Der Fall Schlachter

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Félix & Theo Langenscheidt Berlín-München-Wíen-Zünch-New York

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Der Fall Schlachter

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Félix & Theo

Langenscheidt

Ber l ín-München-Wíen-Zünch-New York

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Leichte LektürenDeutsch ais Fremdsprache in drei StufenDer Fall Schlachter Stufe 3

Dieses Werk folgt der neuen Rechtschreibungsntsprechend den amtlichen Richtlinien.

ü 1991 by Langenscheidt KG, Berlín und MünchenDruck: Druokhaus Langenscheidt, BerlínDrínted ¡n GermanySBN-13: 978-3-468-49684-4SBN-10:3-468-49684-2

Die Hauptpersonen dieser Geschichte sind:

Helmut Müller, Privatdetektiv, wird von einem Bekann-ten angerufen, der in eine sehr unangenehme Situationgeraten ist.Joachim Breitner, arbeitet in einer Werbeagentur undsteht unter Verdacht, seinen Chef umgebracht zu haben.Peter Schlachter, Chef der Werbeagentur ,,happy power"wurde tot in seinem Buró geñmden. Eine Pistóle lag aufseinem Schreibtisch.Ingeborg Schlachter, die Frau von Peter Schlachter, istTánzerin und kommt gerade von einer Tournee aus NewYork zurück.Birgit Glanz, Sekretarin Schlachters, war die Letzte, dieSchlachter lebend gesehen hat.Bea Braun, Sekretarin im Detektivbüro Müller, kann einwesentliches Beweismittel herausfinden.

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Alies begann an einem Montag. Ais das Telefon klin-gelte, nahm Bea Braun den Horer ab und sagte wieimmer:,,Detektei Müller, was kann ich für Sie tun?",,Kann ich mit Herrn Müller sprechen? Es ist wichtig."Es war eine tiefe Mánnerstimme mit einem nervosenKlang.,,Chef, Telefon für Sie!"Helmut Müller war gerade dabei, den Sportteil der,,Berliner Zeitung" zu lesen. Nur sehr ungern lieB ersich dabei storen.,,Muss das sein? Wer ist es denn?",,WeiB ich nicht, ein Mann, er sagt, es ist wichtig!"Müller klemmte sich den Horer zwischen Kopf undSchulter, damit er die Zeitungsseite umbláttern konnte.

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Das Taxi hielt vor dem Haus und Müller stieg aus.Auf dem Bürgersteig tummelte sich eine MengeNeugieriger; jeder wollte wissen, warum ein Polizei-wagen vor dem Eingang stand. Müller bahnte sichseinen Weg zum Eingang. Ein Polizist versperrte ihmden Weg.,,Tut mir Leid, mein Herr, Eintritt für Unbefugte ver-boten."

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Es dauerte eine Weile, bis Müller den Polizistenüberzeugen konnte. SchlieBlich stand er am Eingangder Werbeagentur. Hier das gleiche Theater. Nachweiteren Verhandlungen stand er schlieBlich vorJoachim Breitner. Sie gingen durch einen elegant aus-gestatteten Flur, schoben sich an einigen Polizistenvorbei und landeten in einern Sekretariat.,,Bitte, Frau Tschoke, lassen Sie die nachste Zeit nie-mand zu mir. Ich mochte auf keinen Fall gestort wer-den."Die Sekretárin, eine Frau um die fíinfzig, wie Müllerschátzte, nickte, ohne etwas zu sagen, und óffneteihnen die Tur zum Zimmer von Breitner.

,,Also, mein Lieber, was ist denn passiert? Erzahl miralies, was du weiBt.",,Ich kam heute so gegen neun ins Buró. DieSekretárin von meinem Chef kam sofort zu mir. Siewar sehr aufgeregt, weil die Tur zum Buró vonSchlachter - mein Chef heifit, ah, hiefi PeterSchlachter - also weil die Tur von innen verschlossenwar, sich aber niemand meldete. Ich habe dannden Schlüssel aus meinem Schreibtisch geholt undaufgemacht.",,Wer hatte einen Schlüssel zum Buró auBer dir?",,Schlachter selbst hatte zwei. Einen hat die Polizeiin seiner Hosentasche gefunden, den anderen hat erwahrscheinlich zu Hause.",,Gut. Erzahl weiter.",,Naja, ich hab also die Tur aufgemachtund da lag er.",,Was heiBt: ,Da lag er.'?",,Na eben tot. Erschossen. Die Pistóle lag neben ihmauf dem Schreibtisch.",,Also Selbstmord?"

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,,Die Polizei glaubt nicht darán. Sie denken, ich konn-te es gewesen sein.",,Warum denn das?",,Sie fanden irn Schreibtisch ein an mich gerichtetesEntlassungsschreiben. Verstehst du jetzt, warum ichso ñervos bin? Die denken ernsthaft, ich hattemeinen Chef umgebracht.",,Nur die Ruhe! Ganz ruhig! Hattest du denn irgend-welchen Árger mit ihm?",,Überhaupt nicht. Nun, er war kein einfacher Chef,eine ziemlich unangenehme Persónlichkeit, abertrotzdem, es gab eigentlich keine gróBeren Problememit ihm. Jedenfalls hatte er nicht den geringstenGrund, mich zu entlassen.",,Bist du sicher?",,Absolut, wirklich.",,Gibt es sonst irgendwas Besonderes? Innerhalb derFirma?",,Was Besonderes? Nein, eigentlich nicht. Wir hattenziemlich viel zu tun, vor allem seit wir den Auftragfür die Wahlen zum Abgeordnetenhaus bekommenhaben. Wir werben für die ,Neuen Konservativen',deshalb gab es auch mal Árger zwischen Schlachterund mir. Mir ist diese Partei zu rechts, ich weiB nicht,ob es nicht dem Ansehen unserer Agentur schadet, fürso eine Partei zu arbeiten."

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In diesem Moment klingelte das Telefon. JoachimsSekretarin sagte ihm, dass die Polizei mit ihmsprechen wollte. Nachdem er das Zimmer verlassenhatte, konnte Müller sich in Ruhe umsehen. Es war eintypisches Yuppie-Büro, elegant, kühl, keine person-lichen Fotos.

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Nachdem Müller wieder in seinem Buró war, be-sprach er den Fall mit seiner Sekretárin. Bea Braunhat schon bei vicien hoffnungslosen Fallen gute Ideengehabt. Müller erzahlte ihr alies: wer der Tote war,wer Joachim war, über die Tánzerin, den Drohbrief,die Kündigung. Ais er fertig war, versuchten sie, dieDinge zu ordnen.,,Also, Chef, schauen wir uns die Leute mal einzelnan. Zunáchst der Werbechef, der Tote. Wie heiBt dernoch mal?",,Schlachter.",,Genau. Also dieser Schlachter war verheiratet, nichtwahr?"Ohne eine Antwort abzuwarten, sprach Bea Braunweiter. ,,Námlich mit einer Tánzerin. Was wissen wirüber diese Tánzerin? Nur, dass sie noch berufstatig istund morgen früh aus New York zurückkommt. AuBer-dem hat sie ais Letzte mit ihrem Mann gesprochen.Damit hat sie ein hundertprozentiges Alibi.",,Richtig", sagte Müller, ,,trotzdem würde ich gern einbisschen mehr über diese Dame wissen. Joachim sagte,dass sie manchmal auch im Fernsehen auftritt. Wer imFernsehen auftritt, den kann man auch irgendwanneinmal in der Klatschpresse wieder finden. Einer vonuns beiden muss mal ein paar Redaktionen anrufen.Vielleicht ist unsere Tánzerin in irgendeinem Archiv.",,Genau. Am besten machen Sie das, Chef, ich habenámlich eine andere Idee. Ein alter Freund von mirwohnt seit einiger Zeit in New York. Ich kónnte ihnanrufen, sobald ich weiB, wo sie dort aufgetreten ist.

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Das kann mir sicher unser Kommissar Schweitzersagen. Seit ich ein paarmal mit ihm essen war, ist ersehr, sehr nett zu mir. Na, wie finden Sie das, Chef?",,Ich weifi nicht, ob uns das weiterhilft. Aber ichmuss zugeben, dass Sie heute wirklich in Hochformsind, meine Liebe. Unabhangig davon werde ichmorgen versuchen, Frau Schlachter zu Hause zu be-suchen, wenn sie gelandet ist."

Beide hangten sich ans Telefon, um an weitere Infor-mationen zu kommen. Müller rief einige in Berlinansassige Redaktionen von Illustrierten an. Zuerstversuchte er es bei der ,,Bunten Illustrierten", dannbei der ,,Quick", schlieBlich landete er, nach einigenweiteren erfolglosen Versuchen, bei einer bekanntenBoulevardzeitung. Er verabredete sich für den kom-menden Morgen mit einem Redakteur, der meinte,bis dahin etwas zu finden.Erschopft von dem bisherigen hektischen Tagesver-lauf wandte er sich wieder dem Sportteil der ,,Berli-ner Zeitung" zu. Bayern München hatte am Wochen-ende seinen Punktevorsprung gegenüber Koln undBremen weiter ausgebaut, das deutsche olympischeKomitee sah gute Chancen für die náchste Olympiadeund schlieBlich stellte Müller betrübt fest, dass sein

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alter FuBballverein, der TS V 1860 München, dem erseit seiner Studentenzeit treu verbunden war, schonwieder verloren harte und damit praktisch keine Chan-cen mehr hatte aufzusteigen.

Nachdem er auch noch flüchtig den Wirtschaftsteilund die Regionalnachrichten durchgelesen hatte,beschloss er, sich dem Thema Wahlwerbung zu wid-men und die Parteizentrale der ,,Neuen Konservati-ven" aufzusuchen.

Das Ergebnis seines Besuchs bei den ,,Neuen Konser-vativen" war wie erwartet. Die Herrén baten darum,dass auf keinen Fall etwas an die Presse kommt, dassei im jetzigen Stadium des Wahlkampfes hóchstschádlich, sie kónnten sich auch überhaupt nicht er-klaren, wie so ein anonymes Schreiben mit ihrer Parteizusammenhángen konnte und so weiter. AbsoluteFehlanzeige. Eine dieser vielen Spuren, die man aisPrivatdetektiv verfolgen muss, obwohl man weiB, dasses meistens nichts bringt - verlorene Zeit.Müller beschloss, noch einmal die Firma des Toten,,,happy power", zu besuchen. Er hoffte, einige Worte

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mit der Sekretárin von Schlachter wechseln zu konnen.Müller hat die Erfahrung gemacht, dass Sekretarinnenmeist sehr viel mehr wissen ais manche leitendeAngestellte. Joachim Breitner hatte ihm zwar gesagt,dass dieser Schlachter ein etwas schwieriger und offen-sichtlich auch ein verschlossener Typ war, aber viel-leicht war er das gegenüber seiner Sekretárin nicht?Ais er nach einigen Schwierigkeiten — die Büroraumewaren immer noch von der Polizei besetzt — bei ,,hap-py power" eintreten konnte, war die SekretárinSchlachters nicht mehr da. Immerhin erfuhr er, dasssie Birgit Glanz hieB. Da er nun schon mal in denRáumen der Werbeagentur war, wollte er versuchen,das Zimmer von Schlachter zu besichtigen. JoachimBreitner ging mit ihm in den Raum.Ais Müller um den Schreibtisch ging und sich denSessel ansehen wollte, in dem Schlachter starb, ent-deckte er auf dem Teppich neben dem linkenvorderen Tischbein etwas Kleines, Glitzerndes. Erbückte sich und hob es auf. Es war ein kleiner, viel-leicht ein Millimeter groBer Diamant.,,Was ist das?", fragte Breitner.,,WeiB ich nicht. Scheint ein Teil eines Schmuck-stücks zu sein, vielleicht von einem Ring oder einerKette."Müller steckte den Fund in eine kleine Plastiktüteund schob sie dann vorsichtig in seine Jackentasche.,,Das hat die Polizei wohl übersehen. Wirst du es ihrgeben?",,Schon schon. Aber nicht gleich. Erst mochte ich wis-sen, wem dieses Stückchen gehort. Wann wird hiereigentlich abends sauber gemacht?"

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,,Gegen sieben. Wir konnen die Putzfrau aber auchfragen. Ich glaube, sie hat schon angefangen, imGrafikraum zu putzen. Ich kann sie ja holen."

Die Putzfrau war eine kraftig gebaute Frau um diefünfzig. Sie hieB Elena Podznyk und sprach mitleichtem polnischen Akzent. Ihre Haare waren untereinem roten Kopftuch versteckt.,,Entschuldigen Sie, Frau Podznyk, dass wir Sie beiIhrer Arbeit storen. Aber dieser Herr mochte Ihnengerne ein paar Fragen stellen", sagte Joachim Breit-ner. ,,Bitte schon, bitte schon. Aber ich weiB nichts.Ich habe nichts gesehen und ich mochte mit derSache nichts zu tun haben. Ich ...",,Schon gut, Frau Podznyk", versuchte Müller sie zuberuhigen, ,,ich mochte nur wissen, wann Sie gesternhier sauber gemacht haben.",,Na ja, normalenveise komme ich so um Viertel vorsieben zum Herrn Direktor. Meistens ist der Herr Di-rektor dann schon weg, ich will ja niemanden storen,verstehen Sie, aber gestern war er noch in seinemBuró und ...",,Also haben Sie gestern nicht sauber gemacht?",,Doch, doch. Der Herr Direktor - Gott hab ihn selig -hat zu mir gesagt, kommen Sie ruhig rein, hat ergesagt. Er war immer sehr freundlich zu mir, nichtwahr, wer kann diesen freundlichen Herrén bloBumgebracht haben?",,Also haben Sie nun sauber gemacht oder nicht?"Müller wurde langsam ungeduldig.

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,,Natürlich. Ich habe Staub gesaugt und ...",,Haben Sie hier auch gesaugt?" Müller zeigte dieStelle neben dem Schreibtisch, wo er den Diaman-ten gefunden hatte.,,Na selbstverstándlich! Ich arbeite immer gründlich!Sonst braucht man in meinem Beruf gar nicht erstanfangen. AuBerdem hat der Herr Direktor immerdarauf geachtet, dass alies ordentlich bei ihm ist. Erwar so ein anstándiger Mensch!",,Vielen Dank, Frau Podznyk. Sie haben uns sehrgeholfen. Und entschuldigen Sie nochmals, dass wirSie von Ihrer Arbeit abgehalten haben.",,Das war alies? Und wissen Sie jetzt, wer derMorder ist?",,Leider noch nicht, leider noch nicht."Nachdem die Putzfrau wieder zurückgegangen war,fragte Breitner: ,,Und warum wolltest du wissen, obund wann sie sauber gemacht hat?",,Ganz einfach. Ich wollte wissen, wann dieser Dia-mant verloren wurde. Offensichtlich war das nachViertel vor sieben. Und móglicherweise gehórt derDiamant dem Morder."

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Am nachsten Morgen besuchte Müller den Redakteurder Boulevardzeitung. Er hiefi Manfred Koch undwar schon seit Jahren dort tátig, hatte also leichtenZugang zuñí Archiv. Koch erklarte Müller, wie soeine Suche nach einer bekannten oder auch wenigerbekannten Person funktioniert.,,Wir haben alies auf Magnetband gespeichert. Siegeben einfach die bekannten Daten in einen Compu-ter und blitzschnell wirft er aus, was man wissen will."Müller war beeindruckt. Falls er es mal zu einemgroBen Detektivbüro bringen sollte, mit mehrerenfesten Angestellten und freien Mitarbeitern und so,würde er auch mit einem Computer arbeiten. BeaBraun ware dann verantwortlich für die Betreuungder Datenbank ... Er hórte auf zu traumen und fragtestattdessen den Redakteur:,,Und was hat Ihr schlauer Computer herausgefunden?",,Oh, eine ganze Menge. Was wollen Sie denn wissen?"

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,,Vor allem etwas, was mit der Ehe von dieser FrauSchlachter zusammenhangt. Waren sie glücklich ver-heiratet, die beiden, gibt es Gerüchte über Seiten-sprünge? Hatte ihr Ehemann vielleicht andere Inter-essen?"Sie lasen den ganzen Computerausdruck über dieTánzerin und fanden tatsachlich einige interessantePunkte.Johanna Schlachter führte vor ihrer Ehe ein ziemlichwildes Leben. Fast jeden Monat stand etwas in denKlatschblattern. Ais sie dann Peter Schlachter kennenlernte, wurde ihr Leben ruhiger. Sie bekam bessereEngagements an bekannten Bühnen und die Presseschrieb weniger über ihr Privatleben. In den letztenMonaten allerdings gab es Gerüchte, dass PeterSchlachter andere Interessen habe. Angeblich sei erneuerdings haufiger mit einer jungen Rocksangeringesehen worden.Über die jetzige Tournee von Johanna Schlachterfanden sie keine Informationen.Müller bedankte sich bei dem Journalisten und ver-suchte anschlieBend, Johanna Schlachter zu erreichen.Er hatte von Joachim Breitner die Privatnummerseines früheren Chefs erhalten. Ais Müller anrief, warjedoch niemand zu Hause. ,Wahrscheinlich macht siegerade bei der Polizei ihre Aussage', dachte Müller.Er rief bei ,,happy power" an, um mit Joachim Breit-ner zu sprechen. Er wollte mit ihm noch einmal denbisherigen Verlauf des Falles besprechen. Sie ver-abredeten sich zum Abendessen in Müllers Lieb-lingskneipe, dem ,,Jahrmarkt" am Savignyplatz.Er beschloss, vorher noch mal in seinem Buró vorbei-

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zuschauen, um mit Bea Braun zu sprechen. Ais er insBuró kam, war sie gerade dabei, per Telefon miteinem anderen Klienten zu verhandeln. Soweit Müllerdas Gesprách verstand, ging es um einen Auftrag, dendie Detektei vor ein paar Tagen angenommen hatte.Müller sollte das Gescháftsvolumen einer türkischenImportfirma überprüfen, aber er hatte bis jetzt einfachkeine Lust gehabt, sich darum zu kümmern.Bea Braun legte den Hórer auf und wandte sich anihren Chef: ,,Sie wollten schon den Auftragzurückziehen, weü wir immer noch keine Informatio-nen haben. Sie müssen sich wirklich darum kümmern.Wir haben von denen schon einen Vorschuss kassiert!",,Ja, ja, schon gut. Ich fange heute noch damit an. Abervorher brauche ich noch Ihre Hilfe. Konnen Sie bitteversuchen, für morgen einen Termin mit der Witwevon Peter Schlachter auszumachen? Und mit seinerSekretárin bei ,happy power' auch? Haben Sie schonwas von Ihrem Freund aus New York gehórt?",,Ich hab mit ihm telefoniert, aber er wird sich erstmorgen früh melden."

Bea Braun hatte bei der Tánzerin mehr Glück aisMüller. Sie machte einen Termin für den kommendenTag aus, ebenso mit der Sekretárin von Schlachter.

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Ais Joachim Breitner im ,,Jahrmarkt" eintraf, saBMüller schon an seinem Lieblingstisch im hinteren Teildes Restaurants vor einem frisch gezapften Pils. Siebestellten beim Kellner ihr Essen und Müller erzáhlte.was er bis jetzt erfahren hatte. Es war leider nicht vielund eine Spur hatte er eigentlich auch noch nicht.

„Joachim, ich muss mit dir noch einmal über den Abendvon Schlachters Tod sprechen. Ich kriege das alies nochnicht auf die Reihe. Gehen wir das Ganze noch maldurch. Wann bist du aus dem Buró gegangen?",,Das habe ich dir doch schon gesagt. Ich bin so unísieben weggegangen.",,Wer war zu der Zeit noch im Buró?",,Nur die Putzfrau und die Sekretárin von Schlachter.Und Schlachter natürlich.",,Die Putzfrau hat gegen sieben bei Schlachter saubergemacht und ging dann nach Hause. Das wissen wir.Wann ging die Sekretárin weg?",,Soweit ich weiB, um halb acht. Das hat sie auch derPolizei gesagt. AnschlieBend war sie ab acht bei ihrerMutter zum Abendessen. Das hat die Polizei auchüberprüft.",,Und um halb neun hat dann seine Frau aus NewYork angerufen, um ihm ihre Ankunft in Berlinmitzuteilen. Ich werde einfach nicht schlau aus derGeschichte. Was ist eigentlich mit deiner Schreib-maschine? Hat die Polizei dazu was mitgeteilt?",,Ja. Es steht eindeutig fest, dass dieser Brief aufmeiner Maschine getippt wurde."

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,,Was ist mit dem Schlüssel? Ist vielleicht noch einvierter Schlüssel aufgetaucht?",,Nicht, dass ich wüsste.",,Also einen hattest du in deinem Schreibtisch, einenhatte Schlachter in der Tasche und einer lag beiSchlachter zu Hause, nicht wahr?"

,,Genau. Mensch, Helmut, das sieht alies ganz schonschlecht für mich aus. Hast du denn keine Idee, werdahinter stecken konnte?",,Leider immer noch nicht. Ich tappe auch vóllig imDunkeln. Ich fínde weder ein Motiv noch einenVerdachtigen. Dass das Ganze irgendwas mit demWahlkampf und eurer Werbung für die Konservativenzu tun hat, glaube ich allerdings nicht. Irgendein Gefiihlsagt mir, dass da irgendetwas Privates dahinter steckt.Wie lange kennst du Schlachter eigentlich schon?",,Ach, eigentlich schon ziemlich lange. Noch aus derZeit, ais er noch Junggeselle war. Durch seine Heiratmit Johanna hat er sich eigentlich nicht verandert.Vorher hatte er mal ein Verhaltnis mit seiner Sekretárin,das ging wohl so ein oder zwei Jahre, aber wie gesagt,Genaues über sein Privatleben weiB ich nicht.",,Der Journalist, mit dem ich gesprochen habe, erzáhltemir, dass die Ehe von Schlachter in letzter Zeit nichtmehr so gut war. Man munkelt, er hatte eventuell so-gar eine neue Freundin. WeiBt du da etwas drüber?"

..Nein, das hore ich zum ersten Mal."

..Na, vielleicht erfahre ich morgen mehr. Ich werdemit der Witwe und mit der Sekretárin von Schlachtersprechen."

Breitner hatte keinen besonderen Appetit. Er war sehrniedergeschlagen und besorgt. Er lieB die Hálfte seinesEssens stehen und verzichtete auch auf den Nachtisch,was Müller jedoch nicht hinderte, sich einen groBenEisbecher mit Sahne zu bestellen. Ais sie schlieBlichdas Restaurant verlieBen, versuchte Müller, JoachimBreitner noch etwas Mut zuzusprechen, allerdingsohne groBen Erfolg. Er versprach, sich am nachstenTag zu melden, wenn es irgendetwas Neues gábe.

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Johanna Schlachter wohnte in einer Jugendstilvilla imGrunewald, einem vornehmen Wohnviertel Berlins.Das Haus stand in einem gepflegten Garten. Der Wegbis zur Haustür war mit Steinplatten ausgelegt. Linksund rechts des Weges blühten Magnolien und Tulpen.Nach dem Klingeln musste Müller ein wenig warten,bis eine Stimme aus der Sprechanlage sich meldete. Ersagte seinen Ñamen, drückte gegen das eiserne Gar-tentor und ging zum Haus. Johanna Schlachter stand inder Haustür und begrüBte ihn.,,Kommen Sie rein, Herr Müller, ich habe Sie schonerwartet. Ich weiB zwar nicht, wie ich Ihnen helfenkann, aber wenn es irgendeine Hoffnung gibt, denMorder meines Mannes zu finden ..."

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Die Frau trug ein langes, baumwollenes Hauskleidmit einem, wie Müller fand, sehr hásslichen Musteraus gelben Karos. Ihre Füfie steckten in ledernen.hochhackigen Schuhen, die mit groBen Schleifen imgleichen scheuBlichen Gelb verziert waren. IhrGesicht wirkte sehr mude. Um die Augen hatte siegraue Ringe, die durch die Schminke nur schlechtverdeckt wurden.,Jetlag oder echte Trauer, das ist hier die Frage', sin-nierte Müller. Die Zeitverschiebung und der Flughatten ihre Spuren in diesem Gesicht hinterlassen,aber sonderlich betroffen wirkte diese Witweeigentlich nicht, zumindest empfand er das so.

,,Verzeihen Sie, gnadige Frau, dass ich Sie store", be-gann Müller, ,,ich kann mir vorstellen, dass das aliesein bisschen viel für Sie war. Es tut mir aufrichtigLeid. Der Tod Ihres Mannes war sicherlich eingroBer Schock für Sie.",,Schon gut, kommen wir zur Sache", entgegnete siekühl.,,Frau Schlachter, Sie waren die Letzte, die mit IhremMann gesprochen hat, und ...",,Wieso ich?", unterbrach sie ihn, ,,das war doch wohlder Morder, oder?",,Natürlich, verzeihen Sie." Müller fühlte, wie er rotim Gesicht wurde. Diese Frau war ihm unangenehm,ihre Kühle und die Scharfe in der Stimme machtenihn unsicher.,,Wann genau haben Sie mit ihm telefoniert?",,Das habe ich bereits der Polizei gesagt. Ich habe ihngegen halb drei von meinem Hotelzimmer aus ange-

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rufen und ihm gesagt, wann ich in Berlín ankommen•.verde. Nach dem Gesprach bin ich noch etwaseinkaufen gegangen. Mein Hotel, das ,Warwick',liegt in der Náhe des Trump-Tower und dort gibt eseinige wunderschone Boutiquen. Kennen Sie das.Warwick'? Ich kann es Ihnen sehr empfehlen."..Vielen Dank, sehr freundlich. Ich war zwar noch niein New York, aber man weiB ja nie ... Haben Sie denneine Idee, wer ein Interesse am Tod Ihres Manneshaben kónnte? Hatte er Feinde?"..Tut mir Leid, ich habe keine Ahnung. Feinde hatteer, soweit ich weiB, nicht mehr und nicht weniger aisandere Manner auch in seiner Branche. Jedoch sicherniemanden, der ihn umbringen würde.".,Und innerhalb der Firma?".,Ach, Sie meinen wohl den Breitner? Tja, ich habevon der Polizei so einiges gehórt, aber vorstellen kannich mir das nicht. Er ist zwar ein sehr ehrgeizigerjunger Mann, aber deshalb gleich den Chef umbrin-gen? Ich weiB wirklich nicht... Wenn Sie sonst keineweiteren Fragen haben, wáre ich Ihnen dankbar, wennwir unser Gesprach jetzt beenden konnten. Ich binnoch ziemlich mude von der Reise."Nach einigen kurzen weiteren Fragen zog sich Müllerzurück. Er hatte ein komisches Gefühl. Die Frau wirk-te so kalt und arrogant. Von Trauer keine Spur. Aber ihrAlibi war nun mal absolut einwandfrei.Beim Verlassen des Grundstücks fiel ihm ein alter,grüner VW-Kafer auf, der in etwa zwanzig MeternEntfernung auf der anderen StraBenseite stand. AmSteuer saB eine Frau mit langen, blonden Haaren. IhrGesicht kónnte er nicht erkennen, da das Sonnenlicht

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auf der Scheibe spiegelte. Müller ging in die entge-gengesetzte Richtung, bog um eine Hausecke unddrehte sich vorsichtig um. Er sah, wie die Frau ausdem Wagen stieg und mit schnellen Schritten auf dasHaus der Schlachters zuging.Er notierte sich die Nummer des Wagens und fuhrmit dem Taxi zurück ins Buró.

Wieder an seinem Schreibtisch, kümmerte er sichendlich um die türkische Importfirma. Nach einigenTelefonaten war er so weit, dass Bea einen Bericht tip-pen konnte, der zumindest den Eindruck machte, ais ar-beite die Detektei Müller intensiv an diesem Fall.Müller beschloss, den Bericht nicht per Fax, sondern perPost zu schicken, so würden sie noch ein wenig mehrZeit gewinnen. Er hielt die Erfindung des Faxgeratessowieso fíir ein Verbrechen an der Menschheit. Bei An-

fragen oder Berichten konnte man bisher immer einigeTage verstreichen lassen, ehe man antwortete, schlimms-tenfalls war die Post darán schuld, wenn ein Brief nichtrechtzeitig ankam, aber jetzt? Kaum hatte man eineSeite an den Kunden gefaxt, schon kam die Antwort. Eingrasslicher Zeitdruck!

,,Übrigens, Chef, mein Bekannter aus New York hatsich gemeldet.",,Was? Und das sagen Sie mir erst jetzt?",,Tut mir Leid, Chef, aber ich dachte, wir sollten ver-suchen, den anderen Auftrag nicht zu verlieren, unddeshalb dachte ich ...",,Na ja, schon gut. Also, was sagt Ihr amerikanischerFreund?",,Wir haben groBes Glück mit ihm. Er war im Hoteldieser Tanzerin und hat es irgendwie geschafft, miteiner Dame in der dortigen Buchhaltung zu sprechen.Die hat ihm die Rechnung dieser Johanna Schlachtergezeigt. Also es stimmt, was sie behauptet. Sie wohntedie ganze Zeit im Warwick-Hotel und hat so um fünfdas Hotel verlassen. Eine dicke Telefonrechnung hat-te sie auch. Das letzte Mal hat sie um halb drei Berlínangerufen. Ich habe von meinem Bekannten sogar dieNummer: 49-30-249777. Vier-neun ist für die Bun-desrepublik Deutschland, drei-null ist für Berlín unddann eben die Teilnehmernummer.",,Prima, Bea, das nenne ich tolle Arbeit. Eigentlichhasse ich ja diese modernen Computerabrechnungenin den Hotels, weil man ja keine Intimsphare mehrhat. Das Finanzamt weifi dann immer gleich, wasman alies gemacht hat im Hotel, was man gegessen

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und getrunken hat und mit wem man telefoniert hat.Aber für unseren Beruf kann es ja auch ganz nützlichsein. In diesem konkreten Fall hilft uns das aller-dings nicht weiter. Es beweist nur, dass diese Tánze-rin die Wahrheit gesagt hat.",,Stopp, Chef, schon langsam." Beas Stimme klangjetzt triumphierend. ,,Fast hat sie die Wahrheitgesagt, aber eine Kleinigkeit stimmt nicht. Ich habezuerst auch gedacht, dass das die Nummer von ,hap-py power' ist. Stimmt aber nicht. Ich habe namlicheinfach mal die Nummer gewáhlt und da meldetesich niemand von der Werbefírma.",,Sondern? Mensch, Bea, erzáhlen Sie doch. SpannenSie mich nicht so auf die Folter!"

..Tja, wessen Anschluss das ist, weifi ich noch nicht.Es meldete sich eine Frauenstimme mit ,Ja, hallo?'und ich habe dann gefragt ,Ja, ist da nicht die Firma.happy power?', und dann wurde aufgelegt."

..Na, das ist ja ein Ding! Das heifit erstens, dass unsereichóne Tánzerin lügt. Aber warum? Zweitens heifitdas, dass Peter Schlachter móglicherweise schon vorhalb neun umgebracht wurde. Bea Braun, Sie sind\\underbar! Was wáre ich ohne Sie? Jetzt freue ichmich auf mein Gesprách mit der Sekretarin vonSchlachter. Inzwischen müssten Sie versuchen her-auszubekommen, wer sich hinter der Telefonnummerverbirgt. Ach, und noch was. Ich habe hier eine Auto-nummer. B - KL 2425. Rufen Sie doch Ihren FreundKommissar Schweitzer an und fragen ihn, ob er Ihnenhelfen und den Ñamen des Besitzers ermitteln kann.Ich fahre jetzt zu ,happy power'."

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Ais Müller bei der Werbefírma nach Birgit Glanzfragte, führte ihn eine junge Frau in das Zimmer derChefsekretárin. Sie war etwa vierzig Jahre alt,schatzte Müller, ihr Haar war lang und blond. FürMüller gab es keinen Zweifel: Das war die Frau mitdem VW-Káfer! Sie wirkte ruhig und gelassen. Fallssie ihn vor dem Haus der Schlachters erkannt hatte,liefi sie es sich zumindest nicht anmerken.,,Frau Glanz, entschuldigen Sie die Storung, Sie wis-sen, warum ich mit Ihnen sprechen mochte?",,Ich nehme an, Sie werden mich das Gleiche fragenwie die Polizei. Ich finde es zwar albern, zweimaldasselbe zu erzáhlen, aber wie ich horte, arbeiten Siefür Herrn Breitner. Da helfe ich natürlich gern, wennich kann."

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Müller glaubte kein Wort von dem, was diese Frausagte. Ihre Stimme hatte irgendwie einen zynischenUnterton, wirkte aber sicher. Sie war nicht ñervos...Tja, Frau Glanz, was mich vor allem interessiert,ist, wann Sie am Abend der Tat das Buró verlassenhaben und wann Sie Ihren Chef zum letzten Malgesehen haben."..Ich kann es gerne noch einmal wiederholen: Ich binungefáhr um halb acht aus dem Buró gegangen.Dann war ich bei ...",,Schon gut, ich weifi, wo Sie dann waren. Also umhalb acht, sagen Sie. Und wann haben Sie Ihren Chefzum letzten Mal gesehen?"..Kurz vorher. Ich habe ihn gefragt, ob ich noch wasfür ihn tun kann, aber er sagte nein und meinte, ichkónnte jetzt gehen. Er wollte noch ein bisschenbleiben, unter anderem, weil er noch einen Anruf vonseiner Frau erwartete.",,Und um diese Zeit war sonst niemand mehr imBuró, oder? Sie waren also die Letzte, die HerrnSchlachter lebend gesehen hat, nicht wahr?",,Die letzte Person war doch wohl der Morder!",,Ja ja, schon gut, Frau Glanz." Müller dachte darán,dass die Witwe Schlachters fast die gleichen Wortebenutzte, ais er sie wegen ihres Anrufs befragt hatte.Er musste jetzt sofort Bea Braun anrufen, um sicherzu sein, dass der Volkswagen, den er heute Morgengesehen hatte, ihr auch wirklich gehorte. Vielleichthatte Bea inzwischen auch erfahren, wem der Tele-fonanschluss gehorte. Er hatte zwar einen Verdacht,aber er wollte ganz sicher sein.,,Im Moment wáre das eigentlich alies, Frau Glanz.

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Sie sind ja sicherlich noch langer im Buró heute.Vielleicht muss ich Sie spáter noch einmal befragen.Erst mal vicien Dank."

Müller ging in das Buró von Joachim Breitner.Breitner safi ñervos auf seinem Stuhl hinter demSchreibtisch und fuhr sich standig mit einer Handdurch die Haare.,,Wie sieht's aus, Helmut? Hast du eine Spur?",,Und ob, mein Lieber, und ob! Ich muss jetzt dringendtelefonieren. Kann ich deinen Apparat benutzen?"Müller wartete die Antwort gar nicht erst ab, sondernbegann zu wáhlen.,,Bea? Na, was ist, haben Sie was rausgekriegt? ...Wie? Ach was! Dachte ich mir doch! Ja, ja, sofort!Sagen Sie ihm, ich bleibe so lange hier. Ach, nochwas. Er solí sich schnellstens einen Hausdurch-suchungsbefehl besorgen. Ja, ja ... Doch, wegen Be-weissicherung ... Das erkláre ich ihm dann schon.Prima! Also bis spáter!"

,,Was ist los, Helmut? Gibt es eine Chance für mich?So sag doch was!"Breitners Gesicht war eine Mischung aus Verzweif-lung, Hoffnung und Neugier. Müller setzte sich be-quem in einen Sessel und sagte:,,Ganz ruhig, mein Guter, ganz ruhig. In ein paar Minutenist Kommissar Schweitzer hier. Inzwischen konnen wireine Tasse Kaffee trinken und haben sogar Zeit für einschones Stück Kuchen. Kannst du nicht jemand in eineKondítorei schicken, der uns etwas Kuchen holt? Ichharte gerne eine Erdbeertorte mit Schlagsahne."

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Kommissar Schweitzer war sehr schlecht gelaunt,ais er im Buró von Breitner den Detektiv sah. Erspürte, dass dieser Müller wieder mal eine Spurschneller gewesen ist ais er. Zwar kam er inzwischenganz gut mit der Sekretarin von ihm aus, aber diesenHelmut Müller konnte er einfach nicht leiden. Aisdie Sekretarin im Kommissariat anrief, war er ganzfroh, ihre Stimme zu hóren, aber inzwischen war erwieder missmutig wie immer.

.,Also, Müller, wie steht die Sache? Ich nehme an, Siehaben Informationen, die Sie bisher der Polizei vorent-halten haben. Sie sind aber zur Zusammenarbeit mituns verpflichtet, das wissen Sie doch, nicht wahr?"

.Ja natürlich, deswegen freue ich mich ja auch, dassSie so schnell gekommen sind." Müller genoss essichtlich, Schweitzer in dieser schlechten Laune zu

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sehen. ,,Ich hatte lediglich Glückbei meinem Besuchheute Morgen bei der Witwe Schlachter. AuBerdemhabe ich das Glück, eine wunderbare Sekretarin zuhaben, die ausgezeichnete Kontakte in New Yorkhat. Aber nun zu den Tatsachen:Erstens: Wir fanden heraus, dass die Witwe Schlachternicht, wie sie behauptet, mit ihrem Mann telefonierthat, sondern mit der Mutter von Birgit Glanz. Zweckdieses Anrufs war es, von Birgit Glanz, die inzwi-schen bei ihrer Mutter war, zu horen, ob alies geklappthat. Birgit Glanz hat ihren Chef ermordet und wurdedurch Frau Schlachter mit einem, wie es schien, per-fekten Alibi versorgt. Durch die Behauptung, sie hattenoch um halb neun mit ihrem Mann telefoniert, solltedie Tatzeit vertuscht werden.Zweitens: ...",,Halt, halt! Woher wissen Sie, dass JohannaSchlachter nicht ihren Mann, sondern die Mutter vonBirgit Glanz angerufen hat?", fragte der Kommissar.

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_Das geht aus der Hotelrechnung des Warwick-Hotelshervor. Der Computerausdruck ihrer Telefonge-í orache weist aus, dass Frau Schlachter um halb dreiOrtszeit, also um halb neun hier in Berlin, die Num-mer 249777 hier in Berlin angerufen hat. Die Nummerder Firma ,happy power' ist jedoch 336558. Der An-íchluss 249777 ist auf den Ñamen Glanz, Gloria aus-gestellt, der Mutter von Birgit Glanz."..Und wie kam Birgit Glanz an den Schlüssel desBüros? Wir haben vor einer Stunde bei der Witwevon Schlachter den Reserveschlüssel in einem Fachdes Schreibtisches von Schlachter gefunden."..Ganz einfach. Vor ihrer Abreise nach New York hatJohanna Schlachter den Schlüssel Birgit Glanzgegeben. Heute früh, ais ich bei Frau Schlachter war,habe ich gesehen, wie Birgit Glanz, kurz nachdemich das Haus verlassen habe, die Witwe besucht hat.Ich nehme an, sie kam, um den Schlüssel zurück-zubringen. Sie kam in einem VW-Káfer mit demKennzeichen B — KL 2425. Meine Sekretarin hatauch das überprüft. Es ist der Wagen von BirgitGlanz.",,Theoretisch mag das ja alies stimmen, aber wirbrauchen doch mehr Beweise. Dieser Anruf ist zwarschon eine Spur, aber ..." Der Kommissar schien im-mer noch nicht sehr überzeugt. Offensichtlich gefielihm seine Variante, dass Joachim Breitner derMorder war, wesentlich besser.,,Da ist noch etwas, lieber Kommissar Schweitzer.Ais ich das Buró von Schlachter nach Spuren unter-suchte, fand ich etwas, was Ihre Beamten offen-sichtlich übersehen haben."

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Müller zog einen kleinen Plastikbeutel aus der Ja-ckentasche und übergab ihn dem Kommissar...Was ist das?"..Ein winziger Diamant, ich nehme an, er passt zueinem Ring, einer Kette oder einem anderenSchmuckstück. Ich habe ihn neben dem Schreibtischgefunden. Da die Putzfrau mir versichert hat, siehabe um sieben Uhr des Tatabends Staub gesaugt,kann dieser Diamant nur spater verloren wordensein. Da ich weiterhin nicht annehme, dass IhreBeamten Diamantringe oder Áhnliches bei der Ar-beit tragen, schlage ich vor, dass Sie bei Birgit Glanzdas zum Diamanten gehórende Schmuckstücksuenen."..Kompliment, Müller, Kompliment. Bitte grüfienSie Ihre Sekretárin von mir." Der Kommissar standauf und ging mit einem weiteren Beamten aus demZimmer. In der Tur drehte er sich noch mal um. ,,Undwarum das alies? Haben Sie da auch eine Antwort?".,Eifersucht, diese dumme Eifersucht. Birgit Glanzwar die frühere Geliebte von Schlachter. Ais er dieTanzerin kennen lernte, lieB er die Sekretarin fallen.In den letzten Monaten hat er das Gleiche mit seinerFrau gemacht und sich mit einer jungen Rocksán-gerin zusammengetan. Die beiden verlassenenFrauen haben sich verbündet und sich gerácht. Mordaus verschmahter Liebe! Ein klassisches Motiv, fin-den Sie nicht, Herr Kommissar?"

Der Kommissar ging mit seinem Kollegen ins Zim-mer der ehemaligen Chefsekretárin und liefi Müllermit Joachim Breitner allein.

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..Mensch, Helrnut! Das ist ja ein Ding! Aber warumdann dieser Brief und das Entlassungsschreiben?"_Na ja, irgendjemand muss ja der Morder sein. Dahaben sich die beiden Damen eben einen Verdachti-;en ausgesucht und fleiBig Spuren gelegt. Das wareihnen ja auch fast gelungen, was? So, jetzt muss ichaber meine Sekretarin anrufen.Hallo, Bea? Ja, danke ... hat alies geklappt... nein, er.var sehr freundlich ...ja, ja, ... freut mich auch.Was ich noch sagen wollte, Bea, wie war's denn,wenn wir in Zukunft Partner werden? ... Na, ja,.Müller & Braun, Detektei', ...Ja, das ... wie? Alphabetisch ordnen? ... Na, ich weiBnicht, Bea, das sollten wir bei einem schonen Abend-essen besprechen, das mit dem Alphabet.Alsobisgleich... Wie, dieImportfírma?Na,jetztwowir Partner sind, konnen Sie doch ... na gut, ichkomme sofort. Tschüs!"

Ende

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Page 22: Der Fall Schlachter

Übungen und Tests

1. Was wissen Sie jetzt schon über Joachim Breitner?Bitte erganzen:

Er kennt Müller schon seit

Er hat früher

Er ist sehr aufgeregt, weil

Er arbeitet in der

2. Fragen beantworten

Wann hat Müller Joachim Breitner zum letzten Malgesehen?

Warum spielt Müller nicht mehr gern Tischtennis?

Warum hat Müller Schwierigkeiten am Eingang zurWerbeagentur?

Wohin gehen Müller und Breitner schlieBlich?

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Page 23: Der Fall Schlachter

3. Binen Text zusammenfassen: Benutzen Sie folgendeStichpunkte:

4. Was wissen Sie jetzt über Herrn und Frau Schlachter.Bitte erganzen:

Herr Schlachter

Beruf

Alter

Ehe

letztes Gesprachmit seiner Frauum Uhr

Frau Schlachter

Beruf

Alter

arbeitete in

letztes Gesprachmit ihrem Mannum Uhr

5. Richtig oder falsch? Bitte ankreuzen:

Frau Schlachter lebt in New York.

Müller hat einen Freund in New York.

Bea Braun ruft Redaktionen an.

Müller liest Zeitung.

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Page 24: Der Fall Schlachter

6. Wo liegt der kleine Diamant? Bitte ankreuzen. 7. Kontrollieren Sie den Zeitablauf des Tatabends unddie bisherigen Aussagen.

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Page 25: Der Fall Schlachter

8. Wissen Sie jetzt schon mehr über Herrn und FrauSchlachter? Vergleichen Sie mit der Übung von Kapitel 4und erganzen Sie:

9. und 10. Fragen beantworten:

Warum ist Breitner so niedergeschlagen?

Warum wirkt Johanna Schlachter so mude?

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Wann hat sie mit ihrem Mann telefoniert?

Was passierte, nachdem Müller das Haus Schlachters ver-lassen hatte?

11. Fassen Sie die Informationen von Bea Baun zusam-men. Benützen Sie die folgenden Stichpunkte.

(fa/rudk*

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Page 26: Der Fall Schlachter

12. Was gehórt zusammen? Bitte mit einem Pfeilverbinden:

Helmut Müller

Birgit Glanz

Joachim Breitner

Bea Braun

wirkt ruhig und sicher.

ruft Bea Braun an.

ist immer noch sehr ñervos.

hat Appetit auf Erdbeertorte.

hat das Buró um 19.30 verlassen.

solí Kommissar Schweitzeranrufen.

Wie sieht das zukünftige Schild des Detektivbüros wohlaus? Hier konnen Sie einfach spekulieren.

Braun und Müller

Detektivbüro

Müller&

Braun

Detektei

13. Johanna Schlachter und Birgit Glanz haben je einenentscheidenden Fehler gemacht. Wissen Sie welchen?

Johanna Schlachter hat

Birgit Glanz hat

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bea braunhelmut müller.

.detektivbüro

H. & B. Müller, Privatdetektive

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