Der Vertragsübergang bei Vermögensübertragungen nach ... · 3.3.2. Betriebsübergangstheorie ......

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592 Alexander Vogel/Michael Günter AJP/PJA 5/2012 AlexAnder Vogel, Dr. iur., LL.M., Zug. MichAel günter, Dr. iur., Zug. 1 Peter SPori/MArtin MoSer, Fusionsgesetz: Kongruenzen und Inkongruenzen zwischen Zivil- und Steuerrecht, in: ZBJV 2004, 342. 2 thoMAS AeberSold, Umstrukturierung von Unternehmen durch Vermögensübertragung, in: Jusletter vom 7. Juni 2004, Rz. 3; lukAS MorScher, in: Rolf Watter/Nedim Peter Vogt/Rudolf Tschäni/Daniel Daeniker (Hrsg.), Basler Kommentar zum Fusions- gesetz, Basel/Genf/München 2005 (zit. BSK-FusG MorScher), Art. 1 N 46; für rudolf tSchäni, Vermögensübertragung, in: ZSR 2004 Halbband I, 83 ist es die Innovation des Fusionsgesetzes. 1. Die Vermögensübertragung als Passepartout, Innovation und Findelkind des Fusionsgesetzes Das Fusionsgesetz regelt gemäss seinem Art. 1 Abs. 1 die Anpassung der rechtlichen Strukturen von Kapitalge- sellschaften, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und Einzelunter- nehmen im Zusammenhang mit Fusion, Spaltung, Um- wandlung und Vermögensübertragung. Die Vermögens- übertragung wird dabei einerseits als Passepartout 1 und innovativstes Element 2 des Fusionsgesetzes bezeichnet, Inhaltsübersicht 1. Die Vermögensübertragung als Passepartout, Innovation und Findelkind des Fusionsgesetzes 2. Die partielle Universalsukzession als Kern der Vermögens- übertragung 2.1. Begriffliches 2.2. Formelles 2.3. Inhaltliches 3. Der Übergang von Verträgen im Rahmen der Vermögens- übertragung 3.1. Begriffliches und Problemstellung 3.2. Fakten 3.2.1. Übertragung von Verträgen im Allgemeinen 3.2.2. Übertragung von Verträgen bei Fusion und Aufspaltung 3.2.3. Behandlung der Problematik im Gesetzgebungsprozess 3.2.4. Zweck des Fusionsgesetzes 3.2.5. Handelsregisterpraxis und Rechtsprechung 3.2.6. Explizite Regelung für einzelne Vertragsarten 3.3. Herrschende Lehre v. abweichende Meinungen 3.3.1. Universalsukzessionstheorie 3.3.2. Betriebsübergangstheorie 3.3.3. Zustimmungstheorie 3.3.4. Bewertung 4. Hindernisse für den Vertragsübergang 4.1. Change-of-Control-Klauseln 4.2. Vertragliche und gesetzliche Übertragungsbeschränkungen 4.3. Ad personam abgeschlossene Verträge 4.4. Andere Gründe für die Unzumutbarkeit des Vertrags- übergangs 4.5. Rechtsmissbrauch 5. Schlussfolgerung Le transfert de patrimoine ne peut satisfaire à sa fonction d’instrument de restructuration flexible avec un large champ d’application pratique que s’il permet de transférer des rapports contractuels sans le consen- tement des différents cocontractants, comme le postule la doctrine dominante (théorie de la succession universelle). Cette opinion ma- joritaire est étayée outre par le texte, principalement par des consi- dérations pratiques et téléologiques. L’aspect partiel de la succession universelle dans le cadre d’un transfert de patrimoine concerne uni- quement l’étendue quantitative des valeurs patrimoniales transférées mais pas l’effet qualitatif du transfert. Le Tribunal fédéral l’a reconnu pour le cas comparable de la scission et a rejeté les références au Mes- sage ou aux délibérations parlementaires, qui permettaient éventuel- lement une interprétation contraire, les jugeant peu convaincantes. S’agissant de l’obligation de documenter les rapports contractuels à transférer, il y a lieu de rejeter une obligation générale d’inscription à l’inventaire. Là aussi, il doit suffire (sous réserve de cas exceptionnels) que les contrats transférés soient décrits de manière abstraite, par une référence à des catégories particulières de contrats ou à des contrats se rattachant à des parties spécifiques de l’entreprise ou à des complexes patrimoniaux, et soient donc déterminables. Die Vermögensübertragung kann ihrer Funktion als flexibles Umstruk- turierungsinstrument mit breitem praktischem Anwendungsbereich nur gerecht werden, wenn mit ihr Vertragsverhältnisse ohne Zustimmung der einzelnen Gegenparteien übertragen werden können, wie dies von der herrschenden Lehre vertreten wird (Universalsukzessionstheorie). Für diese herrschende Auffassung sprechen neben dem Wortlaut in ers- ter Linie praktische und teleologische Überlegungen. Die Partialität der Universalsukzession im Rahmen einer Vermögensübertragung bezieht sich lediglich auf den quantitativen Umfang der übertragenen Vermö- genswerte, nicht jedoch auf die qualitative Wirkung der Übertragung. Dies hat das Bundesgericht für den vergleichbaren Fall der Spaltung anerkannt und Hinweise auf die Botschaft oder die Diskussion im Par- lament, die allenfalls eine gegenteilige Interpretation zuliessen, als wenig überzeugend abgelehnt. Hinsichtlich der Dokumentationspflicht der zu übertragenden Vertragsverhältnisse ist eine generelle Pflicht zur Auflistung im Inventar abzulehnen. Auch hier muss es (vorbehältlich Ausnahmefällen) genügen, wenn die übergehenden Verträge – durch Hinweis auf bestimmte Vertragskategorien oder auf zu bestimmten Be- triebsteilen oder Vermögenskomplexen gehörende Verträge – abstrakt umschrieben werden und dadurch bestimmbar sind. MICHAEL GüNTER ALEXANDER VOGEL Der Vertragsübergang bei Vermögensübertragungen nach Fusionsgesetz

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A l e x a n d e r V o g e l / M i c h a e l G ü n t e r

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AlexAnder Vogel,Dr.iur.,LL.M.,Zug. MichAel günter,Dr.iur.,Zug.1 Peter SPori/MArtin MoSer, Fusionsgesetz:Kongruenzen und

Inkongruenzen zwischenZivil- undSteuerrecht, in: ZBJV2004,342.

2 thoMAS AeberSold,UmstrukturierungvonUnternehmendurchVermögensübertragung, in: Jusletter vom 7. Juni 2004, Rz. 3;lukAS MorScher, in: Rolf Watter/Nedim Peter Vogt/RudolfTschäni/DanielDaeniker(Hrsg.),BaslerKommentarzumFusions-gesetz, Basel/Genf/München 2005 (zit. BSK-FusGMorScher),Art. 1 N 46; fürrudolf tSchäni, Vermögensübertragung, in:ZSR2004HalbbandI,83istesdieInnovationdesFusionsgesetzes.

1. DieVermögensübertragungalsPassepartout,InnovationundFindelkinddesFusionsgesetzes

Das Fusionsgesetz regelt gemäss seinemArt. 1Abs. 1dieAnpassungderrechtlichenStrukturenvonKapitalge-sellschaften, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften,Genossenschaften,Vereinen,StiftungenundEinzelunter-nehmen imZusammenhangmit Fusion, Spaltung,Um-wandlung undVermögensübertragung. DieVermögens-übertragungwird dabei einerseits als Passepartout1 undinnovativstes Element2 des Fusionsgesetzes bezeichnet,

Inhaltsübersicht

1. Die Vermögensübertragung als Passepartout, Innovation und Findelkind des Fusionsgesetzes

2. Die partielle Universalsukzession als Kern der Vermögens­übertragung2.1. Begriffliches2.2. Formelles2.3. Inhaltliches

3. Der Übergang von Verträgen im Rahmen der Vermögens­übertragung3.1. Begriffliches und Problemstellung3.2. Fakten

3.2.1. Übertragung von Verträgen im Allgemeinen3.2.2. Übertragung von Verträgen bei Fusion und Aufspaltung3.2.3. Behandlung der Problematik im Gesetzgebungsprozess3.2.4. Zweck des Fusionsgesetzes3.2.5. Handelsregisterpraxis und Rechtsprechung3.2.6. Explizite Regelung für einzelne Vertragsarten

3.3. Herrschende Lehre v. abweichende Meinungen3.3.1. Universalsukzessionstheorie3.3.2. Betriebsübergangstheorie3.3.3. Zustimmungstheorie3.3.4. Bewertung

4. Hindernisse für den Vertragsübergang4.1. Change­of­Control­Klauseln4.2. Vertragliche und gesetzliche Übertragungsbeschränkungen4.3. Ad personam abgeschlossene Verträge4.4. Andere Gründe für die Unzumutbarkeit des Vertrags­

übergangs4.5. Rechtsmissbrauch

5. Schlussfolgerung

Le transfert de patrimoine ne peut satisfaire à sa fonction d’instrument de restructuration flexible avec un large champ d’application pratique que s’il permet de transférer des rapports contractuels sans le consen-tement des différents cocontractants, comme le postule la doctrine dominante (théorie de la succession universelle). Cette opinion ma-joritaire est étayée outre par le texte, principalement par des consi-dérations pratiques et téléologiques. L’aspect partiel de la succession universelle dans le cadre d’un transfert de patrimoine concerne uni-quement l’étendue quantitative des valeurs patrimoniales transférées mais pas l’effet qualitatif du transfert. Le Tribunal fédéral l’a reconnu pour le cas comparable de la scission et a rejeté les références au Mes-sage ou aux délibérations parlementaires, qui permettaient éventuel-lement une interprétation contraire, les jugeant peu convaincantes. S’agissant de l’obligation de documenter les rapports contractuels à transférer, il y a lieu de rejeter une obligation générale d’inscription à l’inventaire. Là aussi, il doit suffire (sous réserve de cas exceptionnels) que les contrats transférés soient décrits de manière abstraite, par une référence à des catégories particulières de contrats ou à des contrats se rattachant à des parties spécifiques de l’entreprise ou à des complexes patrimoniaux, et soient donc déterminables.

Die Vermögensübertragung kann ihrer Funktion als flexibles Umstruk-turierungsinstrument mit breitem praktischem Anwendungsbereich nur gerecht werden, wenn mit ihr Vertragsverhältnisse ohne Zustimmung der einzelnen Gegenparteien übertragen werden können, wie dies von der herrschenden Lehre vertreten wird (Universalsukzessionstheorie). Für diese herrschende Auffassung sprechen neben dem Wortlaut in ers-ter Linie praktische und teleologische Überlegungen. Die Partialität der Universalsukzession im Rahmen einer Vermögensübertragung bezieht sich lediglich auf den quantitativen Umfang der übertragenen Vermö-genswerte, nicht jedoch auf die qualitative Wirkung der Übertragung. Dies hat das Bundesgericht für den vergleichbaren Fall der Spaltung anerkannt und Hinweise auf die Botschaft oder die Diskussion im Par-lament, die allenfalls eine gegenteilige Interpretation zuliessen, als wenig überzeugend abgelehnt. Hinsichtlich der Dokumentationspflicht der zu übertragenden Vertragsverhältnisse ist eine generelle Pflicht zur Auflistung im Inventar abzulehnen. Auch hier muss es (vorbehältlich Ausnahmefällen) genügen, wenn die übergehenden Verträge – durch Hinweis auf bestimmte Vertragskategorien oder auf zu bestimmten Be-triebsteilen oder Vermögenskomplexen gehörende Verträge – abstrakt umschrieben werden und dadurch bestimmbar sind.

Michael Günteralexander VoGel

DerVertragsübergangbeiVermögensübertragungennachFusionsgesetz

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Der Vert ragsübergang be i Vermögensübert ragungen nach Fus ionsgesetz

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schränkt–schondemfrüherenRechtbekanntundistdieVermö-gensübernahmegemässaOR181f.der«halbfertige»PrototypderheutigenVermögensübertragung.

8 Amtl. Bulletin Ständerat 2001, 158; für die verschiedenen Ver-wendungsmöglichkeitenderVermögensübertragungvgl.tSchäni(FN2),84f.

9 Vgl. rudolf tSchäni, Vermögensübertragung nach Fusions-gesetz und auf anderenWegen, in: GesKR 2007, 170;lAriSSA MAroldA MArtinez/hAnS cASPAr Von der crone, Vermö-gensübertragung Entscheid des Schweizerischen Bundesgerichts4C.259/2002vom29.November2002(BGE129III167)i.S.A. (KlägerundBerufungskläger)gegen Einzelfirma B. (BeklagteundBerufungsbeklagte),in:SZW2004,301.

10 SieheeinerseitsetwaBGE132III470E.3:UnzulässigkeitderAb-sorptioneinerprivatrechtlichenAktiengesellschaftdurchdieSBBals spezialgesetzlicheAktiengesellschaft des öffentlichen RechtsoderandererseitszuUmstrukturierungen,dienichtaufdemWegderSpaltunggemässArt.23ff.FusGdurchgeführtwerdendürfen,sieheVogel/heiz/behniSch(FN4),FusG30N3ff.

11 AndreAS binder,Wege,IrrwegeundUmwegefürUmstrukturie-rungen:SituationdelegelataundVorschlägedelegeferenda,in:GesKR2007,123ff.,124;tSchäni(FN9),171.

12 Dazu das Kreisschreiben Nr. 5 (Umstrukturierungen) der Eidg.Steuerverwaltung vom 1. Juni 2004 samtAnhängen sowie etwaVogel/heiz/behniSch(FN4),Vorb.ZuFusG69N4.

13 PierA berettA,in:FrankVischer/RolandM.Müller(Hrsg.)Zür-cherKommentarzumFusionsgesetz,Zürich2004(zit.ZK-FusGberettA),vorArt.69–77N1u.4;kunz(FN3),810;BotschaftzumFusionsgesetz,BBl2000V4459.

3 So auchPeter V. kunz, Umwandlung undVermögensübertra-gungimneuenschweizerischenFusionsrecht–Blickezurückundnachvorne,in:AJP/PJA2004,803.

4 Sie «ersetzte» die imVorentwurf des Fusionsgesetzes noch vor-geseheneMöglichkeitdersog.AusgliederungalsdritteFormderSpaltung(sieheArt.39lit.cVE-FusG–nämlicheinersog.hori-zontalenSpaltung–,wiesieetwaauchdasdeutscheUmstruktu-rierungsrecht[s.§123Abs.3UmwG],kennt,s.zumGanzenauchAlexAnder Vogel/chriStoPh heiz/urS r. behniSch, FusGKommentar:Fusionsgesetz,BundesgesetzüberFusion,Spaltung,Umwandlung undVermögensübertragung; Fusionsgesetz artikel-weise kommentiert; Änderungen bisherigenRechts; Kreisschrei-benderEidgenössischenSteuerverwaltung,Zürich2005,FusG69N14 sowieBotschaft zumFusionsgesetz,BBl2000V4359 ff.;zur Entstehung des Fusionsgesetzes vgl. an Stelle vielerfrAnk ViScher,Desprincipesdelaloisurlafusionetdequelquesques-tionscontroversées,in:SZW2004,155ff.

5 Peter loSer-krogh,DieVermögensübertragung–Kompromisszwischen Strukturanpassungsfreiheit undVertragsschutz im Ent-wurfdesFusionsgesetzes,in:AJP/PJA2000,1095.Hingegenwirdbei derUmwandlung nur das Rechtskleid desVermögensträgersverändert,währenddasVermögennichtübertragenwird.

6 So Peter böckli, Schweizer Aktienrecht: mit Fusionsgesetz,Börsengesellschaftsrecht, Konzernrecht, Corporate Governance,RechtderRevisionsstelleundAbschlussprüfunginneuerFassung,unterBerücksichtigungderangelaufenenRevisiondesAktien-undRechnungslegungsrechts,4.A.,Zürich2009,§3Rz.371,wohlmitBlickaufArt.181OR,derdieVermögensübertragungfürnichtimHandelsregistereingetrageneRechtsträgernormiert.

7 DieVermögens-oderGeschäftsübernahmegemässArt.181f.aOR(bzw.heuteArt.181ORmitBeschränkungaufnichtimHandels-register eingetrageneVermögensträger) sah dem eine Einschrän-kungdesautomatischenÜbergangsderVermögenspositionenaufdiePassivseitevor:d.h.nurdieSchulden–jedochsämtliche,nichtnurGeldschulden–gingenbeientsprechenderBekanntgabeauto-matischundunoactuaufdenErwerberüber,währendumgekehrtdieübertragendeParteinachAblaufvonzweiJahrenautomatisch–d.h. ohne Zustimmung der Gläubiger bzw. Gegenparteien – ausdem Schuldverhältnis ausschied. In dem Sinnewar die partielleUniversalsukzession bereits –wenn auch auf die Passivseite be-

BeratungenwurdederVermögensübertragungeingrosserpraktischerAnwendungsbereich prophezeit8. Sie hat inderTatdasPotenzial,weitmehrzu seinalseinblosserAuffangtatbestandinnerhalbdesFusionsgesetzes–alsdersiekonzipiertwurde9–,mitdemsichTransaktionenrea-lisierenlassen,fürwelchedieanderenfusionsrechtlichenRechtsinstitutenichtzulässigodernichtgeeignetsind10.Die Praxis zeigt jedoch, dass Vermögensübertragungenmehrheitlich im Rahmen interner Umstrukturierungenundnur gelegentlich in derFormals (direktes)Rechts-geschäft zwischen unabhängigen Dritten vorkommen11.Dieslässtsichu.a.damiterklären,dasszuveräusserndeBetriebsteileinderPraxissehroftineinemerstenSchritt«gruppenintern» auf einen separatenRechtsträger über-tragenwerden,bevorineinemzweitenSchrittdieAnteileamneuenRechtsträgeranden«gruppenexternen»Drittenveräussertwerden,namentlichauchimHinblickaufdiesteuerrechtlichenFolgenbzw.PlanungsmöglichkeitenimKontexteinerVermögensübertragung12.

Mit derVermögensübertragung gehen auf demWegdersog.partiellenUniversalsukzession–zudiesemBe-griffsogleichhinten–AktivenundPassiveneinesRechts-trägers ex legeundunoactuauf einenanderenRechts-trägerüber13.DerÜbergangerfolgtKraftEintragungimHandelsregister,ohnedassdiefürdieEinzelübertragunggeltendenFormvorschriften–mitAusnahmederöffent-

andererseitswirdihrderRufalsFindelkind3desFusions-gesetzeszuteil.LetztereshatjedochnichtsmitdemInsti-tutderVermögensübertragungansichzutun,sondernistdarauf zurückzuführen, dass dieVermögensübertragungimVorentwurfdesFusionsgesetzesgarnichtvorgesehenwar.ErstinderBotschaftzumFusionsgesetzwurdedieVer-mögensübertragung in den Gesetzesvorschlag integriert4.DieBezeichnungVermögensübertragungistdabeinichtbe-sondersaussagekräftig,zumalauchbeianderenimFusions-gesetz vorgesehenen Umstrukturierungstatbeständen (Fu-sionundSpaltung)Vermögenübertragenwird5.ObessichbeiderVermögensübertragungumeinengesellschaftsrecht-lichenVorgangoderumeinenGegenstanddesallgemeinenTeilsdesORhandelt6,istvorliegendirrelevant.

Mit der Vermögensübertragung nach FusionsgesetzwurdefürdieSchweizeinweitgehendneuesRechtsinsti-tutgeschaffen7.BereitsimRahmenderparlamentarischen

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18 MArc AMStutz/rAMon MAbillArd, Fusionsgesetz (FusG):KommentarzumBundesgesetzüberFusion,Spaltung,Umwand-lung und Vermögensübertragung vom 3. Oktober 2003, Basel2008,EinleitungN236.

19 Vgl. z.B.tSchäni (FN2),94;ZK-FusGberettA (FN13),VorArt. 69–77 N 4;berettA (FN 16), 234;nicholAS turin, Letransfertdepatrimoine selon leprojetde loi sur la fusion,Basel2003,57f.

20 Vgl.AeberSold(FN2),Rz.44.21 AMStutz/MAbillArd(FN18),EinleitungN275.22 SiehezudenEinschränkungenhintenZiff.4.23 rAlPh MAlAcridA, in: Rolf Watter/Nedim Peter Vogt/Rudolf

Tschäni/DanielDaeniker(Hrsg.),BaslerKommentarzumFusions-gesetz,Basel/Genf/München2005(zit.BSK-FusGMAlAcridA),Art.73N13.

24 BGer4C.385/2005vom31.Januar2006,E.1.2.2;rolf WAtter/rAffAel büchi,in:RolfWatter/NedimPeterVogt/RudolfTschäni/Daniel Daeniker (Hrsg.), Basler Kommentar zum Fusionsgesetz,Basel/Genf/München 2005 (zit. BSK-FusG WAtter/büchi),Art.52N4;MoSer(FN14),43;vgl.auchchriStoPh bAuer,Par-teiwechselimVertrag:VertragsübertragungundVertragsübergang:UnterbesondererBerücksichtigungdesallgemeinenVertragsrechtsunddesFusionsgesetzes,Zürich/St.Gallen2010,Rz.492m.w.H.

25 AeberSold(FN2),Rz.43;frick(FN14),Art.69N2.

14 MArtin MoSer,DieVermögensübertragung,in:EYLaw(Hrsg.),Das neue Fusionsgesetz, Zürich 2004, 42; JoAchiM frick, in:Baker & McKenzie (Hrsg.), Fusionsgesetz, Bundesgesetz überFusion, Spaltung,Umwandlung undVermögensübertragung (Fu-sionsgesetz) sowie die einschlägigen Bestimmungen des IPRGunddesSteuerrechts,StämpflisHandkommentarFusG,Bern2003,Art.69N1;vgl.auchhenry Peter,Lesortdescontratsencasdetransfertdepatrimoine,in:SZW2004,228.

15 Vgl.dazuanStellevieler:Vogel/heiz/behniSch(FN4),Art.69N5;tSchäni(FN2),83;loSer-krogh(FN5),1096;BGE126III375,E.2c.undvorneFN7.

16 PierA berettA, Strukturanpassungen: Fusion, Spaltung, Um-wandlung, Vermögensübertragung, Basel 2006, 233; vgl. auchViScher (FN 4),160.

17 berettA(FN16),237.DerAusdruck«vonGesetzeswegen»,dersichauchbeiderFusion(Art.22Abs.1FusG)undderSpaltung(Art. 52FusG)wiederfindet, kann jedoch zuMissverständnissenführen, denn es handelt sich in allen Fällen umÜbergänge, dieletztlichaufBeschlüssenbasierenunddaheralsrechtsgeschäftlichbzw.körperschaftlichzuqualifizierenwären;lediglichdieArtundWeisedesVollzugsundderWirksamkeitszeitpunktwerdendurchdasGesetzdefiniert,ähnlichrolf WAtter/urS kägi,DerÜber-gangvonVerträgenbeiFusionen,SpaltungenundVermögensüber-tragungen,in:SZW2004,234.

widersprüchlicheBegriff«partielleUniversalsukzession»eingebürgert.An Stelle dieses – auf ersten Blick – be-grifflichen Oxymorons18 sind gelegentlich auch andereTerminologienanzutreffen.SowirdderVermögensüber-tragungsvorgang teilweisealsgewillkürteUniversalsuk-zession,ÜbertragunggemässInventar,partielleGesamt-rechtsnachfolge oder gewillkürte Partialsukzession19bezeichnet.BesondersanschaulichistauchderTerminusKollektivsukzession20. Mit diesen Begriffen will aberstetsdergesetzlicheÜbergangderAktivenundPassivenuno actu beschrieben werden, ohne dass zwischen deneinzelnenBegriffeneindogmatischerUnterschiedauszu-machenwäre21.

WiebeidentypischenUniversalsukzessionstatbestän-denErbschaftoderFusiongehenimRahmenderpartiel-lenUniversalsukzessionbeieinerVermögensübertragunggemässdemGesetzeswortlaut(Art.73Abs.2FusG)dieAktivenundPassivenvonGesetzeswegen(exlege)unddurch einenAkt (uno actu) – nämlich den Handelsre-gistereintrag–aufeinenneuenRechtsträgerüber.DasBe-sonderedabeiist,dassderUmfangderbetroffenenVer-mögenswerte–wiebeiderSpaltung–durchdieParteienpraktisch frei22 definiert werden kann23. Die PartialitätbeziehtsichsomitaufdiezuübertragendenVermögens-werte und istmithin quantitativer, jedoch nicht qualita-tiverNatur24.EineweitereBesonderheitderVermögens-übertragungliegtzudem–analogzurAbspaltung–inderTatsache,dassderübertragendeRechtsträgerauchnachderVermögensübertragungbestehenbleibt25.

lichenBeurkundungfürGrundstücksteile(Art.70Abs.2FusG)–undPublizitätsformenerfülltwerdenmüssen14.VorderEinführungder fusionsgesetzlichenVermögens-übertragung war es im Rahmen vonArt. 181 OR nurmöglich,diemiteinemVermögenoderGeschäftverbun-denenSchuldenoderPassivenmittelseinesRechtsakteszuübertragen,währenddemdieAktiveneinzelnundauf-wändignachdenRegelnderSingularsukzessionübertra-genwerdenmussten15.

2. DiepartielleUniversalsukzessionalsKernderVermögensübertragung

Die Strukturanpassungsvorgänge des FusionsgesetzessindvonzweitragendenGrundsätzengeprägt:NebendemGrundsatz der Kontinuität derMitgliedschaftsrechte istderGrundsatzdervermögensrechtlichenKontinuitätdaswichtigste gemeinsameMerkmal der fusionsrechtlichenTransaktionen16.EristfürdieVermögensübertragungda-durchverwirklicht,dassgemässArt.73Abs.2FusGalleim Inventar des Vermögensübertragungsvertrages auf-geführtenAktivenundPassivenmit derEintragungderVermögensübertragungimHandelsregistervonGesetzeswegenaufdenübernehmendenRechtsträgerübergehen17.

2.1. Begriffliches

FürdenÜbergangderAktivenundPassivenimRahmeneinerVermögensübertragung hat sich der in sich etwas

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31 AnStellevieler:frick(FN14),Art.69N4;Vogel/heiz/beh-niSch(FN4),Art.69N12.

32 loSer-krogh (FN5),1098; sieheauchhintenAbschnitte3.3.2und3.3.4.

33 tSchäni(FN9),172.34 böckli (FN 6), § 3 Rz. 371; ZK-FusGberettA (FN 13),Vor

Art.69–77N22.35 BotschaftzumFusionsgesetz,BBl2000V4460.36 WAtter/kägi(FN17),235.

26 MAroldA MArtinez/Von der crone(FN9),302;zumnotwen-digen Detailierungsgrad des Inventares vgl.MArkuS ViScher,AuswirkungendesFusionsgesetzes aufShare undAssetDeals –zugleicheinBeitragzurVermögensübertragung,in:RudolfTschäni(Hrsg.),Mergers&AcquisitionsVII,Zürich 2005, 227;böckli(FN6),§3Rz.384;loSer-krogh(FN5),1100,Fn.48;Peter r. Altenburger/MASSiMo cAlderAn/Werner lederer,Schwei-zerischesUmstrukturierungsrecht:EinHandbuchzumFusionsge-setz,zurHandelsregisterverordnungundzumSteuerrecht,Zürich2004,Rz.922;zumInhaltausführlichauchturin(FN19),148f.

27 tSchäni(FN2),87.28 frick (FN 14),Art.69N2;tSchäni(FN9),171;loSer-krogh

(FN 5), 1100; vgl. auch BSK-FusGMorScher (FN 2),Art. 1N46.

29 Vogel/heiz/behniSch(FN4),Art.69N12;tSchäni(FN2),88.30 AeberSold (FN2),Rz. 15;SPori/MoSer (FN1), 347;MoSer

(FN14),44;BotschaftzumFusionsgesetz,BBl2000V4460.

Übertragung eines einzelnen Passivums ausgeschlossenist31.DieseweiteVermögensumschreibungdesGesetzesvermeidet Unsicherheiten bezüglich der Wirksamkeitder Vermögensübertragung an sich, welche mit einemunternehmensorientiertenVermögensbegriffunddemda-mit verbundenen unscharfenAbgrenzungskriterium desorganischinsichgeschlossenenTeilvermögens,bzw.desBetriebesoderTeilbetriebs,verbundenwären32.

DieParteienkönnensomitmassgeschneidert–bezo-genaufvon ihnenausgewählteObjekte–vondenVor-teilen profitieren,welche sonst nur bei einerUniversal-sukzession existieren. D.h., die von ihnen im Inventaraufgelisteten Aktiven und Passiven bzw. Forderungenund Schulden werden auf den Empfänger transferiert,ohne dass die einzelnen Übertragungsvoraussetzungenberücksichtigt werden müssen33. Einzelne Lehrmeinun-genvertretenhingegen–basierendaufeinensehrengenVermögensbegriffundabweichendvonderganzüberwie-gendenMeinunginderLehreundindenMaterialien–dieAuffassung, dass von einer echten Vermögensübertra-gung nur gesprochen werden könne, wenn effektiv einVermögenim(sehr)engenSinn,d.h.einorganisatorischzusammenhängenderKomplexvonAktivenundPassivenbzw.eineMehrzahlvonRechtenundevtl.Pflichten,über-tragenwird34.Demistjedochentgegenzuhalten,dassderBegriffdesVermögenswederdurchGesetzoderRecht-sprechungnochdurchdieLehreklar umschriebenoderauf eineMehrzahl vonVermögenswerten eingeschränktist.AuchinderBotschaftzumFusionsgesetzistdieMög-lichkeit,mittelsVermögensübertragungauchnureinein-zigesRecht–undsomitnureineneinzigenVermögens-gegenstand–zuübertragen,ausdrücklichfestgehalten35.

3. DerÜbergangvonVerträgenimRahmenderVermögensübertragung

ImRahmenderpartiellenUniversalsukzessiongehenAk-tivenundPassivenvonGesetzeswegenaufdenÜberneh-merüber.NachherkömmlichemBegriffsverständnisfal-lendarunteraucheinzelneForderungenundSchulden36.

2.2. Formelles

Die Vermögensübertragung erfolgt gestützt auf einenschriftlichen Vertrag zwischen dem übertragenden unddem übernehmenden Rechtsträger, wobei das InventarvonentscheidenderBedeutungist26.NurbeieinerÜber-tragung von Grundstücken hat der entsprechende Ver-tragsteil öffentlichbeurkundet zu sein.DerVermögens-übertragungsvertragbildet die obligatorischeGrundlagedesÜbertragungsvorgangs27.DiesererfolgtvonGesetzeswegenmitderEintragungderVermögensübertragungimHandelsregister. Besondere Übertragungsformalitätensind nicht erforderlich. Sowohl die Zession von Forde-rungen oder die Indossierung von Orderpapieren kannunterbleibenundfürdenEigentums-oderPfandübergangistwederdieÜbertragungdesBesitzesnocheineGrund-buchanmeldung erforderlich28. Letzterer ist nach derRechtswirksamkeit der Vermögensübertragung jedochnachzuholen.

2.3. Inhaltliches

Inhaltlicher Vertragsgegenstand bei einer Vermögens-übertragungistdasVermögenbzw.sinddieTeiledavon,die übertragenwerden sollen.Art. 69 FusG umschreibtdasÜbertragungsobjekt nicht näher. ImUnterschied zuArt.181ORwirdsomitnichtverlangt,dassdieVermö-gensübertragung einen organisch in sich geschlossenenVermögens- oder Betriebsteil umfasst29. Die Parteiensindinsofernfrei,welcheWerteoderObjektesieindasInventar aufnehmen wollen. Das kann im Extremfallauch nur ein einzelnes Objekt sein (z.B. eine einzelneForderung, eine einzelne Beteiligung oder ein einzel-nes Grundstück)30.Allerdings muss das Inventar zwin-gend einen Aktivenüberschuss aufweisen, womit die

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bauendeAnregungenmitAuslegungsvorschlägen,in:DerSchwei-zerTreuhänder2004,904;lukAS glAnzMAnn,DerUmstruktu-rierungsvertrag bzw. -plan im neuen Fusionsgesetz, in:AJP/PJA2004,N822f.;ViScher (FN 26),224;AndreAS gerSbAch,DiebesonderenTransaktionsformenSpaltungundVermögensübertra-gung,ZBGR2004,224f.;AeberSold(FN2),RZ41.

41 hAnS cASPAr Von der crone/AndreAS gerSbAch/frAnz J. keSSler,etal.,DasFusionsgesetz,1.A.,Zürich2004,Rz.965.

42 bAuer(FN24),Rz.17;vgl.auchWiegAnd(FN40),79.43 HingegenkannesjenachdenUmständendurchaussein,dassdie

«materiellen»Vertragspartner,d.h.dierelevantenAnsprechpartnerundMitarbeiter des übertragendenRechtsträgers,welche gegen-über der Gegenpartei häufig faktisch Garanten für Pünktlichkeitund Qualität der Vertragserfüllung darstellen, durch die Vermö-gensübertragungnichtändern,dasieimRahmenderVermögens-übertragungzusammenmitdemVertragsverhältnisaufdenneuenRechtsträgerübergehen.

44 Sobinder(FN11),124.45 Vgl.BGer4C385/2005vom31.Januar2006,E.1.1.2,welcherdie

FragenurfürdieAbspaltungklarpositivklärt.46 Für (Ab-)Spaltungen hingegen existiert wie erwähnt ein Urteil

desBundesgerichts,auswelchemsichderSchlussaufeinenauto-matischenÜbergangvonVerträgenklaraufdrängt(vgl.BGer4C385/2005vom31.Januar2006,E.1.1.2.).

37 tSchäni(FN2),96.38 tSchäni(FN9),174.39 Vgl.Vogel/heiz/behniSch (FN4),Art.52N9 ff.;BSK-FusG

WAtter/büchi(FN24),Art.52N12u.15;nicolAS PASSAdeliS,in:Baker&McKenzie(Hrsg.),Fusionsgesetz,BundesgesetzüberFusion, Spaltung,Umwandlung undVermögensübertragung (Fu-sionsgesetz)sowiedieeinschlägigenBestimmungendesIPRGunddes Steuerrechts, StämpflisHandkommentar,Bern 2003,Art. 52N 4,wobei für (Ab-)Spaltungen ein höchstrichterliches Präjudizbesteht,ausdemaufeinenautomatischenÜbergangvonVerträgengeschlossenwerdenkannodermuss(vgl.BGer4C385/2005vom31.Januar2006,E.1.1.2.).

40 bAuer(FN24),Rz.499;Vogel/heiz/behniSch(FN4),Art.52N9 ff.u.Art.73N26;WolfgAng WiegAnd,DieÜberleitungvonRechtsverhältnissen, in:WolfgangWiegand, (Hrsg.), Recht-licheProblemederPrivatisierung,Bern1998,84u.86;MArtin Weber,in:MarcAmstutz/PeterBreitschmid/AndreasFurreretal.(Hrsg.),HandkommentarzumSchweizerPrivatrecht,Zürich2007(zit.CHK-Weber),Art.69N12;AMStutz/MAbillArd(FN18),EinleitungN 281;Peter (FN 14), 229 f.; BSK-FusGWAtter/büchi(FN24),Art.52N12u.15;SPori/MoSer(FN1),346f.;PASSAdeliS (FN 39),Art. 52N 4;lorenzo olgiAti, in:MarcAmstutz/Peter Breitschmid/Andreas Furrer et al. (Hrsg.), Hand-kommentarzumSchweizerPrivatrecht,Zürich2007(zit.CHK-ol-giAti),Art.29N9;MAroldA MArtinez/Von der crone(FN9),303; loSer-krogh (FN 5), 1102; frAnk ViScher, in: FrankVischer/RolandM.Müller (Hrsg.)ZürcherKommentar zumFu-sionsgesetz, Zürich 2004 (zit. ZK-FusG ViScher), EinleitungN 46;reto t. SchuMAcher, DieVermögensübertragung nachdemFusionsgesetz,Zürich2005,150 f.;frick (FN14),Art.69N 20;Altenburger/cAlderAn/lederer (FN 26), Rz. 505 ff.;berettA (FN 16), 238 f.; rAlPh MAlAcridA, Spaltung vonGesellschaften, in: SZW 2004 Halbband I, 60; Peter böckli,Rechtsfragen zum Spaltungsverfahren des Fusionsgesetzes:Auf-

3.1. BegrifflichesundProblemstellung

WennvorliegendvonVertragsübergangdieRedeist,gehtesnichtumeinevollständigeAbtrennungeinesVertragesvonallenbisherigenVertragsparteien.Gemeintistdamitvielmehr der Übergang der vertraglichen ParteistellungdesübertragendenRechtsträgersaufdenübernehmendenRechtsträger41.DurchdieseÜbertragungwerdendiever-traglichenRechteundPflichtenderausscheidendenPar-teivollumfänglichaufdenübernehmendenRechtsträgerübertragen42.DieGegenparteibleibtjedochweiterhinandenVertraggebundenundsieht sichsomit–zumindestreinformell–miteinemneuenVertragspartnerkonfron-tiert43.

Wiebereitsdargestellt,hatesderGesetzgeberunter-lassen,beiderVermögensübertragung–sowiebeiderAb-spaltung–imHinblickaufdieÜbertragungvonVerträgendurcheineklareRegelungRechtssicherheitzuschaffen.DieskanndurchausalsMangeldesFusionsgesetzesbe-trachtet werden44. Es ist aufgrund dieses gesetzgeberi-schenVersäumnisses noch nicht völlig abschliessend –namentlich vollumfänglich45 höchstrichterlich – geklärt,obfürdieÜbertragungvonVerträgen–wievonderganzüberwiegendenLehrevertreten–imRahmeneinerVer-mögensübertragungdieZustimmungderGegenparteier-forderlichistoder,obauchdieVertragsverhältnisseohneaktive (oder passive) Mitwirkung der entsprechendenGegenpartei(en)aufdieübernehmendeGesellschaftüber-tragenwerdenkönnen46.Diesevorallemunmittelbarnach

Ob und unter welchen Voraussetzungen auch einzelneVerträgeaufdenübernehmendenRechtsträgerübergehen,lässtsichdemGesetzestextnichtentnehmen37.DiedamitbestehendeUnsicherheithatinderPraxis–voralleminderVergangenheit–ineinigenFällendazugeführt,dassauf eine Vermögensübertragung nach den Vorschriftendes Fusionsgesetzes verzichtet wurde38.Aber nicht nurbei der Vermögensübertragung steht mangels klaremGesetzestext undmangels vollumfänglich einschlägigerRechtsprechungnochnichtvölligabschliessendfest,obVerträge automatisch, d.h. ohne explizite oder impliziteZustimmung der Gegenpartei, auf den übernehmendenRechtsträgerübergehen;dieselbeFragestelltsichkonse-quenterweiseauch imRahmeneinerAbspaltung39.Diesgilt hingegen nicht bei einer Aufspaltung, da dort derübertragendeRechtsträgeruntergehtunddamitsämtlicheVerträgezwangsweiseautomatischaufdieübernehmen-den Rechtsträger übergehenmüssen. Die wohl als klarherrschendzubezeichnendeLehregehtheutedavonaus,dassmittels einerVermögensübertragung auchVerträgeautomatischübertragenwerdenkönnen40.

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Der Vert ragsübergang be i Vermögensübert ragungen nach Fus ionsgesetz

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54 loSer-krogh(FN5),1106.55 SchuMAcher (FN40), 147;WAtter/kägi (FN17), 232;Wie-

gAnd(FN40),79m.w.H.56 berettA (FN 16), 238; ZK-FusGViScher (FN 40), Einleitung

N25.57 Art.181aOR,Art.261,290und748OR,Art.54VVG.58 Art.333OR.

47 binder(FN11),129.48 Peter(FN14),223.49 WAtter/kägi(FN17),232.50 bAuer(FN24),Rz.17;ZK-FusGberettA(FN13),VorArt.69–

77N36;berettA(FN16),Rz.3.51 SiehedenSachverhaltvonBGE117II68,wodieParteieninei-

nemGetränkelieferungsvertrageineÜberbindungspflicht(mitBe-freiungdesbisherigenVertragspartnersfürdenFallderkorrektenÜberbindung)vorsahen.

52 NebenArt.261und290ORauchArt.54VVGsowieArt.181f.aOR,Art.181ORundArt.333OR.

53 SieheetwaAMStutz/MAbillArd(FN18),EinleitungN270;vgl.auchböckli(FN6),§3Rz.372a.

LetztlichgehtesbeiderBeurteilungderFragenachdem automatischenVertragsübergang imRahmen einerVermögensübertragungsomitumdieSuchenacheinemAusgleichzwischendenfusionsgesetzlichenStrukturan-passungsinteresseneinerseitsunddemvonderPrivatau-tonomiegebotenenSchutzvoraufgezwungenenVerände-rungenvonSchuldverhältnissenandererseits54.

3.2. Fakten

UmdiepraktischbedeutsameFragezubeantworten,obeinVertragsverhältnisaufdemWegederpartiellenUni-versalsukzessionimRahmenderVermögensübertragungautomatischundsomitohneZustimmungallerVertrags-parteienaufdenübernehmendenRechtsträgerübergeht,sindvorabdiefolgendenPunkteinErinnerungzurufen:

3.2.1.ÜbertragungvonVerträgenimAllgemeinen

Die Übertragung von Vertragsverhältnissen ist gesetz-lich–mitwenigenAusnahmen–nichtnormiert.Nach-demalleRechtssubjekte autonom sind, imRahmenderRechtsordnung beliebige Verträge zu schliessen, mussihnendiegleicheFreiheitauchinBezugaufdieÜbertra-gungdieserVerträgeaufandereRechtssubjektezustehen.DieprinzipielleZulässigkeitvonVertragsübertragungenistnachallgemeinerLehrmeinungundPraxisdennauchgänzlichunbestritten55.

Bei der Übertragung eines Vertrages ist jedoch diePartnerwahlfreiheitdesweiterhinandenVertraggebun-denenVertragspartnerszuberücksichtigen.Dagrundsätz-lichniemandemgegenseinenWilleneinneuerVertrags-partneraufgezwungenwerdenkann,istdieÜbertragungeinesVertragesimRahmeneinerSingularsukzessionge-mässherrschenderLehreundPraxisnurmitZustimmungallerbetroffenenParteienmöglich.Dieseschliessendabeieinensog.tripartitenVertragsuigeneris56.EinVertrags-übergang ohne Zustimmung der Gegenpartei entsprichtsomitzwarnichtdergewöhnlichenjuristischenKonzep-tion,dennochhataberderGesetzgeberbereitslangevordem Inkrafttreten des Fusionsgesetzes solche automati-schen57oder«halbautomatischen»58VertragsübergängeinbestimmtenSituationenzugelassenbzw.vorgesehen.

InkrafttretendesFusionsgesetzesherrschendeRechtsun-sicherheitdrohtezunächst,dieVermögensübertragungei-nesTeilsihrerAttraktivitätzuberauben47.

Die Frage nach dem Übergang von Verträgen imRahmenderVermögensübertragungistinsbesonderebeilängerfristigenVerträgen von zentralerBedeutung48. ImGegensatz dazuwerden kurzfristige vertraglicheBezie-hungen infolgederVerfahrensdauer fürdieVermögens-übertragung häufig noch vor deren Vollzug erfüllt. InFällen,indenennachderBeschlussfassungbezüglichdervorgesehenenVermögensübertragungeineneuevertrag-licheBeziehungeingegangenwird,dieerstnachVollzugder Vermögensübertragung zu erfüllen ist, werden dieParteien zumeist regeln, wie ihrVertrag in derVermö-gensübertragungzubehandelnist49.

Die Praxis zeigt, dass bei Umstrukturierungen derErwerber von Vermögenswerten oder eines Unterneh-mens(-teils)imSinnedesWeiterfunktionierensdesüber-nommenenGeschäftsoftdaraninteressiertist,bestehendeVertragsverhältnisse mit Dritten zu übernehmen50. Teil-weisewird er denÜbergangvon für dieWeiterführungdesUnternehmens(-teils)essentiellenVerträgensogarzurconditiosinequanonfürdenErwerbmachen.Einauto-matischerVertragsübergang – soweit ein solcher im zuübertragendenVertragnichtimplizitoderexplizitvorge-sehen ist51 –widerspricht jedochgrundsätzlichdemderPrivatautonomieinhärentenPrinzipderfreienWahlundder Beibehaltung des (formellen)Vertragspartners – obimRahmeneinerFusion,Auf-oderAbspaltungoderei-ner Vermögensübertragung. Es besteht eine Prinzipien-und Interessenkollision zwischen dem Zweck des Fu-sionsgesetzes–Umstrukturierungenzuerleichtern–unddem vertragsrechtlichen Prinzip der Parteiautonomie,welches–abgesehenvondenUniversalsukzessionstatbe-ständenFusionundErbgangsowieweiterenSonderrege-lungen52–grundsätzlichdieZustimmungallerBeteiligtenzueinemVertragsübergangverlangt53.

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64 frick(FN14),Art.69N19m.w.H.;vgl.insbesonderedieAufsät-zevonbehniSch/büchiundberettA.

65 BotschaftzumFusionsgesetz,BBl2000V4445.DasBundesge-richtweist jedoch–u.E.zuRecht–explizitdaraufhin,dassdieentsprechendenAusführungeninderBotschaftkeineBegründungenthalten(BGer4C385/2005vom31.Januar2006,E.1.1.2).

66 Amtl.BulletinNationalrat2003,S.243.67 Siehe etwaeugen bucher, SchweizerischesObligationenrecht,

Allgemeiner Teil, 2.A., Zürich 1988, der ausdrücklich festhält,«dassderGläubigerdenSchuldnerwechselnichtverhindernkann»,womit «dieser Schuldübergang kraft Gesetzes [...] im ErgebniseineAnnährungandieUniversallsukzessiondar[stellt]»(siehe589FN 62). ImÜbrigenwar auch unter der früher vorherrschendenZerlegungstheorie,welchedieVertragsübernahmealseineKombi-nationvonZessionundSchuldübernahmebetrachtete,einevollum-

59 bAuer(FN24),Rz.478f.;ZK-FusGViScher(FN40),EinleitungN26;vgl.auchPASSAdeliS(FN39),Art.52N4.

60 BeiderAufspaltungmüssen–andersalsbeiderAbspaltungundderVermögensübertragung–sämtlicheAktivenundPassivenüber-tragenwerden,wobeidieZuordnung,welcheAktivenundPassi-venaufwelcheübertragendeGesellschaftübergehen,wiebeiderAbspaltung und derVermögensübertragung (mitminimalenEin-schränkungen)ebenfallsdemfreienWillenderübertragendenGe-sellschaftunterliegt;teilweiseabweichendtSchäni(FN2),97.

61 SPori/MoSer(FN1),343.62 frick(FN14),Art.69N2;tSchäni(FN2),98.63 Vgl.anStellevieler:WAtter/kägi(FN17),237;Peter(FN14),

228.

Rahmen einerVermögensübertragung – und auch einerAbspaltung – grundsätzlich bewusst64. Im Zusammen-hangmit derSpaltungwurde inderBotschaft zumFu-sionsgesetzausdrücklich–abererstaunlicherweiseohneDifferenzierungzwischenAuf-undAbspaltungundohneHinweisaufdieAuseinandersetzungmitderbereitsunteraltemRechtbestehendenRegelunginArt.181f.aOR–festgehalten, dass Verträge nicht ohne Weiteres über-gehenwürden.FürdenWechseleinerVertragsparteiseigrundsätzlich das Einverständnis aller Vertragsparteienerforderlich65. Die vorberatende Kommission des Na-tionalratesbezeichnetedieProblematikexplizitalskon-troversundungelöst66.IndernationalrätlichenBeratungwurdesodanneinAntrageinerKommissionsminderheit,Art.71Abs.1FusGdahingehendzuergänzen,dassimVermögensübertragungsvertrag auch andere Verträgeaufzuführen seien, die mit der Vermögensübertragungübergehen sollen, abgelehnt. Bei derAblehnung dieserErgänzungwurdedaraufhingewiesen,dassdiePrinzipiendesVertragsrechtsunddieMissbrauchsgefahreinenau-tomatischenÜbergangvonVertragsverhältnissenverbie-ten würden, weshalb Vertragsverhältnisse grundsätzlichohneZustimmungallerbeteiligtenVertragsparteiennichtübertragenwerden könnten und dass das FusionsgesetzanderbestehendenmateriellenRegelungbetreffenddenÜbergangvonVerträgennichtsändernwolle.EineDiffe-renzierungzwischenAuf-undAbspaltungwurdeauchimNationalrat nicht erwähnt unddamit der bereits logischzwingende automatische Vertragsübergang im RahmeneinerAufspaltungwohlübersehen.EbensowurdeinderDiskussionnichtbeachtet,dassbereitsunterbisherigemRechtgemässArt.181f.aORfaktischdieÜbertragungderRechteundVerpflichtungenauseinemVertragauchohneZustimmungderVertragsparteimöglichwar–wennauchzumindestnachherrschenderLehreohneMöglich-keit der Übertragung der Gestaltungsrechte67. Weil die

3.2.2.ÜbertragungvonVerträgenbeiFusionundAufspaltung

ImFalleeinerFusionistunbestritten,dassdieVertrags-verhältnisse,indenenderübertragendeRechtsträgerPar-teiist,automatischaufdenübernehmendenRechtsträgerübergehen.UnbestrittenermassenmussdasselbeauchbeiderAufspaltunggelten.InbeidenFällengehtderübertra-gendeRechtsträgerunterundeswerdenseinegesamtenAktiven und Passiven inklusive der Verträge an einenodermehrereDritteübertragen.DieSituationistausSichtderGegenparteisomitmitdemToddesVertragspartnersvergleichbar59.

Im Unterschied zur Fusion und Aufspaltung findetimRahmeneinerVermögensübertragung–undauchimRahmeneinerAbspaltung–nureinepartielleUniversal-sukzessionstatt.Essteht–wiebeiderAbspaltung–imBelieben der an der Vermögensübertragung beteiligtenParteien,welcheGegenständesieindasInventaraufneh-menundsomitübertragenwollen.EinsolchesRosinen-pickenistbeieinerFusionnichtundbeiderAufspaltungnur teilweisemöglich60.ZudemberührtdieVermögens-übertragung– imUnterschiedzurFusionundzurSpal-tung–keineMitgliedschaftsrechte, sondern ist aufeinereinvermögensrechtlicheTransaktionbeschränkt61,wäh-rendderübertragendeRechtsträgerzudemweiterhinbe-stehen bleibt62. Es stellt sich somit die Frage, ob dieseUnterschiede zwischen der Vermögensübertragung undderFusioneinedifferenzierteBehandlungimZusammen-hang mit der Übertragung von Verträgen rechtfertigen,obwohlderGesetzgeberbeibeidenRechtsinstituten–wieauchbeiderSpaltung–voneinemÜbergangvonAktivenundPassivenvonGesetzeswegenspricht63.

3.2.3.BehandlungderProblematikimGesetzgebungsprozess

Im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses waren sichdieAkteurederProblematikdesVertragsüberganges im

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70 SoseieinVertragauch imRahmeneinerVermögensübertragungnichtübertragbar,wennesanderZustimmungdesVertragspartnersfehle; sieheErläuterungen zuArt. 108aAbs. 2 (entspricht heuteArt.148)desEntwurfsfürdieTeilrevisionderHandelsregisterver-ordnungvom19.Dezember2003.

71 Diese sind wohl vergleichbar mit dem Stellenwert einer Exper-tenkommission, vgl. zur Relevanz der einzelnen UntergruppenvonMaterialiendetailliertconrAdin crAMer,DerunhistorischeGesetzgeber,AJP/PJA2006,519.DiesdürftehierinsofernnochinbesonderemMassezutreffen,alssichnicolAS turinalseinerdermassgeblichenVerfasserderErläuterungenbereitsimRahmensei-nerDissertationgegeneinenautomatischenVertragsübergangaus-gesprochenhatte(vgl.turin[FN19],114f.).

72 böckli(FN40).73 binder(FN11),123;BSK-FusGMorScher(FN2),Art.1N36;

Peter(FN14),226.

gänglicheÜbertragungderVertragsverhältnisseunterArt.181aORals zulässig anzusehen, siehe etwaherMAnnbecker,Vorb. zuOR164–174N51oderhugo oSer/WilhelM Schönenberger,ZK,Vorb.zuOR164–174N14.Zudemistdaraufhinzuweisen,dass gegen das strengeDogma derNicht-Abtretbarkeit vonGe-staltungsrechten in jüngerer Zeit von verschiedener Seite Kritikerhobenwirdist,bishinzueinerAbklassierungals«begriffsjuris-tisch», siehe ingeborg SchWenzer,SchweizerischesObligatio-nenrecht.AllgemeinerTeil,5.A.,Bern2009,Rz.90.20f. InderTatistnichtganzeinleuchtend,dassbzw.weshalbbeiÜbertragungderVerpflichtungenauseinemunbefristetenDarlehensvertragetwaimRahmenvonArt.181aORunddergleichzeitigenvertraglichenRechtedurchAbtretungdieGestaltungsrechteausdemDarlehens-vertrag – namentlich das Recht zur Kündigung – beim übertra-gendenUnternehmenverbleibensoll,welchesüberdiesnachzweiJahrenseitderÜbertragungausderHaftungausschied.DerDarle-hensvertragkönntenachder striktdogmatischenSichtnurdurchdengegebenenfallsseitlängeremausgeschiedenenVertragspartner(oder die Gegenpartei) gekündigt werden, nicht aber durch dengegenwärtigenDarlehensschuldner:einoffensichtlichwenigüber-zeugendesResultat!

68 Amtl.BulletinNationalrat2003,243ff.69 Andersalsbspw.hinsichtlichdesBeurkundungserfordernissesfür

dieVermögensübertragungvonGrundstücken,sieheArt.104FusGunddieanderslautendefrühereFassunginderBotschaft.

HinblickaufdieFormvorschriftenfüreineÜbertragungbringe,dasmaterielleRecht–einschliesslichdieÜbertra-gungsbeschränkungen–davonjedochnichttangiertwür-de.DiegeltendeOrdnungzurÜbertragungvonVerträgengelte auch im Rahmen einer Vermögensübertragung70.DenErläuterungenzurRevisionderHandelsregisterver-ordnungkommtjedochinderGesetzesauslegung–selbstbeiderinhaltlichenAnalysedeshistorischenElements–nureineuntergeordnete,indirekteBedeutungzu71.

Im Weiteren ist auch zu berücksichtigen, dass dieUmschreibungfürdieLegalsukzessioninArt.73Abs.2FusG–sowieinArt.22undArt.52FusG–durchdieFor-mel«ÜbernahmemitAktivenundPassiven»ausArt.748aORübernommenwordenist.GenaudieseFormelwur-destetsalstypischesBeispieleinesautomatischenÜber-gangs–auchvonVerträgen–vonGesetzeswegenaufge-fasst72.

3.2.4.ZweckdesFusionsgesetzes

Das Fusionsgesetz als rechtsformübergreifendes Um-strukturierungsgesetzwar die gesetzgeberischeAntwortaufdaszunehmendeBedürfnisderWirtschaft,Unterneh-men aus Gründen der Konkurrenzfähigkeit, der geord-neten Unternehmensnachfolge oder aufgrund sonstigerÜberlegungenneuzustrukturieren.DerHauptzweckdesFusionsgesetzes liegt gerade in der Erleichterung vonsolchen Umstrukturierungen – mögen sie in Form derFusion,derSpaltung,derUmwandlungoderderVermö-gensübertragungerfolgen73.

SolltenimFalleeinerVermögensübertragungVerträ-genuraufdenübernehmendenRechtsträgerübergehen,wenndieGegenparteidafürihrEinverständnisgibt,wür-de dieser Hauptzweck des Fusionsgesetzes offensicht-lich nicht erreicht. Ein Zustimmungserfordernis würdedie Aufspaltung oder die Übertragung eines grösseren

bisherige Regelung gemäss dem im Rahmen des Fu-sionsgesetzesrevidiertenArt.181ORaufimHandelsre-gistereingetrageneRechtsträgerkeineAnwendungmehrfindet,würdedieRegelungdesFusionsgesetzesbeieinerNichtzulassungdesautomatischenVertragsübergangsimVergleich zum früheren Recht einen klarenRückschrittdarstellen, was offensichtlich kaum der Intention desGesetzgebers entspricht68. Zudem hat der Gesetzgebertrotz – oder vielleicht geradewegen – der imRahmenderDebatteimNationalratgeäussertenunterschiedlichenAnsichten–unddieQualifizierungderThematikdurchseineVorberatendeKommissionals«kontroversundun-gelöst» – darauf verzichtet, die Problematik im Gesetzexplizitzuregeln69,unddamitdieBeantwortungderPra-xisüberlassen.ImStänderatwurdedieFragestellungdesVertragsübergangesimRahmeneinerVermögensübertra-gungodereinerAbspaltungnichtthematisiert.Insgesamtistsomitfestzuhalten,dassdasParlamentaufeineexpli-ziteRegelungdesVertragsübergangsverzichtethat.

Auch im Zusammenhang mit der parallel zur Ent-stehung des Fusionsgesetzes vorbereitetenRevision derHandelsregisterverordnungwurde dieThematik des au-tomatischen Vertragsübergangs im Rahmen einer Ver-mögensübertragunggestreift. IndenErläuterungenzumEntwurfderHandelsregisterverordnungwirddabeiunterBerufungaufturin–derzudemselbstbeiderErarbei-tung der Erläuterungen mitarbeitete – ausgeführt, dassdieVermögensübertragung zwar eineVereinfachung im

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77 Vgl.WAtter/kägi (FN17),247;ebensochAMPeAux (FN76),13.

78 tSchäni(FN9),174.ZurumstrittenenFragederheilendenWir-kungderHandelsregistereintragungbeiderVermögensübertragungsiehe etwaturin (FN 19), 162 f., 173;loSer-krogh (FN 5),1102f.,chAMPeAux(FN76),16ff.oderViScher (FN 4),110.

79 BGer4C385/2005vom31.Januar2006,E.1.1.2.80 BGer4C385/2005vom31. Januar2006,E.1.1.2.DasBundes-

gericht führtdabeiwörtlich aus:«Dabei istmit der beinahe ein-helligen Lehre ‹partiell› dahingehend zu verstehen, dass es sichqualitativ um eine vollwertige Universalsukzession handelt, dieaberquantitativaufdieimInventargenanntenVermögenswertebe-schränktist.‹Partiell›beziehtsichmithinnuraufdenUmfangderUniversalsukzession,nichtaufderenRechtswirkungen(BSK-FusGWAtter/büchi [FN24],N4 ff. zuArt.52FusG,diemitüber-zeugendenArgumentendieteilweiseanderslautenden,abernichtweiterbegründetenAusführungenderBotschaft,BBl20004445,widerlegen, und N 12 mit Hinweisen; Vogel/heiz/behniSch(FN4),N10zuArt.52FusGmitHinweisen;lukAS glAnzMAnn,Umstrukturierungen:EinesystematischeDarstellungdes schwei-zerischenFusionsgesetzes,Bern2006,254,Rz.658;AndererMei-nungscheintzusein:hAnSPeter kläy,DasFusionsgesetz–einÜberblick,DerBernischeNotar2004,185ff.,234,wiewohlaucheranerkennt,dassdiegemässInventarübertragenenVermögenstei-leunoactu,unterDispensationvondenVorschriftenüberdieSin-gularsukzession,übergehen).DemgemässistauchdieSpaltungalsGesamtnachfolgeimSinnevonArt.17Abs.3BZPzubetrachtenundgiltsomitnichtalsParteiwechsel.»(HervorhebungendurchdieVerfasser).

74 bAuer (FN24),Rz. 553;Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.968.

75 ErläuterungenzuArt.108aAbs.2(entsprichtheuteArt.148)desEntwurfsfürdieTeilrevisionderHandelsregisterverordnungvom19.Dezember2003;zurKritikundeingeschränktenRelevanzdie-serAusführungensiehevorneAbschnitt3.2.4.

76 chriStiAn chAMPeAux, Fusionsgesetz –Aspekte der Handels-registerpraxis (2), in:REPRAX2011,13;tSchäni (FN9),174;vgl.auchHandelsregisteramtZürich,FragenundAntwortenzumneuen Fusionsgesetz, 12 (http://www.hra.zh.ch/internet/justiz_inneres/hra/de/eintragen/fusion/_jcr_content/contentPar/down-loadlist/downloaditems/faq_zum_fusionsgeset.spooler.down-load.1283498234701.pdf/faq-fusg.pdf,besuchtam25.Juli2011);vgl.zurKognitiondesHandelsregisterführersauchgWelleSSiAni,N512.

mendarfbeiimInventaraufgeführtenVerträgendieEin-tragungnichtabgelehntwerden77.

TrotzderEintragungimHandelsregisterundderdamitverbundenenRechtswirksamkeit derVermögensübertra-gunghabendieParteienjedoch(noch)keineGewissheitdarüber, obeinVertragsverhältnis aufdenübernehmen-denRechtsträgerübergegangenistodernicht78.

EinehöchstrichterlicheKlärungderFragehatbisjetztnurhinsichtlichderSpaltung–undnur indirekt–statt-gefunden.AusdemergangenenBundesgerichtsentscheidkannaberauchfürdieVermögensübertragungabgeleitetwerden, dass die im Inventar aufgeführtenVertragsver-hältnisse automatisch, d.h. ohne Zustimmung des Ver-tragspartners,übergehen:DasBundesgerichthieltindie-semEntscheidimZusammenhangmitderSpaltungfest,dieSpaltungbewirkeeinepartielleUniversalsukzession.Mit der Eintragung ins Handelsregister – so das Bun-desgerichtweiter–gingenalleimInventaraufgeführtenAktivenundPassivenvonGesetzeswegenaufdieüber-nehmendeGesellschaft über. Dabei sei – entgegen denAusführungeninderBotschaft–«partiell»dahingehendzuverstehen,«dassessichqualitativumeinevollwertigeUniversalsukzessionhandelt,dieaberquantitativaufdieimInventargenanntenVermögenswertebeschränkt»sei79.«Partiell» beziehe sichmithin nur auf denUmfang derUniversalsukzession,nichtaufderenRechtswirkungen80.

BetriebsoderBetriebsteilswesentlicherschweren74.DerZweckdesFusionsgesetzes–dieErleichterungvonUm-strukturierungen–sprichtdaherklarfüreinenautomati-schenÜbergangvonVerträgen.

3.2.5.HandelsregisterpraxisundRechtsprechung

GemässArt.148HRegVlehntdasHandelsregisteramtbeiSpaltungenundVermögensübertragungendieEintragunginsbesondere dann ab, wenn die erfassten Gegenständeoffensichtlichnichtfreiübertragbarsind.ImZusammen-hang mit dieser Bestimmung gingen die ErläuterungenzumEntwurffürdieTeilrevisionderHandelsregisterver-ordnungwieerwähnt(noch)davonaus,dassVerträgenurmitZustimmungderGegenparteiübertragenwerdenkön-nen75.

Allerdings prüfen dieHandelsregisterämter imRah-men einer Vermögensübertragung nicht, ob für die zuübertragendenVerträgespezifischeVereinbarungenzwi-schen den Vertragsgegenparteien – etwa ein Recht zureinseitigen Vertragsauflösung, welche einen Übergangfaktisch verhindern könnten – bestehen oder ob allen-fallseineexpliziteZustimmungserklärungvorliegt.Ent-sprechendeAbklärungenwärenkaummöglichundsindauchnichterforderlich.GemässArt.148HRegVwirddieEintragung vielmehr grundsätzlich nur dann abgelehnt,wenndieerfasstenGegenständeoffensichtlichnichtfreiübertragbar sind76. Offensichtliche NichtübertragbarkeitergibtsichjedochnurinabsolutenAusnahmefällen,etwawenndieÜbertragungeinesRechts(z.B.desWohnrechts,vgl.Art.776Abs.2ZGB),schlechthinausgeschlossenist,bei derÜbertragung einesGegenstands, der nicht untermenschlicherVerfügungsmacht steht oder über den diebeteiligten Rechtsträger allgemeinnotorisch unmöglichverfügenkönnen.AbgesehenvondiesenengenAusnah-

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Der Vert ragsübergang be i Vermögensübert ragungen nach Fus ionsgesetz

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83 bAuer(FN24),Rz.494;tSchäni(FN2),94.84 Vgl.BSK-FusGMAlAcridA (FN23),Art.73N20;BSK-FusG

WAtter/büchi(FN24),Art.52N10,ähnlichwohlauchPhiliPPe Weber,DieVermögensübertragung, in:AndreasKellerhals/JürgLuginbühl(Hrsg.),Fusionsgesetz,Zürich2004,140.

85 TypischeFällewärenetwaLizenzverträgeoderWartungsverträgefürMobiliaroderImmobilien.SiehebereitsdieinhaltlichgleichegesetzlicheRegelunginArt.260OR.

86 WAtter/kägi (FN 17), 238 f.; vgl. auch bAuer (FN 24),Rz.509ff.derdiesezusätzlichenMeinungenalsErgänzungstheo-riebezeichnet.

87 bAuer(FN24),Rz.499;Vogel/heiz/behniSch(FN4),Art.52N9ff.u.Art.73N26;WiegAnd(FN40),84u.86;chk- Weber,

81 SiehezudieserProblematiketwaBGer4C193/2004,zumBegriffdesBetriebsbzw.BetriebsteilsBGE129III335,E.2.1sowiezurAnwendbarkeit bei einer bloss beabsichtigten UmstrukturierungBGer4P.234/2006.

82 Vgl.Art.261,290und333ORsowieArt.54VVG.

gehende Betriebsübergangstheorie hält einen automati-schenÜbergangvonVerträgennurdann fürgerechtfer-tigt,wennessichbeimübertragenenVermögenumeinenBetrieb oder Teilbetrieb handelt und die übergehendenVertragsverhältnissedamitzusammenhängen83.

Danebenwirdvereinzeltpostuliert,dasseinautoma-tischerÜbergangvonVerträgenerfolgt,soferndieüber-tragenenVerträgeineinemSachzusammenhangmitdenübertragenenAktivenundPassivenstehen–unabhängigdavon,obessichinsgesamtumeinenBetrieboderTeil-betriebhandelt.Erwähntwirdbeispielswiesederautoma-tischeÜbergangeinesWartungsvertrages,sofernderent-sprechendeGegenstandübertragenwird84.DesWeiterenwirdeinautomatischerVertragsübergangbejaht,wenndieParteien des Grundvertrags im letzteren eineVereinba-rungvorgesehenhaben,dasseineVertragsparteiimFalleeinerUmstrukturierung zurVertragsübertragung an denneuen Betriebsträger berechtigt oder unter bestimmtenUmständensogarverpflichtet ist. IstdiesnichtderFall,mussgemässdieserLehrmeinunggeklärtwerden,obderVertragaufdemWegderLückenfüllungunterBezugnah-me auf denhypothetischenParteiwillen ergänztwerdenkann. Diesfalls ist gerade auch im ZusammenhangmitVermögensübertragungeneinVertragsüberganganzuneh-men, wenn der Vertrag bestimmte Sachen oder RechtezumGegenstandhat,dieebenfallsübertragenwerden85,oderwenndiebisherigeParteinacherfolgterVermögens-übertragungsubjektivnichtmehrinderLageist,denVer-tragzuerfüllen,derübernehmendeRechtsträgerhingegenschon86.

3.3.1.Universalsukzessionstheorie

DieVertreterderheutewohlklarherrschendenUniversal-sukzessionstheoriegehendavonaus,dassauchVertrags-verhältnissevoneinerpartiellenUniversalsukzessioner-fasstwerden,ohnedassdieMitwirkungoderZustimmungder betreffendenGegenpartei notwendig ist87.Teilweise

Beieinerderartigen«vollwertigen»UniversalsukzessionimRahmenderSpaltunggehendamitunzweifelhaftauchVertragsverhältnisse über. Diese bundesgerichtlichenAusführungen müssen jedoch konsequenterweise auchfüreinepartielleUniversalsukzessiongelten,wiesiebeiderVermögensübertragungerfolgt,dadiesediequalitativgleichenRechtswirkungenwie eine partielleUniversal-sukzessionbeieinerAbspaltungnachsichzieht.

3.2.6.ExpliziteRegelungfüreinzelneVertragsarten

ExplizitgeregeltistimFusionsgesetzlediglichderÜber-gangvonArbeitsverträgen.KraftdesVerweisesinArt.76Abs.1FusGaufArt.333ORgehenArbeitsverhältnisse,welche als mit dem zu übertragenden Betriebsteil ver-bunden anzusehen sind81, automatisch imZeitpunkt derHandelsregistereintragung auf den Übernehmer über.Es steht demArbeitnehmer jedoch frei, diesenTransferabzulehnen. Diesfalls endet dasArbeitsverhältnis unterEinhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (Art. 333Abs.2OR).GesetzlichvorgeschriebenisteinÜbergangvonVertragsverhältnissenauchimBereichdesMiet-undPachtrechts(Art.261und290ORsowieArt.14f.LPGfür die landwirtschaftliche Pacht). Auch im Versiche-rungsvertragsrecht ist inArt. 54VVG für den Fall derHandänderungeineexpliziteLösungvorgesehen.

3.3. HerrschendeLehrev.abweichendeMeinungen

InderLehrewerdeninBezugaufdenÜbergangvonVer-trägen im Rahmen einer Vermögensübertragung nachFusionsgesetz hauptsächlich drei verschiedene Theo-rienvertreten.DiehauptsächlichvorundkurznachdemInkrafttreten des Fusionsgesetzes vertretene Zustim-mungstheorie geht davon aus, dass für einen Vertrags-übergang – abgesehen von den gesetzlich normiertenAusnahmen82–injedemFalleineZustimmungeingeholtwerdenmuss.DiezwischenzeitlichwohlklarherrschendeUniversalsukzessionstheorie geht demgegenüber davonaus,dassVertragsverhältnissedurchdieVermögensüber-tragungautomatischaufdenübernehmendenRechtsträ-gerübergehen,vorbehältlicheinigerAusnahmen,haupt-sächlichbeiRechtsmissbrauch.Die etwaswenigerweit

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90 tSchäni(FN2),96;MoSer(FN14),43.91 ZK-FusGViScher(FN40),EinleitungN34;Peter(FN14),228;

ViScher (FN 4),160;AndreAS bohrer,ÜbergangvonVerträ-genbei derVermögensübertragung: IrrungenundWirrungenmitPraxisrelevanz,in:DerSchweizerTreuhänder2004,936f.;BSK-FusGWAtter/büchi (FN 24),Art. 52 N 3; Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.976;AeberSold(FN2),Rz.41;MAlAcridA (FN 40), 61. Der Wortlaut der fraglichen Bestim-mungen lehntsichanArt.748aORan,derstetsalsBeispiel füreinenautomatischenVertragsübergangaufgefasstwurde(böckli[FN40]).

92 berettA(FN16),Rz.8.93 Altenburger/cAlderAn/lederer(FN26),Rz.429.94 tSchäni(FN9),171f.95 böckli(FN6),§3Rz.372b;bAuer(FN24),Rz.552;Vogel/

heiz/behniSch(FN4),Art.73N26;frick(FN14),Art.69N20;MAroldA MArtinez/Von der crone (FN 9), 302 f.; MoSer

FusG (FN 40), Art. 69 N 12; AMStutz/MAbillArd (FN 18),EinleitungN281;Peter (FN14), 229 f.;bSk-FusGWAtter/büchi(FN24),Art.52N12u.15;SPori/MoSer(FN1),346f.;PASSAdeliS(FN39),Art.52N4;chk-olgiAti (fn 40),FusG,Art. 29 N 9; JeAn nicolAS druey/eVA druey JuSt/lukAS glAnzMAnn,Gesellschafts-undHandelsrecht,Zürich2010,§21N76;gerSbAch (fn 40), 201.

88 Peter (FN 14), 229; loSer-krogh (FN 5), 1102; ZK-FusGViScher(FN40),EinleitungN46;SchuMAcher(FN40),150f.;frick(FN14),Art.69N20;Altenburger/cAlderAn/lederer(FN26),Rz. 505 ff.;berettA (FN16), 238 f.; zumindestemp-fohlenwirdeineAufnahmeindasInventarbeiMAroldA MAr-tinez/Von der crone (FN9),303;BSK-FusGWAtter/ büchi(FN 24), Art. 52 N 14, und glAnzMAnn (FN 40), 823; a.M.AMStutz/ MAbillArd(FN18),EinleitungN281;ulySSeS Von SAliS-lütolf, Fusionsgesetz, Zürich 2/2004, fusionsgesetz.ch, 412 undViScher (FN 26), 227 f.; ähnlich auch CHK-Weber(FN40),FusG69N12undCHK-neuhAuSFusG71N4,wel-che ebenfalls eine generelleAuflistungspflicht aller Verträge imInventar ablehnen und nur eine Auflistung derjenigen Verträgeverlangen,«diesichnichtklareinemübertragendenBetrieboderBetriebsteil,einerKundin-oderLieferantengruppeodereinerGe-schäftstätigkeit zuordnen lassen» undböckli (FN 40), welchereineAuflistungimInventarebenfallsnichtalszwingendnotwendigerachtet,wenndiezuübertragendenVerträgeimInventarbestimmtoderbestimmbareinemVermögensteilzugeordnetsind.

89 AMStutz/MAbillArd(FN18),EinleitungN281,weisenu.E.zuRechtdaraufhin,dassinallerRegel–mitAusnahmederGegen-partei – kein besonderes InteresseDritter besteht, vomVertrags-übergangdurchEinsichtindieHandelsregisterunterlagenKenntnisnehmenzukönnenundumgekehrtdieGegenparteiohnehinvomVertragsübergangzunotifizierenist,ansonstendieseimRegelfallinanalogerAnwendungvonArt.167ORweiterhinmitbefreienderWirkungandieübertragendeGesellschaftleistendarf.

sukzession lasse sich schliessen,dass ein automatischerÜbergangvonVerträgenaufdenübernehmendenRechts-trägerstattfindenmuss90.Das juristischeFundamentdesVermögensübergangs ist im Falle der Fusion (Art. 22Abs.1FusG),derSpaltung(Art.52FusG)undderVermö-gensübertragung(Art.73Abs.2FusG)identisch.InallendreiFällenerfolgtderVermögensübergangvonGesetzeswegenmitdemEintrag imHandelsregister.DasGesetzverwendetbei allendreiUmstrukturierungsformenden-selbenWortlaut,waseinegleicheBehandlunginBezugaufdieQualitätdesVermögensübergangsindiziert91.DiePartialität derUniversalsukzession liegt sowohl bei derSpaltungwiebeiderVermögensübertragunglediglichinihremquantitativenUmfangundnichtinihrenqualitati-venRechtswirkungen.EswürdedemPrinzipderpartiel-lenUniversalsukzessionwidersprechen,wennsichDrittegegendenÜbergangeinesVertragesalssolchenwehrenkönnten92.FüreinesolchequalitativlimitierteUniversal-sukzessionfehlteinegesetzlicheGrundlage93.

Für die Universalsukzessionstheorie sprechen aberauch praktische und teleologische Überlegungen. MitdemFusionsgesetzsolltenUmstrukturierungenerleichtertwerden.DergrosseVorteilderVermögensübertragungbe-stehtdabeidarin,dassdieinFragestehendenVermögens-gegenständeunoactuaufdenErwerberübergehen.DiefüreinzelneAktivengeltendenFormvorschriftenmüssennichteingehaltenwerdenunddieParteiensindinderDe-finitiondeszuübertragendenVermögens–vorbehältlichdesRechtsmissbrauchsverbots–frei.SogesehenkönnendieParteienmassgeschneidertdieVorteilewahrnehmen,dieeineUniversalsukzessionmitsichbringt94.DurchdasZustimmungserforderniszueinemVertragsübergangwirddasInstitutderVermögensübertragunggeradedieseszen-tralenVorteilsberaubtunddieZielsetzungdesFusionsge-setzesunterlaufen95.Umstrukturierungenwürdendadurch

wirdinderLehrevertreten,VoraussetzungfürdenÜber-gang sei, dass die entsprechendenVerträge im Inventaraufgelistetsind88.Zubeachtenistjedoch,dassderWort-lautvonArt.71Abs.1FusGdiesesErforderniszwaraus-drücklichfürArbeitsverträgeund«immaterielleWerte»,nichtaberfürdieanderen«zuübertragendenGegenstän-dedesAktiv-unddesPassivvermögens»vorsieht,wes-halb eine zwingendePflicht zurAufnahme ins Inventarabzulehnenistundes jedenfallszumindestzulässigseinmuss,imInventaringenerellerArtaufbestimmteKate-gorien vonVerträgen oder auf zu bestimmtenBetriebs-teilenoderVermögenskomplexengehörendeVerträgezuverweisen, denn auch hier muss es genügen, wenn dieübergehendenVerträgebestimmbarsind.Zubeachtenist,dasssichdiezuübertragendenAktivenundPassivenwieauchdiezuübertragendenVerträgeinallerRegellaufendändern,weshalb eine einzelvertragsscharfe Inventarisie-rungspflichtausserinklein(st)enVerhältnissenpraktischgarnichtumsetzbarist89.

DieBefürworterderUniversalsukzessionstheoriema-chengeltend, aus demPrinzip der partiellenUniversal-

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mögensgegenstände, Schulden und Rechtsverhältnisse) im WegderGesamtrechtsnachfolge…».

100 BSK-FusGWAtter/büchi(FN24),Art.52N5;ViScher (FN 4),160;urS r. behniSch/rAffAel büchi,Mängel des Entwurfszum Fusionsgesetz im Bereich der Spaltung, in: Jusletter vom24.September2001,Rz.8;frick(FN14),Art.69N20.

101 SPori/MoSer(FN1),347.102 frick(FN14),Art.69N22;SchuMAcher(FN40),151;tSchäni

(FN2),97;binder (FN11),129 f.;tSchäni (FN9),174;ZK-FusGberettA(FN13),VorArt.69–77N22;BSK-FusGMor-Scher(FN2),Art.1N46.

103 Soböckli(FN6),§3Rz.372b;vgl.auchBSK-FusGMAlA cridA(FN23),Art.73N20;BSK-FusGWAtter/büchi(FN24),Art.52N10,diesichzwarfüreinengenerellenautomatischenVertrags-übergangaussprechen,diesen jedochbeivöllig fehlendemSach-zusammenhangzudenübertragenenVermögenswertenfüroffen-sichtlichmissbräuchlichhalten.

(FN 14), 43 f.; zk-FusG ViScher (FN 40), Einleitung N 36;SPori/MoSer(FN1),346f.;AeberSold(FN2),Rz.47;chk-olgiAti (fn 40),FusG,Art.29N10.

96 Peter(FN14),224u.227;Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.985;MAroldA MArtinez/Von der crone(FN9),303;vgl.auchBSK-FusGWAtter/büchi(FN24),Art.52N13.

97 berettA(FN16),Rz.3;PASSAdeliS(FN39),Art.52N4.98 MAroldA MArtinez/Von der crone (FN 9), 303; vgl. auch

bAuer(FN24),Rz.534f.99 Siehe§131UmwG,nochklarernachderperApril2007inKraft

getretenenGesetzesrevision; siehe dazu etwaSebAStiAn SAnd-hAuS/Jörgen rubel,DerWegfalldes§132UmwG:Konsequen-zen für dieBeachtlichkeit vonÜbertragungshindernissenbei derSpaltung,DerKonzern2009, 237ff.GleichimÜbrigenauchdasösterreichische Spaltungsrecht, siehe § 1 (2) Ziff. 1 SpaltG: «...durch gleichzeitigeÜbertragung aller ihrerVermögensteile (Ver-

schenRechtsdientendemschweizerischenGesetzgeberalsVorlage100.

Esmag zwar zutreffen, dass ein automatischerVer-tragsübergangohneZustimmungallerVertragsparteieninEinzelfällenalsunbefriedigendempfundenwerdenkann.Eswäreabernichtsachgerecht,Verträgenurdeshalbge-nerell von derWirkung derUniversalsukzession auszu-nehmen, weil in Einzelfällen ein Missbrauchspotentialbestehen kann101, denn es gibt genügendMechanismen,welche eine missbräuchliche Verwendung des Institutsder Vermögensübertragung im Hinblick auf die Über-tragungvonVertragsverhältnissenverhindern(vgl.dazuhinten4.),allenvorandiefürdieVermögensübertragunggesetzlich vorgesehenen Gläubigerschutzbestimmungen(Art.75ffFusG).

3.3.2.Betriebsübergangstheorie

DieBetriebsübergangstheoriekannalsRückzugspositionoderalsrestriktivereVariantederUniversalsukzessions-theorie verstandenwerden.DieAnhänger derBetriebs-übergangstheoriebejaheneinenautomatischenVertrags-übergang bei der partiellen Universalsukzession, wennder übertragene Vertrag mit den anderen übertragenenVermögensgegenständenzusammenhängtundinsgesamteinBetriebodereinTeilbetriebübertragenwird102.Etwasweniger strenge Lehrmeinungen gehen davon aus, dasslediglicheinorganischerZusammenhangzueinemüber-tragenenVermögenskomplexvonAktivenundPassivenbestehenmuss103.

Die Argumente für die Betriebsübertragungstheoriebasieren vorwiegend auf demZweck des Fusionsgeset-zes,Umstrukturierungenzuerleichtern.VordiesemHin-tergrundsprecheeinefunktionaleBetrachtungsweisefüreineUnterscheidungzwischenderÜbertragungvonEin-

erschwert oder gar verunmöglicht. Kommt noch hinzu,dass gemäss unstrittigerAuffassungmittels derVermö-gensübertragung Forderungen und Schulden übertragenwerden können. Bei synallagmatischenVertragsverhält-nissen handelt es sich gerade imWesentlichen um eineKombination von Forderungen und Schulden, welcheeingesamtheitlichesGanzesbilden.Danunaberallege-genwärtigenundzukünftigenForderungenundSchuldenauseinemVertragsverhältnisübertragenwerdenkönnen,wirkt das Festhalten an einem Zurückbleiben des zumSkelett reduzierten Vertragsverhältnisses geradezu ana-chronistisch und ist weder rechtspolitisch noch ökono-mischsinnvoll96.

Zudemistzuberücksichtigen,dasseinVertragsüber-gangnichtnurregelmässigimInteressedesübernehmen-denRechtsträgers ist,weilnurdamitdieWeiterführungdes Geschäfts sichergestellt werden kann97, sondern imNormalfallauchfürdieweiterhinandenVertraggebun-deneGegenpartei,die,wiebereitsdargestellt,beieinemVertragsübergang dank der inArt. 75 FusG gesetzlichvorgesehenen Solidarhaftung (sowie der situativen Si-cherstellungspflicht)wesentlichbessergestelltistalsbeieinemVerbleib des Vertragsverhältnisses beim übertra-genden Rechtsträger. Insbesondere für den Arbeitsver-trag,womanesmiteinernotorischbesondersschützens-werten Partei zu tun hat, statuiert der Gesetzgeber denautomatischenVertragsübergang ausdrücklich als Regelund suggeriert entsprechend,dassdamitderSchutzdesVertragspartnersambestengewährleistetist98.

WeiterlegtaucheinBlicküberdieGrenzedenSchlussnahe, dassmit derVermögensübertragung auch ein au-tomatischer Vertragsübergang stattfindet. So anerkenntinsbesondere das deutsche Recht den automatischenÜbergangvonVerträgenimRahmeneinerpartiellenUni-versalsukzession99. Genau die Bestimmungen des deut-

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108 frick(FN14),Art.69N22.109 «FürdieAnwendbarkeitvonArt.333ORisterforderlichundhin-

reichend,dassdieorganisatorischeEinheitihreIdentität,d.h.denBetriebszweck,dieOrganisationunddenindividuellenCharakter,imWesentlichenbewahrt.DiesistaufGrundsämtlicherdenVor-gangkennzeichnendenTatsachenundUmständezubeurteilen.VonentscheidenderBedeutungistdabei,obdieselbeodereinegleich-artigeGeschäftstätigkeitvomneuenInhabertatsächlichweiterge-führtoderwiederaufgenommenwird.Dabeigenügteineblossob-ligatorische,alsoauchmietweiseÜbertragungderNutzungs-undGebrauchsrechte an den Produktionsmitteln. Eine Rechtsbezie-hungzwischendemursprünglichenunddemneuenArbeitgeberistnichterforderlich»(BGerC9/04vom28.März,E.3.3,mitVerweisaufBGE129III335).

110 Vgl.SchuMAcher(FN40),151.111 KreisschreibenderESTVNr.5vom1.Juni2004,22.112 Vgl.behniSch/büchi(FN100),Rz.9.113 AuchbeiVorliegeneinesSteuerrulings,inwelchemdieSteuerbe-

hördenbestätigen,dassdervomSteuerpflichtigenkonkretdarge-stellteSachverhalteinenbestimmtensteuerlichenTatbestanderfülltunddamitdiedafürvorgesehenenSteuerfolgennachsichzieht,fin-detdieÜberprüfung,obsichdervonSteuerpflichtigendargestellteSachverhaltinderPraxisauchtatsächlichwiegeschildertverwirk-lichthat, erst imNachhinein–d.h. imRahmenderVeranlagungoderallenfallseinerSteuerrevision–statt.Erstdannstündedamitendgültigfest,obeszueinemautomatischenVertragsübergangge-kommenistodernicht.

104 binder(FN11),130;bohrer(FN91),937.105 SchuMAcher(FN40),151.106 tSchäni(FN2),97.107 frick (FN 14),Art. 69N 22; vgl. auchloSer-krogh (FN 5),

1107.

DispositionstehenderzuArt.181ORentwickelteBegriffdesBetriebesalseinorganischinsichgeschlossenesGan-zes108,derBetriebsbegriffgemässArt.333OR109oderdersteuerrechtliche Betriebsbegriff110, wonach ein BetrieboderTeilbetriebdannvorliegt,wenndieUnternehmungLeistungen auf demMarkt oder an verbundene Unter-nehmenerbringt,überPersonalverfügtundderPersonal-aufwand in einem sachgerechtenVerhältnis zumErtragsteht111.ImInteresseeinerWertungskongruenzzwischenZivil-undSteuerrecht112solltewohlaufdenletzterenBe-griff abgestelltwerden,wodurchbeiAnwendungdieserTheorieeinautomatischerVertragsübergangzumindestindenFällenstattfindet,woeinRulingderzuständigenkan-tonalenSteuerverwaltungexistiert,welchesdasVorliegeneinesBetriebsbzw.Betriebsteilsbestätigt113.

Gegen die Betriebsübergangstheorie spricht jedoch,dass sie keinerlei gesetzliche Grundlage hat. Einerseitswürde mit der Betriebsübergangstheorie innerhalb derbeiden Umstrukturierungstatbestände der Vermögens-übertragung und der Abspaltung eine gesetzlich nichtvorgesehene Inkohärenz geschaffen, weil der Vertrags-übergang je nach Zusammensetzung der übertragenenAktivenundPassivenundderenQualifikationalsBetrieboderTeilbetrieb unterschiedlich gehandhabtwürde, d.h.automatischstattfändeoderebennicht.Zudemfändebeieiner Fusion und einerAufspaltung eine Universalsuk-zessionstatt,auchwenndieübertragendenRechtsträger

zelaktiveneinerseitsundderjenigenvonBetriebenoderTeilbetriebenandererseits.DieÜbertragungvonEinzel-aktivenmittelseinerVermögensübertragungseizwarex-plizitzulässig,dieneabernichtdemvomFusionsgesetzangestrebtenZweck,Unternehmensrestrukturierungenzuerleichtern,sonderneshandlesichdabeiumeineklassi-scheSingularsukzession,die funktionalnichtsmiteinerFusionzutunhabe.AndersseidieSituationbeiderBe-triebsübertragung, welche funktional mit einer FusionodereinerAufspaltungvergleichbarsei.Hierstehedurchden Übergang eines in sich geschlossenen Betriebesoder Teilbetriebes das quasikörperschaftliche ElementimVordergrund,welchesdieAnwendbarkeitderkörper-schaftlich orientierten Fusionsbestimmungen und damitder Universalsukzession rechtfertige. Daher sollten dieRechtsfolgeneinerUniversalsukzessionaufdieÜbertra-gungeinesBetriebsoderTeilbetriebsAnwendungfinden,nichtaberaufdieÜbertragungvonEinzelaktiven104.Nurbeim Übergang eines Betriebs oder eines BetriebsteilsvermöchtendieüberwiegendenInteressenderUmstruk-turierungdieVerletzungderAbschluss-undPartnerwahl-freiheitdesVertragsrechtszurechtfertigen105.InsolchenKonstellationengehenebendemVertragsverhältnisauchdasdazugehörigeHaftungssubstratmitunddieVertrags-gegenparteien könnten sich darauf verlassen, dass diesachlichen Voraussetzungen für die Vertragserfüllungweiterhingegebenseien106.

InanderenKonstellationen,d.h.,wennesnichtumdieÜbertragungeinesganzenBetriebsoderzumindesteinesTeilbetriebs geht, sondern nur Einzelgegenstände odermehroderwenigerzufälligzusammengewürfelteVermö-gensteileübertragenwerden,würdeeinVertragsübergangohne Zustimmung der Gegenpartei dem (tatsächlichenoder hypothetischen) Parteiwillen der betroffenen Par-teienwidersprechenundoftmalsgareinenUmgehungs-tatbestanderfüllen.DamitmüsseeinVertragspartnerbeiVertragsabschlussnachdemVertrauensprinzipnichtrech-nen.DahermüssedieGegenparteiinsolchenKonstella-tioneninjedemFallumihreZustimmungersuchtwerden.EinVertragspartnermüssehingegendamitrechnen,dassimVerlauf derVertragsbeziehungmit einemUnterneh-mendiesesseinenBetriebüberträgt–unddamitauchdasaufdiesenbezogeneVertragsverhältnis107.

Offenist,aufwelchenBegriffdesBetriebesimRah-men der Betriebsübergangstheorie abzustellen ist. Zur

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116 FürdiesesPrüfverfahrenplädiertbinder(FN11),130.117 bAuer(FN24),Rz.570.118 turin (FN19),116;chriStiAn chAMPeAux/nicholAS turin,

Check-ListenfürUmstrukturierungennachdemFusionsgesetz,in:REPRAX2004,90.

119 turin(FN19),114f.120 rAShid bAhAr,in:HenryPeter/RitaTrigoTrindade(Hrsg.),Com-

mentairedelaLoiFédéralesurlaFusion,laScission,laTransfor-mationetleTransfertdePatrimoineainsiquedesdispositionsdesloisfédéralesmodifiéesparlaLFus(LDFR,CO,LFors,LDIP,CP,LT,LIFD,LHID,LIA,LPP,LB,LSA),Genève2005,Art.69N10.

121 Anders jedoch die ständigeRechtsprechung desBundesgerichts,vgl.etwaBGE127III318E.2,welchebeiderAuslegunginersterLinievomGesetzeswortlautausgeht.

114 DemVertragspartnerdesnichtübertragenenVertragesverbleibendamitnurdie allgemeinenKampfmittel desZivil- undKonkurs-rechts:Art.2ZGB(s.etwaBGE113II31unddazuJeAn nicolAS druey/AlexAnder Vogel,DasschweizerischeKonzernrechtinderPraxisderGerichte,Zürich1999,43ff.)sowieArt.288SchKG,wiediesbereitsunterArt.181aORderFallwar,s.etwabucher(FN67),589f.

115 bAuer(FN24),Rz.570;kunz(FN3),812.

Handelsregisterbehörden, sondern nach erfolgter Han-delsregistereintragungdieGerichteüberprüfensollen,obdasBetriebserfordernis erfüllt ist und somit einVertragnuntatsächlichimRahmeneinerVermögensübertragungandenübernehmendenRechtsträgerübergegangenist116,erscheintnichtpraktikabelundvermagdenunerwünsch-tenSchwebezustandauchnichtzubeseitigen.EinsolchesVorgehenbrächte– selbstwennsichnocheineinheitli-cher Betriebsbegriff herauskristallisieren würde – einemassiveRechtsunsicherheitmitsich117.

3.3.3.Zustimmungstheorie

Die Vertreter der Zustimmungstheorie verneinen dieMöglichkeit einesVertragsübergangs ohneZustimmungderGegenparteiimRahmeneinerVermögensübertragungoder einerAbspaltung.Verträgebzw.Vertragsparteistel-lungenwürdensomitausdemWirkungsbereichderpar-tiellenUniversalsukzessionfallen.DiefüreinenVertrags-übergangnotwendigeZustimmungmussjedochnichterstimNachhinein, sondernkannauch imVorauseingeholtwerden118.DamitkannimVorfeldeinerTransaktionim-merhin – wenn auch je nach den Umständen mit sehrgrossemAufwand–fürRechtssicherheitgesorgtwerden.

DieAnhängerderZustimmungstheoriegeheninihrerArgumentationvorabdavonaus,dassessichbeiderVer-mögensübertragung lediglich um eine «Übertragung ge-mässInventar»handelt,welchequalitativandereRechts-wirkungennachsichziehtalseineUniversalsukzession119.Sieweisenzudemdaraufhin,dassimGesetzvomÜber-gangvonAktivenundPassivendieRedeist,wozuVerträ-gegemässallgemeinerAuffassungnichtgehörten120.

Hauptargument für die Zustimmungstheorie bildetjedoch der vermeintlicheWille des Gesetzgebers, weildiesem–sodieVerfechterderZustimmungstheorie–beijüngerenGesetzeneinebesondereBedeutungzukommensoll121. Diesbezüglich ist für dieAnhänger der Zustim-

keinenBetrieb–sondernnureinzelneAktivenundVer-träge–übertragen,währenddiesbeiderVermögensüber-tragung–undkonsequenterweisewohlauchbeiderAb-spaltung–nichtderFallwäre.AndererseitsvermagdieBetriebsübergangstheorienureinenSchutzzubietenge-genvoneinemBetriebsüberganglosgelösteVertragsüber-tragungen– d.h.,welche imRahmen einerVermögens-übertragung oder Abspaltung erfolgen, in welcher einTeilvermögen übertragenwird, das nicht alsTeilbetriebqualifiziert–wogegenbereitsdiegesetzlichvorgeseheneSolidarhaftung (mit situativer, gegenüber der Spaltungzeitlich verlängerter Sicherheitsleistungspflicht) u.E. ei-nenquantitativwiequalitativvölliggenügendenSchutzbietet.Auch die Betriebsübergangstheorie bietet jedochkeinenSchutzimFalleeiner(allenfallsrechtsmissbräuch-lichen)NichtübertragungeinesVertragsverhältnissesaufdenübernehmendenRechtsträger–undzwarunabhängigdavon, ob vom übertragenden Rechtsträger ein Betriebübertragen oder bei diesem zurückbleibt und/oder derzurückbleibendeTeilübergenügendSubstanzundFähig-keitenverfügt,dennichtübertragenenVertragauchnachderUmstrukturierungzuerfüllen114.

M.a.W. bringt dieBetriebsübergangstheorie nur dorteinen(vermeintlichen)Schutz,woinAnbetrachtderge-setzlichenHaftungsregeln(Art.75FusG)u.E.garkeinernötigist,vermagaberumgekehrtauchdortkeinenSchutzzubieten,woallenfalls einer inEinzelfällennotwendigseinkönnte,weildasFusGkeinensolchenvorsieht,näm-lich in Fällen der rechtsmissbräuchlichen Nichtübertra-gungeinesVertrages imRahmeneinerVermögensüber-tragung.

Andererseits ergeben sich hinsichtlich der Anwen-dung der Betriebsübertragungstheorie grosse BedenkenbezüglichderPraktikabilität115.WolltemandiePrüfungderErfüllungdesBetriebserfordernissesdenHandelsre-gisterbehördenaufbürden,wärendiesewohlinallerRe-gel mangels entsprechenderAngaben und Belege nichtinderLage,dieÜberprüfungderBetriebseigenschaftinsinnvoller Zeit abschliessend durchzuführen, weshalbdieRechtswirksamkeitderVermögensübertragungwäh-rendderZeit,inderdiePrüfungvorgenommenwird,inderSchwebe hinge.Auch derVorschlag, dass nicht die

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128 berettA(FN16),Rz.3.129 Eine eigentlicheWahlfreiheit hätte der Vertragspartner, wenn er

autonomentscheidenkönnte,ob«sein»VertragsverhältnisaufdieübernehmendeGesellschaftübergehensollodernicht,unabhängigdavon, ob die Parteien des Vermögensübertragungsvertrags einesolchevorsehenund/odergegebenenfallsihmanbietenodernicht.

130 Vgl.etwabucher(FN67),588ff.mitVerweisaufBGE79II291undweitereAutorensowieBGE108II109,E.3f.Siehezurdispo-sitivenNaturvonArt.181aORauchBGE117II68(vorzeitigeBe-freiungdesZedenten:WegenderdispositivenNaturvonArt.181

122 bAhAr (FN 120),Art. 69 N 10;WAtter/kägi (FN 17), 236;turin(FN19),115.

123 Vgl.ErläuterungenzuArt.108aAbs.2(entsprichtheuteArt.148)des Entwurfs für dieTeilrevision derHandelsregisterverordnungvom19.Dezember2003.

124 Vgl.bAuer(FN24),Rz.517.125 kunz(FN3),812;vgl.auchWiegAnd(FN40),80.Siehezuden

Übertragungsmöglichkeiten bereits unterArt. 181 und 182 aORundArt.592Abs.2ORunten.

126 tSchäni(FN2),97f.127 böckli(FN40).

Lizenzverträge, langfristige Lieferungsverträge sowieVersicherungs- und in der Regel auchArbeitsverträge,umgekehrtaberauchfürwichtigeKundenverträge(Werk-verträgeetc.)128.

UnterdemBlickwinkeldeshypothetischenParteiwil-lensdürfte imÜbrigenauchausSichtdesVertragspart-nerseinVerbleibdesentsprechendenVertragsverhältnis-sesbeimbisherigenBetriebsträgernicht diebevorzugteLösungdarstellen:GemässArt.75FusGhaftetderüber-tragendeRechtsträger für auf den neuenBetriebs- bzw.RechtsträgerübertrageneSchuldenwährenddreierJahreab Fälligkeit der Leistungmit, während umgekehrt derneue Betriebsträger nicht für beim früheren Betriebs-träger belassene Verpflichtungen haftet. M.a.W. ist einVertragspartnerbessergeschützt,wenn«sein»Vertrags-verhältnis imRahmen derVermögensübertragung über-geht, als wenn es bei der übertragenden Gesellschaftzurückbleibt (undbspw.dieErfüllungdervertraglichenVerpflichtungengegenüberderDrittparteiausserhalbdesÜbertragungsvertragsbzw.desdazugehörigen InventarsnuriminternenVerhältniszwischenbisherigenundneuenBetriebsträgergeregeltwird):ImeinenFallhaternurei-nen,imandernFallaberzweihaftendeParteien!

DassdieVertreterderZustimmungstheoriedurcheineinseitigesAbstellenaufdasPrinzipderVertragsfreiheitdie (ohnehin unvollkommene)129 Wahlfreiheit des Ver-tragspartners gegenüber dem Interesse der Parteien desVermögensübertragungsvertrages an einer effizientenUmstrukturierungzuUnrechthöherwertenbzw.überbe-werten, zeigtaucheinBlickaufArt.181und182aORundArt.592Abs.2OR:SchonvorInkrafttretendesFusGliessderGesetzgeberzu,dassdiePassiveneinesübertra-genenGeschäfts–ohneZustimmungderGegenpartei–aufdenneuenRechtsträgerübergehenundderbisherigeRechtsträgernachAblaufeinerzweijährigenÜbergangs-frist,währenddererfürdieübertragenenForderungen–analogzuArt.75FusG–solidarischhaftete,definitivausderHaftung ausschied.Auchunter dem früherenRechthatten der übertragende und der übernehmendeRechts-trägerzudemdieMöglichkeit,einzelnePassivenvonderÜbernahmeauszunehmen130.

mungstheorie entscheidend, dass sich sowohl die Bot-schaftzumFusionsgesetz(inBezugaufdieAbspaltung)alsauchdasParlament(allerdingsinteressanterweisenurinBezugaufdieVermögensübertragung)gegeneineau-tomatische Übertragung von Verträgen ausgesprochenhätten122.DasFusionsgesetzbeabsichtigtezwarformelleErleichterungen,wollejedochdasmaterielleRecht,ein-schliesslichdieStellungderVertragsparteien,unberührtlassen123.

Auch sehen die Anhänger der ZustimmungstheorieeineMissbrauchsgefahr,wennVerträge durch eineVer-mögensübertragung, deren Inhalt frei festgelegtwerdenkann,übertragenwerdenkönnen,weilderübertragendeRechtsträgeraufdieseArtundWeiseeinseitigEntschei-denkann,anwelcheVerträgeerweiterhingebundenseinwill124.DieAnnahmeeinesautomatischenVertragsüber-gangswidersprichtihrerAnsichtnachallgemeinenobli-gationenrechtlichenPrinzipien–insbesonderedemPrin-zipderVertragsfreiheitundderdarausfliessendenfreienWahl desVertragspartners. Ein solcher Prinzipienbruchkönne nur durch die Schaffung einer lex specialis, wiez.B.Art. 333OR, gerechtfertigtwerden,was beimFu-sionsgesetzjedochunterbliebensei125.

Gegen die Zustimmungstheorie spricht jedoch, dassdie Missbrauchsgefahr wohl nur sehr selten besteht,wenn Verträge in einem Sachzusammenhang mit demVermögenskomplex bzw. einem Betrieb oder Betriebs-teil stehen, der übertragen wird126.Ausserdem verlangtdas Prinzip der vermögensrechtlichen Kontinuität, dassnichtnurdasEigentumanSachenundSachgesamtheiten,sondern auch die mit dem übergehenden Teilvermögenzusammenhängenden Vertragsverhältnisse übergehen.Sie bildenmit denübergehendenAktivenundPassivenein organisch zusammenhängendes Ganzes127. Entspre-chend ist bei Umstrukturierungen der Erwerber einesUnternehmens(-teils) imSinnedesWeiterfunktionierensdesübernommenenGeschäftsregelmässigdaraninteres-siert,bestehendeVertragsverhältnissemitDrittenzuüber-nehmen.DiesgiltinsbesonderefürVerträge,dieaufeinegewisseDauer angelegt sind, wieMiet-, Leasing- oder

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134 BGE127III318,E.2b;BGE124III266,E.4m.w.H.135 bAuer(FN24),Rz.529f.m.w.H.;ZK-FusGViScher(FN40),

Einleitung N 34; CHK-Weber (FN 40), FusG, Art. 69 N 12;MoSer (FN 14), 43; BGer 4C.385/2005 vom 31. Januar 2006,E.1.2.2.

136 AMStutz/MAbillArd(FN18),EinleitungN275.137 Vgl.böckli(FN6),§3Rz.372b;Von der crone/gerSbAch/

keSSler(FN41),Rz.966;ViScher (FN 4),161;frick(FN14),Art.69N20;BSK-FusGWAtter/büchi (FN24),Art.52N9;AMStutz/MAbillArd(FN18),EinleitungN276.

138 BotschaftzumFusionsgesetz,BBl2000V4445u.4465.139 SieheBGer4C.385/2005vom31.Januar2006,E.1.2.2.140 BegleitberichtzumVorentwurffüreinBundesgesetzüberdieFu-

sion, dieSpaltung und dieUmwandlungvonRechtsträgern (Fu-sionsgesetz),November1997,73.

141 BSK-FusGWAtter/büchi(FN24),Art.52N5.

Abs.2ORkanneinGläubigerdenfrüherenSchuldnerbereitsvordemAblaufderzweijährigenVerjährungsfristodersogarschonvorderEntstehungderForderungvonderSchuldbefreien,i.c.Befrei-ung bejaht zufolge Überbindungsklausel mit BefreiungswirkungfürübertragendePartei).SieheauchBGE126III375:DurchdieUnterzeichnungeinerneuenBürgschaftserklärungdurchdieüber-nehmendeGesellschafterfolgteineNovation,womitdieübertra-gendeGesellschaftalsSchuldnerinausscheidet (unddamitkeineHaftungnachArt.181aORmehrbesteht).

131 böckli(FN6),§3Rz.372b;Altenburger/cAlderAn/lederer(FN26),Rz.864;Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.968;MAroldA MArtinez/Von der crone(FN9),302.

132 Altenburger/cAlderAn/lederer(FN26),Rz.428f.133 BGE127III318,E.2b;BGE125III57,E.2b;BGE120II112,

E.3a.

terstellen134. Der partiellen Universalsukzession kommtnachWortlautundZweckderBestimmunginqualitativerHinsichtsomitdiegleicheWirkungzuwiedervollständi-genUniversalsukzession,beiwelchereinautomatischerVertragsübergangunbestritten ist135.WasdieTerminolo-gieanbelangt,istzudemdaraufhinzuweisen,dassinderBotschaft zum Fusionsgesetz die Begriffe Übertragunggemäss Inventar und partielle Universalsukzession alsSynonyme verwendet werden. Ein qualitativer Unter-schied imHinblickaufderenRechtswirkungenexistiertsomitnicht136.

Auchmussman sich fragen,wieverbindlichdie imRahmen der Debatte im Nationalrat gemachten Mei-nungsäusserungensind,dasiekeinenexplizitenNieder-schlag imGesetzestext gefunden haben. EineMeinungdesStänderatesliegtzudemnichtvor137.ImHinblickaufdieBotschaft gilt es ausserdem zu bedenken, dass sichdiese lediglich imZusammenhangmitderSpaltungmitderProblematikdesVertragsübergangsauseinandersetztund einen automatischen Übergang verneint, eine An-sicht,dievomBundesgerichtzwischenzeitlich–wieer-wähnt–abgelehntundimgegenteiligenSinnentschiedenwurde. Im Zusammenhang mit der Vermögensübertra-gungkannderBotschaftkeineentsprechendeMeinungs-äusserungentnommenwerden138.AusserdemlassensichderBotschaft–wiediesauchdasBundesgericht139expli-zithinsichtlichdergleichenProblematikbeiderSpaltungfesthält–keineBeweggründeoderüberzeugendeArgu-menteentnehmen,wiesoeinautomatischerVertragsüber-gang – imGegensatz zur Regelung imVorentwurf140 –ausgeschlossenseinsollte141.

ImZusammenhangmitAbspaltungenwürdedieAn-wendung der Zustimmungstheorie ausserdem dazu füh-ren,dass innerhalbdesSpaltungsrechtseineInkohärenzzwischenAuf- undAbspaltungen bestünde: Da bei derAufspaltung die übertragende Gesellschaft untergeht,

Entscheidend ist auch, dass durch dieVerweigerungeiner notwendigen Zustimmung eine Umstrukturierungverunmöglichtwerdenkönnte,womitdieZustimmungs-pflicht dem Zweck des Fusionsgesetzes – Umstruktu-rierungen durch die Beseitigung erschwerender Form-erfordernisse zu erleichtern – widerspricht. Gerade imZusammenhang mit komplexen Sachverhalten und beiderÜbertragungganzerBetriebeoderTeilbetriebewirddas Rechtsinstitut derVermögensübertragung durch einallfälliges Zustimmungserfordernis zu einem Vertrags-überganginseinempraktischenWertbeeinträchtigt131.

Die partielle Universalsukzession würde durch dasZustimmungserfordernis zu einer qualitativ limitiertenUniversalsukzession, fürdiees imGesetzkeineGrund-lage gibt132. Im Gegenteil: Das Gesetz verwendet auchbei der Vermögensübertragung den gleichen Wortlaut(Übergang von Gesetzes wegen) wie bei der Fusion.Gemäss ständiger Rechtsprechung des BundesgerichtsisteineGesetzesbestimmung inersterLinienach ihremWortlautauszulegen.EsgibtauchbeineuerenGesetzenkeineDominanz des historischenAuslegungselementes.An einen klaren und unzweideutigen GesetzeswortlautistdierechtsanwendendeBehördegebunden,soferndie-ser den wirklichen Sinn der Norm wiedergibt.Abwei-chungen von einem klarenWortlaut sind nur zulässig,wenntriftigeGründezurAnnahmebestehen,dassdiesernichtdemwahrenSinnderBestimmungentsprichtoderwenndiewörtlicheAuslegungzueinemErgebnisführt,das der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann133. Die-seVoraussetzungensindvorliegendjedochnichterfüllt.ImÜbrigensindbeiderAuslegungalleherkömmlichenAuslegungselemente zu berücksichtigen (systematische,teleologische,historischeund rechtsvergleichende),wo-bei dasBundesgericht bekanntlich einen pragmatischenMethodenpluralismusbefolgtundesablehnt,dieeinzel-nenAuslegungselemente einer Prioritätsordnung zu un-

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144 tSchäni (FN 2), 96;MoSer (FN 14), 43; ZK-FusG ViScher(FN40),EinleitungN34;Peter(FN14),228;ViScher (FN 4),160; bohrer (FN 91), 936 f.; BSK-FusG WAtter/ büchi(FN 24), Art. 52 N 3; Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN 41), Rz. 976; AeberSold (FN 2), Rz. 41; MAlAcridA(FN40),61.

145 BGer4C.385/2005vom31.Januar2006,E.1.1.2.146 SiehehauptsächlichArt.181f.aORundArt.27undArt.333OR.

142 glAnzMAnn (FN40), 822; schliesslichdrängt sichgemässZK-FusGViScher(FN40),EinleitungN29,fürbeideRechtsinstituteaufgrund ihrerAnalogie die gleiche Lösung bezüglichVertrags-übergangauf.

143 SiehedieHinweisevornebeiFN125.

zureichenden Schutz vorsieht und nimmt dafür gleich-zeitig unnötige Erschwernisse imAblauf einer Vermö-gensübertragungundeineerheblicheRechtsunsicherheitfürdieanderUmstrukturierungbeteiligtenRechtsträgerinKauf,selbstwennaufdensteuerrechtlichenBetriebs-begriffabgestelltwürde.AuchsieistdaherimResultat–wiedieZustimmungstheorie–klarabzulehnen.

MitderganzüberwiegendenLehre144–undder(vor-erst)erstenMeinungsäusserungdesBundesgerichtshin-sichtlichdesanalogenVorgangsbeiderSpaltung145–istsomit davon auszugehen, dass die bei der Vermögens-übertragung stattfindende partielle Universalsukzessionnurdahingehendpartiell ist,dassnichtalle, sondern le-diglich die inventarisierten bzw. im Inventar genügendklarumschriebenenVermögenswerteübertragenwerden.EineEinschränkunginqualitativerHinsicht,d.h.bezüg-lich derWirkungen dieser (partiellen)Universalsukzes-sion,istjedochzuverneinen.Diesgiltunabhängigdavon,obdieVermögensübertragungnureinzelne,losezusam-menhängendeObjekte, einTeilvermögen, einenBetrieboder Betriebsteil oder auch nur einen einzigen Vermö-genswerterfasst.

Somit können im Rahmen einer Vermögensübertra-gungauchganzeVertragsverhältnisse–undnichtnurdiedarausfliessendenRechteundPflichtenbzw.Forderun-genundSchulden–übertragenwerden.DiesstehtimEin-klangmitdemZweckdesFusionsgesetzesundfördertdieAttraktivitätderVermögensübertragung,diebeiderAn-wendungderZustimmungs-wieauchderBetriebsüber-gangstheorie eines ihrer wesentlichen Vorteile beraubtwürde.Ausserdemwirddadurch innerhalbdesFusions-gesetzes eine Inkohärenz zwischen den einzelnen Um-strukturierungstatbeständen bezüglich der BehandlungdesÜbergangsvonVertragsverhältnissenvermieden.

4. HindernissefürdenVertragsübergang

MitdemInstitutderVermögensübertragungkanndamitdie – allerdings bereits vor seinem Inkrafttreten in ver-schiedenenFällen146bereitsabgeschwächte–Grundregeldurchbrochenwerden,wodurchderÜbergangeinesVer-

müssen(sämtliche)Verträgezwangsläufig(automatisch)übertragen werden können. Ist die (zustimmungsfreie)Vertragsübertragung aber bei Aufspaltungen möglich,gibteskeinenüberzeugendenGrund,diesenichtauchbeiderAbspaltungzuzulassen.Schliesslichmusseinbeiei-nerAbspaltungzulässigerVertragsübergangauchbeiei-nerVermögensübertragungzulässigsein142.

3.3.4.Bewertung

DieZustimmungstheoriemagzwareinernichtnäherbe-gründetennationalrätlichenMeinungsäusserungundderebenfalls nicht begründetenMeinungsäusserung – bzw.dem unbegründeten Meinungsumschwung gegenüberdemVorentwurf–inderBotschaftzumFusionsgesetzent-sprechen,siestehtjedochdemHauptzweckdesFusions-gesetzes–Umstrukturierungenzuerleichtern–diametralentgegen.Auchistfraglich,welchesGewichtundwelcheVerbindlichkeit der nationalrätlichen Debatte sowie derBotschaftüberhauptzukommen,insbesonderewennmanbedenkt, dass derGesetzgeber einen zustimmungslosenÜbergangvonPassiven–unddamit auchvertraglichenVerpflichtungen–bereitsunterArt.181aORvorsahunddamitbereitsvordemFusionsgesetzdasInteresseanef-fizientenUmstrukturierungendem(absolutverstandenen)Prinzip der Vertragsfreiheit überordnete. SchliesslichverwendetderGesetzgeberbeidenUmstrukturierungsin-strumentenFusion,SpaltungundVermögensübertragungdieselbeTerminologie,ohnedasseineallfälligeIntention,wonachdiedreiTatbeständeunterschiedlichzuhandha-benwären,imGesetzestextihrenNiederschlaggefundenhätte.AuchausrechtsvergleichenderSichtgibteskeineüberzeugendenArgumente,welchefürdieZustimmungs-theorie sprechen würden143. Der Betriebsübergangs-theorie,welche aufgrund funktionalerÜberlegungen ei-nen automatischen Vertragsübergang nur zulassen will,wenn gleichzeitig ein mit dem entsprechenden VertragzusammenhängenderBetrieboderBetriebsteilübertragenwird,mangeltesnichtnuraneinergesetzlichenGrundla-ge,sondernauch–vordemHintergrunddersolidarischenHaftungdesübertragendenRechtsträgers–aneinemaus-gewiesenenMehrwert.Sieversucht,dorteinengenerel-len, präventiven (und daher unnötig überschiessenden)Schutzzubieten,wobereitsArt.75FusGdurchentspre-chendeGläubigerschutzbestimmungen einen u.E. völlig

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151 Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.1000f.152 berettA (FN 16), 237 f. m.w.H.; BSK-FusG WAtter/büchi

(FN24),Art.52N16;Vogel/heiz/behniSch(FN4),Art.3N9.153 BSK-FusGWAtter/büchi (FN 24),Art. 52 N 11; BSK-FusG

MAlAcridA(FN23),Art.73N21;ZK-FusGViScher(FN40),EinleitungN40;Peter(FN14),229;a.M.turin,derauchver-tragliche Übertragungsverbote für zwingend zu berücksichtigenhält.

154 bohrer (FN 91), 938; Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN 41), Rz. 1002. Für ZK-FusGViScher (FN 40), EinleitungN40,undZK-FusGberettA(FN13),VorArt.69–77N44,istdieUmdeutungdesÜbertragungsverbotesineinKündigungsrechtderRegelfall.

147 WiegAnd(FN40),84.148 berettA(FN16),Rz.8.149 ZK-FusGberettA(FN13),VorArt.69–77N41.150 Altenburger/cAlderAn/lederer (FN26),Rz. 865; vgl. auch

Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.999.

EinKontrollwechselmitBlickaufdenübertragenenVer-tragliegtjedochnachTreuundGlaubenwohlimmerdannvor,wennderübernehmendeRechtsträgernichtvomglei-chenGesellschafter–bzw.«ultimatebeneficiary»–be-herrschtwirdwiederübertragendeRechtsträger151.

4.2. VertraglicheundgesetzlicheÜbertragungsbeschränkungen

EsstehtdenParteieneinesVertragesfrei,zuvereinbaren,dassderVertragnichtodernurmitZustimmungderGe-genparteianeinenDrittenübertragenwerdendarf.Über-tragungsvorbehalteodersogar-verbotekönnenaberauchkraftGesetzesbestehen.EsistdaherimEinzelnenzuprü-fen,wieweit solch vorbestehendeÜbertragungsverboteder (partiellen) Universalsukzession im Rahmen einerSpaltungoderVermögensübertragungentgegenstehen.

Der Grundsatz, dass eine Universalsukzession alleRechts- undVermögenspositionen erfasst, gilt nach all-gemeinerAuffassungnichtuneingeschränkt.Denkbaristbeispielsweise,dassderWirkungeinerUniversalsukzes-sionöffentlich-rechtlicheBewilligungsvorbehalteentge-genstehen,was insbesondere bei derÜbertragung einerKonzessionein(allerdingsoftüberwindbares)Hindernisdarstellen kann. Solche gesetzlichen Übertragungsvor-behalteodergar-verbote(insbesonderedesöffentlichenRechts)könnenauchdenÜbergangeines(wohlmeistöf-fentlich-rechtlichen)Vertragsverhältnisses verhindern152.Rein privatrechtlich vereinbarte vertragliche Übertra-gungsverbote oder Zustimmungserfordernisse könnenwiebeiderFusiondenEintrittdervonGesetzeswegenvorgesehenenUniversalsukzessiondagegennichtverhin-dern.AllerdingskönnenzwischendenParteieneinersol-chen vertraglichenAbsprache obligatorischeAnsprücheetwaaufSchadenersatzentstehen,wenngegendasÜber-tragungsverbotverstossenwird153.ImEinzelfallistauchzuprüfen,obderbesondereSchutzzweckdesvertragli-chenÜbertragungsverbotes eine ausserordentlicheKün-digungsmöglichkeitalsgerechtfertigterscheinenlässt154.

tragsverhältnissesalsGanzesnurdurchdreiseitigenKon-sensunddamitvorallemunterZustimmungderanderÜbertragungnichtbeteiligten,aberimVertragverbleiben-denGegenparteizulässigist.Diesbedeutet,dasssichdieParteienvonDauerschuldverhältnissendaraufeinstellenmüssen,dasssiesichohneihrZutunmitneuenVertrags-partnernkonfrontiertsehen147.DadiesineinzelnenKon-stellationenzuunbilligenErgebnissenoderMissbräuchenführenkann,mussesfürdenautomatischen–d.h.nichtzustimmungsbedürftigen–VertragsübergangGrenzenge-benbzw.müssenineinzelnenSituationenKorrekturme-chanismenexistieren,umdienegativenFolgeneinesau-tomatischenVertragsübergangszukorrigierenundeinenAusgleich zwischen den Strukturanpassungsinteresseneinerseits und dem von der Privatautonomie gebotenenSchutzvoraufgezwungenenVeränderungenvonSchuld-verhältnissenanderseitswiederherzustellen.

EswürdeallerdingsdemPrinzipderpartiellenUniver-salsukzession– und auchderRechtssicherheit –wider-sprechen,wennsichdieDrittparteigegendenVertrags-übergangalssolchenwehrenkönnte.EineLösungkanndahernurdarinbestehen,derDrittparteiuntergewissenUmständendieMöglichkeit einzuräumen, sichausdembereitsübergegangenenVertragzu lösen148.SolcheAuf-lösungsmöglichkeitenmüssenjedochklardieAusnahmebleiben,dadieDrittparteiimRegelfall,wiebereitsaus-geführt,durchdieGläubigerschutzbestimmungendesFu-sionsgesetzes(Art.75)genügendgeschütztist149.

4.1. Change-of-Control-Klauseln

Beim Übergang von Dauerschuldverhältnissen könnenallenfallsdarinenthaltene«changeofcontrol»-KlauselnvonBedeutungsein.Oftmalsenthalten langfristigeVer-trägeBestimmungen, die bei einemEigentümerwechseldiesofortigeKündbarkeitoderallenfallssogardieunmit-telbare Beendigung der bestehenden Vertragsbeziehungvorsehen150. Soweit die entsprechende Vertragsbestim-mungnichtdefiniert,wasalsKontrollwechselgilt,istbeijederTransaktionzuuntersuchen,obsiezueinemmass-gebendenWechsel in der Einflussnahme auf eine Ver-tragsparteiführt.

BeieinerVermögensübertragungfindetkeineVerän-derung der Beteiligungsverhältnisse statt, sondern desRechtsträgers,weilessichumeinenAssetDealhandelt.

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159 Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.1007.160 berettA(FN16),Rz.11;sieheauchBGE122III262,E.2a/aa.161 BSK-FusGMAlAcridA(FN23),Art.73N20.162 Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.1009;berettA

(FN16),Rz.12.163 Von der crone/gerSbAch/keSSler (FN41),Rz.1010.Über-

dieshinausnehmenwirUnzumutbarkeitauchdannan,wennderübernehmendeRechtsträgereinrisikoreichereroderwenigerkre-ditwürdigerVertragspartneralsderübertragendeRechtsträgerist.U.E. ist in solchen Fällen jedoch angesichts des Schutzes durchArt. 75FusGnur äusserst zurückhaltendvoneinerUnzumutbar-keitauszugehen,namentlichauchdarum,weildieDreijahresfristvonArt.75FusGerstbeiFälligkeitderentsprechendenLeistungzulaufenbeginntunddieGegenparteidamitinallerRegelgenü-gendZeitbleibt,aufdenübertragendenRechtsträgerzurückzugrei-fenundgegebenenfallssogarSicherstellungderihmgeschuldetenLeistungzuverlangen.

155 berettA(FN16),Rz.10;ViScher (fn 4),161.156 bAuer(FN24),Rz.191;ZK-FusGViScher(FN40),Einleitung

N42f.157 berettA(FN16),239.158 Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.1004.

tomatischerÜbergangimRahmeneinerökonomischzu-sammenhängendenEinheitkeineProblemebereiten159.

4.4. AndereGründefürdieUnzumutbarkeitdesVertragsübergangs

DerÜbergangdesVertragsverhältnisseskannfürdieanderTransaktionnichtbeteiligteParteiaufgrundkonkreterUmständeunzumutbarseinunddahereineausserordent-licheKündigungdesVertragsverhältnissesrechtfertigen.Dasergibt sichbereitsausdemanerkanntenGrundsatz,dassDauerschuldverhältnisseauswichtigemGrundauf-gelöstwerdenkönnen160.

Unzumutbarkeit liegtnebendembereitsbehandeltenFall von ad personam abgeschlossenen Verträgen auchdann vor, wenn die an der Transaktion nicht beteiligtePartei plötzlich einen Konkurrenten als Vertragspartnererhält161oderwenndieDrittparteibereitsineinemande-renVertragsverhältnismiteinemKonkurrentendesneuenVertragspartnerssteht,dasmitdemübergegangenenVer-tragnichtvereinbarist162.

Wo derWechsel derVertragspartei infolge desVer-tragsübergangsfürdieDrittparteinichtgenerellunzumut-barist,kannderbestehendeInhaltoderdieDauerdesVer-trages aufgrund der veränderten Umstände unzumutbarwerden.InsolchenKonstellationendrängtsichstatteinerKündigungvielmehr eineblosseAnpassungdesVertra-gesauf.Dieswärebeispielsweisedenkbar,wennsichderLeistungs-bzw.LieferungsumfangnachderTransaktionmassivausdehntodermassivzurückbildet163.

4.5. Rechtsmissbrauch

Das inArt. 2 ZGB statuierte RechtsmissbrauchsverbotistaufgrundseinesfundamentalenCharaktersfürdasge-

4.3. AdpersonamabgeschlosseneVerträge

InAusnahmefällenkannderSchuldnerverpflichtetsein,seineLeistungpersönlichzuerbringen(Art.68OR).Alspersönlich zu erfüllen geltend für einen dem Fusions-gesetz unterstehenden Rechtsträger z.B. Verpflichtun-gen zu Arbeitsleistungen aus Werkverträgen (Art. 364Abs.2OR)oderAufträgen(Art.398Abs.3OR).AberauchandereVerträgekönnenausdrücklichadpersonamabgeschlossenwerden, z.B.wenn ihnen ein besonderesVertrauensverhältnis zugrunde liegt oder sie eine starkpersönlichkeitsrelevante Komponente aufweisen155. EinVertragkannbeispielsweiseinderWeisepersönlichge-prägtsein,alsdassdieverbleibendeParteiinhohemMassvonihrerGegenparteiabhängigistoderweilderBestandundInhaltdesVertragesDrittengegenüberausGründengeheimgehaltenwerdenmuss,dieinderSphärederver-bleibendenParteiliegen156.

In solchen Konstellationen erscheint es einerseitsstossend,wennderGegenpartei gegen ihrenWillen einneuerVertragspartneraufgezwungenwird,densienichtselbstbestimmt.DieGegenparteimussvordennegativenFolgengeschütztwerden,diesichausdemWechseldesVertragspartnersergeben.DaheristihrinsolchenSonder-situationeneinausserordentlichesKündigungsrechtodereinRecht aufAnpassung desVertragsverhältnisses ein-zuräumen, sofernderVertragsübergangnichtzugemutetwerdenkann157.

AndererseitsbestehtdieGefahr,dassbeimÜbergangeiner persönlichen Verbindlichkeit der neue Schuldnergarnichterfüllenkann.Diesfalls liegteinFallvonsub-jektiverUnmöglichkeitvor.DerneueSchuldner,welcherjaalsParteiderTransaktiondenÜbergangmitverursachthat,mussdieseUnmöglichkeitauchverantworten.Esge-langendieentsprechendenRegelndesallgemeinenTeilsdesORzurAnwendung158,inKombinationmitdersoli-darischen Haftung des ursprünglichen VertragspartnersgemässArt.75FusG.

FürdieFragederHöchstpersönlichkeitvonLeistungs-pflichten ist jedoch zu beachten, dass die geschuldetenLeistungen sowohl auf Seiten des Schuldners als auchauf Seiten desGläubigers oftmals an einen bestimmtenBetriebbzw.gegebenenfallsdessenwesentlichenMitar-beiter oderKader undweniger an denRechtsträger alssolchengebundensind.InderRegeldürftedahereinau-

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Der Vert ragsübergang be i Vermögensübert ragungen nach Fus ionsgesetz

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170 BGer4C.385/2005vom31.Januar2006,E.1.1.2.

genundzukünftigenForderungenundSchuldenausei-nemVertrag,sondernauchdasVertragsverhältnisselberunoactuundvonGesetzeswegenandenübernehmendenRechtsträger übergehen.Nur so kann demHauptzweckdes Fusionsgesetzes – Umstrukturierungen zu erleich-tern–Rechnunggetragenwerden.

Der automatische Vertragsübergang ergibt sich ins-besondere aus demPrinzip der partiellenUniversalsuk-zession.EinesolchepartielleUniversalsukzession ist inihren qualitativen Rechtswirkungen einer vollkomme-nen Universalsukzession gleichgestellt. Die Partialitätbeziehtsich lediglichaufdenquantitativenUmfangderübertragenenVermögensgegenstände. ImGegensatz zurvollkommenenUniversalsukzessionstehtesdenParteienimRahmenderVermögensübertragungfreizudefinieren,welcheVermögensgegenständeübertragenwerden.Auchführt eineVermögensübertragung nicht zumUntergangdesbisherigenRechtsträgers.Alleinedeshalbeinenauto-matischenVertragsübergangverneinenzuwollen,würdejedoch bedeuten, eine wenig überzeugende BruchstelleimFusionsgesetzzuschaffen,dabeiderAufspaltungVer-tragsverhältnisse offensichtlich auf die übernehmendenRechtsträgerübergehenmüssen.WasbeieinerAufspal-tungmöglich ist,muss jedoch auchbei derAbspaltungerlaubtsein,daderGesetzgeberdiebeidenSpaltungstat-beständegleichbehandelt.DieseInterpretationentsprichtauch der neuesten bundesgerichtlichen RechtsprechungzurSpaltung170.Wenn imRahmeneinerAbspaltungso-mitVerträge übertragenwerden können, gibt es keinenGrund,wiesodiesbeimstrukturellähnlichenVorgangderVermögensübertragungausgeschlossenseinsollte.

WieüberallbestehtauchbeiderVermögensübertra-gungalsfusionsrechtlichemPassepartoutdieGefahrdesMissbrauchs.DasMissbrauchspotenzialwirdvorallemdarin geortet, dass es im Belieben der Parteien steht,welche Vermögensgegenstände übertragen werden,währendesabernichtzwingendzueinemUntergangdesübertragendenRechtsträgers kommt.Dadurch könntenunredliche Vertragsparteien dazu verleitet werden, zuversuchen, sich ihnen unliebsam gewordener Verträgezuentledigen.

UmsolchenMissbräucheneinenRiegelzuschieben,siehtjedochbereitsArt.75FusGSchutzbestimmungenzuGunstenderGläubigerbzw.Gegenparteienvor,nament-lich eine (erst) ab Zeitpunkt der Fälligkeit der entspre-chendenLeistunggeltendedreijährigesolidarischeHaf-tungdesübertragendenRechtsträgers.InAusnahmefällenwirddadurchjedochkeingenügendesKorrektivgeboten,

164 An Stelle vieler: heinrich honSell, in: Heinrich Honsell/ NedimPeterVogt/ThomasGeiser(Hrsg.),BaslerKommentarzumSchweizerischenPrivatrecht,ZivilgesetzbuchI,3.A.,Basel/Genf/München2006(zit.BSK-ZGBIhonSell),Art.2N4.

165 bAuer(FN24),Rz.575;Peter(FN14),229.166 BSK-ZGBIhonSell (FN 164),Art.2N51.167 Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.988.168 BSK-FusGWAtter/büchi(FN24),Art.52N10.169 Von der crone/gerSbAch/keSSler(FN41),Rz.989.

samteschweizerischeRechtssystemvonBedeutung164.Esbildet somit eine allgemeine und subsidiäre Einschrän-kung missbräuchlicher Vertragsübertragungen165. Einezweckwidrige bzw. rechtsmissbräuchliche Verwendungdes Instituts derVermögensübertragung liegt vor,wenndieTransaktionmitdemvomGesetzgeberangestrebtenZwecknichtsmehrzu tunhatoderdiesenadabsurdumführt166. Es ist in diesemZusammenhang jedoch daraufhinzuweisen,dasses imRahmeneinerVermögensüber-tragunggerademöglichist,auchnureinzelneVermögens-gegenstände zu übertragen. Ein Rechtsmissbrauch liegtdiesbezüglichsomiterstvor,wenneinesolcheTransak-tion einzig erfolgt, um existierende Übertragungshin-dernisse zu umgehen oder um unliebsameVerträge ab-zuschütteln167. Die Auffassung, wonach ein offenbarerRechtsmissbrauch bereits dann vorliegt, wenn VerträgeentgegendemvernünftigerweisezuvermutendenPartei-willen durchVermögensübertragung übertragenwerdensollen, obwohl sie zu denmitübertragenenVermögens-werteninkeinerleiZusammenhangstehen168,gehtdiesbe-züglichzuweit.EinvölligfehlenderSachzusammenhangkannhöchstens als ein Indiz für rechtsmissbräuchlichesVerhaltendienen,wogegenumgekehrtfestgehaltenwer-denkann,dasseinRechtsmissbrauchwohlindenmeistenFällendannausgeschlossenwerdenkann,wenneinent-sprechenderZusammenhangbesteht169.

5. Schlussfolgerung

DasfusionsrechtlicheInstitutderVermögensübertragungistzweifelsohneeinesinnvolleInnovationdesGesetzge-bers.DenUnternehmenwirddadurch ermöglicht,Akti-venundPassivenunoactuaufeinenanderenRechtsträgerzuübertragen,ohnedass fürdieAktivendieFormalienderSingularsukzessioneingehaltenwerdenmüssen.Da-mitdieseInnovationinderPraxisauchwirklicheffizientundeffektivangewendetwerdenkannundkeineRechts-unsicherheitenoderInkohärenzeninnerhalbdesFusions-gesetzesgeschaffenwerden,istesnotwendig,dassmittelseinerVermögensübertragung nicht nur alle gegenwärti-

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A l e x a n d e r V o g e l / M i c h a e l G ü n t e r

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172 IndiesemZusammenhangistzuempfehlen,generellbeiderAb-fassung oder der Übernahme von Non-Assignment, «Change ofControl»,«Confidentiality»undähnlicheKlauseln–soferndieseüberhauptnotwendigsind–AusnahmennamentlichfüreineÜber-tragunganGruppengesellschaftenoderJoint-Venture-Gesellschaf-tenvorzusehen.

171 Eine entsprechende Klausel kann etwa wie folgt lauten: Soweitdie Durchsetzbarkeit der Übertragung einzelner zum Teilbetrieb«X-geschäft» der [übertragenden Gesellschaft] gehörigen Ver-mögensgegenstände, insbesondere auch die Übertragung vonVertragsverhältnissen, Forderungen und Verbindlichkeiten imAussenverhältnis (insbesondere aufgrund ausländischenRechtes)nichtmöglichodergegenüberDrittennichtwirtschaftlichsinnvolldurchsetzbarseinsollte,verpflichtetsichdie[übertragendeGesell-schaft], derartige Vermögensgegenstände, Forderungen und Ver-bindlichkeiten alsTreuhänder der [übernehmendenGesellschaft]im eigenenNamen, jedoch aufRechnungundGefahr der [über-nehmendenGesellschaft] als Treugeber, weiterhin zu halten. ImInnenverhältniszwischen[übertragenderGesellschaft]und[über-nehmenderGesellschaft]giltalsvereinbart,dassauch insolchenFällenungeachtetderVertretungimRechtsverhältnisnachaussendaswirtschaftlicheErgebnisausdiesenVertragsverhältnissen,For-derungenundVerbindlichkeitender[übernehmendenGesellschaft]zukommtundzwischen[übernehmenderGesellschaft]und[über-tragenderGesellschaft]ingeeigneterFormentsprechenddervor-stehendenErgebnistragungausgeglichenwird.

InsolchenFällen–wieauchbeiMassenverträgen–isteszudem–wiebereitsvorInkrafttretendesFusions-gesetzes – aus praktischen Gründen zu empfehlen, derDrittpartei den (erfolgten)VertragsübergangmitzuteilenunddieMitteilungsoauszugestalten,dassohneexplizi-tenWiderspruchderGegenparteiimFalleeinesspäterenStreitesüberdieGültigkeitdesÜbergangszusätzlichdasArgumentderkonkludentenGenehmigungdurchdieGe-genparteizurVerfügungsteht172.

InAnbetrachtderverbleibendenUnsicherheiten,wieweitundwiedetailliertdiezuübertragendenVerträgeimInventaraufzulistensind,istwohlzuempfehlen,entwe-derimInventaringenerellerArtaufbestimmteKatego-rienvonVerträgenoderaufdiezumzuübertragendenBe-triebsteil oderVermögenskomplex gehörendenVerträgezuverweisenundzumindestinFällen,wodieZuteilungzueinembestimmtenBetriebsteilnichteindeutigist,diewichtigstenVerträge,derenÜbertragungvondenParteiengewünschtist,ausdrücklichimInventaraufzulisten.BeidenübrigenwichtigenVerträgenisteineInteressenabwä-gungzwischenGeheimhaltungsinteressederinvolviertenParteien,RisikeneinerNichtzustimmungderGegenpar-teiundRechtssicherheitsbedürfnissenderUmstrukturie-rungsparteienvorzunehmen.

um den Ausgleich zwischen den Strukturanpassungs-interessenunddemvonderPrivatautonomiegebotenenSchutzvoraufgezwungenenVeränderungenvonSchuld-verhältnissen wiederherzustellen. Eine Lösung kann insolchen Konstellationen nur darin bestehen, der Dritt-parteiuntergewissenUmständendieMöglichkeiteinzu-räumen,sichausdembereitsübergegangenenVertragzulösenoderdenVertragdurchdenRichteranpassenlassenzukönnen.SolcheAuflösungs-undAnpassungsmöglich-keitenbesteheninsbesondereimZusammenhangmitsog.Change-of-Control-Klauseln,adpersonamabgeschlosse-nenVerträgen oder bei einer sonstigenUnzumutbarkeitdesWechselsdesVertragspartners.

InderpraktischenAusgestaltungdesVermögensüber-tragungsvertrages ist es wohl bis zur vollumfänglichenbundesgerichtlichen Bestätigung des – von der herr-schendenLehrebejahten–automatischenVertragsüber-gangsauchbeiderVermögensübertragungratsam,auchweiterhinexpliziteRegelungenfürdenFallvorzusehen,dasseineDrittparteidieGültigkeitdesVertragsübergangs(wohlzuUnrecht)bestreitetodersicheinVertragsüber-gangausanderenGründen–etwawegenderAnwendbar-keit(zwingenden)ausländischenRechts–alsnichtöko-nomischsinnvolldurchsetzbarerweist171.Ebensokannesratsamsein,insbesonderefürdieÜbertragungwichtigerVerträge, welche Übertragungsvorbehalte oder -verbotevorsehen, die vorgängige Zustimmung der Gegenparteieinzuholen,umzuverhindern,dassdieGegenparteinachVollzugderVermögensübertragungdenVertragausseror-dentlichkündigtundgegebenenfalls–gestütztaufArt.75FusGoderdirekt–beiderübertragendenParteigarScha-denersatz wegen Verletzung des Übertragungsverbotsgeltendzumachenversucht.