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    Der Islain in Kleinasien^).

     Neue Wege der Islamforschung.

    Von Franz Babinger.

    Wohl keinem Lande der alten Welt ist im Wandel der Jahr€

    tausende eine solch eigenartige Rolle zugefallen wie K leinasien.

    In unverkennbaren Z•gen tr‚gt diese Halbinsel seit den ‚ltesten

    Zeiten die weltgeschichtliche Bestimmung in sich, Vermittlerin zu

    sein zwischen Ost und West, eine Br•cke der Vƒlker, auf der Morgen-

    und Abendland einander begegnen konnten zu friedlicher wie zu

    feindlicher Kraftmessung. In dieser Stellung liegt zweifellos anch

    die Erkl‚rung daf•r, warum K A. niemals „ bis auf nicht nennens€

    werte Ausnahmen „ ein eigenes Reicb gebildet hat. Wie seine

    eigent•mliche Zwischenlage Zuwanderungen von den verschiedensten

    Seiten her bedingte und beg•nstigte, so haben hier arische, semi€tische, mongolische St‚mme in buntester Mannigfaltigkeit von Sitten.

    Gebr‚uchen , Religionen meist unvermittelt nebeneinander gehaust,

    so war auch die Bevƒlkerung des Landes niemals eine einheitliche,

    feste Masse, sondern immer ein vielgemischter Vƒlkersaal, voll von

    •berraschenden Gegens‚tzen und fremdartigsten Eindr•cken. Seit

    alters ist es der Kampfplatz und die Beute der sich hier in Krieg

    und Handel treffenden Vƒlker gewesen , ein stetes Ziel zahlloser  

    Eroberer, keinen zu st‚ndigem Wohnsitz fesselnd. . Hettiter, Phryger,

    Lyder, Perser, Rƒmer, Syrer tauchen in seinen Grenzen auf, um

    nach einiger Zeit wieder spurlos zu verschwinden. Griechen be€siedeln seine K•stens‚ume und tragen hellenische Kultur in das

    Innere des Landes, um', je weiter sie vordringen, ihre Stammes -

    eigenart zu schw‚chen und endlich ganz aufzugeben. Die Perser  

    halten kurze Frist ihre Hand darauf, die Rƒmer l‚ngere Zeit, ohne

    KA. indessen als etwas anderes denn als Siedelungsgebiet, colonia,

    zu betrachten.

    Da verwandelt sich plƒtzlich die Schaub•hne, die Rollen

    werden vertauscht. Wie einst im Altertum KA. durch das Abend€

    land und dessen Bildung und Art dem Osten abgerungen wurde,

    so tritt fortab das Morgenland wieder, wenn auch in ganz neuen

    Formen und mit dem frischen Ungest•m unverbrauchter Vƒlker  

    1) Antrittsvorlesung, gehalten …tr, 7. Mai 1921 an der Friedrich-Wilhelms-UniversitSt zu Berlin.

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    auf den Plan. Wie ein morscher Bau zerffeilt die byzantinische

    Herrschaft in K A., als in der zweiten H‚lfte des 11. Jahrhunderts

    ein durch unerkennbare, gewaltige Ereignisse aus Hochasien gegen

    Westen getriebener Hirtenstamm auf der Schwelle der Halbinsel

    sich zeigt, die T•rkmenen, genauer gesagt, deren vordringender Zweig,

    die Seldschuqen, um bald darauf in KA. selbst einzufallen,

    dort ein besonderes Reich , das Reich von R•m , aufzurichten und

    damit einem neuen Glauben Eingang und Geltung zu versebaffen.

    War bislang eine stattliche Zabl von Forschern am Werk, dem

    KA. des Altertums, seinen zahlreichen Vƒlkern, seinen Glaubens-

    formen das geb•hrende' Ma† von Plei† und Scharfsinn zuzuwenden

    und so mancherlei in wesentlichen Z•gen aufzukl‚ren, so darf man

    von der islamischen Epoche, unter der das Land nun seit

     bald einem Jahrtausend steht, f•glich als einem so gut wie uner€

    forschten Zeitraum sprechen. Es ist ja bisher nicht einmal der  

    Versuch einer oberfl‚chlichen Darstellung des islamischen KA.'s

    unternommen worden. Freilich, was wir bis heute wissen, ist nicht

    viel mehr als d•rftige Naebricht aus byzantinischen und befangenen

    islamischen Schriftstellern , deren Werke zudem in ibrer Mehrzahl

    nicht •ber den handschriftlichen Zustand hinausgeraten sind. Es

    mag immerhin als ein k•hnes Unterfangen erscheinen, wenn im

    folgenden der Versuch einer Skizzierung KA.'s als Neulandes

    der Islamforschung unternommen wird. Trotzdem ist es viel€

    leicht nicht ohne Reiz, sich einmal Rechenschaft abzulegen, welche

    Aufgaben hier der Wissenschaft harren, und gleicbzeitig in fl•ch€

    tigen Z•gen Wege zu bezeichnen, die etwa die Islamkunde zu gehen

    haben wird.

    In diesem Zusammenbang erhebt sich selbstverst‚ndlich vor  

    allem die Grundfrage : wann hat die Religion Muhammeds in

    diesem EMstrich ihren Einzug gehalten , wann ist KA. d‚r al-

    isl‚m geworden? Ein •beraus verwickeltes Problem, •ber das sicb

    heute nur in Vermutungen reden l‚†t. Soviel steht indessen fest,

    da† die vor•bergehenden Einf‚lle muslimischer Sarazenen^) gleich

    im 1. Jahrhundert der H edschra weder politisch noch religiƒs irgend€

    welche Spuren hinterlie†en. Erst die Seldschuqen, die, wie gesagt,

    im 11. nachchristlichen Jahrhundert (1067) dort leichten Spieles

    das Erbe von Byzanz antraten, brachten den Islam im neueroberten

    Lande zur endg•ltigen Anerkennung. Hier, wo von der religiƒsen

    Gescbichte die Rede gehen soll, kann f•glich nicht die politische

    auch nur einigerma†en behandelt werden. Doch sei zum Verst‚ndnis

    des Ganzen wenigstens die Tatsache in Erinnerung gebracht, da†

    nm die Mitte des 10. Jahrhunderts jener T•rkmenenstamm unter  

    F•hrung eines gewissen Seldschuq aus Turkistan nach Buchara

    1) Vgl. dazu E.W.Brooks, The Arabs in Asia Minor (641„750^,

    from Arabie sources im Journal of Hell. Studies, XVIII. Band, Londou1898, S. 182„208. Ferner ders. f The Campaign of 716„718, from Arabie

    sources. Ebenda, XIX. Bd., 1899, S. 19„33.

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    einwanderte und dort, wie die ‡berlieferung wissen will, im

    Jabre 956 den muslimischen Glauben annahm^). Wozu er sich

    vorher bekannte, steht nirgends vermerkt. Soviel aber ist gewi†,da† innerhalb der ersten vierzig Jabre, seit das Kanzelgebet {hutba)

    zum erstenmal in den Moscheen Nisch‚pur's auf den Namen Toghrul -

     begs erscholl, i. J. 1037, diese Seldschuqen Herren von ganz

    Persien, dem Zweistromland, Syrien nnd Anatolien geworden waren.

    Wie im Sturm wurden die bestehenden Reiche hinweggefegt und

    eine Herrschaft begr•ndet, die sich von den Grenzen Indiens bis

    an das Mittell‚ndische Meer erstreckte. „ In KA. selbst erstand

     binnen kurzem zu Nicaea, sp‚ter zu Iconium die Hauptstadt

    einer seldschuqischen Seitenlinie, der sogen. R•mseldschuqen*).

    Gleich den im Osten regierenden F•rsten des Hauptzweiges be€g•nstigten die Herrscher von R•m Kunst, Wissenschaft und Schrift€

    tum. Nicht etwa t•rkischer, sondern rein persischer  

    Pr‚gung. Ausgesprochen ostiranisch war auch die Baukunst, die

    sich in eigenartigen Denkm‚lern, von denen manch herrliches Bei€

    spiel bis auf die Gegenwart erbalten ist, vor allen in Moscheen

    und Medresen , auswirkte. Zahllose, •ber ganz KA. verstreute In€

    schriften an den Baulichkeiten k•nden noch heute die P rachtliebe

    und den Kunstsinn der F•rsten von Konia. An die Stelle des

     byzantinischen Christentums trat der neue Glaube, wenigstens im

    Innern des Landes. Nur an den K•sten des Schwarzen und des

    ˆg‚ischen Meeres hielt sich , wie an letzten Zufluchtsst‚tten , grie€

    chische Religion und Gesittung.

    Was wissen wir nun •ber die Glaubenansichten der R•m-

    selschuqen ? War es der sunnitische, der rechtgl‚ubige Islam, dem

    man dortzulande huldigte? Mit nichten. •nd bier, so will es

    scheinen , liegt ein erster Punkt , dem die Forschung noch viel zu

    wenig Beachtung geschenkt bat. Es ist nach allem gar kein Zweifel

    mƒglich, da† dieR•mseldschuqen sich zu einer ‰ketzerischen"

    Sekte bekannten, da† sie mit einem Worte 'Aliden ('alewi) waren.

    In Buchara, jener geheimnisvollen, sagenumwobenen Mƒnchsstadt „ bukhara betrachtet man als die t•rk.-mong. Form f•r das skr.

    vih‚ra d. i. .Kloster" „, in dieser Stadt der Iranier und einstigem

    Sitz eines Heiligtums der Magier^) hatten die Seldschuqen den

    Glauben ihrer V‚ter mit dem Islam vertauscht. Es w•rde den

    Rabmen dieses Vortrages sprengen und zugleich die Gedrungenheit

    meiner Ausf•hrungen abschw‚chen, wollte ich h ier noch die, haupt€

    s‚chlich der Bem•hung russiscber Gelehrter verdankte Erkenntnis

    im einzelnen durch Belege aus islamischen Schriftstellern zu st•tzen

    1) Vel. Tabaq‚t-i N‚siri, von G. Raverty, London 1881, l. Bd., S . 117.

    2) VŠ!. dazu M. Th. Houtsma: Over fte gesi-hiet tei kis der ‡rldjukenran Klein-Azie in den Versliigen en Mefledettlmuen der Kon. Aleuilemie

    Vftu Wfitensvhtipen, Afd. Letterkunde, Uerde Ret.ks, IX. Deel, Am>terdam1892, S. 133„153. 3) ‡ber Buch‚ri vgl. W. Bartbold in der  

    Enzi/kl. des Islam, I. Bd., S. 809 fl'.

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    sucnen, da† das Land jenseits des Oxus, m‚ war‚ al-nahr, niemals

    sich ernstlich zur Sunna bekannte , zumindest stets 'alidischen

    Einfl•ssen unterworfen war. ‡ber allen Zweifel erhaben ist denn

    erst recht die Tatsache, da† Persien damals ebensowenig wie heute

    der Sitz rechtgl‚ubiger Anschauungen war, vielmebr da, wo der  

    Islam die alten Sekten verdr‚ngt oder umgebildet hatte, eine un€

    streitig sunnafeindlicbe Bevƒlkerung beherbergte. Nun berichtet,

    um nur eine Quelle zu nennen, das sogen, si‚setn‚me des Ab• 'All

    Hasan, Niz‚m •l-m•lk, der nahezu 30 Jahre bindurch (1063/92)

    der erste Minister und Berater des Seldschuqiden Alp Arslan und

    seines Sohnes Melik Sch‚h war, in ganz eindeutiger Weise, in

    welchem Umfange die T•rkst‚mme iranisiert, mit schi'itischen

    Ansichten durchtr‚nkt wareni). Rechtgl‚ubige Schriftsteller, wieŠtwa der 1170 geborene J‚q•t, machen denn auch kein Hehl aus

    ihrem Abscheu gegen die Islamfeindlichkeit der ‰T•rken". So sagt

    dieser arabische Geograph einmal, da† Kuschan und Belutsch, zwei

    R‚uber, Š‚rgere Peinde des Islam seien als Griecben und T•rken"*).

    Es ist daher, so wenig der byzantinische Einflu† untersch‚tzt werden

    soll, sicher ein Irrtum, wenn man da, wo von den kleinasiatischen

    Bauten der Seldschuqen 8) mit ihren auffallenden, im sunni€

    tischen Islam bekanntlich peinlich vermiedenen Darstellungen von

    Lebewesen die Rede ist, d iese sonderbare Erscheinung byzantinischer  

    Einwirkung zuschreibt und gleichzeitig die Seldschuqen als Sunniten

    anspricht^). Die ungez‚hlten sogen, isch‚r 'Alis, die man an den

    Bauten von Konia beobachten kann, sind m. E. so klare Belege f•r  

    die schi'itische Gesinnung ihrer Erbauer als man nur w•nschen kann.

    In der Tat, so sp‚rlich auch die geschichtlichen Nacbrichten

    ‹•ber die R•mseldschuqen bis j etzt flie†en. Eines ist u nbestreitbar:

    das ganze Staats- und Glaubensleben des Rom‚er-

    reiches stand g‚nzlich unter persischem Einflu†. In

    der Dichtung, in der Hofkanzlei findet ausschlie†lich die

     persische Sprache Anwendung, die k•mmerlichen literarischen

    1) Das si‚setn‚me wurde herausgegeben von Charles Schefer unter  

    dem T itel: Siasset Niimkh. 'I'raili de gouvernement compost pour le sultan

    Milik-chali par le vizir Nizam oul-moutic. Texte persan iditi [et] traduit

     par Ch. Sch. (= FELOV., IUe …trie. vol. VII, VIII und suppliment. DreiB‚nde, Paris 1891, 1893, 1897. Vgl. dazu Lion Cahun, Introduction h

    l'Hisloire de l'Asie, Turcs et Mongols dej mis les Origines ‚ 1405. Paris1896, ein unklar gefa†tes, aber wegen der gro†en Belesenheit seines Verfassers

    und der zahlreichen darin verwerteten Angaben sch‚tzbares Buch, die Bibel der  

    Panturanisten, Besonders einschl‚gig sind in diesem Zusammenhang die Abschnitte:

    Les Turcs et l'Jslam, Les Mongols, L'Asie sous les Mongols, Timo•r etU triomphe de VIslum. ‡ber das si‚setn‚me vgl. S. 153, 162, 180, 182 190.

    2) Vgl. C. Barbier de Meynard, Dictionnaire de la Perse, Paris,

    1861, S. 455.3) In volkstQmlicher Form unterrichtet dar•ber einstweilen Gustave

    Mendel ‰Les monuments seldjoucides en Asie Mineure' im XXXIII. Bandeder Hevue de l'Art ancien et moderne. S. 9„24 und 8. 113„122.

    4) Vgl. z. B. FrledrlchSarre, Eeise in Kleinasien, Berlin 1896, S. 68 ff.

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    ‡berreste aus jener Zeit sind obne Ausnabme persisch abgefa†t.

    Persische S‚nger lie†en zu Konia seltsame Liebeslieder und heilige

    Weisen in ihrer Muttersprache erklingen, die Taten der Sultane vonR•m wurden in der Sprache Irans besungen nnd niedergeschrieben.

    Es sei nur an jene durch M. Th. Houtsma erschlossene Ge€

    schichte des Ibn Bibi (st. 1272) erinnert, die uns zwar nur  

    in einer t•rkischen Bearbeitung erhalten ist, deren Verst‚ndnis in€

    dessen durch einen im 13. Jahrhundert hergestellten persischen

    Auszug wesentlich erleichtert wird. Diese, gleichsam in usum delphini

    urspr•nglich persisch verfa†te Chronik hat einen hohen kultur€

    geschichtlichen Wert. Schildert sie doch aufs anschaulichste das

    seldschuqische Hofleben trotz seiner noch deutlichen Spuren des

    einstigen Nomadentums in seiner vƒlligen kulturellen Abh‚ngigkeitvon Persien^). Kann man somit mit Fug und Recht f•r den Be€

    reich der r•mseldscbuqischen Macht einen schi'itischen

    Islam gleichsam als Staats religion annehmen, so w•rde man

    wohl ganz zu •nrecht die der neuen Herrschaft unterworfene Be€

    vƒlkerung wie die breite Masse der Eroberer selbst als unentwegte

    Anh‚ngerschaft dieses Glaubens vermuten.

    Die Frage, zu welcher Religion sich die Seldschuqen

     bekannten, ehe sie den Islam annahmen, l‚†t sich leider nur ver€

    mutungsweise erledigen. Allerlei Anzeichen sprechen daf•r, da†

    neben dem Schamanismus irgend eine Form des Christentumsunter den T•rkst‚mmen Geltung hatte. Man hat zwar ge€

    glaubt, die seltsamen biblisch-christlichen Namen wie etwa Isr‚'il,

    (so hie† einer der Sƒhne Seldschuqs) , Micb‚'Il , J•nus , M•s‚ , aus

    der Nachbarschaft mit den christlichen Kaukasusvƒlkem erkl‚ren

    zu kƒnnen, allein die von Daniel Cbwolson und Wilh. Radloff  

    erschlossenen nestorianischen Grabinschriften*) zeigen

    doch deutlich, da† unter den T•rkst‚mmen im sogen. Semirjetschensk  

    das Christentum-stark verbreitet gewesen sein mu†. W. Bartbold,

    der treffliche Petersburger Islamforscher, hat dar•ber eine l‚ngere,

    •berzeugende Abhandlung verƒffentlicht').

    1) Vgl. Recueil dea Textes relatifs h l'histoire des Seldoucides, publii

     par M. Th. Houtsma. 4 B‚nde. Leiden 1886, 1889, 1902. „ Ibn BIbiist nach Nedschlb 'Asim, t•rk ta'rili, Stambul 13.S0, eine vom d efterd‚r  

    Dscha'fer Tschelebizade gefertigte, unter Mur‚d II. Regierung (1421„1451)entstandene t•rkische ‡bersetzung der urspr•nglich persisch geschriebenen Chronik.

    Vgl. dazu M. Th. Houtsma in Enz. des Islam, II. Bd., u. d. W. Ibn BlbT.

    Einen lehrreichen Auszug enth‚lt Drevnostji Vostoinija, IV. Bd., 1. Heft.

    Petersburg 1912. Vgl. dazu Der Islam, IV. Bd., S. 135, Nr. 1 9.

    2) Vgl. seine Syrischen Grabinschriften aus Semirjetschie in den

    Mimoires de l'Acadimie Impiriale des S ciences de St. Pitersbourg, 1886,1890 und 1897 mit Beitr‚gen von W. Radloff.

    3) Vgl. W . Barthold: O christianstve V Turkestane v do-mongoV-skij Period. Po porodu semirelemkich nadpisej im VIII. Bande der Zapiski

    vostoinago otdileiiija Imper. Kusskago archeol. Obiiestva. St. Petersburg1893, sowie N. Petrovskij: K statte ,0 christianstvi v Turkestani', ebenda.S. 150 Œf.

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    Dazu traten gerade bei den R•mseldschuqen infolge der Krenz€

    z•ge , die zum Teil durcb ihr Gebiet f•hrten , eigenartige Ver€

    mischungen mit christlichem Blute. Waren doch Isabella, dieSchwester Raimunds IV., Grafen von Toulouse und St.

    Gilles (geb. um 1042, gest. 5. Febr. 1105 bei Tripoli) und mit

    ihr mehrere vornehme fr‚nkische Damen in die Frauengem‚cher  

    seldschuqischer Gro†er geraten, wodurch Isabella, die von Qilidsch

    Arslan I. (st. 1087) geebelicht wurde, geradezu die Stammutter der  

    Sultane von R•m wurde. Weit entfernt, solchen dynastischen Ver€

     bindungen eine weittragende Bedeutung f•r die religiƒsen Verh‚lt€

    nisse des Landes zuzuschreiben, glaube ich dennoch, da† sie, zumal

    solche F‚lle, wie wir sehen werden, gar nicht vereinzelt dastehen,

    wenigstens f•r die Haltung der Seldschuqen gegen•ber der christ€lichen Stammbevƒlkerung nicht ganz ohne Belang sind. In welchem

    Umfang nun die se†haften Bewohner KA.'s den Glaubenswandel

    vollzogen, dar•ber l‚†t sich nicht das Mindeste sagen. Soviel darf  

    aber vielleicht als sehr wahrscheinlich gelten, da† das altererbte

    Christentum nicht ohne Kampf und Widerstreben preisgegeben wurde,

    da† es vielmehr auch da, wo der Islam an seine Stelle trat, unter  

    der Oberfl‚che weiterlebte und zu jenen merkw•rdigen Vermengungen

    der Glaubensansichten Anla† gab, die dem Religionsforscher soviel

    M•he und Pein bereiten.

    In diese bl•hende seldschuqische Kultur schleuderte plƒtzlich der Mongole Dsch in ghi s kh‚n den Blitzstrahl der Ver€

    nichtung. Kleinasien geriet unter seine Abh‚ngigkeit, die frei€

    lich nur vor•bergehend war und daher ohne Bedeutung f•r die

    religiƒse Entwicklung des Landes bleiben mu†te. Abgesehen davon

    ist es fast sicher, da† die islamische Glaubensform, zu der die

    Dschinghiskh‚niden sich bekannten, kaum wesentlich von der  

    der Seldschuqen sich unterschied. Es sei z. B. die Tatsache ins

    Ged‚chtnis zur•ckgerufen, da† H•l‚g• von dem G eschichtssohreiber  

    Ibn al-Tiqtaq‚, einem unmittelbaren Nachkommen 'Alfs und

     begeisterten 'Aliden, in geradezu •berschwenglichen Lobpreisungengefeiert, ja verhimmelt wurde^). Aucb bei den Christen stand

    er •brigens wegen seiner auffallenden Duldsamkeit, man darf fast

    sagen Christenfreundlicbkeit, in hohen Ehren. Unmittelbar nach

    der kurzfristigen Mongolenherrschaft ward KA. die leichte

    Beute einer Anzahl von F•rstengeschlechtern*). Die ROm-

    1) Alnfakhri, par Ibn aUTiktaka, nouv. idition du t exte arabe par  H. Derenbourg, Paris 1895, 8. 9. „ Vgl. dazu L. Gabun, a. a. O. 8 . 428.

    2) ‡ber die kleinasiatischen Teilstaaten 1st in osmanischer Sprache sehr  

    Wichtiges verƒffentlicht worden, so gerade Uber die Qaramaniden von Khalil

    K d h e m B e j , Inseriptions et documents sur les Karamanides In der Revue

    Historique publiie par l'Institut d'Histoire Ottomane, Jahrg. 1911, Nr. 11,

    Jahrg. 1912, Nr. 12, 13, 14, auch als Sonderdruck. KUr die sp‚tere Geschichteenth‚lt reichsten Stoff das Tagebuch des Marino Sannto. Eine Cntersuchung

    •bor die Teke-oghlu fehlt nocb. Ober die Hamid-oghlu Tgl. J. H. Mordt€

    mann in der Enzykl. des Islam, II, Band.

    Š‹

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    132 Franz Babinger,

    seldschuqen selbst f•hrten zwar in ihrem Hofsitz zu Konia nƒch

    ein kl‚gliches Seheindasein.

    Als aber schlie†lich 'Al‚' ed-din , der letzte ihres Stammes,

    1308 durch Gift geendet hatte, zerfiel die Halbinsel in einzelne

    Teilstaaten, deren •beraus dunkle Geschichte uns hier nicbt weiter  

     besch‚ftigen kann. Es sei nur festgestellt, da† die religiƒse Zu€

    gehƒrigkeit auch dieser F•rstent•mer zum 'Alldentum sich einwand€

    frei erweisen l‚†t. Ich denke etwa an jenen r‚tselhaften N•ra

    •fl, an die von ihm abstammenden Qaraman-ogbln oder an die

    Herrscher von Aidin, Hamid und Teke (vom t•rk. teke „ Bock).

    Viel wichtiger indessen als alle diese unbedeutenden Staaten€

    gebilde ist ein Stamm, der um die Wende des 13. Jahrhunderts

     plƒtzlich aus dem Dunkel der Geschichte auftaucht, in ein kleines

    St•ck Land eingewiesen wurde, um endlich beim Zerfall der Sel-

    dschuqenmacht und durch die allm‚hlige Bezwingung der Nachfolge€

    staaten sicb in den unumschr‚nkten Besitz von ganz KA. zu setzen :

    das Volk der Osmanen. Woher es kam, was es zur Abwande€

    rung aus dem Osten bewog, ist der Forschung restlos zu ermitteln

     bis jetzt nicht gelungen. Tiefes D•ster deckt immer noch die

    fr•hesten Schicksale dieses T•rkmenenstammes. Welche Religion

     brachte er aus seinem Ursitz mit , seit wann bekannte er 

    sich zum Islam? Tb. Nƒldeke bat vor 60 Jahren bereits darauf  

    hingewiesen , da† Osman, der Stammvater , einen ansgesprochen

    arabisch-islamischen Namen tr‚gt, w‚hrend sein Vater Ertoghrul,

    seine Vatersbr•der Sonqur , G•ndoghdu , D•ndar , ja sogar seine

    Br•der G•nd•z Alp, ary Baly sozusagen heidnische Namen f•hren*).

    Andererseits aber hie† sein Gro†vater angeblich Sulejm‚n. Ich

    habe anderw‚rts die Vermutung ausgesprochen , da† Osman viel€

    leicht bei seinem ‡bertritt zum Islam seinen alten Namen auf€

    gegeben habe *). Damit w‚re aber noch nicht der Name S•lejman

    erkl‚rt, wenn man nicht etwa auch hierf•r das biblische Salomon

    zugrundelegen und dieselben Gr•nde gelten lassen will, die bei den

    stammverwandten Fr•hseldschuqen christlich-biblischen Namen auf€

    kommen lie†en.

    Genug, die Osmanen traten das gesamte Erbe der Seldschuqen

    an. Die religiƒsen Verh‚ltnisse erfuhren, abgesehen von den weiteren

    Fortschritten der Islamisierung, keinerlei Wandel. In weit g rĠerem

    Umfange als bisher freilich vollzieht sich unter den neuen Herren

    1) Vgl. ZDMO. 13. Bd., S. 182, Anm. 3, S. 183; femer S. 11 meiner  

    Schych Bedr e

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     jene Zuwanderung ƒstlicher Schwarmgeister, deren

    Einflu† sowohl auf das geistige wie religiƒse Leben des jungen

    Osmanenreiches eine ungeheure Reichweite zukommt. Ich meinedas ‡berhandnehmen der Derwische und das durch sie

    verbreitete sogen. •fltum. Sie drangen nicht mit einem Male

    ins Land. Schon unter den Seldschuqen hatten zahllose

    s•fische M‚nner aus Buchara, dem , Heiligenstaat'*),

    kommend, ihren Einzug in KA. gehalten und waren dort vom

    Hof und von der Bevƒlkerung willig aufgenommen worden. Ahmed

    Jesewi (st. 1166 zu Jasl), der gefeierte transoxanische Volksheilige,

    war fast allen Meister und Abgott. Daneben war vor allem Kho€

    r‚s‚n das Ausgangsland f•r diese Eindringlinge. ‡berliest man die

     Nacbricbten, die etwa Taschkƒpr•z‚de'') auf Grund alter Quellenund ‡berlieferungen •ber das Leben der fr•hosmanischen

    Schejche bringt, so gewinnt man einen ungef‚hren ‡berblick  

    •ber die gewaltige missionarische T‚tigkeit dieser Leute. Sie sind

    es, die sich an allen Ecken und Enden ihre Zellen (z‚wije's) und

    Einsiedeleien erbauten, Klƒster errichteten und gl‚ubige Sch•ler in

    ihren Bann zogen.

    Pilzen gleich schƒssen damals die Derwisch-Orden aus

    dem Boden. Es seien nur zwei erw‚bnt, Dschel‚l ed-din R•mi's

    Gr•ndung, die Mewlewijje, sowie H‚ddschi Bektasch's')

    nicht minder ber•hmter Orden. Beide, um das gleich zu sagen,

    •berzeugte Verfechter der 'AlTverehrung*), beide ibre Herkunft auf  

    den Tochtermann des Propheten zur•ckf•hrend. Die religiƒsen

    Br•derschaften bl•hten und gediehen unter der begeisterten Fƒrde€

    rung und Unterst•tzung der Osmanenf•rsten. Die altosmanischen

    1) Hierher gehƒrt auch Martin Hartmann's Bericht iiher die Herr€

    schaft der Kodschas in K aschgharien im 6.„10. Heft des I. Bandes ,Der  islamische Orient", Berliu 1905.

    2) Vgl. Taschkƒpr•zade, schaq‚'iq al-nu'm‚nijja, wovon zwei arabi€

    sche Drucke, eine am Eande von Ibn HallikSn's wafajat al-a'j‚n wa a nb‚' abn‚'

    al-zam‚n, B•l‚q 1299, die andere Kairo 1300, vorliegen, sowie die von Mehmedel-Medschdl besorgte t•rkische ‡bertragung (gedruckt Stambul 1269).

    8) ‡ber H‚ddschi Bekt‚sch enth‚lt das Sammelwerk des Mehmed S•reJJS,

    sidschill-i 'osm‚ni einige belangreiche Mitteilungen , II. Bd. , S. 22. Dort ist

    die sogen, silsile seiner Lehrvorfahreu gegeben. Auch eine Reihe seiner Sch•ler  

    wird aufgef•hrt, darunter Qowadschiq, HSdscbim Sult‚n, Sary Ism‚'il, Res•l Baba,

    J•nus Emre, Tapdiq Emre. Er heiratete zu Nisch‚p•r die Tochter des Schejcbs

    Alimed, eines J•ngers (kltallfa) des ber•hmten Alimed Jesewi.

    4) Vgl. dazu S.R.Trowbridge, The Alevis or Dei†ers of Ali in der  

    Harvard Theological Jieview 1909, II. Band, 8.98„94, bes. S. 94 oben.Lehrreich f•r die Geschichte der Mewlewijje sind auch die Men‚qib •l-'‚rifvndes S cherns ed-dTn Ahmed el-Efl‚kl, von denen Cl. Huart u. d. T. ,Les saints

    ties Derviches Tourneurs' , Paris 1918, I. Band, eine franzƒsische ‡bersetzung

    anfertigte. Weit wichtiger und ergiebiger aber ist wegen der darin verwertetenQuellen die tezkere-i schu'ar‚-i Mewlewijje des Mewlewl-Schejchs GhSlib-

    Dede (st. 1210/1795 zu Galata), die sicb handschriftlich in Wien (vgl. FlUgelII, 412, No. 1257).befindet und auszugsweise wiedergegeben ist in 'All En€

    weri's Buch Sem‚'-b‚ne-i edeb, Stambul 1309, 262 S eiten.

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

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    Der Islam in Kleinasien.   135

    nischen Staates wie •berhaupt •ber die ‚lteste Geschichte der  

    dort vorkommenden religiƒsen Genossen- und Br•der€

    schaften'). Nur Ibn Batt•ta hat aus der Mitte des H.Jahr€hunderts (1333) •ber die Verh‚ltnisse in Anatolien eine merkw•rdige

    Schilderung hinterlassen, die indessen die Frage nach der Ent€

    stehung jener m‚nnerbundartigen Vereinigungen*), zu denen

    gewi† auch die angeblich von H‚ddschi Bektasch mitbegr•ndeten

    Janitscharen") zu rechnen sind, leider offen l‚†t. Eine eigenartige,

     bei einem kriegerischen T•rkmenenstamm gewi† nicht vermutbare

    Gastfreundschaft herrschte dortzulande , •berall ƒffneten , wie der  

    arabische Reisende anschaulich dartut, Einkehrh‚user ihre Pforten,

    ein •ber das ganze Land verbreiteter Ritterbund der jungen

    Leute {ahijjat*) al-fitj‚n) betrachtete es als seine vornehmsteAufgabe , f•r durchreisende Pilger und Fremde Unterkunft und

    Atzung zu bereiten. Diese Zust‚nde mƒgen jenes Jahrhundert nicbt

    allzulange •berdauert haben , wenn wir nicht etwa in den achi's

    von Angora*) ‡berreste oder Nachkl‚nge dieser alten sozialen Ein€

    richtungen erblicken d•rfen*). Mit dem Zunehmen der osmanischen

    keit der M‚nnerbfinde kann f•r das altosmanische Keich gar nicht hoch genng

    ‹veranschlagt werden.

    1) ijber dergleichen Br•derschaften handelt Ibn Batt•ta auch sonst, soz. B. 1 , 5 •ber die schlangenfressenden Ahmedi's (= Rifa'i's), •ber eine troupe

    des jeunes gens non mariis, die unter einem kelil {yiS) zu I sfahSn standen,I, 45; wichtig, zumal f•r die Geschichte des Wappenwesens, sind die Angaben

    II, 281/82 •ber die ser‚w'd, die Hermann Thorning in seiner ausgezeich€neten Arbeit Ueilr‚ge zur Kenntnis des islamischen Vereinswesens', Berlin

    1918 (T•rk. Bibl., 16. Band) •bersehen hat.

    2) Vgl. Helmut Ritter in Der Islam, X. Bd., S. 244„250.

    8) Vgl. dazu Heb. Schurtz, Die Janitscharen, in den Preu†. Jahr-litchern, 112. Band, Berlin 1903, S.450 „479, der den m‚nnerbundartigen

    Charakter der Janitscharen ganz richtig erfa†t hat. ‡ber die Ehelosigkeit bei

    diesen vgl. einige Mitteilungen bei A.H. Lybyer, 3'Ae Government of t he

    Ottoman Kmpire, Cambridge 1913, S.70. Die m ƒnchartige Gliederung der  

    Jsnitscbareutruppe war schon 0. Gh. van Busbeek aufgefallen.

    4) I bn Batt•ta leitete das Wort

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

    11/28

    136 Franz Babinger,

    Macbt, die nur vor•bergehend durch die Einf‚lle Timurs er€

    sch•ttertwurde, wuchs der Einflu† des Derwischwesens gar   bald zu bedrohlicher St‚rke.

    Die abermalige zeitweilige Mongolenherrschaft war  

    dieser Entwicklung keineswegs abtr‚glich. Ganz im Gegenteil. Es

    ist mehr als auffeilend, in welch weitgebender Weise der gro†e

    Eroberer die Schejche von Anatolien beg•nstigte*). Das wird aber  

    erkl‚rlich, wenn man sich vergegenw‚rtigt, da† seit den Ermitte€

    lungen V. D. Smirnoff's gelegentlich einer Untersuchung •ber  

    die sogen. Seldschuqenverse im Seb‚bn‚me die Zugehƒrigkeit

    Timur's zu irgend einer, dem •fitum nahestehenden Sekte als er€

    wiesen gelten kann*). Nach der Wiederherstellung der osmanischen

    Herrschaft mehrten sich die F‚lle, wo iranische Derwische ihreAnschl‚ge auf das Haus Osman und auf die Vernichtung diesesturanischen Herrscherstammes bereiteten.

    Um diese Zeit, n‚mlich um die Wende des 15. -Jahrhunderts

    macht sich denn auch im Osmanenreich eine religiƒse, von Persien

    ausgebende Strƒmung immer eindringlicher und bedrohlicher be€

    merkbar, die Sefe wij je zu Erdebil*). Dort lebte im ersten

    wichtige Teile enth‚lt (1.: rules of the order of ehl-i futuvvet; 7.: on the fundamental principles of futuvvet; 9.: on the origin and rules of the order of the SelmSnIs,

    or hrothers of the razor and wetting-stone). „ FutuwwetnSme's in t•rki€

    scher Spraehe sind fast in jeder europ‚ischen Sammlung vorhanden. Ich stellezusammen etwa: Berlin, Ms. 5 , 26; Dresden, Ms. 65; 266; Gotha, Ms. turc. 45, 1',

    London, Hari. 5463, Rieu S.2331), No. IV, vgl. dazu No.III (Janitscharen!); M•nchen,

    Ma. turc. 20, hier traschin‚me gehei†en, vgl. oben unter Selm‚nll); Paris, Bibl. Nat. Ms. S. T. 9 und 8. T. 17 (v. J. 1600). 1) Vgl. Schejch Bedr ed-din, S. 85.

    2) Vgl. V. D. Smirnoff , Les vers dits ‰Seldjouk" et le christianisme

    turc, in den Actes du XI. Congris Internat, des Orientalistes, III. Section.

    Paris 1899, S. 143 ff. „ Mittelbar die religiƒse, unverkennbar 'alidische StellungTimur's beleuchtend d•rfte ein Waqfn‚me sein, da† sich in der Im‚m-Riz‚-

    B•cberei zu Meschhed beflndet: waqfn‚me-i emir Timur-i eml‚Jc ber schejchSefi ed-din u ewl‚d, vgl. W. Iwafioff im JRAS. 1920, S. 549, No. 57. „  Merkw•rdig ist auch der Bericht in der anonymen osmanischen Chronik Uber  die Einnahme von Damaskus durch den Weltenst•rmer. Dort soll e r sich f•r  

    einen ‰JczIdi", d. h. einen Anb‚nger des Khalifen Jezid I. , 4Iuawi,ya's Sohn,

    dessen Heer hekanntlich sm 10. Okt. 680 Husejn zu Kerbel‚ erschlagen hatte,

    ausgegeben und unter diesem Vorwand Uber 10000 jezidische Damaszener nn

    sich gelockt haben. Dieser ganze Bericht, der sich in ‡bersetzung bei Leun€

    clavius, Hist. Mus. Turc, Frankfurt a. M. 1590, Sp. 357, 5 flf. findet (vgl.Sp. 37, 14ff., sowie F[ranciscus] a M[esgnien] M[eninski], Anatome secundi

    monstrosi part•s , o, O. (= Viennae) 1671, S. 9) fehlt bei 'ˆschiqpaschaz‚de,ta'rih, '^7, wo nur die Rede davon ist, da† 'TimuT das Grab des Jezid auf€

    gefanden und gesch‚ndet habe.

    8) Vgl. Uber sie ausf•hrlicher Schejch Bedr ed-dln, S. 78 ff. und die

    dort verzeichnete europ‚ische und islamische Literatur, Die Mitteilungen Marino

    Sanatos Uber die F r•hgeschichte der Sefewi's habe ich in einem Beitrag zur  

    Festschrift f•rE. O. Browne (S. 28„50, (^^bridge 1922) zusammenfassend ver€wertet. Die persiscben Qaellen sind nocb gar nicht erschlossen und die fr•heste Ge€

    schichte der Sefewyje, worunter ich diesen ausgesprochenen Derwisch-Orden uK‚

    nicht etwa den Herrscherstamm ' meine (wie in RMM., 51. /52. Band, Paris 1921,8. 97, Nr. 58 irrt•mlich angenommen wird), ist noch in Tƒlligeis Dunkel gehUllc

    1 3

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

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    Der Islam in Kleinasien.   137

    Viertel des 14. Jahrhunderts ein gro†er •fI-Schejch, efl ed-din

    mit Namen, der seinen Stamm anf 'All zur•ckf•hrte und im Ge€

    r•che besonderer Heihgkeit am 12. Sept. 1334 das Zeitliche segnete.Seine Sƒhne und Enkel sa†en ebenfalls auf dem Teppiche (segg‚de)

     beschaulichen Lebens und der Ruf ihres gottgeweibten Daseins

    drang bis nach Brussa an den Hof des Gro†herrn, von wo allj‚hr€

    lich reiche Gaben nnd wohlgef•llte Beutel nach Erdebll abgingen

    Das wird von allen osmanischen Geschichtsschreibern ohne Bedenken,

    fast mit G enugtuung festgestellt. Diese Abgaben der Osmanenf•rsten

    trafen mit solcher Regelm‚†igkeit ein, da† Schejch Dschunejd

    sich sogar beschwerdef•hrend nach Brusa wandte, als einmal die

    Sendung ausblieb. ‡ber das politisch gemeingef‚hrliche Treiben

    gerade dieses Mannes mochte man sich allerdings am Sultanssitzgar bald im reinen gewesen sein. Seine Umtriebe zwangen ihn

    schlie†lich zur Flucht zu Uzun Blasan, dem Herm des Schwarzen

    Hammels*). Dort fand er nicht nnr gastliche Aufnahme, sondern

    erhielt sogar die Hand seiner Tochter Khadldscha Begum, aus

    der Ehe mit Katharina, einer trapezuntischen, christlichen Prinzessin.

    Was aber Dschunejd nicht gl•cken wollte, n‚mlich seine derwisch-

    mft†ig gegliederte"), mit eigener (ganz den der Bektaschijje

    gleichender, nur r oter) Kopfbedeckung {qtnil basoh 1) versehene zahl€

    reiche Gefolgschaft zu einem Staatsgebilde zu vereinigen, das gelang

    in fast wunderbarer Weise seinem 15 j‚hrigen Enkel Sch‚h Ism‚'il,dem Begr•nder des Thrones der efewis*).

    Was diesem J•ngling im Fluge die Herzen von Tausenden nnd

    Abertausenden zuwandte, was ihn bef‚higte, in k•rzester Frist sich

    einen festgegr•ndeten Staat zu schaffen, ist bis heute ein R‚tsel.

    Mit Entsetzen verfolgte man in der Osmanenhauptstadt die Aus€

     breitung der neuen Lehre, von der die Kunde bis ins Abendland ge€

    drungen war. Die gleichzeitigen italienischen Berichte, die relazioni,

    vor allem aber die Tageb•cher {diari) Marino Sanuto's sind

    YoU der wundersamsten M‚ren •ber den neuen Propheten. In

    Ism‚'ils Augen galt Geld nnd Rangordnung nichts und alles kamnur auf die bedingungslose Hingabe an den neuen Glauben an.

    Ohne jeglichen Sold leistete man dem J•ngling Heeresdienst, ohne

    sch•tzende R•stung, jauchzend und begeistert ging man f•r ihn

    in den Tod*). Eine Eeihe ritueller Vorschriften, so die

    1) Vgl. 'ischlqpaiehazlde, to'rt^, Stambul, 1334, S. 264.

    2) Ober Uzun Hasan Tgl. einstweilen Schejch Bedr ed-din, S. 88.

    Die eigenartige Stellung, die er in der islamischen Glaubengeschichte einnimmt, bedarf noch sehr der KIfirung.

    8) Dies geht deutlich aus einem Berichte M a rino Sanuto's hervor, der  in den Tageb•chern, IV. Band, Sp. 500 stebt. Nur hei†t es dort statt des un€

    verstfindlichen come di ruissi zweifellos come diruissi, d. h. dirvissi, i. i .wie Derwische. „ Vgl. dazu etwa die HS. 538 •ber ,the origin of the

     priestly state in Ardabil* im India Office zu London. H. Ethi, Cat. of Pera.Met. in the Library of the India Office, Oxford 1903, S. 213.

    4) Vgl. Schejch Bedr ed-dln, S. 85„86.

    5) Eine eigenartige Betrachtung Uber die Begeisterung, mit der man Schah

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

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    138   Franz Babinger,

    angebliche Erlaubnis des Sch wei nef lei sch genusses, die Auf€

    hebung des Wein verbotes, ward mit der Begr•ndung erlassen,

    da† 'AlT, der Abgott der neuen Lehre, derartige Beschr‚n€kungen unmƒglich gutgehei†en haben kƒnne. Leider wissen

    wir bisher •ber die sonstigen Glaubensansichten der  

    efewijje so gut wie nichts. Soviel man aus den meist

    d•rftigen oder •bertriebenen Angaben der abendl‚ndischen Bericht€

    erstatter entnehmen kann ,' mu† ihnen eine hƒchst merkw•rdige

    Vermengung altpersischer, zweifellos auch christlicher Anschauungen

    und Gebr‚uche zugrunde liegen. Auffallend ist b esonders die mehr€

    fach bezeugte Gunst, in der die C h r i s t e n im Gegensatz zu den

    T•rken bei Ism‚'il standen. Die christliche Heirat nnd vor allem

    die politische Verbindung seines Urgro†vaters Uzun Hasan')

    mit der Christenheit darf jedenfalls bei der Erƒrterung der  

    Frage, inwieweit christliche Gedanken hier hereinspielen, keineswegs

    au†er Acht gelassen werden.

    Genug, binnen kurzem fand die neue Lehre unheimliche

    Verbreitung in Kleinasien. Dreiviertel der ganzen Bevƒlke€

    rung soll sich nach einer gleichzeitigen venezianischen Meldung f•r  

    den jungen Propheten und seinen Glauben erkl‚rt haben*). Be€

    sonders im S•dwesten der Halbinsel, unterhalb Qaraman, in Teke

    und Hamid, hatle man sich ausnahmslos der efewijje ver€

    schrieben. Allerdings war dort der Boden l‚ngst vorbereitet.

    Schon der Sohn SefT ed-dln's, adr ed-dln mit Namen, hatte

    hier eine begeisterte Gemeinde geschaffen und seit jenen Tagen war,

    wie es hei†t, die dortige Bevƒlkerung persischen Schejcben mit

    Vorliebe zugetan. Timur hatte diese, wie ebenfalls ausdr•cklich

     betont werden soll, bei seinem Durchzug verschont"). Ein reger Ver€

    kehr und Gedankenaustausch spielte zwischen dieser Gegend und

    Erdebll, wohin man in Scharen auswanderte, um Ism‚'il im Kampfe

    wider seine Feinde Hilfe zu bringen. Solch unentwegte Zugehƒrig€

    keit eines Landstriches zum Glauben eines weit abseits hausenden

    Meisters kann nicht •ber Nacht zustande gekommen sein. Sie ist

    in der Tat das Ergebnis einer langen Werbet‚tigkeit, die nicht nur  

    ira S•dwesten Anatoliens eingesetzt hatte.

    IsmS'Il •berall empfing, enth‚lt das Geschichtswerk des wahrheitsliebenden 'ˆII

    in der Wiener Handschrift ta'r'tb-i •l-i 'Osm‚n H. O. 20a (Fl•gel II, 2 41,

    Kr. 1022) auf Bl. 193, mit lesenwerten Betrachtungen •ber den Geist der neuenHerrschaft.

    1) Uie diplomatischen Beziehungen Uzun Hasans vor allem mit Venedig

    sind bekannt und in eingehenden Berichten dargestellt . Vgl. die Reiseschilde€

    rung der Gebr•der Zeno und Giosafat Barbaro's, die in den Verƒffent-

    lichuuuien der Hakluyt Society bequem zug‚nglich gemacht wurden.

    2) Vgl. N ikolaus Jorga, Gesch. des osmanischen Reiches, II. Band,S. 327, Anm., wo der Bericht vom 8. April 1514, jedocb ohne jegliche Quellen€

    angabe angef•hrt wird.

    3) Vgl. Schejch Bedr ed-din, S. 86; ferner das oben S. 136, A nm. 8 er€w‚hnte Waqfn‚me Timur's f•r Sefi ed-dln und dessen Sƒbne.

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

    14/28

    Der Islam in Kleinasien.   189

    Der Aufstand des Schejehs Bedr ed-dln, des Sohnes des

    Richters von Simaw, der 1415/16 in Aidin auftrat und im Nu auch

    auf europ‚ischem Boden Zulauf gewann , gehƒrt nach der ganzenArt der religiƒsen Ansichten Bedr ed-din's unbedingt in jene Reihe

    gei‚hrlichster Begebenheiten, die dem osmanischen Thron den •nter€

    gang zu bringen schienen, gehƒrt, wie sich sicher nachweisen l‚†t,

    auch in einen gedanklichen Zusammenhang mit den religiƒsen

    und politischen Bestrebungen der efewijje.

    Wie ehedem Konia der Brennpunkt persischen Geistes€

    lebens und persischer literarischer Bestrebungen war, so wurden

    unter der Osmanenherrschaft Brussa, sp‚ter Adrianopel, ja noch

    Stambul zu Sammelpl‚tzen f•r die iranischen Schejche und Dichtei-.

    An p ersischen Vorbildern entz•ndete sicb das Feuer dichterischer  

    und •berhaupt schriftstellerischer Begeisterung bei den Osmanen.

     Nahezu alles, was in gebundener Rede aus jenen Tagen auf uns

    gekommen ist, stellt sich als eine geradezu sklavische Nachahmung

     persischer Vorlagen dar, nahezu ohne eigenen, bodenst‚ndigen Gehalt.

    Persischer Geist und von persischer Auffassung durchdrungenes

    Gedankenspiel ist es, was aus den Reimereien der osmanischen Dichter  

     jener Zeit sich kundgibt. Die ungef•ge t•rkische Sprache {qoba

    d•i) pa†te ja auch gar schlecht zur Gedankenschwere der dichte€

    rischen Ausdrucksformen. So ward, wenn nicht •berhaupt, zur  

    Wiedergabe neuer Begriffe und •bersinnlicher Bilder immer das

    Persische zu Hilfe genommen, das von dieser Frist an die osmanische

    Sprache zersetzte und weiter zusaramen mit dem Arabischen aus

    ihr eine sonderbare Mischrede erzeugte, der sich erst in der G egen€

    wart erfolgreiche Reinigungsbestrebungen entgegenstellen.

    Das gewƒhnliche Volk allerdings hat sich niemals f•r die fremd€

    artige Gedankenwelt, die aus derlei Dichtungen sprach, erw‚rmen

    kƒnnen, daf•r aber umso mehr f•r schlichte religiƒse Ges‚nge, il‚ki's

     begeistert, die aus dem Munde verz•ckter Wandermƒncbe wie J•nus

    Emre, eines der J•nger H‚ddschi Bektasch's, quollen, und sich

    durch die Derwische von Ort zu Ort fortpflanzten, von Geschlecht

    zu Geschlecht vererbten. F•r die religiƒsen Bed•rfnisse der Be€

    vƒlkerung sorgte eine einf‚ltige Kaste t•rkmenischer Geistlicher.

    Der Islam war auch damals wie zur Zeit der Abfassung des

    Kudatku bilik, worin doch eine t•rkisch-chinesische Vorstellungs€

    welt den eigentlichen Kern bildet, noch rein oberfl‚chlich und ohne

     jede dogmatische Vertiefung. Die alten Glaubens•berlieferungen

    lebten in ver‚nderter Gestalt weiter und je schlichter und volks€

    t•mlicher die Lebren gepredigt wurden, umso freudiger wandte

    sich ihnen die breite Masse der anatolischen Bevƒlkerung zu. Kein

    Wnnder, wenn Sch‚h Ism‚'ils Religion gar bald zur herr-

    1) Eine Untersuchung •bor die il‚hVs gehƒrt zu den dringlichsten Er€

    fordernissen. Einige Handscbriften, die sich in Deutschland finden, habe ich

    im Schejch Bedr ed-din, S. 18, Anm. 2 zusammengestellt .

    1 3 *

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

    15/28

    140   Franz Babin ger,

    sehenden im Lande ward, bis endlich der versonnene, s•fischen

    Gedanken mit Vorliebe zugewandte und darum weli, der Heilige,

    gehei†ene Sultan B‚jazid IL aus seinen Tr‚umen erwachte.Der mi†gl•ckte Anschlag, der in den fr•hen Jahren seiner Regierung

    (1492) von einem glaubensw•tigen Derwisch auf ihn ver•bt worden

    worden war *), mochte ihm das erste Warnungszeichen gegeben

    haben, auf der Hut zu sein gegen•ber der vom Osten drohenden

    Gefabr. Nun lie† er die Anh‚nger des persischen Propheten,

    vor allem deren Schejche, zu Tausenden brandmarken und aus

    den asiatischen Provinzen nach den europ‚ischen Reichsgauen,

    nach Rumelien, Griechenland, Serbien und Albanien verpflanzen*).

    Aber hier schlƒssen sich die Vertriebenen mit desto grƒ†erer Z‚hig€

    keit zu neuen Gemeinden zusammen, Gemeinden, deren Spnren teil€

    weise bis auf den heutigen Tag zu verfolgen sind. Erst Selim,

    B‚jazids Sohne, gelang es unter Anwendung des Vollma†es jener  

    Grausamkeit , der er seinen Beinamen jawm verdankt , der Seuche

    einigerma†en Herr zu werden. Lie† er doch, wie die Geschichts€

    schreiber •bereinstimmend melden, mehr denn ,40000' Schi'iten

    ira Reiche niedermetzeln und unsch‚dlich machen"). Mit durch-

    . schlagendem Erfolg. Denn von nun ab verstummten in KA. die

    Lockrufe persischer W•hler, wagte niemand raehr mit seinem Be€

    kenntnis zum Ketzerglauben sicb an die Žffentlichkeit. Daf•r ward

    die Werbung im geheimen desto eifriger betriebtn und die ge€

    ‚ngstigten Anh‚nger der verpƒnten Lehre fl•chteten in abgelegene

    T‚ler oder auf einsame Berge.

    Bis in die Gegenwart herein haben sich davon in den Qizil -

     b a sche n , den Tachtadschis k•mmerliche Uberreste verschleppt,

    deren r‚tselhafte Herkunft die europ‚ische Forscherwelt lange genug

     besch‚ftigt hat. Da† beispielsweise die Qizilbaschen, die selbst

    in Bulgarien *) anzutreffen sind, wirkliche ‡berbleibsel der An€

    h‚ngerschaft derefewijje sind, wird nicht l‚nger fraglich sein.

    Ich vermag daf•r eine besonders lehrreiche ˆu†erung zur St•tzung

    dieser Ansicht beizubringen, den Bericht eines ƒsterr.-ungar. Vize€

    konsuls von Adalia*), der, ohne den Sachverhalt zn ahnen, folgendes

    erz‚hlt : ‰Au†er der se†haften Bevƒlkerung gibt es im Amtsbezirk*

     „ n‚mlich im Sandschaq Teke, jener schi'itischen Hochburg lange

    1) Vgl. J. V. Hammer, Geschichte ‚es Osmanischen Reichs (GdOR.),H. Band, S. 303. 2) Vgl. Schejch Bedr ed-din, 8. 90 ff.

    3) Vgl. J. V. Hammer, GdOR., U. Band, Post 1828, S. 638. ,40000'

    ist nat•rlich nur eine ungef‚hre Zahl, anstelle von ‰unz‚hlige', , Tausende'.

    4) Vtil. dazu C. J. Jirecek, Das F•rstenthum Bulgarien, Wien 1891,S. 141, sowie Schejch Bedr ed-dln, S. 106, Nachsatz. „ Vgl. Carl Peez: Ciirist-

    liehe 'T•rken oder t•rkische Christen? Studien aus Ostbulgarien. In:

    Žsterr. Monatsschrift f•r den Orient, Wien 1894, S. 80„91.5) Vgl. Tibor Pƒzel v. Vir‚nyos in Oesterr. Monatsschrift f•r  

    den Orient, 41. Jahrg., Wien 1915, 8. 306. „ Vgl. dazu Vital Cuinet, La

    Turquie d'Asie, 1. Bd., S. 855, wonach die Tachtadschis bis etwa 1887 keinenHeeresdienst leisteten.

    1 … *

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

    16/28

    Der Islam in Kleinasien.   141

    vov Ism‚'ils Auftreten ! „ ‰noch einige Tausend Nomaden, J•r•ken

     jenannt. Diese betreiben Viehzucht oder sind Kameeltreiber oder 

    dem Bereich der Staatsgewalt. Sie galten bis vor kurzem

    auf Grund der Tradition als persische •ntertanen,

    und auch die Regierung anerkannte dies stillschweigend. Erst in

    letzter Zeit wurde diese Unregelm‚†igkeit abgestellt".

    Bekanntlich hei†en die Qizilbaschen auch Tschepni oder  

    Tschetni*). Sie finden sich besonders zahlreich in der Gegend

    von Trapezunt, wo sie bereits im 15. Jahrhundert als TlanviSai

    durch den byzantinischen Geschichtsschreiber Laonikos Chalko€

    kondyles*) beglaubigt zu sein scheinen. Nun hat H‚ddschi

    Khallfa eine gerade in diesem Zusammenhang hƒchst belangreicheStelle in seinem Werke Dschihannum‚ gelegentlich der Beschrei€

     bung von Trapezunt: ‰Die Berge auf der West- und S•dseite von

    Trapezunt hei†en sind von T•rken bewohnt, die mit

    Lasen untermischt sind. Ihre Sprache ist t•rkisch und persisch,

    sie halten sich mit ibrem Glauben an den Sch‚h von Persien und

    sind schi'itiscbe Ketzer (rew‚†dy). Wir werden nicht fehlgehen,

    denke ich, wenn wir das des Druckes in ^^j-^f?…- verwandeln,

    Tats‚chlich sind die Qizilbaschen gerade in jenen Gegenden, zumal

    in Paphlagonien, zahlreich vertreten und von vielen Reisenden, wie

    neuerlich erst von Richard Leonhard*) bezeugt.

    1) Vgl. J. H. Mordtmann, Die heutige 'T•rkei in Vier Vortr‚ge •ber  Vorderasien und die heutige T•rkei, Berlin 1917, S. 101, Anra. und O. Humann,

    Verh. Ges. Erdk., VII. Bd., Berlin 1880, S. 248 ff., sowie Kannenberg im

    68. Jabrg. des Globus, 1895, S. 62.

    2) Die beiden Stellen stehen bei Chalkokondyles, Bonner Ausgabe,

    1843, S. 65, 6 und S. 496, 12. Dort findet sicb eine ungef‚hre Abgrenzung

    ihres Gebietes: oi xarij^ovai r‚ rf)g Kol^^i‚og inl 'AiiaatQvv noliv %a&r\-‹Kovza. „ Demnach m•†teu sich ihre Wohnsitze im 15. Jahrh. bis nach Amastris,

    dem beutigen Amasra (vgl. C. Kittor, Kleinusien*, I. Bd., Berlin 1859,.S. 768 sowie W. v. Diest, Erg. Heft zu Peterm. Mitt., Nr. 9 4, Gotha 1889,

    S. 68 ff., sowie Kartell, was indessen offenbar zu weit westlich ist) erstreckt haben.

    Im •brigen stimmt alles mit den Angaben H‚ddschi Khalifa's •berein.3) Vgl. J. V. Hammer ira CXIV. Bande der Wiener Jahrb•cher, Wien

    1846, S. 99, der unbedenklich Tschini gibt. Ebenso Arroain in seiner franz.

    ijbersetzung des DsehiIi‚nnumS. die M. Vivien de St. Martin im

    II. H‚nde seiner Description historique et giographique d'Asie Mineure,Paris 1852, bringt. Vgl. S. 656: Les montagnes qui sont au Sud de Trebizonde

     portent le nom de Tcbiny usw. In Vivien de St. Martin's Werk, II. Bd.,S. 743„808 findet sich •brigens eine sehr sch‚tzbare Zusammenstellung aller  Kleinasien betreffenden Reisewerke vora Ende des 13. Jahrh. bis zum Jahre 1846.

    4) Vgl. dessen Weik Paphlagonia. Reisen und Porschungen im nƒrd€lichen Kleinasien. Berlin 1915. S. 359ff. Die dort vertretene Auffassung, nach

    der man in den Qizilbaschen ‡berreste der galatischen Bevƒlkerung zu s ehenhat, kann ich uicht vertreten. Die somalischen Eigent•mlichkeiten, die einen

    unverkennbar indogermanischen Typ erkennen lassen, kƒnnen getrost anerkannt

    Holzarbeiter (‰Tahtadschis")   und leben sozusagen au†er  

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

    17/28

    142 Franz Babinger,

    Her kim oqur f‚risi ^ . Jedermann, der persisch liestGider dinin jarisi ' ' Seinen Glauben halb einb•†t.

    So lautet ein altes Sprichworl der Osmanen. Aber alles W•ten

    gegen die Ketzer bielt Selim I. nicht ab, mit Vorliebe in per€

    siscber Sprache zu dichten. Er stak ganz im Banne persischen

    Wesens, genau wie der im Derwischkloster erzogene Mehmed IL,

    der Erobererder sich den Bejr‚ml-Schejoh Aq Schems ed-dln,

    einen ausgesprocbenen Beg•nstiger 'alidischen Derwischtums und

    Heiligenkultes, zum Berater in allen wichtigen Staatsangelegenheiten

    erkor^), genau wie sein Vater B‚jazid IL, auf dessen Hang zur  

    Mystik bereits oben hingewiesen wurde. Auch Selim bekundete

    eine absonderlicbe Ehrfurcht f•r die Gr‚ber heiliger Schejche. Der  

    letzten Ruhest‚tte selbst des gro†en Ketzers Muhji ed-dln Ibn

    al-'Arabl zu Damaskus erwies er auf seinem Zug nach ˆgypten

    eine besondere Scheu und Verehrung"). Der Hang zum •fl-

    tum spricht sich aber vorzugsweise erkennbar in seinem persischen

    Dlw‚n*) aus, den f a†t ausschlie†lich mystische Gedanken erf•llen.

    Die Hauptstadt Stambul wimmelte dazumal von ost-

     persischen Gelehrten und Baumeistern *). Man denke nur 

    an die Prachtschƒpfung des Tschinili-Kƒschk. Die Staats -

    werden. Es handelt sich wohl un> Verpflanzungen von Persern oder starke Ver€

    mischung persischer Zuwanderer bzw. Nomaden (J•r•ken) mit seJ3ha('ten Be€

    wohnern. ‰Persisches", d. h. seldschuqiscbes Blut ksm ja s ogar, freilich schon

    in byzantinischer Zeit , nach Mazedonien , wie die W ardarioten (BuQSaQi&zai)

     beweisen, von denen Codinus Curopalata, De offic, Bonn 1829, S. 37, 18j

    38, 8 (dort die eigenartige, ayyoVQinxov gehei†ene KopfbedeckungI) 57, 13handelt. Den Auswanderungen aus r eligiƒsen Beweg^^^•nden gerade in d er  

    islamischen Epoche Kleinasiens mu† noch erhebliches Augenmerk zugewendet

    werden, wenn anders gewisse eigent•mliche Erscheinungen richtig erfa†t werden

    sollen. Vgl. Schejch Bedr ed-tlin, S. 24. Anm. „ Vgl. noch J. W. Crowfoot,

    Survivals among the Kappadokian KiziVash (Bektash) im Journal of the

    Anthrop Inst, of Great-Britain, 30. Bd., London 1900, S. 305„320; G. E.

    White, The Shia Turks im Journal of the Transactions of the Victoria

    Inst., XL. Bd., London 1908, S. 225„239, und ders. in Contemporary Review,

    104. Bd., 1913, S. 690„698.1) ‡ber die E rziehung des jungen Mehmed II. berichtet z. B, Chalko€

    kondyles . S. 352, 2: da† er avv Tofg iegtiiai KdX rolg nag' avrolg xaXov-

    liivoig Na^riQaioig. Nach S. 544, 15 war ein Perser sein Lehrer, vermutlich

     jener Kliidr Bei, dessen Sch•ler Khejr ed-dTn der llodscha des Schejch Dschunejd

    von Erdebfl war. Khair ed-dln starb 883/1478 und liojit beim Unqapan Tor  

    in Stambul begraben. „ ‡ber die bei Chalk, genannten ‰Nazir‚er' vgl. S. 352, 15,

    sowie 132, lOfl'.: (tŒT(i ^ixi‚oiv (= z‚liid oder Schejch?) r&v naq air&v

     Naitjgaicov (= .JtXi; vgl. die nezirim, Nazar‚er des AT.).

    2) ‡ber Aq Schems ed-dln vgl. die w ichtigen Angaben bei EwlijS,I. Bd., S. 336 ff.

    3) Vtl. J. V. Hammer. GdOR., II, 526. SelTm lie† eine neue T•rbe errichten.

    4) ‡ber diesen vgl. Paul Horn in ZDMG., 60. Bd. 1906, S. 97fr.Der Diwan wurde von Paul Horn im Auftrage Kaiser Wilhelms II. beraus€

    gegeben und dem Sultan Abd •l-IIamid i. J. 1904 zum Geschenk gemacht.

    5) ‡ber die D erwische zu Stambul vgl. Ewlij‚, sej‚helname, I. Band,

    S. ƒOOtf. „ Siir•rl aus Gallipoli war damals der grƒ†te Kenner des Persischen.

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

    18/28

    Der Islam in Kleinasien.   143

    spr‚che war vorwiegend persisch und die Schw‚rmerei f•r iranischeKultur ‚u†erte sich in oft l‚cherlichen Ausw•chsen. Dies beweist

    schlagend folgendes Vorkommnis unter Mehmed II. Der Dichter€

    ling Lall batte sich, um etwas zu gelten, als Perser ausgegeben

    und wurde alsbald in die N‚he des Gro†herrn gezogen. Als man

    darauf seinen wahren Geburtsort, n‚mlich Toqat, erfuhr, ward er  

    mit Schimpf und Schande aus der Hofgesellschaft entfernt. Daf•r  

    r‚chte er sich sodann mit einem boshaften Schm‚hgedicht, das ich

    in J, V. Hammer's Verdeutschung hier bringen mƒchte:

    Willst du sein gut aufgenommen.

    Mu†t du aus der Premde kommen,

    Edelstein gilt nicbts im Schacht,

    Gold, von 'Oman nur gebracht.

     Nimm das Sprichwort dir zu Herzen:

     jFinster bleibt der Grund der Kerzen."

    Suchst im Menschen du Verstand,

    Sag, was tut dazu das Land?

    Kommt gleich aus dem Stein Juwele,

    Sch•tzt man sie doch gleich der Seele.

    Perser dr‚ngen sich nach R•m,

    Allwo ihrer harret Ruhm,

    Perser kommen an die T•re,

    Als Sandschaken und Wesire*).

    So stand es noch, als Selim nach der Schi'itenverfolgung (1514)

    sich zur Eroberung ˆgyptens anschickte (1516). Seit diesem

    Zeitpunkt, mit der Einverleibung des Khalifenstaates,

    tritt ein vƒlliger Wandel in den Zust‚nden ein. Nun

    wird der persisch-schl'itische Einflu† immer mehr, wenigstens im

    Staats- und Hof leben, zur•ckgedr‚ngt, um schlie†lich ganz dem

    arabisch-sunnitischen zu weichen. Allerdings, die Geistlich€

    keit, auch die weltliche, war selbst in sp‚teren Jahrhunderten nie€

    mals g‚nzlich frei von ketzerischen Gedanken und die mehrfachen,

    erst vom greisen Gro†wesir Mur‚d Pascha*) (1605) „ vom

    Geschichtsschreiber Na'im‚ daber seif ed-dewiet und muhji

    es-saltanet zubenannt „ blutig unterdr•ckten Aufst‚nde in

    Anatolien mit jeweils unverkennbaren 'alidischen Beweg€

    gr•nden und Bestrebungen *), gesch•rt von Derwischen und

    1) Vgl. J. V. Hammer, GdOR., II, S. 589, sowie E. J. W. Gibb,

    History of Ottoman Poetry, II, 367.

    2) Vgl. J. V. Hammer, GdOR., IV, 397 ff. „ Vgl. auch das Inhalts€

    verzeichnis im X . Band u. d. W. ^RebeUen'. „ Eine zusammenfassende Dar€

    stellung der kleinasiatischen Empƒrungen w‚re ein dankbares Unternehmen.

    3) ‡ber ein solches Jj.ar•dech, das ein gewisser Well Khallfa Ibn

    Muktafi i. J. 9 32/1525 vom Stamme der Qara 'Isal• bei Tar.sus anzettelteund das vom persischen Sch‚h (sch‚li-i sur]}-ser‚n) ausging, berichtet z. B.

    PetschewI, I, 120ff. Ebenda werden weitere derartige Empƒrungen angef•hrt,

    iber deren schi'itischen Ursprung kein Zweifel besteben kann. Vgl. dazu

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

    19/28

    144 Franz Babiuger,

     persischen Hetzern , zeigen , da† man sich auch damals auf der 

    Gegenseite noch nicbt ganz der Hoffnungen auf einen endg•ltigen

    Sieg der persischen Glaubensricbtung, der 'alidischen Sache, ent€schlagen wollte. Die osmanischen Chronisten reden von einer statt€

    lichen Anzahl ketzerischer Schejche, die das Volk wider  

    Staat und Khalifen aufzuwiegeln trachteten und ihre sunnafeind-

    lichen Gedanken in die Massen zu tragen sich unterfingen. Welchen

    Einflu† diese ‰Mystiker" noch zu Zeiten H‚ddschi Khalifa's

    (1609„1657), des gro†en osmanischen Vielgelehrten, im Reicbe

    aus•bten , wie gewisserma†en die weltliche Geistlichkeit in zwei

    sich w•tend befehdende Lager geschieden wurde , lebrt besonders

    h•bsch dessen dreimal zu Stambul verlegte , ‡bersetzenswerte Ab€

    handlung ,tmz‚n al-kaqq fi ijitijar al-ahaqq*^).

    Das Derwischwesen verlor im Laufe der Zeit ganz seine

    urspr•ngliche Bedeutung und sank zu einer wenigstens politisch

    g‚nzlich belanglosen Einrichtung herab. Nij‚zl*) (st. 1694), dem

    seine dunklen, glaubensgefUhrlichen Predigten (kelim‚t-i dsckefrijje)

    mehrfache Verbannung eintrugen, ist einer der letzten kraftvollen

    Vertreter der einstigen •flherrschaft. Und den Schejch Hu d‚'i

    (st. 1628), der •brigens die Kette seiner Lehrvorfahren auf efl

    ed-dln von Erdebil zur•ckfuhrt, sch•tzte, wie es scheint, sein

    merkw•rdiger Geisteszustand, sein verz•cktes Gebaren, in dem er  

    seine ber•hmten gotterf•llten il‚ki's hervorbrachte, vor emstlichen

    Verfolgungen durch die Strenggl‚ubigen*). Denn die alte Meinung,

    da† ein medsckd•b, ein Verz•ckter, abd‚l (budal‚), deli, gleichsam

    J. V. Hammer, GdOR., III, 67 ff. Ferner dazu Schejch Bedr ed-din,S. 14, 3, Anm. „ ‡ber einen sonderbaren Versnch von 15 Neuerern, eine

    WeiberEemeinschaft herbeizuf•hren, berichtet QaratscbelebizSde in seiner Rew^iet•l-eir‚r auf Bl. 386^ und 367r der Wiener HS. H. O. 13, vgl. dazu den B•lSqer  

    Druck, S. 538 sowie J . v. Hammer, GdOR., IV, 607. Die A ufwiegler wurden

    1028/1619 auf das Gutacbten {fetw‚) Tscheschmi Hehmed Efendi's hinanter grausamen Foltem hingerichtet.

    1) Vgl. die ausgezeichnete Inhaltsangabe bei Ch. Rien, Cat. of Turk.

    MSS. in the Brit. Muveutn, London 1887, S. 254 sowie G. FlUgel, Die

    ar., pers. und t•rk. HSS. der Wiener Hofbibl., II. Band, S. 267. Ich kenne

    folgende Stambuler Drucke: 1281, 1286 und 1306, der letzte in der Sammlungdes Ebu 'z-zij‚, Nr. 71.

    2) ‡ber NijSzI vgl. J . r. Hammer, GdOD., Ul. Bd., 8. 587„594;

    G. Pl•gel, Wiener Katalog, III. Bd., S. 474. „ Nijizl's Zelle auf Lemnos

    galt gleichfalls als Freistattl

    S) ‡ber Hud‚'l, den ‰Schejch Hahm•d von Skutari*, der in der Œn….des Islam leider ausgelassen wurde. Tgl. J. t. Hammer, Geschichte der  Osman. Dichticunst. III. B d., S. 192„202. Er starb 1628 and ist zu Skutari

    vor seiner Klause beigesetzt. Vgl. HSddschl Khallfa, Fezleke, II, 113;

    Sitlschill i 'osm‚ni, IV, 318; Gihb, HOF., 111,219; Mehmed Re'•f, Mir‚t-t

    Istambul, Stambul 1314, 8. 179, mit dem sogen, ta'ri^, Jahrzahlvers, der aber  

    nicht stimmen kann. Seine il‚hi's, Uberhaupt seine gesammelten Werke {Ic•Uy‚l)sind enthalten in der Wiener Handschrift 700 (FlUgel, Kat. 1,652). Dort befindet sich Bl. 245 bis 246 r das silsileniime des lludt'l, das unter den Lebr-

    Torfahren den Schejch efi od-diu von Erdebil, Schejch Sadr ed-dlu von Erdebll,lowie Qodscba 'Ali von Erdobil, also die ‚ltesteo Sefewi's, auffuhrt!

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

    20/28

    Der Islam in Kleinasien.   145

    vom Geiste Gottes besessen, mit •berirdischer Kraft ger•stet sei,

    lebte seit grauesten Zeiten eben weiter im Volke. Wie schon

    einstens bei der Einnahme Aleppo's durch die Mongolen (25. Jan.1260) die dortigen S•fiklƒster neben der Synagoge der Juden

    zu Freist‚tten erkl‚rt wurden'), so galten noch in sp‚ten Jahr€

    hunderten die Zellen der ‰mystischen* Mƒnche als sichere Zufluchts€

    orte, in denen gar mancher politische Verbrecher sch•tzendes Ob€

    dach fand. Gerade von Hud‚'is Klause zu Skutari wird berichtet,

    da† sicb in ihr jahrelang der Gro†wesir Chalil Pascha seinen

    Verfolgern entzog'').

    So klafit ein gewaltiger Gegensatz zwischen dem sogen.

    •fitum, dessen …vielseitig anslegbare Lehre und bequeme Ge€

    sittung unter dem lauen Himmel eines weiten Gewissens •ppigfortwucherte" (J. v. Hammer, GdOR., IV, 608) und zwischen

     jener strengen, sunnatreuen Rechtgl‚ubigkeit, die ‰mit

    der Schere engherziger Schriftauslegung alle Ausw•chse des ‚u†eren

    Gottesdienstes der Derwische r•cksichtslos beschnitt".

    Das Volk jedenfalls hielt sich, im Banne uralter ‡berliefe€

    rungen, weit lieber an die Lehren und Weisungen der als heilig

    geltenden SchejcheŠ). Der gewaltige Zubiuf, den die Predigten

    all dieser Ketzer nach dem einhelligen Zeugnis der osmanischen

    Berichterstatter gehabt haben m•ssen, beweist, wie wenig noch bis

    in die j•ngere Zeit herein der rechtgl‚ubige Islam sich bei der  

    Masse durchgesetzt hat. Kleinasien ist in der Tat stets

    ein in zahllose Sekten und Glaubensgemeinden zer€

    st•ckeltes Land geblieben.

    Hier erƒfl'net sich denn ein unendlich weites Feld f•r die

    Beligionsforschung im weitesten Sinn. Getan ist bis beute

    sƒ gut wie gar nicbts. Wenn icb nun im folgenden noch versuche,

    kurz darzulegen, in welcher Ricbtung etwa die Islamkunde zu wirken

    haben wird, so vermag ich nat•rlich bei der erdr•ckenden F•lle

    der Fragestellungen nnd Aufgaben nur Einzelnes und Weniges

    herauszugreifen. Wie aus dem Bisherigen ersichtlich geworden sein

    wird, ist es in erster Linie der anatolische Volksglaube*),

    1) Vgl. L. Gabun, Introduction usw., S. 424 oben.

    2) Vgl. Jos. V. Hammer, Gesch. der osman. Dichtkunst, ‡L Band,8. 193; GdOR., V. Band, 8 72, 100.

    3) Eine nicht verwertete wertvolle Liste von Schejchen und Predigern

    aus den Orden der Naqscbbendijje. Kbalwetijje, Bejr‚mi.jje. Mewlewijje, Dschelwe-

    tijje, G•lscheiiijje Qadirijje, K•rb•khscbijje. Kifa'ijje, Zejnijje aus dem 17. Jahrh.

    entb‚lt die HS. H. O. 126 (Fl•gel, II. 396) des Sche.jchl auf Bl. 26…. Ein…umfHssende Geschichte der osmanischen Derwisch-Orden harrt noch ihres

    Verfassers. Das t•chtige B•chlein von P. Brown, The Dervishes, London

    1869, sollte von Grund aus umgearbeitet und neu aufgelegt werden.

    4) Der Kusse Wl. A. Gordlevskij hat sich eingebender mit diesemGegenstand befa†t und eine Keihe von Abbandlungen verƒffentlicht, Uber die

    Th. Menzel in Der Islam, IV. Band, S. 123 ff. berichtet hat. Hierher ge€

    hƒren auch mehrere wertvolle Untersuchungen von Ign. K•nos. Vgl. dazu

    W. Fertsch, Die t•rk. Handschriften, BerUn 1889, 8. 845, wo verschiedene

    10

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

    21/28

    146 Fianz Babinger,

    der hier die Wissenschaft wird besch‚ftigen m•ssen. Wie jedes

    aus einem g eschichtlichen Entwicklungsverlauf hervorgegangene und

    durch mannigfache Ber•hrungen beeinflu†te Glaubensgebilde, ist

    nat•rlich auch der ,Islam" •berall im Verlauf seiner Reife nicht

    die reine Frucht der inneren Ausbildung seines ureigenen Begriffes.

    Er stellt sich uns vielmehr als das gemeinsame Ergebnis mehrerer,

    vornehmlich aber zweier Einfl•sse dar: zun‚chst der Fortbildung

    ider ihm eigent•mlichen grundlegenden Begriffe, sodann

    aber der Einwirkung von vorgefundenen, uralten Vor€

    stellungen, die er umgebildet und seinem Wesen angeglichen

    hat. Sprechen wir vom Islam in Kleinasien, so ist es klar,

    da† hier wie w ohl nirgends im Bereiche muslimischen Bekenntnisses

    die Religion Muhammeds einer solchen Unzahl von Einfl•ssen unter€

    worfen war, da† sie nirgends eine derartige Unsumme Jahrtausende

    alter religiƒser E•ckst‚nde verarbeitet hat wie gerade hier. Es ist

    ein Verdienst Ign. Goldziher's, des Altmeisters der Islamkunde,

    dargetan zu haben'), da† auf keinem andern Gebiet sich die ur€

    spr•ngliche Lehre des Islam den Bed•rfnissen seiner Bekenner in

    so weitem Umfang angepa†t hat wie auf dem der Heiligen-

    verehrung. Sie wurde ganz besonders die H•lle, nnter der die

    ‡berreste besiegter, toter Religionen innerhalb des Islam sich fort€

    erben konnten. Und wenn Goldziher dabei betonte, da† vor€

    zugsweise die ‰'alidische Legende" es war, die der Heiligen-

    verehrung die meiste Lebenskredt zugef•hrt hat*), weil sie alsRahmen f•r das Fortleben solcher Reste .dienen und die Ver€

    arbeitung und Umdeutung der vom Islam abweicbenden Bestand€

    teile beg•nstigen konnte, so ist damit allerdings auf eine bƒchst

    merkw•rdige Tatsache hingewiesen, ohne indessen an deren tieferen

    Gmnd zu r•hren. Ich will mich hier keineswegs an dieses •ber€

    aus schwierige Problem der Religions- und Vƒlkerspychologie wagen,

    mƒchte aber doch, ankn•pfend an den Umstand, da† Lehren und

    Vorstellungen in Glaubenssachen nicht das Urspr•ngliche, sondem

    ein Erleben ganz eigener Art sind , bemerken , da† die abgƒttische

    Verehrung eines lebendigen Meisters an sich leicht an die Im‚m-

    Schw&rmerei der Schi'a*) ankn•pfen konnte. Jedem aufmerk-

     bis dahin erschienene Bficher und Aufsatze zusammengestellt sind. Vgl. dazu

    Leopold Gr•nfeld, Anatolische Volkslieder aus der , Kaba dili'. Leipzig

    1888, VIII, 94 8. „ Perner ^mile Carnoy und Jean Nicolaides (t 1893),

    Traditions populaires de l'Asie Mineure, Paris 1889, 16. Ebenso nnwissen-

    lohaftlich wie Carney's Traditions populaires de Constantinople et de sesmmrons. Paris 1892.

    1) Vgl. seine Muhammedanisclien Studien, HaHe a. 8. 1890, 2. Teil,

    S. 876 ff. : DiŠ Heiligenverehrung im Islam. 2) Vgl. ebenda II, SSO.

    8) So geistreicli die Erkl‚rung des Ursprungs der Schi'a aus dem Juden€

    tum ist, die Israel Friedl‚nder in seiner Abhandlnng , 'AbdaU‚h b. Sah‚,der BegrOnder der ‚l'a, und sein j •discher Ursprung' im 23. u nd 24. B ande

    der Zeitschrift filr Assyriologie, Stra†burg 1909, 1910 ist (vgl. besonders

    8. 37 des 24. Bds.), so wird sie doch vermutUch eine wesentliche Berichtigungerfahren m•ssen.

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

    22/28

    Der Islam in Kleinasien. 147

    samen Leser der persisch-t•rkischen sogen, wil‚jetn•me's oder mens.-

    qibn‚me's, wo von den Lebensumst‚nden der sogen, mystischen

    Schejche die Rede ist, dr‚ngt sich diese Wahrnehmung von selbstauf. Der 'All-Kult') aber leitet unmittelbar auf das •fitum

    •ber und der auffallende Zusammenhang des Derwisch€

    wesens mit der Schi'a kann daher keineswegs zuf‚llig sein.

    Dieses zweifellos in Innerasien wurzelnde Derwischtum ist

    nun seit den Tagen der Seldschuqen das bedeutsamste Merk€

    mal am religiƒsen Leben Anatoliens gewesen. Mit ihm und

    durch es kamen buddhistische*), manicb‚iscbe, christliche und

    sonstige Glaubensvorstellungen nach der Halbinsel, wo das byzanti€

    nische Christentum gerade einen Verzweiflungskampf mit dem Islam

    ausfocht. Notwendigerweise entstand aus diesem Vielerlei religiƒser  Gebilde ein sonderbares Gemisch, das in den verschiedenen Teilen

    des Landes je nach der religiƒsen Entwicklung eine besondere Eigen€

    art aufweisen mu†te. So w‚re es eine Hauptaufgabe der Forschung,

    einmal eine sogen. Religionskarte von Anatolien herzu€

    stellen, in der, soweit dies heute schon mƒglicb ist, die Bezirke der  

    einzelnen Bekenntnisse und Sekten einzutragen w‚ren. Der Eng€

    l‚nder Sir W. M. Ramsay hat die Wicbtigkeit einer solchen Karte

    schon 1892 auf d er Orientalisten-Versammlung zn London betontŠ).

    Br hat •berhaupt als einer der wenigen au†er mit der Ergr•ndung

    des alten KA. sich nebenher auch mit der Erforschung des t•rkischen

    Anatoliens befa†t und in zablreichen Abhandlungen mancherlei Be€

    lege f•r die Glaubensgeschichte dieses Erdstriches gesammelt*). Ihm

    wird u. B. die wohl richtige Feststellung des ,unfailing religions

     principle* verdankt, da† in KA Jeder heilige Ort dnrch ein Grab

    1) •ber die 'All-Verehrung fehlt ebenfalls jede gr•ndliche Unter.-

    suchung. Was der e nglisch-indische Missionar Edward Seil darUber unter dem

    Titel ‰The cult of Ali', Madras 1910, Christ. Lit. Soc, 72 S., verƒffentlichte,

    ist, abgesehen vom stark apologetischen Standpunkt des Verfassers, g‚nzlich nn-zureichend.

    2) ‡ber den Einflufi des Buddhismus auf den Islam vgl. I. Qold-ziher's ungarische Abhandlung ,A Buddhismus hat‚sa az Iszi‚mra*. Buda€

     pest 1903, 44 S., in den Elƒad&sok Kƒrƒsi Csoma S&ndor emlekezet^re. Szam 2

    (d. i. Der Einflu† des Buddhismus auf den Islam. Nr. 2 der Vortr‚ge zum

    Ged‚chtnis an Alezander Csoma aus Koros). „ Die mittelbare Einwirkung desBuddhismns auf den Islam in Persien und in der T•rkei ist jedoch sicherlich

    weit st‚rker als man bisher angenommen hat.

    3) Vgl. W. M. R a m s a y in den von ibm hrsgg. Studies in the Iiistory

    and Art usw., Aberdeen 1906, S. 289„290. Es hei†t aber 1892 statt 1902,

    sowie , On the permanent attachment of religious veneration to speciallocalities in Asia Minor' in den 'Transactions der IX. Intern. Orientalisten-

    Versammlung zu L ondon 1892, II. Band, S. 381„391.-

    4) Vgl. die Vorlesung The War of Moslem and CTiristian for thŠ possession of Asia .l/jnoj; auf S. .281„301 der von Sir W. M. Kamsay heraus€

    gegebenen Studies in the History and Art of the Eastern Provinces of  the l ioman Empire, Aberdeen 1906. Ferner die in meinem Schejch Bedr  

    eddin, S. 67 Anm. zusammengestellten Arbeiten dieses englischen Gelehrten.

    10…

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

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    148   Franz B abinger,

     bezeichet seiDie Halbinsel ist aber auch wie vielleicht kein

    anderes Land •berreich an beiligen Pl‚tzen, an im Schatten

    uralter Platanen gelegenen oder unter Zypressen versteckten Gr‚bernfrommer Schejche und heiliger M‚nner (baba's, dede's usw.), zu

    denen das Volk in seinen Nƒten und Drangsalen pilgert und dort

    Erbauung und innere St‚rkung sucht. Der t•rkische Reisende

    Ewlij‚ Tschelebi (1611„ um 1680) hat in seinem, erst teil€

    weise gedruckten Wanderbuch (sej‚hetn‚me) gewissenhaft und mit

    Leidenschaft solche St‚tten der Heiligen aufgesucht und b eschrieben

    Sein Werk ist eine wabre Fundgrube f•r die Religions€

    forschung. Daneben bringt er jeweils die ‡berlieferungen •ber  

    die betreffenden Heiligen, meist freilicb in abenteuerlichen ‡ber€

    treibungen. Auch hier m•†te die Forschung einsetzen und eineosmanische Heiligengeschichte auf Grund dieser Berichte

    nnd vor allem der zabllosen, schon vorhin erw‚hnten, wil‚jet- oder  

    men‚qib-n‚me's gehei†enen Acta Sanctorum zusammenstellen.

    In dieser Hinsicht stecken wir ebenfalls noch ganz in den Anf‚ngen.

    Zwar hat der russische Turkolog Wladimir AI. Gordlevskij

    schon vor Jahren eine osmanische Hagiographie versprochenŠ),

    iwar liegen uns bereits einige Heiligenlegenden in Bearbeitungen

    vor, allein der ungeheure handschriftliche Stotf, der hier•ber auf  

    t•rkischen und europ‚ischen B•chereien (Deutschland hat einige sehr  

    wertvolle und teilweise verkannte St•cke aufzuweisen*)) vorliegt, ist

    1) Vgl. W. M . Ramsay ebenda, S. 275 und 8. 289.

    2) ‡ber E wl i j STachelebi vgl. den treff l ieben Artikel von J. H. Mordt€mann in der E nz. des Istdm, I. Bd. Ausgezeicbnete Angaben hierUber entbfiltauch ein Aufsatz Th. Menzel's in H. Grothe's Werk Mnne Vorder-

    usienetcpedition, I. Band, Leipzig 1911, S. CLXXXXVI „ VIL Das Reisewerk  wurde nur teilweise in sechs B‚nden 1314„1318/1896„1900 von Nedschlb'ˆsim zu 8tambul in der Iqd‚m Druckerei herausgegeben. Es f ehlen noch vier  

    B‚nde. Handschriften des vollst‚ndigen Werks verwahren die 8elIniIje-BUcheirei

    im Garten des Naqschl-Klosters zu Skutari. Sie r•hrt v. J. 1155 H./1732 A. D.

    (Vgl. den Katalog dieser B•cherei, Stambul 1311, S. 31, Nr. 458„482.) Einezweite, wobl eine Abschrift der erstgenannten, befindet sich in der Sammlung

    Beschir Agha unweit der Hohen Pforte zu Stambul.

    3) Vgl. Der Islom, IV. Band, S. 123 ff., wo sich eine sehr sch‚tzenswerteZusammenstellung aller mƒglichen Volksliteratur, besonders auf Grund russiscber Arbeiten aus d er Feder Th. Menzel's verzeichnet findet.

    4) Ich stelle einige solche men‚qibn‚me's, die mir eine Untersuchung zuverdienen scheinen, hier zusammen: Pertsch, T•rk. HSS., Golha, 8. 137,

     Nr. 166: men‚qih-i schejch Ebu 'l-wef‚ (wohl einerlei mit den hochwichtigen

    tnen‚qib-i T‚dsch el '‚rtfin in der B•cherei Es'ad Efendi zu Starabul, No. 2427;

    T‚dsc‡ el-'8rifin ist laqub von Mehmed, dessen kunja Ebu 'i-wef‚ ist) ‹, Pertsch,T•rk. HSS., Berlin, S. 53, Nr. 26, 1 : men‚qib-i Aq Schems ed-din (•ber diesen

     bedeutenden Schejch vgl. auch Ewlij‚, I, b36, 337, wo auch seine Sƒhne auf€

    gez‚hlt sind; er ist 792/1390 in Damaskus geboren); ris‚let •l-men‚qih. ebenda

    8. 263, Nr. 236, enth‚lt drei versehiedene men‚qiln‚me's; C. Broekelmann,Katal. der or. Hss. der Hamburger Stadlbibl., S. 143. Hs. No. 262: men‚-

    gibn‚me des H‚ddschi Bektasch. Die Heiligen von Qonia behandeltdie HS. 8** zu Berlin (Pertsch, 8. 32); zahllose iBil‚jeln‚me's enthalten die

    B•chereien von Stambul. Weit die wichtigste und f•r die Glaubensgeschichte

  • 8/20/2019 Der Islam in Kleinasien

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    Der Islam in Kleinasien.   149

     bis hente noch nicht einmal richtig gebucht. Aus diesen meist persiseh

    geschriebenen, sp‚ter oft in t•rkische Volksb•cher umgearbeiteten

    Heiligengeschichten erw•chse uns ein anschauliches, farben€reiches knlturgeschichtliches Bild der islamischen Pr•hzeit in Klein€

    asien, aus ihnen w•rde besonders deutlich erkennbar, in welchem

    Umfang hier alte christliche Heilige, ja heidnische Gƒtter  

    in muslimischem Gewande fortleben. Au†er diesen ganz auf€

    genommenen findet sich noch eine AnzabI gleicbsam ,utraquisti-

    scher' Heiliger und Betƒrte sowohl in KA. wie in Thrazieni).

    Es sei ein paar lehrreiche Beispiele anzuf•hren verstattet.

     Nƒrdlich von Dischbudaq liegt auf der andern Seite des Batovatales

    unter der Stufe der Dobrud^aner Ebene das Dorf Tekke mit einem

    Derwischkloster. Von ihm erz‚blt G. J. Jire 6 ek in seinem pr‚ch€tigen Buche .Das F•rstenthum Bulgarien' (Wien 1891) auf S. 538

    Kleinasiens von allergrƒfiter Bedeutung ist die mehrmals vorhandene, persiscli

    verfa†te Legende des QSdl Burhin ed-dln, genannt kit‚h-i men‚qib-i q‚di

    Burh‚n ed-din. Sie wurde 800/1397 von ' Aziz aus ˆsterSbSd verfa†t. Ab€schriften verwahren : B•cherei Aja Sofia Nr. 3465; RSghib Pascha-B•cherei; Top

    qapu-Serai-B•cherei, sowie b )s'ad Efendi-Sammlutig. Ahmed Tewhid Bej.dem die Wissenschaft eine ganze Reihe ausgezeichneter Untersuchungen •ber die

    kleinasiatischen Teilstaaten verdankt (ausnahmslos in der Revue Historique zu

    Stambul ersebienen), hat daraus in Heft 26„32 dieser Zeitschrift AuszUge ge-

    fertigt. Eine Gesamtausgabe dieses eigentlich bezm u rezm betitelten Werkes, ans

    dem sich ganz neue Gesichtspunkte f•r die vorosmanische Geschichte Kleinasiens,vor allem Uher die Qaraman-ogblu's, ergeben werden, w‚re dringendst zu w•nscben

    und wUrde s ich reichlich lohnen. Vgl. Sa'd ed-dln, t‚dsch •t-tew‚rli,, I, 133,

    11,410. Die Tochter BurhSn ed-dlu's war die ber•hmte Seldschuq Khatun,

    eigentlich Ha bihe, weil BurhSn ed-dln's Gro†mutter v‚terlicherseits eineEnkelin des Seldschuqensultans Kai Kfi'us II. war. Vgl. Max van Berchem,

    CIA., III, 50. „ Vgl. noch Platon M. Melior ans kij's Aufsatz ‰Otryki iz

    divana Achmeda Burhan ed-dina Sivasskago' auf 8. 131„152 in den Vosto-

    cnyja zametki, Petersburg 1895.

    1) ‡ber ‰Stambuler Heilige* handelt anziehend Friedrich Schr‚der  

    in seinem Buche Koruitantinopel, Vergangenheit und Gegenwart. T•bingen,1917, 8. 83„98. Man kann Uberall deutlich das byzantinische Vorhild erkennen.

    Vgl. auch Wl. AI. Gordlevskij's 76 S eiten starken Aufsatz Osmanskijaskazanya i legendi/ (= osmanische Sagen und Legenden) in Heft 86, 8 7, 90,

    91 der EtnograiSc. Obozrienije, worin er 167 Heilige, z. T. christlicber Herkunft,

     behandelt. Vgl. dazu AI. Nikol. Samoj lovic in Mir Islama, 1. Jahrg..S. 582„584. „ Viel Stoff •ber Stambuler Heilige bietet auch Kbodscbaz‚de

    Ahmed Hilml'a zijSret-i ewlij‚,Sts.rabu\ 1325. ‡ber die Heiligen von Amasiahandelt das ausgezeichnete, mehrb‚ndige Werk des'AbdTz‚de HUsejn HusSm

    ed-dln, betitelt: Am‚sij‚ ta'n^i, Stambul 1330. „ Besondere Verebrung genie†t•ber ganz Anatolien hin, wie Uberhaupt in Vorderasien, der Heilige Georg, der  als Khidr im Volke weiterlebt. Die tUrkische Volkssage hat dabei fast alle

    Z•ge der christlichen Legende •bernommen. Der gewƒhnliche T•rke kennt

    sogar einen Khidr-Tag, der genau dem St. Georgsfest entspricht (vgl. dazu QSsim-

    Tag = Demetriusfest am 26. Oktober). Der ‰Cedreli", ‰Zedrelis*, d. h. Khidr  

    Elias spielt in allen Wanderberichten europ‚ischer Reisender seit dem 16. Jahr€hundert eine besondere Rolle. Vgl. Ewlij‚. VI, 447, 7. Z. v. u. und Fr. Schr‚der,Konstantinopel, T•bingen 1917, 8. 91„93. In nicht minderem Ansehen stehen

    die Siebenschl‚fer in Kleinasien, wie an einem besonders deutlichen BeispielHelmut V, Moltke angezeigt hat

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    160   Franz Babinger,

    folgende seltsame Gescbichte: ,Der Heilige dieses Klosters ist ein

    merkw•rdiger utraquistiscber Mann. Den T•rken g^lt er als Aq

     j azyly Baba den Christen als St. Athanas und wird von Christenund Muhammedanem besonders zur Entdeckung von gestohlenem

    Vieh angerufen. Vor dem Krimkrieg soll er nur das Vieh der  

    Mohammedaner besch•tzt haben , aber seitdem fanden die schlauen

    Derwische Wege , ihn auch den Christen genehm zu machen. Im

    Jahre 1883 wurden die Geschenke f•r jede der beiden Personen

    des Patrons besonders gesammelt und das christliche Geld zu einem

    Schulbau in BalŒik verwendet". Eine andere Begebenheit erz‚blt

    Ewlij‚ Tschelebi