungen.

Verdun meist keine Sonderstellung zugeste-hen wollten. Oder umgekehrt: Für viele derVerdun-Kämpfer war der Einsatz vor Verdunwohl deshalb so belastend, weil sie hier erst-mals unter den Bedingungen des Stellungs-krieges kämpfen mussten.

Der von Februar bis Oktober 1916 als Kom-mandierender General des XV. Korps tätigeBerthold von Deimling nahm seine an derMaas eingesetzten Truppen nach dem Welt-krieg – fast entschuldigend – in Schutz: „Dermenschlichen Leistungsfähigkeit sind nun ein-mal Grenzen gesetzt, und dem Trommelfeuerkönnen nicht alle Nerven standhalten. [...] Die„Hölle von Verdun“ tat ihre Wirkung auch beiden besten Soldaten.“22

Das Autorenduo einer der Verdun-Bände desReichsarchivs, Oberstleutnant a.D. AlexanderSchwencke und Archivrat Martin Reymann,äußerte sogar Verständnis für Soldaten, diesich den schweren Kämpfen durch unerlaub-tes Entfernen von der Truppe im Juni 1916entziehen wollten: „Die Stärke der Kompag-nien schmolz dahin, nicht nur durch Verluste,ebenso durch ungezählte Drückeberger, de-ren Nervenkraft zusammengebrochen war.Wollte man diese allgemein der Feigheit zei-hen, so täte man den allermeisten Unrecht.Die gleichen, die heute versagten und verzag-ten, fand man schon nach drei Wochen intapferster Pflichterfüllung wieder in ersterLinie. Es war eben zu viel für die Nerven ge-wesen.“23 Kurz nach diesen Kämpfen konnteman in einem Gedicht in der „Feldzeitung der5. Armee“ lesen, dass es „so lange die Men-schenerde war“ noch „nie solch ‚Nervenzer-reiben‘ gegeben habe.24

Zumindest statistisch lässt sich ein Verdun-Trauma gleichwohl nicht fassen: Vor Verdunschieden prozentual während des Weltkriegsnicht mehr Soldaten aufgrund von psychi-schen Verletzungen und Krankheiten aus demaktiven Dienst aus als an anderen Frontab-schnitten, der Anteil psychisch kranker Kämp-fer an der durchschnittlichen Ist-Stärke derbeteiligten Armee(n) war an der Somme so-gar höher.25 Die psychischen Besonderheiten,welche etwa die unablässige Überreizungder Sinne und die ständige Lebensgefahr her-

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Anteil der Nervenkranken an der durchschnittlichen Ist-Stärke der 1., 2. (1916 Somme) und der 5.

Armee (vor Verdun) 1914-1918. M. Münch

Im Ersten Weltkrieg

Viele Autoren sowohl in der Weimarer Repu-blik, im nationalsozialistischen Deutschlandund sogar in der Bundesrepublik Deutschlandbehaupteten, schon die Zeitgenossen hätten„die Schlacht Verdun aus der Kette der übri-gen Kriegereignisse herausgehoben“26 undnoch vor Ende des Ersten Weltkrieges einenbesonderen Verdun-Mythos begründet. DieseThese lässt sich jedoch quellenmäßig nichtbelegen, vielmehr ist festzuhalten, dass dieEreignisse an der Somme spätestens abHerbst 1916 die Kämpfe vor Verdun aus derdeutschen Öffentlichkeit und Wahrnehmungverdrängten.27

Allerdings begegnen einige Mythoselementeschon während der Kriegszeit, etwa dieEinzigartigkeit der Kämpfe im Maasgebiet, dieerfolgreiche militärische Strategie, die gleich-zeitig das französische Heer schwächte unddie deutsche Front sicherte, oder die Bewäh-rungsprobe der vor Verdun eingesetzten Sol-daten. Diese (vermeintliche) Geburtsstundedes Verdun-Mythos schon während desKriegs relativiert sich allerdings, wenn man inBetracht zieht, dass sich die angeführten

Mythosbausteine auch in der Somme-Schlachtfinden. Bei Kriegsende bargen die Erinnerungan die Verdun-Schlacht und die erfolgreichedeutsche Abwehr der britisch-französischenOffensive an der Somme Ende 1916 ein po-tentiell fast gleichwertiges Mythos-Potential.Ganz anders aber in Frankreich, wo dieSchlacht von Verdun schon während desKrieges als großartiger Abwehrerfolg Eingangin das kollektive Gedächtnis gefunden hatteund den Ruhm des OberkommandierendenHenri Philippe Pétain (mit)begründete.

Dieser führte zudem ein kurzfristiges Ablöse-system für die französischen Truppen vorVerdun ein („Noria“). Aufdeutscher Seitekämpften während der gesamten Schlacht fastimmer dieselben Einheiten nach der Devise,„eine Truppe bis zum letzten ausbrennen zulassen“28. Auf französischer Seite hingegenkamen Truppen meist nur ein Mal vor Verdunzum Einsatz; sie wurden gewöhnlich nachkurzer Zeit in die Ruhequartiere versetzt unddanach an ruhigeren Frontabschnitte befoh-len: „Auf diese Art war tatsächlich jede fran-zösische Division vor Verdun zumindest ein-mal im Einsatz, fast jeder französische Soldatwar ein Verdun-Kämpfer.“29

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bedingungen an der Westfront wurden alseinzigartig angesehen. Eine räumliche Kon-zentration auf Verdun als Geburtsort desneuen Soldatentypus lässt sich jedoch mitden Quellen nicht belegen – generell stehensich die Erinnerungen an die Erlebnisse vorVerdun und an der Somme in der ersten Hälfte der 1920er Jahre noch gleichberechtigtgegenüber.

Ab der zweiten Hälfte der 1920er Jahre be-gannen Autoren aus dem rechten politischenParteienspektrum das – wenn auch vergebli-che – Heldentum der Verdun-Kämpfer 1916zu betonen und daraus eine Nachfolgepflichtfür die Zeitgenossen und spätere Generatio-nen zu konstruierten. Sie fassten damit vieleStrömungen der Verdun-Interpretation zusam-men. Die Hingabe der Verdun-Kämpfer soll-ten sich zukünftige Generationen zum Vorbildnehmen, erst durch die Nachfolge erhielt de-ren Tod einen Sinn. Welcher Feldherr, welcheTaktik, Strategie oder Operationsidee für denTod der vielen Soldaten verantwortlich gewe-sen war, rückte damit endgültig in den Hinter-grund.

Anne Lipp führt die Konzentration auf Verdunmentalitätsgeschichtlich auf die Tatsache zu-rück, dass im „revanchistischen Klima derWeimarer Republik der ‚Dulder‘ kaum, der‚Angreifer‘ hingegen bestens gedeihen konn-te“31. Auch andere Gründe sind denkbar,warum sich zu dieser Zeit das Interesse in sostarkem Maße auf Verdun richtete: Verdun istzunächst eine Stadt, mit der sich genaue to-pographischen Vorstellungen verknüpfen,während die Somme als Ortsangabe eineeher diffuse Region umfasst. Die Stadt an derMaas war zudem auch schon vor dem ErstenWeltkrieg mit der deutschen und europäi-schen Geschichte verknüpft gewesen, wäh-rend die Somme als Schauplatz eines histori-schen Ereignisses erst mit dem Krieg in dasdeutsche Bewusstsein rückte. Verdun besaßdamit gewissermaßen einen historischen Vor-sprung im kollektiven deutschen Gedächtnis,an den sich besser anknüpfen ließ.Die Stadt-geschichte bot die Möglichkeit, die späterenExpansionsgedanken der Nazis historisch zubegründen: War Verdun nicht 1552 unrecht-mäßig vom französischen König Heinrich II.

In der Weimarer Republik

Nach Kriegsende, in der Weimarer Republik,diskutierten zunächst Fachleute strategischeund operative Probleme der Verdun-Schlacht.Gründe für die Niederlage wurden gesucht,die Niederlage zum Sieg erklärt, und Falken-hayn rechtfertigte sein Vorgehen mit der be-rühmt gewordenen (höchstwahrscheinlichaber nachträglich verfassten) „Weihnachts-denkschrift“ von 1915 und der darin enthalte-nen Ausblutungsstrategie.30 Das Verhältnis vonfranzösischen und deutschen Verlusten unter-schied sich jedoch nicht so deutlich, wie sichnach Falkenhayns Tod herausstellte. Alle diesemilitärischen Fachdiskussionen wurden je-doch nur von einem kleinen Kreis in Fachor-ganen, nicht aber in der Öffentlichkeit geführtund waren von nur geringer Bedeutung. Auchdie Verknüpfung der Dolchstoßlegende mitVerdun erregte kein besonderes Aufsehen. Espasste offensichtlich nicht ins Bild konservati-ver Kreise, eine militärische Niederlage mit derUnfähigkeit der Kommandoebene zu erklären.Dies hätte ja bedeutet, dass die Schuld fürdie militärische Niederlage eben nicht in derangeblich dolchführenden Heimat, sondernbei der militärischen Führung zu suchen ge-wesen wäre. Die auf Verdun gemünzte Dolch-stoßlegende hätte damit in letzter Konsequenzdie angeklagten linken Agitatoren an der Hei-matfront freigesprochen.

Stärker diskutiert wurden in der Öffentlichkeitder Weimarer Republik die Erfahrungen derbis zum Ersten Weltkrieg unbekannten Mate-rialschlachten im Stellungskrieg. Durch dieInterpretation dieser Erlebnisse als – bestan-dene – Bewährungsprobe für die daran betei-ligten Soldaten ließ sich trefflich von derKriegsniederlage ablenken. Viele deutschePublikationen in der Weimarer Republik – prominentestes Beispiel hierfür wäre etwaJüngers Erfolgsbuch „In Stahlgewittern“ – feierten die Westfront als Geburtsstätte einesneuen Soldatentypus. Dies war eine Interpre-tation, welche nationalsozialistische Kreise,allen voran Adolf Hitler in seinem Buch „MeinKampf“, gerne aufgriffen und ihrem Soldaten-bild und ihrer Vision eines aus den Schützen-gräben des Ersten Weltkrieges erstandenenneuen Deutschlands anpassten. Die Lebens-

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annektiert worden? Und war das Reich 1648im Westfälischen Frieden nicht erneut ge-zwungen worden, die deutsche Reichsstadtan Frankreich abzutreten? Als historischeBegründung für den Frankreichfeldzug 1940ließen sich diese historischen Fakten derStadtgeschichte propagandistisch vortrefflichnutzen; die Somme bot diese Anknüpfungs-punkte nicht.

Als Erfolgsgeschichte hätte die Schlacht ander Somme dennoch besser dienen können.Hier hatte man schließlich die britisch-franzö-sische Offensive abgeschlagen, hier hattensich die Weltkriegskämpfer bewährt. Verdunbot jedoch offensichtlich eine bessere propa-gandistische Basis für die rechten Kreise, diefolgendermaßen argumentierten: An der Maashätte man gewinnen können, wenn nicht nurdie soldatischen Leistungen, sondern auchdie Einstellung der Männer an der Front, wieder Menschen in der Heimat diesem Zieluntergeordnet gewesen wären. Dieser Mangelsollte nun durch die nationalsozialistischeIdeologie behoben werden.

Im nationalsozialistischen Deutschland

Spätestens Ende der 1920er Jahre war dieserVerdun-Mythos geboren und die Somme fastvöllig aus dem deutschen kollektiven Gedächt-nis verdrängt - nicht jedoch aus wissenschaft-lichen Publikationen. So behandelten etwadie von der Forschungsanstalt für Kriegs- undHeeresgeschichte im Auftrag des Reichskrieg-ministeriums 1936/38 herausgegebenen Bän-de der Reihe über den Weltkrieg natürlichauch die Operationen im Raum Verdun, dochdie Autoren stellten den Kämpfen an der Maasimmer wieder kontrastierend die Schlacht ander Somme gegenüber: An der Somme seienweit mehr deutsche Verluste als vor Verdunzu beklagen gewesen, überhaupt habe dieSomme-Schlacht „Verdun in ihren Ausmaßenund ihrer Bedeutung“ weit überragt.32

Andere Autoren waren jedoch weniger im-mun gegen die vom rechten Flügel am Endeder Weimarer Republik propagierten My-thisierungstendenzen. In den Werken desVerdun-Veteranen P.C. Ettighoffer finden sichbereits alle Elemente, die typisch für den na-

tionalsozialistischen Verdun-Mythos der zwei-ten Hälfte der 1930er Jahre geworden sind.Wie andere geht Ettighoffer von der symbol-trächtigen Einzigartigkeit der Kämpfe an derMaas aus: „Aber eine Schlacht vereinigt in sichallen Schrecken des Krieges, alles Heldentumdeutscher und französischer Soldaten undbleibt Symbol des zähesten Durchhaltens, dieSchlacht um Verdun.“33 Allein hier habe derKrieg „seine apokalyptischen Schrecken“ ge-zeigt: „Verdun ist der Inbegriff aller Schreckenund aller nutzlos scheinenden Opfergängegeworden.“ Doch die unendlichen Leiden derdeutschen Soldaten seien nur scheinbar nutz-los gewesen, denn auf dem Schlachtfeld hät-ten die „tapfersten Soldaten des Erdballs“wahres „Heldentum“ gezeigt – ein Heroismus,der spätere Generationen zur Nachfolge ver-pflichte.

Ettighoffer verfasste 1938 – also rund zweiJahre nach der Publikation seiner Verdun-Monographie – das „Hörspiel von Kamerad-schaft und Ehre. Traum vom Douaumont“. Indiesem Text stehen die toten Soldaten vonVerdun wieder auf, werden aber von einemHauptmann der Wehrmacht beruhigt. DasErbe der Schicksalsschlacht dient nun alsemphatischer Ansporn für eine neue Solda-tengeneration: „Ihr lebt, Kameraden. Ihr lebt inden Jungen der Wehrmacht. Sie sind voneurem Geist. Im Sinne eures Heldentodeswerden sie erzogen. Es ist unsere Pflicht, dasVermächtnis von Verdun in unserer Jugendaufrecht und lebendig zu erhalten.“34 LautEttighoffer hatten die Nationalsozialisten dieNachfolge der Helden von Verdun angetre-ten. Die auferstandenen Kämpfer der Maas-schlacht könnten nun beruhigt in ihre Gräberzurückkehren; der ehemalige Weltkriegskämp-fer Adolf Hitler habe ihr Erbe bewahrt undweitergegeben.

Im Zweiten Weltkrieg sollte dieser Verdun-Mythos seine vermeintliche Bestätigung erfah-ren: 1940 gelang es, im FrankreichfeldzugVerdun zu erobern. Dass es sich dabei um eineher unwichtiges Ereignis von strategischuntergeordneter Bedeutung handelte, spieltekeine Rolle. General Karl Weisenberger stelltedas Ereignis in eine Traditionslinie mit derSchlacht an der Maas 1916/17 und strich es

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diese Auffassung: „Der Opfertod Hundert-tausender deutscher Männer, die währenddes Weltkrieges vor Verdun in der größtenZermürbungsschlacht aller Zeiten ihr Blut ver-strömten, hat nun Sinn und Erfüllung erhalten.Auch über dem grausamsten Schicksal, demfurchtbarsten Opfer steht am Ende noch derSieg.“38 Ähnlich wie Lahne meinte in denTagen nach der Einnahme der Stadt derKriegsberichterstatter Kurt G. Stolzenberg im„Völkischen Beobachter“ in einem Feature,erst jetzt habe der Kampf um die Stadt imErsten Weltkrieg „seinen siegreichen Ab-schluß“39 gefunden. Damit war die Wehr-macht nach Ansicht dieser Autoren ihrerPflicht nachgekommen und hatte das Helden-tum der Veteranen mit einem Sieg gewürdigt.Doch nicht nur im Fall Verdun griff die Propa-gandamaschinerie der Nationalsozialisten. Dersiegreiche Feldzug gegen Belgien und Frank-reich wurde allgemein „als das wahre Endedes Ersten Weltkriegs gefeiert“.40

Dass die nationalsozialistische PropagandaVerdun nach der endlich erfolgreichen Ein-nahme 1940 nicht zu einem Gründungsmy-thos des Dritten Reiches stilisierte, verhinder-ten die Ereignisse bei Stalingrad 1942/43.Nach der militärischen Niederlage griffenGoebbels und seine Mitarbeiter allerdings aufdas (bewährte) Verdun-Muster zurück. Siekonstruierten und verbreiteten einen Stalin-grad-Mythos41, der die Zeitgenossen ver-pflichtete, dem heldenhaften Beispiel der ander Wolga gefallenen Helden zu folgen undbedingungslos für die nationalsozialistischeIdee einzutreten.

Der Tod der Männer im Kessel von Stalingradhatte durch diese Aufforderung an die über-lebende deutsche Bevölkerung zur Gefolg-schaft einen vermeintlichen Sinn erhalten. Einwichtiger Grundstein für den „totalen Krieg“war damit gelegt. Das zunächst an Verdun ge-knüpfte Mythoselement der Nachfolgepflichtging nahtlos auf Stalingrad über. Der Verdun-Mythos war damit vielleicht nicht überflüssiggeworden, hatte aber längst nicht mehr dieBedeutung, die er in den Monaten unmittelbarnach Einnahme der Stadt 1940 besessen hat-te. Neue Publikationen über die Schlacht ander Maas erschienen kaum noch, die Schriften

gebührend heraus: „Aus der Blutskamerad-schaft im Schlamm und Dreck und in denTrichtern vor Verdun ist der nationalsozialisti-sche Geist geboren worden, der heute unserganzes Volk durchdringt. Damals war es nochnicht soweit, und deshalb konnten wir damalsdie Festung nicht nehmen. Jetzt aber hat dieDynamik unseres nationalsozialistischen Rei-ches, ihr Angriffsschwung, der unsere Trup-pen vorwärts trieb, und endlich hineingeführtin die Stadt und auf die Zitadelle von Verdun.[...] Wir haben es diesmal endgültig geschafft,erfüllt und getrieben von dem Glauben anunser Volk, von dem Glauben an unsere Zu-kunft, von dem Glauben an unseren Führer.“35

Diese propagandistische Möglichkeit, einenBogen vom Weltkrieg von 1916 bis zum Frank-reichfeldzug 1940 zu spannen, bot dieSomme-Schlacht nicht. Sie verschwand imnationalsozialistischen Deutschland fast völligaus dem Gedächtnis.

Die Erinnerung an die Kämpfe um Verdun imErsten Weltkrieg wurde hingegen durch dieEinnahme 1940 erneut geweckt und oft auchverstärkt. Viele der Soldaten, die 1940 an derWestfront kämpften, wussten um die Schlacht1916; viele der Weltkriegsveteranen besuch-ten nach dem erfolgreichen Frankreichfeldzugdas Schlachtfeld. Verwunderlich ist, dassHitler, sonst ein Meister der (Selbst-) Inszenie-rung, der keine Gelegenheit zur politischenPropaganda ungenutzt ließ, nach der französi-schen Kapitulation zwar zusammen mit Kame-raden aus dem Ersten Weltkrieg Schlachtfelderin Frankreich besuchte, jedoch keinen Ab-stecher nach Verdun machte.36 Vielleicht lages daran, dass er im Weltkrieg zwar an derSomme, nicht aber vor Verdun gekämpft hatte.

Der Verpflichtungscharakter des Verdun-Mythos, wie er sich seit Mitte/Ende der1920er Jahre herausgebildet hatte, ließ sichjedenfalls trefflich mit der Einnahme der Stadtim Jahre 1940 verknüpfen und begründen.Werner Lahne deutete in einem Artikel für den„Stuttgarter NS-Kurier“ am 16.6.1940 dierasche Eroberung Verduns als endlich erfolgteSinngebung des früheren, als sinnlos empfun-denen Opfergangs.37 In einem 1942 publizier-ten Buch über seine Erlebnisse beim Frank-reichfeldzug wiederholte und bestärkte er

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des rechten Autors Werner Beumelburg, des-sen Verdun-Roman „Die Gruppe Bosemüller“sogar Schullektüre im Dritten Reich gewesenwar, wurden jedoch weiter veröffentlicht und erreichten auch weiterhin riesige Auf-lagen.

In der Bundesrepublik

Nach der bedingungslosen deutschen Kapi-tulation 1945 spielte Verdun im öffentlichenDiskurs der Nachkriegsjahre zunächst kaumeine Rolle. Die Auseinandersetzungen mit derjüngsten deutschen Geschichte waren dievorherrschenden Themen in der noch jungenBundesrepublik. Der Verdun-Veteran ErnstJohannssen schrieb 1968 etwa in einem Briefan den Verdun-Kenner und JournalistenGerman Werth: „Denke ich aber daran, wieDeutsche Deutsche und Nichtdeutsche unterHitler behandelten, z.B. als Hungernde undKranke, kann ich nur noch sagen: Verdun istdann nicht mehr der Rede wert.“42 Ab den1970er Jahren lässt sich jedoch eine Verdun-Renaissance ausmachen:

(Autobiographische) Verdun-Bücher aus derVorkriegszeit wurden neu aufgelegt, bei-spielsweise Alfred Heins 1929 erstmals publi-zierte Verdun-Erinnerungen „Eine KompagnieSoldaten“43 oder P.C. Ettighoffers „Verdun“,das der Autor mit einem neuen Vorwort undeinem ergänzten Anhang, in dem er verschie-dene Stationen seiner persönlichen Erinner-ung an die Schlacht reflektierte, versah. Nir-gendwo wurde freilich erwähnt, dass in derNeuauflage von 1976 die rassistischen undanti-französischen Passagen der Erstausgabevon 1936 restlos getilgt waren.44

Fachleute setzten sich (wieder) mit Fragen derSchlacht von 1916 auseinander45, selbst dieUnterhaltungsindustrie entdeckte nach undnach Verdun als Schauplatz für spannendeGeschichten: Eine Episode der Fernsehserie„Der junge Indiana Jones“ spielt 1916 vorVerdun. Auch in die deutschsprachige, ho-mosexuelle Comic-Kultur des ausgehenden20. Jahrhunderts fand Verdun Eingang. Derdeutsche Soldat Loan und der französischePoilu Marcel entdecken in der Comic-Serie„Loan“ von Diana R. Sassé ausgerechnet auf

dem Schlachtfeld an der Maas ihre Liebe für-einander.46

Zwei altbekannte Elemente des Verdun-My-thos tauchten beim Thema Verdun in derBundesrepublik immer wieder auf: die Ein-zigartigkeit der Schlacht an der Maas und dienun pazifistisch umgedeutete Nachfolge-pflicht. Das ehemalige Schlachtfeld an derMaas wurde von der französischen Regierungnach dem Ersten Weltkrieg nicht renaturiert,sondern quasi als gigantisches Freilandmuse-um geschützt und ausgewiesen, seit den1920er Jahren besteht ein reger Schlachtfeld-tourismus. Die nach dem Zweiten Weltkriegstaatlich initiierte und stark geförderte deutsch-französische Freundschaft zeigte sich auchund gerade in gemeinsamen Aktivitäten derbeiden Länder auf dem ehemaligen Schlacht-feld, wie etwa gemeinsame Vereidigungenfranzösischer und deutscher Soldaten oderdeutsch-französische Jugendlager in Verdun.Sie gipfelte in dem `Händchenhalten´ derStaatsoberhäupter Mitterrand und Kohl 1984auf dem großen Soldatenfriedhof vor demMausoleum auf dem ehemaligen Schlachtfeld– ein Foto, das um die Welt ging.

Dem Tod der vielen Soldaten, die an derMaas starben, versuchten und versuchen man-che Zeitgenossen durch die Konstruktion ei-ner umgedeuteten Verpflichtung einen Sinnzu geben. Erst durch die vielen Opfer beiderNationen sei die Sinnlosigkeit von Erzfeind-schaft und Krieg offensichtlich geworden, nurvor dem Hintergrund der vielen gefallenenKämpfer lasse sich die existentielle Notwen-digkeit der Völkerfreundschaft erkennen. DerTod der Soldaten erhalte erst und nur einenSinn, wenn sich Menschen und Völker inihrem Gedenken versöhnten. „Ohne dasgroße Blutbad, ohne diese Bluttaufe 1916wäre es 1962 wohl nicht zu der großen Ver-söhnung gekommen; denn gerade dies Mas-senopfer hat beiden Nationen die Sinnlosig-keit des Hasses gezeigt“, schrieb P. C. Ettig-hoffer im Nachwort zur Neuauflage seinesVerdun-Buches Ende der 1970er Jahre.Jacques-Henri Lefebvre hatte Ende der1960er Jahre ähnlich im Hinblick auf den„Opfergang der Franzosen bei Verdun“ argu-mentiert: Er habe „Franzosen und Deutschen

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Verdun, sondern auch die Erinnerung an dieSchlacht von Stalingrad.

Die vermeintliche Einmaligkeit der Verhältnisseauf dem Schlachtfeld vor Verdun im Vergleichmit anderen Schlachtorten im Ersten Weltkriegwird in Verdun-Publikationen bis heute regel-mäßig behauptet. Die Fixierung auf die Be-sonderheiten eines Schlachtortes erscheint inSchriften von Veteranen als Zeugnis für ihrepersönliche Betroffenheit verständlich. Umsomehr verwundert es aber, dass die Überhö-hung der Ereignisse vor Verdun über jene ander Somme sogar in seriösen Nachschlage-werken wie dem „Weltkriegs-Ploetz“ oderdem „Brockhaus“ Eingang gefunden hat.48

gegenseitige Achtung und Bewunderung ein-geflößt, die sich unter keinen anderen Um-ständen so hätten entwickeln können.“47

Die Umdeutung der im Krieg gefallenen Sol-daten in Friedensbotschafter erscheint nichtbloß wegen der Unterschlagung aller histori-schen Prozesse und der Verdrängung jegli-cher Reflexion fraglich. Diese Argumentationbirgt die Gefahr, dass sich auf ihrer Grundlagejegliche Kriegsopfer damit rechtfertigen las-sen, sie seien gewissermaßen die notwendigeBasis für spätere Freundschaften. Eine ver-gleichbar pazifistische Umdeutung einesSchlachtenmythos erfuhr in der Bundesrepu-blik Deutschland nicht nur die Erinnerung an

Douaumont-Verdun, Frankreich: Deutsch-französischer Jugendtag in Verdun am 4.8.1963,

Deutsche Jugendliche, die in Frankreich auf deutschen Kriegsgräberstätten des 1. WK arbeiten,

kommen zusammen mit ihren französischen Freunden nach Verdun. An dem Treffen nehmen von

französischer Seite teil: Staatsminister Maurice Herzog, von deutscher Seite Bundesminister

für Familie und Jugend Bruno Heck.

Kranzniederlegung des Volksbundes im Fort Douaumont an dem zugemauerten Stollen, in dem die

deutschen Gefallenen ruhen, die bei einer Explosion ums leben kamen.

Foto Suderow

83VERDUNEin Name schreibt Geschichte

Ruinen und Trümmer Verdun, Frankreich. Nördlich von Douaumont, mitten im Wald erheben sich

die Ruinen der zerstörten Kirche von Ornes.

Dies ist ein Paradebeispiel dafür, dass Ge-schichtsschreibung immer auch ein Konstruktder Erinnerung der Zeit ist, in welcher sie ent-steht. Wissenschaftliche Deutung, konstruierteErinnerung und persönlicher Standpunkt desAutors müssen sich aber nicht negativ beein-flussen. Zu postmoderner Beliebigkeit ver-kommen die Geschichtswissenschaften aller-dings, wenn – wie in den oben genanntenNachschlagewerken – Mythen, also kollektiveErinnerungen, zu historischen Fakten umge-deutet werden, ohne dass sich die eigentlichder wissenschaftlichen Methode verpflichte-ten Autoren zuvor der historischen Grund-lagen versicherten. Ein ähnlicher Prozess derUmformung der Verdun-Erinnerung in derBundesrepublik Deutschland lässt sich daranerkennen, dass Verdun nun auch als Metaphererscheint. Neben Verdun als Symbol für denMaterialkrieg, als Symbol für den Ersten Welt-krieg oder gar als Symbol für das Kriegsgrau-en, tritt nun Verdun als eine vom historischenEreignis losgelöste Metapher. Sie steht für„sinnlosen Stellungskrieg“, „Materialschlacht“,eine große Opferzahl, gleichzeitig aber auchfür lange verbale Auseinandersetzungen ohneErgebnis.49 In dieser Hinsicht ist der im kollek-tiven Gedäch-tnis verankerte Verdun-Mythosin ein multifunktional verwendbares Symbol

des kollektiven Gedächtnisses transformiertworden. Außenminister Joschka Fischer zähltein einem Interview im März 2003 die Schlachtvon Verdun zusammen mit Auschwitz undStalingrad zu den „schrecklichsten symboli-schen Orten unserer Geschichte“ und ver-suchte die kriegstreiberische amerikanischeHaltung im zweiten Irak-Krieg damit zu ent-schuldigen, dass es im amerikanischen kollek-tiven Gedächtnis keine Erinnerung an derartiggrausame Ereignisse gäbe: „Die Amerikanerhatten kein Verdun auf ihrem Kontinent.“50

Auch in einer Rede am 9.3.2004 bezeichneteFischer Verdun als das Symbol für die deutsch-französischen Schlachtfelder.

Und heute?

Von den verbreiteten Kernelementen desVerdun-Mythos lassen sich demnach alleindie immer wieder umgedeutete Nachfolge-pflicht sowie die Einzigartigkeit der Verhält-nisse auf dem Schlachtfeld als durchgehendeLinien in der deutschen Geschichte des 20.Jahrhunderts nachweisen. Eine andere Kon-stante der Verdun-Rezeption ist die Entperso-nalisierung der Erinnerung an die Kämpfe ander Maas im Ersten Weltkrieg: Der Verdun-My-thos ist nicht an Personen, etwa klassische

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der Versuchung der Mythisierung entgehen.Nicht zuletzt erlangte der Verdun-Mythos nieauch nur annähernd eine Bedeutung, wie sieetwa der Dolchstoßlegende zukam.

Siehe zu einem möglichen didaktischenModell zur Vermittlung der „LebensformSchützengraben“ am Beispiel Verdun:Münch, Matti: Leben in den Schützen-gräben. Eine Annäherung über die Sinne.In: Geschichte Lernen. Heft 108: Der ErsteWeltkrieg. November 2005. S. 10 - 16.

Kriegshelden, geknüpft. Falkenhayns Ausblu-tungsstrategie kommt in der Verdun-Rezep-tion ebenso wenig eine herausragendeBedeutung zu wie den (deutschen)Douaumont-Stürmern. Gleichzeitig sollte mandie mit den Verdun-Mythen verknüpftenInstrumentalisierungs- und Interpretationsver-suche nicht überbewerten: Zu jeder Zeit er-schienen (und erscheinen bis heute) Verdun-Publikationen, die ihre Kernaussagen wissen-schaftlich korrekt belegen, persönliche Wert-ungen weitestgehend vermeiden und damit

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Quellenangaben

1 Zitiert nach: Bernd Ulrich und Benjamin Ziemann: Das soldatische Kriegserlebnis. In: Wolfgang Kruse (Hg.): Eine Weltvon Feinden. Der Große Krieg 1914-1918. Frankfurt am Main 1997. S. 127.

2 Werner Beumelburg: Die stählernen Jahre. Das deutsche Buch vom Weltkrieg. Oldenburg i.O. 1929. S. 184.3 Arnold Zweig: Erziehung vor Verdun. Amsterdam 1935. S. 33.4 Zitiert nach George L. Mosse: Gefallen für das Vaterland. Nationales Heldentum und namenloses Sterben. Aus dem

Amerikanischen von Udo Rennert. Stuttgart 1993. S. 11.5 Werner Beumelburg: Die stählernen Jahre. Das deutsche Buch vom Weltkrieg. Oldenburg i.O. 1929. S. 184. 6 Arnold Zweig: Erziehung vor Verdun. Amsterdam 1935. S. 163.7 Vgl. Christoph Jahr: Gewöhnliche Soldaten. Desertion und Deserteure im deutschen und britischen Heer 1914-

1918. Göttingen 1998. S. 93.8 Ernst Jünger: In Stahlgewittern. Ein Kriegstagebuch von Ernst Jünger. Einmalige Ausgabe. Hamburg o.J. 9 Ernst Jünger: In Stahlgewittern. Ein Kriegstagebuch von Ernst Jünger. Einmalige Ausgabe. Hamburg o.J. S. 93.10 Bernd Hüppauf: „Der Soldat machte nicht mehr die Welt des Kriegs, sondern wurde von ihr gemacht.“ (Hüppauf:

Schlachtenmythen und die Konstruktion des „Neuen Menschen“. In: Gerhard Hirschfeld und Gerd Krumeich (Hg.):„Keiner fühlt sich hier mehr als Mensch.“. Erlebnis und Wirkung des Ersten Weltkriegs. Essen 1993.S. 43-84. Hier: S. 63.

11 German Werth: Verdun. Die Schlacht und der Mythos. Bergisch Gladbach 1982. S. 260. Siehe zu einem möglichendidaktischen Modell zur Vermittlung der „Lebensform Schützengraben“: Münch, Matti: Leben in denSchützengräben. Eine Annäherung über die Sinne. In: Geschichte Lernen. Heft 108: Der Erste Weltkrieg. November2005. S. 10 – 16.

12 Horst Rohde: Vor 75 Jahren. Die große Schlacht um Verdun ist zu Ende. In: Truppenpraxis 1/1992. S. 89-93. Hier: S. 89.13 Guido Knopp: 1916. Die Hölle von Verdun. In: ders.: 100 Jahre. Die Bilder des Jahrhunderts. München 1999. S. 52-

55. Hier: S. 55.14 Vgl. Matti Münch: Verdun. Mythos und Alltag einer Schlacht. München 2006. S. 37-342, Zusammenfassung S. 335- 342.15 Beispielsweise: J.M. Winter. The Experience of World War I. Oxford 1988. S. 131; Hans Dollinger (Hg.): Der Erste

Weltkrieg in Bildern und Dokumenten. München 1965. S. 215; Gerhard Schneider: „...nicht umsonst gefallen“?Kriegerdenkmäler und Kriegstotenkult in Hannover. Hannover 1991. S. 125.

16 Dieter Storz: Artillerie. In: Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz (Hg.) in Verbindung mit Markus 17 Pöhlmann: Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Paderborn u.a. 2003. S. 344-349. Hier: S. 347. Wrobel, Ignaz (alias Kurt

Tucholsky): Vor Verdun. In: Die Weltbühne. 20. Jahrgang. Zweites Halbjahr. 1924. S. 218- 222, hier S. 218; HermannWendt: Verdun 1916. Die Angriffe Falkenhayns im Maasgebiet mit Richtung auf Verdun als strategisches Problem.Berlin 1931. S. 194; Brockhaus Enzyklopädie in vierundzwanzig Bänden. Neunzehnte, völlig neu bearbeiteteAuflage. 23. Band: Us-Wej. Mannheim 1994. S. 152.

18 Horst Rohde: Vor 75 Jahren. Die große Schlacht um Verdun ist zu Ende. In: Truppenpraxis 1/1992. S. 89-93. Hier: S. 92.19 Sanitätsbericht über das Deutsche Heer (Deutsches Feld- und Besatzungsheer) im Weltkriege 1914/1918. Bearbeitet

in der Heeres-Sanitätsinspektion des Reichswehrministeriums. III. Band: Die Krankenbewegung bei dem DeutschenFeld- und Besatzungsheer. Berlin 1934. S. 46.

20 Vgl. Münch: Verdun. S. 37-342.21 William Hermanns: The Holocaust. From a survivor of Verdun. New York u.a. 1972. S. xii.22 Berthold von Deimling: Aus der alten in die neue Zeit. Lebenserinnerungen von Berthold von Deimling. Berlin 1930. S. 212.23 Schlachten des Weltkrieges. In Einzeldarstellungen bearbeitet und herausgegeben im Auftrage des Reichsarchivs.

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Band 14. Die Tragödie von Verdun 1916. II. Teil. Das Ringen um Fort Vaux. Oldenburg i.O. und Berlin 1928. S. 131f.24 Johannes Wintgen: Den deutschen Helden vor Verdun! In: Feldzeitung der 5. Armee. Neueste Nachrichten 637.

22.6.1916. S. 4.25 Vgl. Münch: Verdun. S. 343-372, besonders 369-372. Siehe auch die abgedruckte Statistik.26 Michael Salewski: Verdun und die Folgen. Eine militär- und geistesgeschichtliche Betrachtung. In:

Wehrwissenschaftliche Rundschau (WWR). 3/76. S. 89-96. Hier: S. 89.27 Vgl. Münch: Verdun. S. 378-439.28 Ernst Kabisch, Verdun. Wende des Weltkrieges. Berlin 1935. S. 117.29 Gerd Krumeich: Verdun. Ein Ort gemeinsamer Erinnerung? In: Horst Möller und Jacques Morizet (Hg.): Franzosen

und Deutsche. Orte der gemeinsamen Geschichte. München 1996. S. 162-184. Hier: S. 164.30 Holger Afflerbach konnte deutlich machen, dass die von Falkenhayn nach dem Krieg veröffentlichte und von

Falkenhayn selbst auf Dezember 1915 datierte „Weihnachtsdenkschrift“, die seine Pläne für 1916 vorstellen sollte,aller Wahrscheinlichkeit nach kein authentisches Dokument, sondern eine nachträgliche Rechtfertigung ist. Vgl.:Holger Afflerbach: Falkenhayn. Politisches Denken und Handeln im Kaiserreich. München 1994. S. 543-545, 353,

31 Anne Lipp: Meinungslenkung im Krieg. Kriegserfahrungen deutscher Soldaten und ihre Deutung 1914-1918.Göttingen 2003. S. 165.

32 Forschungsanstalt für Kriegs- und Heeresgeschichte (Hg.): Der Weltkrieg 1914-1918. Zehnter Band. S. 673.33 P.C. Ettighoffer: Verdun. Das große Gericht. Gütersloh 1936. S. 5, 154, 178.34 P.C. Ettighoffer: Hörspiel von Kameradschaft und Ehre. Traum am Douaumont. In: Reichssender Köln (Hg.): Wo bist

du – Kamerad? Fronterlebnisse unbekannter Soldaten. Sammelband mit Frontsoldatensendungen. Essen 1938.Zitiert nach: German Werth (Hg.): 1916. Schlachtfeld Verdun. Europas Trauma. Berlin 1994. S. 154.

35 Weisenberger, Karl: Verdun 1916-1940. Bonn 1941. (Kriegsvorträge der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn am Rhein. Heft 42.) S. 23f.

36 Darauf hat schon Gerd Krumeich hingewiesen. Vgl.: Gerd Krumeich: Verdun. Ein Ort gemeinsamer Erinnerung? In:Horst Möller und Jacques Morizet (Hg.): Franzosen und Deutsche. Orte der gemeinsamen Geschichte. München1996. S. 162-184. Hier: S. 176.

37 Werner Lahne: Nächtlicher Sturm auf den „Toten Mann“. In: Stuttgarter NS-Kurier. 16.6.1940.38 Werner Lahne: Eine glückhafte Division. Mit den Bezwingern des Forts 505 nach Verdun und Nancy. Berlin 1942. S. 55.39 Kurt G. Stolzenberg: Die Ersten in Verdun. Wie die starke französische Festung in deutsche Hand fiel. In: Völkischer

Beobachter. Norddeutsche Ausgabe. 18.6.1940. S. 4.40 Gerd Krumeich und Gerhard Hirschfeld: Die Geschichtsschreibung zum Ersten Weltkrieg. In: Hirschfeld, Krumeich

und Renz (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. S. 307-315. Hier: S. 308.41 Vgl. zum Stalingrad-Mythos: Bernd Wegner: Der Mythos „Stalingrad“. In: Gerd Krumeich und Susanne Brandt (Hg.):

Schlachtenmythen. Ereignis – Erzählung – Erinnerung. Köln u.a. 2003. S. 183-197.42 Brief von Ernst Johannsen an German Werth vom 27.2.1968. Zitiert nach: Werth (Hg.): 1916. Schlachtfeld Verdun.

Europas Trauma. S. 135.43 Alfred Hein: Eine Kompagnie Soldaten. In der Hölle von Verdun. Ungekürzte Volksausgabe. 52. Tausend. Minden

i.W. u.a. 1931; ders.: Eine Kompanie Soldaten. In der Hölle von Verdun. Nachwort von Alois Kosler.Wiesbaden/Münche 1978. Die Kürzungen und Änderungen in Heins Werk sind im Vergleich zur Neuauflage vonEttighoffers Verdun-Buch gering.

44 P.C. Ettighoffer: Verdun. Das große Gericht. Gütersloh 1936; ders.: Verdun. Das große Gericht. Mit einem Nachwortvon Maurice Genevoix. Wiesbaden und München 1976 (dritte, neu bearbeitete Auflage). Weitere Auflagen folgten,1985 beispielsweise die fünfte Auflage. Andere Verlage griffen bei ihren Ausgaben der Ettighofferschen Werkeebenfalls auf die 1976 vom Limes-Verlag publizierte Fassung zurück, ohne auf die Unterschiede zur Erstausgabe von1936 hinzuweisen; eine kritische und kommentierte Ausgabe von Ettighoffers Buch steht noch aus.

45 Hier sind besonders die Publikationen von German Werth zu nennen, Ende der 1970er Jahre etwa sein Radiofeature„Wie war das mit Verdun?“ (Deutschlandfunk, 28.6.1977) oder seine Monographie „Verdun. Die Schlacht und derMythos“ (Bergisch Gladbach 1979).

46 u.a. Diana R. Sassé: Loan. Mondkrieg. Ertingen 2000. Neben weiteren „Loan“-Bänden gibt es auch zahlreiche Loan-Piccolos, Trading-Cards und Postkarten zur Comic-Serie.

47 Jacques-Henri Lefebvre: Die Hölle von Verdun. Nach den Berichten von Frontkämpfern. Von Veronika Fischer übersetzt. Paris 1969. S. 15.

48 Vgl. Werner Conze: Der Erste Weltkrieg. In: Ploetz. Geschichte der Weltkriege. Mächte, Ereignisse, Entwicklungen1900-1945. Hrsg. von Andreas Hillgruber und Jost Dülffer. Freiburg/Würzburg 1981. S. 59-78; BrockhausEnzyklopädie in vierundzwanzig Bänden. Neunzehnte, völlig neu bearbeitete Auflage. 23. Band: Us-Wej. Mannheim1994. S. 152.

49 Beispielweise: Alexander Smoltczyk: Verdun in der Wüste. In: Der Spiegel. 24/1999. 14.6.1999. S. 184-188. Hierwird über eine Grenzstreitigkeit zwischen Eritrea und Äthiopien berichtet, außer in der Schlagzeile wird auf Verdunkein Bezug genommen. Die „Welt“ verwendete etwa den Ausdruck „Gesprächsverdun“, die ARD bezeichnete dieWatergate-Hinhaltetaktik Nixons als „Verdun-Strategie“ (zitiert nach Werth, German (Hg.): 1916. S. 50.)

50 Der Spiegel 13/2003. S. 51.