Der Mensch auf der Suche nach Halt – Angst als existentielles Phänomen Alfried Längle, Wien .

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Der Mensch auf der Suche nach Halt Angst als existentielles Phänomen Alfried Längle, Wien www.existenzanalyse.org www.laengle.info

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Der Mensch auf der Suche nach Halt –

Angst als existentielles Phänomen

Alfried Längle, Wienwww.existenzanalyse.org

www.laengle.info

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Überblick

I. Existenzanalyse der Angst1. Existenz und ihre Bedingungen2. Was macht Angst? – 3. Die Macht der Angst4. Angstformen

II. Therapie der Angst5. Angst-Konfrontation6. Personale Positionsfindung7. Dereflexion8. Paradoxe Intention

III. Der Gewinn der AngstAlfried Längle, Wien

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1. Existenz und ihre Bedingungen

Ziel der Existenzanalyse:Leben mit innerer Zustimmung

I. Existenzanalyse der Angst

Alfried Längle, Wien

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1. Existenz und ihre Bedingungen

Die vier Grundbedingungen der Existenz:[Zustimmung zu:]

1. Welt: Bedingungen und Möglichkeiten2. Leben: Beziehung und Gefühle 3. Selbstsein: Begegnung und Authentizität4. Größerem Kontext: Zukunft (Werden) und Sinn

Alfried Längle, Wien

I. Existenzanalyse der Angst

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2. Was macht Angst?

Wurzeln der Angst• Biologische• Psychische• Sozio-kulturelle• Geistig-existentielle:

Sein-Können; Ausgesetzt-sein, Endlichkeit, „Schwindelt der Freiheit“, Sinnlosigkeit, nicht gelebt zu haben

Alfried Längle, Wien

I. Existenzanalyse der Angst

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2. Was macht Angst?

Definition von Angst:

generalisierter Erregungszustand durch das subjektive Erleben von Gefahr u/o Bedrohung

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I. Existenzanalyse der Angst

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2. Was macht Angst?

Was ist bedroht? Das Sein-Können

… Unsicherheit wegen der vielen Möglichkeiten:(alles Erdenkliche kann passieren – und noch viel mehr!!!)

… Abgründigkeit der Existenz … Ausgeliefert sein, keine Macht und Kontrolle haben

Alfried Längle, Wien

I. Existenzanalyse der Angst

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2. Was macht Angst?

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I. Existenzanalyse der Angst

Sein-Können braucht

innere Bedingungen + äußere Bedingungen

genügend Kraft günstige Umstände(„innerer Boden“), Bedingungen, die dasum es ertragen zu Dasein möglichKönnen machen („tragen“)

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2. Was macht Angst?

Was ist bedroht?

Es gibt zwar keine Sicherheit für das Sein-Können…

Aber es gibt Halt, „Boden“, Getragen-Sein - eben SEIN.

Alfried Längle, Wien

I. Existenzanalyse der Angst

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2. Was macht Angst?

Wenn aber kein Halt ist … Haltlosigkeit = Nicht-sein-Können, weil

das Subjekt es nicht die Bedingungen es ertragen kann nicht möglich machen

es droht Tod, Zerstörung, letztlich Ver-Nichtung

Alfried Längle, Wien

I. Existenzanalyse der Angst

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2. Was macht Angst?

Aufrechterhaltung der Angst durch

+ Vermeidungsdenken+ Vermeidungsverhalten

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I. Existenzanalyse der Angst

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2. Was macht Angst?

Alfried Längle, Wien

I. Existenzanalyse der Angst

Um wieder zum Sein zu kommen braucht es

Aushalten = tragen + Annehmen = lassen

seine Kraft einsetzen;Mut;Prüfen, ob genug Innerer Halt da ist, um es tragen zu können

Erproben der Umstände, ob sie einen sein lassen, so dass man sie sein lassen kannkönnen

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2. Was macht Angst?

Alfried Längle, Wien

I. Existenzanalyse der Angst

Psychologische Aktivitäten für den Aufbau des Halts:

Wahrnehmen + Erkennen der Gesetzedes Gegebenen und Möglichkeiten

Nicht: Gefühle, Phantasien, Stimmungen…Denn: es geht um Seins-Bezug = Gegebenheiten

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3. Die Macht der Angst

Die Angst erhält ihre Macht durch den WILLEN:

• Voraussetzung für Angst: unser Lebenswille• Fixierter Wille: Wenn man etwas zu sehr will• Wer nicht lassen kann, kann nicht sein. Nur wenn

man nicht wollen „muss“, sondern auch lassen kann, ist man frei.

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I. Existenzanalyse der Angst

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3. Die Macht der Angst

Die Angst erhält ihre Macht durch den WILLEN:

Wenn man das Ergebnis will – will man etwas UnmöglichesEtwas Unrealistisches wollen Wille bleibt wirkungslos Angst

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I. Existenzanalyse der Angst

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4. Angstformen

Grundangst Erwartungsangst

Erschütterung derelementaren „Sicherheit“Gefahr, Halt und Bodenzu verlieren Möglichkeit des Nicht-Seins tut sich auf(z.B. generalisierte Angst)

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I. Existenzanalyse der Angst

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4. Angstformen

Grundangst Erwartungsangst

Erschütterung der Entwicklung einer ab-elementaren Sicherheit wehrenden HaltungGefahr, Halt und Boden gegen die Angst -zu verlieren der innere Halt ist Möglichkeit des Nicht- geschwächtSeins tut sich auf Angst vor der Angst(z.B. generalisierte Angst) (z.B. Phobie)

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I. Existenzanalyse der Angst

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5. Angstkonfrontationa) Grundangst Anwesenheit und Halt• (Therapeutische) Beziehung • Vertrauen, Regelmäßigkeiten• Wahrnehmungsschulung• Körperbezug• Phänomenologischer Dialog• Glaube, Religion • Medikamente • … Alfried Längle, Wien

II. Therapie der Angst

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5. Angstkonfrontation

b) Erwartungsangst zu Ende denken= Das „Tor des Todes“ durchschreiten:

• Die Angst zeigt auf, was möglich ist.• Möglichkeiten haben einen gewissen Realitätswert• Haben eine Potenz zur Wirklichkeit• Existentielles Vorgehen verlangt das Einnehmen

der Perspektive der Wirklichkeit (Bezug zum Sein)

Eintreten lassen der größten AngstAlfried Längle, Wien

II. Therapie der Angst

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5. Angstkonfrontation

b) Das „Tor des Todes“ durchschreiten:

1. Frageschritt: Was wäre dann? Was würde real passieren? Welche Konsequenzen hätte es?

Die Realität anschauen, das Wahrscheinlichste (= die Möglichkeiten in ihrer Wahrscheinlichkeit)

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II. Therapie der Angst

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5. Angstkonfrontation

b) Das „Tor des Todes“ durchschreiten:

2. Frageschritt: Wie wäre das für mich? Warum wäre das schlimm?

= Sich erlebend einfinden, die Realität zur eigenen Wirklichkeit machen.

[Phänomenologischer Gehalt Verstehen]

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II. Therapie der Angst

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5. Angstkonfrontation

b) Das „Tor des Todes“ durchschreiten:

3. Frageschritt: Was würde ich dann tun?

Können = wichtigste Frage

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II. Therapie der Angst

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5. Angstkonfrontation

b) Das „Tor des Todes“ durchschreiten:

Es ist der existentielle Schritt in die Entschiedenheit, die den Boden (Halt) schafft:

Dass ich mir erlaube, wenn ich nichts mehr tun kann:

es sein zu lassen.

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II. Therapie der Angst

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5. Angstkonfrontation

b) Das „Tor des Todes“ durchschreiten:

Lassen ist auch noch ein Können, ein Können ohne Machen,

ein geistiges „Können der Ohnmacht“ gegenüber dem Sein -

die höchste Form des Könnens, denndas Können des Lassens macht mich „unbedingt frei“

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II. Therapie der Angst

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5. Angstkonfrontation

b) Das „Tor des Todes“ durchschreiten:

Und wenn ich daran sterbe?

„Das war dann eben mein Leben“= „Seins-Gelassenheit“

= Durchschreiten des Tores des Todes

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II. Therapie der Angst

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5. Angstkonfrontation

b) Das „Tor des Todes“ durchschreiten:

= realistisch:

mit dem Tod leben

Lebendig wird das Leben, wenn wir es lassen – und nicht, wenn wir es uns „nehmen“.

Alfried Längle, Wien

II. Therapie der Angst

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6. Die Personale Positionsfindung - PP (Längle 1994)

Durch schrittweise Mobilisierung der personalen Stellungnahme der Angst gegenüber Gewinnen von Festigkeit, um seine Potentiale einsetzen zu können.

II. Therapie der Angst

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6. Die Personale Positionsfindung - PP

1. Position nach außen:

bedrohliche WELT: da ist Unruhe, die mir Angst macht

„fest-stellen“ der Fakten:„Woher genau weiß ich das? – Woran kann ich das sehen?“

II. Therapie der Angst

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ICH

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6. Die Personale Positionsfindung - PP

2. Position nach innen:

„sich (ein-)stellen“, sich sich selber stellen:„Brauch ich das in dieser Situation? – Könnte ich es einmal aushalten?“

II. Therapie der Angst

Alfried Längle, Wien

ICH ICH

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3. Position zum Positiven:

ICH

Wert „sich dazustellen“„Wofür tu ich das eigentlich? – Was ist der Wert der Sache?“

II. Therapie der Angst

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6. Die Personale Positionsfindung - PP

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7. Die Dereflexion (Frankl 1946)

„Hyper“-Reflexion = Aufmerksamkeitszuwendung

verstärkt und erhält die Angst

„De“-Reflexion= Aufmerksamkeitsabwendung

atrophiert die AngstAlfried Längle, Wien

II. Therapie der Angst

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7. Die Dereflexion

Bewusste Orientierung auf Sinn und Werte –

und Vorbeugung der störenden Beobachtung von autonomen Prozessen (z.B. Schlafstörungen, Sexualstörungen)

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II. Therapie der Angst

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7. Die Dereflexion

Sinn und Wert = Konzentration darauf, um was es „eigentlich geht“

„De-reflexion“Ziel-Verzicht

ICH

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II. Therapie der Angst

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8. Die Paradoxe Intention (Frankl 1938)

Definition: Der Patient wir angeleitet, „gerade das, wovor er sich so sehr fürchtet, paradoxerweise sich zu wünschen bzw. sich vorzunehmen.“ (Frankl 1983, 160)

II. Therapie der Angst

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Indikation: Erwartungsangstschleife

Voraussetzung: Kognitive Sicherheit

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II. Therapie der Angst

8. Die Paradoxe Intention

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Erwartungsangstschleife

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II. Therapie der Angst

8. Die Paradoxe Intention

Beobachtung erzeugt

AngstSymptom

bestärkt

Fixierung

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Wirkweise: • Die Wirkungslosigkeit des reinen Wollens

gegen die Angst einsetzen.• Durch spielerische Übertreibung

distanzierende Kraft des Humors• Ermutigung durch Vorspielen und Üben

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II. Therapie der Angst

8. Die Paradoxe Intention

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Ergebnis: • Aufgeben einer irrationalen Haltung gegen

das Sein• Begrenzung der Macht des Wollens und

einüben von Lassen-Können• Gewinnen eines „Urvertrauens ins Daseins“

(Frankl) Alfried Längle, Wien

II. Therapie der Angst

8. Die Paradoxe Intention

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Sigmund Freud: Angst – die via regia zum Unbewussten.

Existenzanalyse: Angst – die via regia zur Existenz

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III. Der Gewinn der Angst

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Karl Jaspers: „Die Angst um das eigene Sein ist ein Grundzug

des erwachten Menschen... Wo die Angst verschwindet, ist der Mensch nur

noch oberflächlich.“

In: Der philosophische Glaube. München: Piper 1974, S. 67

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III. Der Gewinn der Angst

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Durch die Angst lernt der Mensch,endlich zu leben.

„Lebe endlich!“

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III. Der Gewinn der Angst

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Herzlichen Dank

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