Der richtige Dreh - bücher.de · Kapitel 4: Der richtige Dreh 81 Sie haben den Camcorder, Sie...

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  • Kapitel 4: Der richtige Dreh 81

    Sie haben den Camcorder, Sie haben ein Event und eine ungefähre Idee, was Sie filmen möchten. So viel zur Theorie. In der Praxis sieht die Sa-che dann aber ganz anders aus, als Sie es sich in Ihrer Fantasie vorge-stellt haben. Im folgenden Kapitel wollen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen und Anregungen geben, wie Sie Ihren Film interessanter und abwechslungsreicher gestalten können.

    Was Sie bald kennen und können 27: Generelles zur Bildkomposition

    28: Atmosphäre erzeugen mit Licht und Farben

    29: Der Kamerastandpunkt

    30: Zeit und Raum

    31: Von Farben und anderen Übergängen

    32: Sehen lernen

    33: Der Bildraum

    34: Augenhöhe und Freiräume

    35: Der Kameraschwenk

    36: Zoomen

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    27: Generelles zur Bildkomposition

    Damit der Zuschauer beispielsweise die beabsichtigte Stimmung und die Atmosphäre einer morgendlichen Landschaftsaufnahme (weite Täler, Tiefnebel, eine aufgehende Sonne, saftiges Grün der Wiesen usw.) ver-spürt, müssen Sie sich vor und während der Aufnahmen auch mit der Bildkomposition beschäftigen.

    Da Sie mit dem Camcorder meist immer nur Teile eines Ganzen zeigen, müssen Sie immer den wichtigen Ausschnitt filmen. Bedenken Sie, dass der Zuschauer nicht in der Lage ist, die gesamte Morgenlandschaft, die Sie sehen (von den Düften und der Geräuschkulisse einmal ganz zu schweigen), zu spüren und zu sehen. All die Stimmungen und Gefühle müssen sie jedoch im Bild transportieren, um dem Zuschauer einen mög-lichst authentischen Eindruck zu vermitteln. Folglich müssen Sie immer nach passenden symbolträchtigen Bildern und Motiven suchen, die am ehesten Ihrer erfahrenen Stimmung zu diesem Zeitpunkt entsprechen (beispielsweise Sonne, das Gegenlicht, feine Taustrukturen in Spinnen-netzen, das frische Grün eines Blattes, Perlen im Morgentau usw.).

    Tipp: Wichtige Einstellungen des Motivs?

    Suchen Sie mit Ihren Aufnahmen immer die informati-onsträchtigen Elemente einer Handlung, eines Vorgangs oder einer Situation. Sie komponieren Ihre Bilder und Szenen, indem Sie den passenden Bildausschnitt ebenso wie den Standort und die Perspektive wählen. Achten Sie dabei immer auf einen Vordergrund, damit die Drei-dimensionalität erhalten bleibt.

    Die Komposition im Videofilm hat meist eine zweckdienliche Bedeu-tung: Ziel ist es, einzelne Szenen miteinander zu verbinden und Informationen bzw. Stimmungen und Gefühle zu vermitteln. Dabei spielt der Wechsel von Groß-, Nah- und Detailaufnahmen eine wesentliche Rolle.

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    28: Atmosphäre erzeugen mit Licht und Farben

    Rot ist eine Signalfarbe, die in Videoszenen gern mit einbezogen wird. Sie können somit einer tristen, monochromen Stimmung mit blassen braunen und graugrünen Farbtönen den nötigen Pfiff geben. Das rote Segel eines Segelschiffes in einer arktisgrauen See ist dafür ein sehr gu-tes Beispiel. Sie rücken die Darsteller oder das Objekt damit automa-tisch in den Mittelpunkt des Geschehens. Man schaut hin. Verständlich, denn Rot ist im Gegensatz zu den Farben Gelb (Vorder-/Mittelgrund), Grün (Mittelgrund) und Blau (Hintergrund) eine ausgesprochene Vor-dergrundfarbe. Sie verleiht der Szene Plastizität. Vermeiden Sie es je-doch, Farbtupfer immer in der Großaufnahme zu zeigen. Die Aufnahme wird dann aufdringlich und letztendlich auf Dauer gesehen langweilig.

    Anders verhält es sich mit der Rottönung von Landschaften, die am spä-ten Nachmittag von der untergehenden Sonne bestrahlt werden. Alle Objekte innerhalb dieser Szene haben einen Farbstich, der aber gewollt ist. Sie signalisieren dem Zuschauer die entsprechende Tageszeit.

    Eine andere reizvolle Lichtsituation: Die kleine Zeitspanne an der Gren-ze zwischen Abend und Nacht hat ihren eigenen Reiz. Erste Beleuchtun-gen gehen an und der Himmel hat eine Färbung zwischen Blau und Schwarz. Diesen Zeitraum nennt man „die blaue Stunde“.

    Das Spiel mit der Brennweite Viele Videofilmer begehen den Fehler, allzu oft während der Aufnahme die Tele-/Weitwinkeltaste zu bemühen, um hautnah ein Gesicht, ein Tier oder ein Detail näher heranzuholen. Der allzu harte Wechsel zwischen Weitwinkel- und Teleeinstellungen bringt starke Unruhe in den Film.

    Im Rahmen der Bildgestaltung kann die Wahl der Brennweite den Bild-charakter wesentlich beeinflussen. Eine realistische Videoszene filmen Sie eher weitwinklig und mit großer Tiefenschärfe. Für die Fokussierung auf die bildwichtigen Details werden Sie eine Teleeinstellung bei stärker geöffneter Blende und dem damit erzielten unscharfen Hintergrund rea-lisieren. Ebenso können Sie die Schärfe verlagern und auf diese Weise Ihre persönliche Beeinflussung des Bildausschnitts realisieren.

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    Die Tiefenschärfe Um realistische und naturgetreue Videoszenen oder interpretierende Einstellungen zu filmen, bedarf es nicht nur der entsprechenden Brenn-weite, sondern ebenso der Tiefenschärfe. Die Tiefenschärfe ist eine der ältesten fotografischen und filmischen Methoden, um bildwichtige De-tails hervorzuheben.

    Tipp: Tiefenschärfe

    Mit der Tiefenschärfe ist derjenige Bereich von nah bis fern gemeint, in dem eine Person oder ein Motiv scharf abgebildet wird.

    Zwar regelt der eingeschaltete Autofokus die Schärfe allein und präzise, und manuell kann per Tastendruck oder durch Drehen am Objektivring der Schärfenpunkt ganz individuell und gezielt gesetzt werden, doch für den Schärfenbereich spielen noch andere Faktoren eine Rolle.

    Ist viel Licht vorhanden (zum Beispiel Sonnenlicht im Sommer), so ergibt das viel Tiefenschärfe.

    Ist wenig Licht vorhanden (zum Beispiel in der Dämmerung oder bei Regen), so ergibt das wenig Tiefenschärfe.

    Ebenso beeinflusst die jeweils am Objektiv eingestellte Brennweite die Schärfenzone. Steht das Objektiv in der Weitwinkeleinstellung (z. B. 3,5 mm), so ergibt das viel Tiefenschärfe.

    Wählen Sie die Teleeinstellung zum Beispiel mit 70 mm, so ergibt das wenig Tiefenschärfe.

    Der Idealfall in Sachen Schärfe ist also: Viel Licht und die Weitwinkel-einstellung am Objektiv. Dann erhalten Sie die realistischsten Szenen.

    Wollen Sie die Szene interpretieren, so werden Sie versuchen, das Hauptmotiv optisch vom Hintergrund zu lösen. Ein sehr gutes Gestal-tungsmittel ist in diesem Zusammenhang die Schärfenverlagerung wäh-rend der Aufnahme, zum Beispiel von einem Motiv im Bildvordergrund auf den Hintergrund. So können Sie das Auge des Zuschauers ohne

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    Schnitt oder Kamerabewegung führen. Diese einfühlsame Verlagerung wird der Zuschauer immer als sehr sanft und angenehm empfinden. Voraussetzung für das Gelingen ist allerdings, dass der Schärfenbereich sehr gering ist. Dies erreichen Sie bei Camcordern, die nur über eine Be-lichtungsautomatik verfügen, mit der Teleaufnahme und möglichst we-nig Licht.

    29: Der Kamerastandpunkt

    Der Wechsel des Aufnahmestandpunktes in Verbindung mit den unge-wöhnlichen Bildausschnitten bringt Abwechslung in die Szenenfolge. Möchten Sie Kinder (da haben Sie immer Probleme mit dem Stand-punkt, da Sie ja viel größer sind als ein Kind) filmen, gilt Folgendes: Begeben Sie sich in die Hocke auf Augenhöhe des Kindes. Möchten Sie einen Säugling in Bauchlage filmen, müssen Sie sich auch in die Bauch-lage begeben. Erst dann filmen Sie das Kind im richtigen Größenver-hältnis. Gleiches gilt für Kleintieraufnahmen.

    Das Gegenstück zur soeben erwähnten Vorgehensweise ist der erhöhte Standpunkt. Man nennt diesen Standpunkt auch „Vogelschau“. Sie schafft zum einen Überblick über das Geschehen und zum anderen schrumpft das Große zusammen. Es wird verniedlicht und verliert an Bedeutung.

    Zur Charakterisierung einer Person, zur optischen Verdeutlichung ihrer Denk- und Ausdrucksweise lassen sich subjektive Kameraperspektiven sehr gut bei Nah- und Großaufnahmen der Gesichter der Darsteller ein-setzen. So unterstützt beispielsweise ein tiefer Kamerastandpunkt den skeptischen Blick des Hauptdarstellers nach oben.

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    Tipp: Eine Frage der Stilmittel

    Mit der bewussten Gestaltung der Bilder, Einstellungen und Szenen führt der Kameramann die Augen des Zu-schauers zu den wichtigen Punkten der Aufnahme. Als Stilmittel dienen dazu die Wahl der geeigneten Brennweite, der Umgang mit der Tiefenschärfe und ebenso die Wahl der für die jeweilige Szene angepassten Perspektive.

    30: Zeit und Raum

    Der Umgang mit Zeit und Raum ist eine Kunst für sich. Sie besteht im Wesentlichen in der Kunst des Weglassens. Längere Einstellungen sind in Videofilmen nur selten anzutreffen und für den dramaturgischen Ver-lauf bzw. das Vorantreiben der Handlung eher hinderlich. Schließlich möchten Sie den Zuschauer nicht mit unwesentlichem Kram nerven. Das stundenlange Filmen einer Brandung am Atlantik kann sehr beru-higend wirken, hat aber nach drei Stunden mit Sicherheit seinen Reiz verloren.

    Eine Reportage, ein Reisevideo und ebenso der Familienfilm bestehen immer aus mehreren, an verschiedenen Schauplätzen gedrehten Sequen-zen mit jeweils eigenen Handlungen und einem unterschiedlichen Bild-aufbau. Zum Verständnis trägt bei, wenn diese Wechsel auch optisch ausgedrückt werden. Nun könnte man annehmen, dass der harte Schnitt bereits ausreicht. Doch dieser verbindet in der Regel die Einstellungen innerhalb einer Szenenfolge. Deshalb sind unauffällige Verbindungen gefragt und so benutzen Sie Gestaltungsmittel, mit denen Sie die Zeit verkürzen und den Ort des Geschehens bequem wechseln können.

    Sie kennen das Beispiel vom Urlaubsbeginn mit den folgenden Szenen: Koffer packen, Koffer nach draußen vors Auto stellen, alle Koffer im Kofferraum verstauen, die Familie steigt ein und fährt los. Eine Aktion, die sich in Echtzeit über mehrere Stunden des Tages hinziehen kann. Deshalb muss gekürzt werden. Picken Sie sich die wesentlichen Details heraus.

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    Den Ortswechsel können Sie mit der Abblende nach dem Verschwinden des Autos hinter der Straßenbiegung und einer Aufblende, als das Auto am Zielort auf Sie zukommt, beginnen. Eine Ab-/Aufblende, die mit der Fade-Taste am Camcorder durchgeführt wird, ist allerdings ein deutli-cher Eingriff in die Bildgestaltung. Mit einem Schnittprogramm können Sie diesen Effekt später in Ihren Film hineinbringen. Wie bereits er-wähnt, sollten Sie so wenig wie möglich mit den Effekten des Camcor-ders arbeiten. Diese können Sie nicht wieder entfernen.

    31: Von Farben und anderen Übergängen

    Normalerweise filmen Sie in jenen Farben, die das Motiv vorgibt. Fast alle digitalen Camcorder verfügen jedoch über die Möglichkeit, gewollte Farbveränderungen, wie Schwarzweiß oder Sepia, am Gerät selbst ein-zustellen. Wollen Sie Aufnahmen „antik“ erscheinen lassen, dann sollten Sie den Sepia-Effekt mit seiner rotbraunen Farbe benutzen.

    Der richtige Umgang mit der Farbgestaltung ist immer Erfahrungssa-che. Positive Ergebnisse und ein Auge für Farbkompositionen bzw. Farbübergänge stellen sich erst nach einiger Zeit ein.

    Tipp: Ein Farbtipp!

    Beachten Sie möglichst immer die einzelnen Farben im Bild und suchen Sie entweder bereits bei der Aufnahme oder später beim Videoschnitt den passenden Farban-schluss in der Folgeszene.

    Ähnliche Gegenstände oder Motive sind eine weitere Variante für fast unsichtbare Schnitte. Sie zeigen am Ende der Frühstücksszene einen Ausschnitt aus der Tageszeitung. Schnitt. Die Kamera zoomt vom Wo-chenmagazin, das ein Mann auf der Parkbank liest, zurück in die Totale. Ein anderes Beispiel: Sie schwenken von der Landschaft in den Himmel und beginnen die Folgeszene mit einer Wolkenaufnahme, die Sie am neuen Schauplatz filmen, und schwenken wieder auf die Erde.

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    32: Sehen lernen

    Das menschliche Auge hat die durchaus positive und hilfreiche Eigen-schaft, das Motiv mit Vorder-, Mittel- und Hintergrund zu erfassen. Erst dadurch kann unser Gehirn ein dreidimensionales Abbild unserer Um-welt generieren. Das Objektiv eines Camcorders ist dazu nicht in der Lage. Das Blickfeld des Camcorder-Objektivs ist begrenzt. Die Optik er-fasst nur einen Ausschnitt aus dem Ganzen. Sie als Kameramann treffen die Entscheidung, denn Sie legen fest, welcher Ausschnitt aufgenommen und später gezeigt werden soll. Sie entscheiden, was in der Einstellung wichtig ist, und richten das Augenmerk des Zuschauers darauf.

    Genau aus diesem Grund müssen Sie lernen, die informationsträchtigen und aussagekräftigen Elemente im Bildausschnitt zu finden. Das kann ein Gegenstand sein, den Sie besonders im Bildvordergrund platzieren. Das kann aber ebenso der Gesichtausdruck einer Person in der Groß-aufnahme sein. All dies wird als Komposition der Bildelemente bezeich-net. Wobei in einer einzigen Einstellung auch mehrere Ausdrucksmittel enthalten sein können.

    33: Der Bildraum

    Eine interessante und abwechslungsreiche Aufteilung erhält man, wenn das Bild im Verhältnis 1:2 aufgeteilt wird. Ist das Tal vor der Bergkulis-se als Schauplatz der Handlung wichtig, so platzieren wir die Berge im Sucher bzw. auf dem Camcorderdisplay in das obere Drittel. Dann blei-ben für die Landschaft die restlichen zwei Drittel. Jetzt stimmen zwar die Bildproportionen, dennoch werden Sie ergänzend darauf achten, dass der Vordergrund nicht leer bleibt. Bäume, Zäune, Tiere oder Men-schen werden Sie mühelos als ein geeignetes Vordergrundmotiv finden. So schaffen Sie Raumtiefe und Plastizität. Soll jedoch die Wolkenstim-mung im Vordergrund stehen, so ziehen Sie den Horizont als unterste Drittellinie in die Einstellung.

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    Achten Sie bei Personenaufnahmen in der Nah- oder Großeinstellung darauf, dass sich ein Drittel des Bildes oberhalb der Augen befindet. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Kontrollblick auf die restliche Bildfläche im Sucher. Nichts ist schlimmer, als wenn der La-ternenmast oder das Verkehrsschild, nur weil es zufällig hinter ihrem Darsteller steht, ihm scheinbar aus dem Kopf wächst (es sei denn, dies ist als humoristischer Aspekt gewollt).

    Vermeiden Sie es, dass Ihr Bildaufbau Verwirrung beim Betrachter stif-tet. Oberstes Gebot ist eine innere und äußere Klarheit des Bildes. Das Auge des Zuschauers sollte automatisch zum wichtigsten Punkt der Ein-stellung gerichtet werden und nicht im Bildraum umherirren. Da jede einzelne Einstellung nur kurz zu sehen ist, muss der Zuschauer schnell in der Lage sein, den Inhalt zu erfassen.

    Tipp: Klarer Bildaufbau

    Unterstützen Sie den Betrachter mit einem klaren Bild-aufbau und mit einem möglichst einfachen Hintergrund. Filmen Sie das Motiv oder die Person aus einiger Ent-fernung mit der Teleeinstellung, so verschwimmt die Hintergrundszenerie in der Unschärfe und das Haupt-motiv wird betont. Ein weiterer Trick ist das bewusste Verschieben der Schärfezonen während der Aufnahme. Damit lenken Sie die Aufmerksamkeit des Zuschauers ganz gezielt auf Ihr Motiv, ohne dass Sie dafür einen neuen Bildausschnitt wählen müssen.

    34: Augenhöhe und Freiräume

    Wer seinen Camcorder ans Auge nimmt, der zeigt einen Bildausschnitt aus ca. 1,50–1,80 m Höhe, je nach Größe des Filmers. Die gefilmte Höhe befindet sich also permanent in dieser Höhe. Das muss aber nicht immer so sein. Je nach Vorgabe im Rahmen der Handlung, kann eine „Unter-sicht“ oder „Aufsicht“ manchmal besser geeignet sein.

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    Von unten nach oben gefilmt, wirkt ein Bauwerk oder der Turm über-mäßig groß und eine Person wird als dominante Persönlichkeit heraus-gestellt. Umgekehrt verkleinert die Einstellung von oben nach unten gefilmt den Gegenstand und zeigt Personen in einer unterwürfigen Hal-tung.

    Video ist Bewegung, ansonsten könnten wir ja auch fotografieren. Da wir Bewegungen filmen, sollten Sie den beteiligten Personen oder Ob-jekten genügend Platz auf der „Mattscheibe“ einräumen. Vermeiden Sie es, dass Person oder Objekte sofort den Bildraum verlassen. Fährt das Auto von links nach rechts, so wird der Bildausschnitt so gewählt, dass es am linken Bildrand platziert ist. Dies gilt ebenso für die Blickrich-tung einer Person, deren Gesicht Sie von der Seite aufnehmen. Hier schaffen Sie einen Freiraum für die Blickrichtung. Die Einbeziehung von Diagonalen, wie zum Beispiel Wege, Zäune, Baumreihen, der Schie-nenstrang, die Häuserzeile oder die Bergkette, füllt nicht nur die Frei-räume im Bild aus. Durch diese schräg in den Bildhintergrund verlau-fenden Linien bekommt das Bild die notwendige Auflockerung und Dynamik.

    35: Der Kameraschwenk

    Unser Auge ist das perfekte Sehwerkzeug, es nimmt einen großen, um-fassenden Eindruck unserer Umwelt auf. Wie bereits im letzten Kapitel erwähnt, kann das Objektiv des Camcorders nur einen Ausschnitt unse-rer Umwelt zeigen. Viele Videofilmer erliegen dabei der Versuchung, den Blick unserer Augen auf die Videoaufnahmen zu übertragen. Als Resul-tat finden sich auf vielen Videofilmen ständige Zoomfahrten und Kame-raschwenks, was auf Dauer sehr nervt.

    Sie können diese Zoomfahrten und Kameraschwenks auf ein Minimum reduzieren, wenn Sie jedes Motiv in vielen Einstellungen (von der Halb-nahaufnahme bis zum groß gefilmten Detail) aufnehmen. Schon damit erhalten Sie eine Szenenfolge, die in ihrer Summe ein Motiv vorstellt und damit die Bewegungen ruhig und nachvollziehbar macht.

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    Einen Schwenk und damit die Bewegung des Camcorderobjektivs über ein sehr breites oder sehr hohes Motiv werden Sie erst dann einsetzen, wenn er angebracht ist.

    Tipp: Wann ist ein Kameraschwenk sinnvoll?

    Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine statische Ein-stellung nicht alle Aspekte des Motivs einfangen kann. So hilft der Schwenk, den Raum allmählich zu erfassen und den Schnitt zu ersetzen. Sehr verbreitet ist der Pa-noramaschwenk. Mit ihm zeigen Sie den Schauplatz bzw. ein sehr ausgedehntes Motiv.

    Wie schwenkt man? Ganz einfach: Bewegen Sie den Camcorder sehr langsam von links nach rechts, da dies unserer normalen Blickrichtung entspricht. Benutzen Sie dabei ein solides Dreibeinstativs. Freihand-schwenks gelingen selten, das haben Sie vielleicht auch schon festge-stellt. Achten Sie bei der Auswahl des Stativs darauf, dass dies in der Lage ist, ruckfrei zu schwenken (Fluid-Dämpfung des Stativkopfs).

    Der Schwenk der Szene beginnt mit der Aufnahme des linken Aus-gangspunktes. Dauer 3 Sekunden. Erst dann setzt fließend – also ohne Unterbrechung – der Kameraschwenk ein. Er geht nun mit gleichblei-bender langsamer Geschwindigkeit in den Endpunkt über, der wieder-um 3 Sekunden im Stillstand gezeigt wird. Erst jetzt ist die Aufnahme zu beenden. Die „stillen“ Bilder am Anfang und am Ende benötigt der Betrachter, um sich auf die ganze Szene optisch einzustellen und sie richtig zu erfassen.

    Ein Wort zum „Verfolgungsschwenk“: Hier beobachten Sie ein Motiv. Das kann ein Motorradfahrer ebenso sein wie ein Läufer oder der vor-beilaufende Vogel, der mal wieder keine Lust hat zu fliegen. Allerdings werden Sie diese Szenenfolge zusätzlich mit der Zoombenutzung kom-binieren, damit Sie das Motiv länger im Visier haben können, bevor es vorbeigezogen ist. Das Problem der ständigen Schärfenachführung meistert der Autofokus sehr gut, solange sich das Motiv im Mittelpunkt des Bildes befindet. Gelingt ein solcher Verfolgungsschwenk nicht but-terweich, so liegt das sicherlich auch daran, dass man nicht immer ein Stativ einsetzen kann.

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    Und noch ein Schwenk: Eine nicht ganz einfache Technik ist der Reiß-schwenk, mit dem Sie Szenenübergänge im Wischeffekt erzeugen kön-nen. Dazu schließen Sie das Ende der Szene mit einem raschen Seit-wärtsschwenk nach rechts ab und erzeugen so eine Art Wischeffekt. Die neue Szene beginnen sie mit eben einem solchen Wischeffekt nach rechts, halten inne und filmen die Szene ohne Unterbrechung weiter. Al-lerdings verlangt dies eine sichere Hand bei der Kameraführung und sollte vor dem Echteinsatz mehrmals geübt werden.

    36: Zoomen

    Die freie Wahl des gewünschten Bildausschnitts ist der Vorteil des Zoomobjektivs schlechthin. Der ins Zoomobjektiv integrierte Motorbe-trieb ermöglicht über die Tele-/Weitwinkeltasten die Richtungsverände-rungen hin zur Großaufnahme oder zurück in die Weitwinkelübersicht. So kann der Videofilmer aus einer Übersichtsaufnahme im Weitwinkel-bereich zu einer Großaufnahme im Telebereich übergehen (Motiv heran-holen) bzw. von einer Großaufnahme langsam in eine Totale wechseln (aus dem Motiv herausfahren). Dadurch wird eine Person oder ein Ge-genstand hervorgehoben bzw. in seiner Umgebung gezeigt. Das Ergebnis täuscht eine Kamerafahrt nur vor, da der Standort nicht verändert wird. Daher spricht man beim Zoomen auch vom Fahreffekt.

    Tipp: Bildstabilisator einschalten!

    Wer zoomen möchte, der sollte auf jeden Fall den Bild-stabilisator einschalten. Er hilft mit, das Handzittern zu eliminieren und die Bilder ruhiger zu zeigen. Je stärker der Zoomfaktor ist, desto stärker macht sich das Zittern unserer Hände bemerkbar.

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    Die Zoomfahrten haben gestalterisch noch eine weitere Bedeutung. Der Zoom hin zur Großaufnahme macht auch deutlich, dass die Fortsetzung der Handlung oder der Geschichte dort spielt, während die Zoomfahrt zurück in die Totale einen Abschnitt beendet und dem Betrachter Zeit für eigene Überlegungen gibt.

    Leseprobe: Ingo Lackerbauer: Digitales Video mit Windows XP - einfach klipp & klar. 352 Seiten. Microsoft Press 2003