Der Wandel Der Distributionslandschaft Als Treiber Des Dynamic Pricing

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Der Wandel der Distributionslandschaft als Treiber des Dynamic Pricing Durch die rasante Entwicklung der Informationstechnologie, hat sich die Distribution in der Hotellerie grundlegend verändert. In der Vergangenheit gab es nur wenige Kanäle zum Absatz von Hotelleistungen. Für kurzfriste Nachfragelücken und Auslastungsprobleme konnten Hoteliers die elektronische Distribution nutzen, um so kurzfristig wichtige Vertriebspartner zu erreichen. Buchungen wurden zum größten Teil über Reservierungszentralen oder Reisebüros und deren GDS abgewickelt. Eingehende Buchungen konnten daher problemlos dem jeweiligen Segment zugeordnet werden. Die Auswirkungen von Last-Minute-Angeboten und Discountpreisen, waren derzeit nicht sehr dramatisch, weil damit theoretisch vielleicht 200000 Reisebüroterminals in der ganzen Welt erreicht wurden, von denen nur 30 oder 40 überhaupt für das jeweilige Hotel relevant waren 1 . In der Vorzeit des Internets war es für den Kunde mit viel Mühe verbunden die Preise von mehreren Hotels zu vergleichen. Hierzu mussten Hotels direkt, via Fax oder Telefon kontaktiert werden oder der Kunde musste die Hilfe eines Reisebüros zum Preisvergleich in Anspruch nehmen. Die Rack Rate war in der „guten alten Zeit“ die Rate für die Öffentlichkeit, Firmenraten oder Consortia-Raten waren streng vertraulich und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Doch mit zunehmender Transparenz des Marktes, wurden diese Vorzugspreise und Vertragsraten von heute auf morgen und ohne Rücksprache mit den Leistungsträgern (Hotels, Mietwagen- und Fluggesellschaften) öffentlich ins Netz gestellt. Dies geschah, weil die ursprünglich nur in den GDS enthaltenen Reise-, Hotel- und Mietwagenangebote an Online-Reise- und Hotelplattformen verkauft wurden ohne vertrauliche Vereinbarungen / Vertragsraten vor Einsicht zu schützen. Beispiel hierfür ist die sog. Corporate Rate, ein Vorzugspreise der normalerweise allen Firmenangehörigen auch ohne ein entsprechendes Rahmenabkommen gewährt wurde. Die Corporate Rate ist schon seit geraumer Zeit keine echte Vertragsrate mehr sie kann von Reisemittlern jederzeit d.h. ohne entsprechende Voraussetzungen gebucht werden. Ohne an die Auswirkungen zu denken, wurde diese Rate nun öffentlich in den Markt gestellt und war plötzlich für jedermann sichtbar. Da aber auch hiesige Anbieter, wie z.B. HRS ebenfalls online gingen, mit wieder anderen Vertragsraten, waren plötzlich alle Vertriebswege und alle Vertriebstricks von Hotels dahin 2 . 1 Schultze 2005 2 Vgl. Spalteholz o. Jg.

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Der Wandel der Distributionslandschaft als Treiber des Dynamic Pricing

Durch die rasante Entwicklung der Informationstechnologie, hat sich die Distribution

in der Hotellerie grundlegend verändert. In der Vergangenheit gab es nur wenige

Kanäle zum Absatz von Hotelleistungen. Für kurzfriste Nachfragelücken und

Auslastungsprobleme konnten Hoteliers die elektronische Distribution nutzen, um so

kurzfristig wichtige Vertriebspartner zu erreichen. Buchungen wurden zum größten

Teil über Reservierungszentralen oder Reisebüros und deren GDS abgewickelt.

Eingehende Buchungen konnten daher problemlos dem jeweiligen Segment

zugeordnet werden. Die Auswirkungen von Last-Minute-Angeboten und

Discountpreisen, waren derzeit nicht sehr dramatisch, weil damit theoretisch

vielleicht 200000 Reisebüroterminals in der ganzen Welt erreicht wurden, von denen

nur 30 oder 40 überhaupt für das jeweilige Hotel relevant waren1. In der Vorzeit des

Internets war es für den Kunde mit viel Mühe verbunden die Preise von mehreren

Hotels zu vergleichen. Hierzu mussten Hotels direkt, via Fax oder Telefon kontaktiert

werden oder der Kunde musste die Hilfe eines Reisebüros zum Preisvergleich in

Anspruch nehmen.

Die Rack Rate war in der „guten alten Zeit“ die Rate für die Öffentlichkeit,

Firmenraten oder Consortia-Raten waren streng vertraulich und für die Öffentlichkeit

nicht zugänglich. Doch mit zunehmender Transparenz des Marktes, wurden diese

Vorzugspreise und Vertragsraten von heute auf morgen und ohne Rücksprache mit

den Leistungsträgern (Hotels, Mietwagen- und Fluggesellschaften) öffentlich ins Netz

gestellt. Dies geschah, weil die ursprünglich nur in den GDS enthaltenen Reise-, Hotel-

und Mietwagenangebote an Online-Reise- und Hotelplattformen verkauft wurden

ohne vertrauliche Vereinbarungen / Vertragsraten vor Einsicht zu schützen. Beispiel

hierfür ist die sog. Corporate Rate, ein Vorzugspreise der normalerweise allen

Firmenangehörigen auch ohne ein entsprechendes Rahmenabkommen gewährt

wurde. Die Corporate Rate ist schon seit geraumer Zeit keine echte Vertragsrate

mehr sie kann von Reisemittlern jederzeit d.h. ohne entsprechende Voraussetzungen

gebucht werden. Ohne an die Auswirkungen zu denken, wurde diese Rate nun

öffentlich in den Markt gestellt und war plötzlich für jedermann sichtbar. Da aber

auch hiesige Anbieter, wie z.B. HRS ebenfalls online gingen, mit wieder anderen

Vertragsraten, waren plötzlich alle Vertriebswege und alle Vertriebstricks von Hotels

dahin2.

1 Schultze 2005

2 Vgl. Spalteholz o. Jg.

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„The internet made it possible for all different rates to be visible – but it´s also

confusing, so it`s preferable to have one price available across all channels, including

the consortia, and for that price to be the best available rate = Dynamic Pricing3.

Die Distribution / der Hotelvertrieb ist in den letzten Jahren immer komplexer und

viel komplizierter geworden. Die Distributionskanäle im Vergleich zwischen dem Jahr

2003 und 2007 haben sich radikal gewandelt.

Dominierende Distributionskanäle im Jahr 2003: telefonisch (32,1%), schriftlich

(32,1%), elektronisch (15,9%)

Dominierende Distributionskanäle im Jahr 2007: telefonisch (23,2%), schriftlich

(27,3%), elektronisch (32,1 %)

Zwar nehmen weltweit die elektronische Buchungen zu - dies mag auf den ersten

Blick positiv klingen – aber das Gesamtvolumen der Hotelbuchungen bleibt hierbei

konstant. Es findet vielmehr eine Verlagerung der Hotelbuchungen statt, die

Internetbuchungen nehmen zu, doch die Zahl der Hotelbuchungen bleibt insgesamt

betrachtet ziemlich konstant. Der große Nachteil hierbei, vor allem die

kommissionsplichtige Buchungen steigen und die Direktbuchungen werden immer

weniger. Die Kunden wandern auf Reise- und Hotelplattformen ab, also auch auf

Distributionskanäle auf denen nicht die Hotels die Preise kontrollieren. Die

Leittragenden sind hier besonders die Einzel- und Individualhotels, deren

3 Vgl. Serlen 2004

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Buchungsanteil über das Internet zwar auch stetig steigen wird, dies aber mit der

Belastung von immer höher werdenden Provisionszahlungen4.

Die Hotellerie und somit auch die Vertriebslandschaft sind geprägt von einer

zunehmenden Dynamisierung und Vernetzung:

Verdrängungswettbewerb: Strukturelle Überkapazitäten, Preisdumping,

enorme Markttransparenz

Multichannel-Distribution: Zunahme der Distributionspartner &

elektronischen Vertriebskanäle (ADS, NDS, DMS, IRS….)

Dynamisierung der Raten: Revenue Management, Profit Management,

Dynamic Pricing, Best Rate Guarantees

Vernetzung der Wertschöpfungskette: Channel Management Software, Rate

Shopping Tools, Benchmark Tools, Hotel-Switches, PMS-Anbindung…)

Eine effiziente Anbindung der Hotels an die Systeme ist daher ein zentraler

Erfolgsfaktor.

Die technologischen Entwicklungen im Internet, haben die Preisgestaltung und

Distribution in Hotellerie nachhaltig beeinflusst. Seit Mitte der 90er Jahre bieten

Online-Reisemittler wie Expedia oder Travelocity – auch bekannt als Online-

Intermediäre oder Third Party Websites – Reiseprodukte wie Flugtickets oder

Hotelzimmer von verschiedenen Anbietern, dem Verbraucher direkt an. Durch das

Internet stehen bisher regional oder national begrenzte Informationen auf einmal

unabhängig von Zeit und Raum miteinander im globalen Wettbewerb. Als zugleich

kostengünstiges Informationsmedium bietet es auch der standortgebundenen

europäischen Individualhotellerie neue, bislang ungeahnte Möglichkeiten, die von

ihnen angebotenen Dienstleistungsbündel weltweit zu vermarkten5. Die Vermarktung

über Online Intermediäre gehört in der deutschen Hotellerie bereits zum Standard.

Auch hier ändert sich der Markt ständig. Während im Jahr 2005 Internetbuchungen

vorwiegend von zwei Anbietern (hrs.de & hotel.de) dominiert wurden, waren es im

Jahr 2007 bereits vier wichtige Buchungsplattformen (aus Sicht des Gastes) bzw.

Online-Vertriebskanäle (aus Sicht des Hoteliers). Wichtige Online-Vertriebskanäle für

die Hotellerie sind:

hrs.de

hotel.de

4 Vgl. Toedt 2005

5 Frehse 2001

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bookings.com

expedia.de

Es reicht allerdings nicht, nur über die Branchenführer buchbar zu sein. Vor allem die

regionale Kanäle, eine Online-Verbindung mit den Tourismusstellen und die

speziellen Kanäle, für Wellness-, Gesundheits-, Städte-, Tagungs- und

Kurztripangebote können als Multiplikatoren genutzt werden.

Die modernen Property Management Systeme ermöglichen heute, das:

Buchungen aus dem Markt direkt ins Front Office System gelangen

Preise und Verfügbarkeiten des Hotels direkt in den Markt gelangen

Single Image Inventory weitgehend gewährleistet ist

Nach dem Motto je mehr Vertriebspartner desto mehr Ab- und Umsatz, wurden die

Verfügbarkeiten teilweise zu „Schleuderpreisen“ über die Vertriebspartner in den

Markt gestellt. Die zu Nettopreisen einkauften Kontingente / Zimmer wurden von

Intermediären wie Expedia teilweise zu drastisch erhöhten „Wucherpreisen“ oder als

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stark reduzierte Rate dem Kunden angeboten. Diese Distributionsstrategie hatte

erhebliche Auswirkungen für die Hotellerie, denn in der heutigen Zeit werden über

80% des Zielmarktes mit Online- Distributionssystemen erreicht.

Vor noch nicht all zu langer Zeit, standen zwischen Hotel & Gast höchstens ein bis

zwei Distributionsstufen, derzeit sind teilweise bis zu fünf Intermediäre beim Verkauf

eines einzelnen Hotelzimmers involviert. Die im Vergleich zu früher, sehr hohen

Distributionskosten schmälerten und schmälern auch heute noch die Einnahmen der

Hotellerie. Eine konsequente, ehrliche oder faire Preispolitik war nicht gegeben. Die

Preishoheit und Preiskontrolle war nicht mehr in den Händen der Hotellerie, eher

konnte von Fremdkontrolle durch die Distributionspartner gesprochen werden.

Die unübersichtliche Distributionslandschaft bot vor allem dem Kunden Vorteile, über

Suchroboter wie z.B. Trivalgo konnte / kann der Kunde Hotelpreise auf etlichen

Hotelportalen und Webseiten innerhalb von nur wenigen Sekunden prüfen. Nach

Angaben von Trivalgo findet der Kunde in der Regel Preisdifferenzen von bis zu 32

Prozent zwischen teuerstem und günstigstem Angebot für dasselbe Zimmer, im Fünf-

wie im Zwei-Sterne-Bereich6. Die Preisdifferenzierungen in den verschiedenen

Vertriebskanälen, führten zu enormen Preisunterschieden für identische

Hotelleistungen. Durch die preispolitische Notwendigkeit der Preisdifferenzierung,

besteht in vielen Hotels, ein für den Kunden kaum transparentes Geflecht von Raten,

6 Vgl. o.V. in DMM 6.2.2008

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Rabatten, Nachlässen und Sonderkonditionen7. Als ein solches Negativbeispiel, kann

z.B. IHG genannt werden. Die Hotelgruppe hatte im Jahr 2005 mit allen möglichen

Vertriebspartnern unterschiedliche Preise & Konditionen ausgehandelt und bot

teilweise bis zu 99 unterschiedliche Preise für ihre Zimmer an.

Der Kunde hat schnell gelernt, dass er die günstigsten Zimmerpreise auf den

Webseiten von Online-Reisebüros oder Hotelportalen findet und nicht, wie es

eigentlich sein sollte, auf der Homepage des jeweiligen Hotels. Für die Disparität der

Preise sind for allem drei Ursachen verantwortlich:

Aus Wettbewerbsgründen bzw. zur kurzfristigen Auslastungs- und oder

Ertragssteigerung nutzten Hotels differenzierte Preise in den Vertriebskanälen

Seit die kostengünstigen Buchungen via Internet möglich sind, werden die

reduzierten Kosten als Preisvorteil an den Kunden in Form von sog. Internet-

Raten weitergegeben.

Im Zuge der verstärkten Online-Distribution, haben die Vertriebspartner der

Hotels neue Geschäftsmodelle entwickelt, die nach dem klassischen

Händlerprinzip mit Nettopreisen (Netto-Raten) plus Gewinnaufschlag (Marge)

arbeiten. Durch Preisauf- oder –abschläge können die Distributoren ihre

Marge hier selbst bestimmen, was wiederum zu unterschiedlichen

Zimmerpreisen in den Kanälen führte.

Durch die zunehmende Vermischung von Business- und Leisure-Segment, hat sich die

Preisgestaltung in der Hotellerie grundlegend verändert. Leisure- und Business

Buchungen können kaum mehr kanalisiert und gesteuert werden. In der

Vergangenheit wurden Restkapazitäten zu sehr günstigen Preisen (Merchant-Modell)

an Third-Party-Intermediäre wie Expedia oder Travelocity verkauft. Hotels verfolgten

hiermit primär das Ziel der Auslastungsoptimierung. Nachteilig beim Merchant-

Modell, ist allerdings das die Distributionspartner, die Preise für das angebotene

Hotelzimmer und somit schlussendlich auch ihre Provisionen selbst bestimmen

können. Das Hotel verkauft z.B. ein bestimmtes Zimmerkontingent an ein

Webreisebüro zu einem festen Nettopreis. Den Verkaufspreis für eine einzelne

Übernachtung kann das Webreisebüro nun selbst bestimmen, dass Hotel hat keinen

Einfluss auf den Endpreis. Der Hotellier gibt hier quasi das Instrument der Preispolitik

aus der Hand. Nicht er kann mehr über den Zimmerpreis bestimmen, sondern seine

Vertriebspartner. Große Bettenmakler / Hotelportale können hierdurch aus dem

Kontingent heraus den einzelnen Nettopreis unterbieten, wenn dagegen in der

7 Vgl. Sölter 2007

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Hochsaison ein überdurchschnittlicher Profit erzielt wurde8. Proteste verärgerter

Geschäftsreisebüros, die über systematisch unterbotene Nettoraten ihrer

Firmenkunden klagten, und Beschwerden von Veranstaltern über Preisaktionen

anderer Anbieter zeigten, dass den Hotelketten die Preishoheit über ihr Produkt

zunehmend entglitten ist9.

Eigentlich sollten die Third-Party-Intermediäre, die eingekauften Kontingente, an

Freizeitreisende / Leisure Guests verkaufen. Da die angebotenen Raten nur selten mit

Buchungsbedingungen oder Restriktionen verknüpft waren, wurden sie zunehmend

auch von Geschäftsreisenden gebucht. Das Ergebnis war eine starke Vermischung von

Freizeit- und Geschäftsreisesegment sowie der Ruf nach Preis- und Ratenparität (für

ihre Kunden) von Seiten der Travel-Management-Companys10. Aber auch die Gruppe

der Privat- und Freizeitreisenden, fühlten sich zunehmend überfordert mit der

undurchsichtigen Preisgestaltung der Hotels. Die Preis- und Ratenvielfalt verwirrte

und irritierte die Kunden, sie war unübersichtlich und kaum noch nachvollziehbar.

Ein weiteres Problem: Hotels haben häufig keine wirkliche Kontrolle darüber, welche

Raten und Verfügbarkeiten gerade in den einzelnen Kanälen eingestellt sind, und vor

allen Dingen, wie sich diese Raten im Vergleich zur lokalen Konkurrenz verhalten.

Manche Hotels sind auf unzähligen Online-Reisebüros, Portalen und Plattformen

präsent. Im Idealfall müssten die Raten und Kontingente in diesen Kanälen täglich

gepflegt werden. Dies ist enorm zeitaufwändig, denn auf einigen Portalen ist nur eine

manuelle Aktualisierung von Raten und Verfügbarkeiten möglich. Dieser enorme

Verwaltungsaufwand kann langfristig, aber nur von den wenigsten Hotels

bewerkstelligt werden. Durch den Wissens- und Zeitmangel des Personals, kann es

durchaus einmal vorkommen, dass ein Hotel über verschiedene Portal zwar noch

verfügbar ist, obwohl es eigentlich schon überbucht bzw. „sold out“ ist. Im Gegenzug

dazu zeigen manche Hotelportale an, dass ein Hotel nicht mehr verfügbar ist, obwohl

nur das betreffende Kontingent erschöpft ist und nicht das ganze Haus ausgebucht

ist.

8 Vgl. Puscher 2004

9 O.V. “Ein Preis für alle“ in Touristik report 18.12.2003

10 Vgl. Talbot o. Jg.

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Vielfach gaben Hotels Zimmer zu Konditionen an Reiseveranstalter oder Online-

Vertriebspartner, die deutlich niedriger waren als ihre billigsten Angebote auf ihren

Preislisten und der Hotelhompage. Um auf den Seiten der Reiseportale ganz oben in

der Liste zu erscheinen, sind viele Hotels dazu übergegangen das Frühstück separat

auszuweisen. Ein anderer beliebter Trick, ist die Preise ohne Mehrwertsteuer

anzugeben. Der Zimmerpreis ist so scheinbar günstiger und das Hotel wird besser

gelistet. Die Reiseportale und markenunabhängigen Hotelvermittler, haben einen

großen Teil zum schlechten Ruf der Preispolitik in der Hotellerie beigetragen. So

vergleicht z.B. das Portal „Bookings“ den Messepreis, absoluter Maximalpreis des

Jahres, mit dem Tiefstpreis einer Sommerrate. Bei Bookings wird das dann so

dargestellt, der Höchstpreis wird einfach durchgestrichen und daneben steht der

günstigere Preis. Der Hotel Reservation Service (HRS) hat mit einigen Hotels

Partnerschaften für sog. Exklusivpreise vereinbart. Der Hotelpartner von HRS

verpflichtet sich hierbei, seine Verfügbarkeiten mindestens 10 Prozent günstiger als

auf allen anderen Vertriebskanälen anzubieten. Für den Kunden bedeutet dies, er hat

immer 10 Prozent Preisvorteil gegenüber allen anderen Reiseanbietern im Internet

mit identischen Buchungskonditionen. Für das Hotel bedeutet dies: Ratenparität –

Ade. Einige dieser Praktiken bewegen sich am Rande der Legalität. Denn die

Prinzipien der Preiswahrheit, -klarheit und –transparenz genießen einen

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umfangreichen gesetzlichen Schutz11. In der Praxis führen die gesetzlichen Vorgaben

zu einer Vielzahl von Anforderungen, denen die Preisgestaltung und Preisangabe

genügen müssen: Die Preise müssen klar, verständlich und eindeutig zuzuordnen

sein; der Verbraucher darf nicht über weitere noch hinzutretende Kosten getäuscht

werden12.

Die ständig zunehmende Anzahl der Distributionskanäle und –partner der Hotellerie,

hat zu einem zunehmenden Verfall der Raten und Preise geführt. Um den Preisverfall

durch umgesteuerte Distribution zu stoppen, ist eine neue Politik in der

Zusammenarbeit mit den Vertriebspartnern notwendig. Die Online-Distributoren sind

mit dafür verantwortlich dass:

die Hotellerie die Kontrolle über Preise und Verfügbarkeiten verloren hat

die ADR & RevPar der Hotels stark gesunken ist

die Markentreue der Hotelkunden abnimmt

Kunden regelrecht zum Schnäppchenjäger „erzogen“ wurden13

Um den unseriösen Preiskampf der Distributoren zu stoppen, wurde von Seiten der

Hoteliers Vertragsstandards für die Vertriebspartner entwickelt14. Hotelketten wie z.B.

IHG haben solche Standards für den Vertrieb über Online-Mittler entwickelt, auf die

sich die Vertriebspartner vertraglich festlegen müssen. Damit sollen „verwirrende

und unklare Marketingpraktiken“ verhindert, Preis- und Reservierungstransparenz

garantiert und die Markenpolitik der Hotels gesichert werden15. Die Hotelgruppe legt

darin fest, dass sie nur noch mit Mitlern arbeiten will, die sich nicht an „verwirrenden

und für den Kunden undurchsichtigen Marketingpraktiken“ beteiligen: Hotels würden

als ausverkauft deklariert, obwohl noch Kapazitäten frei sind, Kunden mit massiven

Preisversprechen auf weitere Internetseiten gelenkt, die dann nicht verfügbar seien.

Unklare Beträge für Steuern und Gebühren, ineffektive Buchungsprozesse,

unattraktive Geschäftsmodelle – die Liste der Verfehlungen ist lang16.

Das es IHG mit diesen Standards sehr ernst ist, zeigte sich im September 2004, wegen

der aggressiven Preispolitik des Web-Reisebüros Expedia, kündigte die

Intercontinental Hotels Group kurzfristig die Zusammenarbeit. Der Grund hierfür:

11

Vgl. Becker 2007 12

ebenda 13

Fragala, Tom 2003 14

Sölter 2007 15

Fischer 2004 16

Fischer 7/2004

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Expedia stellte teilweise die Zimmer zum Nettoeinkaufspreis ins Web oder verkaufte

diese mit einem bis zu 180 prozentigem Aufschlag17.

Heute arbeitet IHG wieder mit Expedia zusammen, aber mit einem neuen Preismodell

– dem sog. „media-based“ Preismodell – einer Kombination des „transaction-pricing“

und dem „media-pricing“. Das Ziel sollte es sein alle Distributoren der Hotellerie zu

einer partnerschaftlichen und transparenten Distributionspolitik zu bewegen.

Hotelketten müssen ihren Vertriebspartnern vorschreiben, welche Preise mit

welchen Markups online veröffentlicht werden dürfen und welche in Packages

eingebaut werden müssen. Darüber hinaus müssen Preferrd Partner Guidelines

entwickelt werden, in denen nur ausgewählte Geschäftsmodelle akzeptiert werden:

Verlässliche und verbindliche Regelungen / Richtlinien, anhand derer kalkuliert

und Verhandlungen mit den Distributionspartnern geführt werden können.

Ratenpariät lautet das gemeinsame Ziel

Vertriebskosten sind sinnvoll zu begrenzen

Klare Abgrenzung zwischen On- und Offline Kanälen, ebenso zwischen den

verschiedenen Geschäftsmodellen (Retail, Merchant, Opaque, Pay per Click...)

Packages und neue Ratenangebote schaffen neue Absatzmöglichkeit für den

Eigen- und Partnervertrieb

Bedingt durch strukturelle Überkapazitäten und starke Konkurrenz, erlebte die

deutsche Hotellerie in den letzten Jahren einen starken Preisverfall. Im Vergleich zu

anderen europäischen Ländern, liegen die Hotelraten in Deutschland weit unterhalb

der internationalen Branchenraten. Doch dieses Dilemma ist mehr oder weniger

hausgemacht. Bislang folgte die Branche bei der Preisgestaltung weitgehend dem

Motto: „Lieber ruinöse Mindestpreise als leere Betten“18. Preisschlachten und

Dumpingpreise bestimmten in den letzten Jahren die Preispolitik vieler

Hotelunternehmen. Vor allem die Luxus- und Mitellklasse ist einem starken

Preisdruck ausgesetzt. Low Budget Marken und Billigketten mit Zimmerpreisen ab

39€ etablieren sich zunehmend auf dem deutschen Hotelmarkt und stehlen anderen

Hotels die Marktanteile. Die Expansion im Low Budget Segement ist ungebrochen,

Experten gehen davon aus das der Anteil der Billigketten in drei bis fünf Jahren

möglichweise schon 25-30 Prozent beträgt. Verlierer in diesem Preiskampf ist die

Privathotellerie, speziell die privat geführten Hotels im 3-4 Sterne Bereich. Viele

dieser Betriebe haben sich bereits auf den Preiswettbewerb eingelassen und

17

Vgl. Focus 42/2004 18

Pedersen 2007

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versuchen mit niedrigen Raten und Rabatten ihre Gäste und den Marktanteil zu

erhalten.

Zwar fällt bei solchen Niedrigpreisen teilweise kein Gewinn mehr ab, aber ein Verlust

von zehn bis zwanzig Euro pro Bett und Nacht erscheint den meisten aber immer

noch besser als ein leeres Bett – und wegen der hohen Fixkosten – eine Einbuße von

vielleicht hundert Euro oder mehr19. Eine Mitschuld an dieser Misere, trifft vor allem

das Internet, einerseits ist es ein wichtiges Standbein im Vertrieb; gleichzeitig birgt

das Internet jedoch eine Gefahr für die Preise, denn durch zunehmende Transparenz

dreht sich die Preisspirale abwärts. Die Preisunterschiede der Hotels sind durch das

Internet heute weltweit transparent und zwingen einige Betriebe hierdurch mit

Niedrig- und Tiefstpreisen auf die Angebote der Wettbewerber zu reagieren.

Salerno20 weist darauf hin, dass das Internet den Preiskampf erst so richtig in Gang

gebracht hat und es der falsche Weg sei, ein Produkt – wie das Hotelzimmer – nur

über den Preis zu verkaufen.

As a convenient search tool, the internet has reduced the information gap that once

existed between consumers and hotels and has promoted deal-seeking behavior, in

which prospective guests attempt to find the best deal by searching and booking at

what they believe to be the optimal time. In many cases, this emerging deal-seeking

behavior impairs the effectiveness of traditional revenue management mechanisms.

Dynamische Hotelraten – Revenue Management, Channel-Management, Best Price-

Garantien und effektive Pricing-Prozesse sind heute die strategischen Erfolgsfaktoren

im Hotelvertrieb.

Konsequenzen aus der veränderten Distributionslandschaft:

Das traditonelle (kapazitätsbasierte) Revenue Management ist heute kaum

noch erfolgsversprechend.

Die traditionellen segementspezifischen Preis- und Ratenstrategie sind heute

nicht mehr effektiv – Verschiebung des Business-Mix

Ohne GDS, Internet und Portale ist der Hotelvertrieb heute nicht mehr zu

bewerkstelligen

Die gestiegenen Kosten für den GDS Vertrieb, sind einigen Hoteliers einfach zu

teuer, vor allem Privathoteliers meiden diesen Vertriebsweg oder suchen

Alternativen zum GDS (z.B. GNE`s)

Keine Limitierung, Reichweite des Angebots z.B. CRS, Online-Intermediäre

Stärkeren Fokus auf den Direktvertrieb – Ziel: Senken der Distributionskosten

19

Vgl. Molitor 2006 20

Salerno 2005

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Flexible Preise, Frühbucherraten und Rate Fences als Hilfsmittel zur Steuerung

und Kanalisierung der Buchungen

In der (Privat-) Hotellerie ist ein neues Preisverständnis notwendig, die

traditionell, starren Preisstrukturen müssen durch dynamische Preismodelle

d.h. durch eine nachfrage- / wertorientierte Preisbildung ersetzt werden

Für die Entwicklung von Preisstrukturen und zur Bestimmung des

Beherbergungspreises, ist eine neue Kalkulationsgrundlage notwendig

Analyse und Reaktion auf das Verhalten der Wettbewerber via Benchmarking

und tagesaktueller Preisgestaltung

Mit Hilfe der modernen Distributionssysteme ist eine strategische Reaktion in

Echtzeit über Verfügbarkeit und Raten möglich = Revenue Management /

Dynamic Pricing

In Deutschland wurde sich bisher nur unzureichend, wissenschaftlich mit dem

Wandel der Distributionslandschaft in der Hotellerie und den Herausforderungen

welche sich durch Web 2.0 für die deutsche Hotellerie ergeben, beschäftig. Um

dennoch die beschriebene Situation mit „harten“ Kennzahlen zu belegen, werden

hier einige Ergebnisse des Global Hotel Distribution Survey von KPMG aus dem Jahr

2004 wiedergegeben.

Nur 2% aller Hotels verwenden eine konsistente Preisstruktur über alle Kanäle.

Die Preisunterschiede in Europa betragen über alle Kanäle bis zu 75%.

In Europa treten große Unterschiede zwischen Preisen auf der Web Site des

Hotel und der telefonischen Anfrage auf.

30% der Hotels garantierten den besten Preis bei Buchung über die

Hotelwebsite.

Aber nur 28% davon hielten das Versprechen!21

Effiziente Ertragssteuerung scheint für etliche Hoteliers noch ein Buch mit sieben

Siegeln zu sein. Nur ein kleiner Teil von ihnen überprüft z.B. ob die entsprechenden

Buchungen korrekt im CRS erfasst wurden, Kontingente werden zudem nicht gepflegt

und nur die wenigsten Hotelbesitzer und Manager überblicken die Preise am Markt

oder die Preisaktivitäten der Konkurrenz. Aber genau um diese Prozesse sowie

Reservierungen der unterschiedlichen Kanäle unter einen Hut zu bringen, ohne den

Überblick zu verlieren, darin liegt die große Herausforderung für den Hotelier.

21

Vgl. KPMG 2004

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Effektives Ertrags- und Yield-Management sind dabei aber praktisch unmöglich22.

Demgegenüber wird mit Dynamic Pricing in Kombination mit Preisparität auf allen

Vertriebskanälen, effektive Ertragssteuerung für zahlreiche Hotels möglich. Zudem

eröffnen sich hierdurch neue Möglichkeiten für einen vereinfachteren und

effektiveren Direktvertrieb. Die starke Markt- und Preistransparenz, eine veränderte

Distributionslandschaft und die heutigen technologischen Möglichkeiten, haben fixe

Preise zu überholten Modellen gemacht. In einem dynamischen, sich stetig

wandelnden Markt sind flexible Preismodelle geradezu eine Notwendigkeit.

Dynamic Pricing is becoming increasingly critical to the distribution of travel products,

and in particular to the on-line distribution. It applies to

Contract negotiation with providers

Mark up optimisation

Merchandizing23

Fachleute und Hotelmanager betonen deshalb die Wichtigkeit eines dynamischen

Preismodell, zur besseren Kontolle des Pricing und des Verkaufs über die vielfältigen

Distributionskanäle des Hotels24. Multiple Distributionskanäle, steigende

Vertriebskosten und die Vergleichbarkeit aller auf dem Markt befindlichen Angebote

und Preise verdeutlicht ganz klar die Notwendigkeit eines dynamischen

Preismanagement.

A brand’s loss of control over room pricing and the potential transfer of pricing

authority to third-party OTS companies stem from consumers’ desire to obtain the

lowest rate (=Best Available Rate / Dynamic Pricing) within their desired market

segment25.

Nur wer sich jetzt mit den verschiedenen (best) available rates im Raten-Dschungel,

mit den stets neuen Möglichkeiten von Online-booking, dem künftigen

Vertriebssplitting und der Notwendigkeit von IT-unterstützten, automatisierten

Prozessen auseinandersetze, werde im Rennen um Hotelbuchungen die Nase vorn

haben.

22

o.V. 3 / 2007 23

Durfort 2007 24

Vgl. hierzu o.V. 22 November 2007 25

Carvell / Quan 2005

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Preisänderungen sind ein beliebtes Vertriebsinstrument in der Hotelbranche. Die

Attraktivität des Dynamic Pricings als Vertriebsinstrument kann durch folgende

besondere Merkmale erklärt werden:

Preisänderungen können ohne sonderlichen Zeitverzug (Echtzeit – Seam Less

Next Generation) in den Distributionskanälen (IBE, GDS, CRS, ADS etc.)

umgesetzt werden.

Durch das Dynamic Pricing erfolgt eine Senkung der Anzahl der Raten, um den

Vertrieb besser steuern zu können.

Dynamic Pricing sorgt für einheitliche Tarife in den Reservierungskanälen, dass

Vertrauen der Kunden und „Bettmakler“ wird so zurückgewonnen

Je stärker das Hotel auf Vertriebspartner angewiesen ist, umso flexibler muss

auch das Pricing sein.

The hotel groups’ response to these market developments has been the introduction

of flexible pricing - a tariff made up of prices each with varying levels of purchasing

fences that will meet the needs of price-conscious or timeconscious customers, and

those that fall somewhere between the two - and prices that will change in response

to market demand26.

26

Talbot o. Jg.