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Aus der Frauenheilkunde, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin Universität des Saarlandes, Homburg/ Saar Direktor: Prof. Dr. E.-F. Solomayer Der Einfluss des Alters auf perioperative Morbidität und Outcome im Rahmen urogynäkologischer Operationen Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes 2016 vorgelegt von: Viola Paulus geb. am 09.09.1983 in Saarbrücken

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Aus der Frauenheilkunde, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin

Universität des Saarlandes, Homburg/ Saar

Direktor: Prof. Dr. E.-F. Solomayer

Der Einfluss des Alters auf perioperative Morbidität

und Outcome im Rahmen urogynäkologischer

Operationen

Dissertation

zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin

der Medizinischen Fakultät

der Universität des Saarlandes

2016

vorgelegt von: Viola Paulus

geb. am 09.09.1983 in Saarbrücken

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I

Inhaltsverzeichnis

Seite

1. Zusammenfassung 1

Deutsch…………..……………………………………………………………………………………………………………………1

Englisch………..………………………………………………………………………………………………………………………2

2. Einleitung 4

2.1. Anatomie und Pathophysiologie……..…………………………………………………………………..…………......4

2.1.1. Anatomie…………………………………….…….…………………………………………………………………..4

2.1.2. Pathophysiologie der Inkontinenz…….….………………………………………………………………..8

2.1.3. Pathophysiologie des Descensus genitalis. …........………………………………………………….8

2.1.4. Einteilung des Descensus genitalis…………….………...………………………………………………11

2.2. Epidemiologie von Descenus und Harninkontinenz……………….……………………………………………13

2.3. Risikofaktoren der Beckenbodeninsuffizienz…………………………………..…….……………………………14

2.4. Sozioökonomische Bedeutung…………………………………………………….……………………………..........16

2.5. Operationsmethoden zur Behebung des Descensus…………………………………………………...........17

2.5.1. Netzgestützte vaginale Verfahren..………………………………………………………................17

2.5.2. Laparoskopische Kolposakropexie……….………………..…………….……………………………...19

2.5.3. Descensusverfahren unter Verwendung von Eigengewebe…………..….………….………20

2.6. Operationsmethoden zur Behandlung der Belastungsinkontinenz………………………..…………….21

2.6.1. Suburethrale Bänder.……….………………………………………………………………………………….21

2.6.2. Laparoskopische Kolposuspension nach Burch………….…………………………………………22

2.7. Fragestellung und Zielsetzung…………………………………………………………………………………………....23

3. Material und Methode 24

3.1. Studienart……….………………………………………………………………………………………………………………….24

3.2. Patientinnen…….……………………………………………………………………………………………………….…….….24

3.3. Ein-und Ausschlusskriterien……….……………………………………………………………………………………….24

3.4. Wahl der Altersgrenze……………………………….……………………………………………………………………....24

3.5. Erfassungszeitraum…..…………..……………………………………………………………………………………………25

3.6. Datenerhebung……….………………………………………………………………………………………………………….25

3.7. Bewertung der Komplikationen nach der Clavien Dindo……………………………………….…………….26

3.8. Angewandte statistische Verfahren …………………………………………………………………………………..28

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II

4. Ergebnisse 29

4.1. Allgemeine Patientendaten….……………………………….…………………………………………………………...29

4.2. Operative Vorgeschichte der Patientinnen…………………….…………………………………………………..31

4.3. Präoperativer Befund des Descensus ……………….………………………………………………………………..34

4.4. Angewandte Operationsverfahren.…………………………………………………….……………..……………….35

4.5. Intraoperative Daten …….……………………………………………………………………………………………………39

4.6. Allgemeine postoperative Daten…………………………………………………………………………..……………41

4.7. Operatives Outcome …………….……….………………………………………………………………………………….42

4.8. Postoperative Komplikationen nach Clavien Dindo.……………………………………………………………44

4.8.1. Frühe postoperative Komplikationen ……………………….………………………………………...44

4.8.2. Späte postoperative Komplikationen……..……………………………………………………………45

4.8.3. Erforderliche Interventionen nach Schweregrad.....……..……………………………………..49

4.8.4. Verteilung der Komplikationen unter den Operationsgruppen…...………………………49

4.9. Logistische Regression..…..…………………………………………………………………………………………………51

5. Diskussion 53

5.1. Kritische Betrachtung der eigenen Ergebnisse…………………………………………………………………….53

5.2. Studienergebnisse im Kontext der Vergleichsliteratur….…….…….……………………………………..…57

5.2.1. Präoperative Daten des Studienkollektivs…………………….…………..………………………….57

5.2.2. Intraoperative Daten …………………………………………………………………………………………..60

5.2.3. Allgemeine postoperative Daten……….…….…………………………………………………………..61

5.2.4. Postoperatives Outcome……..………..…………………………………………………………………….62

5.2.5. Postoperative Komplikationen…………..…………………………………………………………………64

5.3. Abschließende Betrachtung………….…………………………………………………………………………………….73

6. Literaturverzeichnis…………………………………….……………………………………………………………………..………75

7. Abbildungs-und Tabellenverzeichnis……..…..………………………………………………………………………………80

8. Publikationen………..…………………………………………………..………………………………………………………………82

9. Danksagung……………………………………..………………………..……………..……………………………………………….83

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III

Abkürzungen

ARDS Acute Respiratory Distress Syndrome

ASA American Society of Anesthesiologists

BMI Body Mass Index

et al. et alii/ et aliae

Hb Hämoglobin

HET Hormonersatztherapie

IK Inkontinenz

KHK Koronare Herzkrankheit

KI Konfidenzintervall

Kolp. Kolporaphie

LASH laparoskopische supracervikale Hysterektomie

Lig. Ligamentum

LSK laparoskopisch

M. /Mm. Musculus/ musculi

NG Neugeborenengewicht

OP Operation

OR Odds Ratio

PMP Postmenopause

POP Pelvic Organ Prolapse

POP-Q Pelvic Organ Prolapse Qantification System

PS Physical Status

TLH totale laparoskopische Hysterektomie

TVT Tension Free Vaginal Tape

VE Vakuumentbindung

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1. Zusammenfassung

Der Einfluss des Alters auf perioperative Morbidität und Outcome im Rahmen urogynäkologischer

Operationen

Einleitung

Descensus und Inkontinenz sind Krankheitsbilder, die mit höherem Alter in der Bevölkerung

zunehmen. Vor dem Hintergrund steigender Lebenserwartung und dem Wunsch nach möglichst

langer und guter Lebensqualität werden elektive Eingriffe bei älteren Patienten mit oftmals

vorhandenen Komorbiditäten immer häufiger. Mögliche Risiken und Benefit müssen sorgfältig

gegeneinander abgewogen werden. Die zur Zeit kontroverse Datenlage bezüglich der Komplikationen

im Zusammenhang mit urogynäkologischen Eingriffen verlangt, gerade vor dem Hintergrund der

demographischen Entwicklung sowie der Prävalenz von Descensus und Inkontinenz, weitergehende

Studien in Bezug auf die Sicherheit der Operationen.

Ziel dieser Studie war es, Eingriffe zur Behandlung von Descensus und Inkontinenz auf ihre

perioperative Komplikationsrate hin zwischen <70-Jährigen und ≥70-Jährigen Patientinnen zu

vergleichen und zu eruieren, ob höheres Alter ein größeres Risiko für das Auftreten von

Komplikationen bedingt.

Material und Methode

Durchgeführt wurde eine retrospektive Studie über den Zeitraum von 2 ½ Jahren; Juni 2012 bis

Dezember 2014. Daten von 407 Patientinnen, die sich in dieser Zeit einer urogynäkologischen

Operation an der Universitätsfrauenklinik des Saarlandes unterzogen hatten, wurden hierfür erfasst.

278 (68,3%) der Frauen fielen in die jüngere Gruppe (<70 Jahre), 129 (31,7%) in die ältere (≥70 Jahre).

Komplikationen wurden nach der standardisierten Klassifikation nach Clavien Dindo, getrennt für ein

frühes Intervall, postoperativ bis zu 3 Tage nach Entlassung, und ein spätes, 4 bis 30 Tage nach

Entlassung, erhoben und statistisch mit dem Chi-Quadrat-Test ausgewertet. Von den aufgetretenen

Komplikationen sind Grad I und II als „leichte“, Grad IIIa und IIIb als „schwere“ subsumiert worden.

Zusätzlich zum statistischen Vergleich der aufgetretenen Komplikationen zwischen den

Altersgruppen ist ein multivariables Regressionsmodell erstellt worden, um die Auswirkung

verschiedener Parameter auf das Komplikationsrisiko zu analysieren. Ergänzend sind die

Operationserfolge der beiden Altersgruppen, welche als Sistieren der Belastungsinkontinenz nach

Inkontinenz-Operation und POP-Q Stage ≤ I nach Descensus-Operation definiert waren, im Chi-

Quadrat-Test miteinander verglichen worden.

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Ergebnisse

Der anatomischen Operationserfolg, welchen wir als POP-Q-Stage ≤ I nach Descensus-OP definierten,

zeigte keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Altersgruppen (p=0,204). Auch das

funktionelle Ergebnis nach Inkontinenz-OP zeigte in der Auswertung keinen statistisch signifikanten

Unterschied zwischen jüngeren und älteren Patientinnen (p=0,261). Bei jüngeren wie älteren Frauen

konnte die Kontinenz in ähnlichem Maße wieder hergestellt werden. Im Vergleich der

Komplikationen zeigte sich lediglich ein vermehrtes Auftreten leichter Komplikationen

(Grad I +Grad II) unter den älteren Patientinnen. Von Komplikationen Grad II waren in der älteren

Gruppe mit 36,4% gegenüber 12,2% in der jüngeren Gruppe statistisch signifikant mehr Frauen

betroffen (p<0,001). Aus der Auflistung der einzelnen Komplikationen wird ersichtlich, dass der

wesentliche Unterschied zur jüngeren Gruppe im häufig erforderlichen Einsatz antihypertensiver

Medikamente lag. Dagegen bestanden weder in den schweren Komplikationen im frühen

Zeitintervall (p=1) noch bei jeglichen späten Komplikationen statistisch signifikante Unterschiede. In

der Regression zeigten die Zugehörigkeit zur Altersgruppe ≥70 (OR: 2,953; 95% KI: 1,893-4,607) sowie

Multiparität (≥3 Geburten) (OR: 1,746; 95% KI: 1,102-2,769) eine Erhöhung des Risikos für frühe

leichte Komplikationen.

Schlussfolgerung

Bei Patientinnen ≥70 Jahren besteht nach urogynäkologischen Eingriffen gegenüber jüngeren ein

erhöhtes Risiko für leichtgradige Komplikationen (Grad II). Schwere hingegen treten nicht häufiger

auf. Anatomische und funktionelle Operationserfolge sind vergleichbar denen der Patientinnen <70

Jahren.

Summary

The influence of age on perioperative morbidity and outcome in urogynecologic surgery

Background

Pelvic organ prolapse and urinary incontinence have an increasing prevalence in the elderly

population. Taking the rising life expectancy along with the wish to maintain a good quality of life

into regard, the need for elective procedures in older patients, which often suffer from

comorbidities, become more and more frequent. Risk and advantage have to be carefully weighed

up. Rather controversial data exist regarding comorbidity associated with urogynecological

procedures in the elderly, which raises the demand for further studies on the safety of these

operative procedures. The aim of this study was to compare pelvic organ prolapse and incontinence

procedures in regard to their perioperative complication rate between patients <70 and ≥70 years of

age, and to investigate whether higher age results in higher risk of complications.

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Material and Methods

We performed a retrospective study over a period of two and a half years; June 2012 to December

2014. Data from 407 women, who underwent urogynecologic surgery at the Universitätsfrauenklinik

des Saarlandes, Germany during that time, were recorded and evaluated. 278 (68.3%) of the patients

were in the younger group (<70); and 129 (31.7%) in the older one (≥70 years).

Complications were reported according to the standardized classification of Clavien Dindo, separately

for an early interval, postoperative up to three days after discharge, and a late interval, 4 to 30 days

after discharge from the hospital, and were statistically analyzed by using the Chi-squared test. The

appearing complications were subsumed as minor ones (Grade I and II) and major ones (IIIa and IIIb).

In addition to the statistical comparison of the occurred complications between the age groups, a

multivariable regression model was created in order to analyze the impact of different parameters

on the risk for complications.

Also the surgical success in both groups, which was defined as reestablishing continence after

surgery for stress urinary incontinence and POP-Q stage ≤ I after surgery for pelvic organ prolapse,

was compared with each other using the Chi-squared test.

Results

The anatomic surgical success (POP-Q stage ≤ I) of both age groups was without a statistically

significant difference (p=0.204). The functional results after SUI procedures (continence) do not show

a statistically significant difference either (p=0.261).

Comparing the complication rate, only the occurrence of mild (Grade I and II) complications were

more frequent in the higher age group. In the older group statistically significant 36.4% of the

patients were affected by grade II complications compared to 12.2% of the younger group, which

was statistically significant (p<0.001). From the listing of the individual complications it is obvious

that the main difference compared to the younger group was the often required application of

antihypertensive drugs. In contrast to that, neither early severe complications (p=1) nor any grade of

late complications revealed statistically significant differences. Falling into the age group ≥70 (OR:

2.953; 95% CI: 1.893-4.607) or being multipara (≥3 deliveries) (OR: 1.746; 95% CI: 1.102-2.769)

showed an increasing risk for early mild complications in the final logistic regression model.

Conclusion

Patients ≥70 years are more likely to develop mild complications (Grade II) after urogynecological

surgeries, whereas severe complications are not more frequent. Anatomical as well as functional

surgery success is comparable to those in patients <70 years of age.

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2. Einleitung

2.1. Anatomie und Pathophysiologie

2.1.1. Anatomie

Der Beckenboden bildet den Abschluss des Rumpfes nach kaudal. Er wird infolgedessen fortwährend

statisch sowie dynamisch auf ihn einwirkenden Kräften ausgesetzt.

Er sichert Bauch- und Beckenorgane in ihrer Lage und trägt bei regelhaften Verschlussmechanismen

der äußeren Sphinkteren zum Erhalt der Kontinenz bei. Dabei ist ein intaktes Gefüge aus Knochen,

Muskeln, Bändern sowie Faszien für die Aufrechterhaltung seiner Funktionen erforderlich.

Der Aufbau des Beckenbodens lässt sich in 3 Ebenen Gliedern. Von innen nach außen sind dies:

1. Das Diaphragma pelvis,

dessen Hauptanteil durch den Musculus levator ani mit der Fascia diaphragmatica pelvis

superior sowie inferior gebildet wird. Dieser Muskel gliedert sich in 3 Anteile. Entsprechend

des Verlaufs der Muskelzüge sind dies der Musculus puborectalis, der Musculus

pubococcygeus und der Musculus iliococcygeus.

Die prärektalen Fasern, welche sich vom Musculus puborectalis abspalten, bilden,

durchflochten mit bindegewebigen Fasern und glatter Muskulatur, die Grundlage des

Dammes.

Die Form des Musculus levator ani ist von den Beckenwänden zur Mitte hin trichterförmig.

Gegenüber dem männlichen Beckenboden weißt der weibliche die Besonderheit auf, dass

der Musculus levator ani von bindegewebigen Lücken durchsetzt ist.

2. Das Diaphragma urogenitale,

größtenteils gebildet vom Musculus transversus perinei profundus mit seinen begleitenden

Faszien; Fascia diaphragmatis urogenitalis superior et inferior. Es spannt sich von beiden

Seiten von den unteren Schambeinästen sowie vom Sitzbein zur Mitte hin aus und inseriert

dort an der Vaginalwand, der Urethra sowie am Centrum perinei. Die Musculi transversus

perinei superficialis, welche jeweils weit dorsokaudal am Sitzbein entspringen und sich mittig

Centrum perinei treffen, haben flächenmäßig einen nur geringen Anteil am Diaphragma

urogenitale. Zusammen mit den zur Gruppe der Schwellkörpermuskeln zählenden Musculi

ischiocavernosi, die entlang von Sitz-und unterem Schambeinast zur Symphyse ziehen,

bilden sie in ihrem Verlauf eine Art stützenden Rahmen.

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Das Diaphragma urogenitale beteiligt sich am Aufbau des Beckenbodens nur im ventralen

Anteil, etwas dorsal der Symphyse bis zum Centrum tendineum. Am weiblichen

Beckenboden ist die Aufspannung des Musculus transversus perinei profundus großflächiger

als beim männlichen, bedingt durch die weitere Öffnung der unteren Schambeinäste, welche

der Form nach als „Arcus pubicus“ bei der Frau (90-100°) und als „Angulus subpubicus“ (70°)

beim Mann bezeichnet wird.

Die große Fläche erhält insbesondere Bedeutung als Schwachpunkt, wenn man beachtet,

dass der Muskel bei der Frau mit zunehmendem Alter und Geburtenanzahl zu großen Teilen

von Bindegewebe durchwachsen ist.

3. Der äußere muskuläre Beckenbodenanteil,

bestehend aus Schließ- und Schwellkörpermuskeln. Hierzu zählen die paarigen Musculi

bulbospongiosi, die Musculi ischiocavernosi, der Musculus sphincter urethrae und der

Musculus sphincter ani externus. Die Musculi bulbospongiosi verlaufen bei der Frau, durch

die Vagina geteilt, in 2 Schenkeln, wohingegen sie beim Mann mittig zusammentreffen.

Abbildung 1: Beckenboden: Überblick über die Regio perinealis und oberflächliche Faszien

Schünke et al. (2011) Prometheus Lernatlas der Anatomie

M. bulbospongiosus

M.ischiocavernosus

Fascia diaphragmatica urogenitalis inferior

(= Membrana perinei)

M.transversus perinei superficialis

M.obturatorius internus

M. gluteus maximus

M. levator ani

Fascia perinei superficialis (=Fascia perinei)

Centrum perinei

Tuber ischiadicum

Fascia obturatoria

Fascia diaphragmatis pelvis inferior

Lig. anococcygeum

Os coccygis Crena ani M. sphincter ani externus

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Abbildung 2: Beckenbodenmuskeln: M.levator ani

Schünke et al. (2011) Prometheus Lernatlas der Anatomie

Die Besonderheiten der weiblichen Beckenbodenanatomie gegenüber der männlichen, insbesondere

die große, im Alter zunehmend bindegewebig durchsetzte Fläche, welche durch den Hiatus

urogenitalis und den Hiatus ani durchbrochen wird, stellt eine präformierte Schwachstelle dar.

Gerade in Situationen erhöhter Belastung geht damit eine Gefahr für die Stabilität des Gefüges

einher. Intraabdominelle Drucksteigerung im Alltag, nicht zuletzt aber auch Schwangerschaft und

Geburt stellen eine erhebliche zusätzliche Beanspruchung dar (Schünke et al. 2011).

Knochen, Muskeln, Bänder und Faszien bilden eine funktionelle Einheit, die die Beckenorgane in

Position halten. Faszien stellen für die Organe eine verstärkende Ummantelung dar oder verbinden

diese mit Muskeln. Sie besitzen den Hauptanteil am Aufbau der Wände von Scheide, Harnblase und

Darm haben und geben diesen die notwendige Formstabilität. Ligamente sind von nur geringer

Dehnbarkeit. Sie inserieren an den Beckenwänden, halten die Organe in ihrer Position und dienen

den Muskeln des Beckenbodens als Widerlager.

M.puborectalis

M.pubococcygeus M.levator ani

M.iliococcygeus

Spina ischiadica

M.coccygeus

M.piriformis

Crista iliaca

Art.sacroliliaca

Tuberculum Symphysis prörektale

pubicum pubica Fasern

Os sacrum

Spina iliaca anterior inferior

Spina iliaca anterior superior

Arcus tendinosus m.levatoris ani

Raphe der Mm. Iliococcygei

Os coccygis

Hiatus levatorius

Canalis obturatorius

Fascia obturatoria

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Die Integraltheorie von Petros und Ulmsten

(Goeschen et al. 2009) beschreibt, wie alle Strukturen miteinander im Gleichgewicht stehen müssen,

um Stabilität sowie Funktionalität von Beckenboden und den Beckenbodenorganen Scheide, Blase,

Harnröhre und Rektum zu gewährleisten. Die größte Bedeutung in der Entstehung von Defekten wird

in ihrer Theorie dem Bindegebe zugeschrieben.

Bindegewebe besteht aus Kollagen, Elastin sowie Proteoglykanen. Kollagen gewährleistet Stabilität,

Elastin Dehnbarkeit. Proteoglykane stellen die verbindende Substanz dar.

Durch den physiologischen Alterungsprozess reduziert sich der Anteil an Elastin, die kollagenen

Fasern werden zusätzlich bis zu 400% fester. Dies ist ein Aspekt, weshalb in höherem Alter

Symptome der Beckenbodeninsuffizienz stark zunehmen. Des Weiteren spielen hormonelle Einflüsse

eine Rolle. So werden in der Schwangerschaft Bänder und Faszien deutlich dehnbarer. Dies führt

dazu, dass es zu diesem Zeitpunkt zu ersten Senkungsbeschwerden kommen kann, die meist

reversibel, bei einem Drittel der Frauen jedoch bleibend sind. Während der Geburt kann es leicht zu

Verletzungen von Bandstrukturen kommen. Damit stellen Geburten einen Risikofaktor für den

vaginalen Descenus dar.

Die Integraltheorie unterscheidet statische, dynamische und funktionelle Anatomie. Statisch

bedeutet Lage in normaler Ruheposition, dynamisch unter Belastung des Beckenbodens, die

funktionelle Anatomie erklärt das Zusammenspiel der Beckenbodenstrukturen bei mechanischer

Bewegung wie Miktion oder Defäkation.

Es werden 3 Wirkrichtungen der Muskelkontraktion unterschieden. Der M. puboccocygeus zieht

nach ventral. Sein Widerlager sind die pubourethralen Ligamente. Ebenso zieht der M. puborectalis

nach ventral. Der M. liococcygeus sowie M. coccygeus, gemeinsam auch als Levatorplatte bezeichnet,

ziehen nach dorsal und entfalten ihre Wirkung über den Arcus tendinosus fasciae pelvis. Der

longitudinale Analmuskel zieht ausgehend von den Ligamenta sakrouterina nach kaudal.

Durch die Zugkräfte dieser Muskeln wird die Scheide an der pubozervikalen Faszie von vorne und an

der rektovaginalen Faszie von hinten aufgespannt. Seitlich ist die Faszie der Scheide mit dem Arcus

tendineus fasciae pelvis verbunden. Sind alle Anteile der Aufhängung intakt, wird eine Stabilität

erreicht, die vor einer Intussuszeption bewahrt (Goeschen et al. 2009).

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2.1.2. Pathophysiologie der Inkontinenz

Im Folgenden soll nur auf den Mechanismus der Harninkontinenz nach dem Modell von Petros und

Ulmsten unter Auslassung der Pathophysiologie der Stuhlinkontinenz eingegangen werden.

Stehen die Elemente im intakten Gleichgewicht, so werden bei Belastung des M. pubococcygeus, die

Levatorplatte sowie der longitudinale Analmuskel angespannt. Dadurch wird die mittlere Urethra

gegen das Hammock, synonym die suburethrale Hängematte, komprimiert, während sich der

Blasenboden, aufliegend auf der ventralen Vaginalfaszie, nach dorsokaudal bewegt. Damit wird

einem unwillkürlichen Urinabgang vorgebeugt. Gleichzeitig kommt es durch die veränderte

Organlage zur Behinderung des venösen Abflusses und damit zum Anschwellen der Urethra mit

Einengung des Lumens, was einen weiteren Kontinenzmechanismus darstellt.

Sind die Ligamenta pubourethralia geschwächt, so erfolgt bei Belastung allein der Zug nach hinten

unten, wodurch ein Trichter am Blasenhals gebildet wird. Der M. puboccocygeus kann seinen Zug

nach vorne über die laschen Bänder nicht entfalten. Dies kommt der Situation bei Miktion, unter der

allein die hinteren Muskeln kontrahiert, der vordere hingegen relaxiert ist, gleich. Belastung und

Anspannung des Beckenbodens führen in dieser Situation zu ungewollten Urinabgang. Diese Form

der Harninkontinenz wird als Belastungs- oder auch Stressinkontinenz bezeichnet.

Sind die vordere Vaginalfaszie oder die Ligamenta pubourethralia schwach, kann die Blase bei

zunehmender Füllung nicht ausreichend durch das Hammock gestützt werden, die Blase hängt durch.

Dadurch werden Dehnungsrezeptoren schon bei geringem Füllungszustand vorzeitig aktiviert. Aus

dieser Defektsituation resultiert die sogenannte Drang-Inkontinenz. Eine Unterscheidung zwischen

den beiden Krankheitsbildern ist notwendig, da verschiedene Therapien daraus abgeleitet werden

(Goeschen et al. 2009).

2.1.3. Pathophysiologie des Descensus genitalis

Einteilung des Halteapparates der Beckenorgane in horizontale Ebenen

Nach De Lancey kann der Halteapparat der Beckenorgane horizontal in 3 Ebenen eingeteilt werden,

aus deren Defekte entsprechende Senkungszustände hervorgehen. Im Ebene 1 befindet sich das

Parakolpium, welches eine Fortsetzung der den Uterus fixierenden Ligamenta cardinalia et

uterosacralia darstellt. Es stellt eine Verbindung der oberen Vagina zur Beckenwand dar.

Die Züge verlaufen nach dorsocranial in Richtung des Os sacrum.

Ein Defekt in Ebene 1 führt zum Descensus uteri, nach Hysterektomie zum Descensus vaginae und/

oder zur Enterozele.

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In Ebene 2 stützt das Parakolpium das mittlere Scheidendrittel durch die horizontale Verbindung zu

den Beckenwänden und führt zur Teilung in anteriores und posteriores Kompartiment. Wird die

pubovesikale Faszie (anteriores Kompartiment) zentral geschädigt, so senkt sich die Blase in Form

einer Pulsionscystozele in die Vagina ab. Reißt die Faszie am Arcus tendinosus fasciae pelvis aus,

entsteht eine Traktionscystozele. Eine schwache hintere vaginale Faszie begünstigt die Entstehung

einer Rektozele. Teile des Rektums stülpen sich dabei durch den Defekt der Wand nach intravaginal.

In Ebene 3 ist der distalste Teil der Scheide ohne dazwischen befindlichen Bandapparat direkt mit

den umliegenden Strukturen verbunden, nach vorne mit der Harnröhre, zu den Seiten mit Anteilen

des M. levator ani und nach hinten mit dem Centrum perinei (von Tunn et al. 2009).

Ein Defekt in Level 3 führt zur suburethralen Lockerung und infolgedessen zur Belastungsinkontinenz

(Wei et al.2004, Loertzer et al. 2009). Die Einteilung in horizontale Levels trägt zum Verständnis der

zugrunde liegenden strukturellen Gefügestörung bei Senkungszuständen bei.

Abbildung 3: Einteilung des Halteapparates der Beckenorgane in 3 horizontale Ebenen

Hofmann et al.(2009) Inkontinenz-und Descensuschirurgie der Frau

Einteilung der Defekte in vertikale Kompartimente

In der Klinik üblich ist die Einteilung der Defekte in 3 vertikale, von ventral noch dorsal aufeinander

folgende Kompartimente. Zu den Defekten des vorderen Kompartimentes zählen die Urethrozele,

Urethrocystozele und Cystozele. Die Cystozele lässt sich, wie im vorangegangen Abschnitt erläutert,

nochmals unterteilen nach zugrunde liegendem zentralen oder lateralen Defekt. Die Differenzierung

hat auch hier Bedeutung für die Wahl der Therapie. Häufigste Form ist die Mischzystozele, die

sowohl zentrale als auch laterale Strukturdefizite aufweist.

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Im mittleren Kompartiment entstehen zentrale bzw. apikale Senkungszustände. Diese sind der

Descensus uteri, bei hysterektomierten Frauen der Descensus apex vaginae sowie die Enterozele, die

vergesellschaftet mit je einem der erst genannten Defekte auftreten kann.

Defekte des hinteren Kompartimentes, gleichbedeutend einer Schädigung der hinteren vaginalen

Faszie, führen zur Ausbildung einer Rektozele.

Abbildung 4: Cystozele

Abbildung 5: Descensus uteri Abbildung 6: Descensus apex vaginae

Abbildung 7: Enterozele Abbildung 8: Rektozele

Abbildungen 4-8: www.bardmedical.com

Cystozele

Descensus uteri Descensus apex vaginae

Enterozele Rektozele

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2.1.4. Einteilung des Descenus genitalis

Im deutschsprachigen Raum werden Senkungszustände bis zum Introitus als Descensus, darüber

hinaus als Prolaps bezeichnet. Im anglosächsischen Raum wird der einheitliche Begriff „Pelvic Organ

Prolaps“, kurz „ POP“, verwendet. Zur Gradeinteilung existieren verschiedene Modelle.

Baden Walker

Der Baden-Walker-Klassifizierung liegt ein sogenanntes „Half-way-system“ zugrunde. Dabei

entspricht Grad 1 einer Senkung bis zur Hälfte der Vaginallänge, Grad 2 bis zum Hymen, Grad 3 dem

Prolaps bis zur halben Länge vor und Grad 4 schließlich den, die komplette Scheidenlänge messenden

Prolaps über den Introitus hinaus. Diese Gradeinteilung kann für den Descensus im mittleren

Kompartiment erfolgen (Persu et al. 2011). Die Erfassung von Senkungen im vorderen und hinteren

Kompartiment erfordert eine Modifizierung der Einteilung.

Abbildung 9: Gradeinteilung des Descensus nach Baden Walker

Persu et al. (2011) Pelvic Organ Quantification System (POP-Q)

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POP-Q

Quantitativer erfasst werden Art und Ausmaß des Descensus genitalis mithilfe des Pelvic Organ

Prolapse Quantification Systems (POP-Q). Hierbei werden feste Punkte in cm ausgehend vom

Hymenalsaum gemessen. Der tiefste Punkt entscheidet über den Grad des Descensus/Prolaps.

Gemessen werden ab der Ebene des Hymenalsaumes: tvl (gesamte vaginale Länge), Aa, Ba, Ap, Bp,

C, D (entfällt nach HE) sowie pb (perineal body) und hg (hiatus genitalis).

Aa liegt auf der Mittellinie der vorderen Vaginalwand bei -3 cm und Ap auf der hinteren Mittellinie

bei -3cm vom Hymenalsaum. Ba und Bp sind die tiefsten Punkte der anterioren bzw. posterioren

Vaginalwand. C gibt den Abstand der Cervix zum Hymenalsaum an, D den des Douglasraumes.

Liegen Aa, Ba, Ap und Bp bei -3 cm und ist zugleich C oder D ≤ - (tvl -2) besteht kein Descensus nach

POP-Q.

Werden diese Maße nicht erfüllt und liegt der weiteste Vorfall bei < -1cm, entspricht dies einem Grad

I. Bei Grad II liegt der tiefste Punkt zwischen ≥ -1 und ≤ +1 cm. Befindet sich der tiefste Punkt

darüber hinaus zwischen > +1 aber < (tvl-2), entspricht dies Grad III. Grad IV ist jeder darüber hinaus

gehende Prolaps, entsprechend ≥ + (tvl-2) (Weidner et al.1997).

Abbildung 10: Messpunkte POP-Q-Klassifikation

Persu et al. (2011) Pelvic Organ Quantification System (POP-Q)

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2.2. Epidemiologie von Descensus und Harninkontinenz

Eine Insuffizienz des Beckenbodens ist unter der weiblichen Bevölkerung weit verbreitet; die

Prävalenz mit dem Alter zunehmend. Symptomatisch wird sie in Form von Senkungsbeschwerden

sowie Inkontinenz, die als Belastungs-, Drang- oder Mischinkontinenz imponieren kann. Obgleich

hierdurch Einschränkungen im Alltag entstehen, führen oben genannte Beschwerden nicht

unweigerlich zum Arzt. Zum einen ist der Leidensdruck der Frauen sehr variabel ausgeprägt und

korreliert nicht unmittelbar mit dem objektiven Ausmaß der Erkrankungen, zum anderen sind dies

stark schambehaftete Befunde, die die Frauen im Allgemeinen nicht gerne mitteilen.

Obgleich daher eine Dunkelziffer vermutet werden kann, wurden in Studien beachtliche

Prozentzahlen zur Prävalenz von Descensus und Harninkontinenz dargelegt. Auch das

Lebenszeitrisiko, aufgrund einer dieser beiden Erkrankungen operiert zu werden, ist hoch.

In der größten und aktuellsten Studie, die landesweite (USA) Daten von 10.177.480 Frauen ab dem

18. bis einschließlich dem 89. Lebensjahr aus den Jahren 2002-2011 auswertete, waren insgesamt

25% der Frauen über 20 Jahren von symptomatischen Beckenbodendefekten betroffen. 17,1%

berichteten von Harninkontinenz, 9,4% von Stuhlinkontinenz und 2,9% von Senkungsbeschwerden

(Wu et al. 2014). Aus der Summe der Prozentzahlen ersichtlich, litt ein Teil der Frauen an mehr als

nur einem der Beschwerdebilder. Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit der Patientinnen

betrug 2 ½ Jahre. Aus ihren Daten ermittelten Wu et al. ein Lebenszeitrisiko, sich einer Operation

aufgrund einer Belastungsinkontinenz oder eine Descensus genitalis zu unterziehen, von 20%. Dabei

ergab das alleinige Lebenszeitrisiko für die operative Versorgung einer Belastungsinkontinenz 13,6%,

für die des Descensus 12,6%.

Zusammenfassend lässt sich demnach sagen, dass etwa eine von vier Frauen symptomatische

Zustände einer Beckenbodeninsuffizienz im Laufe ihres Lebens entwickelt und eine von fünf Frauen

aufgrund solcher Beschwerden operiert wird.

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14

2.3. Risikofaktoren der Beckenbodeninsuffizienz

Alter

Unumstritten ist, dass mit zunehmendem Alter das Risiko, von Symptomen einer

Beckenbodeninsuffizienz betroffen zu sein, stark ansteigt. So wurden in den verschiedenen

Altersgruppen steigende Prozentsätze dafür ermittelt, an mindestens einer Art der Ausprägung zu

leiden. In der Altersgruppe der 20-29-jährigen waren es 6,3%, unter den 50-59-jährigen Frauen 31,6%

und 52,7% Betroffene unter den über 80-jährigen, die eine Harninkontinenz, Stuhlinkontinenz

und/oder Senkungsbeschwerden angaben (Wu et al.2014).

Menstrueller Status

In Verbindung zum Älterwerden fließt der Hormonstatus einer Frau in das Risikoprofil mit ein.

Östrogen wirkt präventiv auf das Gewebe. Bei postmenopausalen Frauen werden die

Hormonrezeptoren im Verlauf der postmenopausalen Jahre zwar hochreguliert, der Serumspiegel

des Östrogens ist jedoch niedrig. Diese Frauen profitieren daher von einer lokalen

Östrogenbehandlung, die das Scheidenepithel stärkt und so der Entstehung oder dem weiteren

Fortschreiten eines Descensus sowie einer Inkontinenz vorbeugen kann (Machin et al. 2011).

Eine Hormonersatztherapie bei postmenopausalen Frauen korreliert invers mit dem Auftreten von

Descensus- Beschwerden (Kim et al.2007).

Geburten

Von Bedeutung ist auch die Anzahl der Geburten. Während der Schwangerschaft kommt es zunächst

zu einer zunehmenden Drucksteigerung im Abdomen, die den Beckenboden strapaziert. Das Risiko,

eine Beckenbodeninsuffizienz zu entwickeln, liegt bei einer Frau mit ≥3 Geburten 5,56-fach über dem

einer Frau, die 2 oder weniger Kinder entbunden hat. Auch auf den Schweregrad des Descensus wirkt

sich eine steigende Anzahl an Geburten deutlich aus (Kim et al.2007).

Weiter wirkt sich nicht allein die Anzahl, sondern auch die Art der Entbindungen auf das Risiko aus.

So stellt die vaginale Geburt, unter der es leicht zur Verletzung von Gewebestrukturen kommen kann

(Goeschen et al.2009), einen erheblichen Stress für den Beckenboden dar. Instrumentelle

Unterstützung bei der vaginalen Entbindung sowie ein hohes Geburtsgewicht (> 4kg) sind zusätzlich

als Stressoren für das Gewebe zu nennen. Über alle Altersgruppen betrachtet führt die vaginale

Geburt zu einem 2,9-fachen Risiko, später aufgrund einer Belastungsinkontinenz operiert zu werden.

Für eine Operation zur Behebung von Senkungszuständen sogar zum 9,2-fachen gegenüber einer

Geburt per sectionem. Eine späte erste Geburt stellt eine größere Belastung dar als eine in jüngeren

Jahren. Für eine Frau, die zwischen dem 35.-38. Lebensjahr zum ersten Mal vaginal entbindet, liegt

das Risiko bei dem 7-fachen eine spätere Descensus-OP zu benötigen, gegenüber einer Frau, die bei

der ersten Geburt jünger ist (Leijonhufvud et al.2012).

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Übergewicht

Ein erhöhter BMI (≥25) führt gegenüber normalgewichtigen Frauen zu einem um 60% erhöhten

Risiko für eine Descensus-Operation (Lonnée-Hoffmann et al.2015). Eine erhöhte Häufigkeit in der

Entwicklung eines Descensus ist mit einem hohen BMI assoziiert. Dahingegen besteht kein direkter

Zusammenhang zwischen der Höhe des BMI und dem Schweregrad des Descenus (Kim et al.2007).

Intraabdomineller Druck

Auch andere Faktoren, die zu einem über lange Zeit erhöhten intraabdominellen Druck führen,

stellen eine Gefährdung dar. Unter diesem Aspekt werden Obstipation sowie chronische

Lungenerkrankungen aufgeführt, aber auch häufiges schweres Heben (Kim et al. 2007, Weber et

al.2005).

Rauchen

Untersuchungen, ob Rauchen für sich alleine betrachtet den Beckenboden schädigen kann,

möglicherweise durch Gewebeveränderungen, führten zu kontroversen Ergebnissen. So ist Rauchen

nach Weber et al. (2005) als Risikofaktor aufgeführt. Andere Studien zeigten keine signifikanten

Ergebnisse (Lonnée-Hoffmann et al.2015, Kim et al. 2007). Denkbar wäre ein indirekter

Zusammenhang, wie etwa über eine durch Rauchen verursachte chronische obstruktive

Lungenerkrankung, die zu häufigem Husten und damit erhöhtem intraabdominellen Druck führt.

Hysterektomie

Eine vorangegangene Hysterektomie wird als begünstigender Faktor vor allem in der Entstehung

eines Defektes im hinteren Kompartiment angesehen. 50% der einer Hysterektomie folgenden

Descensus-Operationen betreffen dieses. Bei insgesamt 12% hysterektomierter Frauen fand

Studienergebnissen zufolge im Verlauf auch eine Descensus- Operation statt, dabei lag das

durchschnittliche Alter mit 60 Jahren niedriger als bei nicht hysterektomierten Frauen (Lykke et

al.2014).

Genetische Ursachen

Nicht zuletzt können auch genetischen Faktoren Einfluss auf die Entstehung einer

Beckenbodeninsuffizienz haben.

Altman et al. (2008) schlossen aus ihrer Zwillingsstudie, dass genetischen Merkmalen sowie

unabhängigen, nicht gleichen Einflussfaktoren beiden je 40% Anteil in der Entstehung zugesprochen

werden können.

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16

2.4. Sozioökonomische Bedeutung

In Deutschland leiden 2 Millionen Menschen über 60 Jahren, 11% der Altersgruppe, an einer

behandlungsbedürftigen Harninkontinenz. Unter den über 80-Jährigen steigt der Anteil weiter auf

30%. Frauen sind annähernd doppelt so häufig betroffen wie Männer (Weltz-Barth 2007). Nach der

13. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (2015), waren im

Jahr 2013 61% zwischen 20 und 65 Jahren und 21% hatten ein Alter darüber. Der Vorausberechnung

nach werden im Jahr 2060 33% mindestens 65 Jahre alt sein. Der Anteil über 80-Jähriger wird sich

mit 12-13% mehr als verdoppelt haben. Die Lebenserwartung für Frauen steigt voraussichtlich von

82,8 Jahren auf bis zu 90,4 Jahren, die der Männer von derzeit 77,7 Jahren auf bis zu 86,7 Jahren an.

Die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre setzt dabei auch längere Arbeitsfähigkeit voraus

(Deutsche Rentenversicherung 2015).

Der in den nächsten Jahren auf uns zukommenden Altersverschiebung nach wird auch der Anteil

derer absehbar größer werden, die unter Symptomen einer Beckenbodeninsuffizienz leiden. Dies hat

weitreichende gesellschaftliche sowie gesundheitsökonomische Auswirkungen.

Eine Harninkontinenz ist mit erheblichem Leidensduck, psychischer Belastung und häufig auch

Isolation vergesellschaftet (Weltz-Barth 2007, Yip et al. 2013). Gesundheitskosten entstehen

unmittelbar durch die Inkontinenz sowie durch Folgeerkrankungen (Niederstadt et al. 2007, Füsgen

1998). Nach der Immobilität stellt die Harninkontinenz den zweithäufigsten Grund für die häusliche

Krankenpflege dar. Bis zu 50 % der Aufnahmen in Alten-und Pflegeheime werden direkt oder durch

Folgen der Inkontinenz begründet (Weltz-Barth 2007). Eine zielgerichtete, patientenadaptierte

Therapie muss dabei nicht im Gegensatz zu gesundheitsökonomischen Aspekten stehen. In der

Versorgung der Inkontinenz entfielen in Deutschland im Jahr 2013 hochgerechnet 464 Millionen €

der Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen auf Hilfsmittel zur Inkontinenzversorgung

(Bundesverband Medizintechnologie 2015). Gegenüber 48,6 % der Gesamtausgaben für Vorlagen

standen im Jahr 2007 17,7% der Ausgaben für Operationen (Statista). Bessere Diagnostik und

angepasste Therapien könnten hier zu Einsparungen führen (Füsgen 1998). Operative Therapien wie

Kolposuspension oder die Einlage eines spannungsfreien suburethralen Bandes haben nach einem

Jahr durchschnittliche Raten der bleibenden Kontinenz von 75% (Frohme et al. 2015). Zwei Jahre

postoperativ ermittelten Subak et al. (2014) in einer Gruppe von 492 Frauen eine Senkung der

Ausgaben zur Versorgung der Inkontinenz um durchschnittlich 72%.

Ausgaben für Operationen einer Beckenbodensenkung betrugen im Jahr 2005 144,24 Millionen €

(Subramanian et al.2009), die Gesamtausgaben des Gesundheitswesens im gleichen Jahr 241,994

Milliarden € (Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2015).

Diese Daten zeigen, wie aktuell das Thema der Versorgung der Beckenbodeninsuffizienz und die

Evaluation entsprechender Therapiemethoden ist.

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2.5. Operationsmethoden zur Behebung des Descensus

Zur operativen Sanierung des Descenus genitalis der Frau stehen eine Vielzahl von

Operationsmethoden zur Wahl. Entscheidend für eine Operation ist nicht alleine der Befund, den der

Untersucher erhebt, sondern vorrangig das Beschwerdebild und der Leidensdruck der Patientin.

Nach erfolgloser oder begründet nicht durchführbarer konservativer Therapie, wie

Beckenbodentraining, Elektrostimulation und/ oder Pessareinlage kann eine Operation das Mittel der

Wahl sein. Welches Verfahren hierbei zur Anwendung kommt, ist zum einen begründet durch Art

und Ausmaß des Descensus, zum anderen auch durch die entsprechende Erfahrung des

behandelnden Arztes. So können einige Operationen bei vorhandener Expertise heute, im Gegensatz

zu früheren Jahren, auch laparoskopisch und somit weniger invasiv als im offenen Eingriff durch

Laparotomie durchgeführt werden.

In erster Linie sollten Verfahren angestrebt werden, die auf die Verwendung allogenen Materials

verzichten. In der besonderen Situation jedoch, wie einem Rezidiv, erforderlicher erhöhter

Belastbarkeit sowie, nach Abwägung aller Vor-und Nachteile, möglicherweise auch in der

Primärsituation bei einem fulminanten Prolaps, kommen netzgestützte Verfahren zum Einsatz

(Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe 2008). Hierbei steht die geringe Rezidivrate

einer erhöhten Komplikationsrate gegenüber (Maher et al. 2007).

Aufgrund der Vielfalt möglicher operativer Methoden werden im Folgenden nur jene dargestellt, die

innerhalb der Studienpopulation, die dieser Arbeit zu Grunde liegt, zur Anwendung kamen.

2.5.1. Netzgestützte vaginale Verfahren

Vorderes Netzimplantat

Das vordere Netzimplantat kann zur Anwendung kommen beim Vorliegen einer Pulsions-sowie

Traktionscystozele.

Die Patientin wird in Steinschnittlage gebracht. Es erfolgt die anteriore Kolpotomie und das laterale

Abpräparieren der Harnblase von der pubozervikalen Faszie. An jeder Seite der Scheide werden je 2

Hautinzisionen vorgenommen. Die oberen jeweils in Höhe des Ostium urethrae externum in der

genitofemoralen Falte, die unteren etwas kaudal und lateral der ersten. In die Einschnittstellen

werden Einführhilfen mit Kanülen gesetzt. Nachdem das Netz vaginal durch die Kolpotomie

spannungsfrei unter der Blase positioniert ist, werden die 4 Ärmchen, die durch das Foramen

obturatorum laufen, mithilfe von Führungsinstrumenten durch die Kanülen nach außen gezogen.

Nach Entfernung der Kanülen werden die Netzärmchen gekürzt und die Schnitte verschlossen.

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Hinteres Netzimplantat

Ein hinteres Netz kann verwendet werden zur Versorgung der Rektozele, Enterozele, einer Senkung

des Scheidenapex oder des Uterus.

Zur Einlage des hinteren Netzes erfolgt eine posteriore Kolpotomie. Das Rektum wird stumpf

abpräpariert. Die Hautinzisionen zur Einlage der Einführhilfen und Kanülen erfolgen lateral und

kaudal des Anus. Die beiden Ärmchen des Netzes werden durch das Ligamentum sakrospinale

hindurchgezogen und verlaufen in der Fossa ischiorectalis. Das Netz liegt zwischen Rektum und

hinterem Scheidengewölbe. Analog zum vorderen Netz erfolgt der Durchzug durch die

Hautinzisionen, das Kürzen sowie Verschließen der Schnitte. Das Netz liegt zwischen Rektum und

hinterem Scheidengewölbe.

Totales Netzimplantat

Liegen komplexe behandlungsbedürftige Senkungszustände vor, so können hinteres und vorderes

Netz auch kombiniert als „totales Netz“ verwendet werden (Hofmann et al.2009).

Abbildung 11: vorderes Netz Abbildung 12: hinteres Netz Abbildung 13: totales Netz

Abbildungen 11-13: www.gynsafe.com

Foramen obturatorum

Harnblase

Scheidenapex

Rektum

Lig. sacrospinale

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2.5.2. Laparoskopische Kolposakropexie

Die Kolposakropexie bezeichnet ein Verfahren, bei dem die Fixierung des mittleren Kompartimentes

mittels Netzinterponat am Os sakrum erfolgt. Mögliche Zugangswege sind die Laparotomie oder

Laparoskopie. Bei allen Frauen in unserer Datenerhebung wurde die Kolposakropexie laparoskopisch

durchgeführt. Der Überbegriff „Kolposakropexie“ kann entsprechend des Vorhandenseins oder im

Zustand nach Entfernung des Uterus differenziert werden in die Unterformen Hystero-, Cervico,-

oder Kolposakropexie. Hier wird der Ausdruck als Summe aller 3 Formen verwendet. In erster Linie

werden Senkungszuständen des mittleren Kompartimentes durch eine Kolposakropexie behoben;

leichte begleitende Defekte im vorderen oder hinteren Kompartiment können gegebenenfalls mit

korrigiert werden.

Das offene Verfahren, welches seit einem längerem Zeitraum angewendet wird und zu dem mehr

Daten vorliegen, stellt laut Leitlinie den derzeitigen Goldstandard in der Behandlung des Descensus

im mittleren Kompartiment dar, wobei scheinbar ähnlich gute Ergebnisse im laparoskopischen

Verfahren bei entsprechender Expertise erzielt werden können. (Deutsche Gesellschaft für

Gynäkologie 2008).

Nach Eingehen in das Abdomen erfolgt zunächst die Deperitonealisierung vom Os sakrum entlang

des rektosigmoidalen Übergangs bis auf den Uterus, bzw. die Cervix oder Scheidenkuppe. Am Os

sakrum wird das Ligamentum longitudinale anterius dargestellt. Als Netzinterponat wird entweder

ein gerader Netzstreifen verwendet oder ein Y-förmiges Netz. Das Peritoneum wird Richtung

Promontorium hin getunnelt, sodass der proximale Netzanteil hindurchgezogen werden kann. Dieser

wird dann mit Schrauben oder Nähten im Ligamentum longitudinale verankert. Das Netz liegt

spannungsfrei, sodass ein physiologische Lage und Mobilität der Scheide gewährt wird.

Zum Schluss wird der komplette Netzverlauf subperitoneal gelegt.

Abbildung 14: Sakropexienetz

www.jessazh.be

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2.5.3. Descensusverfahren unter Verwendung von Eigengewebe

Kolporaphia anterior

Sie ist geeignet zur Behandlung einer Pulsionscystozele, bei der der Defekt im medialen Anteil der

pubocervicalen Faszie liegt. Es wird zunächst eine vordere Kolpotomie vorgenommen.

Die pubocervicale Faszie wird von der Scheidenvorderwand abpräpariert. Daraufhin werden über der

Faszie quergestellte Einzelknopfnähte gesetzt, sodass eine Doppelung des Gewebes resultiert.

Anschließend kann sparsam überschüssiges Gewebe entfernt und die vordere Scheidenwand

verschlossen werden.

Kolporaphia posterior

Mit diesem Verfahren kann eine Rektozele behandelt werden. Nach der posterioren Kolpotomie und

Freipräparation wird die rektovaginale Faszie gerafft und mit Einzelkopfnähten quer vernäht. Liegt

eine Enterozele vor, kann der Bruchsack im gleichen Eingriff reseziert und der Darm mit

Tabaksbeutelnaht verschlossen werden, bevor er in die Bauchhöhle zurückverlagert wird.

Vaginaefixatio sacrospinalis nach Amreich-Richter

Hierbei erfolgt die Fixierung der descendierenden Scheidenkuppe am Ligamentum sakrospinale.

Die Fixierung erfolgt in den meisten Fällen unilateral und zwar nach rechts, um eine Einengung des

Sigmas durch Vernarbung zu vermeiden. Der Zugang erfolgt über die hintere Kolpotomie. Durch

stumpfe Präparation wird das Ligamentum sakrospinale aufgesucht. Nach sicherer Identifizierung

durch Anschlingen wird die Scheidenkuppe am Ligament angenäht und die Kolpotomie verschlossen.

Uterosacrale Fixatio nach Mc Call

Die Fixierung des mittleren Kompartimentes erfolgt hier bilateral mittels Raffung der sakrouterinen

Bänder. Dieser Eingriff wurde unter den Patientinnen unserer Studie sowohl von vaginal über den

Zugang mittels Kolpotomie als auch laparoskopisch durchgeführt.

Lateral Repair

Dieser bezeichnet eine Defektbehebung der endolpelvinen Faszie, welche am Arcus tendineus

ausgerissen ist. Der Ausriss äußert sich in Form einer Traktionscystozele. Der ausgerissene Anteil wird

mit fortlaufenden Nähten wieder an die endopelvine Faszie angenähert. Auch dieses Verfahren

wurde sowohl von vaginal als auch laparoskopisch durchgeführt.

Kolpokleisis

Hierbei werden die Vaginalwände der nach außen gestülpten Scheide von apikal (cervicales Ende)

her beginnend mit Nähten zusammengeführt. Schrittweise wird dies wiederholt, bis auf ein Level

knapp oberhalb des Introitus, so dass die Scheide am Ende der Operation verschlossen ist.

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2.6. Operationsmethoden zur Behandlung der Belastungsinkontinenz

Zur Anwendung kamen unter den Patientinnen, deren Operationen für diese Arbeit ausgewertet

wurden, 4 verschiedene Verfahren.

2.6.1. Suburethrale Bänder

Retropubisches TVT

Für die Einlage eines TVT (Tension Free Vaginal Tape) ist in der Regel eine Lokalanästhesie

ausreichend. Bei liegendem Blasenkatheter erfolgt ein Schnitt in der vorderen Vaginalwand. Die

beiden Nadeln werden durch die Inzision in der Scheidenwand paraurethral bis ins Cavum Retzii

vorgeschoben und oberhalb der Symphyse durch die Bauchdecke ausgestochen. Zum Ausschluss

einer Blasenläsion wird eine Urethrocystoskopie durchgeführt. Das Band wird unter dem mittleren

Anteil der Urethra platziert, verläuft durch das Cavum Retzii und tritt suprasymphysär aus. Zum

Überprüfen der korrekten Lage wird die Patientin bei gefüllter Blase gebeten zu husten. Treten nur

wenige Tropfen aus der Urethra aus, ist die Lage korrekt. Unter Belastung, wie beim Hustentest, wird

die Urethra gegen das Band gepresst und somit verschlossen.

Transobturatorisches TVT

Das transobturatorische TVT (TVT-O) erfüllt die gleiche Aufgabe wie das retropubische TVT.

Entscheidender Unterschied ist die Bandführung. Da das Band das Cavum Retzii nicht passiert, ist die

Gefahr einer Blasenläsion entsprechend geringer. Eine Cystoskopie ist nur bei konkretem Verdacht

auf eine Verletzung erforderlich. Das Band verläuft hierbei durch das Foramen obturatorum und wird

in der genitofemoralen Falte nach außen geführt.

Abbildung 15: Retropubisches TVT Abbildung 16: Transobturatorisches TVT

Abbildungen 15+16: www.ethicon.com

TVT

Symphyse Symphyse

Urethra

Scheide

Austrittsstelle TVT

Harnblase

Uterus

Austrittsstelle TVT-O

Urethra

Scheide

Harnblase

Foramen obturatorum

Uterus

TVT-O

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Adjustierbares TVT

Das adjustierbare TVT entspricht in seiner Lage dem erstgenannten, retropubischen TVT.

Besonderheit dieser Variante ist, dass sie bei Patientinnen, bei denen die Einschätzung der idealen

Lage erschwert ist, zur Anwendung kommt. Die endgültige Einstellung kann hier am ersten post-

operativen Tag an der stehenden Patientin durchgeführt werden, ohne dass hierfür eine erneute

Anästhesie erforderlich ist.

2.6.2. Laparoskopische Kolposuspension nach Burch

Die Kolposuspension nach Burch stellt ein Verfahren zur Behebung der Belastungsinkontinenz dar,

das ohne Implantation von Bändern auskommt. Auf beiden Seiten der Urethra wird die endopelvine

Faszie durch frei laufende Nähte am Ligamentum ileopectineum (Cooper-Ligament) aufgehängt.

Urethra und Blasenhals werden auf diesem Weg angehoben. Dadurch, dass die Druckübertragung

auf Urethra und Blasenhals verbessert wird, wird ein Verschluss der Harnröhre unter Belastung

erzielt und die Inkontinenz behoben. Die Kolposuspension kann auch im offenen Eingriff erfolgen,

kam in der Form jedoch bei keiner unserer Patientinnen zum Einsatz.

Abbildung 17: Kolposuspension nach Burch

Frohme et al.(2015) Behandlung der weiblichen Belastungsinkontinenz. Der Urologe 54:345

Ligamentum ileopectineum

Harnblase

Endopelvine Faszie über

der vorderen

Scheidenwand

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2.7. Fragestellung und Zielsetzung

Die Fragestellung dieser Arbeit ist, ob sich das Outcome nach urogynäkologischen Operationen in

den Altersgruppen der unter 70-Jährigen und der über 70-Jährigen Patientinnen signifikant

voneinander unterscheidet. Der Schwerpunkt liegt hierbei in der Analyse der postoperativen

Komplikationen, für deren Erhebung die standardisierte Klassifikation nach Clavien Dindo verwendet

wurde. Auch weitere Faktoren, die das Outcome beschreiben, wurden berücksichtigt, darunter

intraoperative Komplikationen, Hb-Abfall, das operative Ergebnis, welches sich auf die Behebung des

Descensus und/oder der Inkontinenz bezieht, sowie die Dauer des stationären Aufenthaltes.

Unser Ziel ist es, anhand der vorliegenden Daten und mithilfe anerkannter statistischer

Auswertungsverfahren darzulegen, dass sich Patientinnen höheren Alters mit vergleichbarem Erfolg

und ohne höheres perioperatives Risiko urogynäkologischen Operationen zur Behandlung von

Descensus und Belastungsinkontinenz unterziehen können wie jüngere Frauen.

Es soll gezeigt werden, dass es vertretbar ist, auch Frauen jenseits der Altersgrenze von 70 Jahren

aufgrund ihrer urogynäkologischen Leiden zu operieren und damit zu mehr Lebensqualität zu

verhelfen. Die Zahl der bisher veröffentlichten Arbeiten zu diesem Thema ist zum einen gering, zum

anderen sind die Ergebnisse zum Teil kontrovers.

Dies gab Anlass zur vorliegenden Studie, die zur weiteren Klärung bezüglich der Sicherheit von

urogynäkologischen Operationen bei älteren Frauen beitragen soll.

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3. Material und Methode

3.1. Studienart

Es handelt sich um eine retrospektive Single Center Studie.

3.2. Patientinnen

Die Patientinnen sind Frauen jeglichen Alters, die im untersuchten Zeitraum in der Gynäkologie der

Universitätsklinik des Saarlandes wegen eines Descensus, einer Belastungsinkontinenz oder zugleich

aufgrund beider Beschwerdebilder operiert wurden.

3.3. Ein-und Ausschlusskriterien

Eingeschlossen wurden alle Patientinnen, die eine operative Therapie im Studienzeitraum erhielten.

Innerhalb des ausgewählten Zeitraumes waren dies 409 Patientinnen, bei denen ein Verfahren zur

Behebung von Descensus und/oder Belastungsinkontinenz stattgefunden hatte. 2 Patientinnen

wurden nachträglich ausgeschlossen. Bei einer von beiden war die Descensus-Operation als Begleit-

Operation eines onkologischen Eingriffs durchgeführt worden. Hierbei waren die Daten des

postoperativen Verlaufs nicht sicher der Descensus-Operation zuzuordnen. Bei der zweiten

ausgeschlossenen Patientin handelte es sich um eine Mitbehandlung der Gynäkologie nach

Aufnahme durch eine andere Fachabteilung. Auch hier ließ sich der Verlauf aufgrund mehrerer

Prozeduren nicht eindeutig dem bei uns erfolgten Eingriff zuordnen. Zum anderen lag uns keine

vollständige Dokumentation zur Einsicht vor.

3.4. Wahl der Altersgrenze

Die Altersgrenze zur Trennung jüngerer und älterer Patienten variiert in der Literatur. Wir wählten

eine Altersgrenze von 70 Jahren. Alle darunter wurden der jüngeren Gruppe zugeordnet,

Patientinnen ≥70 Jahren der älteren. Wir orientierten uns bei unserer Wahl an den

Abgrenzungskriterien der Geriatrie. Dabei wird als geriatrischer Patient bezeichnet, wer vom Alter

meist ≥ 70 Jahren ist und zugleich einige Grunderkrankungen aufweist (Borchelt et al.2004) .Damit

soll dem Umstand eines höheren Risikoprofils in der älteren Gruppe Rechnung getragen werden.

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3.5. Erfassungseitraum

Ausgewertet wurden die Daten von Patientinnen, die im Zeitraum von Juli 2012 bis einschließlich

Dezember 2014 operiert wurden. Damit beträgt der Studienzeitraum 2 ½ Jahre. Mit Abschluss des

Erfassungszeitraumes zum 31.12.2014 ist eine Nachverfolgung bezüglich Komplikationen nach

Clavien Dindo bis 30 Tage nach Entlassung auch für die zuletzt operierten Patientinnen gegeben und

die Archivierung der Akten vollständig abgeschlossen gewesen.

3.6. Datenerhebung

Die Daten wurden der digitalisierten ambulanten sowie stationären Dokumentation entnommen.

Details zur Operation wie angewendetes Verfahren, Dauer und eventuelle intraoperative

Komplikationen gingen aus den OP- Berichten hervor. Wurden mehrere Eingriffe bei einer Patientin

in derselben OP durchgeführt, so wurde vom Operateur anhand von Aufwendigkeit und Risikoprofil

bestimmt, welcher in der Datenerhebung als Haupteingriff aufgeführt werden sollte. Alle übrigen

sind als Begleiteingriffe berücksichtigt. Schnitt-Naht-Zeiten konnten bei fehlender Angabe im OP-

Protokoll zusätzlich über das OP-Programm ermittelt werden. Die ASA-Scores (Tabelle 1) der

Patientinnen stammen aus dem Protokoll der Anästhesie. Den stationären Aufenthalt definierten wir

als die Dauer vom ersten postoperativen Tag bis einschließlich dem Tag der Entlassung. Dem

Entlassbrief konnte entnommen werden, falls eine weitere Behandlung medikamentös oder anderer

Art notwendig war. War das der Fall, so wurde dies unter Komplikationen nach Clavien Dindo mit

dem Suffix „d“ dokumentiert. Zur Erfassung der frühen postoperativen Komplikationen bis

einschließlich 3 Tage nach Entlassung wurden die Protokolle der Wachstation und die Stationskurve

inklusive Visitendokumentation durchgesehen. Außerdem wurde im zeitlichen Verlauf der

Patientendokumentation überprüft, ob die Patientin wieder vorstellig wurde und, falls vorhanden,

der postoperative Ambulanzbrief auf Abweichungen vom normalen Verlauf nach Entlassung hin

überprüft. Als späte Komplikationen wurden solche gewertet, die vom 4. bis einschließlich dem 30.

Tag nach Entlassung auftraten. Hierfür wurden, falls eine Wiedervorstellung erfolgte, die in diesen

Zeitraum fallenden Dokumente über SAP eingesehen. Das Operationsergebnis entstammt dem

postoperativen Untersuchungsbefund im Rahmen des stationären Aufenthaltes. Um das Auftreten

einer larvierten Belastungsinkontinenz nach Descensus-OP zu beurteilen, wurden auch nach dem

stationären Aufenthalt alle weiteren Vorstellungen der Patientinnen dahingehend überprüft. Für die

gesamte Erhebung der Daten wurden die Patientinnen untereilt nach Zugehörigkeit zur Altersgruppe

<70 oder ≥70 Jahren. Weiter wurde danach unterteilt, ob eine Descensus-Operation, eine

Inkontinenz-Operation oder eine Kombination aus beiden stattgefunden hatte.

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26

Tabelle 1:

ASA-Score

ASA PS Classification Definition Übersetzung

ASA I A normal healthy patient Ein normaler gesunder Patient

ASA II A patient with mild systemic disease Ein Patient mit leichter systemischer Erkrankung

ASA III A patient with severe systemic disease Ein Patient mit schwerer systemischer Erkrankung

ASA IV A patient with severe systemic disease that is a constant threat to life

Ein Patient mit schwerer systemischer Erkrankung, die eine permanente Gefährdung des Lebens darstellt

ASA V A moribund patient who is not expected to survive without the operation

Ein moribunder Patient, der ohne Operation voraussichtlich nicht überleben wird

ASA VI A declared brain-dead patient whose organs are being removed for donor purposes

Ein für hirntod erklärter Patient, dessen Organe zur Spende entnommen werden

ASA: American Society of Anesthesiologists®; PS: Physical Status

nach: asahq.org; Stand 15.Oktober 2014

3.7. Bewertung der Komplikationen nach Clavien Dindo

Die Bewertung der aufgetretenen post-operativen Komplikationen erfolgte nach der standardisierten

Klassifikation nach Clavien Dindo in der überarbeiteten Version von 2004. Jede Abweichung vom

regelhaften postoperativen Verlauf wird hiernach als Komplikation gewertet. Alleine die

Gegenmaßnahme ist das objektive Kriterium zur Feststellung des Schweregrades der Komplikation.

Vor Erhebung der Daten wurden daher die für unser Studienkollektiv geltenden oberen Normwerte

festgelegt. Als verlängert wurde nach TVT-Anlage ein Aufenthalt von mehr als 2 Tagen nach OP

gezählt, für alle laparoskopischen Eingriffe sowie vaginalen Descensus-Operationen mehr als 5 Tage.

Ein vermehrter Schmerzmittelbedarf wurde für die Gabe von mehr als 15 mg Dipidolor auf

Wachstation sowie der Einsatz von Schmerzmedikation über Stufe 1 nach dem WHO-Stufenschema

auf Normalstation gewertet. Eine Antibiose über einen Single-Shot intraoperativ hinaus wurde

ebenfalls als Komplikation gewertet. Die aufgetretenen postoperativen Komplikationen wurden für

die Studie in „frühe“, bis einschließlich dem 3. Tag nach Entlassung, und „späte“, vom 4. bis

einschließlich dem 30. Tag nach Entlassung unterteilt. Komplikationen, die während des stationären

Aufenthaltes auftraten und eine weitere Behandlung oder besondere Nachbetreuung erforderlich

machten, wurden mit dem Suffix „d“ versehen. Traten Komplikationen verschiedener Schweregrade

bei ein und derselben Patientin im gleichen Zeitintervall auf, so wurde die schwerere Komplikation

für die Auswertung herangezogen.

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27

Tabelle 2:

Clavien Dindo Klassifikation

Grades Definition Übersetzung

I Any deviation from the normal postoperative course without the need for pharmacological treatment or surgical, endoscopic and radiological interventions. Allowed therapeutic regimens are: drugs as antiemetics, antipyretics, analgetics, diuretics and electrolytes and physiotherapy. This grade also includes wound infections opened at the bedside.

Jede Abweichung vom normalen postoperativen Verlauf ohne die Notwendigkeit pharmakologischer Behandlung oder chirurgischer, radiologischer, endoskopischer Intervention. Erlaubte Behandlungen: Medikamente wie Antiemetika, Antipyretika, Analgetika, Diuretika, Elektrolyte und Physiotherapie. In diese Gruppe fallen ebenso Wundinfektionen, die am Patientenbett eröffnet werden.

II Requiring pharmacological treatment with drugs other than such allowed for grade I complications. Blood transfusions and total parenteral nutrition are also included.

Notwendigkeit der Behandlung mit Medikamenten abweichend von den unter I genannten. Bluttransfusionen und totale parenterale Ernährung sind ebenfalls eingeschlossen.

III Requiring surgical, endoscopic or radiological intervention

Notwendigkeit chirurgischer, endoskopischer oder radiologischer Intervention.

IIIa intervention not under general anesthesia

Intervention ohne Allgemeinnarkose

IIIb intervention under general anesthesia Intervention unter Allgemeinnarkose

IV Life-threatening complication (including CNS complications)* requiring IC/ICU-management

Lebensbedrohliche Komplikation (inklusive zentralnervöser Komplikationen)**, die eine Behandlung auf Intensivstation notwendig machen.

IVa single organ dysfunction (including dialysis)

Versagen eines Organsystems (inklusive Dialyse)

IVb multi organ dysfunction Multiorganversagen V Death of a patient Tod des Patienten If the patients suffers from a complication at the time of discharge, the suffix “d” (for ‘disability’) is added to the respective grade of complication. This label indicates the need for a follow-up to fully evaluate the complication.

Falls der Patient zum Zeitpunkt der Entlassung unter einer Komplikation leidet, wird das Suffix „d“ (für „disability“ = Behinderung, Einschränkung) dem entsprechenden Schweregrad angefügt. Diese Kennzeichnung zeigt die Notwendigkeit einer Verlaufskontrolle an, um die Komplikation vollständig bewerten zu können.

*brain hemorrhage, ischemic stroke, subarrachnoidal bleeding, but excluding transient ischemic attacks (TIA);IC: Intermediate care; ICU: Intensive care unit ** Hirnblutung, ischämischer Schlaganfall, Subarrachnoidalblutung, ausgenommen transiente ischämische Attacke; (TIA); IC/ICU ~ Intensivstation nach: Dindo D., Demartines N., Clavien P.A.; Ann Surg. 2004; 240: 205-213

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3.8. Angewandte statistische Verfahren

Die statistische Auswertung erfolgte mit IBM SPSS Version 22. Für stetige Variablen wurde, sofern

annähernd normal verteilt, der t-test, bei nicht annähernder Normalverteilung der Daten der Mann-

Whitney-U-Test durchgeführt. Deskriptive Statistiken für normalverteilte Daten werden als

Mittelwert und Standardabweichung angegeben, nicht normalverteilte als Median und

Interquartilsabstand (IQR). Gruppenunterschiede bei kategorialen Variablen werden mithilfe des Chi-

Quadrat-Tests ausgewertet. Lag hierbei für mindestens ein Feld die erwartete Häufigkeit bei <5,

wurde der Exakte Test von Fisher verwendet. Für die Verteilung der kategorialen Variablen werden

die absolute Anzahl sowie der prozentuale Anteil angegeben.

Beim statistischen Vergleich zwischen den beiden Altersgruppen wurden für den ASA-Status, den

Grad des Descensus im präoperativen Befund sowie den Schweregrad der postoperativen

Komplikationen jeweils Dummy-Variablen eingeführt. Diese ermöglichten den Vergleich der

Häufigkeit eines Grades gegenüber den übrigen Ausprägungen.

Bezüglich der operativen Vorgeschichte und der aktuellen Operation sollten lediglich die

übergeordneten Kategorien auf statistisch signifikante Unterschiede geprüft werden. Einzelne

Operationsmodi sind rein deskriptiv mit aufgeführt. Um einen möglichen Einfluss auf die

Komplikationsrate und -schwere durch Zugehörigkeit zur Altersgruppe ≥70, von höherem BMI,

Mehrgeburtlichkeit (≥3 Kinder) und einem ASA-Status 3 oder 4 zu eruieren, wurde zunächst eine

univariable logistische Regression durchgeführt. Variablen, die nach Adjustieren der p-Werte

statistisch signifikant blieben, wurden in einem multivariablen, logistischen Regressionsmodell

analysiert. Alle p-Werte sind nach fdr (false discovery rate) in R © Version 3.2.0 für multiples Testen

adjustiert worden. Als statistisch signifikant wurde ein p- Wert <0,05 festgelegt.

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4. Ergebnisse

4.1. Allgemeine Patientendaten

Im retrospektiv betrachteten Zeitraum über 2 ½ Jahren, vom 01.06.2012 bis zum 31.12.2014, wurden

Daten von 407 urogynäkologischen Operationen in der Universitätsfrauenklinik des Saarlandes

ausgewertet. Die Patientinnen wurden in die Altersgruppe der unter 70-Jährigen, nachfolgend auch

als Gruppe der Jüngeren bezeichnet, und die Altersgruppe derer, die zum Zeitpunkt der Operation 70

Jahre oder älter waren, als Gruppe der Älteren bezeichnet, unterteilt.

Altersverteilung

Im Studienzeitraum wurden 278 Operationen (68,3%) in der jüngeren Gruppe durchgeführt, in der

älteren 129 (31,7%). Das mittlere Alter in der jüngeren Gruppe lag bei 55,60 ± 8,94 Jahren, bei den

älteren Frauen bei 75,41 ± 4,05 Jahren.

BMI

Es zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen jüngeren und älteren Frauen in

Bezug auf den BMI. Bei den jüngeren lag er bei 27,20 ± 4,72 und bei den älteren bei 26,97 ± 4,05

(p=0,658).

ASA-Score

Im ASA-Score bestanden statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Altersgruppen.

Signifikant mehr jüngere Frauen hatten einen ASA-Status I (11,2 % vs 0,8 %; p=0,001) oder ASA-

Status II (77,3% vs 60,9%; p=0,003) gegenüber den älteren. Ein ASA-Status III hatten dagegen

signifikant weniger jüngere und mehr ältere Frauen (11,5% vs 37,5%; p<0,001). Einen ASA-Status IV

hatte keine der jüngeren Frauen und nur eine der älteren. Es konnte hier kein signifikanter

Unterschied zwischen den Gruppen gezeigt werden (p=0,401).

Geburtshilfliche Anamnese

Statistisch signifikante Unterschiede bestanden weiterhin bezüglich Geburtenzahl und im

Geburtsmodus. Jüngere Frauen hatten im Vergleich signifikant weniger Kinder geboren (2 [1-2] vs 2

[2-3]; p= 0,032). Ebenso zählten signifikant weniger der jüngeren Frauen zur Gruppe der Multipara,

Frauen, die 3 oder mehr Kinder geboren hatten. Unter den jüngeren waren dies 24,5% der Frauen,

unter den älteren 36,8% (p=0,029). In der Gruppe der jüngeren Frauen war weniger oft spontan

entbunden worden als in der der älteren (2 [1-2] vs 2 [2-3]; p=0,005). Dahingegen war die Entbindung

per sectionem bei den jüngeren Frauen häufiger als bei den älteren Frauen (p=0,006). Notwendige

geburtshilfliche Unterstützung durch Vakuumentbindung sowie Forceps waren ohne statistisch

signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen (p=0,098). Auch war die Anzahl der

makrosom geborenen Kinder unter Jüngeren und Älteren ohne statistisch signifikanten Unterschied.

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30

Dies traf für Neugeborene ≥4000g Geburtsgewicht (p=0,628) und Neugeborene mit einem

Geburtsgewicht von ≥ 4500g (p=0,717) zu.

Menstrueller Status und Hormonersatztherapie

Die Zeitspanne seit der Postmenopause unterschied sich statistisch signifikant zwischen den

Gruppen. Der Durchschnitt lag bei den jüngeren Frauen bei 6,74 ± 6,88 Jahren, bei den älteren bei

24,36 ± 6,57 Jahren (p=0,001). Nach der Adjustierung der p-Werte für multiples Testen ergab die

Häufigkeit der Anwendung einer Hormonersatztherapie keinen statistisch signifikanten Unterschied

zwischen den Altersgruppen (16,1% bei den Jüngeren vs 8% bei den Älteren; p=0,066).

Tabelle 3 Allgemeine Patienten- Charakteristika

Altersgruppe <70 ≥70 Adjustierter *n+ *n+ p-Wert

Alter 55,60 ± 8,94 *278+ 75,41 ± 4,05 *129+

BMI 27,20 ± 4,72 *278+ 26,97 ± 4,05 *129+ 0, 658 ᵗ

ASA-Score *278+ *128+

I 31 (11,2) 1 (0,8) 0, 001 ᶜ

II 215 (77,3) 78 (60,9) 0, 003 ᶜ

III 32 (11,5) 48 (37,5) < 0, 001 ᶜ

IV 0 (0,0) 1 (0,8) 0, 401 ᶠ

Geburten 2 *1-2+ *277+ 2 *2-3+ *125+ 0, 032 ᵐ

Spontan 2 *1-2+ *277+ 2 *2-3+ *125+ 0, 005 ᵐ

Sectio 0 *0-0+ *277+ 0 *0-0+ *125+ 0, 006 ᵐ

VE/ Forceps 0 *0-0+ *277+ 0 *0-0+ *125+ 0, 098 ᵐ

NG ≥ 4000g 0 *0-0+ *277+ 0 *0-0+ *125+ 0, 628 ᵐ

NG ≥4500g 0 *0-0+ *277+ 0 *0-0+ *125+ 0, 717 ᵐ

Multipara (≥3) 68 (24,5) *277+ 46 (36,8) *125+ 0, 029 ᶜ

Jahre seit PMP 6,74 ± 6,88 *196+ 24,36 ± 6,57 *74+ < 0, 001 ᵗ

HET aktuell 33 (16,1) *205+ 10 (8) *125+ 0, 066 ᶜ

BMI= Body Mass Index; ASA= American Society of Anesthesiologists ; VE=Vakuum-Entbindung; NG= Neugeborenengewicht;

PMP= Postmenopause; HET= Hormonersatztherapie

[n]= Bezugsdatenzahl; Angaben in Mittelwert ± Standardabweichung oder n= Anzahl und (%).

Statistische Testverfahren: ᵗ = t-Test; ᵐ = Mann-Whitney-U; ᶜ = Chi-Quadrat; ᶠ = Exakter Test nach Fisher;

p-Werte adjustiert in „R“ ©

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4.2. Operative Vorgeschichte der Patientinnen

Unabhängig davon, ob die aktuelle Operation aufgrund von Inkontinenz, eines Descensus oder

beidem durchgeführt wurde, sind für jede Patientin alle urogynäkologischen Vor-Operationen,

vorausgegangene Hysterektomie sowie sonstige Laparoskopien und Laparotomien in Tabelle 4

aufgelistet. Statistisch getestet in Hinblick auf Unterschiede zwischen den Altersgruppen wurden die

übergeordneten Kategorien der Operationen. Einzelne Verfahren sind rein deskriptiv aufgeführt.

Inkontinenz-Operationen

In Bezug auf Inkontinenz-Operationen in der Vorgeschichte bestand kein statistisch signifikanter

Unterschied. Bei 7,2 % der jüngeren und 6,2 % der älteren Frauen war mindestens eine operative

Vorbehandlung aufgrund einer Belastungsinkontinenz in der Vergangenheit durchgeführt worden

(p= 0,887). 2 oder mehr Vor-Operationen aufgrund einer Inkontinenz hatten 0% der jüngeren und

1,6% der älteren Frauen (p=0,42). Die häufigsten vorangegangen Eingriffe waren bei den Jüngeren

das retropubische TVT (2,5%), das transobturatorische TVT (2,5%) und die Kolposuspension nach

Burch in offenem Eingriff (1,8%). In der älteren Gruppe war die laparoskopische Kolposuspension

nach Burch (2,3%) am häufigsten, gefolgt von der Urethrasuspension nach Marshall-Marchetti-Krantz

(1,6%) sowie dem retropubischen TVT (1,6%). Die übrigen Häufigkeiten können Tabelle 3

entnommen werden. Die Prozentangaben beziehen sich auf die gesamte Gruppengröße von 278

(<70 Jahre) bzw. 129 (≥70 Jahre) Patientinnen.

Descensus-Operationen

Vor-Operationen aufgrund eines Descensus wurden getrennt aufgelistet nach Zuordnung zu den 3

Kompartimenten. Außerdem wurde unterschieden zwischen solchen Eingriffen, die eine Behebung

des Defektes mittels Eigengewebe erzielten und solchen, die Netzimplantat gestützt durchgeführt

worden waren.

Vorderes Kompartiment

In den Vor-Operationen im vorderen Kompartiment zeigte sich ein statistisch signifikanter

Unterschied zwischen den Gruppen. Mindestens eine Vor-Operation hatten hier von den Jüngeren

14,7% von den Älteren 26,4 % (p=0,026). In der Kategorie 2 oder mehr Vor-Operationen im vorderen

Kompartiment zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied (2,2% 3,2% vs 2,1 %; p=0,829). Am

häufigsten waren sowohl bei den jüngeren Frauen als auch bei den älteren in der Vorgeschichte

Operationsverfahren angewandt worden, die Eigengewebe zur Defektbehebung verwendeten

(11,5% und 20,2%), gefolgt von Operationen mit vaginalen Netzinterponaten (2,2% und 4,7%).

Bereits beide Arten der Defektbehebung waren bei 1,1% der jüngeren und 1,6% der älteren

Patientinnen durchgeführt worden.

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Mittleres Kompartiment

Es bestand kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Altersgruppen im Anteil der

Frauen, die eine Vor-Operation im mittleren Kompartiment hatten. Mindestens eine Vor-Operation

hatte aufgrund von Senkungsbeschwerden im mittleren Kompartiment bei 7,2% der Jüngeren und

12,4% der Älteren stattgefunden (p=0,142). Eine netzgestützte Operation hatten 4,0% der jüngeren

Frauen, ein Verfahren ohne Netz 2,9%. Bei der älteren Gruppe war hier, wie im vorderen

Kompartiment, die Vor-Operation ohne Netz (7,8%) häufiger als die mit Netz (4,7%). Je mindestens

ein Verfahren mit Netz sowie ohne war im Vorfeld bei 0,4% der jüngeren und 0,0% der älteren

Patientinnen angewandt worden. 2 oder mehr Vor- Operationen im mittleren Kompartiment hatten

0,7% und 0,0% (p=1).

Hinteres Kompartiment

Es bestand kein statistisch signifikanter Unterschied bezüglich des Anteils an Frauen der beiden

Altersgruppen, die Vor-Operationen im hinteren Kompartiment hatten.

Bei den jüngeren Frauen hatten bei 8,3% bereits Vor-Operationen stattgefunden, bei den älteren bei

15,5% (p=0,104). 2 oder mehr Operationen des hinteren Kompartimentes fanden sich bei 0,7% der

jüngeren Gruppe in der Vorgeschichte und bei 3,1% der älteren (p=0,141). Hier sind, wie auch im

vorderen Kompartiment, am häufigsten in beiden Altersgruppen Vor-Operationen ohne Netz erfolgt

(6,1% und 10,9%), gefolgt von solchen mit Netz (1,8% und 3,1%). Beide Arten der Descensus-

Behebung waren bei 0,4% und 1,6% durchgeführt worden.

Hysterektomien

In Hinblick auf bereits erfolgte Hysterektomien unterschieden sich die Altersgruppen statistisch

signifikant. Der Anteil hysterektomierter Patientinnen lag bei den jüngeren Frauen bei 34,2%, bei

den älteren bei 48,8% (p=0,002). Häufigstes Verfahren war die vaginale Hysterektomie (21,2% und

29,5%). An zweithäufigster Stelle war eine offene abdominelle Hysterektomie (7,9% und 17,8%)

durchgeführt worden. Die laparoskopische supracervicale Hysterektomie (3,2% und 1,6%) und die

totale laparoskopische Hysterektomie (1,8% und 0,0%) waren seltener durchgeführt worden.

Laparoskopien und Laparotomien

Es zeigte sich ein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich des Anteils der Frauen, die bereits

mindestens eine Laparoskopie gehabt hatten. Bei 49,3% der jüngeren Frauen war in der

Vorgeschichte ein laparoskopischer Eingriff durchgeführt worden. Unter den älteren bei 28,7%

(p=0,002). 2 oder mehr Laparoskopien waren es bei 15,8% der jüngeren und 7,8% der älteren Frauen

(p=0,094) gewesen. Für vorausgegangene Laparotomien konnte kein statistisch signifikanter

Unterschied zwischen den Altersgruppen gefunden werden. Bei 34,5% der jüngeren und der 45% der

älteren Patientinnen war bereits mindestens 1 Laparotomie durchgeführt worden (p= 0,117). 2 oder

mehr waren es bei 9,7% und 16,3% der Patientinnen (p=0,14).

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Tabelle 4 Operative Vorgeschichte

Altersgruppe <70 ≥70 Adjustierter

*n+

278 129 p-Wert

Vor- OPs Inkontinenz

TVT 7 (2,5) 2 (1,6)

TVT-O 7 (2,5) 1 (0,8)

Burch abdominell 5 (1,8) 0 (0,0)

Burch LSK 1 (0,4) 3 (2,3)

Marshall-Marchetti-Krantz 0 (0,0) 2 (1,6)

Mindestens 1 Vor- OP 20 (7,2) 8 (6,2) 0, 887 ᶜ

≥ 2 Vor- OPs 0 (0,0) 2 (1,6) 0, 142 ᶠ

Vor- OPs Descensus

Vorderes Kompartiment

Mit Netz 6 (2,2) 6 (4,7)

Ohne Netz 32 (11,5) 26 (20,2)

Beides 3 (1,1) 2 (1,6)

Mindestens 1 Vor- OP 41 (14,7) 34 (26,4) 0, 026 ᶜ

≥ 2 Vor- OPs 6 (2,2) 4 (3,1) 0, 829 ᶠ

Mittleres Kompartiment

Mit Netz 11 (4,0) 6 (4,7)

Ohne Netz 8 (2,9) 10 (7,8)

Beides 1 (0,4) 0 (0,0)

Mindestens 1 Vor- OP 20 (7,2) 16 (12,4) 0, 142 ᶜ

≥ 2 Vor- OPs 2 (0,7) 0 (0,0) 1 ᶠ

Hinteres Kompartiment

Mit Netz 5 (1,8) 4 (3,1)

Ohne Netz 17 (6,1) 14 (10,9)

Beides 1 (0,4) 2 (1,6)

Mindestens 1 Vor- OP 23 (8,3) 20 (15,5) 0, 104 ᶜ

≥ 2 Vor- OPs 2 (0,7) 4 (3,1) 0, 141 ᶠ

Vorausgegangene Hysterektomie

Vaginale 59 (21,2) 38 (29,5)

Abdominelle 22 (7,9) 23 (17,8)

LASH 9 (3,2%) 2 (1,6%)

TLH 5 (1,8) 0 (0,0)

Gesamt 95 (34,2) 63 (48,8) 0, 002 ᶜ

Abdominelle Vor- Operationen

Mindestens 1 Laparoskopie 137 (49,3) 37 (28,7) 0, 002 ᶜ

≥ 2 Laparoskopien 44 (15,8) 10 (7,8) 0, 094 ᶜ

Mindestens 1 Laparotomie 96 (34,5) 58 (45) 0, 117 ᶜ

≥ 2 Laparotomien 27 (9,7) 21 (16,3) 0, 141 ᶜ

TVT= Tension free vaginal tape; TVT-O= transobturatorisches TVT; LSK= Laparoskopisch;

LASH= Laparoskopische suprazervikale Hysterektomie; TLH= Totale laparoskopische Hysterektomie.

[n]= Bezugsdatenzahl; Angaben in n= Anzahl und (%).

Statistische Testverfahren: ᶜ = Chi- Quadrat; ᶠ = Exakter Test nach Fisher; p-Werte adjustiert mittels „fdr“.

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4.3. Präoperativer Befund des Descenus

Baden Walker

Für alle Patientinnen, die sich im erfassten Studienzeitraum einem operativen Verfahren zur

Behandlung eines Descensus unterzogen hatten, wurde ein präoperativer Befund, nach Schweregrad

und Kompartiment gegliedert, in der Gradeinteilung nach Baden-Walker erhoben (Tabelle 5).

In der Gruppe <70 Jahren wurden insgesamt 192 Patientinnen aufgrund von Senkungsbeschwerden

operiert, in der ≥70 Jahren 118. Diese Zahlen beinhalten sowohl Patientinnen, die sich einer

alleinigen OP zur Behandlung des Descensus unterzogen, als auch Patientinnen, bei denen zeitgleich

eine begleitende Belastungsinkontinenz operativ versorgt wurde. Insgesamt lag bei 83,3% der

jüngeren Patientinnen, die aufgrund eines Descensus operiert wurden, eine Senkung im vorderen

Kompartiment vor; bei den älteren bei 85,6%. Auch im mittleren Kompartiment mit 79,7% und 78,8%

sowie im hinteren mit 56,8% und 57,6% sind die prozentualen Anteile derer, die eine Senkung

hatten, ähnlich in den beiden Altersgruppen.

Statistisch signifikant unterschied sich die jüngere von der älteren Gruppe im Schweregrad des

Descensus im vorderen und mittleren Kompartiment. Die Senkung im vorderen Kompartiment

entsprach bei 15,6% der jüngeren und 28,8% der älteren Frauen einem Grad 4 nach Baden Walker

(p=0,033). Im mittleren Kompartiment wiesen 5,7% der jüngeren und 23,7% der älteren einen Grad 4

auf (p<0,001). Im hinteren Kompartiment ergab sich hinsichtlich des Schweregrades kein statistisch

signifikanter Unterschied zwischen den Altersgruppen.

POP-Q

Der POP-Q-Stage konnte bei einem Teil der Patientinnen zusätzlich zur Gradeiteilung nach Baden

Walker erfasst werden. Da der POP-Q Stage nicht die 3 Kompartimente getrennt widerspiegelt,

sondern den Schweregrad des jeweils führenden Descensus abbildet, sind die Stages unter

„Descensus genitalis“ in Tabelle 5 aufgeführt. Die zusätzliche Klassifizierung nach POP-Q lag bei

45,3% der jüngeren Patientinnen (87 von 192) und bei 45,8% (54 von 118) der älteren, die aufgrund

eines Descensus operiert wurden, zur Auswertung vor.

Als statistisch signifikant hob sich im Vergleich der einzelnen Stages zwischen den Altersgruppen

Stage II hervor. Dieser lag bei 34,5% der jüngeren Patientinnen und 13,0% der älteren vor (p=0,033).

Für die übrigen Stages zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied. Auch nach POP-Q wiesen

weniger jüngere Frauen (5,7%) einen maximalen Deszensus im POP-Q Stage IV gegenüber älteren

Frauen (18,5%) auf. Insgesamt hatten die wenigsten Patientinnen zum Zeitpunkt der Operation einen

Stage I (1,1% der jüngeren, 1,9% der älteren). Sowohl die Frauen der jüngeren als auch die der

älteren Gruppe befanden sich größtenteils im Stage III nach POP-Q (58,6% und 64,8%).

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4.4. Angewandte Operationsverfahren

Tabelle 6 stellt die durchgeführten Operationsverfahren in den beiden Altersgruppen dar. Die

verschiedenen übergeordneten Kategorien der Operationen wurden auf statistische Unterschiede

zwischen jüngeren und älteren Frauen getestet. Die Subgruppen der Operationsverfahren sind nur

deskriptiv aufgeführt und wurden nicht statistisch getestet.

Inkontinenz-Operationen

Statistisch signifikant unterschieden sich die Altersgruppen im Anteil der Frauen, die eine reine

Inkontinenzoperation hatten. Unter den jüngeren Patientinnen waren dies 30,9%, unter den älteren

8,5% (p<0,001). Häufigstes Verfahren war in beiden Gruppen die Einlage eines TVT zur Behandlung

der Belastungsinkontinenz (76,7% und 90,9%). Am zweithäufigsten wurde bei den unter 70-Jährigen

das transobturatorische TVT eingelegt (10,5%), welches bei keiner der älteren Frauen zur Anwendung

kam.

Tabelle 5 Präoperativer Befund des Descensus

Patientengruppen „Descensus- OP“ sowie „gleichzeitige Descensus- und Inkontinenz- OP“

Baden Walker POP-Q Stage

*n+ 1 2 3 4 I II III IV

VorderKompartiment

Vorderes Kompartiment Alter <70

<70 *192+ 32 (16,7) 59 (30,7) 39 (20,3) 30 (15,6)

Alter ≥70 ≥70

*118+ 12 (10,2) 26 (22,0) 29 (24,6) 34 (28,8)

Adjustierter p-Wert

0, 264 ᶜ 0, 264 ᶜ 0, 638 ᶜ 0,033 ᶜ

Mittleres Kompartiment Alter <70

<70 *192+ 35 (18,2) 63 (32,8) 44 (22,9) 11 (5,7)

Alter ≥70 *118+ 12 (10,2) 28 (23,7) 25 (21,2) 28 (23,7) Adjustierter

p-Wert 0, 230 ᶜ 0, 256 ᶜ 0, 959 ᶜ <0,001 ᶜ

Hinteres Kompartiment Alter <70 *192+ 52 (27,1) 34 (17,7) 16 (8,3) 7 (3,6) Alter ≥70 *118+ 29 (24,6) 20 (16,9) 10 (8,5) 9 (7,6)

Adjustierter p-Wert

0, 920 ᶜ 1 ᶜ 1 ᶜ 0, 328 ᶜ

Descensus genitalis

Alter <70 *87+ 1 (1,1) 30 (34,5) 51 (58,6) 5 (5,7)

5 (5,7)

Alter ≥70 *54+ 1 (1,9) 7 (13,0) 35 (64,8) 10 (18,5)

10 (18,5)

Adjustierter p-Wert

1 ᶠ 0, 033 ᶜ 0, 703 ᶜ 0, 095 ᶜ

[n]= Bezugsdatenzahl; Angaben in n= Anzahl und (%).

Statistische Testverfahren: ᶜ = Chi- Quadrat; ᶠ = Exakter Test nach Fisher; p-Werte adjustiert mittels „fdr“.

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36

Bei 8,1% in der jüngeren Gruppe wurde eine laparoskopische Kolposuspension nach Burch

durchgeführt. Dieses Verfahren hatte keine der älteren Frauen. Bei 4,7% der jüngeren erfolgte die

Versorgung mit einem adjustierbaren TVT. Dieses kam bei 9,1% in der älteren Gruppe zum Einsatz.

Descensus-Operationen

Jüngere und ältere Frauen unterschieden sich statistisch signifikant im Anteil derer, die eine reine

Descensus-Operation hatten. In der jüngeren Gruppe waren dies 60,1%, in der älteren 85,3%

(p<0,001).

Innerhalb der Descensus-Operationen wurde weiter unterschieden zwischen solchen Operationen,

bei denen ein vaginales Netzinterponat eingebracht wurde, der laparoskopischen Sakropexie mit

Netz sowie Operationsverfahren mittels Eigengewebe. Statistisch signifikante Unterschiede zeigten

sich in der Subgruppe der vaginalen Netze und in der der laparoskopischen Sakropexie.

Vaginale Netze

Weniger jüngere Frauen bekamen eine vaginale Netzeinlage als ältere (19,8% vs 42,7%; p<0,001).

Am häufigsten kam in beiden Altersgruppeneine eine vaginale Netzeinlage zur Defektbehebung im

vorderen Kompartiment zur Anwendung (51,5% und 48,9%). Das totale Netz hatte einen Anteil von

30,3% bei jüngeren und 40,4% bei älteren Patientinnen an den gesamten vaginalen Netzeinlagen.

Den geringsten Anteil hatten in beiden Altersgruppen die hinteren Netze mit 18,2% und 10,6%.

Laparoskopische Sakropexie

Die laparoskopische Sakropexie wurde signifikant häufiger unter den jüngeren Patinnen durchgeführt

als unter den älteren (40,1% vs 24,5%; p=0,016).

Die häufigste Form der durchgeführten Sakropexien war die Cervicosakropexie.

Diese kam bei 64,2% der jüngeren Patientinnen sowie 48,1% der älteren zur Anwendung. Die

Kolposakropexie wurde in 23,9% und 40,7% der Sakropexien durchgeführt. Eine Hysterosakropexie

erhielten 11,9 % der jüngeren und 11,1 % der älteren.

Operation mittels Eigengewebe

Kein statistisch signifikanter Unterschied bestand zwischen jüngeren und älteren Frauen im Anteil

derer, bei denen eine Operation mittels Eigengewebe stattfand. Ein solches Verfahren wurde bei

40,1% der jüngeren und 32,7% der älteren Frauen durchgeführt (p= 0,354). Die Verteilung der

einzelnen Verfahren kann Tabelle 6 entnommen werden.

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37

Zeitgleiche Descensus-und Inkontinenz-Operationen

Es zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Altersgruppen im Anteil der

Frauen, bei denen zeitgleich eine Descensus-und eine Inkontinenzoperation durchgeführt wurde.

Dies waren 9,0% der <70-Jährigen und 6,2% der ≥70-Jährigen (p=0,509). Am häufigsten wurde in

beiden Altersgruppen (36% und 62,5%) die Kolporaphie, entweder vordere, hintere oder beide mit

einer Form des suburethralen Bandes kombiniert. In der jüngeren Gruppe wurde in 28% der Fälle ein

Lateral Repair und die Kolposuspension in Kombination gewählt. Diese Kombination fand unter den

älteren Patientinnen nicht statt.

Die einzeitige Durchführung einer laparoskopischen Sakropexie und der Kolposuspension nach Burch

kam bei 16% der jüngeren und 37,5% der älteren Frauen zur Anwendung. In der jüngeren Gruppe

fanden weiterhin die Kombination aus sakrouteriner Fixation des mittleren Kompartimentes nach

Mc Call und einer Kolposuspension nach Burch (12%), die sakrouterine Fixation nach Mc Call und

zeitgleiche Anlage eines TVTs (4%), die vaginale Einlage eines hinteren Netzes und zugleich eines

TVTs (4%) statt. Keiner dieser 3 letztgenannten Kombinationen wurde unter den älteren Patientinnen

durchgeführt.

Begleitende Eingriffe

Als begleitende Eingriffe wurden jegliche zusätzlichen Eingriffe zur Haupt-Operation aufgeführt.

Darunter fielen solche wie die Salpingektomie, die Adnexektomie, die vaginale Hysterektomie sowie

die Kolporaphie, insofern diese nicht als hauptsächliches Verfahren zur Behebung des Descensus

durchgeführt wurde. Weiterhin wurden zusammengefasst als „sonstige“ die Adhäsiolyse, eine

Teilresektion alten Netz-/Bandmaterials, die Tubensterilisation, die Ovarialzystenexstirpation oder

etwa die Exzision von erkranktem Gewebe erhoben.

Es zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen jüngeren und älteren Patientinnen in

der relativen Häufigkeit begleitender Eingriffe. Solche fanden bei 50,4% der jüngeren und 46,5% der

älteren Gruppe statt (p=0,523). Eine Kolporaphie als Begleitoperation hatten 15,1% der jüngeren und

13,2% der älteren Frauen. 15,1% der jüngeren und 5,4% der älteren hatten einen sonstigen

begleitenden Eingriff. Bei 14,7% der Frauen in der jüngeren Gruppe und 20,9% der Frauen in der

älteren wurde eine vaginale Hysterektomie begleitend durchgeführt. Bei 2,29% der jüngeren und

5,4% der älteren Patientinnen wurde eine Adnexektomie vorgenommen. Weitere 2,29% der jüngeren

und keine der älteren Frauen hatten eine Salpingektomie als Begleitoperation.

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38

Tabelle 6 Angewandte Operationsverfahren

Altersgruppe <70 ≥70 Adjustierter *n+ 278 129 p-Wert

Inkontinenz- Operationen *n+ 86 (30,9)* 11 (8,5)* < 0, 001 ᶜ

TVT 66 (76,7) 10 (90,9) TVT-O 9 (10,5) 0 (0,0)

TVT adjustierbar 4 (4,7) 1 (9,1) LSK Kolposuspension n. Burch 7 (8,1) 0 (0,0)

Descensus- Operationen *n+ 167 (60,1)* 110 (85,3)* < 0, 001 ᶜ

Vaginale Netze *n+ 33 (19,8)** 47 (42,7)** < 0, 001 ᶜ

Davon: Vorderes Netz 17 (51,5) 23(48,9) Hinteres Netz 6 (18,2) 5 (10,6)

Totales Netz 10 (30,3) 19 (40,4)

Laparoskopische Sakropexie *n+ 67 (40,1)** 27 (24,5)** 0, 016 ᶜ

Davon: LSK Kolposakropexie 16 (23,9) 11 (40,7) LSK Cervicosakropexie 43 (64,2) 13 (48,1) LSK Hysterosakropexie 8 (11,9) 3 (11,1)

Operation mittels Eigengewebe *n+ 67 (40,1)** 36 (32,7)** 0, 354 ᶜ

Davon: Anteriore Kolporaphie 12 (17,9) 8 (22,2) Posteriore Kolporaphie 8 (11,9) 3 (8,3) Anteriore + posteriore

Kolporaphie 11 (16,4) 7 (19,4)

Sakrospinale Fixation nach Amreich-Richter

1 (1,5) 0 (0,0)

Amreich-Richter + Kolporaphie 13 (19,4) 13 (36,1) Sakrouterine Fixation nach

Mc Call 7 (10,4) 2 (5,6)

Mc Call + Kolporaphie 15 (22,4) 3 (8,3)

[n]= Anzahl; Angaben in n= Anzahl und (%); Prozentangaben beziehen sich auf die jeweils nächst übergeordnete Kategorie;

* Prozentzahl bezieht sich auf gesamte Altersgruppe; ** Prozentzahl bezieht sich auf Descensusoperationen;

TVT= Tension free vaginal tape; TVT-O= transobturatorisches TVT; LSK= laparoskopisch; n. = nach; Kolp.= Kolporaphie

Statistische Testverfahren: ᶜ = Chi- Quadrat; p-Werte adjustiert mittels „fdr“.

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39

4.5. Intraoperative Daten

Operationsdauer

In Tabelle 8 wird die Dauer der Operationen zwischen den Altersgruppen verglichen.

Es zeigt sich kein statistisch signifikanter Unterschied. Die durchschnittliche Operationsdauer aller

Operationen zusammengefasst betrug bei den jüngeren Patientinnen 91,06 ± 65,57 Minuten und bei

den älteren 96,64 ± 64,35 Minuten (p=0,643). Einzeln nach Operationsgruppen betrachtet, lag die

durchschnittlichen Zeit für eine Descensus-Operationen bei den jüngeren Frauen bei 109,32 ± 59,75

Minuten, bei den älteren bei 101,24 ± 60,93 Minuten (p=0,643). Die durchschnittliche Dauer von

Inkontinenz-Operationen lag bei 39,84 ± 35,09 Minuten in der jüngeren und 33,09 ± 21,05 Minuten

in der älteren Patientengruppe (p=0,643). Für eine einzeitige Descensus-und Inkontinenz-Operation

wurden im Median 140 Minuten [67,50-219,50 Minuten] bei jüngeren und 60,50 Minuten [40,75–

233,75 Minuten] bei älteren Patientinnen benötigt (p=0,643). Aufgrund von schiefer Verteilung sind

die Daten der zeitgleichen Descensus-und Inkontinenz-Operation als Median und Interquartilsrange

angegeben.

Tabelle 7 Angewandte Operationsverfahren

Altersgruppe <70 ≥70 Adjustierter *n+ 278 129 p-Wert

Zeitgleiche Descensus -und Inkontinenz- Operationen *n+ 25 (9,0)* 8 (6,2)* 0, 509 ᶜ

LSK Hysterosakropexie + Burch 1 (4,0) 1 (12,5) LSK Cervicosakropexie+ Burch 1 (4,0) 0 (0,0)

LSK Kolposakropexie + Burch 2 (8,0) 2 (25,0) Vordere Kolporaphie+ TVT 1 (4,0) 2 (25,0)

Vordere Kolporaphie + TVT-O 2 (8,0) 1 (12,5) Hintere Kolporaphie + TVT 2 (8,0) 2 (25,0)

Hintere Kolporaphie+ TVT-O 2 (8,0) 0 (0,0) Vordere+ hintere Kolp. + TVT 2 (8,0) 0 (0,0)

LSK Mc Call + Burch 2 (8,0) 0 (0,0) Mc Call vaginal + LSK Burch 1 (4,0) 0 (0,0)

LSK Mc Call + TVT 1 (4,0) 0 (0,0) LSK Lateral Repair + Burch 7 (28,0) 0 (0,0)

Hinteres Netz + TVT 1 (4,0) 0 (0,0)

Begleitende Eingriffe *n+ 140 (50,4)* 60 (46,5)* 0, 523 ᶜ

[n]= Anzahl; Angaben in n= Anzahl und (%); Prozentangaben beziehen sich auf die jeweils nächst übergeordnete Kategorie;

* Prozentzahl bezieht sich auf gesamte Altersgruppe; TVT= Tension free vaginal tape; TVT-O= transobturatorisches TVT;

LSK= laparoskopisch; n. = nach; Kolp.= Kolporaphie

Statistische Testverfahren: ᶜ = Chi- Quadrat; p-Werte adjustiert mittels „fdr“.

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40

Adhäsionen

Bei laparoskopischen Eingriffen wurde das Vorliegen von Adhäsionen erfasst. Es zeigte sich kein

statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Altersgruppen. Bei 53,8% der jüngeren und

64,5% der älteren Patientinnen wurden Adhäsionen vorgefunden (p=0,643). Die Prozentzahlen

beziehen sich auf 106 Patientinnen <70 Jahren und 31 Patientinnen ≥70 Jahren, die einen

laparoskopischen Eingriff hatten.

Intraoperative Komplikationen

Im Auftreten intraoperativer Komplikationen bestand kein statistisch signifikanter Unterschied

zwischen jüngeren und älteren Frauen. Bei 2,5% der Frauen in der jüngeren und bei 2,3% der Frauen

in der älteren Gruppe kam es zu solchen Komplikationen (p=1). Häufigste intraoperative

Komplikation war bei beiden Altersgruppen die Blasenläsion. Vier von den jüngeren und zwei von

den älteren Frauen waren davon betroffen. Weitere sporadische Komplikationen waren in der

jüngeren Gruppe eine Rektumläsion, ein intraoperativ aufgetretenes Emphysem sowie eine

erschwerte Beatmungssituation, die erhöhte Beatmungsdrücke erforderte. Unter den älteren Frauen

kam es in einem Fall zur Perforation des Fundus uteri durch den Manipulator.

Tabelle 8 Intraoperative Daten

Altersgruppe <70 ≥70 Adjustierter *n+ *n+ p-Wert

OP-Dauer (min)

Alle OP -Gruppen 91,06 ± 65,57 *278+

*278+ 96,64 ± 64,35 *129+

*129+ 0, 643 ᵗ

Descensus-OP 109,32 ± 59,75 *167+

*167+ 101,24 ± 60,93 *110+

*110+ 0, 643 ᵗ

Inkontinenz-OP 39,84 ± 35,09 *86+

*86+ 33,09 ± 21,05 *11+

*11+ 0, 634 ᵗ

Descensus- u. Inkontinenz- OP 140 *67,50-219,50+ *25+ 60,50 *40,75–233,75+ *8+ 0, 643 ᵐ

Adhäsionen 57 (53,8) *106+

*106+ 20 (64,5) *31+ 0, 643 ᶜ

Intraoperative Komplikationen 7 (2,5) *278+ 3 (2,3) *129+ 1 ᶠ

Blasenläsion 4 (57,1) *7+ 2 (66,7) *3+

Rektumläsion 1 (14,3) *7+ 0 (0,0) *3+

Uterusläsion 0 (0,0) *7+ 1 (33,3) *3+

Emphysem 1 (14,3) *7+ 0 (0,0) *3+

Erhöhte Beatmungsdrücke 1 (14,3) *7+ 0 (0,0) *3+

min= Minuten

*n+= Anzahl Bezugsdaten; Angaben in Mittelwert ± Standardabweichung, Median und *IQR+ oder n= Anzahl und (%).

„Adhäsionen“ nur bei laparoskopischen Eingriffen erhoben.

Statistische Testverfahren: ᵗ = t-Test; ᵐ = Mann-Whitney-U; ᶜ = Chi-Quadrat; p-Werte adjustiert mittels „fdr“.

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41

4.6. Allgemeine postoperative Daten

Hb-Abfall

Dieser gibt die Differenz zwischen präoperativem Hb-Wert und dem frühestem postoperativem

Laborwert wieder. Es bestand zwischen den beiden Altersgruppen kein statistisch signifikanter

Unterschied im Hb-Abfall. Er betrug in der jüngeren Gruppe 1,13 ± 0,77 g/dl und in der älteren 1,24 ±

0,89 g/dl (p=0,343).

Stationärer Aufenthalt

Zur Dauer des stationären Aufenthaltes zählten wir den ersten postoperativen Tag bis einschließlich

den Entlassungstag. Darin unterschieden sich die beiden Altersgruppen statistisch signifikant. Der

Median lag in der Gruppe der jüngeren Patientinnen bei 5 Tagen *3,50-7,00 Tage+ und bei der älteren

Gruppe bei 6 Tagen *2,25-8,75 Tage+ (p<0,001). Die Daten sind nicht normalverteilt. In der älteren

Gruppe ist die stationäre Verweildauer schräg nach rechts zu längeren Aufenthalten hin verteilt; auch

liegen die Ausreißerwerte tendenziell höher als bei der jüngeren Gruppe.

Graphik zu Tabelle 9: Dauer des stationären Aufenthaltes

Tabelle 9 Allgemeine postoperative Daten

Altersgruppe <70 ≥70 Adjustierter *n+ *n+ p-Wert

Hb-Abfall (g/dl) 1,13 ± 0,77 *247+ 1,24 ±0,89 *125+ 0,343 ᵗ

Stationärer Aufenthalt (d) 5 *3,50-7,00+ *278+

6 *2,25-8,75+

*129+

<0, 001 ᵐ

Hb= Hämoglobin (Gramm/Deziliter); d= Tage. [n]= Anzahl Bezugsdaten; Angaben in Mittelwert ± Standardabweichung oder Median und [IQR]. Statistische Testverfahren: ᵗ = t-Test; ᵐ = Mann-Whitney-U; p-Werte adjustiert mittels „fdr“.

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42

4.7. Operatives Outcome

Tabelle 10 gibt die Erfolgsquoten der Operationen im Vergleich für die beiden Altersgruppen wieder.

Es werden sowohl Primäroperationen als auch Rezidiv-Operationen aufgelistet.

Inkontinenz

Als Erfolg der Inkontinenz-Operationen definierten wir in unserer Studie ein vollständiges Sistieren

der Belastungsinkontinenz postoperativ. Es zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied in

Bezug auf den Operationserfolg zwischen den Altersgruppen. Insgesamt war bei 92,8% der unter 70-

Jährigen und 84,2% der älteren Frauen die Belastungsinkontinenz postoperativ behoben (p=0,261).

Abhängig davon, ob eine alleinige Operation zur Behandlung der Belastungsinkontinenz stattfand

oder ein einzeitig kombiniertes Verfahren bei einer gleichfalls behandlungsbedürftigen

Beckenbodensenkung, waren Unterschiede im postoperativen Erfolg zu erkennen. Die alleinige

Inkontinenz-Operation hatte Erfolgsquoten von 92,2% unter den jüngeren Frauen und 100% unter

den älteren (p=1); bei zeitgleicher Inkontinenz-und Descensus-Operation lagen die Erfolgsquoten bei

88% bei und 62,5% (p=0,204).

Descensus

Wir definierten den postoperativen Erfolg der Descensus-Operation als POP-Q-Stage ≤ I. Die

postoperative Erfassung des POP-Q-Stages war in 77 Fällen der jüngeren Patientengruppe und 46

der älteren den digitalen Akten zu entnehmen. Es zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied

zwischen Jüngeren und Älteren im Operationserfolg nach Descensus-Operation. In unserer

Studienpopulation lag die Erfolgsquote insgesamt unter den jüngeren Frauen bei 93,5% und unter

den älteren bei 84,4% (p=0,204). In der jüngeren Gruppe lag die Erfolgsquote der reinen Descensus-

OP bei 93,8%, in der älteren bei 84,1% (p=0,204). Im Gegensatz zum Ergebnis der Inkontinenz-

Operation, welches sich im einzeitigen Vorgehen zusammen mit einer Descensus-Operation

tendenziell verschlechterte, zeigte sich dies für die Behebung des Descensus nicht. Im kombinierten

Verfahren wurde bei 92,3% der jüngeren und 100% der älteren Patientinnen ein Erfolg erzielt (p=1).

Blasenfunktion nach Descensus-Operation

Von Interesse in Hinblick auf die Ergebnisse der Operationen war auch, wie sich die Blasenfunktion

der Patientinnen nach alleiniger Descensus-Operation verhielt. Dafür wurden die Daten aller

Patientinnen analysiert, die eine reine Descensus-Operation hatten. Dies waren 167 der Patientinnen

<70 Jahren und 110 ≥70 Jahren. Vor Durchführung der Descensus-OP bestand zusätzlich zur

Beckenbodensenkung bei 27,5% der jüngeren und 27,3% der älteren Patientinnen in dieser Gruppe

eine Belastungsinkontinenz. Die Entwicklung der Blasenfunktion nach einer Descensus-Operation

unterschied sich statistisch signifikant zwischen den Altersgruppen. In der jüngeren Gruppe war in

80,4% die vorbestehende Belastungsinkontinenz nach der anatomischen Korrektur des Descensus

mit behoben. In der älteren Gruppe war dies bei 50% der Fall (p=0,030).

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Bei 19,6% der jüngeren Frauen und 50% der älteren Frauen bestand die Belastungsinkontinenz nach

Descensus-Operation weiter (p=0,030). Nach Descensus-Operation neu aufgetreten war eine

Belastungsinkontinenz bei 7,4% der jüngeren und 20% der älteren Frauen (p=0,030).

Bei differenzierter Indikationsstellung zur Behandlung der Beschwerdebilder einer Beckenboden-

senkung, einer Belastungsinkontinenz oder beidem zugleich wurden bei Älteren wie Jüngeren, was

die statistischen Tests zeigen, vergleichbar gute Ergebnisse erzielt.

Eine vorbestehende Belastungsinkontinenz sistierte in der jüngeren Gruppe signifikant häufiger nach

alleiniger Behandlung des Senkungszustandes als in der älteren. Eine larvierte oder de novo

Belastungsinkontinenz trat unter jüngeren Patientinnen signifikant seltener auf als unter älteren.

Tabelle 10 Operatives Outcome

Altersgruppe <70 ≥70 Adjustierter

*n+ *n+ p- Wert

Erfolgsquote Inkontinenz-Operationenˣ Belastungsinkontinenz

103 (92,8) *111+ 16 (84,2) *19+ 0, 261 ᶠ

Reine Inkontinenz-OP 81 (94,2) *86+ 11 (100) *11+ 1 ᶠ Zeitgleich Inkontinenz-u. Descensus- OP 22 (88,0) *25+ 5 (62,5) *8+ 0, 204 ᶠ

Erfolgsquote Descensus-Operationenˣˣ 72 (93,5) *77+ 39 (84,8) *46+ 0, 204 ᶜ

Reine Descensus- OP 60 (93,8) *64+ 37 (84,1) *44+ 0, 204 ᶠ Zeitgleich Descensus- u. Inkontinenz- OP 12 (92,3) *13+ 2 (100) *2+ 1 ᶠ

Entwicklung der Belastungs-Inkontinenz nach alleiniger nach

nach reiner Descensus-OP *167+ *110+

Vorbestehende Belastungs- IK behoben 37 (80,4) *46+ 15 (50) *30+ 0, 030 ᶜ Vorbestehende Belastungs- IK persistiert 9 (19,6) *46+ 15 (50) *30+ 0, 030 ᶜ

Larvierte /de novo Belastungsinkontinenz 9 (7,4) *121+ 16 (20) *80+ 0, 030 ᶜ

[n]= Anzahl Bezugsdaten; Angaben in n= Anzahl und (%).

ˣ Erfolg Inkontinenz- Operation = Behebung der Belastungsinkontinenz; ˣˣ Erfolg Descensus –Operation = POP-Q post-OP ≤ 1.

Statistische Testverfahren: ᶜ = Chi- Quadrat; ᶠ = Exakter Test nach Fisher; p-Werte adjustiert mittels „fdr“.

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44

4.8. Postoperative Komplikationen nach Clavien Dindo

Das Hauptaugenmerk im Vergleich der Altersgruppen in Bezug auf das Outcome nach den erfolgten

urogynäkologischen Operationen richtete sich in unserer Studie auf das Auftreten von perioperativen

Komplikationen. Die postoperativen Komplikationen wurden in der standardisierten Einteilung nach

Clavien Dindo (Tabelle 2) erfasst. In unserer Studie haben wir Komplikationen Grad I und II nach

Clavien Dindo als leichte Komplikationen zusammengefasst, Grad IIIa und IIIb als schwere. Statistisch

auf Unterschiede zwischen den Altersgruppen getestet wurden Grad I bis IIIb einzeln sowie die

Kategorien der leichten und schweren Komplikationen. Die Prozentangaben beziehen sich auf die

Gesamtgruppengröße von 278 (<70 Jahre) und 129 (≥70 Jahre) Patientinnen. Als frühe

Komplikationen haben wir solche definiert, die sich postoperativ bis einschließlich dem 3. Tag nach

Entlassung ereigneten. Komplikationen, die vom 4. Tag bis einschließlich zum 30. Tag nach

Entlassung auftraten, bezeichneten wir als späte Komplikationen.

4.8.1. Frühe postoperative Komplikationen

Leichte Komplikationen

Unter den frühen postoperativen Komplikationen ergaben sich in der Auswertung zwei statistisch

signifikante Werte. Komplikationen Grad II nach Clavien Dindo traten bei 12,2% der jüngeren und bei

36,4% der älteren Frauen auf (p<0,001). Leichte Komplikationen (Grad I und II) hatten insgesamt

21,9% der Frauen <70 Jahren und 48,8% der Frauen ≥70 Jahren (p<0,001).

Im Auftreten von Komplikationen Grad I bestand kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen

den Altersgruppen. Diese kamen bei 9,7% der jüngeren und 12,4% der älteren Gruppe vor (p=0,796).

Schwere Komplikationen

Für die als schwer bezeichneten frühen Komplikationen Grad IIIa und IIIb konnte kein statistisch

signifikanter Unterschied im Auftreten zwischen jüngeren und älteren Patientinnen gezeigt werden.

Komplikationen Grad IIIa nach Clavien Dindo traten bei 2,5 % der <70-Jährigen und bei 3,9% der ≥70-

Jährigen auf (p=0,796). Für Grad IIIb ergaben sich bis 3 Tage nach Entlassung eine Häufigkeit von

2,5% bei den Jüngeren und 1,6% bei Älteren (p=0,967). Schwere Komplikationen (Grad IIIa und IIIb)

insgesamt traten bei 5,0% der jüngeren und 5,4% der älteren Patientinnen auf (p=1).

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45

4.8.2. Späte postoperative Komplikationen

Im Gegensatz zu den frühen postoperativen Komplikationen zeigten sich unter den späten

postoperativen Komplikationen keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den beiden

Altersgruppen. Zwischen dem 4. und 30. Tag nach Entlassung hatten 1,1% der jüngeren Frauen und

0,8% der älteren Patientinnen eine Komplikation Grad I (p=1). Am häufigsten unter den späten

postoperativen Komplikationen war in beiden Altersgruppen Grad II vertreten. Davon betroffen

waren 4,3% der jüngeren und 9,3 % der älteren Frauen (p=0,272). In der Summe der leichten

Komplikationen ergab sich unter den jüngeren Frauen eine Anteil von 5,4%, unter den älteren ein

Anteil von 10,1% (p=0,281). Komplikationen Grad IIIa hatten 1,4% der jüngeren und 0,0% der älteren

Frauen (p=0,749). Komplikationen Grad IIIb traten bei 1,1% der jüngeren und 0,8% der älteren auf

(p=1). Späte schwere postoperative Komplikationen (Grad IIIa und IIIb) hatten in der Summe 2,5%

der <70-Jährigen sowie 0,8% der ≥70-Jährigen (p=0,796).

Die Daten zeigen, dass jüngere Patientinnen signifikant weniger frühe leichte Komplikationen

gegenüber den älteren Patientinnen hatten. Bezüglich schwerer Komplikationen, die einen

Folgeeingriff entweder unter Lokalanästhesie (IIIa) oder unter Allgemeinnarkose (IIIb) erforderlich

machten, bestand weder im frühen noch im späten Zeitintervall ein statistisch signifikanter

Unterschied zwischen den Altersgruppen.

Graphiken zu Tabelle 11: Komplikationen nach Clavien Dindo

Späte Komplikationen

Keine I II IIIa IIIb

Komplikation

Keine I II IIIa IIIb

Komplikation

Clavien-Dindo-Score Clavien-Dindo-Score

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Häufige Komplikationen

Frühe postoperative Komplikationen

Häufigste einzelne Komplikation Grad I stellte ein gesteigerter Schmerzmittelbedarf dar. Dies betraf

14 der jüngeren und 3 der älteren Frauen. An zweiter Stelle steht eine verlängerte Verweildauer des

Blasenkatheters bei 3 der jüngeren und 4 der älteren Patientinnen. Unter den Komplikationen Grad II

ist die Antibiose mit je 21 Fällen in beiden Altersgruppen insgesamt am häufigsten. Davon waren 11

in der jüngeren und 6 in der älteren Gruppe zur Behandlung eines Harnwegsinfektes eingesetzt

worden. Unter Grad II hebt sich allerdings auch die Gabe von Antihypertensiva hervor. Bei 6 der

jüngeren Frauen und 21 der älteren war diese erforderlich. Ebenfalls zu Komplikationen Grad II

zählend, mussten 6 Frauen der jüngeren und 5 Frauen der älteren Gruppe mit einem Cholinergikum

behandelt werden.

Späte postoperative Komplikationen

Komplikationen zwischen dem 4.und 30. Tag nach Entlassung waren insgesamt seltener als im frühen

Zeitintervall. Komplikationen Grad I traten als sporadische Einzelfälle auf. Häufigste späte

Komplikation war eine Antibiose, die Grad II entspricht. Sie betraf 8 der jüngeren und 9 der älteren

Frauen, darunter 7 der jüngeren und 7 der älteren wegen eines Harnwegsinfektes. Zweithäufigste

späte Komplikation war die TVT-Korrektur, die unter Grad IIIa nach Clavien Dindo fällt. Sie musste

bei 3 der jüngeren und keiner der älteren Patientinnen durchgeführt werden. Die gesamte Auflistung

der Komplikationen kann Tabelle 12 entnommen werden.

Tabelle 11 Komplikationen nach Clavien Dindo

Leichte Komplikationen Schwere Komplikationen Grad I II (I+II) IIIa IIIb (IIIa + IIIb )

Früh

Alter <70 27 (9,7) 34 (12,2) 61 (21,9) 7 (2,5) 7 (2,5) 14 (5,0) Alter ≥70 16 (12,4) 47 (36,4) 63 (48,8) 5 (3,9) 2 (1,6) 7 (5,4)

Adjustierter p-Wert

0, 796 ᶜ <0, 001 ᶜ <0, 001 ᶜ 0, 796 ᶠ 0, 967 ᶠ 1 ᶜ

Spät

Alter <70 3 (1,1) 12 (4,3) 15 (5,4) 4 (1,4) 3 (1,1) 7 (2,5) Alter ≥70 1 (0,8) 12 (9,3) 13 (10,1) 0 (0,0) 1 (0,8) 1 (0,8)

Adjustierter p-Wert

1 ᶠ 0, 272 ᶜ 0, 281 ᶜ 0, 749 ᶠ 1 ᶠ 0, 796 ᶠ

Früh: postoperativ bis 72 Stunden nach Entlassung; Spät: 4. Tag bis einschließlich 30. Tag nach Entlassung.

Angaben in n= Anzahl und (%).

Statistische Testverfahren: ᶜ = Chi- Quadrat; ᶠ = Exakter Test nach Fisher; p-Werte adjustiert mittels „fdr“.

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Weiterbehandlung von Komplikationen

Insgesamt wurde zusätzlich bei 12 Patientinnen der jüngeren und 8 Patientinnen der älteren Gruppe

das Suffix „d“ zusätzlich zum Schweregrad der frühen Komplikation dokumentiert. Dieses zeigt an,

dass die jeweilige Patientin noch zum Zeitpunkt ihrer Entlassung unter Auswirkungen der

Komplikation litt und eine weitergehende Nachkontrolle und Beurteilung erforderlich war. Späte

Komplikationen nach unserem Studienprotokoll setzen voraus, dass sie erst nach Entlassung in

Erscheinung getreten waren und mit einer Wiedervorstellung der Patientin einhergehen mussten,

um erfasst zu werden. Daher wurde hier kein Zusatz erhoben.

Bei den Komplikationen, die eine weitere Nachbetreuung erforderlich machten, handelte es sich bei

9 der jüngeren um eine weiterhin erforderliche Einnahme der Antibiose nach Entlassung; selbiges

traf für 5 der älteren Frauen zu. Eine Wundheilungsstörung machte bei einer Patientin aus der

Gruppe der ≥70-Jährigen eine weitere lokale antiseptische Versorgung zusätzlich zur antibiotischen

Therapie erforderlich. 2 der jüngeren und 3 der älteren Frauen wurde die Einnahme von Ubretid,

einem Cholinergikum bei postoperativer Detrusorschwäche zur weiteren Einnahme verordnet. Eine

der älteren Frauen wurde zudem aufgrund der Blasenentleerungsstörungen vorübergehend mit

Dauerkatheter entlassen. Eine der jüngeren musste einige Tage über die Entlassung hinaus eine

Soorkolpitis lokal mit einem Fungizid behandeln.

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4.8.3. Erforderliche Interventionen nach Schweregrad

Tabelle 12 Auflistung der Komplikationen nach Altersgruppe, Schweregrad und Zeitpunkt

Komplikationen nach Clavien Dindo bis 72 h nach Entlassung Grad Alter <70 Alter ≥70

I Vermehrter Schmerzmittelbedarf: 14

Längere Verweildauer Blasenkatheter: 3

Volumensubstitution: 2

Tamponade bei verstärkter vaginaler Nachblutung: 1

Verlängerter Aufenthalt für Blasentraining: 1

Antiemetikum: 1

Schocklagerung bei Kreislaufinstabilität:1

Kühlen nach nächtlichem Sturz: 1

Überwachung auf IOI wegen Emphysem: 1

Diuretikum: 1

Lokale Behandlung bei Exanthem: 1

Vermehrter Schmerzmittelbedarf: 3

Längere Verweildauer Blasenkatheter: 4

Volumensubstitution: 1

Tamponade bei verstärkter vaginaler Nachblutung: 2

Verlängerter Aufenthalt für Blasentraining: 2

Antiemetikum: 1

Elektrolytsubstitution:1

Neurologisches Konsil bei Parästhesien: 1

Diuretikum: 1

Dekubitusversorgung: 1

II Antibiose: 21

Antihypertensiva: 6

Sympathomimetika: 2

Cholinergikum: 6

Betablocker: 1

Antipyretikum: 1

Glucocorticoid: 1

Fungizid: 1

Antibiose: 21

Antihypertensiva: 21

Parasympatholytikum: 1

Cholinergikum: 5

Neuroleptikum: 1

Antiseptische Wundbehandlung: 1

III a TVT- Korrektur in Lokalanästhesie: 6

Hämatomrevision: 1

TVT- Korrektur in Lokalanästhesie: 3

Hämatomrevision: 1

Sekundärnaht nach Kolporaphie: 1

III b Revision einer Kolporaphie: 4

Re-Laparoskopie: Lösen von Burch-Fäden: 1

Re-Laparoskopie: Lockerung Sakropexienetz: 1

Revision übernähte Darmläsion: 1

Anlage Sigmoidstoma bei rectovaginaler Fistel: 1

Exzision von Vaginalspangen: 1

Komplikationen nach Clavien Dindo 4 – 30 Tage nach Entlassung

I Vermehrter Schmerzmittelbedarf: 1

Wundspülung: 1

Verlaufskontrollen bei erhöhten Restharnwerten: 1

Verlaufskontrollen bei Nahtruptur: 1

II Antibiose: 8

Cholinergikum: 1

Laxantien: 1

Injektion von Lokalanästhetikum und Glucocorticoid: 2

Antibiose: 9

Cholinergikum: 1

Spasmolytikum: 1

Lactobac: 1

III a Spaltung Labienabszess: 1

TVT- Korrektur: 3

III b Hämatomrevision in ITN: 1

Laparoskopische Ureterolyse: 1

Laparoskopisches Lösen von Burch-Fäden: 1

Hämatomrevision in ITN:1

IOI= Interdisziplinäre operative Intensivstation; TVT= Tension free vaginal tape; ITN= Intubationsnarkose

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Tabelle 12 gibt die verschiedenen durchgeführten Interventionen, zugeordnet zur Altersgruppe, dem

Schweregrad sowie zum frühen oder späten Zeitintervall, wieder. Abweichende Zahlen von denen

der Patientinnen mit bestimmten Komplikationsformen (Tabelle 11) kamen zustande, wenn bei der

gleichen Patientin mehr als eine Intervention ergriffen werden mussten. Insofern diese in

unterschiedliche Schweregrade einzustufen waren, wurde für die statistische Auswertung jeweils der

höhere Schweregrad herangezogen. Komplikationen Grad I und II nach Clavien Dindo konnten

konservativ behandelt werden. Zu den häufigsten Interventionen zählten hier die vermehrte Gabe

von Schmerzmittel (Grad I) bei insgesamt 17 Patientinnen im frühen und einer im späten Zeitraum

sowie eine Antibiose (Grad II) bei 42 Patientinnen im frühen und 17 im späten Zeitraum. Grad IIIa und

IIIb umfassen Komplikationen, die eine operative Intervention erforderlich machten. Hierunter

wurde am häufigsten eine TVT-Korrektur (IIIa), in 9 Fällen im frühen Intervall und in 3 im späten,

erforderlich. Unter den schwersten Komplikationen, die innerhalb unseres Studienkollektives

aufgetreten waren, welche einer operativen Intervention unter Allgemeinanästhesie bedurften (IIIb),

war die häufigste die Revision einer Kolporaphie.

4.8.4. Verteilung der Komplikationen unter den Operationsgruppen

Tabelle 13 stellt die aufgetretenen Komplikationen nach Clavien Dindo in ihrer Häufigkeit innerhalb

der drei Operationsgruppen dar. Zwischen den Operationsgruppen zeigten sich statistisch

signifikante Unterschiede hinsichtlich der Verteilung der Komplikationen.

Frühe postoperative Komplikationen

Zwischen den Operationsgruppen lag ein statistisch signifikanter Unterschied im Auftreten von

Komplikationen Grad II vor. Bei zeitgleicher Descensus- und Inkontinenz-OP traten Komplikationen

Grad II in 27,3% der Fälle auf, nach alleiniger Descensus-OP waren 22,7% der Patientinnen hiervon

betroffen und nach reiner Inkontinenz-Operation 9,3% (p=0,027). Ebenso zeigte sich ein statistisch

signifikanter Unterschied im Auftreten der Summe leichter Komplikationen (Grad I und II). Eine

solche Komplikation trat nach 42,4% der zeitgleichen Descensus- und Inkontinenz-Operationen, nach

33,9% der Descensus-Operationen und 16,5% der Inkontinenz-Operationen auf (p= 0,019). Unter den

schweren Komplikationen stellte sich ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den

Operationsgruppen im Auftreten von Komplikationen Grad IIIa dar. 9,1% der Patientinnen, die eine

zeitgleiche Descensus-und Inkontinenz-Operation, 6,2 % der Patientinnen, die eine Inkontinenz-

Operation und 1,1% der Patientinnen, die eine Descensus-Operation hatten, waren davon betroffen

(p=0,019).

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Späte postoperative Komplikationen

Unter den späten postoperativen Komplikationen zeigten sich 2 statistisch signifikante Unterschiede

zwischen den Operationsgruppen. Komplikationen Grad IIIa traten im späten Intervall bei 0% nach

zeitgleicher Descensus- und Inkontinenz-Operation, bei 0% nach einer Descensus-Operation und

4,1% nach einer Inkontinenz-Operation auf (p=0,027). Statistisch signifikant unterschieden sich die

Operationsgruppen auch im Auftreten der Summe schwerer später postoperativer Komplikationen

(Grad IIIa und IIIb). Zu schweren Komplikationen kam es bei 6,1% der Frauen nach zeitgleicher

Descensus- und Inkontinenz-Operation, bei 4,1% nach Inkontinenz-Operation und 0,7% nach

Descensus-Operation (p= 0,030).

Intraoperative Komplikationen

Das Auftreten intraoperativer Komplikationen unterschied sich nicht statistisch signifikant zwischen

den Operationsgruppen.

Tabelle 13 Verteilung der Komplikationen nach Clavien Dindo unter den Operations-Gruppen

Descensus-OP Inkontinenz-OP Descensus + IK-OP Adjustierter *n+=277 *n+=97 *n+=33 p-Wert

Komplikationen- früh Grad I 31 (11,2) 7 (7,2) 5 (15,2) 0, 475 ᶠ

Grad II 63 (22,7) 9 (9,3) 9 (27,3) 0, 027 ᶜ

Leichte (Grad I+II) 94 (33,9) 16 (16,5) 14 (42,4) 0, 019 ᶜ

Grad IIIa 3 (1,1) 6 (6,2) 3 (9,1) 0, 019 ᶠ

Grad IIIb 8 (2,9) 0 (0,0) 1 (3,0) 0, 291 ᶠ

Schwere (Grad IIIa + IIIb) 11 (4,0) 6 (6,2) 4 (12,1) 0, 194 ᶠ

Komplikationen- spät

Grad I 4 (1,4) 0 (0,0) 0 (0,0) 0, 756 ᶠ

Grad II 13 (4,7) 8 (8,2) 3 (9,1) 0, 373 ᶠ

Leichte (Grad I+II) 17 (6,1) 8 (8,2) 3 (9,1) 0, 694 ᶠ

Grad IIIa 0 (0,0) 4 (4,1) 0 (0,0) 0, 027 ᶠ

Grad IIIb 2 (0,7) 0 (0,0) 2 (6,1) 0, 091 ᶠ

Schwere ( Grad IIIa + IIIb) 2 (0,7) 4 (4,1) 2 (6,1) 0, 030 ᶠ

Intraoperative Komplikationen 8 (2,9) 2 (2,1) 0 (0,0) 1 ᶠ

IK= Inkontinenz; Früh: postoperativ bis 72 Stunden nach Entlassung; Spät: 4. Tag bis einschließlich 30. Tag nach Entlassung . [n]= Bezugsdatenzahl; Angaben in n= Anzahl und(%). Statistische Testverfahren: ᶜ = Chi- Quadrat; ᶠ = Exakter Test nach Fisher; p-Werte adjustiert mittels „fdr“.

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4.9. Logistische Regression

Um Zusammenhänge zwischen allgemeinen Patienten-Charakteristika und dem Auftreten von

postoperativen Komplikationen zu eruieren, erfolgte zunächst die univariable logistische Regression

mit den möglichen Prädiktoren „Altersgruppe“, „BMI“, „Multipara“, sowie „ASA-Gruppe“

(Tabelle 14). Prädiktoren, die nach Adjustierung für das multiple Testen statistisch signifikant

(p<0,05) blieben, wurden anschließend in einem multivariablen Modell analysiert. Dies waren 3

Prädiktoren: Die Zugehörigkeit zur älteren Patientengruppe (≥70 Jahren), 3 oder mehr Kinder

geboren zu haben sowie unter Allgemeinerkrankungen, die Einschränkungen bedingen zu leiden

(ASA III+ ASA IV). Nach Adjustierung für multiples Testen verblieben im multivariablen Modell ein

höheres Alter (p<0,001) und Multipara (p=0,035) als signifikante Prädiktoren für ein erhöhtes Risiko

einer frühen Komplikation bestehen. Patientinnen, die 70 Jahre oder älter waren, hatten im Vergleich

zur jüngeren Gruppe eine Odds Ratio von 2,95 eine frühe Komplikation zu entwickeln (95% KI: 1,893

– 4,607). Einen etwas geringeren Einfluss zeigte die Mehrgeburtlichkeit (≥3 Kinder) mit einer Odds

Ratio von 1,746 (95% KI: 1, 102 – 2,769).

Dem Ergebnis der logistischen Regression für leichte frühe Komplikation zufolge erhöhte sich die

Wahrscheinlichkeit eine solche zu entwickeln am stärksten unter den von uns untersuchten

Prädiktoren mit höherem Alter (≥ 70). Die Odds Ratio für eine leichte frühe Komplikation betrug für

ältere Frauen 2, 86 gegenüber den jüngeren Frauen (95% KI: 1,757 – 4,661; p<0,001). Weiterhin

blieb auch für die leichten frühen Komplikationen allein betrachtet die höhere Anzahl von ≥3

Geburten als Risikofaktor mit einer Odds Ration von 1,765 (95% KI: 1,082 – 2,880) bestehen

(p=0,046). Bei keinem der Prädiktoren konnte ein statistisch signifikanter Einfluss auf das Auftreten

schwerer früher, jeglicher Art später oder intraoperativen Komplikationen gezeigt werden.

Multipara sind, wie Tabelle 3 zeigt, statistisch signifikant prozentual häufiger (p=0,029) in der Gruppe

der älteren Patientinnen innerhalb unserer Studienpopulation vertreten. Diese Tatsache legt nahe,

dass der Einfluss der Mehrgeburtlichkeit mit dem Einfluss des Alters auf die Komplikationsrate

korreliert. Für die beiden Prädiktoren Altersgruppe und Multipara ging aus der Regressionsanalyse

lediglich eine Erhöhung des Risikos für das generelle Auftreten früher Komplikationen und für das

Auftreten leichter früher Komplikationen hervor. Das Ergebnis deckt sich diesbezüglich mit dem

Vergleich der Altersgruppen hinsichtlich der Komplikationen (Tabelle 11).

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Tabelle 14 Komplikationen- Ergebnisse der logistischen Regression

Adjustierter

p-Wert univariabel

Adjustierter p-Wert

multivariabel

OR:

95% KI:

Postoperative Komplikationen

Auftreten früher Komplikationen

Altersgruppe¹ <0, 001 <0, 001 2,953 1, 893 – 4, 607 BMI 0, 543 1, 014 0, 970 – 1, 060

Multipara² 0, 005 0, 035 1, 746 1, 102 – 2, 769 ASA-Gruppe³ 0, 002 0, 140ˣ 1, 560 0, 912 – 2, 669

Komplikationsschwere früh: leicht

Altersgruppe¹ <0, 001 <0, 001 2, 862 1, 757 – 4, 661 BMI 0, 388 1, 021 0, 974 – 1, 070

Multipara² 0, 005 0, 046 1, 765 1, 082 – 2, 880 ASA-Gruppe³ <0, 001 0, 064ˣ 1, 748 1, 004 – 3, 043

Komplikationsschwere früh: schwer

Altersgruppe¹ 0, 627 1, 720 0, 664 – 4, 459 BMI 0, 782 0, 971 0, 873 – 1, 079

Multipara² 0, 627 1, 631 0, 630 – 4, 224 ASA-Gruppe³ 0, 935 0, 949 0, 267 – 3, 374

Auftreten später Komplikationen

Altersgruppe¹ 0, 666 1, 417 0, 700 – 2, 868

BMI 0, 674 1, 025 0, 953 – 1, 103

Multipara² 0, 799 0, 902 0, 407 – 1, 996

ASA-Gruppe³ 0, 666 0, 476 0, 163 – 1,386

Komplikationsschwere spät: leicht

Altersgruppe¹ 0, 385 1, 929 0, 889 – 4, 186

BMI 0, 784 1, 023 0, 942 – 1, 112

Multipara² 0, 086 0, 923 0, 377 – 2,260

ASA-Gruppe³ 0, 784 0, 634 0, 214 – 1, 882

Komplikationsschwere spät: schwer

Altersgruppe¹ 0, 997 0, 318 0, 039 – 2, 615

BMI 0, 997 1, 033 0, 891 – 1, 198

Multipara² 0, 997 0, 835 0, 166 – 4, 203

ASA-Gruppe³ 0, 997 0, 000 0, 000-

Intraoperative Komplikationen

Altersgruppe¹ 0, 907 0, 922 0, 234 – 3, 624 BMI 0, 752 0, 957 0, 823 – 1, 112

Multipara² 0, 752 1, 709 0, 473 – 6, 173 ASA-Gruppe³ 0, 490 2, 762 0, 761 – 10, 027

OR= Odds Ratio; KI=Konfidenzintervall ; BMI= Body Mass Index

Odds Ratio für die jeweilige Komplikation gegenüber keiner Komplikation. Früh: Postoperativ bis 72 h nach Entlassung;

spät: 4. – 30. Tag nach Entlassung. Leichte Komplikationen entsprechen Grad I+II nach Clavien Dindo Klassifikation,

schwere Grad IIIa+ IIIb. ASA- Gruppierung fasst jeweils ASA-Status 1+2 und 3+4 zusammen.

¹ = Bezugsgruppe : Altersgruppe <70 ; ² = Bezugsgruppe: <3 Geburten; ³= Bezugsgruppe: ASA 1+2.

P-Werte adjustiert mittels „fdr“. ˣ= nach Adjustierung nicht mehr signifikant.

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5. Diskussion

5.1. Kritische Betrachtung der eigenen Studie

Studienpopulation

Bei den durchgeführten urogynäkologischen Eingriffen handelt es sich um elektive Operationen.

Schwerstkranke Menschen werden oft nicht zwecks Behandlung in die urogynäkologische Sprech-

stunde überwiesen. Unsere Ergebnisse bezüglich der Sicherheit in der Anwendung der Verfahren

treffen daher keine Aussage, die Anspruch auf Gültigkeit für die Allgemeinbevölkerung erhebt.

Vielmehr ist beabsichtigt zu zeigen, dass, insofern in Bezug auf den Allgemeinzustand Operabilität

besteht, Patientinnen nicht aufgrund des höheren Alters alleine von den Operationen ausgeschlossen

werden sollten und ihnen so zu besserer Lebensqualität verholfen werden kann.

Geht man davon aus, dass schwerer erkrankte Patienten eher konservativen Behandlungsmethoden

zugeführt werden und somit ein gesünderes Kollektiv operiert würde, steht dem gegenüber, dass

unsere Studie an einem Universitätsklinikum durchgeführt wurde, wobei zu erwarten ist, dass

kritische Fälle in besonderem Maße in einem solchen Zentrum zu finden sind.

Zu den Stärken der Studie zählt die Zahl von 407 Patientinnen; 278 <70 Jahren und 129 ≥70 Jahren.

Damit liegt auch der Anteil der älterer Frauen (31,7%) im Vergleich zu anderen Studien, die den

Altersvergleich mit gleicher Altersgrenze einbeziehen (Richter et al.2007: 21%, Sung et al. 2006:

20,6%, Sze et al. 2012: 18,8%, Pugsley et al. 2005:10,6%) verhältnismäßig hoch, was die Aussagekraft

über deren Outcome stärkt.

Operationsverfahren

Patientinnen wurden nicht randomisiert Operationsmethoden zugewiesen, sondern die Wahl des

operativen Verfahrens erfolgte basierend auf einem therapeutischen Flowchart, in dem das Alter

auch eine Rolle spielt.

Aus diesem Grund untersucht die Studie nur die Unterschiede der perioperativen Morbidität und des

Outcomes hinsichtlich des Alters. Auf eine Unabhängigkeit vom Operationsverfahren kann nicht

geschlossen werden.

Die Studie erfolgte an einem laparoskopischen und urogynäkologischen Zentrum. Hier werden die

aktuellsten Verfahren operativer Therapie angeboten und offene abdominelle Eingriffe

weitestgehend vermieden. Die Laparokonversionsrate für die laparoskopische Sakropexie betrug in

unserer Studie null. Somit können diese Daten nicht direkt mit Studien verglichen werden, in denen

offene abdominelle Eingriffe durchgeführt worden sind.

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Vorteil dieser Studie ist, dass sie sich nicht auf ein Verfahren oder eine Indikation begrenzt ist,

sondern alle urogynäkologischen Eingriffe, die im Zeitraum 06.2012-12.2014 durchgeführt wurden,

einschließt. Damit ist ein weites Spektrum an Verfahren in die Auswertung bezüglich des Outcomes

aufgenommen worden.

Während des untersuchten Zeitraumes waren verschiedene Operateure in den Behandlungsprozess

eingebunden, was eine Verzerrung gegenüber einem Operateur limitieren kann.

Allgemeine Postoperative Daten

Die Tage des stationären Aufenthaltes wurden ab dem 1. postoperativen Tag erfasst, so dass eine

etwaige frühere Aufnahme vor dem Eingriff keine Verzerrung hinsichtlich der Auswirkung der

Operation auf die Aufenthaltsdauer ergab.

Blutverluste in den Altersgruppen wurden anhand des Hb-Abfalls zwischen präoperativen Hb-Wert

und dem ersten postoperativen semiquantitativ verglichen. Rückschlüsse auf absolute Blutverluste

können nicht gezogen werden. Beabsichtigt ist nur der Vergleich zwischen den Altersgruppen.

Postoperative Ergebnisse

Aufgrund des retrospektiven Charakters waren nicht alle Informationen für alle Patientinnen

darstellbar. Der präoperative Befund aller Patientinnen, die eine Descenus-OP erhielten, wurde nach

modifizierter Einteilung nach Baden-Walker erfasst. Zusätzlich war bei 45,3% in der jüngeren Gruppe

und 45,8% in der älteren präoperativ der Descensus nach POP-Q erhoben worden. Diese zusätzliche

Erhebung war untersucher-und nicht patientenabhängig. Den postoperativen Erfolg, welchen wir als

POP-Q ≤ I definierten, konnte daher nur innerhalb dieser kleineren Gruppe ermittelt werden.

Eine Verzerrung zwischen den Altersgruppen hinsichtlich der Darstellung des Operationserfolges

dadurch, dass hier nicht alle Patientinnen erfasst wurden, ist nicht gänzlich auszuschließen. Jedoch

konnte in einem ähnlichen prozentualen Anteil in beiden Altersgruppen der Operationserfolg nach

POP-Q ermittelt werden. Daher gehen wir davon aus, dass das Ergebnis auch in der kleineren

Untergruppe repräsentativ für die gesamte Gruppe ist.

Vorteil der Erhebung des POP-Q und dieser Definition des Erfolges der Descensus-OP ist, dass der

POP-Q-Stage ein quantifizierbares, reproduzierbares Ergebnis ist, das weitestgehend Untersucher

unabhängig durchführbar ist (Persu et al.2011, Weidner et al.1997).

Als Erfolg der Inkontinenz-Operation wurde gewertet, wenn die Patientin angab, vollständig

kontinent zu sein. Somit stellt dieser Punkt kein objektives Ergebnis dar. Falls jedoch partielle oder

gar ausbleibende Besserung berichtet wurden, konnte dies mittels Husten-oder Padstest quantifiziert

werden.

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Postoperative Komplikationen

Komplikationen konnten nur erfasst werden, sofern sie aus den Akten ersichtlich waren. Da kein

koordiniertes Follow-Up stattfand, sind Komplikationen, die möglicherweise andernorts behandelt

wurden, nicht berücksichtigt worden.

Die Klassifizierung der postoperativen Komplikationen nach Clavien Dindo orientiert sich an den

Interventionen, die aufgrund einer Komplikation ergriffen werden (Tabelle 2). Jegliche Abweichung

vom postoperativen Verlauf sowie bestimmte medikamentöse Substanzgruppen, die dem Patienten

postoperativ verabreicht werden, zählen hierbei zu Grad I. Medikamentengaben über diese

definierten Gruppen hinaus, sowie parenterale Ernährung und Bluttransfusionen werden Grad II

zugerechnet. Grad I und II erachteten wir in unserer Auswertung als Komplikationen der leichteren

Art, da sie eine konservative Behandlung, im Sinne von nicht operativem Eingriff erforderlich

machen. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass sofern hierbei keine besonderen

Zwischenfälle auftraten, die Belastung für den Patienten als geringer einzustufen war als bei den

schweren Komplikationsgraden IIIa und IIIb, welche einen operativen Folgeeingriff entweder unter

Lokalanästhesie (IIIa) oder Allgemeinanästhesie (IIIb) nach sich zogen. Komplikationen der Grade IV

bis V, die lebensbedrohliche Komplikationen bis hin zum Tod des Patienten abbilden, traten in

unserer Studienpopulation nicht auf.

Die Verwendung der Klassifikation von Komplikationen nach Clavien Dindo bedarf keiner eigenen

Interpretation des Reviewers und ist auch für weniger erfahrene Mediziner leicht anwendbar (Dindo

et al.2004). Lediglich für Grad I bedarf es der individuellen Festlegung durch die Institution, wie das

normale postoperative Protokoll, welches sich je nach Fachrichtung, Eingriff und Zentrum

unterscheiden kann, aussieht, so dass Abweichungen hiervon als solche erfasst werden können.

Daher kann es hier in Abhängigkeit von institutionellen Standards zu unterschiedlichen Bewertungen

kommen. Alle weiteren Grade sind nach Clavien Dindo klar definiert und ermöglichen den objektiven

Vergleich. Für die retrospektive Studie zeigt sich der Vorteil, dass die Bewertung der Komplikationen

anhand standardisierter Dokumente wie Kurvenverlauf und Medikation nachträglich vorgenommen

werden kann. Vor allem lässt die Einteilung mittels einfach zu erfassender Kriterien, wie sie nach

Clavien Dindo vorgesehen sind, wenig interpersonelle Unterschiede in der Bewertung zu. Dies trifft

aus oben genanntem Grund besonders für Komplikationen ab Grad II zu. Zu bedenken gilt es

allerdings, dass eine gewisse Abhängigkeit zu institutionellen Standards dennoch besteht. Zwar ist die

Zuordnung zum Komplikationsgrad definiert, nicht aber das regelhafte postoperative Prozedere.

So wird in unserem Zentrum standardmäßig ein U-Stix nach Entfernung des Dauerkatheters

durchgeführt, wodurch auch asymptomatische Harnwegsinfekte entdeckt, behandelt und

Komplikationen Grad II zugerechnet werden. Daraus resultiert zwangsläufig eine höhere Zahl an

Komplikationen als wenn nur symptomatische Harnwegsinfekte einer Therapie zugeführt würden.

Page 60: Der Einfluss des Alters auf perioperative Morbidität und ... · 2 Ergebnisse Der anatomischen Operationserfolg, welchen wir als POP-Q-Stage ≤ I nach Descensus-OP definierten, zeigte

56

Da die Bewertung einer Komplikation nach Clavien Dindo aus dem objektiven Kriterium der

Gegenmaßnahme hervorgeht, werden interpersonelle Abweichungen und subjektive Beurteilung

minimiert. Eine übereinstimmende Beurteilung kann auch durch unterschiedliche Ärzte zustande

kommen. Dass die Einteilung einfach, verständlich und reproduzierbar ist und auch von

Berufsanfängern durchgeführt werden kann, zeigten Clavien et al. mithilfe eines Fragebogens, indem

sie 14 Fälle beschrieben. Dieser wurde an 144 Operateure in 10 Zentren weltweit versendet. Neben

der Aufgabe, die Fälle nach Komplikationsschwere zu bewerten, wurde eine Befragung zur Akzeptanz

und Anwendung der Klassifikation durchgeführt. Im Durchschnitt waren 90% der Fälle richtig

bewertet worden. Die Klassifikation stieß auf positive Resonanz. Die Fragen bezüglich einzelnen

Kriterien wurde in hohem Maße bejaht ; die Klassifikation sei einfach (92%), reproduzierbar (91%),

logisch (92%), hilfreich (90%) und verständlich (89%) (Dindo et al.2004).

Wenn wir alle diese Aspekte berücksichtigen, sind wir der Ansicht, dass diese Studie trotz des

retrospektiven Charakters gerade mit ihrem hohen Anteil ≥ 70-jähriger Patientinnen und objektiven

Methoden der Bewertung einen Beitrag dazu leistet zu zeigen, dass schwerwiegende Komplikationen

nach urogynäkologischen Operationen bei älteren Patientinnen nicht häufiger zu erwarten sind als

bei jüngeren und diesen Frauen zu mehr Lebensqualität verholfen werden kann.

Page 61: Der Einfluss des Alters auf perioperative Morbidität und ... · 2 Ergebnisse Der anatomischen Operationserfolg, welchen wir als POP-Q-Stage ≤ I nach Descensus-OP definierten, zeigte

57

5.2. Studienergebnisse im Kontext der Vergleichsliteratur

5.2.1. Präoperative Daten des Studienkollektivs

Altersgrenzen und -verteilung

Die Altersgrenze zur Unterteilung in eine jüngere und eine ältere Patientengruppe wählten wir bei 70

Jahren. Das mittlere Alter in der jüngeren Gruppe unserer Studie betrug 55,6 ± 8,9 Jahre, das in der

älteren Gruppe 75,4 ± 4 Jahre. Die Wahl der Altersgrenze variiert innerhalb der Studien, die den

Zusammenhang zwischen Alter und perioperativer Morbidität untersuchen. Unsere Wahl, die

Altersgrenze bei 70 Jahren zu ziehen, orientiert sich an der Definition des geriatrischen Patienten

(Borchelt et al. 2004) mit dem Ziel, im Gruppenvergleich der Multimorbidität älterer Patienten

Rechnung zu tragen. Richter et al. (2007) wählten die gleiche Altersgrenze wie wir. Das

durchschnittliche Alter in der Gruppe <70 Jahren betrug 57,9 ± 8,5 Jahre, das der Gruppe ≥ 70 Jahren

74,5 ± 3,1 Jahre. Auch Pugsley et al. (2005) legten die Altersgrenze bei 70 Jahren fest. Sze et al.

(2012) unterteilten die Frauen in ihrer retrospektiven Studie in 3 Gruppen; „prämenopausale“ und

„frühe postmenopausale“ Patientinnen, die zusammen die Gruppe <70 Jahren bilden und ≥70

Jährige, als „spät postmenopausal“ bezeichnet. Das durchschnittliche Alter betrug in den einzelnen

Gruppen 42,7 ±7 Jahre (prämenopausal), 57,6 ± 6 Jahre (früh postmenopausal) und 75,2 ± 5 Jahre

(spät postmenopausal). Oh et al. (2015) legten ihre Altersgrenze bei 65 Jahren fest. Das mediane

Alter der Jüngeren lag bei 56 (31-64), das der Älteren bei 70 (65-82) Jahren. Turner et al. (2014)

wählten ebenfalls 65 Jahre als Altersgrenze. Daraus ergab sich ein mittleres Alter von 54,7± 7,1

(72,2%) und 68,5 ± 3,0 Jahren (27,8 %) in ihren Studiengruppen. Auch Bretschneider et al. (2015)

zogen die Altersgrenze bei 65, was eine prozentuale Verteilung von 59,1 % jüngerer zu 40,9% älterer

Patientinnen ergab. Dies scheint zunächst ein vergleichsweise sehr hoher Anteil älterer Frauen

bezogen auf die gesamte Studienpopulation. Eine Zurechnung zur Gruppe der Älteren ab einem Alter

von 65 Jahren ergäbe in unserer Studie eine Verteilung von 59,2% der Patientinnen in der jüngeren

Gruppe und 40,8% in der älteren. Somit haben wir einen vergleichbar hohen Anteil älterer Frauen in

der Studie erfasst, bei entsprechender Wahl der Altersgrenze. Sung et al. (2006) teilten in 4 Gruppen

auf, <60; 60-69,70-79, ≥80. Die höchste Grenze zwischen zwei Altersgruppen zogen Tan et al. (2014)

mit 75 Jahren.

Das mittlere Alter der Jüngeren (80%) betrug 58,82 ± 9,09, das der Älteren (20%) 77,67 ± 3,01 Jahre.

Einige der gesichteten Studien zum Thema der perioperativen Morbidität nach urogynäkologischen

Operationen im hohen Alter schlossen keine jüngere Vergleichsgruppe mit ein. Stepp et al. (2005)

zogen zur Bewertung allein die 267 Datensätze von Frauen ≥75 Jahre zur Bewertung der

Komplikationen heran, die innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraumes operiert worden waren, ohne den

Vergleich zu den ≤ 75-Jährigen zu ziehen. Das mittlere Alter lag bei 79 ± 3,4 Jahren.

Page 62: Der Einfluss des Alters auf perioperative Morbidität und ... · 2 Ergebnisse Der anatomischen Operationserfolg, welchen wir als POP-Q-Stage ≤ I nach Descensus-OP definierten, zeigte

58

Zur Sicherheit der Beckenbodenchirurgie werteten Mohammed et al. (2013) Operationen von 32

Frauen ≥75 Jahren, mittleres Alter 82,8 ± 3,1 Jahre in einer prospektiven Studie aus. Greer et al.

(2013) untersuchten eine Gruppe von 266 Patientinnen ≥60 Jahren, mit der Absicht, den Einfluss der

präoperativen Komorbidität auf die postoperative Morbidität zu eruieren. Das mittlere Alter derer,

die einen ASA-Status III hatten, war 72,7 ± 7,3 Jahre, das derer ohne relevante gesundheitlicher

Beeinträchtigung (ASA I +II) 68,3 ± 6,5 Jahre. Somit wird indirekt der Zusammenhang zwischen

zunehmendem Alter und postoperativer Morbidität untersucht, da sich die ASA-Gruppen hinsichtlich

des durchschnittlichen Alters unterschieden.

Die Festlegung der Altersgrenzen ist als problematisch zu sehen, wenn man Studien vergleichen

möchte, die den Einfluss des Alters auf perioperative Komplikationen und das Outcome von

Patienten untersuchen. Durch eine unterschiedliche Altersgrenze, werden in den verschiedenen

Studien Patientengruppen abgebildet, die sich in ihrer Altersverteilung stark unterscheiden können.

Solche Studien, die keine jüngere Vergleichsgruppe haben, lassen nicht direkt einen Rückschluss auf

den Einfluss des Alters auf perioperative Komplikationen und Outcome zu. Sie bilden nur die Verläufe

einer Gruppe höheren Alters ab. Die einer jüngeren Vergleichsgruppe unter gleichen Bedingungen

sind unklar. Dennoch lässt sich aus solchen Studien eine Tendenz in der Durchführbarkeit

urogynäkologischer Operationen unter älteren Frauen erkennen, weshalb sie mit in diese Diskussion

einflossen.

Präoperative Komorbiditäten der Patientinnen

Wir fanden, dass deutlich mehr der älteren Patientinnen als ASA III eingestuft waren als jüngere

(37,5% vs 11,5%; p<0,001). Unter den Patienten von Oh et al. (2015) waren insgesamt wenige, die

einen ASA-Status III hatten, unter den ≥65 Jährigen dennoch mit 5,1% zu 0,7% unter den jüngeren

deutlich gehäuft. Die Studie von Greer et al. (2013) verdeutlicht, wie die Vorbelastungen, die

Patienten mitbringen, mit dem Alter zunehmen, was auch die Erhebung von Sung et al. (2006) zeigt.

Sze et al. (2012) erhoben die Vorerkrankungen der Frauen anhand einer Liste, die nach

Organsystemen gegliedert war. Sie kamen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass mehr Frauen ≥70 Jahren

mindestens eine Begleiterkrankungen aufwiesen (p<0,001). Tan et al. (2014) zeigten, dass signifikant

mehr Frauen ≥75 Jahren präoperativ kardiovaskuläre Erkrankungen und Bluthochdruck hatten. Die

Auswertungen von Bretschneider et al. (2015) ergaben, dass der Charlson Comorbidity Index in der

älteren Gruppe höher lag, was ebenso auf vermehrte Begleiterkrankungen unter älteren

Patientinnen hinweist.

Gynäkologische Anamnese

In unserer Studienpopulation hatten ältere Frauen eine höhere Anzahl an Geburten gehabt (p=0,032)

und befanden sich häufiger im Zustand nach Hysterektomie (p=0,002). Gleiches zeigten auch andere

Studien (Tan et al. 2014 (Geburtenzahl), Oh et al. 2015, Turner et al. 2014).

Page 63: Der Einfluss des Alters auf perioperative Morbidität und ... · 2 Ergebnisse Der anatomischen Operationserfolg, welchen wir als POP-Q-Stage ≤ I nach Descensus-OP definierten, zeigte

59

Der Descensus war präoperativ bei den älteren Patientinnen unserer Studienpopulation

durchschnittlich schwerer ausgeprägt als bei den jüngeren. Signifikant mehr ältere Frauen wiesen

einen Grad 4 nach Baden Walker im vorderen (p=0,033) und mittleren Kompartiment (p<0,001) auf

als jüngere. Turner et al. (2014) fanden einen statistisch signifikanten Unterschied im Schweregrad

des Senkungszustandes, gemessen nach POP-Q, wobei ältere Frauen wesentlich häufiger als jüngere

unter einem Grad III oder IV litten (p=0,01). Auch in der Studie von Bretschneider et al. (2015)

zeichnet sich diese Tendenz zu schwereren Descensus- Stadien nach POP-Q in höherem Alter ab.

Hier lag ein Stage IV bei 10,7% der Älteren und nur 3,9% der Jüngeren vor. Dagegen hatten nur

24,9% der Älteren gegenüber 49,3% der Jüngeren präoperativ einen geringeren Descenus

entsprechend einem Pop-Q Stage II.

Zusammenfassender Vergleich

Unabhängig davon, ob nun die Altersgrenze bei 60 (Greer et al. 2013), 65 (Turner et al. 2014,Oh et al.

2015, Bretschneider et al. 2015), 70 (Sze et al. 2012, Richter et al. 2007) oder 75 (Tan et al. 2014,

Mohammed et al. 2013) gezogen wurde, waren in den Gruppen der Älteren mehr Vorerkrankungen

vorhanden (Sze et al., Sung et al., Greer et al., Richter et al., Tan et al., Bretschneider et al.) und diese

Frauen von höhergradigen präoperativen Befunden des Descensus betroffen (Turner et al.,

Mohammed et al., Richter et al., Bretschneider et al.), was sich mit unseren Ergebnissen deckt.

Operationsverfahren

Große Unterschiede zwischen den Studien bestehen darin, welchen Verfahren die Patientinnen

zugeführt wurden bzw. welche Verfahren untersucht wurden.

Bretschneider et al. (2015), Sze et al. (2012) und Sung et al. (2006) beziehen ebenso wie wir alle

urogynäkologischen Verfahren in ihre Ausarbeitung ein, die im Studienzeitraum durchgeführt

wurden.

Bei Sze et al. waren vaginale (p<0,001) und obliterative (p<0,001) Verfahren für statistisch signifikant

mehr der älteren Frauen gewählt worden, abdominale Eingriffe dagegen für mehr der jüngeren

(p<0,001).

In unserer Studie waren vaginale Eingriffe ohne Netz in beiden Altersgruppen in ihrer prozentualen

Häufigkeit ohne signifikanten Unterschied (p=0,354). Dagegen hatten signifikant mehr der älteren

Patientinnen eine Einlage eines vaginalen Netzes gegenüber jüngeren (p<0,001) und mehr der

jüngeren eine laparoskopischen Sakropexie gegenüber den älteren (p=0,016). Zur alleinigen

Behandlung einer Belastungsinkontinenz bekamen alle Frauen ≥ 70 Jahren in unserer Studiengruppe

ein TVT, bei denen <70 war in 7 Fällen die laparoskopische Kolposuspension nach Burch Therapie der

Wahl.

Page 64: Der Einfluss des Alters auf perioperative Morbidität und ... · 2 Ergebnisse Der anatomischen Operationserfolg, welchen wir als POP-Q-Stage ≤ I nach Descensus-OP definierten, zeigte

60

In der Studie von Bretschneider et al. fällt auf, dass die offene Kolposakropexie mit 11,5% zu 3%

häufiger bei älteren als bei jüngeren Patientinnen durchgeführt wurde ebenso wie die Kolpokleisis

(3,2% vs 0,3%).

Drei der gesichteten Studien bezogen sich lediglich auf die Kolposakropexie als Operationsverfahren,

darunter eine auf laparoskopische (Turner et al. 2014), zwei auf offene Durchführung (Oh et al.2015,

Richter et al.2007). In letzterer wurde randomisiert bei einem Teil der Patienten zeitgleich eine

Kolposuspension nach Burch vorgenommen. Mohammed et al. (2013) bezogen sich ausschließlich

auf die vaginale Netzeinlage, in 78% der Fälle kombiniert mit einer suburethralen Schlinge. In der

Studie von Tan et al. (2014) wurde als Verfahren die sakrospinale Fixation mit Einlage eines vorderen

Netzes betrachtet. Pugsley et al. (2005) hatten retrospektiv Erfolgs-und Komplikationsrate nach

Kolposuspension oder TVT zur Behandlung der Inkontinenz auf Unterschiede bei Frauen ≥70 und

denen <70 Jahren untersucht.

Die Operationen, in deren Rahmen Komplikationen erhoben wurden, bilden daher eine sehr

uneinheitliche Grundlage. Es ist nicht eindeutig zu klären, inwiefern sich ein bestimmtes Verfahren

möglicherweise zu Ungunsten einer der Altersgruppen auswirkt.

Somit ist das alleinige Ziel, Unterschiede im Outcome hinsichtlich des Alters zu untersuchen,

unabhängig von der operativen Methode.

5.2.2. Intraoperative Daten

Operationsdauer

Die durchschnittliche Dauer der Eingriffe zeigte zwischen beiden Altersgruppen in unserer Studie

keinen statistisch signifikanten Unterschied (p=0,634). Trotz schwerer Vorbefunde lag die OP-Zeit bei

älteren Frauen im Durchschnitt aller Operationen nicht über der der jüngeren. Nimmt man die Dauer

als einen von vielen belastenden Faktoren einer Operation und als ein Risiko für mögliche

Komplikationen an, so ist dieser für jüngere wie ältere in unserem Kollektiv gleicher Maßen

ausgeprägt. Allerdings ist zu bedenken, dass für jüngere Frauen öfter das laparoskopische Vorgehen

gewählt wurde, das per se mit einer längeren OP-Dauer einhergeht, wohingegen vaginale Eingriffe

bei den älteren Patientinnen unter anderem aufgrund von Vor-Operationen möglicherweise länger

gedauert haben. Aber auch bei Bretschneider et al., in deren Patientenkollektiv mehr ältere Frauen

eine abdominelle Kolposakropexie hatten und prozentual ähnlich viele in beiden Altersgruppen

roboter-assistierte Kolposakropexien, unterschied sich die Operationsdauer nicht signifikant

(p=0,63).

Page 65: Der Einfluss des Alters auf perioperative Morbidität und ... · 2 Ergebnisse Der anatomischen Operationserfolg, welchen wir als POP-Q-Stage ≤ I nach Descensus-OP definierten, zeigte

61

Unabhängig vom Verfahren fanden auch Turner et al. (2014), die nur die laparoskopischen

Kolposakropexien auswerteten, Oh et al. (2015), die sich auf offene Kolposakropexien bezogen und

Tan et al. (2014), die vaginalen Eingriffe in ihrer Studie erhoben, keine signifikanten Unterschied in

der Operationsdauer zwischen den Altersgruppen.

Intraoperative Komplikationen

Komplikationen, die während des Eingriffes auftraten, blieben unter den Patientinnen beider

Altersgruppen in unserer Studie ohne signifikanten Unterschied (p=1). Obgleich erschwerte

Operationsverhältnisse und ein größeres Risiko für intraoperative Komplikationen aufgrund von

Adhäsionen durch vermehrten Vor-OPs, eine höherer Anzahl hysterektomierter Frauen und eine

größere Anzahl derer, die vorausgegangene offene abdominelle Operationen hatten, vermutet

werden können. Dass ältere Frauen nicht häufiger von intraoperativen Komplikationen betroffen

sind, bestätigen weitere Studien (Bretschneider et al., Turner et al., Sze et al., Oh et al., Tan et al.).

5.2.3. Allgemeine postoperative Daten

Hb-Abfall

Der postoperative Hb-Abfall blieb ohne statistisch signifikanten Unterschied zwischen unseren

Studiengruppen (p=0,343). Da der Hb-Wert komplexen Regelmechanismen unterliegt und von vielen

Faktoren einschließlich der Nierenfunktion und dem Wasserhaushalt abhängt, wird der Hb-Abfall hier

lediglich zum Vergleich der beiden Gruppen herangezogen, ohne eine Aussage über den absoluten

Blutverlust treffen zu können. Nach akuten Blutverlusten fällt der Hb-Wert zunächst nicht ab, da

Erythrozyten als Träger des Hämoglobins sowie auch Serum gleichermaßen verloren gehen und die

Angabe des Hb-Wertes in g/dl erfolgt. Da allerdings allen Patientinnen bereits intraoperativ

isotonische Infusionslösungen verabreicht werden und weiterhin das Serum schneller vom Körper

nachgebildet wird als Erythrozyten, ist ein Abfall des Hb-Wertes postoperativ nach Blutverlusten zu

erwarten. Ebenso wird der Hb- Wert in höherem Maße durch Verdünnungseffekte nach

Infusionszufuhr bei Patientinnen abfallen, die zuvor einen niedrigen Wasserhaushalt hatten, was in

der Umkehr zuvor zu Konzentrationseffekten im Blut geführt hat. Auch unterschiedliche

Nierenperfusion und resultierende verschieden starke Ausscheidung wirken sich auf den

postoperativen Hb-Abfall aus. Der Hb-Abfall betrug 1,13 ± 0,77 g/dl in der jüngeren und 1,24 ± 0,89

g/dl in der älteren Gruppe.

Bei einem deutlich höheren Blutverlust in einer der Gruppen wäre nach den vorangegangenen

Überlegungen von einem stärker ausgeprägten Hb- Abfall nach Ausgleich des Flüssigkeitshaushaltes

auszugehen. Auch Tan et al. (2014) zeigten, dass der Hb-Abfall sich nicht statistisch signifikant

zwischen den Altersgruppen unterschied (p=0,631).

Page 66: Der Einfluss des Alters auf perioperative Morbidität und ... · 2 Ergebnisse Der anatomischen Operationserfolg, welchen wir als POP-Q-Stage ≤ I nach Descensus-OP definierten, zeigte

62

Stationärer Aufenthalt

In der Dauer des stationären Aufenthaltes wichen ältere Frauen in unserer Auswertung statistisch

signifikant gegenüber den jüngeren nach oben ab (p<0,001). Hier zeigten Vergleichsstudien

unterschiedliche Ergebnisse. Auch Bretschneider et al. (2015) und Sung et al. (2006), die eine Vielzahl

an urogynäkologischen Prozeduren auswerteten, fanden längere Aufenthalte bei älteren

Patientinnen. Auch nach offener Kolposakropexie (Richter et al. 2007) war dies der Fall. Bei Greer et

al. (2013), die den Zusammenhang zwischen präoperativer Komorbidität und postoperativer

Morbidität untersuchten und einen Zusammenhang zwischen höherem ASA-Status und höherem

Alter fanden, zeigte sich ein signifikant längerer Aufenthalt bei Patientinnen mit ASA III, welche

gleichzeitig die ältere Gruppe bildeten. Dagegen konnte nach minimalinvasiver Kolposakropexie

(Turner et al. 2014) kein signifikanter Unterschied in der stationären Verweildauer zwischen den

Altersgruppen gezeigt werden. Dass ein höherer ASA-Status, welchen wir gehäuft unter den älteren

Patientinnen fanden, ein Prädiktor für längeren Aufenthalt darstellt, zeigte eine weitere Studie von

Greer et al. (2015), in der die Aussagekräftigkeit der präoperativen Komorbidität für das

postoperative Outcome unter ≥60-Jährigen untersucht wurde.

Jedoch muss bedacht werden, dass ein längerer stationärer Aufenthalt gerade bei älteren

multimorbiden Patienten durchaus auch ein Versorgungsproblem im Sinne der Organisation von

Logistik und häuslicher Versorgung widerspiegeln kann und nicht nur eine längere Erholungszeit nach

einer Operation.

5.2.4. Postoperatives Outcome

Inkontinenz

Die Erfolgsquote der durchgeführten Inkontinenz-Operationen insgesamt lag in unseren Gruppen bei

92,8% (<70 Jahre) und 84,2% (≥70 Jahre). Der Unterschied erwies sich als statistisch nicht signifikant

(p=0,261). Dass die Inkontinenz mit vergleichbar guten Ergebnissen unabhängig vom Alter behandelt

werden kann, zeigten auch Pugsley et al. (2005). Weder in der Behandlung mittels Kolposuspension

(81,8 % und 90,4%), noch der mit TVT-Einlage (77,3% und 92,2%) ergaben sich hinsichtlich der

Heilungsrate signifikant schlechtere Ergebnisse unter älteren gegenüber jüngeren Patientinnen. In

der Behandlung mit retropubischem und transobturatorischem TVT konnte kein Unterschied

bezüglich der Versagerquote (p=0,16), entsprechend auch nicht bezüglich der Erfolgsquote, zwischen

unter und ≥70-Jährigen gezeigt werden (Malek et al.2015).

6 Monate postoperativ nach Kolposuspension fanden sich in der Untersuchung von Richter et al.

(2007) wesentlich mehr Frauen ≥70, die über Inkontinenz klagten (p=0,005). Nach 12 Monaten

postoperativ war dies jedoch rückläufig, so dass kein signifikanter Unterschied mehr zwischen den

Altersgruppen bestand.

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63

Eine Besserung im zeitlichen Verlauf zeigten auch El Hamamsy und Fayyad (2015) für die neu

aufgetretene Inkontinenz nach Kolposakropexie über alle Altersgruppen (mittleres Alter 64). Ein Alter

über 66 stellt nach Lo et al. (2015) ein 2,86-fach erhöhtes Risiko gegenüber Jüngeren dar, eine de

novo Belastungsinkontinenz nach Beckenbodenrekonstruktion zu entwickeln. Auch in unserer

Studienpopulation gaben postoperativ signifikant mehr ältere als jüngere Frauen nach reiner

Descensus- Operation eine larvierte/de novo Belastungsinkontinenz an (p=0,030). Dahingegen waren

80,4% der jüngeren, bei denen präoperativ eine Belastungsinkontinenz bestand, nach alleiniger

Behandlung der Beckenbodensenkung kontinent. Nur bei 19,6% blieb die Inkontinenz bestehen. Bei

den älteren Frauen blieb die Inkontinenz in 50% der Fälle bestehen. Der Unterschied zu den jüngeren

erwies sich hierbei als signifikant (p=0,030). Als ursächlich können die schlechteren

Gewebeverhältnisse bei älteren Frauen angenommen werden.

Da sich der operative Erfolg der Inkontinenz-Operationen als schlechter erwies, wenn diese

zeitgleich mit einer Descensus-OP erfolgte gegenüber einer alleinigen Inkontinenz-OP ( Erfolgsraten

88% vs 94,2% bei <70-Jährigen; 62,5% vs 100% bei ≥70-Jährigen), und die Inkontinenz in einem

Großteil der Fälle bei jüngeren und immerhin zu 50% bei älteren allein durch Behandlung des

Descensus sistierte, sollte ein kombinierter Eingriff wohl überlegt sein. Dwyer (2012) zufolge müssten

10 Frauen zeitgleich zur Descensus-OP ein TVT bekommen, um nur eine Patientin davor zu

bewahren, 2-4 Jahre nach der Descensus-OP ein Folgeeingriff hierfür zu benötigen.

Van der Ploeg et al. (2014) ermittelten einen Anteil von nur 17% (Alter 56 ± 9,6 Jahre) in einer

Gruppe von Patientinnen mit Descensus und zugleich entweder objektiver oder subjektiver

Belastungsinkontinenz, die nach Behebung des Descensus ein suburethrales Band benötigten.

Descensus

Wir konnten zeigen, dass, trotz insgesamt höhergradiger präoperativer Befunde Senkungszustände

bei ≥70- Jährigen ebenso gut behoben werden konnten wie bei Jüngeren (p=0,204). Als

Operationserfolg wurden ein Ergebnis POP-Q ≤ I gewertet. Die Erfolgsraten lagen bei 93,5% (<70) und

84,8% (≥70). Auch Mohammed et al. (2013), die nur die Ergebnisse von Frauen ≥75 Jahren

untersuchten, kamen, bei gleicher Definition des Operationserfolges nach Descensus-Verfahren auf

84,4 %. Hier sei erwähnt, dass es sich einerseits rein um Netzeinlagen handelte, was die Chancen auf

ein gutes anatomisches Ergebnis zwar verbessert, dass andererseits das mittlere Alter mit 82,8

Jahren unter den Patientinnen fortgeschritten war und das Eigengewebe älterer Menschen

durchschnittlich schwächer ist als das jüngerer. Tan et al. (2014) waren großzügiger und zählten

postoperative Ergebnisse POP-Q-Stage ≤ Stage II als Erfolg und ermittelten damit eine objektive

Heilungsrate von 92,5% für unter 75 Jährige und 93,0% für ältere. Auch fanden Richter et al. (2007)

einen vergleichbar gutes Ergebnis der Descensus-OP für ältere wie jüngere Frauen, sowohl im 3- als

auch im 12- Monats- Follow-Up.

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5.2.5. Postoperative Komplikationen

Tabelle 15 Vergleichsstudien: Postoperative Komplikationen in Abhängigkeit vom Alter

Studie n Studie n

Oh et al. (2015) 271 Bretschneider et al. (2015) 508 Tan et al. (2014) 225 Turner et al. (2014) 302 Sze et al. (2012) 658 Sung et al. (2006) 264.340 Richter et al. (2007) 322 Pugsley et al. (2005) 226

Zu dem Aspekt der postoperativen Komplikationen konnten 8 Vergleichsstudien herangezogen

werden, die wie wir eine ältere mit einer jüngeren Patientengruppe verglichen (Tabelle 14).

Unter diesen 8 kamen 4 zu dem Schluss, dass ältere Frauen ebenso sicher wie jüngere operiert

werden können (linke Spalte) und 4 zu dem gegenteiligen Schluss (rechte Spalte).

Unterteilt nach dem Auftreten in ein frühes Zeitintervall, postoperativ bis 3 Tage nach Entlassung,

und ein spätes, vom 4.bis 30. Tag nach Entlassung und ihrer Schwere nach bewertet entsprechend

der standardisierten Klassifizierung nach Clavien Dindo, zeigte sich in unserer Studie, dass ältere

Frauen lediglich gehäuft im frühen Intervall unter einer Komplikation Grad II litten gegenüber den

jüngeren (p<0,001). Grad II fassten wir, da medikamentös und nicht-invasiv behandelt, mit Grad I

unter „leichte Komplikationen“ zusammen.

Schwere Komplikationen, Grad IIIa und IIIb, welche einer operativen Intervention bedurften, traten

in der Gruppe ≥70 Jahren nicht öfter auf als in der jüngeren Gruppe.

Dagegen zeigten schwere Komplikationen vom Grad IIIa ein statistisch signifikant häufigeres

Auftreten in Abhängigkeit von der Operationsgruppe im frühen Zeitintervall (p=0,019) und im späten

(p=0,027).

Dass vergleichbare anatomische sowie funktionelle Ergebnisse bei älteren wie jüngeren Patientinnen

erzielt werden können, scheint anhand der gesichteten Literatur sowie den eigenen Auswertungen

zufolge unumstritten. Ganz anders stellt sich der Aspekt der Sicherheit der Operationen an einem

älteren Patientengut dar. Einigen Studien zufolge haben ältere Frauen kein größeres Risiko,

perioperative Komplikationen zu erleiden (Sze et al., Oh et al., Richter et al., Tan et al.).

Andere kamen zu der Schlussfolgerung, dass höheres Alter mit einer größeren Gefahr perioperativer

Morbidität einhergeht (Turner et al., Bretschneider et al., Sung et al., Pugsley et al). Der Vergleich

gestaltet sich schwierig, da sowohl die Altersgrenzen, durchgeführte Eingriffe als auch die

Definitionen von Komplikationen verschieden waren. Nachfolgend werden die 8 Vergleichsstudien

näher beleuchtet.

n= Anzahl Patientinnen

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Komplikationserfassung und -bewertung der Vergleichsstudien

Sze et al. (2012) hatten sowohl die gleiche Altersgrenze wie wir (70 Jahre), bezogen alle

urogynäkologischen Operationen ein und verwendeten die Klassifizierung der Komplikationen nach

Clavien Dindo. Sie erhoben Komplikationen bis 6 Wochen postoperativ, was 2 Wochen über unsere

Erhebung der Komplikationen hinausgeht. In einem vergleichbaren Design ergab sich bei ihnen keine

erhöhte Komplikationsrate der Frauen ≥70 Jahren. Die Komplikation, welche bei uns in Grad II den

großen Unterschied zu den jüngeren Frauen bedingt, ist die Hypertensive Entgleisung.

In der Übersicht von Sze et al. geht hervor, dass diese insgesamt unter allen ihrer Patientinnen nur

bei einer der älteren Frauen auftrat. Hinsichtlich der zweithäufigsten Komplikation in der älteren

Gruppe unserer Studie und zugleich der häufigsten in der jüngeren, dem Harnwegsinfekt,

unterschieden sich die Ergebnisse von Sze et al. mit 6,6% bei <70-jährigen und 10,5 % bei ≥70-

jährigen Frauen nicht wesentlich von unseren Ergebnissen.

Nach offener Kolposakropexie fanden Oh et al. (2015) in den meisten der von Ihnen beurteilten

Komplikationen keinen Unterschied zwischen ≥65 Jährigen und Jüngeren. Ausgewertet wurden

unvollständige Blasenentleerung, Transfusion, Komplikationen die Bauchwunde betreffend, Fieber,

kardiovaskuläre Ereignisse (Thrombembolie, symptomatische KHK, Perikarderguss), pulmonale

(Pneumonie, ARDS, Lungenödem), gastrointestinale (Ileus, Mikroperforation, Wundhernien),

urogenitale ( Cystotomie, Harnwegsinfekt, vesicovaginale Fistel), neurologische Komplikationen

(Muskelschwäche, Schmerzen in Extremitäten, Rückenschmerzen länger als 4 Wochen) und Mesh

Erosionen bei der Nachuntersuchung. Signifikant häufiger waren in der älteren Gruppe unter den

aufgezählten nur gastrointestinale Probleme aufgetreten (p=0,019). Die Erfassung wurde nicht über

einen definierten Zeitraum fortgeführt.

Die bei uns gehäuft in der älteren Gruppe behandlungsbedürftige Hypertensive Entgleisung war

unter den von Oh et al. erfassten Komplikationen nicht enthalten.

In einer weiteren Studie, die offene Kolposakropexie (mit und ohne zeitgleicher Kolposuspension)

betreffend, zeigten sich ebenso wenig signifikante Unterschiede in den Komplikationsraten zwischen

den Altersgruppen bei einer Altersgrenze von 70 Jahren (Richter er al.2007). Ähnlich der

vorangehend aufgelisteten Studie wurden Komplikationen Organsystemen zugeordnet erhoben;

Wundkomplikationen, Fieber und dermatologische, kardiovaskuläre, pulmonale, gastrointestinale

sowie neurologische Komplikationen. Getrennt wurde nach direkt postoperativem Auftreten und im

Zeitraum bis 6 Wochen nach OP. Welche einzelne Symptomatik als Komplikation gewertet wurde

und ob beispielsweise die Hypertensive Entgleisung unter kardiovaskulären Komplikationen erfasst

wurde, ist unklar. Auch sind Harnwegsinfekte als solche nicht erfasst, einige möglicherweise unter

Fieber, falls in dieser Form symptomatisch geworden.

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Tan et al. (2014), die ebenfalls keine signifikante Häufung an Komplikationen in einer ihrer

Altersgruppen (<75 und ≥75 Jahre) verzeichneten, unterteilten in schwere Komplikation, welche

einer Organverletzung entsprachen, und leichte wie Netzerosionen, Infektionen, Hb-Abfall ˃2 g/dl,

Anämie ohne Infusion, sowie „andere“. Organverletzungen, die intraoperativ auftraten, erfassten

wir in unserer Studie getrennt von den postoperativen als intraoperative Komplikation. In den

postoperativen wurde lediglich ein entsprechender Grad erhoben, sofern sich aus der Verletzung

weitere Folgen für den Patienten wie etwa das längere Verbleiben eines Dauerkatheters ergaben.

In welchem Zeitraum die Komplikationen bei Tan et al. erhoben wurden, bleibt offen. Auffällig ist,

dass nur ein Fall einer Infektion angegeben ist. Es ist unklar, ob es sich hierbei um einen

Harnwegsinfekt handelt oder eine Wundinfektion und Harnwegsinfekte überhaupt nicht erfasst

wurden. Aus dem Methodenteil geht hervor, dass präoperativ 500 mg Cefazolin sowie für einen

weiteren Tag nach der OP selbiges alle 6 h allen Patientinnen verabreicht wurde. Dies steht im

Gegensatz zu unseren Patientinnen, die in der Regel nur eine Single-Shot- Antibiose im OP bekamen.

Fraglich ist auch, ob ein Urin-Stix routinemäßig wie unter unseren Patientinnen postoperativ

durchgeführt wurde, denn 1 von 225 scheint, falls ein Harnwegsinfekt gemeint ist, eine sehr kleine

Zahl.

Es wird deutlich, dass selbst die Studien, die zum gleichen Schluss kamen, dass höheres Alter kein

größeres Risiko für Komplikationen birgt, dafür ganz unterschiedlicher Grundlagen hatten.

Nicht anders verhält es sich damit unter der Opposition. Turner et al. (2014), die retrospektiv den

Einfluss des Alters auf Komplikationen während und nach laparoskopischer Kolposakropexie

untersuchten, teilten Frauen ≥ 65 Jahren der älteren Gruppe zu. Ihre Definition der schweren

Komplikationen enthielt sowohl intraoperative als auch postoperative Ereignisse. Im Einzelnen waren

dies: Verletzung eines inneren Organes, Konversion zur Laparotomie, Wiederaufnahme ins

Krankenhaus, Lungenödem, Lungenembolie, Nierenversagen, Myokardinfarkt, Arrhythmie,

Abschürfung der Cornea, Dünndarmobstruktion, Ileus, Transfusion sowie Infektionen ausgenommen

Harnwegsinfekte. In Bezug auf jede einzelnen Komplikation konnte kein vermehrtes Auftreten unter

den älteren Patientinnen gefunden werden. Lediglich wenn alle Komplikationen zusammen

genommen wurden, lag die Häufigkeit von Komplikationen bei älteren Frauen bei Turner et al. mit

27,4% statistisch signifikant höher als mit 17% bei den jüngeren Frauen (p=0,04). Alle Komplikationen

zusammen genommen, bekämen wir für das Auftreten jeglicher frühen Komplikation ein Verhältnis

von 54,2 % bei den älteren zu 26,9% bei den jüngeren Frauen. Wie sich aber in der Subgruppierung

in unserer Studie zeigt, sind ältere Frauen lediglich in denen nach Clavien Dindo als Grad II

bewerteten Komplikationen, welche wir als solche leichterer Art bezeichnen, häufiger betroffen. In

Grad II auch enthalten sind Harnwegsinfekte, die in der Definition der Komplikationen von Turner et

al. nicht enthalten sind.

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67

Da diese in beiden Altersgruppen häufig sind (im frühen Intervall 4,0% der ≥70-Jährigen und 4,6% der

<70-Jährigen), sind sie ein Faktor, der den Gesamtprozentsatz der Komplikationen in beiden

Altersgruppen unserer Studie erhöht. Nach unserer Definition schwerer Komplikationen im frühen

Zeitintervall lägen diese mit 5,0% in der jüngeren und 5,4 % in der älteren Gruppe deutlich unter den

Zahlen von Tan et al. und es zeigt sich diesbezüglich kein statistisch signifikanter Unterschied

zwischen den Altersgruppen in unserer Studie (p=1).

Intraoperative Komplikationen wurden für unsere Studie getrennt von postoperativen als entweder

vorhanden oder nicht vorhanden erhoben, da diese nicht in die Klassifizierung nach Clavien Dindo

eingehen, sofern sich keine postoperativen Konsequenzen ergeben. Auch hier bestand kein

signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen (p=1). Würden wir die gesamten frühen

Komplikationen zusammenfassen und davon nur die Harnwegsinfekte abziehen, so kämen wir auf

49,6% Komplikationen in der älteren und 22,9% in der jüngeren Gruppe unserer Studienpopulation.

Allerdings werteten wir auch jede längere Gabe einer Antibiose unabhängig von der Ursache als

Komplikation Grad II. Durch die Abweichung in der Definition von Komplikationen und die Tatsache,

dass bei Turner et al. nur eine kleine Gruppe einzelne Komplikationen einschließlich intraoperativer,

bei uns dagegen jegliche Abweichung inklusive leichter Komplikationen beinhaltet ist, lassen sich die

Zahlen nicht direkt miteinander vergleichen.

Bretschneider et al. (2015) zufolge war ebenso die Gruppe der ≥ 65-jährigen Frauen häufiger von

Komplikationen betroffen. Sie beziehen sich hierbei auf alle im Studienzeitraum von 26 Monaten

durchgeführten urogynäkologischen Operationen, was unserer Studie nahe kommt. Auch wurde zur

Erfassung der Komplikationen die standardisierte Klassifikation nach Clavien Dindo verwendet,

womit eine Vergleichbarkeit zu den bei uns erhobenen Komplikationen generell gegeben ist.

Allerdings unterteilten sie nicht in „leichte“ und „schwere“, sondern werteten das Vorhandensein

„klinisch signifikanter Komplikationen“, definiert als Clavien Dindo Grad II und darüber. Weil Grad II

als signifikante Komplikation bewertet wurde, schlossen Bretschneider et al., dass ältere Frauen

gefährdeter sind als jüngere, signifikante postoperative Komplikationen zu entwickeln. Der Anteil

älterer Frauen mit signifikanten postoperativen Komplikationen lag mit 12,5% dabei in ihrer Studie

statistisch signifikant höher als der jüngerer mit 6,7% (p=0,02). Alle Komplikationen ≥ Grad II

zusammengefasst, hatten bei uns im frühen Intervall 41,8% der älteren und 17,2% der jüngeren

Patientinnen eine Komplikation, wonach in unseren Daten nach der Definition von Bretschneider et

al. ebenfalls ein deutlicher Unterschied in signifikanten Komplikationen zwischen den Altersgruppen

bestünde.

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68

Aus der Auflistung der Komplikationen Grad II bis IV von Bretschneider et al., die nicht nach

Altersgruppen getrennt ist und insgesamt ein Zeitintervall von 6 Wochen postoperativ einschließt,

gehen deutliche Abweichungen zu den bei uns aufgetretenen Komplikationen hervor.

Häufigste Komplikation (20 Mal) war die Notwendigkeit zur Bluttransfusion. Keiner unserer

Patientinnen wurde Blut transfundiert. Eine mögliche Erklärung wäre die Durchführung offener

abdomineller Eingriffe bei Bretschneider et al., welche im Allgemeinen mit größeren Blutverlusten

einhergehen als laparoskopische Verfahren. An zweiter Stelle folgt die antibiotische Therapie bei

Harnwegsinfekt (14 Mal), was auf die 508 Patientinnen bezogen einen Prozentsatz von 2,75% ergibt.

Dagegen traten bei uns Harnwegsinfekte postoperativ bis 30 Tage nach Entlassung bei 6,5% (<70)

und 10,0% (≥70) auf. Fraglich aufgrund der großen Diskrepanz zu unserer Erhebung ist, inwiefern

Harnwegsinfekte, die asymptomatisch waren, erfasst und antibiotisch behandelt wurden oder ob die

perioperative antibiotische Therapie nach Protokoll über einen Single-Shot hinausging.

Sehr groß ist der Unterschied zu unseren Komplikationen im Einsatz antihypertensiver Medikamente.

Nur 3 von 508 Patientinnen bei Bretschneider et al. bekamen solche; unter unseren Patientinnen 21

der älteren und 6 der jüngeren Gruppe. Das zeigt, dass selbst dann, wenn wir bei gleicher

Betrachtungsweise alle Komplikationen ≥ Grad II als klinisch signifikant zu werten, auch zu dem

Schluss kämen, dass ältere Frauen gefährdeter sind, signifikante Komplikationen zu erleiden, sich die

aufgetretenen Komplikationen deutlich unterscheiden. Es ist außerdem nicht klar, welche

Komplikationen aus der Liste von Bretschneider et al. zu einer Häufung der Komplikationen innerhalb

der älteren Gruppe beigetragen haben. Bretschneider et al. ermittelten eine Odds Ratio von 2,06 für

Patientinnen ≥65 Jahren gegenüber den jüngeren, eine Komplikation ≥ Grad II zu entwickeln.

In der retrospektiven Studie von Sung et al. (2006) wurden auf Landesebene (USA) Daten von

Krankenversicherern auf DRG-Basis erhoben. Diese Daten von 264.340 Frauen wurden bezüglich

Morbidität und Mortalität nach urogynäkologischen Operationen ausgewertet. Zusätzlich zu den

Prozeduren zur Behandlung der Beckenbodensenkung und der Harninkontinenz waren auch Eingriffe

zur Behandlung von Fisteln des weiblichen Geschlechtstraktes sowie der Stuhlinkontinenz zur

Auswertung herangezogen worden, welche in unsere Studie nicht einflossen. Die Komplikationen

wurden anhand von Diagnoseschlüsseln erhoben, wodurch es zu Abweichungen gegenüber den

tatsächlichen Komplikationen gekommen sein könnte.

Folgende Komplikationen wurden einbezogen: Kardiopulmonale, Narkose assoziierte, neurologische,

urogenitale und andere, in Zusammenhang zur Operation stehende Komplikationen sowie Infektion,

Blutung und Thrombembolie. In der Regression zeigte sich, dass Patientinnen ≥80 Jahren insgesamt

ein 1,4-fach höheres Risiko hatten, Komplikationen irgendeiner Art zu entwickeln. Unter den

Altersgruppen <60, 60-69 und 70-79 konnte zunächst keine steigende Tendenz gezeigt werden.

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69

Bei Frauen, die Begleiterkrankungen hatten, stellte sich ein Anstieg auf das 1,05-fache Risiko bei den

60-69-Jährigen, ein 1,23-faches bei 70-79-Jährigen und ein 1,60-faches Risiko für Komplikationen bei

≥ 80-Jährigen dar.

Aus der prozentualen Auflistung in den Altersgruppen geht ein Anstieg kardiopulmonaler

Komplikationen, der man die hypertensive Entgleisung zurechnen kann, hervor. Von 1% bei <60-

Jährigen steigen diese auf 2% bei 60-69-Jährigen und auf 4% bei ≥70 Jährigen an.

In unserer Studienpopulation ist die hypertensive Entgleisung mit einem Anstieg um das 7,5-fache

mit 2,16% bei <70-Jährigen und 16,28% bei ≥70-Jährigen zu verzeichnen und weist damit den

größten Anstieg einer einzelner Komplikationen zwischen den Altersgruppe auf.

Unsere Daten ergaben in der Regressionsanalyse eine Odds Ratio von 2,953 für ≥70-Jährige

gegenüber <70-Jährigen, irgendeine frühe Komplikation zu entwickeln. Für frühe leichte

Komplikationen liegt die Odds Ratio für ältere Frauen gegenüber jüngeren bei 2,862.

Allerdings konnte kein Einfluss des Alters auf das Auftreten von frühen schweren Komplikationen

gefunden werden (KI: 0,664-4,459; p=0,627). Auch für späte Komplikationen jeglichen

Schweregrades konnte kein Zusammenhang zum Alter gezeigt werden. Abgesehen von der

abweichenden Einteilung der Komplikationen, wurden von Sung et al. keine Patientenakten

eingesehen, sondern die Komplikationen anhand von Abrechnungsdaten ermittelt. Dadurch könnte

es zu Abweichungen gegenüber den tatsächlichen Komplikationen gekommen sein.

Die Studie von Pugsley et al. (2005) bezieht sich lediglich auf Inkontinenz-Operationen, die

Kolposuspension und das Einlegen eines TVT. Die Altersgrenze für die Gruppenzuordnung lag bei 70

Jahren. Die Daten wurden retrospektiv an einem Universitätsklinikum erhoben. Unter den jüngeren

Frauen waren die beiden Verfahren etwa gleich verteilt, wohingegen ältere häufiger ein TVT als eine

Kolposuspension bekommen hatten (67,65% vs 32,35%). Komplikationen wurden aufgeteilt auf die

beiden Verfahren, unterteilt in frühe, die während des stationären Aufenthaltes auftraten, und in

späte nach Entlassung. Einzeln unter den frühen Komplikationen sind die Wundinfektion,

Hämatombildung, ein bestätigter Harnwegsinfekt, postoperative Hämaturie, eine Blasenverletzung,

Blasenentleerungsstörungen vor Entlassung sowie die Wiederaufnahme aufgelistet. Die späten

Komplikationen waren eine erforderliche intermittierende Selbstkatheterisierung zu irgendeinem

Zeitpunkt und bei der letzten Vorstellung, neue Reizsymptome, eine aufgrund weiterbestehender

Inkontinenz erforderliche erneute Urodynamik-Messung und rezidivierende Harnwegsinfekte.

Nach Kolposuspension hatten ältere Frauen ein OR von 11,33, einen Harnwegsinfekt zu bekommen,

und ein OR von 9,1 gegenüber den jüngeren, bei der letzten Vorstellung noch intermittierend

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70

eine Selbstkatheterisierung durchführen zu müssen. Nach einem TVT war die Gefahr für

Komplikationen gegenüber den jüngeren signifikant erhöht.

Ältere hatten eine Odds Ratio von 3,91 für eine erforderliche Urodynamikmessung bei

fortbestehender Inkontinenz, eine Odds Ratio von 4,22 für rezidivierende Harnwegsinfekte und eine

Odds Ratio von 29,12 für eine erforderliche Netzspaltung gegenüber den jüngeren Patientinnen.

Wir haben die Erfolgsquoten nicht nach einzelnen Inkontinenzverfahren aufgeschlüsselt, allerdings

ist aus den übrigen Daten ersichtlich, dass in unserer Studie nicht mehr ältere Frauen nach TVT-

Einlage inkontinent blieben. Unter den reinen Inkontinenzverfahren waren in der Gruppe über 70

Jahren zu 100% TVTs verwendet worden und die Erfolgsquote betrug ebenso 100% nach reiner

Inkontinenz-OP bei älteren Frauen. Die TVT-Korrektur betraf jüngere Frauen im frühen Intervall zu

6,67% (6/90) und ältere zu 18,75% (3/16). Wenn auch nicht im gleichen Maß wie bei Pugsley et al., so

zeichnet sich auch in unserer Studie in der älteren Gruppe ein höheres Risiko ab, eine Korrektur des

TVTs zu benötigen. Insgesamt mussten einmal im frühen und einmal im späten Intervall, jeweils bei

jungen Frauen Burch-Fäden nach Kolposuspension gelöst werden. Alle weiteren Komplikationen

lassen sich nicht einzeln den Inkontinenzverfahren getrennt von Descensusverfahren zuordnen.

Harnwegsinfekte traten in unserer Studie, die eine Reihe an Verfahren auswertet, nur im späten

Zeitintervall, nicht aber insgesamt doppelt so oft unter den älteren als unter den jüngeren Frauen auf

(5,4% bei ≥ 70-Jährigen, 2,5% bei <70-Jährigen zwischen dem 4. Und 30. Tag nach Entlassung).

In nur zwei der acht Studien, die zum Vergleich herangezogen wurden, wurde die Klassifizierung nach

Clavien Dindo verwendet. Davon kam eine Studie zu dem Resultat, dass keine Unterschiede

hinsichtlich der Komplikationen zwischen den Altersgruppen bestanden (Sze et al. 2012). Den

Ergebnissen von Sze et al. nach hatte in deren Studienpopulation nur eine einzige Patientin eine

hypertensive Entgleisung, was einen großen Unterschied zu unserer Studienpopulation darstellt.

Einen Harnwegsinfekt entwickelten bis 6 Wochen postoperativ 6,6% <70-Jährigen und 10,5 % der

≥70-Jährigen Frauen. Bei uns waren es bis 4 Wochen postoperativ, frühes und spätes Intervall

zusammengerechnet, 6,5 % der jüngeren und 10,0 % der älteren Frauen.

Die zweite Studie, die die Einteilung nach Clavien Dindo verwendete, kam zum gegenteiligen

Ergebnis, dass Frauen ≥70 Jahren signifikant häufiger Komplikationen nach urogynäkologischen

Operationen entwickeln (Bretschneider et al.2015). Würden wir ihrer Vorgehensweise folgen und

alle Grade ≥ II als klinisch signifikant bewerten, kämen wir zu selbiger Schlussfolgerung.

Die einzelnen bei uns aufgetretenen Komplikationen betrachtet, fällt auf, dass zwei besonders häufig

waren. Die Notwendigkeit einer Antibiose zur Behandlung eines Harnwegsinfektes in beiden

Altersgruppen und die erforderliche antihypertensive Medikation mit Abstand besonders in der

älteren Gruppe.

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Häufige postoperative Komplikationen

Harnwegsinfekt

Dass Harnwegsinfekte als häufige Komplikation urogynäkologischer Eingriffe zu werten sind, ist

unumstritten. Studien zufolge sind zwischen 5,6% (Ingber et al. 2010, Fok et al.2013) und 29,6%

(Fok et al.2013) der Frauen nach einem urogynäkologischen Eingriff, ungeachtet des Alters, davon

betroffen. Die Zahlen variieren je nach Studie. Ingber et al. bezogen nur Frauen in ihre Studie ein, die

ein suburethrale Schlinge bekamen, ohne weitere urogynäkologischen Prozeduren. Vor OP- Beginn

wurde standardmäßig eine Single-Shot Antibiose verabreicht. Harnwegsinfekte wurden bis 4 Wochen

postoperativ erfasst. Damit ergab sich bei ihnen mit 5,6% mit die niedrigste Prozentzahl.

Fok et al. (2013) verglichen die Häufigkeit an auftretenden Harnwegsinfekten allgemein nach

urogynäkologischen Operationen zwischen Frauen, die vor der Operation positive Urinkulturen

aufwiesen, mit denen, deren Urinkulturen negativ waren. Die Frauen, die eine negative Kultur vor OP

hatten, bekamen ebenso wie die Patientinnen bei Fok et al. in nur 5,6 % der Fälle eine Infektion.

Unter denen jedoch, die eine positive Urinkultur hatte, traten in 29,6% der Fälle postoperativ

Harnwegsinfekte auf.

Sutkin et al. (2010) fanden unter ihrer Studienpopulation, welche wegen Descensus und/ oder

Belastungsinkontinenz operiert wurden, ohne präoperativ Urinkulturen abzunehmen und die

Patientinnen danach zu unterscheiden, einen Anteil von 9% an Frauen, die bis 6 Wochen

postoperativ einen Harnwegsinfekt hatten. In unserer Studienpopulation waren es 4,0% in der

Gruppe <70 Jahren, 4,6 % in der ≥70 Jahren innerhalb des frühen Intervalls. Im späten Zeitraum, der

bis 30 Tage nach Entlassung abdeckt, entwickelten weitere 2,5% der jüngeren und 5,4 % der älteren

Patientinnen einen Harnwegsinfekt. Die Prozentsätze insgesamt über den ausgewerteten Zeitraum

belaufen sich auf 6,5% (<70) und 10% (≥70). Im Mittel über beide Altersgruppen (8,25 %) liegen

unsere Ergebnisse nahe an denen von Sutkin et al. Als Einflussfaktoren auf die Entstehung eines

Harnwegsinfektes werden die Verweildauer des Blasenkatheters, rezidivierende Harnwegsinfekte in

der Vorgeschichte (Sutkin et al.) sowie ein erhöhtes Restharnvolumen (Töz et al. 2015, Ingber et al.

2010) erachtet. Eine größere Häufigkeit unter älteren Patientinnen könnte auf höhergradige

Descenus-Befunde, die erhöhte Restharnvolumina begünstigen, zurückzuführen sein. Des Weiteren

zählt zu den im Alter zunehmenden Komorbiditäten der Diabetes Melllitus Typ II, der die Gefahr

birgt, dass Harnwegsinfekte asymptomatisch und unbehandelt bleiben sowie häufig rezidivieren.

Turner et al. (2014) schließen Harnwegsinfekte unter der Kategorie Infektionen bei der Erhebung von

Komplikationen aus, möglicherweise genau aus dem Grund, dass dies eine bekannte und auch durch

antibiotische Prophylaxe nicht sicher auszuschließende Komplikation darstellt.

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In einigen Zentren werden statt regelhafter einmaliger intraoperativer Gabe eines Antibiotikums

sowie Behandlung bei diagnostiziertem Harnwegsinfekt Antibiotika bei urogynäkologischen

Eingriffen standardmäßig über mehrere Tage gegeben. Die Frage, ob dies vor dem Hintergrund der

Belastung für den Patienten, ökonomischer Gesichtspunkte und der Resistenzbildung sinnvoll ist,

steht im Raum.

Hypertensive Entgleisung

Den größten Unterschied in den Komplikationsraten zwischen den Altersgruppen zeigt die Gabe

antihypertensiver Medikamente. In der älteren Gruppe mussten diese bei 13,95% der Patientinnen

postoperativ eingesetzt werden, in der jüngeren nur bei 2,15%. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit

der Studienlage zur Epidemiologie der Hypertonie. Laut Lionakis et al. (2012) besteht bei mehr als

2/3 der Bevölkerung über 65 Jahren ein Hypertonus; im Alter ˃65 besonders betroffen sind Frauen.

Zur steigenden Erkrankungszahl mit dem Alter wird auch die Einstellung der Werte bei älteren

Menschen schwieriger. In der Gesundheitsberichterstattung des Bundes von 2008 wird eine

Prävalenz von mehr als 80% für die Hypertonie bei ˃70-jährigen Frauen angegeben. Umfragen

zufolge ist die Erkrankung bei nur 24,6% (alle Altersgruppen) bekannt. Von allen behandelten

Patienten ist wiederum nur bei 23,2 % der Blutdruck adäquat eingestellt. Dies wirft die Frage auf, ob

die hypertensive Entgleisung als Komplikation eines urogynäkologischen Eingriffes speziell betrachtet

werden kann, mehr der Anästhesie geschuldet ist oder aber ein bislang unbekannter oder inadäquat

eingestellter Hypertonus möglicherweise erst im Rahmen der perioperativen Überwachung auffiel.

Keine der bei uns behandelten Frauen erlitt aufgrund der hypertensiven Entgleisung weitere

Komplikationen im Sinne einer Organmanifestation. Durch Medikamentengabe konnte dieser

Komplikation effektiv entgegengewirkt werden.

Vor dem Hintergrund der Prävalenz der Hypertonie (Lionakis et al., Janhsen et al.) bei älteren Frauen

und der Tatsache, dass diese Häufig unbekannt ist, stellt sich die Frage, ob diese als

Entscheidungskriterium dienen kann, dass urogynäkologische Operationen für ältere Frauen ein

höheres Risiko bergen als für jüngere. Der Harnwegsinfekt als Komplikation, der gehäuft unter

älteren Frauen auftrat, liegt in beiden Altersgruppen innerhalb der Werte vorangegangener

Studienergebnisse, die altersunabhängig gefunden wurden. Ob dieser damit ein ausschlaggebendes

Kriterium für oder gegen eine Operation einer älteren Patientin sein kann, ist fraglich. Wie man diese

Fragen auch für sich entscheiden mag, so kann gesagt werden, dass diese unter Grad II fallenden

Komplikationen, die als einzige gehäuft unter älteren Patientinnen auftraten, schnell und effizient

medikamentös behandelt werden konnten und keine weitergehenden Beeinträchtigungen nach sich

zogen.

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73

5.3. Abschließende Betrachtung

Der Vergleich der Studien zum Thema der Sicherheit urogynäkologischer Operationen bei einer

älteren Gruppe von Patientinnen und anderen Faktoren des Outcomes gestaltet sich schwierig.

Zunächst einmal variiert die Altersgrenze, die zur Unterscheidung von Jung und Alt herangezogen

wird. In der für diese Arbeit gesichteten Literatur lag dieser zwischen 60 und 75 Jahren. Selbst wenn

die Altersgruppen ähnlich waren, stellt sich die Frage, wie es mit den Vorerkrankungen (ASA-Status)

aussah. Die Operationsmethoden, die in einzelne Studien einbezogen wurden, variieren erheblich.

Einige beziehen sich nur auf einzelne Methoden, wie die offene Sakrokolpopexie (Oh et al. 205), die

laparoskopische Sakrokolpopexie (Turner et al.2014), oder nur Inkontinenzchirurgie (Pugsley et al.

2005). Auch wenn, wie in unserer Studie alle urogynäkologischen Operationen eines bestimmten

Zeitraumes in die Erhebungen mit aufgenommen wurden, unterscheiden sie sich dennoch in den

durchgeführten Verfahren. So sind beispielsweise in anderen Studien (Stepp et al.2005,

Bretschneider et al. 2015) Laparotomien enthalten, welche bei uns im Studienzeitraum nicht

durchgeführt wurden. Besonders schwierig hinsichtlich einer Interpretation und des Vergleichs ist die

Variation in der Erhebung der Komplikationen. Teilweise wurden Komplikationen nach Zuordnung zu

Organsystemen (Oh et al. 2015) oder unterteilt in Infektion, Blutung, Embolie, operations-oder

anästhesiebedingt aufgelistet (Sung et al. 2006). Auch gestaltet sich so die Beurteilung der Schwere

der Komplikation als schwierig.

Einige der Studien sind älter als 10 Jahre (Sung et al., Stepp et al., Pugsley et al.). Unter der Annahme,

dass Verfahren sich von Seiten der Chirurgie und der Anästhesie weiter entwickelt haben, wie auch

die verwendeten Materialien, hin zu besserer Verträglichkeit, ist dies ein weiterer Gesichtspunkt, der

den Vergleich erschwert.

Wir wählten eine vergleichsweise hohe Altersgrenze und hatten einen großen Anteil älterer

Patienten. Reproduzierbare objektive Beurteilungsparameter sollten der Nachvollziehbarkeit und

dem Vergleich mit früheren sowie folgenden Studien dienen.

Trotz streng definierter Grenzen des OP-Erfolges, bestand darin kein signifikanter Unterschied

zwischen den Altersgruppen. In diesem Punkt waren sich auch die übrigen Studien größtenteils einig,

dass, obwohl sie größere Vorbelastungen mit sich bringen, bei älteren Patientinnen ein ebenso gutes

funktionelles wie anatomisches Ergebnis erzielt werden kann wie bei jüngeren. Uneinigkeit herrschte

bezüglich der Komplikationen, was in deren Definition, Erfassung, den Operationsbedingungen und

weiteren Faktoren begründet sein kann. Sicher richtig ist, dass ältere Frauen hinsichtlich einiger

bestimmter Komplikationen ein erhöhtes Risiko für deren Auftreten haben, nicht aber ein generelles.

Daher ist eine entsprechende sorgfältige Berücksichtigung von Komorbiditäten und angepasste

perioperative Überwachung zu fordern sowie dass entsprechende Mittel zur schnellen Intervention

vorgehalten werden.

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74

Trotz möglicher Komplikationen fanden Oliphant et al. (2014), dass ältere Frauen (≥65 Jahren) nach

einem Zeitraum von 3 Monaten nach Descensus-OP größtenteils wieder zu ihrer präoperativen

Verfassung zurückgefunden hatten.

Die Durchführung weiterer Studien zu dem Thema, jeweils auf dem aktuellsten medizinischen Stand,

mit objektiven, reproduzierbaren Beurteilungsparametern und Vorgehen scheinen ein erforderlicher

und wichtiger Beitrag, um die Sicherheit von Operationen an einem zunehmenden Patientenkollektiv

abschließend beurteilen zu können.

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7. Abbildungs-und Tabellenverzeichnis

Abbildungen

Abbildung 1: Beckenboden: Überblick über die Regio perinealis und oberflächliche Faszien Seite 5

Schünke et al. (2011) Prometheus Lernatlas der Anatomie 3.Auflage. S.181 Thieme, Stuttgart

Abbildung 2: Beckenbodenmuskeln: M.levator ani Seite 6

Schünke et al. (2011) Prometheus Lernatlas der Anatomie. 3.Auflage. S.186 Thieme, Stuttgart

Abbildung 3: Einteilung des Halteapparates der Beckenorgane in 3 Ebenen Seite 9

Hofmann et al.(2009) Inkontinenz-und Deszensuschirurgie der Frau. 1.Auflage. S. 65

Springer, Berlin Heidelberg

Abbildung 4: Descensus im vorderen Kompartiment: Cystozele Seite 10

Abbildungen 5, 6, 7: Descensus im mittleren Kompartiment: Seite 10

Abbildung 8: Descensus im hinteren Kompartiment: Rektozele Seite 10

Abb. 4-8: An Overwiew of Pelvic Organ Prolapse - Patient Pamphlet 2009; Bard Medical;

www.bardmedical.com/patients/pelvic-organ-prolapse

Abbildung 9: Einteilung des Descensus nach Baden Walker Seite 11

Abbildung 10: Messpunkte POP-Q-Klassifikation Seite 12

Abb. 9+10: Persu et al. (2011) Pelvic Organ Prolapse Quantification System (POP-Q) –

a new era in pelvic prolapse staging. Journal of Medicine and Life 4: 75-81

Abbildung 11: vorderes Netzimplantat Seite 18

Abbildung 12: hinteres Netzimplantat Seite 18

Abbildung 13: totales Netzimplantat Seite 18

Abbildungen 11- 13: www.gynsafe.com/prolift.html

Abbildung 14: Sakropexienetz Seite 19

www.jessazh.be/deelwebsites/urologie/prostaat--externe-genitalia--incontinentie/

laparoscopische-sacropexie

Abbildung 15: Retropubisches TVT Seite 21

Abbildung 16: Transobturatorisches TVT Seite 21

Abb. 15+16: ethicon.com/sites/default/files/managed-documents/031295-

150316_tvt_patient_brochure11_cr.pdf

Abbildung 17: Kolposuspension nach Burch Seite 22

Frohme et al. (2015) Behandlung der weiblichen Belastungsinkontinenz. Der Urologe 54:345

Descensus uteri/ Descensus apex vaginae/ Enterozele

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Tabellen

Tabelle 1: ASA-Score Seite 26

(nach: asahq.org; Stand 15.Oktober 2014)

Tabelle 2: Clavien Dindo Klassifikation Seite 27

(nach: Dindo D., Demartines N., Clavien P.A.; Ann Surg. 2004; 240: 205-213)

Tabelle 3: Allgemeine Patientencharakteristika Seite 30

Tabelle 4: Operative Vorgeschichte Seite 33

Tabelle 5: Präoperativer Befund des Descensus Seite 35

Tabelle 6: Angewandte Operationsverfahren: Inkontinenz-und Descensus-OP Seite 38

Tabelle 7: Angewandte Operationsverfahren: zeitgleiche Descensus-u. Inkontinenz-OP Seite 39

Tabelle 8: Intraoperative Daten Seite 40

Tabelle 9: Allgemeine postoperative Daten Seite 41

Graphik zu 9: Dauer des stationären Aufenthaltes Seite 41

Tabelle 10: Operatives Outcome Seite 43

Graphik zu 11: Komplikationen nach Clavien Dindo Seite 45

Tabelle 11: Komplikationen nach Clavien Dindo Seite 46

Tabelle 12: Auflistung der Komplikationen nach Altersgruppe, Schweregrad und Zeitpunkt Seite 48

Tabelle 13: Komplikationen nach Clavien Dindo nach Operationsgruppe Seite 50

Tabelle 14: Komplikationen- Ergebnisse der logistischen Regression Seite 52

Tabelle 15: Vergleichsstudien: Postoperative Komplikationen in Abhängigkeit vom Alter Seite 64

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8. Publikationen

09/15: „Outcome und perioperative Morbidität von urogynäkologischen Eingriffen im hohen Alter“

V.Paulus, E.-F. Solomayer, S. Hamza, J.Radosa, R. Joukhadar

22. Rheinland-Pfälzischer Gynäkologentag, Mainz

mündliche Präsentation

09/15: „ Einfluss des Patientenalters auf die perioperative Morbidität im Rahmen

von urogynäkologischen Operationen“

V.Paulus¹, R. Joukhadar¹, S.Baum, A. Hamza, J.Radosa, E.-F. Solomayer

(¹ gleichberechtigte Erstautoren)

7. Kongress des FOG (Forum Operative Gynäkologie), Berlin

Posterbeitrag

Posterpreis für bestes Poster

2016: Geplante Publikation im IUJ (International Urogynecology Journal)

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9. Danksagung

Herrn Prof.Dr.med. E.-F. Solomayer danke ich für die Ermöglichung der Dissertation in seiner

Abteilung und für die freundliche Übernahme der Begutachtung.

Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn R. Joukhadar für die engagierte Betreuung, motivierende

Unterstützung und konstruktive Kritik in der Durchführung dieser Arbeit sowie für die Gelegenheit

darüber hinaus Einblicke in die Urogynäkologie zu erlangen.

Herrn Schöpe vom Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Medizinische Informatik

danke ich vielmals für freundliche und unkomplizierte Hilfestellung in Sachen Statistik.

Danken möchte ich an dieser Stelle auch meinen Kommillitonen und Freunden, die mich ermutigt

haben, diese Arbeit anzugehen und durchzuhalten.

Insbesondere danke Pia, danke Anna, danke Moritz.

Ganz herzlichen Dank nicht zuletzt meiner Schwester Annabel, Henrik, Thomas, Jörg, Eva und allen,

die mich im Studium bestärkt und an mich geglaubt haben.