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    Raum 1 - Ein Blick ins Mittelalter

    Die deutsche Geschichte ist ein Teil der europischen Zivilisation und Kultur, in der sichgriechisch-rmische, jdisch-christliche und keltisch-germanische Elemente untrennbar zu

    Neuem verwoben haben.

    Seit dem 4. Jahrhundert gingen die Wellen der Vlkerwanderung ber das Rmische Reichhin. Den germanischen Staatengrndungen im Westen folgte die Landnahme der Slawen imOsten: Sie besiedelten die von den Germanen verlassenen Gebiete bis an Elbe und Saale undgewannen den Balkan.

    Whrend der Vlkerwanderung bildeten sich nicht nur das germanische Heerknigtum,Herzogtum und Adel sowie die greren und kleineren Stmme heraus, sondern auch dieRomanisierung und Christianisierung der Germanen nahmen ihren Anfang. Im "Heliand",einer altschsischen Evangelien-Nachdichtung, erscheinen Christus und seine Jnger alsmchtiger germanischer Heerknig mit seinen adligen Gefolgsleuten.

    Seit Konstantin dem Groen war das Christentum zur Staatsreligion geworden. Diehierarchisch gegliederte westliche Kirchenorganisation mit dem rmischen Bischof (Papst) ander Spitze berdauerte den Untergang des westrmischen Reiches und stellte die Verbindungzwischen Antike und Mittelalter her.

    Auch nach dem Untergang Westroms im 5. Jahrhundert wirkte der Gedanke des universalenKaisertums in Byzanz fort. Mit der Krnung Karls des Groen zum "rmischen Kaiser" (800)kehrte im Frnkischen Reich das Rmische Reich als "erneuertes, goldenes Rom" wieder: Dasideelle Zentrum Rom umfate das Erbe der Antike und bildete den Mittelpunkt derwestlichen, rmisch-katholischen Christenheit.

    Das Reich Karls des Groen berdauerte seinen Tod kaum und wurde doch zu einemFundament noch des heutigen Europa. Nach mehreren Teilungen bildeten sich ein west- undein ostfrnkisches Reich heraus. Die Kaiserwrde wurde von den Knigen des ostfrnkischenReiches erneuert, aus dem spter Deutschland werden sollte.

    Seit dem 12. Jahrhundert wurde das Reich zur Betonung der Gleichstellung der kaiserlichenmit der ppstlichen Macht "Heiliges Rmisches Reich" genannt, wozu im Sptmittelalter derZusatz "deutscher Nation" trat. "Heiliges Rmisches Reich deutscher Nation" war bis 1806die offizielle Bezeichnung Deutschlands.

    Das Wort "deutsch" (althochdeutsch: diutisc, theodisk; mittel-lateinisch: theodiscus, spterteutonicus) bedeutete in der Karolingerzeit zunchst "volkssprachig", "nichtlateinisch"; dann

    brgerte es sich als Volksname fr die Stmme des Ostfrankenreichs ein.

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    "Deutschland" als geographisch-kulturrumlicher Begriff kommt im Mittelalterberwiegend als Plural-Begriff "tiutschu lant" (deutsche Lande) vor und wird erst an derSchwelle zur frhen Neuzeit (15./16. Jh.) zur Bezeichnung eines Landes.

    Raum 2 - Adel, Rittertum und Lehnswesen

    Im frhen Mittelalter (8./9. Jh.) bildete sich in Europa das Lehnssystem heraus, das auf demhierarchisch gestaffelten Verfgungsrecht einzelner ber Grund und Boden sowie die dort

    lebenden Menschen beruhte. Nicht Flchenstaaten mit festen Grenzen, sondern durchLehnseid verknpfte Personenverbnde formten die mittelalterliche, in drei Stnde (Klerus,Adel, Bauern) gegliederte Gesellschaft. Das Lehnssystem breitete sich im 9. Jahrhundert vom

    Nordwesten Galliens ber das Karolingerreich bis England und Sizilien aus.

    Das Lehnssystem verknpfte das ltere Rechtsverhltnis der gallischen Vasallitt, in dem der"vassus&quot1; (Knecht) vom Herrn den Unterhalt erhielt und dafr zu Dienst und Gehorsamverpflichtet war, mit dem persnlichen Treueverhltnis der germanischen Gefolgschaft:Lehnsherr und Gefolgsmann standen nun in einem gegenseitigen Treueverhltnis. Seinewirtschaftliche Grundlage war das Lehen (feudum, beneficium), das heit die Vergabe vonLandbesitz mit den ihn bewirtschaftenden Bediensteten durch den Lehnsherrn an den

    Lehnsmann (Vasallen) zum Niebrauch. Dafr war der Lehnsmann zu Abgaben undDienstleistungen, hauptschlich zur Gefolgschaft bei Fehden und zum Kriegsdienstverpflichtet.

    Der steigende Einflu der lokalen (Grund-)Herren und die weite Entfernung des Landesherrnals Garanten von Frieden und Recht fhrten an der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert zueinem Klima allgemeiner Unsicherheit und Gewalt. Um das um sich greifende Fehde-Unwesen zu regulieren, verpflichteten die Bischfe die Lehnsherren und Vasallen zum"Gottesfrieden", der bei Strafe der Exkommunikation beschworen werden mute.

    Als neue Form adliger Lebensweise bildete sich das Rittertum, der Stand der berittenen und

    gepanzerten Kmpfer, heraus. Zunchst trotz gewisser Aufnahmefrmlichkeiten (Ritterschlag,Schwertleite, Schwertnahme) kein eigener Stand, entwickelte sich das Rittertum imSptmittelalter zu einem Bestandteil des niederen Adels. Die Epik und Lyrik der ritterlichenMinnesnger formten und idealisierten die Lebensformen des Adels; auf den mittelalterlichenBurgen bildete dieser das Publikum des Dichters, dessen Werk so fester Bestandteil desritterlich-hfischen Lebens war wie die Turniere.

    Raum 3 - Religion im spten Mittelalter

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    Fast die gesamte Kultur des Mittelalters ist auf dem Boden der Religiongewachsen. Klster waren ber Jahrhunderte die einzigen Orte der Schriftlichkeit undLiteratur. Kirchen waren Zentren der bildenden Kunst. Latein, die Sprache der Kirche, war

    auch das Medium der europischen Bildung. Niemand konnte sie sich anders denn alskunstvollen Bau vorstellen, errichtet aus unzhligen Traditionen, Bildern und Symbolen derChristenheit. Sie waren allen Europern vertraut. Hunderte von Heiligen sollten im Leben und

    beim Sterben helfen. Ihrem segensreichen Wirken stand die Angst vor der Hlle und vorteuflischen Mchten gegenber. Im Kreuzzugs-Gedanken fand die fundamentale Glubigkeitauch zu aggressivem Ausdruck. Dazu gehrten die immer wiederkehrenden Gewalttatengegen Juden und Abweichler vom Glauben, wie ihn die rmische Kirche lehrte; auch derHexenwahn begann bereits, sich auszubreiten.

    Am Ende des Mittelalters war das rmische Papsttum zu einer machtvollen Institution

    gewachsen, die ebenso als geistig-knstlerischer Mittelpunkt wie als virtuoses, in ganz Europaeinflureiches Verwaltungs- und Finanzzentrum wirkte. Einen betrchtlichen Anteil ihrerEinknfte verdankte die Kirche dem Ablahandel: "Wenn das Geld im Kasten klingt, dieSeele aus dem Fegfeuer springt."

    Auf die kollektiven seelischen Erschtterungen im Herbst des Mittelalters, hervorgerufendurch Hungerkatastrophen und die groe Pest, hatte die rmische Kirche jedoch keineberzeugenden Antworten. Die Hresien schossen ins Kraut; Reformsehnsucht,apokalyptischer Schrecken, kirchlicher und politischer Umsturz, vor allem aber die Suchenach neuer Einheit und Gewiheit trieben kirchenkritische Bewegungen an, in England dieLollarden, in Bhmen die Hussiten. Die Christenheit stand vor der Reformation und damit voreiner Wende.

    Raum 4 - Die Reformation

    Am Ende des Mittelalters galt die rmische Kirche vielen Zeitgenossen alsreformbedrftig; dem asketischen, spirituellen Geist der Epoche schien der kirchlicheMaterialismus unvereinbar mit dem gttlichen Gebot. Der Wittenberger Mnch Martin Luthermochte nicht einsehen, da die gttliche Gnade mit irdischen Gtern erkauft werden knnte.

    Die Frage Wie bekomme ich einen gndigen Gott? beantwortete er in seinen Thesen vom31. Oktober 1517 im Gegensatz zur katholischen Lehre: Allein durch den Glauben undAllein durch die Heilige Schrift. Dem Ablahandel der Amtskirche war damit ebenso dertheologische Boden entzogen wie dem geistlichen Monopol auf die Vermittlung zwischenGott und den Menschen.

    Die Fundamentalkritik an jahrhundertealten Kirchentraditionen (Papsttum, Zlibat,

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    Klster), der Ruf Los von Rom zerstrte die mittelalterliche Einheit von religisem undweltlichem Leben. Das Reich spaltete sich, begleitet erstmals von einer Propagandaflut(Erfindung des Buchdrucks), in Anhnger und Feinde von Luthers Reformation. Jahrzehnteder Glaubenskriege folgten.

    Dabei erwies sich, da Luthers Reformation unter anderem deshalb erfolgreich war, weil siedas landesherrliche Kirchenregiment frderte und so den Bestrebungen der Reichsfrsten umdie Festigung ihrer Unabhngigkeit von kaiserlicher Herrschaft entgegenkam. Auch dietrkische Gefahr schwchte die kaiserlich-katholische Partei.

    Mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 fand Europa vorerst zur labilen Ruhe einerkonfessionellen Mchtekonkurrenz zurck. Es waren relativ moderne Staaten, die sich nungegenberstanden: Im Verlauf von Reformation und Gegenreformation waren ausmittelalterlichen Feudalgesellschaften verwaltete Territorialstaaten geworden. Nicht zuletztwaren die Bildungseinrichtungen verbessert worden. Seit Luthers Bibelbersetzung galt auchDeutsch als Bildungssprache.

    Luthers Wort von der Freiheit des Christenmenschen ist immer wieder als Aufruf zurSchaffung einer Gesellschaft freier und gleicher Menschen verstanden worden. Diesozialreformerischen und sozialrevolutionren Einflsse der Reformation sind im deutschenBauernkrieg (1525), bei den Wiedertufern, im Genfer Gottesstaat Calvins, imniederlndischen Aufstand und im englischen Puritanismus wirksam geworden. Von der

    protestantischen Idee des Widerstandsrechtes fhrte auch ein Weg zur amerikanischen (1776)und franzsischen Revolution (1789).

    Raum 5 - Die Habsburger

    Der Name des deutschen Herrschergeschlechts der Habsburger geht auf ihren im 11.Jahrhundert erbauten Stammsitz Habsburg (Habichtsburg) bei Brugg/Schweitz zurck. Fast400 Jahre lang trugen die Habsburger von 1438 bis zum Zusammenbruch des Alten Reiches

    1806 die deutsche Knigskrone und die Kaiserwrde des Heiligen Rmischen Reichesdeutscher Nation.

    ber Jahrhunderte bauten die Habsburger an der Ausweitung und Festigung ihrer Hausmacht.Die kluge Heirats- und Vertragspolitik und die damit geschlossenen dynastischenVerbindungen mit ihren Erbansprchen waren sprichwrtlich: "Bella gerant alii / tu, felixAustria, nube" - Kriege mgen andere fhren, Du, glckliches sterreich, heirate!

    Nach der berwindung des "Bruderzwists im Hause Habsburg" im 15. Jahrhundert erbteKaiser Maximilian I. den von seinem Vater neu gekrftigten Familienbesitz. Maximilian, "derletzte Ritter", fgte diesem durch seine Politik, seine eigenen Ehen und die Heirat seinesSohnes Philipp des Schnen mit Johanna von Kastilien die burgundischen Niederlande,

    Neapel und Spanien hinzu. Er schuf so die Grundlagen fr die Weltgeltung seiner Dynastie -und gleichzeitig fr den bis in das 17. Jahrhundert whrenden Konflikt mit Frankreich.

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    Maximilians Enkel Karl errang die Kaiserkrone 1519 dank der von den Fuggernbereitgestellten Geldmittel und weitgehenden Zugestndnisse an die deutschen Reichsstndein einem Wahlvertrag (Wahlkapitulation). Schon um die Kaiserwrde hatte Karl V. mit demfranzsischen Knig Franz I. konkurriert, der - von habsburgischem Territorium ganzeingeschlossen - zu seinem lebenslangen Gegner wurde. Und whrend sich Frankreich mit

    Sultan Soliman II. verbndete, der die trkischen Angriffe gegen Europa erneuerte, fandensich auch die Interessen der Reichsstnde mit den Anliegen der Reformation imSchmalkaldischen Bund zusammen. Kaiser Karl V. war der letzte Vertreter dermittelalterlichen universalen Kaiseridee, die sich durch die modernen Bewegungen der Zeit -Humanismus, Reformation und Aufstieg der Nationalstaaten - berlebt hatte.

    Die Weltmachtstellung des Hauses Habsburg und die Schaffung des spanischen Imperiums(auch Eroberungen in Mexiko 1521, in Peru 1523) waren das Werk Karls V. Nach demAussterben des spanischen Zweiges konnten die Habsburger im Spanischen Erbfolgekrieg(1701-1714) jedoch nur die sdlichen Niederlande, Mailand und Neapel behaupten.

    Mit der Pragmatischen Sanktion (1713) sorgte der letzte Habsburger im Mannesstamm,Kaiser Karl VI., noch zu seinen Lebzeiten fr die Thronfolge seiner Tochter Maria Theresia,die ebenso wie ihr Sohn Joseph II. bedeutende Reformen durchfhrte.

    Die Reichsherrschaft der Habsburger fand im Zeitalter Napoleons ihr Ende, als Franz II. am 6.August 1806 die Wrde eines Kaisers des Heiligen Rmischen Reiches niederlegte, nachdemer schon 1804 die sterreichische Kaiserwrde angenommen hatte.

    Raum 6 - Die Entdeckung der Welt um 1500

    Um das Jahr 1500 erweiterte sich der Horizont der Europer wie nie zuvor. Es warenzunchst Handelsinteressen, die portugiesische und spanische Expeditionen den freienSeeweg nach Asien suchen lieen, aber auch die Sage vom christlichen PriesterknigJohannes, von dem man Hilfe im Kampf gegen die Trken erhoffte. Als aber Christoph

    Kolumbus (1492) "West-Indien" (Amerika) entdeckte und der portugiesische SeefahrerVasco da Gama Afrika bis zum Indischen Ozean umsegelte (1498), begann ein bis heuteanhaltender doppelgesichtiger Proze: die Europisierung der Erde und zugleich dieVerwandlung Europas durch die Begegnung mit der Fremde. Die positiven wie diezerstrerischen Folgen sind bis heute umstritten.

    Aber nicht nur die Welt wurde entdeckt, sondern auch der Mensch. Zum ersten Mal seit derAntike streiften die Wissenschaften ihre Bindungen an kirchliche Traditionen undDenkverbote ab. Der Humanismus, die Gelehrtenkultur des 15. und 16. Jahrhunderts, wollte,gesttzt auf die Schriften der Antike, die Bedingungen menschlicher Existenz im Diesseits

    ergrnden. rzte wie Andreas Vesalius zergliederten den menschlichen Krper, dessenProportionen Knstler wie Albrecht Drer vermaen; Astronomen wie Nikolaus Kopernikusverwarfen die kirchliche Lehre von der Natur des Universums, Kartographen wie Martin

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    Behaim beschrieben die Oberflche der Erde. Der Geist der Wissenschaft eroberteEuropa und lehrte die Menschen, auf sich selbst zu vertrauen.

    Raum 7 - Die Stadt

    Um 1500 zhlte das Heilige Rmische Reich deutscher Nation eine Bevlkerung von rund16 Millionen Menschen. Aber nur 2,5 Millionen lebten in den 4.000 Stdten; ihre Dichtenahm von Westen nach Osten ab. Es waren berwiegend Zwergstdte mit wenigen Hundert

    und Kleinstdte mit hchstens 2.000 Einwohnern. Unter der verschwindend geringen Zahlvon "Grostdten" mit mehr als 10.000 Einwohnern ragte Kln heraus: Um 1500 lebten in derBischofsstadt 40.000 Menschen. Andere Grostdte waren Augsburg und Nrnberg, Bremen,Hamburg und Lbeck sowie Frankfurt am Main, Magdeburg, Knigsberg, Straburg undUlm.

    Die Mehrheit der Stdte gehrte zu frstlichen Territorien und unterstand dem Landesherrn.Neben diesen landesherrlichen Stdten gab es Reichsstdte. In der Reichsmatrikel von 1521waren 85 aufgefhrt; ihre Zahl sank bis zum Ende des Alten Reiches auf 51 herab. DieReichsstdte unterstanden unmittelbar dem Knig oder Kaiser; er war der Stadtherr. Zu denReichsstdten gehrten auch die sogenannten Freien Stdte. Hierbei handelte es sich umBischofsstdte, die sich aus der Stadtherrschaft des Bischofs hatten befreien knnen.

    Im 15. und vor allem im 16. Jahrhundert erlebte eine Reihe von Reichsstdten einewirtschaftliche und kulturelle Blte, allen voran Augsburg. Kunst- und Luxushandwerker wieGoldschmiede, Uhrmacher oder Buchdrucker genossen europisches Ansehen.

    Insbesondere begrndete der Fernhandel in der Hand von Handelshusern wie dem derFugger den Reichtum Augsburgs. Eine opulente Festkultur und die prachtvolleSelbstdarstellung in Kunstwerken legen beredtes Zeugnis von diesem unerschtterlichen

    Selbstbewutsein der Reichsstadt und ihrer Patrizier ab im Jahrhundert von Reformation undGegenreformation, von Bauern- und Religionskriegen.

    Nur ein Teil der stdtischen Bevlkerung besa das Brgerrecht, neben der Oberschicht, denPatriziern und den alteingesessenen Geschlechtern, die Handelsleute und die znftischenHandwerker. Sie bildeten die Mittelschicht. Die politische Macht lag traditionell bei derOberschicht. Den "ehrbaren" Brgern stand eine hchst heterogene Schicht von Nichtbrgerngegenber. Zu ihr zhlten zum Beispiel Mgde und Knechte, Handelsgehilfen,Handwerksgesellen und Lehrjungen, Arme, Kranke und Bettler, Abdecker und Henker, aberauch Adlige, Beamte, Geistliche und Juden.

    Die Stdte waren jedoch nicht nur Zentren des Handels und Handwerks, von Kunst undKultur, sie beherbergten auch die Bildungseinrichtungen, die Schulen, Universitten und

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    Bibliotheken, sowie mit den Hospitlern regionale Einrichtungen zur Versorgung derKranken aus dem Umland der Stdte.

    Raum 8 - Der Dreiigjhrige Krieg

    Am Anfang des Dreiigjhrigen Krieges stand 1618 ein Konflikt zwischen stndischerReligionsfreiheit und habsburgischer Gegenreformation im Knigreich Bhmen. Am Endedes Krieges war Deutschland ruiniert, die Bevlkerung von 17 Millionen auf 8 Millionen

    Menschen gesunken.

    Kaiser Ferdinand II., Wahlknig von Bhmen, unterdrckte 1620 blutig den Aufstand derprotestantischen Stnde Bhmens, die den protestantischen Kurfrsten Friedrich V. von derPfalz anstelle des Habsburgers zum bhmischen Knig gewhlt hatten. Er regierte nur einenWinter lang und hie daher der "Winterknig".

    Aus diesem Konflikt entstand ein weit ber das Reich hinausgreifender Krieg, in dem dieNamen der groen Heerfhrer wie Wallenstein, Tilly oder Mansfeld fr die Gegenstze desZeitalters standen. Es ging in diesem Krieg, der eigentlich aus einer Abfolge mehrerer Kriege

    bestand, um die Wiedergewinnung der katholischen Einheit Europas mit Hilfe der Waffen

    Habsburgs und Wittelsbachs; mit dem Eingreifen des schwedischen Knigs Gustav Adolf inden deutschen Krieg, von den protestantischen Stnden empfangen wie ein evangelischerGegenkaiser, wre es sogar fast zu einer Teilung des Reichs in ein katholisches und einevangelisches Deutschland gekommen, wre nicht Gustav Adolf 1632 bei Ltzen gefallen.

    Es ging aber auch um das Ringen Habsburgs und Frankreichs um die Vormacht in Europa,wobei Frankreich unter seinen groen Ministern Richelieu und Mazarin, ungeachtet dereigenen inneren Wirren, auerhalb seiner Grenzen meist die Partei der Protestanten ergriff.Und nicht zuletzt ging es in diesem Krieg um die Abwehr kaiserlicher Machtansprche durchdie Landesherren, die im Protestantismus ihre Rechtfertigung fanden.

    Der "Westflische Friede" von 1648 beendete die Mord- und Raubzge entfesselterSldnerheere und schuf eine neue europische Ordnung. Gewaltsame Gegenreformation undkaiserlicher Zentralismus waren gescheitert; whrend die Landesherren an Souvernittgewannen, verwandelte sich das Reich, gesttzt auf Reichstag, Reichskammergericht undReichskreise, zu einer Ordnung des friedenstiftenden Ausgleichs in der Mitte Europas,garantiert von den europischen Mchten.

    Raum 9 - Bourbon und Habsburg

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    Der Westflische Friede markiert die Epochengrenze zwischen dem Zeitalter derGlaubenskriege und dem Zeitalter des Absolutismus: Im Zeichen der Machtpolitik, nichtmehr im Zeichen des Glaubens, konkurrierten die europischen Staaten fortan miteinander.

    Frankreich und sterreich, die Dynastien Bourbon und Habsburg, Knig Ludwig XIV. undKaiser Leopold I. rangen nach 1648 um die Vorherrschaft in Europa. Die beiden Rivalen

    bildeten die Machtpole, von denen die groen und kleinen Staaten in wechselndenKoalitionen angezogen wurden. Die Bndnispolitik der deutschen Frsten spiegelte dabei imKleinen die Verhltnisse auf dem Kontinent wider.

    Das Reich blieb nach dem Dreiigjhrigen Krieg geschwcht zurck. Es existierte als

    Vlkerrechtssubjekt zwar weiterhin, aber die Ausbildung von frhmodernen deutschenTerritorialstaaten schritt fort. Obwohl das Reich nur noch die Summe seiner kleineren,mittleren und groen Stnde darstellte, war es doch auch eine schtzendeRechtsgemeinschaft: Das Reichskammergericht und der seit 1663 "ImmerwhrendeReichstag" zu Regensburg bildeten dafr wichtige Instrumente.

    In den 1680er Jahren stand Frankreich auf dem Hhepunkt seiner Macht. Die ReunionspolitikLudwigs XIV. und der Pflzische Krieg (1688-1697) fhrten schon bald zu einergegnerischen Koalition, die aus dem Kaiser und deutschen Reichsfrsten, Spanien, Schweden,Savoyen und - in der Person Wilhelms von Oranien - auch Holland und England bestand. DieVerwstung der Pfalz, der Verlust des Elsa und der Reichsstadt Straburg im Frieden von

    Rijswijk (1697) fhrten zu einer kurzen Aufwallung deutschen Nationalgefhls.

    Whrend die spanischen Habsburger ohnmchtig dem Niedergang ihres Reiches zusahen,hatte sich der habsburgische Kaiser seit 1661 stndiger Trkeneinflle zu erwehren. 1683schlielich standen die Trken vor Wien; ein europisches Entsatzheer unter dem polnischenKnig Jan Sobieski besiegte sie. Die Feldherren der Trkenkriege (1683-1699) zurRckeroberung Ungarns - der "blaue Kurfrst" Max Emanuel von Bayern, der "Trkenlouis"Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden oder "der edle Ritter" Prinz Eugen von Savoyen -gingen als Volkshelden in die Geschichte ein.

    Der Friede von Utrecht (1713) beendete den von Frankreich gegen eine europische Koalition

    gefhrten Spanischen Erbfolgekrieg (seit 1701). Mit diesem Vertragswerk entstand in Europaein Staatensystem, dessen balance of power (Gleichgewicht der Krfte) England alsSchiedsrichter berwachte und garantierte.

    Raum 10 - Der Aufstieg Brandenburg-

    Preuens

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    Der Westflische Friede von 1648 brachte eine Minderung des kaiserlichenEinflusses in Norddeutschland mit sich, begleitet von der zunehmenden SchwchePolens und Schwedens. In das so entstehende Machtvakuum stie das Kurfrstentum

    Brandenburg hinein. Was hier entstand, war ein weitgehend knstliches territorialesGebilde: Kurbrandenburg in Mitteldeutschland, Kleve, Mark und Ravensberg amUnterrhein sowie Preuen - spter sagte man Ostpreuen - am uersten nordstlichenRand des deutschen Sprachraums, bereits auerhalb der Grenzen des Reiches gelegen.

    Der Staat berlebte den Zufall aus Kriegsglck und dynastischer Erbfolge dank demHerrschaftswillen und Organisationstalent der Hohenzollern, geprgt von einer

    kalvinistisch-pietistischen Pflicht-Ethik. Er berlebte aber auch durch eine eigentmlicheStaats- und Gesellschaftsordnung, die in ihren wesentlichen Zgen zugleich Militrordnungwar. Whrend anderswo die Armee nicht viel mehr als die Erweiterung des frstlichenHofstaates darstellte, erfate sie in Preuen seit der Regierung Friedrich Wilhelms I. jeden

    Untertan in allen seinen Lebensbereichen. Der Bauernsoldat und der grundbesitzende adligeOffizier, der "Junker", waren die Sulen des brandenburgischen Staates, der sich am 18.Januar 1701 mit der Selbstkrnung Friedrichs I. zum "Knig in Preuen" zur preuischenMonarchie wandelte. Hinzu kam die im brigen Europa als vorbildlich angeseheneZivilverwaltung, die - und das machte einen entscheidenden Teil ihrer berhmten Effizienzaus - ebenfalls untrennbar mit dem Militrstaat verbunden war, denn sie rekrutierte sichanfangs hauptschlich aus der Armee. Seit 1725 trug der preuische Knig dauernd dieUniform, die damit "des Knigs Rock" wurde, den zu tragen die hchste Ehre war, deren einUntertan der preuischen Krone teilhaftig werden konnte. Im Ausland allerdings hielt man diemilitrischen Vorlieben der Hohenzollern fr eine Marotte, denn bis 1740 war Preuen ein

    friedlicher Staat; die "langen Kerls", fr die Friedrich Wilhelm I. trotz eisernerSparsamkeit fast jede Summe zahlte, schienen diese Einschtzung zu besttigen.

    Der Bevlkerung nach stand Preuen 1740 an dreizehnter, der militrischen Machtnach dagegen an vierter Stelle in Europa - daher das bergewicht des militrischenSektors, daher die brokratische Durchorganisation, um auch die letzten Krfte jenes

    bettelarmen Staats zu mobilisieren. Aber auch Toleranz gehrte zu den preuischenEigenarten - weniger aus Tugend als aus Notwendigkeit, denn anders waren dieReligionsflchtlinge, die franzsischen Hugenotten, Orangeois, Welsch-Schweizer undWallonen, die sterreichischen Protestanten, nicht ins Land zu holen, deren man fr Armee,Gewerbe und Urbarmachung des Landes dringend bedurfte.

    Raum 11 - Handwerk und Znfte

    Am Ausgang des 18. Jahrhunderts war noch knapp ein Zehntel der deutschen Bevlkerungim Gewerbe ttig; die Mehrzahl davon im Handwerk, der geringere Teil in Manufaktur undVerlag. Vorwiegend war das Handwerk in den Stdten angesiedelt. Im Westen und Sden

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    Deutschlands existierte jedoch auch ein starkes Landhandwerk. In vielen mittleren undkleinen Stdten betrieben Handwerker im Nebenerwerb Landwirtschaft.

    Im Gegensatz zur Massenproduktion in Manufaktur und Verlag herrschten im Handwerkkleine Werksttten vor, hufig als Ein-Mann-Betriebe. Viele Handwerker lebten am Rande

    des Existenzminimums.

    Ein Groteil der Handwerke war in Znften, Gilden und mtern organisiert. Sie waren imhohen Mittelalter entstanden. Diese Korporationen stellten fr ihre Mitglieder ein Schutz- und

    Normensystem dar. Sie waren nicht selten am Stadtregiment beteiligt und griffen dirigierendin die Wirtschaft ein. Ihnen oblagen die Ausbildung des gewerblichen Nachwuchses und dieVersorgung von mittellosen, kranken und alten Mitgliedern. Traditionen und Rituale

    bestimmten das Leben in der Zunft: Zusammenknfte begannen mit dem ffnen und endetenmit dem Schlieen der Zunftlade. Fr Aufnahme und Freisprechung der Lehrjungen, fr dieErlangung der Meisterschaft oder bei der Ankunft eines Wandergesellen galten strengezeremonielle Regeln, zu denen auch ein Umtrunk gehrte.

    Mit der Einfhrung der Gewerbefreiheit im Verlauf des 19. Jahrhunderts erloschen dieseTraditionen.

    Raum 12 - Hfischer Luxus: Beispiel

    Sachsen

    Sachsen trat 1697 in die groe europische Politik ein: Der schsische Kurfrstkonvertierte zum Katholizismus und wurde als August II. ("der Starke") zum Knig vonPolen gewhlt. Fr mehr als ein halbes Jahrhundert wurden das protestantische KurfrstentumSachsen und das katholische Knigreich Polen in Personalunion regiert. Dresden undWarschau waren Zentren europischer Barockkultur.

    Mit der Knigswrde stieg das Reprsentationsbedrfnis der schsischen Regenten. Pracht-und Machtentfaltung des "Sonnenknigs" vor Augen, versuchte der Kurfrst-Knig wie dieanderen deutschen Frsten, Literatur, Musik, Theater und bildende Knste, Architektur undLuxusgewerbe in den ausschlielichen Dienst seines Hofes zu stellen.

    In Sachsen waren die Voraussetzungen fr das Aufblhen hfischer Kultur allerdingsbesonders gnstig: Das Land war reich an Bodenschtzen und wurde von ehrgeizigen undkunstsinnigen Frsten regiert. Sie lieen aus ganz Europa Spezialisten anwerben, die mitPrivilegien als zunftfreie Hof-Handwerker arbeiteten. Sie frderten auch das neue undzukunftstrchtige Produktionsmodell der Manufaktur (die Zusammenfassung vonhandwerklichen Fachkrften in gemeinsamen Werksttten). Hier wurden Luxusartikel fr denHof gefertigt: hochwertige Mbel und Textilien, Fayencen, Glas, Musikinstrumente, Gold-und Silberwaren, Porzellan.

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    Porzellan, das "weie Gold", wurde in Sachsen fr Europa erfunden. Schsische Knstlerder 1710 gegrndeten Porzellanmanufaktur Meien entwarfen und gestalteten eine Vielzahlunterschiedlichster Porzellanplastiken, die bis heute als Inbegriff hfischer Kunst desBarock und Rokoko gelten. Ob bei der Gestaltung fremder Vlker oder des Lebens dereinfachen Leute: Den Zeitgenossen kam es weniger auf die Echtheit des Dargestellten als

    vielmehr auf den malerischen Effekt, auf die Zierlichkeit der Idylle an.

    Raum 13 - Barocke Kultur

    Franzsische Sprache und Kultur lsten unter der Herrschaft Ludwigs XIV. (1638-1715)die burgundisch-spanische Hofkultur als europisches Vorbild ab. Macht und Pracht des"Sonnenknigs" waren im Schlo von Versailles vereint. Das Beispiel seiner glnzendenHerrschaftsinszenierung strahlte bis in die kleinsten Frstenresidenzen aus. Man errichteteSchlo- und Gartenanlagen nach dem Beispiel von Versailles und bernahm das franzsischeHofzeremoniell.Sich la mode zu kleiden hie, die Mode des franzsischen Adels nachzuahmen, und ganzEuropa tat dies mit Begeisterung. Die raffinierte Barockkultur der Feste und Feuerwerke,Opern und Konzerte, Prunkjagden und Paraden, aber auch der Gelehrsamkeit - das alles

    beruhte von Sizilien bis Schweden, von Portugal bis Ruland auf dem Vorrang derfranzsischen Sprache. So erwuchs eine kulturelle Einheit des Kontinents, wie es sie seit demMittelalter nicht mehr gegeben hatte.

    Raum 14 - Friedrich II. und dieSchlesischen Kriege

    Als Friedrich II. 1740 den preuischen Thron bestieg, erwartete man von dem musischund philosophisch gebildeten jungen Knig, dem Freund Voltaires, eine friedlicheReformpolitik. Tatschlich verwirklichte Friedrich II. manche Ideen der Aufklrung undToleranz; zugleich aber entschlo er sich zur offensiven Verwendung seines Heeres.

    Sein Griff nach dem sterreichischen Schlesien Ende 1740, als Habsburg durch das drohende

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    Aussterben in der mnnlichen Erbfolge und die Nachfolgeprobleme geschwcht war,bedeutete dem Knig vor allem ein "Rendezvous mit dem Ruhm"; fr die Zeitgenossenhandelte es sich um einen sensationellen Anschlag auf das Rechtsempfinden der Epoche. Indrei Schlesischen Kriegen (1740-1763), die den Aufstieg Preuens zur europischen

    Gromacht und die hundertjhrige Spannung zwischen sterreich und Preuen begrndeten,

    wurde Friedrich zum "Groen". Dabei war Schlesien nur ein Nebenkriegsschauplatz imweltgeschichtlichen Ringen zwischen Frankreich und England um den Besitz der groenKolonialreiche. Der Erschpfungsfriede von Hubertusburg von 1763, in dem die preuischeGromachtstellung und der preuische Besitz Schlesiens garantiert wurden, folgte um fnfTage dem Frieden von Paris, in dem Frankreich einen Groteil seiner berseeischenBesitzungen an England abtrat.

    Friedrich dachte und fhlte franzsisch und hegte gegen die deutsche Literatur tiefeVerachtung. Gleichwohl wurde er zum Helden des protestantischen Teils Deutschlands; dieJugend der Zeit fhlte "fritzisch", eine Vorahnung des deutschen Nationalbewutseins im 19.Jahrhundert.

    Raum 15 - Europische Aufklrung und

    deutsche Klassik

    Die Aufklrung war mehr als eine elitre Philosophie: Sie war ein geistiges Klima. VonEngland und Frankreich ausgehend, durchdrang es die Zivilisation Europas im 18.

    Jahrhundert. Ursprnglich eine Sache der Philosophen, vernderte die Aufklrung baldPolitik, Rechtsprechung, Erziehung, Wissenschaften und Literatur. Allein die Vernunft,entsprungen aus der Natur des Menschen, sollte sein Handeln lenken. Als Ausgang desMenschen aus seiner selbstverschuldeten Unmndigkeit bezeichnete Immanuel Kant dieAufklrung. Verwandt waren die Gedanken der natrlichen Menschenrechte und desFortschritts. Lessings Drama Nathan der Weise setzte die Frage der Judenemanzipation aufdie Tagesordnung, und jdische Denker wie Moses Mendelssohn nahmen an dem Diskursteil. In der zweiten Hlfte des 18. Jahrhunderts war Europa von der grenzberschreitendenDiskussion der Aufklrer erfllt, die sich als Weltbrger verstanden.Auch in die Politik drang die Aufklrung vor: Nicht mehr auf Gott beriefen sich die HerrscherDeutschlands und Europas, sondern auf das Gesetz, hervorgegangen aus der Vernunft und

    dem Gesellschaftsvertrag. Der Herrscher war nicht mehr der Staat, sondern erster Diener desStaates, und deshalb nur gerechtfertigt, wenn er sein Amt zum Wohl der Untertanen versah(Aufgeklrter Absolutismus).An manchem kleinen deutschen Frstenhof gelangten aufklrerische Ideen zur Grundlagelangdauernder Kulturblte. An erster Stelle steht die Residenz Weimar, wo sich nach 1776 diedeutschen Klassiker Herder, Wieland, Goethe und Schiller entfalten konnten. Ihr Ideal war dieHumanitt als Gleichgewicht zwischen Gefhl und Vernunft.Das Klima der Aufklrung frderte den Aufstieg eines gebildeten Brgertums, das inDeutschland zunehmend die ffentlichkeit beherrschte. Bis in die Kleinstdte hinab bildetensich Lesekabinette und Tischgesellschaften, in denen in deutscher Sprache diskutiert wurde;deutschsprachige Literatur beherrschte jetzt den Markt, in bewutem Gegensatz zurfranzsischen Sprache der Hfe und des Adels. Das war der Boden, auf dem eine deutsche

    Nationalkultur entstand, wenn auch von dem Wunsch nach einem deutschen Nationalstaatnoch keine Rede sein konnte.

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    Raum 16 - Die Franzsische Revolution

    Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts huften sich allenthalben in Europa die Unruhen,

    stdtische und lndliche Rebellionen, die meist schnell eingedmmt wurden, aber ein Klimaallgemeiner Unsicherheit schufen. Gottesgnadentum und gutes altes Recht waren im Lichtder Aufklrung fadenscheinig geworden. Schon hatte sich 1775 in Amerika das Volk gegendie britische Krone erhoben, und das Beispiel machte in Europa tiefen Eindruck. So war derBoden vorbereitet, als im Juni 1789 die Nachricht aus Paris kam: Der dritte Stand derStndeversammlung habe sich zur Nationalversammlung, zur alleinigen Vertretung desfranzsischen Volkes proklamiert und gehe nun daran, eine Verfassung auf der Grundlagevon Volkssouvernitt und Menschenrechten zu verknden. Frankreich erklrte sich zureinen und unteilbaren Nation: Damit war der erste moderne Nationalstaat Europas

    erstanden.In der deutschen Geisteswelt herrschte zunchst berwiegend Zustimmung, wenn nichtBegeisterung. Aber das Entzcken der gebildeten Brger darber, da der Geist derAufklrung nun auch die Politik ergriffen hatte, blieb nicht lange ungetrbt. Der Tod KnigLudwigs XVI. und Knigin Marie-Antoinettes unter der Guillotine erwies die zunehmende

    blutige Radikalisierung der Revolution. Der revolutionre Terror der Jahre 1793 und 1794,der erste politische Massenmord in der modernen Geschichte, wurde von den entsetztendeutschen Brgern als Katastrophe der Vernunft empfunden.Die Revolutionskriege im Zeichen der revolutionren Nationalhymne Frankreichs, derMarseillaise, waren zunchst noch von den alten Monarchien Europas, namentlich vonsterreich und Preuen, provoziert worden, verwandelten sich aber schnell in reine

    Eroberungskriege. Zehn Jahre nach Ausbruch der Revolution war Westeuropa bis zum Rheinfranzsisch, flatterte die blau-wei-rote Trikolore ber Norditalien und der Schweiz.

    Raum 17 - Napoleon und Europa

    Napoleon Bonaparte (1769-1821) wre ein namenloser brgerlicher Artillerieoffizier

    geblieben, wenn nicht die Revolution ihm die Mittel zu seiner Entfaltung gegeben htte. Dasneue Heer der Revolution mit seiner allgemeinen Wehrpflicht, in dem Brger und Soldat einssein sollten, versetzte den General Napoleon seit 1799 Erster Konsul, seit 1804 Kaiser derFranzosen in die Lage, sich zum Herrn der westlichen Hlfte Europas aufzuschwingen. DasAlte Reich hielt seinem Herrschaftsanspruch nicht stand; 1806 traten 16 deutsche Staaten demRheinbund unter Napoleons Protektorat bei, und folgerichtig legte Franz II. die Krone desHeiligen Rmischen Reiches deutscher Nation nieder, nachdem es fast tausend Jahre

    bestanden hatte. Nur Preuen und sterreich konnten sich auf die Dauer der Mitgliedschaftim Rheinbund entziehen.

    Der Revolutionierung der deutschen Landkarte folgte die Revolutionierung der innerenOrdnung jener Staaten im Sinne der Ideen von 1789. Verfassungen wurden erlassen, dieStaatsverwaltungen nach franzsischem Vorbild modernisiert, der Code Napolon, das neue

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    franzsische Zivilgesetzbuch, wurde bernommen, der die Feudalverfassung nicht mehrkannte und den brgerlichen Staat der nachrevolutionren ra in rechtliche Normen fate.Brgerliche Rechte, Abschaffung der Adelsprivilegien, Befreiung der Bauern dieser TeilDeutschlands hatte seine Unabhngigkeit verloren, aber im Innern war er freier undfortschrittlicher als das brige Deutschland. Nach der Niederlage Preuens bei Jena und

    Auerstedt 1806 war auch hier die Zeit fr das Neue gekommen; Namen wie die des Freiherrnvom und zum Stein und des Frsten Hardenberg stehen fr eine Epoche durchgreifenderReformen und khner Hoffnungen.Aber die Herrschaft Napoleons in Deutschland bedeutete auch Ausbeutung im Dienst desFranzsischen Kaiserreichs. Napoleons Groe Armee, die 1812 in Ruland einmarschierte,

    bestand berwiegend aus Soldaten der unterworfenen Nationen. Die Niederlage Napoleons inRuland war das Signal zu den Befreiungskriegen (1813-1815), in denen sich dieDeutschen ber die Staatsgrenzen hinweg als Nation empfanden.Die Ergebnisse des Wiener Kongresses 1815 enttuschten allerdings die Anhnger desdeutschen Nationalgedankens. Im Geist der Restauration und der Friedenssicherung bliebDeutschland, in zahlreiche Staaten aufgeteilt, Bestandteil des europischen Konzerts der

    Mchte. Die europischen Vormchte Ruland, Preuen und sterreich schlossenmiteinander eine Heilige Allianz, ein Herrscherbndnis gegen den revolutionren Geist desZeitalters.

    Raum 18 - Brgerliche Kultur

    Ruhe ist die erste Brgerpflicht." Das geflgelte Wort aus dem preuisch-franzsischenKrieg von 1806 wurde zum Motto der Gesellschaft nach dem Wiener Kongre. Das Zeitalterdes Biedermeier war angebrochen, spter so genannt nach einer 1855 erschienenen

    parodistischen Gedichtsammlung eines fiktiven Schulmeisters Biedermaier.

    Von der politischen Verantwortung ferngehalten, entfaltete das Brgertum Kraft und Ehrgeizin Wirtschaft, Verwaltung und Kultur. Man lebte sicher, man lebte aber auch rmlich, denn

    die napoleonischen Kriege hatten den Reichtum Europas aufgezehrt. Ins Zentrum des Lebensrckten die huslichen vier Wnde. Stolz folgte man den Idealen, welche die brgerlichenKlassiker der Literatur und Musik formuliert hatten. Die glckliche Familie, auf Liebeseheund patriarchalische Harmonie gegrndet, wurde zum Leitbild. Kinderliebe undFreundschaftskult spiegelten sich in der Flle der Souvenirs.

    Im Biedermeier-Stil von Mbeln und Gert vermischten sich Elemente des franzsischenRevolutions-Klassizismus (Empire) mit dem Ntzlichkeitsdenken der englischen Kultur. DieBescheidenheit der Verhltnisse zwang zu schlichter Zweckmigkeit, und so entstandenarchitektonische Meisterwerke von klassischen Proportionen, wie Karl Friedrich SchinkelsAltes Museum in Berlin oder Leo von Klenzes Ludwigstrae in Mnchen. Die herrschende

    Bildungswelt des Neuhumanismus schien in die Materie bersetzt zu sein.

    http://www.dhm.de/ausstellungen/bildzeug/s39b.html
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    Raum 19 - Frhe Industrialisierung

    Um 1830 war Grobritannien die fhrende Wirtschaftsmacht der Welt. Aus dem

    Ursprungsland der Industrialisierung stammten noch immer fast alle technischen Neuerungen.In Deutschland kam der Aufbau einer Industrie nur schleppend in Gang und blieb lange aufdie Zentren des Bergbaus, der Eisen- und Stahlverarbeitung beschrnkt. Erst die Bildungeines gemeinsamen Marktes durch den Zollverein im Jahr 1834, der Ausbau desStraennetzes, der Schnellpost und schlielich die Anlage erster Eisenbahnen beschleunigtendie Entwicklung. Der Zollverein schtzte vor den englischen Waren, vergrerte denBinnenmarkt und erleichterte den Export. Beim Bau der Eisenbahnstrecken und in derIndustrie fanden viele Menschen aus Handwerk und Landwirtschaft Arbeit. Dennoch war dieArbeitslosigkeit gro. Denn der Aufschwung der Industrie hielt nicht mit dem schnellen

    Wachstum der Bevlkerung Schritt. Die Gewerbefreiheit hatte zu einer Inflation desHandwerks und zu sinkenden Einkommen gefhrt. Das Heimgewerbe, vor allem dieTextilmanufaktur, konnte nicht gegen industrielle Massenwaren bestehen. Miernten,Teuerungen und Hungersnte verschrften in den 40er Jahren die Armut und fhrten zuUnruhen und Aufstnden.

    Raum 20 - "Vormrz"

    Nach dem Wiener Kongre von 1815 herrschte in Europa eine Generation lang Frieden

    die lngste Friedensepoche in der bisherigen europischen Geschichte. Aber der Frieden hatteeinen Preis: die Stabilisierung der berkommenen monarchischen Ordnung. Die europischenGromchte in ihrer Revolutionsfurcht hatten den Ruf nach Freiheit und nationaler Einheitnicht erhrt. Aber die ffentliche Stimmung in Deutschland war durch die Freiheitskriegeaufgewhlt. Die Studentenschaften der meisten deutschen Universitten trafen sich 1817 aufder Wartburg und forderten ein einiges, freies Deutschland; zwei Jahre spter erstach einStudent den Schriftsteller von Kotzebue, weil dieser die Ideale der Nationalbewegungverspottet hatte. Der sterreichische Staatskanzler Frst Metternich, der Architekt der neuenStaatenordnung, sah seine schlimmsten Befrchtungen besttigt. Im August 1819 einigten

    sich die Minister der deutschen Staaten in Karlsbad darauf, revolutionre und freiheitlicheRegungen rigoros zu unterbinden. Von jetzt an stagnierte die Verfassungsentwicklung;sterreich und Preuen kehrten zum Absolutismus zurck, die Krfte der National- undFreiheitsbewegung verschwanden im Untergrund.Die Pariser Julirevolution von 1830 fachte die nationalen und liberalen Leidenschaften wiederan; die revolutionre Welle erfate einen groen Teil Europas. Zwei Jahre spterversammelten sich 20.000 deutsche Demokraten unter den Farben der liberalen

    Nationalbewegung Schwarz-Rot-Gold zum Hambacher Fest. Es zeigte sich, da trotz derRepression liberale Stimmen nicht mehr zu unterdrcken waren, und lautstark forderten dieSchriftsteller des Jungen Deutschland wie Heinrich Heine oder Ludwig Brne einenfreiheitlich verfaten deutschen Nationalstaat

    Raum 21 - Die Revolution von 1848

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    Die Revolution von 1848 war ein europisches Ereignis. Ihre Zentren lagen in Paris,Wien, Berlin, Prag, Budapest und Mailand. Whrend es bei den Aufstnden in Paris um dieSchaffung eines demokratisch-sozialistischen Staates ging, kmpfte das liberale deutscheBrgertum fr ein doppeltes Ziel: nationale Einheit und freiheitliche Verfassungen. InBhmen, Ungarn, Polen und Italien hie das revolutionre Ziel dagegen nationaleUnabhngigkeit vom oder Anerkennung als gleichberechtigte Nation im habsburgischenVielvlkerstaat. Als die Revolution im Mrz 1848 Deutschland erfate, leisteten die Frstender Mittelstaaten keinen Widerstand, sondern zogen es vor, mit der Berufung liberalerMrzministerien den revolutionren Forderungen ihre Schrfe zu nehmen.

    In Wien wurde die Symbolfigur reaktionrer Politik, Staatskanzler Frst Metternich, gestrzt.Der preuische Knig Friedrich Wilhelm IV. sah sich nach dem Volksaufstand am 18./19.Mrz zum Einlenken gezwungen; mit der Proklamation An mein Volk und an die Deutsche

    Nation setzte er sich an die Spitze der nationalen Bewegung: Preuen gehe in Zukunft inDeutschland auf.Mit der Erffnung der Deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche wareine der wichtigsten Mrzforderungen erfllt. Die Abgeordneten wollten einen deutschen

    National- und Verfassungsstaat schaffen. Whrend der Beratungen konnten sich dieBefrworter einer grodeutschen Lsung (Bundesstaat Deutschland mit sterreich an derSpitze) nicht gegen die Verfechter eines kleindeutsch-erbkaiserlichen (ohne sterreich, der

    preuische Knig als Kaiser) Bundesstaates durchsetzen. Als die deutsche Reichsverfassungim Mrz 1849 verabschiedet wurde, war die Revolution aber bereits gescheitert. Dersozialistische Arbeiteraufstand im Sommer 1848 in Paris hatte die Abwehrhaltung desParlaments gegen die demokratisch-sozialrevolutionren Krfte noch verstrkt und dadurch

    das Beharrungsvermgen der Dynastien, Brokratien, Armeen und partikularen Tendenzenweiter gefestigt. Zudem zeigte sich die Nationalversammlung auenpolitischenKrisensituationen wie der um Schleswig-Holstein nicht gewachsen.sterreichs Absage an die Grodeutschen durch den Oktroi einer sterreichischen Verfassungfolgte die brske Ablehnung der erblichen deutschen Kaiserwrde durch den preuischenKnig Friedrich Wilhelm IV.Trotzdem war die Mrzrevolution nicht gescheitert. Die folgende ra der Reaktionkonnte in keiner wesentlichen Frage hinter den Mrz 1848 zurck. Die kommenden Jahrewaren auenpolitisch durch die Konkurrenz sterreichs und Preuens um die Fhrungsrollein Deutschland geprgt.