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Der Einfluss des Vorstandsvorsitzenden auf einen Change-Prozess einer Aktiengesellschaft Daniela Stefanie Mildner

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Der Einfluss des

Vorstandsvorsitzenden auf

einen Change-Prozess

einer Aktiengesellschaft

Daniela Stefanie Mildner

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Inhalt

A) EINLEITUNG .................................................................................................... 2

1.1 Themeneingrenzung .................................................................................. 2

1.2 Zielsetzung ................................................................................................ 3

1.3 Überblick .................................................................................................... 3

1.4 Begriffsabgrenzungen und Definitionen ..................................................... 4

B) HAUPTTEIL ..................................................................................................... 5

2. Veränderungen und Veränderungsmanagement............................................... 5

2.1 Charta des Managements von Veränderungen ......................................... 6

2.2 Phasen eines Change-Prozesses ............................................................ 12

2.2.1 Das 8-Stufen Modell nach Kotter ................................................... 14

2.3 Ausgewählte Erfolgskriterien eines Change-Prozesses .......................... 18

2.3.1 Kommunikation .............................................................................. 18

2.3.2 Umgang mit Widerständen ............................................................. 19

3. Führungsstil und Eigenschaften von Führungskräften im Change-Prozess .... 21

3.1 Der Transformationale Führungsstil ......................................................... 21

3.2 Erfolgskritische Charaktereigenschaften von Führungskräften ................ 23

4. PRAXISBEISPIEL: Die Simmering-Graz-Pauker AG (SGP) .......................... 25

4.1 Unternehmensbeschreibung .................................................................... 25

4.2 Die SGP in den 1980er Jahren ................................................................ 26

4.3 Die Sicht des Vorstands .......................................................................... 27

4.4 Der Change-Prozess aus der Sicht des Vorstandvorsitzenden ............... 27

4.5 Die Sicht ausgewählter MitarbeiterInnen ................................................. 30

5. Conclusio ................................................................................................. 34

Quellenverzeichnis: ............................................................................................. 34

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A) EINLEITUNG

Das Change-Management auch Veränderungsmanagement,

Transformationsmanagement oder Organisationsentwicklung genannt stellt

heutzutage ein sehr breitgefächertes Themenfeld dar, zu dem eine Vielzahl von

Definitionen und Meinungen existieren.1 In dem Zeitfenster, in dem der Change-

Prozess, des für den Praxisteil gewählten Unternehmens stattfand - den 1980er

Jahren, nur wenige Theorien, Modelle und somit Empfehlungen für das

erfolgreiche Managen von Veränderungen zur Verfügung standen.2 Dies zeigt,

dass sich „Change-Management innerhalb eines kurzen Zeitraums zu einem

Schlüsselbegriff der Managementdiskussion entwickelt hat.“3. Um im Zuge

dieser Arbeit auch auf den Aspekt eingehen zu können, wie weit sich aktuelle

Forschungsergebnisse mit der Vorgangsweise eines Managements decken, das

in Unkenntnis später veröffentlichten Forschungsergebnisse handeln musste,

wurde im empirischen Teil ein Change-Prozess in den 1980-iger Jahren

ausgewählt.

1.1 Themeneingrenzung

Führungskräfte haben entscheidenden Einfluss auf das Gelingen oder Misslingen

von Veränderungsprozessen. Ihre Aufgabe ist es unter anderem, die

MitarbeiterInnen bei der Umsetzung des Change-Prozesses zu begleiten und zu

führen.4 Der individuelle Führungsstil und Charakter einer Führungskraft können

dabei eine fördernde oder hemmende Wirkung auf den Change-Prozess haben.5

Diese Arbeit soll die Rolle und den Einfluss des Vorstandsvorsitzenden in einem

Change-Prozess beleuchten. Der theoretische Teil umfasst wissenschaftliche

Erkenntnisse aus dem 20. und 21. Jahrhundert, wohingegen für den empirischen

Teil die Restrukturierung eines verstaatlichten Unternehmens (Simmering Graz

Pauker AG) in den 1980-iger Jahren gewählt wurde. Diese Auswahl ermöglicht

es, die im nächsten Unterkapitel „Die Zielsetzung“ angeführten Fragestellungen

zu beantworten.

1 Vgl. M. Claßen, 2008, S. 15 2 Interview Vorstandsvorsitzender 3 JP Consulting & Training (2016): http://www.jp-consulting.de 4 Vgl. G. Kraus, C. Becker-Kolle, T. Fischer, 2006, S. 39 5 Vgl. Kapitel 3: Führungsstil und Eigenschaften von Führungskräften im Change-Prozess

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1.2 Zielsetzung

1. Wie hat der Vorstandsvorsitzende der Simmering Graz Pauker AG den

Change-Prozess in Unkenntnis der aktuellen wissenschaftlichen

Erkenntnislage vorangetrieben und beeinflusst? Welche seiner Handlungen

decken sich mit späteren Erkenntnissen der Forschung?

2. Was hätte der federführende Vorstandsvorsitzende mit dem zeitlich und

emotionalen Abstand und seinem heutigen Wissen rückblickend in Bezug auf

den, in dieser Arbeit untersuchten Change-Prozess anders gemacht?

3. Wie haben ehemalige MitarbeiterInnen aus dem mittleren Management und

MitarbeiterInnen ohne Führungsfunktion, sowie ein Vorstandskollege, den

Vorstandsvorsitzenden und sein Handeln wahrgenommen? Wie beurteilen sie

mit dem zeitlich und emotionalen Abstand und ihrem heutigen Wissen die

Vorgangsweise des Vorstandsvorsitzenden?

Um die Forschungsfragen beantworten zu können, wurden einerseits Interviews

mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der SGP sowie mit Führungskräften

aus dem mittleren Management geführt, wobei eine Person aus einer

kaufmännischen zentralen Funktion und eine Person aus einer technischen

Abteilung gewählt wurden. Ergänzend wurden einige weitere MitarbeiterInnen

sowie ein damaliges Vorstandsmitglied zur Persönlichkeit des

Vorstandsvorsitzenden befragt.

1.3 Überblick

Der Hauptteil der Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und empirischen Teil.

Der theoretische Teil umfasst die Kapitel: Kapitel 2: „Veränderungen und

Veränderungsmanagement“ und Kapitel 3: „Führungsstil und Eigenschaften von

Führungskräften im Change-Prozess“.

Der empirische Teil beginnt mit allgemeinen Fakten zum Unternehmen

Simmering-Graz-Pauker AG. Darauf folgt die zusammenfassende Darstellung der

Informationen aus den geführten Interviews, wobei einleitend die Ausgangslage

und die Notwendigkeit des Change-Prozesses aus der Sicht des

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Vorstandsvorsitzenden und eines Vorstandskollegen beschrieben wird. Darauf

folgt das Ergebnis des Interviews mit dem Vorstandsvorsitzenden, sowie die

Zusammenfassung der Wahrnehmungen und Meinungen der interviewten

MitarbeiterInnen.

1.4 Begriffsabgrenzungen und Definitionen

Change-Management:

Als Grundlage für diese Arbeit dient folgende zusammenfassende Beschreibung:

Unter Change-Management versteht man „das professionelle Management von

Veränderungen“6,“im Zuge dessen laufend Unternehmensstrategien und –

strukturen an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden“,7 unter

Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen Individuen, Gruppen,

Organisationen, Technologie, Umwelt, Zeit sowie die Kommunikationsmuster,

Wertestrukturen, Machtkonstellationen etc., die in der jeweiligen Organisation real

existieren.8

Restrukturierung:

Eine Restrukturierung impliziert die Veränderung von Prozessen, Systemen und

Strukturen und ist gemäß der vorgestellten Differenzierung als eher radikaler

Change-Management-Ansatz einzustufen, der vor allem das operative

Effizienzniveau des Unternehmens fokussiert. Bei der Restrukturierung handelt es

sich darüber hinaus um einen geplanten organisatorischen Wandel, der bewusst

herbeigeführt wird, um das vorhandene Effizienzniveau der Unternehmung zu

verbessern.9

6 Vgl. M. Claßen, 2008, S. 15 7 Gabler Wirtschaftslexikon (2015), www.wirtschaftslexion.gabler.de 8 Vgl. M. Claßen, 2008, S. 15 9 ControllingWiki (2016), https://www.controlling-wiki.com

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B) HAUPTTEIL

2. Veränderungen und Veränderungsmanagement

Mit der Erarbeitung einer adäquaten Strategie ist der erste anspruchsvolle Schritt

getan. Den zweiten stellt die Umsetzung der beschlossenen Strategie dar.10 Um

den Weg für die Umsetzung so gut wie möglich zu ebnen, sollte das Management

bereits im Zuge der Strategie- und Konzeptentwicklung an deren Umsetzung

denken und die notwendigen Voraussetzungen schaffen.11

Eine unternehmensinterne Veränderung kann nur dann wirksam durchgeführt

werden, wenn die Bereitschaft und Fähigkeit zur Veränderung - „Change Ability“ -

der gesamten Organisation, inklusiver aller Involvierten, gegeben ist. Fehlen

diese Bereitschaft und Fähigkeit bei den MitarbeiterInnen, die die neue Strategie

umsetzen sollen, ist die Anpassung der Strukturen und Systeme mehr oder

weniger „nutzlos“.

Daraus ergeben sich drei Ansatzpunkte, die beim Management von

Veränderungen berücksichtigt werden müssen:12 13 (Lauer, 2014)

10 Vgl. H. Gölzner,C. Schmoll, 2014, S.13-15 11 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 185-186 12 Vgl. H. Gölzner,C. Schmoll, 2014, S.13-15 13 T. Lauer, 2014, S. 8

Ansatzpunkte des Change

Managements

Struktur

Strategie

Aufbau- u. Ablauforganisation

Ressourcen

Technologie

Kultur

Symbole

Werte u. Normen

Grundannahmen

Individuen

Fähigkeiten

Rollen

Verhalten

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In Anlehnung an die in der Grafik dargestellten drei Ansatzpunkte des Change-

Managements definieren Klaus Doppler und Christoph Lauterburg acht Prinzipien

(„Grundregeln“) für ein erfolgreiches Change-Management, auf die im Folgenden

detaillierter eingegangen wird.14

2.1 Charta des Managements von Veränderungen

Die „Charta des Managements von Veränderungen“ umfasst folgende acht

Prinzipien, die sich gegenseitig ergänzen und erst in Summe eine erfolgreiches

Change-Management ermöglichen. Daher hat das Management jedes einzelne

Prinzip zu beachten:

1. Zielorientiertes Management

2. Keine Maßnahmen ohne Diagnose

3. Ganzheitliches Denken und Handeln

4. Beteiligung der Betroffenen

5. Hilfe zur Selbsthilfe

6. Prozessorientierte Steuerung

7. Lebendige Kommunikation

8. Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen

1. Zielorientiertes Management

Die Grundlage für zielorientiertes Management bildet eine Analyse des Ist-

Zustandes. Aus dieser kann das Management etwaige Problematiken der

aktuellen Situation erkennen und den konkreten Handlungsbedarf feststellen.

Dieser Schritt ist unter anderem erforderlich, um die MitarbeiterInnen von der

Notwendigkeit der Veränderung zu überzeugen. Indem die Führungskräfte Ziele

formulieren, wird aufgezeigt, was durch die Änderung erreicht werden soll, und

ein Vergleichswert geschaffen, mit dem Diskrepanzen zwischen Ziel- und Ist-

Zustand verdeutlicht werden können. Als Leitfaden für die spätere Umsetzung

wird dieses Prinzip bereits vor dem Anstoßen konkreter Veränderung relevant.

Für erfolgreiches zielorientiertes Management ist es darüber hinaus essentiell,

Erfolgskriterien zu bestimmen, um den Erfolg messen und beurteilen zu können.

14 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 185-186

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Sobald diese grundlegenden Punkte geklärt sind, müssen vom Management

folgende Fragen beantwortet werden: Wie wird die Veränderung organisiert, d.h.

wer koordiniert und steuert sie? Wer trägt die Verantwortung? Wie erfolgt die

Aufgabenverteilung? In welchen Phasen soll die Veränderung ablaufen? Wie viel

Zeit benötigt der Veränderungsprozess? Weiters sollten die Führungskräfte

Meilensteine bestimmen, die dazu dienen, den Fortschritt und bereits erreichte

Erfolge sichtbar zu machen. Dies hat einen fördernden Einfluss auf die Motivation

der MitarbeiterInnen. Zur Beurteilung des Fortschrittes der Veränderung bedarf es

unter anderem einer Kontrolle des Change-Prozesses. Im Rahmen der

Vorbereitung hat das Management zu bestimmen, wie und durch wen diese

erfolgen soll.15

2. Keine Maßnahmen ohne Diagnose

Dieser Grundsatz zielt auf die Beurteilung der aktuellen Lage, also den Ist-

Zustand eines Unternehmens ab. Dabei sollte das Management den Grundsatz

„Eine gute Analyse ist der halbe Projekterfolg“ verfolgen.16 Um einen

umfangreichen Überblick über die Ausgangslage zu erhalten, ist es zumeist

empfehlenswert, die MitarbeiterInnen darüber zu befragen. Vor allem jene aus

operativen Bereichen sind als Informanten sehr zu empfehlen. Da sich ihr

Blickwinkel und Aufgabenbereich von jenem des Managements unterscheidet,

nehmen diese MitarbeiterInnen Abläufe und Gegebenheiten anders wahr und

können Probleme benennen. Sobald dem Management ein ausführliches Bild

über die aktuelle Lage vorliegt, kann es aufbauend auf den dadurch erhaltenen

Erkenntnissen ein angemessenes Lösungskonzept entwickeln.17

3. Ganzheitliches Denken und Handeln

Dieses Prinzip besagt, dass sich das Management im Zuge eines

Veränderungsprozesses nicht ausschließlich auf technische, strukturelle und

ökonomische Aspekte beschränken soll, sondern auch die

(zwischen)menschlichen Aspekte zu berücksichtigen hat. Die Vernachlässigung

(zwischen) menschlicher Aspekte ist einer der häufigsten Gründe für das

Scheitern von Veränderungsprozessen. Die Kultur und das Verhalten innerhalb

15 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 189-190 16 K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 189 17 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 189-190

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einer Organisation sind bereits bei der Bewertung des Ist-Zustandes zu

analysieren, weil Faktoren wie beispielsweise Arbeitsklima, Motivation,

Kommunikation oder auch der jeweilige Führungsstil ganz entscheidenden

Einfluss auf den Erfolg von Veränderungsprojekten haben. Sie können

veränderungsfördernd aber auch veränderungshemmend wirken. Demnach ist es

nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, dass das Management im Vorfeld eine

Beurteilung dieser Aspekte vornimmt und sie, wenn nötig, ebenfalls

Veränderungen unterzieht. Auch während des tatsächlichen

Veränderungsprozesses spielt der Ansatz des ganzheitlichen Denkens eine

bedeutende Rolle. Die beste Strategie ist nutzlos, wenn sie von den

MitarbeiterInnen nicht verstanden und/oder akzeptiert wird oder unter den

gegebenen Umständen nicht umgesetzt werden kann.18

4. Beteiligung der Betroffenen

Neben den Gründen, die bereits im 2. Und 3. Prinzip eine Beteiligung der

MitarbeiterInnen empfohlen haben, gibt es weitere Gründe, die dafür sprechen

nämlich: Involviert sein, erzeugt Motivation, die sich später vor allem in Form von

Engagement für die Umsetzung der geplanten Veränderungen zeigt. Die

Teilnahme an entscheidenden strategischen Planungen verstärkt die

Identifikation mit dem Unternehmen, was sich ebenfalls positiv auf die Motivation

auswirkt. Wichtig ist allerdings, dass die MitarbeiterInnen von Beginn an beteiligt

werden, weil ihre Mitwirkung ist nur dann sinnvoll ist, wenn sie sich über die

Ausgangslage und Hintergründe des Change-Prozesses im Klaren sind.19

5. Hilfe zur Selbsthilfe

Das Management sollte bei der Beteiligung der MitarbeiterInnen berücksichtigen,

dass nicht alle über das notwendige Know-how für die Beurteilung der Situation,

beziehungsweise für zweckdienliche Inputs verfügen. Das kann zu

Verzögerungen und Blockaden bei Team- und Einzelarbeiten führen. Um diese

gegebenenfalls schnell zu beheben und die Weiterarbeit zu ermöglichen, müssen

die führenden Personen des Veränderungsprojektes unterstützend eingreifen. Die

18 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 190-192 19 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 192-193

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Unterstützung der MitarbeiterInnen kann je nach Situation und Notwendigkeit

unterschiedlich erfolgen:

o Indem man als kritischer/e Beobachter/in Feedback gibt

o Durch die Weitergabe von Wissen beziehungsweise Vermittlung von

hilfreichen Kompetenzen

o Durch Moderation und Beratung

o Durch Entscheidungen, die als Unterstützung dienen, indem man zum

Beispiel Ressourcen freigibt, die die MitarbeiterInnen für ihre

Arbeitsverrichtung benötigen, oder Letztere erleichtern.20

Ziel der Interventionen ist es, die selbständige Handlungsfähigkeit der

MitarbeiterInnen zu gewährleisten und bei auftretenden Problemen schnell wieder

herzustellen. Dabei sollte das Management bei der Unterstützung darauf achten,

die oben genannten Interventionsarten nicht zu überschreiten, weil alles, was

darüber hinausgeht, eine unerwünschte Unselbständigkeit erzeugen kann.21

6. Prozessorientierte Steuerung

Dieses Prinzip zielt auf die Steuerung menschlicher Arbeitsprozesse ab. Da

menschliches Handeln wesentlich komplexer und komplizierter ist als maschinell

ausgeführte Arbeiten, gestaltet sich das Lenken menschlichen Handelns um

einiges schwieriger als die Steuerung von Maschinen. Menschliches Handeln

basiert nicht nur auf sachlichen Fakten und logischem Denken sondern in hohem

Maße auf Emotionen, was die Komplexität erhöht und es schwierig macht,

positive wie negative Entwicklungen vorherzusehen. Vor allem in Prozessen, bei

denen eine Vielzahl unterschiedlicher AkteurInnen beteiligt sind, kann man

teilweise nur vermuten, wie sie sich verhalten werden. Verstärkt wird dieses

Problem durch die Tatsache, dass individuelle Reaktionen und Verhaltensweisen

von Person zu Person minimal - aber auch sehr stark -voneinander abweichen

können. Deshalb gilt bei der prozessorientierten Steuerung der Grundsatz „Die

Hand am Puls des Geschehens halten – und steuernd eingreifen, wenn die

20 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 194-196 21Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 194-196

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Situation dies erfordert.“22 Bei der Steuerung von MitarbeiterInnen ist es

unerlässlich, auf deren emotionale Lage Rücksicht zu nehmen. Damit diese

richtig eingeschätzt werden kann, muss das Management die Signale der

MitarbeiterInnen beobachten und ernst nehmen.

Um menschliches Handeln prozessorientiert zu steuern, hat das Management

folgende Faktoren und Handlungsempfehlungen zu beachten:

„Die Energie: (…)Wer sind die wichtigsten Verbündeten und Promotoren?

Die Macht: Wie können die „Schlüssel-Hierarchien“ und wie die informellen

„Opinion Leaders“ motiviert werden?

Das Kräftefeld: Welche förderlichen und welche hinderlichen Faktoren und

Einflüsse gibt es? Welche fördernde und hinderlichen Faktoren und

Einflüsse gibt es?

Die Vernetzungen: In welches Umfeld ist das Projekt eingebettet? Wer

muss wann aktiv einbezogen oder informiert werden?“23

Der Fortschritt des Veränderungsprozess sollte regelmäßig analysiert

werden. Dafür sollte das Management den Ansatz „Management by

wandering around“ verfolgen, der durch Präsenz der Führungskräfte mitten

im Geschehen geprägt ist. Dabei wird das Geschehen vor Ort gemeinsam

mit den MitarbeiterInnen analysiert. Empfehlenswert ist es, regelmäßig

Zwischenbilanzen zu ziehen und Kritikpunkte zu erfassen.

Um einen flüssigen Ablauf zu gewährleisten, ist es erforderlich, Störungen

vorzubeugen und eingetretene Störungen schnellstmöglich zu beheben.

Dementsprechend sollten Ursachen und Hintergründe von Widerständen in

persönlichen Gesprächen herausgefunden sowie Problemlösungen

gewählt werden, die alle Beteiligten akzeptieren.

Angesichts der Schwierigkeit vorherzusehen, wie sich ein

Veränderungsprozess weiterentwickelt, ist es unerlässlich, die operative

Feinplanung flexibel zu gestalten und je nach situativer Gegebenheit zu

22 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 196 23K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 198

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steuern. Allerdings sollten die Grundpläne dennoch konsequent

eingehalten werden. 24

7. „Lebendige“ Kommunikation22

Aufgrund der enormen Bedeutung des Themas Kommunikation im Change-

Management wird auf dieses Prinzip im Kapitel 5.3 „Erfolgskriterien eines

Change- Prozesses“ detailliert eingegangen.

8. Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen

„Prozesse laufen über Personen. Dieses Gesetz sollte von jedem bedacht

werden, der einen Entwicklungs- oder Veränderungsprozess anstrebt.“23 Mit Hilfe

von Opinion Leadern ist es für das Management relativ leicht, das Interesse und

sogar die Bereitschaft von MitarbeiterInnen für Veränderungen zu wecken.

Dementsprechend sollte das Management bereits vor dem Start eines

Veränderungsprozesses genau analysieren, welche MitarbeiterInnen als

Opinionleader in Frage kommen. Ebenso wichtig ist es, dass das Management

Verbündete und geeignete Personen findet, die den Veränderungsprozess leiten

können. Auf die Leitung eines Veränderungsprozesses wird im folgenden Kapitel

„Die richtige Führung im Wandel“ eingegangen.24

Im Anschluss an die Beschreibung der Grundregeln für ein erfolgreiches Change-

Management behandelt der nächste Abschnitt die Phasen, die ein

Veränderungsprozess durchläuft, und worauf das Management in den jeweiligen

Phasen achten sollte.

24 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 196-198 22 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 196-198 23 K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 202 24 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 202-204

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2.2 Phasen eines Change-Prozesses

Jede Organisation besitzt eine unverwechselbare Identität mit konkreten

Eigenschaften und Eigentümlichkeiten. Dieser Umstand macht sich im Bereich

des Change-Management deutlich bemerkbar, weshalb die jeweiligen

individuellen Eigenschaften, Gegebenheiten und Umstände der betreffenden

Organisation im Zuge von Veränderungsprozessen zu berücksichtigen sind.25

Obwohl sich Organisationen voneinander unterscheiden, durchlaufen sie im Zuge

von Veränderungsprozessen in der Regel die gleichen aufeinanderfolgenden

Phasen.26

In seinem „Drei-Phasen Modell“ definierte Kurt Lewin 1947 erstmals die Phasen

eines Veränderungsprozesses. Seiter wurde eine Vielzahl weiterer Modelle von

Veränderungsprozessen veröffentlicht. Die meisten bauen auf Kurt Lewins Modell

auf und erweitern dieses zu ganzheitlichen Prozessmodellen.27 Die später

veröffentlichten Modelle unterscheiden mehr als drei Phasen - auch „Stufen“

genannt - und definieren konkretere Vorgaben bezüglich der, in den jeweiligen

Phasen zu erreichenden Ziele. Grundlegende Unterschiede zwischen den

Modellen gehen allerdings auch bei deren näherer Betrachtung nicht hervor. Dies

ist auch in Grafik 1 ersichtlich.28

Grafik Nr.1 zeigt einen chronologisch aufgebauten Überblick über in der Literatur

häufig zitierte Prozessmodelle, die zwischen 1947 und 2000 veröffentlicht

wurden:

1. 1947 Kurt Lewin: Drei-Phasen Modell

2. 1996 John Kotter: Acht-Stufen Prozess

3. 2000: Wilfried Krüger: Das Fünf-Phasen Modell

25 Vgl. H. Gölzner, C. Schmoll, 2014, S. 10 26 Vgl. G. Kraus, 2006, S. 16 27 Vgl. G. Kodydek, J. Mühlbacher, 2014, S. 3ff 28 Vgl. G. Kodydek, J. Mühlbacher, 2014, S. 3ff

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Im Vergleich zu den anderen, in Grafik Nr. 1 dargestellten Prozessmodellen

beleuchtet das ebenfalls abgebildete „8-Stufen Modell“ von John P. Kotter (1996)

in besonderem Maße die Aufgaben des Managements im Change-Prozess, wie

z.B. den Umgang mit Wiederständen sowie die Bedeutung der Kommunikation.

Damit trifft es den Fokus der vorliegenden Arbeit besser als andere Modelle.29

Aus diesem Grund wird m Folgenden das „8-Stufen Modelles“ als Grundlage zur

Beantwortung folgender Fragen herangezogen:

Wie läuft ein Change-Prozess ab?

Worauf sollte das Management innerhalb der unterschiedlichen

Phasen/Stufen achten?

Welche Haltungen, Emotionen und Reaktionen der MitarbeiterInnen sind in

den jeweiligen Phasen zu erwarten?

2.2.1 Das 8-Stufen Modell nach Kotter

Das 8-Stufen Modell baut auf den Erkenntnissen der Feldtheorie von K. Lewin

auf. Allerdings differenziert Kotter - im Vergleich zu Lewin, der drei Phasen

definiert (Unfreezing, Moving, Refreezing) - acht Stufen, die Unternehmen

innerhalb eines Veränderungsprozesses durchlaufen sollten, um häufige Fehler

und das Scheitern des Wandels so gut wie möglich zu verhindern.30

Stufe 1: Ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugen

Kotter zufolge ist eine geplante Veränderung sinnlos, wenn den

MitarbeiterInnen das Verständnis für die Dringlichkeit der Veränderung fehlt.

Dies gilt vor allem für grundlegende Änderungen. Je nach Grad des

Verständnisses sind MitarbeiterInnen mehr oder weniger motiviert und bereit,

an der Veränderung mitzuwirken. In dieser Stufe besteht die Aufgabe der

Führungskräfte darin, ihre MitarbeiterInnen von der Notwendigkeit der

Veränderung zu überzeugen. Laut Kotter ist es erst sinnvoll, weitere Schritte in

29 Vgl. G. Kodydek, J. Mühlbacher, 2014, S. 3ff 30 Vgl. initio Organisationsberatung (2015), www.organisationsberatung.net

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Hinblick auf die Veränderung zu setzen, wenn mindestens ¾ der Belegschaft

überzeugt sind.31

Stufe 2: Aufstellung einer starken Führungskoalition als Team

Eine einzelne Person kann innerhalb einer Organisation keine komplexe

Veränderung im Alleingang erfolgreich bewältigen.32 Aus diesem Grund sollte

in dieser Prozessstufe ein Teambestehend aus kompetenten Fachleuten

gebildet werden, die von der Notwendigkeit der Veränderung voll überzeugt

sind33, und mit der nötigen Autorität und entsprechender Sachkenntnis

ausgestatten sind, um Glaubwürdigkeit und das geplante Ziel zu erreichen.“34

Dieses Team sollte darüber hinaus Opinionleader und kritische Betroffene

involvieren, die dabei helfen, Widerstände frühzeitig zu erkennen.35

Stufe 3: Entwicklung einer Vision und Strategie

Den Mitgliedern des, in der vorherigen Stufe erstellten Führungsteams obliegt

es nun, eine Vision zu entwickeln. Diese soll verdeutlichen, welches Ziel durch

die Veränderung erreicht werden soll. Die Vision soll MitarbeiterInnen

Orientierung geben und sie motivieren, sich für das Erreichen der Ziele

einzusetzen. Darüber hinaus muss das Führungsteam eine Strategie erstellen,

wie die Vision verwirklicht werden soll. Vision und Strategie müssen

glaubwürdig und realisierbar sein, um auf die Motivation und

Veränderungsbereitschaft der MitarbeiterInnen positiv wirken zu können.36

Stufe 4: Die Vision des Wandels kommunizieren

Um das, von der Vision ausgehende Potenzial in Hinblick auf die

Überzeugung und Motivation der MitarbeiterInnen bestmöglich

31 Vgl. A. Engelen, M. Engelen, J.T. Bachmann, 2015, S. 227 32 Vgl. G. Kodydek, J. Mühlbacher, 2012, S. 17 33 A. Engelen, M. Engelen, J.T. Bachmann, 2015, S. 228 34 G. Kodydek, J. Mühlbacher, 2012, S. 17 35 Vgl. A. Engelen, M. Engelen, J.T. Bachmann, 2015, S. 228 36 Vgl. G. Kodydek, J. Mühlbacher, 2012, S. 18

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auszuschöpfen, müssen die Führungskräfte die Vision effektiv kommunizieren.

Dafür hat das Führungsteam geeignete Mittel und Wege zu finden, um

einerseits sämtliche MitarbeiterInnen zu erreichen und andererseits die Vision

so zu vermitteln, dass sie für alle verständlich ist.37

Stufe 5: Ermöglichung der Umsetzung des Zielbilds

Das Mitwirken der MitarbeiterInnen bei der Umsetzung der Veränderung ist

unerlässlich. Ohne ihre Unterstützung und Mitarbeit scheitert ein

Veränderungsvorhaben. Den Führungskräften obliegt es, MitarbeiterInnen

einen gewissen Handlungsspielraum zu gewährleisten und etwaige Barrieren

in Hinblick auf die Umsetzung der Änderungen zu beseitigen. Ermöglicht man

MitarbeiterInnen keinen Rahmen, in dem sie eigenständig handeln und

entscheiden können, und/oder stoßen sie auf unüberwindbare bzw. schwer

überwindbare Hindernisse, so besteht die Gefahr, dass der Frust der

MitarbeiterInnen steigt, deren Motivation sinkt und sie sich in Folge quer

stellen und an der Veränderung nicht mehr beteiligen möchten. 38

Stufe 6: Planung und Sichtbarmachung kurzfristiger Erfolge

Die Umsetzung schwerwiegender Veränderungen erstreckt sich i.d.R. über

einen längeren Zeitraum. Je länger dieser ist, umso größer ist die Gefahr,

dass die Motivation der Beteiligten vor Abschluss des Veränderungsprozesses

sinkt, Veränderungspläne hinterfragt werden und Widerstände aufkommen.

Um dem vorzubeugen, sind kurzfristige Ziele zu formulieren und deren

Erreichen zu feiern. Das Bewusstmachen und Feiern von tatsächlich erzielten

Zwischenerfolgen kann neben dem Erhalt der Motivation auch dazu dienen,

ehemalige Gegner der Veränderung umzustimmen.39

37 Vgl. G. Kodydek, J. Mühlbacher, 2012, S. 18-19 38 Vgl. G. Kodydek, J. Mühlbacher, 2012, S. 19 39 Vgl. A. Engelen, M. Engelen, J.T. Bachmann, 2015, S. 230

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Stufe 7: Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten

Kotter warnt davor, frühzeitig die vermeintliche Erreichung des gewünschten

Zieles zu feiern,40 weil selbst in einem Stadium, in dem das Ziel nicht mehr

weit entfernt scheint, unerwartete Geschehnisse dazu führen können, dass

Veränderungen letztendlich scheitern.41 Wenn das Ziel fast erreicht, jedoch

eine feste Verankerung der Veränderungen noch nicht gegeben ist, empfiehlt

Kotter, die Zeit dafür zu nutzen, noch nicht angepasste Systeme, Strukturen

und/oder Regeln im Hinblick auf die Vision zu ändern. Auch die Rekrutierung

neuer MitarbeiterInnen und/oder Förderung vorhandener MitarbeiterInnen, die

die Veränderungen gutheißen und hinter ihnen stehen, wirken sich in dieser

Stufe des Prozesses förderlich aus.42

Stufe 8: Neue Ansätze in der Kultur verankern

Das Ziel eines Veränderungsprozesses ist erst dann tatsächlich erreicht, wenn

die Änderungen fest im Unternehmen verankert sind. Erst damit reduziert sich

die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalles in alte Gewohnheiten und

Gegebenheiten auf ein gewisses Restrisiko, das stets besteht. Daher liegt der

Fokus in der letzten Stufe eines Veränderungsprozesses auf der gezielten

Verankerung der neuen strategischen Ansätze in der Unternehmenskultur.

Eine Vielzahl von Änderungen in der Unternehmenskultur erfolgt erst gegen

Ende eines Change-Prozesses, wenn die erreichten Erfolge die Sinnhaftigkeit

der Veränderung belegen. Damit MitarbeiterInnen einen Wandel auch

rückblickend positiv sehen, ist es Aufgabe des Managements, die positiven

Aspekte und Erfolge der Veränderung deutlich zu kommunizieren.43

40 Vgl. A. Engelen, M. Engelen, J.T. Bachmann, 2015, S. 230 41 Vgl. G. Kodydek, J. Mühlbacher, 2012, S. 20 42 Vgl. A. Engelen, M. Engelen, J.T. Bachmann, 2015, S. 230 43 Vgl. A. Engelen, M. Engelen, J.T. Bachmann, 2015, S. 231

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2.3 Ausgewählte Erfolgskriterien eines Change-Prozesses

Die Kommunikation sowie der Umgang mit Widerständen zählen zu den

entscheidendsten Erfolgskriterien für Veränderungsprozesse. Dies zeigt sich auch

innerhalb des gewählten Praxisbeispiels. Deshalb und weil diese beiden Kriterien

in besonderem Maße das Management betreffen, wird ihnen hier etwas breiterer

Raum gewidmet.

2.3.1 Kommunikation

Der Austausch bzw. die Übertragung von Informationen spielt naturgemäß nicht

nur in den Phasen eines Veränderungsprozesses eine ausschlaggebende Rolle,

sondern auch vorher und nachher. Um einen Wandel kommunikativ sinnvoll zu

unterstützen, bedarf es vorab eines Kommunikationsplanes, in dem die

Kommunikationsziele, -inhalte, -methoden und -medien der einzelnen Phasen

bestimmt werden. Darüber hinaus ist es essentiell zu regeln, wer wem welche

Botschaften überbringen soll.44

Vor allem in der Vorbereitungs- und Unfreezinig Phase ist die Kommunikation

entscheidend, um MitarbeiterInnen Orientierung zu geben, indem sie über die

Hintergründe und die Notwendigkeit der Veränderung aufgeklärt werden.45

Aufgaben und Ziele der Kommunikation:

Schaffung von Transparenz

Um Menschen zum Mitwirken zu bewegen, ist Transparenz ein wichtiges

Kriterium.46 Fühlen sich MitarbeiterInnen offen und ausreichend informiert

sowie involviert, erreicht man in der Regel eine hohe Bereitschaft zum

Wandel.47

Verstärkung durch positives Feedback

Selbst wenn MitarbeiterInnen von der Notwendigkeit einer Veränderung

überzeugt sind, lösen anstehende Veränderungen bei einem Großteil in der

Regel Unbehagen und Unsicherheit aus. Wird dieser Aspekt in der

44 Vgl. T. Lauer, 2014, S.133 45 Vgl. T. Lauer, 2014, S.127 46 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 199 47 Vgl. K. Doppler, C. Lauterburg, 2014, S. 199

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Kommunikation nicht berücksichtigt, können sich rasch Widerstände

entwickeln. Um dies zu vermeiden, ist es empfehlenswert, stets die bereits

erreichten Zwischenerfolge und Entwicklungen zu kommunizieren, um die

Motivation der Betroffenen zu erhalten und bestenfalls sogar zu verstärken.48

Erkennen und Abschwächen von Widerständen

Selbst wenn in einem Change-Prozess ein hohes Maß an Transparenz

gegeben ist, muss dennoch mit Widerständen gerechnet werden. Hier hat die

Kommunikation zwei wesentliche Aufgaben: Auf der einen Seite dient sie als

Instrument, die Hintergründe von Widerständen zu erforschen und zu

verstehen. Auf der anderen Seite ist sie ein wirkungsvolles Mittel, um

Widerstände zu überwinden.49

Da es erfolgskritisch ist, wie insbesondere das Management mit Widerständen

umgeht, wird auf dieses Thema im Folgenden detaillierter eingegangen.

2.3.2 Umgang mit Widerständen

Selbst die beste Planung und Vorgangsweise kann nicht zur Gänze vor

Widerständen schützen. Umso wichtiger ist der richtige Umgang mit ihnen, sobald

Widerstände auftreten. Der Umgang mit Widerständen ist wesentlich

erfolgskritischer als die Widerstände selbst, weil eine falsche Reaktion

Widerstände verstärkt und dadurch das Management vor noch mehr Probleme

stellt.50

In der Literatur werden Widerstände unter anderem in erklärungsbedürftige und

nicht-erklärungsbedürftige Widerstände gegliedert. Nicht-erklärungsbedürftige

Widerstände sind solche, die man leicht vorhersehen kann, wie z.B.

offensichtliche Nachteile für die Belegschaft, die aufgrund der Veränderung

entstanden sind. Widerstände aufgrund offensichtlicher Nachteile sind

prognostizierbar. Auf nicht-erklärungsbedürftige Widerstände kann sich das

Management vorweg einstellen und Strategien erstellen, wie man den zu

48 Vgl. T. Lauer, 2014, S.124 49 Vgl. T. Lauer, 2014, S.124 50 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 58ff

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erwartenden Widerständen vorbeugen kann und wie mit ihnen umgegangen

werden soll, falls die Vorbeugung misslingt. Eine größere Herausforderung für

das Management stellen Widerstände dar, die erklärungsbedürftig sind. Diese

resultieren oftmals nicht aus Gründen, die durch die Veränderung entstehen,

sondern aus dem individuellen psychologischen Hintergrund der betroffenen

Person.51

Widerstände werden durch mehrere Aspekte begünstigt. Ein signifikanter Anteil

von MitarbeiterInnen lehnt generell Neues und/ oder Fremdes ab und empfindet

Veränderungen als ermüdend.52 Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Diese

sprichwörtliche Erkenntnis wird vor allem deutlich, wenn es um Veränderungen

geht. Sobald eine Veränderung droht, erscheint es manchen Betroffenen sogar

attraktiver, zuvor kritisierte Ist-Zustände beizubehalten als sich auf

Veränderungen einzustellen. 53

Der richtige Umgang mit Widerständen zeichnet sich durch eine offene

Grundhaltung aus sowie durch ein analytisches und konstruktives Vorgehen bei

der Erforschung der Gründe für den Widerstand. Für Letzteres stellt das

Mitarbeitergespräch das beste Instrument dar. Im Rahmen des

Mitarbeitergespräches können Anliegen und Bedürfnisse der MitarbeiterInnen

herausgefunden und zugleich erfragt werden, welche Handlungsalternative sie

vorschlagen. Mitarbeitergespräche verfolgen somit mehrere Ziele: Zum einen

sollen sich MitarbeiterInnen eingebunden und „erhört“ fühlen. Zum anderen kann

das Management die Potenziale der MitarbeiterInnen nutzen, indem Letztere mit

ihrer Meinung zur Problemlösung beitragen.54

51 Vgl. T. Lauer, 2014, S.124-125 52 Vgl. T. Lauer, 2014, S.46-53 53 Vgl. T. Lauer, 2014, S.47ff 54 Vgl. T. Lauer, 2014, S.47ff

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3. Führungsstil und Eigenschaften von Führungskräften im

Change-Prozess

Führungskräfte haben ihre MitarbeiterInnen bei der Umsetzung des Change-

Prozesses zu begleiten und zu führen.55 Im Sinne der Definition von Führung,

nämlich steuernd auf das Verhalten anderer Menschen einzuwirken, um eine

konkrete Zielvorstellung zu verwirklichen. Dabei ist es nicht zielführend Befehle zu

erteilen bzw. ein bestimmtes Verhalten zu verlangen.56 Welche Form der Führung

empfehlenswert ist, wird im folgenden Kapitel erläutert.

3.1 Der Transformatorische Führungsstil

Dieser Führungsstil ist vor allem für Veränderungsprozesse äußerst

erfolgsversprechend.57 Er zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass Führungskräfte

situationsabhängig unterschiedliche Rollen, im Sinne von bestimmten

Verhaltensweisen, ausfüllen. Demzufolge agiert eine Führungskraft als

ManagerIn, aber auch als VisionärIn, Coach, authentisches Vorbild und

WohltäterIn.58 Diese Rollen werden nachfolgendbeschrieben.

Die Rolle des/der VisionärIn:

Zu den Aufgaben des Topmanagements zählt das Erkennen eines

Veränderungsbedarfs.59 Sobald feststeht, dass ein Wandel notwendig ist, muss

als nächster Schritt klar gestellt werden, wohin dieser Wandel führen soll. Dabei

fungieren Führungskräfte als Visionäre. Es liegt in ihren Händen, langfristige,

erreichbare und herausfordernde Unternehmensziele zu definieren und dadurch

eine Vision zu schaffen, die der Belegschaft als Orientierung und

Motivationsfaktor dient. Um MitarbeiterInnen zu überzeugen und für die Vision

sowie den bevorstehenden Wandel zu gewinnen, ist es wichtig, ihnen durch

überzeugende Kommunikation den Sinn und die Notwendigkeit der Veränderung

bzw. der Vision nahe zu bringen. Im Anfangsstadium fungiert das

55 Vgl. G. Kraus, C. Becker-Kolle, T. Fischer, 2006, S. 39 56 Vgl. G. Kraus, C. Becker-Kolle, T. Fischer, 2006, S. 39-40 57 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 91-92 58 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 92 59 Vgl. H. Gölzner, C.Schmoll, 2014, S.29

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Topmanagement daher vor allem als Enabler und Legitimator der

Veränderungen. Im Rahmen ihrer Rolle als Visionäre sollten Führungskräfte stets

darauf achten, die jeweils im Fokus stehende Lage des Unternehmens neutral zu

beurteilen und sich genügend Zeit für Überlegungen und Entscheidungen zu

nehmen.60 61

Die Rolle des Coaches:

Coaching ist vor allem während des Change-Prozesses wichtig. Im Rahmen ihrer

Rolle als Coach sollen Führungskräfte die Selbsterkenntnis der MitarbeiterInnen

fördern und durch konstruktives Feedback eine Weiterentwicklung ermöglichen.

Selbsterkenntnis ist wichtig, um den Bedarf einer persönlichen Veränderung

einzusehen. Im Feedback soll die Wertschätzung der MitarbeiterInnen und deren

Leistung ausgedrückt werden, wodurch die Motivation der Belegschaft erheblich

beeinflusst wird. Um ein guter Coach zu sein, müssen Führungskräfte u.a. drei

wichtige Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen

über eine breite Allgemeinbildung verfügen, um die Zusammenhänge

zwischen Handlungen, Strategien, Unternehmen und Umfeld verstehen zu

können;

selbst Erfolge und Misserfolge erfahren haben, um sich in ähnliche Erlebnisse

und Gefühle der MitarbeiterInnen hineinversetzen und ihnen Ratschläge

geben zu können und

ihre MitarbeiterInnen wertschätzen.62

Die Rolle des authentischen Vorbilds:

MitarbeiterInnen orientieren sich an ihren Führungskräften. Das Verhalten der

Führungskräfte spielt auch innerhalb von Change-Prozessen eine wesentliche

Rolle. Wasser zu predigen, aber selbst Wein zu trinken, lässt die Belegschaft an

der Glaubwürdigkeit der Topmanager und deren Vorhaben zweifeln. Demnach ist

es wichtig, dass sich Führungskräfte darüber im Klaren sind, dass ihr Verhalten

eine symbolische Bedeutung und große Auswirkungen auf die Motivation und das

Mitwirken der MitarbeiterInnen hat.63 Die Leader eines Veränderungsprozesses

60 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 109ff 61 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 7 u. S.85 62 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 95-99 63 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 99

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nehmen eine Art Elternrolle ein, in der sie den Beteiligten durch ihr Verhalten ein

Gefühl von Sicherheit vermitteln und durch ihr Verhalten vorleben, wie sich

MitarbeiterInnen richtigerweise verhalten sollen.64

Die Rolle des Wohltäters:

Echte Leader legen Ziele weder zum Zweck der eigenen Bereicherung fest noch

verfolgen sie Ziele aus demselben Grund, sondern stellen die Interessen des

Unternehmens tendenziell über die eigenen Interessen. Ist dies der Fall, schreibt

die Belegschaft diesen Führungskräften eine hohe Glaubwürdigkeit zu und zeigt

ebenfalls eine größere Bereitschaft, sich für die Ziele der Organisation

einzusetzen. Die Rolle des Wohltäters beinhaltet auch, dass Führungskräfte nicht

davor zurückscheuen, gute Mitarbeiter zur eigenen Unterstützung hinzuzuziehen,

und gezielt deren Potenzial nutzen. Nicht zuletzt rühmen sich Wohltäter nicht mit

Erfolgen anderer.65

3.2 Erfolgskritische Charaktereigenschaften von Führungskräften

Menschen unterscheiden sich u.a. durch ihre individuellen Eigenschaften und

Persönlichkeitsmerkmale. Diese bestimmen auch die Art und Weise, wie sie eine

Führungsfunktion ausüben. Dieser Abschnitt befasst sich mit Eigenschaften und

Persönlichkeitsmerkmalen, über die Führungskräfte verfügen sollten, um Change-

Prozesse erfolgreich zu gestalten und zu führen.

Zielgerichtetheit

Eine Veränderung erfolgreich zu bewältigen, erfordert eine gewisse

Zielgerichtetheit, d.h. die Fähigkeit, ein Ziel vor Augen zu haben und den Fokus

nicht zu verlieren. Viele Manager fertigen Tag für Tag die anfallenden Aufgaben

ab und investieren dabei einen Großteil ihrer Energie. Dabei gerät das Ziel, das

mit der Veränderung angestrebt wird, oftmals in den Hintergrund.66

64 Vgl. G. Kodydek, J. Mühlbacher, 2012, S. 7-9 65 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 100-102 66 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 102-103

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Willenskraft

Im Zuge eines Veränderungsprozesses wird das Management mit vielen

Widerständen konfrontiert. 67 Um diesen standzuhalten und das Ziel nicht

aufzugeben, ist eine besonders ausgeprägte Willenskraft. „Willenskraft beinhaltet

(...) nicht nur die Entschlossenheit, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, sondern

auch das Festhalten an diesem Ziel, selbst bei widrigen Umständen.“68

Selbstreflexion

Unter Selbstreflexion versteht man „die Fähigkeit (…), eigene Stimmungen,

Gefühle und Antriebe sowie die Wirkung auf andere zu erkennen.“69 Diese

Fähigkeit ist wichtig, um eigene Stärken und Schwächen zu erkennen und an

ihnen arbeiten zu können.70

Selbstkontrolle

Unter Selbstkontrolle versteht man in diesem Kontext „die Fähigkeit momentane

und impulsive Gefühlsregungen so zu kontrollieren, dass sie angemessen und

zielgerichtet zum Vorschein kommen.“71 Diese Eigenschaft ist unter anderem im

Umgang mit Widerständen hilfreich, weil sie die Deeskalation von Konflikten

erleichtert. 72 „Darüber hinaus wird Selbstkontrolle auch als Basis der Offenheit

gegenüber Neuem definiert. Mit der Begründung, dass selbstkontrollierende

Personen sich eher auf neue und damit potenziell kritische Situationen einlassen,

mit dem Wissen, dass sie sich auch in solchen Situationen im Griff haben.“73

Empathie

„Empathie ist die Fähigkeit zum Einfühlen und Nachempfinden der Erlebnisse und

Gefühle anderer, durch sie kann man menschliche Beziehungen aufbauen und

erhalten.“74 Führungskräfte, die über eine hohe Empathiefähigkeit verfügen,

können soziale Situationen mit einer neutralen Haltung analysieren und

verstehen. Wie bereits in Kapitel 3.1 Der Transformationale Führungsstil erwähnt,

67 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 103 68 T. Lauer, 2014, S. 103 69 T. Lauer, 2014, S. 104 70 Vgl. C. Ahrens, L. Ahrens, 2014, S. 3 71 F. Jetter, R. Skrotzki, 2005, S. 97 72 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 104 73 T. Lauer, 2014, S. 104 74 Online-Enzyklopädie für Psychologie und Pädagogik (2015), http://lexikon.stangl.eu/

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ist diese Eigenschaft vor allem wichtig, wenn Führungskräfte die Rolle des

Coachs einnehmen.75

Soziale Kompetenz

„Sozial kompetente Personen sind in der Lage, zwischenmenschliche

Interaktionen zu analysieren und zielorientiert zu agieren, während sie gleichzeitig

die Interessen ihrer Interaktionspartner berücksichtigen.“76 Sozial kompetente

Führungskräfte genießen in der Regel eine breite Akzeptanz in der

Mitarbeiterschaft. Sie sind in der Lage, soziale Netzwerke aufzubauen, die beim

Informationsaustausch hilfreich sind. Die informelle Kommunikation innerhalb

ihres sozialen Netzwerks bietet Führungskräften die Möglichkeit, wertvolle

Informationen über unternehmensinterne und –externe Themen zu erhalten.77

Informelle Kommunikation bezeichnet den spontanen und ungeplanten Austausch

von Informationen zweier oder mehrerer Individuen.78

4. PRAXISBEISPIEL: Die Simmering-Graz-Pauker AG (SGP)

Der Fokus dieser Arbeit liegt auf Geschehnissen in den 1980er Jahren, als das

Unternehmen restrukturiert wurde.

4.1 Unternehmensbeschreibung

„Die Simmering-Graz-Pauker AG wurde ursprünglich als Simmering-Graz-Pauker

Aktiengesellschaft für Maschinen-, Kessel- und Waggonbau gegründet. Sie war

eine der wichtigsten österreichischen Maschinen- und Motorenfabriken des 20.

Jahrhunderts. Entstanden ist sie 1941 durch die Fusion der Simmeringer

Maschinen- und Waggonbau-Aktiengesellschaft mit der Grazer Maschinen- und

Waggonbau-Aktiengesellschaft und der Paukerwerk Aktiengesellschaft aus

Wien.79

75 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 105 76 Online-Enzyklopädie für Psychologie und Pädagogik (2015), http://lexikon.stangl.eu/ 77 Vgl. T. Lauer, 2014, S. 105 78 Vgl. Deutsche Enzyklopädie (2015): http://www.enzyklo.de/ 79 Wikipedia Die freie Enzyklopädie (2016): https://de.wikipedia.org

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1946 erfolgte die Verstaatlichung des Unternehmens. Neben Schienenfahrzeugen

wurden seit her auch Kräne, Dieselmotoren, Pressen und Kraftwerkskessel

produziert und weltweit vermarktet. In den sechziger und siebziger Jahren gehörte

die SGP, die seit 1970 Teil der ÖIAG war, zu den erfolgreichsten Unternehmen

der Verstaatlichten Industrie.“ 80 Im Jahr 1983 erwirtschafteten rund 4500

Beschäftigte einen Umsatz von 2,9 Milliarden Schilling.81

4.2 Die SGP in den 1980er Jahren

Die folgenden Informationen resultieren aus den Interviews mit zwei der

damaligen Vorstandsmitglieder.

Aufgrund diverser Probleme herrschte in der Simmering-Graz-Pauker AG in den

1980ern eine kritische Stimmung:

Die Produkte: Einige Produkte waren nicht mehr zeitgemäß. Manche fanden

aufgrund der Marktsättigung kaum noch Abnehmer (Beispiel: Industrieanlagen)

oder machten nur noch Verluste.

Die Produktion: Die Produktion war zu teuer. Die SGP konnte preislich nicht mit

ausländischen Herstellern mithalten.

Die Nachfrage/Verkaufsmärkte: Hauptabnehmer waren österreichische

öffentliche Unternehmen. Somit hing die Nachfrage vom Bundesbudget ab, das je

nach Regierung mehr oder weniger Geld für Investitionen zur Verfügung stellte.

Für internationale Märkte waren die meisten Produkte zu teuer.

Die Auftragslage / Auslastung: Es gab nicht genug Arbeit für die vorhandenen

Arbeitskräfte. Um diesem Problem entgegenzuwirken, wurden Aufträge

angenommen, die das Potenzial der SGP überstiegen. Mit dieser

Vorgehensweise wurden große Verluste und Risiken in Kauf genommen.

Personal: In Relation zur bestehenden und zu erwartenden Auftragslage waren

zu viele MitarbeiterInnen beschäftigt.

80 G. Kamnig (1999) 81 Österrich Lexikon (2016): http://www.aeiou.at

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4.3 Die Sicht des Vorstands

Die Sicht des Vorstands bezieht sich hier auf die Wahrnehmungen jenes

Managers, der 1981 als Mitglied des insgesamt dreiköpfigen Vorstandes in das

Unternehmen eintrat, 1985 den Vorsitz übernahm und in der Folge einen großen

Change-Prozess zu managen hatte.

4.3.1 Der Auftrag des Vorstands

In den 1980er Jahren lautete der Hauptauftrag des Eigentümers an den Vorstand,

die Verluste in den Griff zu bekommen. Dabei sollte der Fokus auf folgenden zwei

Punkte liegen: Produkte zu bestimmen, die gemessen an den Möglichkeiten der

SGP angebracht waren, und das Unternehmen zu modernisieren. Daraufhin

beschloss der Vorstand, das Unternehmen zu restrukturieren.

4.3.2 Individuelle Ziele des Vorstandes

Neben dem konkreten Auftrag einigten sich die Vorstandsmitglieder darauf, die

SGP zu einer diversifizierten Firma zu entwickeln, die international attraktiv und

konkurrenzfähig ist.

4.4 Der Change-Prozess aus der Sicht des Vorstandvorsitzenden

Der Start:

Um die Simmering-Graz-Pauker AG in ein diversifiziertes Unternehmen

umzustrukturieren war es vorweg notwendig zu bestimmen, in welchen Bereichen

die Potenziale des Unternehmens liegen und welche Diversifizierung sinnvoll

wäre. Dafür wurden Zielbestimmungsseminare und internen Arbeitskreise mit

TeilnehmerInnen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen abgehalten. Das

Resultat dieser Arbeitskreise war ein umfassendes Modernisierungs-Konzept

namens „SGP-90“. Dieses Strategiepapier beinhaltete unter anderem die

Schließung von Produktbereichen, die nicht mehr von Vorteil waren, die

Weiterentwicklung und Erweiterung erfolgversprechender Bereiche sowie die

Einführung eines umfangreichen state-of-the-art Projektmanagements.

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Nach der Visionsentwicklung und Zielfestlegung wurden folgende Punkte

bestimmt: Welche Maßnahmen sind notwendig, um die Ziele zu erreichen? In

welchem Zeitrahmen? Wer koordiniert die Maßnahmen? Wer kontrolliert den

Fortschritt? Und wie?

Die Kommunikation

Für den Vorstandsvorsitzenden stellte die Kommunikation im Zuge des

Veränderungsprozesses eine der wichtigsten Aufgaben dar. Unter anderem

richtete er mit IBM ein internes Mailboxsystem ein, um alle MitarbeiterInnen zu

erreichen.

Die Notwendigkeit tiefgreifender Veränderungen zu kommunizieren, stellte kein

großes Problem dar, weil die Lage des Unternehmens den meisten

MitarbeiterInnen bewusst war. Allgemein bekannt war auch, dass es für

bestimmte Produkte keine Abnehmer mehr gab. Eine große Herausforderung war

jedoch die Kommunikation hinsichtlich der konkreten Umsetzung der notwendigen

Veränderungen, beispielsweise wenn es darum ging, TechnikerInnen, die mit

Leib und Seele an ihrem Produkt hingen, klarzumachen, dass ihr Produkt

aufgegeben werden muss und ihr Arbeitsplatz wegfällt. Dieser Schritt war

naturgemäß mit sehr vielen Emotionen behaftet.

Wertvoll für eine offene und glaubhafte Kommunikation waren die o.g.

Arbeitskreise, an denen auch viele Führungskräfte aus dem mehrstufigen

mittleren Management teilgenommen haben. Indem viele Führungskräfte am

Erarbeiten der Restrukturierungsmaßnahmen beteiligt waren und die

Veränderungspläne und –vorgangsweise selbst entworfen hatten, waren sie von

deren Vorteil überzeugt. Somit standen sie hinter den beschlossenen

Maßnahmen und konnten diese positiv und überzeugend gegenüber ihren

eigenen MitarbeiterInnen kommunizieren.

Maßnahmen während des Change-Prozesses

Der Vorstandsvorsitzende legte viel Wert darauf, immer am Ball zu bleiben und

den Change-Prozess nicht einschlafen“ zu lassen. Daher fanden regelmäßig

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Meetings statt, in denen die Entwicklung der gesetzten Maßnahmen besprochen,

die aktuelle Lage beurteilt und die weitere Vorgehensweise besprochen wurde.

Stellte sich dabei eine begonnene Maßnahme als nicht zielführend heraus wurde

sie beendet.

Der Umgang mit Widerständen

Während des Veränderungsprozesses war der Vorstand mit vielen Widerständen

von Seiten der MitarbeiterInnen konfrontiert. Diese begannen bereits vor Beginn

des Change-Prozesses. Einige MitarbeiterInnen stellten die Vorgehensweise und

Ziele des neuen Vorstandvorsitzenden in Frage. In ihren Augen hatte der neue

Vorstandvorsitzende keine Ahnung von „ihrem Werk und ihrer Technik“. Sie

ärgerten sich darüber, dass der Generaldirektor quasi „alles Gewohnte

umdrehen“ wollte.

Der Vorstandsvorsitzende verfolgte jedoch klar sein Ziel und ließ sich davon nicht

abbringen. Ihm war klar, dass die Veränderungen unausweichlich sind, um eine

Katastrophe zu vermeiden. Demnach hatte er wenig Verständnis für jene, die sich

zwar der Lage des Unternehmens bewusst waren, aber trotzdem am alten Stand

festhalten wollten. Wenn MitarbeiterInnen auch nach etlichen Diskussionen nicht

im Interesse des Unternehmens gehandelt haben, sprach der Generaldirektor

deren Kündigung aus.

Nach Einschätzung des interviewten Vorstandsvorsitzenden ist es für den Erfolg

einer Veränderung entscheidend, dass sich das Topmanagement durch keine

negativen Geschehnisse von seinem Veränderungskurs abbringen lässt.

Das Feiern von Erfolgen

Der Vorstand würdigte und feierte auch jeden kleinen Erfolg. Das empfand er als

sehr wichtig, um die Motivation der MitarbeiterInnen aufrecht zu haltenund jenen,

die Widerstände leisteten, zu verdeutlichen, dass die Maßnahmen richtig sind und

aufgehen.

Nach Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden was es jedoch wichtig, im

Hinterkopf zu behalten, dass „das große Feiern“ die Gefahr birgt, „übermütig und

größenwahnsinnig“ zu werden und zu verdrängen, dass jeder Erfolg bereits den

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Keim des nächsten Niedergangs in sich trägt. Insofern als kein Erfolg von sich

aus auf Dauer Bestand hat.

Der Einfluss der Persönlichkeit und Vorgehensweise auf den Change-Prozess

Um die Akzeptanz und das Vertrauen der MitarbeiterInnen zu gewinnen, war es

nach Einschätzung des Vorstandvorsitzenden vor allem vor und am Beginn des

Change-Prozesses wichtig, komplexe Themen einfach und verständlich darstellen

zu können, sowie den Eindruck zu vermitteln, dass man weiß, wie „die Technik im

Prinzip funktioniert“, und nicht zuletzt auf allen Hierarchieebenen präsent zu sein.

Seine kommunikative Art und die Freude, gemeinsam mit KollegInnen und

MitarbeiterInnen Pläner zu erarbeiten, war für den Erfolg des

Veränderungsprozesses sehr hilfreich. Wichtig war jedoch auch jene „gewisse

Härte“, die er mitbrachte, vor allem wenn es darum ging, Entscheidungen zu

treffen und Hindernisse zu überwinden.

Rückblick

Rückblickend und mit dem Wissen von heute, würde der Vorstandsvorsitzende

nach eigenen Angaben nicht anders vorgehen, aber mit größerer Sicherheit und

ohne die damalige Learning-by-Doing-Methode an die Aufgabe herantreten.

4.5 Die Sicht ausgewählter MitarbeiterInnen

4.5.1 Die Sicht der Leiterin des Recruitings

Die interviewte Mitarbeiterin war im Betrachtungszeitraum anfangs in der 2. und

später in der 1. Berichtsebene für das Recruiting von Angestellten für alle drei

Unternehmensstandorte verantwortlich. Geografisch war sie am Sitz der

Generaldirektion (Wien, Simmering) angesiedelt.

Wahrnehmungen und Meinung in Bezug auf den Einfluss des

Vorstandsvorsitzenden auf den Change-Prozess

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Der Vorstandsvorsitzende wirkte als treibende Kraft des

Restrukturierungsprozesses. Mit seiner authentischen, zielgerichteten,

standfesten und durchsetzungsstarken Art, vermittelte er Halt und Haltung. Es

schien ihm unmissverständlich wichtig zu sein, die SGP schnellstmöglich in ein

erfolgreiches Unternehmen zu transformieren, in dem state-of-the-art gearbeitet

wird, wobei er dieses Bemühen auch selbst vorlebte. Auf Grund diverser

Maßnahmen, wie z.B. der Gründung von Arbeitsgruppen, in denen Inputs für die

zu treffenden Entscheidungen generiert werden sollten, involvierte er

MitarbeiterInnen in den Prozess. Er wirkte präsent, ansprechbar und offen für

unkonventionelle Vorschläge. Dabei verstand er es, jedenfalls jenen

MitarbeiterInnen, die er gut einzuschätzen wusste und denen er vertraute, das

Gefühl zu geben, dass ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre Meinung wertvoll und

willkommen sind und ihr Engagement wertgeschätzt wird. In Kombination mit der

raschen Implementierung moderner Arbeitsmethoden und -tools etc. wirkte sein

Verhalten sehr motivierend. Einschränkend ist zu erwähnen, dass der

motivierende Effekt vorwiegend bei jenen MitarbeiterInnen zu beobachten war,

die nicht um ihren Arbeitsplatz fürchten mussten, über einen ausreichenden Anteil

an Eigenmotivation und Begeisterung verfügten und die Vorgangsweise des

Vorstandsvorsitzenden richtig fanden.

Wahrnehmungen und Meinung in Bezug auf die Kommunikation

Die Leiterin des Recruitings empfand sich gut informiert, Informationen über die

Lage des Unternehmens und bevorstehende Veränderungen erhielt sie durch

schriftliche und mündliche Informationen des Vorstandes an die Führungskräfte

oder an die gesamte Belegschaft sowie im Detail durch ihren Vorgesetzen, aber

auch im Zuge von abteilungsübergreifenden Besprechungen, Arbeitsgruppen und

aus der Mitarbeiterzeitung.

Wahrnehmungen und Meinung in Bezug auf den Umgang des

Vorstandsvorsitzenden mit Widerständen

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Der Vorstandsvorsitzenden kommunizierte sehr deutlich, was er von

MitarbeiterInnen erwartet. Wenn Mitarbeiterinnen auch nach mehreren

Überzeugungsversuchen zu keinem konstruktiven Verhalten zu bewegen waren,

zeigte der Vorstandsvorsitzende sein Missfallen sehr deutlich und schreckte auch

nicht davor zurück, z.B. eine langjährige hochrangige Führungskraft freizusetzen.

Solche Vorgänge setzten unternehmensintern unmissverständliche Signale.

In diesem Zusammenhang muss eine klare Abgrenzung zwischen nicht dem Ziel

dienenden bis hin zu destruktiven Widerständen und sachlicher, konstruktiver

Kritik getroffen werden. Letztere wurde vom Vorstandsvorsitzenden sichtlich

geschätzt.

4.5.2 Die Sicht des Leiters einer technischen Abteilung

Der Interviewte war im untersuchten Zeitraum organisatorisch im mittleren

Management angesiedelt und geographisch im Paukerwerk (Wien, Floridsdorf).

Wahrnehmungen und Meinung in Bezug auf den Einfluss des Vorstandvorsitzenden auf den Change-Prozess

Der Vorstandsvorsitzende war jung und brachte frischen Wind in das

Unternehmen. Seine extrovertierte, kommunikative Art machte es ihm leicht, mit

Mitarbeitern in Kontakt zu treten und gezielt Informationen einzuholen. Die

zwischenmenschliche Basis war positiv.

Wahrnehmungen und Meinung in Bezug auf die Kommunikation

Die Abteilung des Interviewten erhielt gezielte Informationen über ihre

wirtschaftlichen Ergebnisse und den daraus resultierenden Handlungsbedarf.

Darüber hinaus gehende Informationen über die wirtschaftliche Lage des

gesamten Unternehmens sowie das weitere Vorgehen in anderen

Unternehmensbereichen erhielt der Interviewte und seine MitarbeiterInnen

hauptsächlich in Betriebsversammlungen.

Gesetzte Maßnahmen des Vorstandvorsitzenden während des Change-Prozess

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In Bezug auf seine Abteilung hätte sich der Interviewte gewünscht, dass er und

seine Mitarbeiter im Zuge des Change-Prozesses in die Entwicklung von

Problemlösungen involviert worden wären und nicht nur die vorgesetzte

Managementebene. Damit hätten Entscheidungen, die für die Abteilung nachteilig

waren, vielleicht verhindert werden können.

Wahrnehmungen und Meinung zum Umgang des Vorstandvorsitzenden mit

Widerständen

MitarbeiterInnen, die Widerstand gegen den Veränderungsprozess leisteten,

wurden entlassen, wenn sie uneinsichtig waren.

4.5.3 Die Sicht weiterer interviewter Personen

Neben der intensiven Befragung der Leiterin des Recruitings und des Leiters einer

technischen Abteilung wurden darüber hinaus ein stellvertretender Werbeleiter, ein

Projektingenieur, eine Bereichssekretärin, sowie ein Vorstandskollege zur

Persönlichkeit des Vorstandsvorsitzenden kurzbefragt.

Wahrnehmungen und Meinungen in Bezug auf die Eigenschaften und

Verhaltensweisen des Vorstandvorsitzenden

Übereinstimmend fanden die Interviewten die Persönlichkeit und das Auftreten

des Vorstandsvorsitzenden vorteilhaft für den Veränderungsprozess und

beschrieben ihn als:

Sehr kommunikativ

Entschlossen

Dominant /bestimmend

Modern denkend

Extrovertiert

Innovativ

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5. Conclusio

Die individuelle Persönlichkeit von Führungskräften bestimmt u.a. die Art und Weise,

wie sie ihre Funktion ausüben. Individuelle Eigenschaften, Führungsstil und

Vorgangsweise des Topmanagements haben auch auf einen Change-Prozess

erheblichen Einfluss und können sich förderlich oder hemmend auswirken. In der

Literatur werden erfolgskritische Eigenschaften von Führungskräften im Change-

Prozess definiert und der transformatorische Führungsstil empfohlen.

Um die, dieser Arbeit zu Grunde gelegten Theorien mit Vorgängen in der Praxis

vergleichen zu können, wurde die zentrale Rolle des Vorstandsvorsitzenden einer

Aktiengesellschaft (Maschinen und Industrieanlagenbau) auf einen

Restrukturierungsprozess in den 1980er Jahren ausgewählt. Da dieser Change-

Prozess vor der Publikation der ausgewählten Theorien lag, musste der

federführende Vorstandsvorsitzende in Unkenntnis der gegenständlichen Theorien

handeln.

Die Ergebnisse der geführten Interviews zeigen, dass der Vorstandsvorsitzende über

einige der erfolgskritischen Eigenschaften wie z. B. Zielgerichtetheit, Willenskraft

und soziale Kompetenz verfügte. Die interviewten Personen stimmten darin überein,

dass der Vorstandsvorsitzende insgesamt eine für den Change-Prozess, förderliche

Persönlichkeit und Vorgangsweise hatte. Auch hinsichtlich des transformatorischen

Führungsstils, der u.a. Rollen definiert, die eine Führungskraft im Zuge eines

Change-Prozesses ausfüllen sollte, zeigen sich Übereinstimmungen zwischen

Theorie und Fallbeispiel. Der Vorstandsvorsitzende trat nicht nur als Manager

sondern auch als Visionär und authentisches Vorbild auf.

Weitere Parallelen zwischen der ausgewählten Theorie und den gewonnen

Erkenntnissen zeigen sich bei Betrachtung der systematischen Vorgehensweise des

Vorstandsvorsitzenden. Wie im Acht-Stufen-Prozess nach Kotter empfohlen,

erzeugte der Vorstandsvorsitzende zu Beginn des Change-Prozesses ein Gefühl der

Dringlichkeit, in dem er die Notwendigkeit der Veränderung kommunizierte. Als

nächsten Schritt initiierte er Arbeitsgruppen, in denen eine Vision und Strategien zur

Erreichung der Ziele erarbeitet wurden. Dieses Vorgehen spiegelt die 2. und 3. Stufe

in Kotters Modell wieder. Anschließend wurden Vision und Strategie an die

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Mitarbeiterschaft kommuniziert, was der 4. Stufe in Kotters Modell entspricht.

Gemäß der 5. Stufe bemühte er sich um ein Empowerment der MitarbeiterInnen auf

zweiter und dritter Managementebene, investierte in Schulungsmaßnahmen und

ermutigt sie, das Gelernte eigenständig umzusetzen. In Übereinstimmung mit der 6.

Stufe nach Kotter wurden Zwischenziele bewusst gemacht und gefeiert.

Das Fallbeispiel lässt auch Übereinstimmungen mit den Prinzipien der Charta des

Managements von Veränderungen nach C. Lauterburg und K. Doppler erkennen: Im

Sinne des „zielorientierten Managements“ wurden Erfolgskriterien bestimmt, der Ist-

Zustand analysiert, Zielfindungsseminare durchgeführt, essentielle Fragen der

Umsetzung beantwortet und der Fortschritt des Change-Prozesses engmaschig

kontrolliert. Den Prinzipien „eine Maßnahmen ohne Diagnose“ und „Beteiligung der

Betroffenen“ wurde u.a. in Arbeitsgruppen Rechnung getragen. „Hilfe zur Selbsthilfe“

wurde nicht zuletzt durch Schulungsmaßnahmen geleistet. Das 8. Prinzip „Sorgfältige

Auswahl der Schlüsselpersonen“ findet sich ebenfalls in der Vorgehensweise des

Vorstandsvorsitzenden wieder, denn die Schlüsselpersonen wurden durch ihn gezielt

für die Arbeitsgruppen ausgewählt und agierten in weiterer Folge als Opinion Leader,

indem sie ihre erarbeiteten Strategien kommunizierten. Als Schlussfolgerung aus

den Interviews kann festgestellt werden, dass der Vorstandsvorsitzende nach dem

Prinzip „ganzheitliches Denken und Handeln“ vorgegangen ist.

Interessant wäre es m. E., der Frage nachzugehen, welche Persönlichkeitsmerkmale

des Vorstandsvorsitzenden insgesamt ausschlaggebend waren und was im Detail

dazu führte, dass sich seine Vorgangsweise in hohem Maße mit den später

publizierten Erkenntnissen der Forschung deckt.

Hinsichtlich der Wahrnehmung und Beurteilung der vom Vorstandsvorsitzenden

gesetzten Maßnahmen durch die interviewten Personen sind Unterschiede

festzustellen. M. E. wäre es auch interessant, die genauen Ursachen und

Hintergründe dafür zu untersuchen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Fallbeispiel die Bedeutung geeigneter

Führungskräfte im Management eines Change-Prozesses unterstreicht. In Zeiten

immer schnelleren Wandels und immer häufigerer Anpassungsprozesse von

Organisationen kommt diesen Aspekt besondere Bedeutung zu.

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Quellenverzeichnis:

Bücher und E-Books

C. Ahrens, L. Ahrens (2014): Leadership-Intelligenz: Zehn Gebote für souveräne und

sozial kompetente Führung, Wiesbaden 2014.

M. Claßen (2008): Change Management aktiv gestalten, Köln 2008.

K. Doppler, C. Lauterburg (2014): Change Management: Den Unternehmenswandel

gestalten,13. Auflage, Frankfurt 2014.

A. Engelen, M. Engelen, J.T. Bachmann (2015): Corporate Entrepreneurship:

Unternehmerisches Management in etablierten Unternehmen, Wiesbaden 2015.

H. Gölzner, C. Schmoll (2014): Führungsaufgabe: Veränderung gestalten, Wien

2014.

G. Kraus, C. Becker-Kolle, T. Fischer (2006): Handbuch Change-Management, 2.

Auflage, Berlin 2006.

R. Kroehl (2014): Change Management: Veränderungsinitiativen erfolgreich steuern,

1.Auflage, Konstanz 2014.

W. Krüger, N. Bach (2014): Excellence in Change: Wege zur strategischen

Erneuerung, 5. Auflage, Wiesbaden 2014.

T. Lauer (2014): Change Management Grundlagen und Erfolgsfaktoren, 2. Auflage

(E- Book), Berlin 2014.

C. Schildknecht (1998): Management ganzheitlicher organisationaler

Veränderungen, Wiesbaden 1998.

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Internetquellen:

Bundeskanzleramt Rechtsinformationssytem (2015): Bundesrecht konsolidiert:

Gesamte Rechtsvorschrift für Aktiengesetz, Fassung vom 08.12.2015, in:

https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzes

nummer=10002070 (08.12.2015)

ControllingWiki (2016): Restrukturierung, in: https://www.controlling-

wiki.com/de/index.php/Restrukturierung

Deutsche Enzyklopädie (2015): Informelle Kommunikation, in:

http://www.enzyklo.de/Begriff/Informelle%20Kommunikation

Gabler Wirtschaftslexikon (2015): Empowerment, in:

http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/empowerment.html (08.11.2015)

initio Organisationsberatung (2015): Die besten Change Management-Modelle im

Vergleich, in: https://organisationsberatung.net/change-management-modelle-im-

vergleich/ (10.11.2015)

Institut für Unternehmensplanung Uni Erlangen (2004): Führungswechsel und

Strategiewandel, in: http://management.wiso.uni-

erlangen.de/Forschung/Arbeitspapiere/IUP%20AP%2004-01%20Wechsel-

Wandel.pdf (08.12.2015)

JP Consulting & Training (2016): Change Management - acht Schritte zum

Veränderungserfolg nach John Kotter, in: http://www.jp-

consulting.de/Managementberatung-Fachinformation/Change-Management-acht-

Schritte-zum-Veraenderungserfolg-nach-John-Kotter-E1156.htm?b=1 (20.01.2016)

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Österreich Lexikon (2016): Simmering-Graz-Pauker AG, in:

http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.s/s591415.htm (07.01.2016)

Online-Enzyklopädie für Psychologie und Pädagogik (2015): Empathie, in:

http://lexikon.stangl.eu/1095/empathie/

Online-Enzyklopädie für Psychologie und Pädagogik (2015): Soziale Kompetenz, in:

http://lexikon.stangl.eu/8857/soziale-kompetenz/

Thiele C. (2001): Thiele C.: Vorstand einer Aktiengesellschaft, in:

http://www.eurolawyer.at/pdf/vorstand.pdf (08.12.2015)

Wikipedia Die freie Enzyklopädie (2016): Simmering-Graz-Pauker, in:

https://de.wikipedia.org/w/index.php?search=simmering+graz+pauker&title=Spezial%

3ASuche&go=Artikel (12.01.2016)