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Der oder die Peloponnes ? Segeln auf dem Ionischen Meer Rainer Kröhl 2012 Prolog

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Der oder die Peloponnes ? Segeln auf dem Ionischen Meer

Rainer Kröhl 2012

Prolog

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Diese Frage sollte geklärt sein, bevor man an Bord geht. Unnötige Diskussion kann vermieden werden. Vorab : Sprache ist kein Naturgesetz und daher wandelbar. Der Brockhaus lässt beides zu, wenngleich die Insel (altgr. nesos) des Pelops weiblich bleibt. Pelops soll der Sohn des sagenhaften Tantalos gewesen sein. Mit Penelope ist die Insel weder verschwägert noch anders verwandt. Ob die Erkenntnis weiterhilft, wenn man bei 38°C im Schatten das Schiff ausrüsten muss, kann mit einem eindeutigen „Nein!“ beantwortet werden.

Anreise Wir waren auf dem Weg von Baden-Baden zur Aurelia I, die seit 2012 in der Marina Kalamata liegt. Kein einfacher Weg. ICE nach Ffm, Flug nach Athen, Zwischenlandung in Thessaloniki, umsteigen in den Airportbus, umsteigen am Busterminal K-TEL Peloponnes Athen, umsteigen in Kalamata um schließlich mit dem Taxi zur Aurelia zu gelangen. Vielleicht gibt es andere Wege - direktere, die haben dann andere Schwierigkeiten. Wir hatten diesen gewählt. Ankunft 23:30. Vorbereitung

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Ein schönes Schiff geräumig, Stehhöhe, jeder bekommt seine Kammer, Duschen, Bettwäsche, Handtücher – ok, ein bisschen Luxus kann nicht schaden. Ich hatte es nicht erwartet. Zwei Tage liegen wir in der Marina, räumen auf und um, rüsten aus, versorgen uns mit dem ’Nötigsten’, machen uns vertraut mit der Einrichtung, mit Fallen und Schoten, Checken die Segel, prüfen den Inhalt der Bakskisten, testen Instrumente und Toiletten, installieren mitgebrachte Ersatzteile. Pumpen werden aus und wieder ein- gebaut. Jede Wasserpfütze wird trocken geschlunzt.

Der Skipper erholt sich / die GPS-Antenne ist ausgefallen

Tatsächlich warten wir auf die Rettungswesten. Die, so sagte man, seien in Athen zur Inspektion und würden bald kommen. Wir waren uns einig, kein Auslaufen ohne Rettungsweste! Das hätte gegen jede gute Seemannschaft verstoßen. Manchmal muss man die Dinge einfach aussitzen. Kurz bevor wir soweit waren neue Westen zu beschaffen, um endlich rauszukommen, erfahren wir, dass die Westen in Kalamata überholt werden und in einer halben Stunde vom dortigen Service gebracht würden. Hallo. Daniel in seiner ruhigen Art versteht sich nicht nur als Skipper, sondern auch als Ausbilder seiner Mannschaft. Jede Aktion an Deck wird minutiös vorbereitet und bis ins Detail besprochen, bis jeder weiß, wo sein Platz ist und was dort zu tun ist. Eine wesentliche Voraussetzung, um Chaos zu vermeiden, wenn tatsächlich einmal ein Manöver nicht sofort gelingt. Um es vorweg zu nehmen, dieser Fall trat nie ein. Am 18.06 beginnt die eigentliche Reise, Ablegen in Kalamata mit Ziel Koroni, 17sm zum Eingewöhnen, aber unter Segel – ein Glücksgefühl beschleicht mich, wie ich es lange nicht erfahren habe. Ja, ich habe mich auf diesen Segeltrip sehr gefreut, dazu muss man wissen, dass ich als knapp 30jähriger Griechenland mit dem Segelschiff erkunden wollte, ohne auch nur die leiseste Ahnung vom Segeln zu haben. Schnell wurde mir klar, dass es zwar einfach ist, Europa mit dem Auto zu ‚erfahren’, aber zu Wasser, bedurfte es mehr. Ich machte also brav meine Ausbildung, segelte mit Familie auf Unterbacher See, Ijsselmeer und Ostsee und mit der Argumentation zu weit, zu heiß, zu teuer vergaß ich das Mittelmeer und seine Inseln. Jetzt, mit 68, waren wir auf dem Werg zu den Ionischen Inseln. Rauschige Fahrt bei 6Kn quer durch den Messenischen Golf. Wahnsinn. Vor uns die offene See, hinter uns die steilen Flanken des Taygetos Gebirges, das sich 2400m über der See erhebt (und 3500m in die Tiefe reicht, aber davon später). Die Crew Daniel Paschman (Skipper), Ursula Schork-Paschmann, Kornel Paschmann, Bernhard Wurm, Rainer Kröhl Eigentlich sind wir eine Familien-Crew. Daniel und seine lustige Frau Uschi machen Urlaub. Sie wollen entspannen, sich vom Alltag der Arbeit erholen. Allerdings sind die Vorstellungen darüber, was erholsam sein könnte weit auseinander: er, ganz Aktivität, ist in jedem Winkel des Schiffes zu Hause, repariert,

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klemmt ab, schraubt an, sucht schadhafte Stellen an Rohren und elektr. Leitungen. Sein Interesse gilt dem Schiff. Dann kommt das Schiff … und schließlich … Sie hat eine Bibliothek mitgebracht und atmet in kürzester Zeit die dicksten Wälzer ein. Kornel, der Bruder will sich von seiner Arbeit erholen, in dem er sich mit, ihm fremder Materie, dem Segeln auseinandersetzt, ohne dort eines Tages wirklich zu Hause sein zu wollen. Der Schwager Bernhard, ein Badener mit gesunder Weltsicht segelt im hohen Alter von 75 den Törn aus purer Neugier und Lust an der Bewegung. Seine frühere körperliche Leistungsfähigkeit kann man ihm noch anmerken, wenn er als erster ins Wasser taucht und sich schwimmend vom Schiff entfernt. Respekt. Und ich, ich bin der Reingeschmeckte, wie die Bayern sagen würden, eigentlich der Fremdkörper. Aber zu keinem Zeitpunkt empfand ich so. Uschi nannte mich ‚den Gast’. Mein Motiv ist das Segeln auf dem Mittelmeer, Landschaft und Leute, rauschige Fahrt unter Vollzeug. Dem Leben Farbe geben, nenne ich das. Bei den monatlichen Treffen in der Molkenkur lernte ich Daniel kennen. Seine ruhige, sachliche Art hat mich veranlasst, ihn auf die Reise anzusprechen. Im Rahmen der Vorbereitungen gab es ein Treffen in unserem Garten zusammen mit Till Schwarzer. Wir sollten eine lustige Truppe werden. Die Reise In der Bucht von Koroni werfen wir das erste Mal Anker. Die Stadt liegt an einer Landzunge, deren Spitze von einer Festung und deren Ufer von Tavernen beherrscht wird. Festungen in diesen Breiten haben eines gemeinsam, sie haben eine wechselvolle Geschichte. Sparta, Rom, die Christen als Kreuzfahrer, Byzanz, das Osmanische Reich und schließlich die europäischen Kolonialstaaten England, Frankreich und sogar Russland machten in diesem Raum ihren Einfluss geltend bis schließlich die Griechen in der ersten Hälfte des 19. Jhdts. ihre heutige Einheit und Freiheit erlangten. Heute kommen die Touristen! Wir erstürmten am Abend die Tavernen mit dem Dingi – Fish from the oven – und gefühlte 2kg Wein waren meine Beute. Stets auf Rückzug bedacht, hatte Daniel nicht vergessen das Ankerlicht einzuschalten. Die Batterien waren voll. Es war eine lustige Heimfahrt. Die schönere Bucht, das interessantere Kastell aber, liegen um die Ecke. In Methoni. Ein Genuss hier in azurblauem Wasser zu baden

Aurelia Die Festung aus der Sicht der Angreifer

Alt-Methoni mit Blick auf Sapientza (Quelle Wikipedia) Familienbad

Zu den Kreuzfahrern nach Ormos Katakolou Jetzt geht die Reise nach Norden. Ein großer Schlag, 12 Stunden Fahrt bei unterschiedlichen Bedingungen soll uns nach Katakolou, am nördlichen Ende der Bucht von Kyparissia bringen. Wir segeln entlang einer grünen, sanften Hügelkette mit aufgelockerter Bebauung und großräumigen Olivenbaumplantagen. Es ist heiß. Ein strammer Seewind, treibt uns nach Norden. Ich gehe Ruder und habe den Blick nach vorn. Eine

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Welle sieht aus wie ein Fischrücken!? Unsicher melde ich das der Crew und im selben Moment werde ich bestätigt: unmittelbar neben mir springt ein Delphin aus dem Wasser, verharrt für Sekunden, in ganzer Länge neben dem Süllbord schwebend, in der Luft. Ich vernehme das typisch schnarrende Geräusch, das wir von unzähligen Fernsehsendungen kennen. Der grau bis silbern glänzende Körper blitzt in der Sonne und gleitet lautlos zurück ins tiefblaue Wasser. Vor mir, hinter mir überall tauchen sie auf, eine ganze Schule Delphine. Daniel stürzt zum Bugkorb hält sich mit einer Hand am Vorstag, und fuchtelt, sich weit hinaus lehnend, mit der anderen Hand über dem Wasser. Immer wieder taucht ein Tier auf, springt hoch und dreht dabei seinen Körper derart um seine Längsachse, dass es besser sehen kann, was das fremde Wesen Mensch dort treibt. Es hat den Anschein als entstünde eine Art Kommunikation zwischen Mensch und Tier. Das Log zeigt 7 Knoten, für die Delphine ein Spaziergang. Ca.10 min begleiten sie uns, dann verschwinden sie wie auf Kommando in der Weite der See. Das war er, das war genau der Moment, für den sich all der Aufwand, die Reise an sich gelohnt hat. Eine andere Erfahrung ist das Verhalten des Windes während eines Tagesverlaufs. Theoretisch kennt man den Seewind, den Landwind und seine Ursachen. Richtig erfahren habe ich ihn erst hier. In Nordeuropa sind die thermischen Verhältnisse selten so ausgeprägt, dass man die Umkehrung der Strömung am Abend so markant wahrnimmt. Der von Land herkommende Wind ist zeitweilig so warm, dass man annehmen könnte, er entspränge einem Heißluftgebläse. Dann schläft er ein. Flaute. Wir motoren. Katakolou begrüßt uns unfreundlich ein übergroßes Hafenbecken, einige Menschen an Land schreien aufgeregt und unqualifiziert auf uns ein, ohne dass ein ersichtlicher Grund erkennbar gewesen wäre. Der Skipper lässt sich nicht irritieren. Unser Anleger mit Anker und zwei Achterleinen ist perfekt – mit und ohne Geschrei. Nach 12stündiger Reise sind wir todmüde, durstig und hungrig. Duschen und ab in die Taverne. An der Pier parken ca. 40 Großraumbusse. Die Uferpromenade erinnert an St. Pauli, Barbetrieb, schummrige Beleuchtung. In der Parallelstrasse dahinter wieder Griechenland. Was ist hier anders? Wir sollten es am andern Morgen erfahren. Ich will zum Sanitärgebäude und traue meinen Augen nicht. Da stehen zwei Hochhäuser vom Typ Hamburg-Steilshoop. Allerdings waren diese hier schwimmfähig. Der Schrei der heutigen Küstenbewohner heißt wie vor rund 900 Jahren: „Die Kreuzfahrer kommen!“ Früher wetzte man die Messer, heute werfen die Busfahrer die Motoren an und 6000 Menschen werden nach Olympia verfrachtet. 6000! Es können auch 9000 werden. Armes Olympia. Während ich diese Zeilen schreibe, lese ich auf der Internetseite „Der Kreuzfahrtberater“ der Reederei MSC Kreuzfahrten, dass morgen 08:00 die M/S Costa Fafolosa mit 2860 und um 12:30 die MSC Musica mit 3013 Passagieren an Bord das kleine Örtchen Katakolou mit ausgewiesenen 601 Einwohnern überschwemmen werden. Morgen also nur zwei Schiffe mit zusammen 5873 Besuchern. Das jeden Tag?! Gleichzeitig erfahre ich, dass die MSC Musica 63 Kreuzfahrten zum Preis von 279 € im Angebot hat. Der Tourismus-Aldi lässt grüßen.

Kreuzfahrtanleger Katakolou (entnommen der Webside Marina Katakolou)

Katakolou ist der Zugangsort für Olympia, wenn man von See kommt. Ein kleines Bähnchen gleich gegenüber von unserem Liegeplatz bietet sich an. Bei unserer Recherche, winken die Menschen ab – nein nicht nach Olympia, zu heiß (45°C), zu viele Kreuzfahrer. Wir lassen uns nicht abschrecken. Tatsächlich waren die Kreuzfahrer schon wieder beim Lunch als wir in Olympia ankamen. Aber heiß war es schon und – schön. Es ist eine sehr hübsche Anlage mit Schatten spendendem Baumbestand und einem sehenswerten

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Museum. Die Gipfel ringsum tragen je eine große Wasserkanone, die die Hügel grün halten und die Brandgefahr reduzieren. Ein Mensch, der über das Reisen philosophierte, sagte einmal: Das Reisen in seiner Erfüllung bestünde im Wiedererkennen und Wiedererkannt werden. Vor Jahrzehnten war ich hier mit meiner Familie. Der Mann hat recht. Zurück auf dem Schiff will Daniel die Motorbilgpumpe reparieren. Nichts auf der Welt könnte ihn davon abhalten. Die Pumpe ist defekt und muss ersetzt werden. Am nächsten Tag, ersteht er exakt diese Pumpe beim Schiffsausrüster und baut sie ein. Ein Akt größter Befriedigung und - Erholung. Um Mitternacht wird unser Skipper ein Jahr älter. Wir gratulieren, trinken im Cockpit bei lauschigen Temperaturen eine Flasche Wein und fallen todmüde aber zufrieden in die Koje. Gegen 04:00 wache ich vom Lärm an Bord geweckt auf, öffne meine Kammertür und komme mir vor wie der Kriegsberichterstatter in dem Film „Das Boot“, der schlaftrunken nachsehen will, was sich auf der Brücke tut. Ich sehe gedämpftes Licht, Schläuche führen quer durch den Salon, eine Pumpe schlürft Wasser, Daniel in Unterhose hantiert mit Werkzeug in der Hand, andere stehen flüsternd im Raum und ich – ich komme mir überflüssig vor. Unwirsch beantwortet mir jemand meine Frage: Jemand hat das richtige Ventil falsch oder das falsche Ventil richtig bedient. Die achterliche Toilette ist übergelaufen. Was sie nicht soll. Unser Skipper ist ziemlich duldsam und unermüdlich, kein Fluch, kein böses Wort. Mich hätte es längst zerrissen. Die blauen Grotten von Zakynthos Nein, man sollte nicht wegen der Meeresschildkröten nach Zakynthos fahren, die hier an den Stränden ihre Eier ablegen sollen. Erstens tun sie das nicht das ganze Jahr und zweites gäbe es bald keine Schildkröten mehr, wenn alle bei der Eiablage zuschauen wollten. Vielleicht eine organisierte Eiablage für 6000 Kreuzfahrer gefällig? Bei den Reisekosten von € 279.- natürlich inclusive. Wo führt das hin? Der Hafen Zakynthos ist ein reger Fährhafen. Vorsicht bei der Ein- u. Ausfahrt. Das Städtchen ist malerisch, besitzt einen Campanile, der an Venedig erinnert und eine Uferstrasse mit hervorragenden Tavernen. Nirgends haben wir so gut und reichlich gegessen wie hier. Venedig hatte über vierhundert Jahre die Hand auf der strategisch wichtigen Insel. Leider ist der Ort wiederholt durch Erdbeben zerstört worden. Alle Gebäude sind jüngeren Datums. Um die Dramatik dieser Region zu erkennen, empfehle ich bei Google Earth Zakynthos aufzurufen. Westlich der Insel erreicht man Wassertiefen von bis zu 4000m. Solche Tiefen erwartet man im Atlantik, nicht in einem Binnenmeer. Hier treffen die Eurasische und die Afrikanische Kontinentalplatte zusammen. Die eine wird gefressen und versinkt in der Tiefe des Erdballs, die andere wirft sich mehrere tausend Meter in die Höhe. Das Taygetos Gebirge bei Kalamata, das ebenso zu diesem System kontinentaler Verschiebung gehört, setzt seine steilen Flanken unterseeisch bis in eine Tiefe von 3500m fort.

Wenn man das weiß, versteht man die Landschaft. Wir segeln an der Ostküste der Insel entlang nach

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Blaue Grotten

Norden, nach Agios Nikolaos und zur Ship Wreck Bay. Die blauen Grotten von Zakynthos. Das Meer untergräbt die Steilküste. Kavernenartige Höhlen bilden sich, in denen glasklares Wasser steht. Obwohl selbst im Besitz eines Bootes machen wir einen Ausflug mit dem Touri-Schiffchen. Der Vorteil: diese Boote sind flach genug, um in die beschriebenen Kavernen einzufahren. Wir sind nicht einmal 10 Personen. Morgens, wenn die Sonne günstig steht, leuchtet das Wasser in azurfarbenem Blau. Rote Korallen wachsen hier an den Felswänden und baden in solch einem Wasser ist ein ’Muss’. Einfach schön. Wir steigen wieder um auf unser Schiff und fahren zurück zur Badestelle, um die Wassertiefe dort zu messen. Bei 7m WT erkennt man noch Details am Grunde der See.

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Die Fahrt geht weiter entlang dieser einzigartigen Küste – zur Wreck Bay. Coves nennen die Engländer solche Naturschönheiten an der Cornwall Coast. Hier gibt es viele davon. Schneeweißer Sand, azurblaues Wasser und die Buchten sind hier meist nur von See zugänglich.

Derartige Landschaft entsteht nicht von ungefähr. Wir lernen auf unserer Fahrt nach Norden alle Stadien der Entstehung kennen. Zuerst wäscht das Meer den sandigen Fels aus, es entstehen Höhlensysteme, Kavernen, Felsbögen, dann ein Erdbeben und ganze Küstenpartien brechen ab und liegen als gewaltige, inselgroße Bruchstücke der Küste vorgelagert im Meer. Im Laufe der Jahrhunderte zerfließt, ’schmilzt’ das Inselchen dahin. Zurück bleibt eine Bucht mit 80-100m hohen Steilwänden und einem Sandstrand. So schön, dass man seinen Augen nicht glauben mag.

Der I-Punkt ist das Wrack. Ein unglückseliger Fischkutter, dem bei schwerer See das Ruder ausgefallen sein mag. Er wurde hier in der Wreck Bay an Land geworfen und rostet dekorativ, rotbraun in der Mitte des weißen Sandstrandes vor sich hin. Wir wollen das Dingi zu Wasser lassen um die Aurelia vor dieser Kulisse zu fotografieren. Da tuckert ein übergroßes Touri-Boot heran und überflutet den Strand mit Menschen. Der Traum ist zerstört. Wir verzichten, drehen ab und halten Kurs auf

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Wreck Bay

Poros, auf Kefalonia. Sie ist die größte der Ionischen Inseln und liegt direkt am Eingang zum Golf von Patras. Der geht über in den Golf von Korinth. Diesen könnte man an seinem östlichen Ende durch den Isthmus von Korinth verlassen, sollte man die Absicht haben die Peloponnes zu umrunden. Wir heben uns das für später auf. Steuern zunächst Kato Kateleios an, erkennen die alte und die neue Mole, sehen aber keine Hafeneinfahrt. Eine Ansteuertonne gibt es nicht und einen rwK für die sichere Ansteuerung: Fehlanzeige. Wir sind eben nicht in der Ostsee. Genau vor der Einfahrt liegt ein Felsriegel, der durch eine gelbe Tonne mit blauer Spiere markiert wird. Ein Anlaufen aus SE muss scheitern. Unbeschadet erreicht man den Hafen wohl nur aus SW. Wir fühlen uns nicht wohl und drehen ab nach Poros. So schön können die Strände hier gar nicht sein. In Poros ist der Kulminationspunkt unserer Reise erreicht. Die Fähre nach Kyllini begleitet uns ein Stück des Weges. Sie wird früher ankommen als wir, obwohl wir unter Schmetterlingsegel bei leichten Winden gute Fahrt machen. Jetzt sollte das lästige Motoren weniger werden. Die vorherrschenden Winde an der Westküste des Peloponnes sind nun mal Nordwinde. Sie werden uns nach Hause blasen. Wir fahren auf Sicht. Verfahren kann man sich kaum. Von weit her sehen wir die Festung Chlemoutsi, die die Kreuzfahrer im 13. Jhdt. errichtet haben. Dennoch ohne Navigation geht es nicht. Wir wissen, seit wir an Bord sind, dass die beste nautische Informationsquelle unsere Seekarten sind, die wir mitgebracht haben. Im Hafen von Kylini wird es aber überdeutlich, wie der Schwabe sagt. Wenn wir unserem Plotter glauben schenken, fahren wir hier mit unserem Schiff quer über die Landmassen ohne größeren Schaden zu nehmen. Das hat mit zwei Dingen zu tun

1. auch Griechenland erhält wie andere europäische Staaten Gelder von der EU zum Ausbau der Infrastruktur, d.h. die Häfen werden aus- und umgebaut.

2. die Karte im Plotter ist veraltet. Sie ist völlig überholt und hat stellenweise mit der Wirklichkeit nichts gemein. Ein Update ist dringend nötig. Das an Bord befindliche ‚Hafenhandbuch’ ist 10 Jahre alt.

Zur Ehrenrettung unseres Vereins sei gesagt, dass unsere Nachfolge-Crew ein nigelnagelneues Hafenhandbuch als Loseblattsammlung mitgebracht hat, das bis 01.12 up to date ist. Die Saison 2012 ist gerettet. Nun möchte ich als Novize nicht den Klugscheißer spielen, ohne konstruktiv zu sein. Loseblattsammlungen, wenn sie denn abonniert wurden, sind praktisch und lästig zugleich. Ich bin bereit diese Arbeit zu tun, wenn der Letzte in der Saison das Buch mitbringt und der Erste es wieder mit an Bord nimmt.

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Aber vorher gehen wir baden. Südlich von Kyllini gibt es 11km Strand vom feinsten. Hier gönnen wir uns eine Badepause auf 7m WT (Breite 37°48’N Länge 21°16’E). Der Kyllini Beach Resort Club ist nicht weit, es fehlen nur die Animateure. Wir haben sie nicht nötig.

Schwimmenden Hochhäusern in der Marina von Ormos Katakolou Die Schlacht von Navarino. Pylos. Aber welche bitte? Wir haben uns diesen historisch und landschaftlich attraktiven Platz auf der Fahrt nach Norden für den Rückweg aufgespart. Jetzt fahren wir dicht heran an die eigenwillige Konfiguration von Buchten, Binnenseen, Landzungen, Halbinseln und Inseln und kommen zunächst an der sogenannten Rinderbauch-Bucht vorbei. Keine Frage woher sich der Name ableitet. Hier ist kein Durchkommen für uns. Also weiter, vorbei an der langgestreckten Insel Sfaktiria mit ihren Steilufern, Felstürmen und -toren. Sie liegt wie eine Bastion schrundig vor der Bucht von Navarino. Es wird sie wohl in einigen Jahrtausenden nicht mehr geben. Um die Bucht, ein Naturhafen, wie man ihn sich nicht besser wünschen kann, wurde schon früh gekämpft. Sie erlebte die erste große Schlacht im Peloponnesischen Krieg (425 v. Chr.) Athen gegen Sparta. Der Felsen Sfaktiria auf dem heute neben dem Leuchtfeuer Denkmale der Großmächte des 19. Jhdts und eine russische Kirche (!) stehen, hatte vor 2400 Jahren strategische Bedeutung. Wir liefen zwar unter Motor in die Bucht ein, angesichts der Landschaft und mit dem Wissen um die historischen Ereignisse war da dennoch ein Moment der Ehrfurcht. Später, 1827 wurden hier 50 von 80 Schiffen der Osmanischen Kriegsflotte versenkt. Die Wracks liegen heute noch hier. Die damaligen vereinigten Seestreitkräfte der Briten, Franzosen und Russen ermöglichten damit Griechenland die Unabhängigkeit nach 350 Jahren osmanischer Herrschaft. Die Hafeneinfahrt von Pylos hat wenig Tiefe, ist dem Meer abgewandt und nur nach einem U-turn zu erreichen. Der Ort ist idyllisch.

Zentrum Pylos

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Gegenüber von Pylos, jenseits der Bucht steht ein Denkmal, das zwar mit dem Freiheitskampf der Griechen, aber nichts (wie wir glaubten) mit den Schlachten von Navarino zu tun hat. Es erinnert, wie ich zu Hause erfuhr an den Piemontesen Santorre di Santarosa, der 1825 im Freiheitskampf gefallen und hier angespült wurde. Nein, das ultimative Bild von der Aurelia vor der Kulisse dieser herrlichen Küste ist uns auch hier nicht wirklich gelungen, aber der Versuch war unterhaltsam.

In der Bucht von Navarino

30.06 Kalamata fest Hier am letzten Segeltag, hier in Kalamata, haben wir unseren Skipper auf seine Fähigkeit unter allen Bedingungen sauber anlegen zu können noch einmal hart geprüft. Er wusste nichts davon. Erster Anleger Tankstelle. Wir waren fest und mussten feststellten, dass die Tankstelle in Kalamata ausser Betrieb ist. Darauf hin wurde uns vom Hafenmeister ein Gastliegeplatz zugewiesen. Zweiter Anleger. Nachdem wir sauber eingeparkt hatten, stellt der Mann fest, dass wir keine Gastlieger sind, sondern einen Stammplatz haben. Dritter Anleger. 100 Punkte für unseren Skipper. Für Nachfolge-Crews : fahrt gleich zum Stammplatz! (und bestellt den Tankwagen). Mystras Einen Tag hatten wir noch. Also wurden zwei Autos gemietet (es waren sehr kleine) und fuhren damit über das Taygetos Gebirge nach Mystras, eine alte byzantinische Ansiedlung, deren Profanbauten weitgehend zerfallen sind. Ein Nonnenkloster ist noch bewohnt und viele Kirchen in gutem Zustand und reich mit Fresken ausgestattet. Hier trifft man, mit etwas Glück die Griechische Landschildkröte und Gottesanbeter, wenn man das steile Gelände nicht zu schnell durchwandert. Die Stadt erstreckt sich über 300 Höhenmeter. Klugerweise beginnt man die Besichtigung am oberen Tor und wandert abwärts. Zwei Fahrzeuge sind dabei hilfreich. Die Sonneneinstrahlung ist extrem. Entschädigt wird man mit herrlichen Tiefblicken auf die Ebene von Sparta und dem dankbar freundlichen Lächeln der Nonne, die uns handgestickte Deckchen verkauft hat.

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Mystras

Natürlich haben wir die Gelegenheit genutzt, nach so viel See mehr über das Land zu erfahren. Wir sind also von Sparta östlich des Taygetos nach Süden auf die Halbinsel Mani gefahren. Wir erleben nach Sparta eine durchaus grüne und fruchtbare Landschaft, die nach Süden und SW hin zunehmend trockener, steiniger und ärmer wird. Es ist eine archaische Landschaft, die Häuser aus Bruchsteinen gemauert. In den Dörfern Geschlechtertürme, vergleichbar mit der Toscana. Und so der Wandel. Vor Jahrzehnten war ich hier. Inzwischen haben reiche Griechen die Küstenlandschaft für sich entdeckt. Bei genauem Hinschauen erkennt man aufwendige, ferngesteuerte Toreinfahrten, hinter denen man jeden Luxus vermuten darf. Was für ein Kontrast zu dem Bauern an der Strasse, der versucht selbst eingelegte Oliven an Uschi zu verkaufen. Fazit Eine schöne Reise mit vielen neuen Eindrücken und Erkenntnissen in angenehmer Gesellschaft. Gastfreundliche Griechen, die hilfsbereit in jedem Hafen die Leinen entgegennahmen. Keinerlei Feindseligkeit gegen die ‚bösen Deutschen’, auch nicht in den Tavernen während der Spiele zur Europameisterschaft. Griechenland immer eine Segelreise wert.

Dank an den Skipper und meine Mitsegler. rk

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Reise Aurelia I Peloponnes vom 16.06 bis 02.07.2012 Reiseinformationen

Teilnehmer Daniel Paschman (Skipper), Ursula Schork-Paschmann, Kornel Paschmann, Bernhard Wurm, Rainer Kröhl Flugdaten aus Internet Flug 24.de Airline Aegean Cronus Airlines, Mitglied der Star Allianz der Lufthansa daher Rückflug mit Lufthansa Frankfurt Int. – Makedonia/Salonica (Thessaloniki) Flug A3 531 ab 11:00 an 14:40 Makedonia/Salonica (Thessaloniki) – Athens Athinal Flug A3 115 ab 15:30 an 16:20 Rückflug: Athens Athinal – Frankfurt Flug LH 279 ab13:35 an 15:35 Reine Flugkosten € 322,44 p. P Reiseverlauf Reiseziel Ionische Inseln Hin : Kalamata, Koroni, Methoni, Ormos Katakolou, Ornos Zakynthos, Agnes Nikolaos (Zakynthos), Poros (Keffalonia) Zurück: Killini (Pellopones), Ormos Katakolou, Kyparissia, Pilos, Koroni, Kalamata Weg Gesamt: 355 sm davon gesegelt 151 sm Wind 0-5 Bft , Luftdruck stabil bei 1017 hPa, Max. Temperatur 38°C Bewölkung: keine bis geringfügig, Cumulonimbus nur über Festland Highlights Methoni, Olympia, Agnes Nikolaos Blue Caves, Zakynthos Wreck Bay, Bucht v. Navarino, Pylos, Mystras Allgemeine Information Um allgemeinen Gerüchten vorzubeugen: wir haben nur freundliche, hilfsbereite Griechen getroffen, auch während des EU-Meisterschaftspieles Deutschland gegen Griechenland konnten wir keine verprügelten Deutschen entdecken. Die Gastfreundschaft ist unübertroffen Marina Kalamata : Taverna Argos, Ausgang Marina lks halten, freundlich, gutes Preis/Leistung -Verhältnis Hellen Car Rental Services, Kalamata phone: 27210 94644 e-mail : [email protected] / freundlich, hilfsbereit, preiswert

Griechische Gastlichkeit

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Bucht von Navarino / vor Pylos

Quellenangaben http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Methoni_Sapientza.jpg&filetimestamp=20090726190118 ; http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode Bilder: wenn nicht anders angegeben rk

Aurelia vor Anker