Deutscher Bundestag Drucksache 16/9682

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Deutscher Bundestag Drucksache 16/9682 16. Wahlperiode 19. 06. 2008 Unterrichtung durch das Gremium gemäß § 23c Abs. 8 des Zollfahndungsdienstgesetzes Bericht gemäß § 23c Abs. 8 Satz 2 des Gesetzes über das Zollkriminalamt und die Zollfahndungsämter (Zollfahndungsdienstgesetz – ZFdG) über die Durchführung der §§ 23a bis 23f sowie §§ 45 und 46 ZFdG im Zeitraum vom 28. Dezember 2004 bis 4. Dezember 2007 (Bericht zum Zwecke der Evaluierung) Inhaltsverzeichnis Seite Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Anlass und Gegenstand des Berichts . . 2 II. Konstituierung und Zusammensetzung des Gremiums gemäß § 23c Abs. 8 ZFdG sowie Anzahl der Sitzungen . . . . 2 III. Voraussetzungen und Durchführung, insbesondere Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten, der Maßnahmen gemäß § 23a ZFdG (Telekommuni- kations- und Postüberwachung) . . . . . . 3 1. Beschränkungsvoraussetzungen… . . . . . . 3 2. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Durchführung, insbesondere Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten, der Maßnahmen gemäß § 23a ZFdG . . . . 4 IV. Voraussetzungen und Durchführung, insbesondere Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten, der Maßnahmen gemäß § 23g ZFdG (Erhebung von Verkehrsdaten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 V. Benachrichtigung der Betroffenen gemäß § 23c Abs. 4 ZFdG und nach- träglicher Rechtsschutz gemäß § 23c Abs. 7 ZFdG . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1. Voraussetzungen einer Benachrichtigung 5 2. Nachträglicher Rechtsschutz . . . . . . . . . . 6 3. Durchführung der Benachrichtigungen . . 6 VI. Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten gemäß § 23c Abs. 2 ZFdG . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 VII. Übermittlung von Daten gemäß § 23d ZFdG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 VIII. Straf- und Bußgeldvorschriften gemäß §§ 45 und 46 ZFdG . . . . . . . . . . 7 Gesamtwürdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Vorbemerkung Die Befugnis des Zollkriminalamts zur präventiven Tele- kommunikations- und Postüberwachung bei möglichen Verstößen im Außenwirtschaftsbereich wurde erstmals 1992 im Außenwirtschaftsgesetz (AWG) (BGBl. I S. 372) geregelt. Das Bundesverfassungsgericht stellte mit seiner Entscheidung vom 3. März 2004 (1 BvF 3/92) jedoch fest, dass diese Ausgestaltung der präventiven Telekom- munikations- und Postüberwachung in den §§ 39 bis 41 AWG mit Artikel 10 des Grundgesetzes (GG) unverein- bar war. Im Bereich der Straftatenverhütung unterliegen danach Ermächtigungen zum Eingriff in dieses Grund- recht keinen geringeren Anforderungen an die Normen- bestimmheit und Normenklarheit als Ermächtigungen zu Maßnahmen der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung. Das Bundesverfassungsgericht wies darauf hin, dass der Gesetzgeber bei einer Neuregelung auch die Grundsätze zu beachten habe, die das Gericht in seinen Urteilen zum G10-Gesetz vom 14. Juli 1999 (1 BvR 2226/94) und zur akustischen Wohnraumüberwachung vom 3. März 2004 (1 BvR 2378/98) niedergelegt hatte. Zu sichern sei insbe- sondere ein hinreichender Rechtsschutz für sämtliche Be- troffene gegenüber der Datenerhebung und Weiterver- wendung, aber auch bei der Vernichtung nicht mehr benötigter oder rechtswidrig erlangter Daten, ferner die Kennzeichnung der Daten bei der Verwendung zu weite- ren Zwecken. Das Bundesverfassungsgericht forderte den Gesetzgeber auf, den verfassungswidrigen Zustand unter Nutzung seines Gestaltungsspielraums bis zum 31. De- zember 2004 zu beseitigen.

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Deutscher Bundestag Drucksache 16/968216. Wahlperiode 19. 06. 2008

Unterrichtungdurch das Gremium gemäß § 23c Abs. 8 des Zollfahndungsdienstgesetzes

Bericht gemäß § 23c Abs. 8 Satz 2 des Gesetzes über das Zollkriminalamt und die Zollfahndungsämter (Zollfahndungsdienstgesetz – ZFdG) über die Durchführung der §§ 23a bis 23f sowie §§ 45 und 46 ZFdG im Zeitraum vom 28. Dezember 2004 bis 4. Dezember 2007(Bericht zum Zwecke der Evaluierung)

I n h a l t s v e r z e i c h n i s VII. Übermittlung von Daten gemäß

Seite

Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

I. Anlass und Gegenstand des Berichts . . 2

II. Konstituierung und Zusammensetzung des Gremiums gemäß § 23c Abs. 8 ZFdG sowie Anzahl der Sitzungen . . . . 2

III. Voraussetzungen und Durchführung, insbesondere Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten, der Maßnahmen gemäß § 23a ZFdG (Telekommuni-kations- und Postüberwachung) . . . . . . 3

1. Beschränkungsvoraussetzungen… . . . . . . 32. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43. Durchführung, insbesondere Anlass,

Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten, der Maßnahmen gemäß § 23a ZFdG . . . . 4

IV. Voraussetzungen und Durchführung, insbesondere Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten, der Maßnahmen gemäß § 23g ZFdG (Erhebung von Verkehrsdaten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

V. Benachrichtigung der Betroffenen gemäß § 23c Abs. 4 ZFdG und nach-träglicher Rechtsschutz gemäß § 23c Abs. 7 ZFdG . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1. Voraussetzungen einer Benachrichtigung 52. Nachträglicher Rechtsschutz . . . . . . . . . . 63. Durchführung der Benachrichtigungen . . 6

VI. Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten gemäß § 23c Abs. 2 ZFdG . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

§ 23d ZFdG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

VIII. Straf- und Bußgeldvorschriften gemäß §§ 45 und 46 ZFdG . . . . . . . . . . 7

Gesamtwürdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Vorbemerkung

Die Befugnis des Zollkriminalamts zur präventiven Tele-kommunikations- und Postüberwachung bei möglichenVerstößen im Außenwirtschaftsbereich wurde erstmals1992 im Außenwirtschaftsgesetz (AWG) (BGBl. I S. 372)geregelt. Das Bundesverfassungsgericht stellte mit seinerEntscheidung vom 3. März 2004 (1 BvF 3/92) jedochfest, dass diese Ausgestaltung der präventiven Telekom-munikations- und Postüberwachung in den §§ 39 bis 41AWG mit Artikel 10 des Grundgesetzes (GG) unverein-bar war. Im Bereich der Straftatenverhütung unterliegendanach Ermächtigungen zum Eingriff in dieses Grund-recht keinen geringeren Anforderungen an die Normen-bestimmheit und Normenklarheit als Ermächtigungen zuMaßnahmen der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung.Das Bundesverfassungsgericht wies darauf hin, dass derGesetzgeber bei einer Neuregelung auch die Grundsätze zubeachten habe, die das Gericht in seinen Urteilen zumG10-Gesetz vom 14. Juli 1999 (1 BvR 2226/94) und zurakustischen Wohnraumüberwachung vom 3. März 2004(1 BvR 2378/98) niedergelegt hatte. Zu sichern sei insbe-sondere ein hinreichender Rechtsschutz für sämtliche Be-troffene gegenüber der Datenerhebung und Weiterver-wendung, aber auch bei der Vernichtung nicht mehrbenötigter oder rechtswidrig erlangter Daten, ferner dieKennzeichnung der Daten bei der Verwendung zu weite-ren Zwecken. Das Bundesverfassungsgericht forderte denGesetzgeber auf, den verfassungswidrigen Zustand unterNutzung seines Gestaltungsspielraums bis zum 31. De-zember 2004 zu beseitigen.

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Drucksache 16/9682 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Mit dem am 28. Dezember 2004 in Kraft getretenen Ge-setz zur Neuregelung der präventiven Telekommunika-tions- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamtvom 21. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3603) ist der Ge-setzgeber dieser Aufgabe fristgerecht nachgekommen.Mit diesem Gesetz wurden die bisherigen §§ 39 bis 43und 51 AWG aufgehoben. Gleichzeitig wurde mit denneu eingefügten §§ 23a bis 23f, 45 und 46 eine weitge-hende Neuregelung der präventiven Telekommunika-tions- und Postüberwachung in das die besonderen Be-fugnisse des Zollkriminalamts regelnde Gesetz über dasZollkriminalamt und die Zollfahndungsämter (Zollfahn-dungsdienstgesetz – ZFdG) vom 16. August 2002 (BGBl. IS. 3202, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzesvom 13. Dezember 2007, BGBl. I S. 2897, 2901) aufge-nommen. Dabei wurden insbesondere die Voraussetzun-gen für eine Übermittlung und Weiterverwendung vondurch Überwachungsmaßnahmen erlangte Daten sowiedie nach Abschluss einer Überwachungsmaßnahme be-stehende Verpflichtung zur Benachrichtigung der Betrof-fenen entsprechend den Vorgaben in den o. g. Entschei-dungen des Bundesverfassungsgerichts neu ausgestaltet.

Offen blieb zunächst die Frage, ob auch besondere Rege-lungen zum Schutz des Kernbereichs der persönlichenLebensgestaltung geschaffen werden müssen. Deshalbwurde die Geltung der Neuregelung zunächst bis zum31. Dezember 2005 befristet und diese Befristung mit Ge-setz vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3681) auf den30. Juni 2007 verlängert. Mit seiner Entscheidung zurvorbeugenden Telekommunikationsüberwachung nachdem Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Si-cherheit und Ordnung vom 27. Juli 2005 (1 BvR 668/04)hat das Bundesverfassungsgericht die Anforderungen anden Schutz des aus der Menschenwürdegarantie des Arti-kel 1 Abs. 1 GG abzuleitenden Kernbereichs der privatenLebensgestaltung bei Eingriffen in Artikel 10 GG klarge-stellt. Danach hat eine Maßnahme zu unterbleiben, wennim konkreten Fall tatsächliche Anhaltspunkte für die An-nahme bestehen, dass eine Telekommunikationsüberwa-chung Inhalte erfasst, die zum Kernbereich privaterLebensgestaltung zählen. Da bei einer Telekommunika-tionsüberwachungsmaßnahme nicht sicher vorhersehbarist, welchen Inhalt die Gespräche haben werden, ist dasRisiko nicht auszuschließen, dass eine AbhörmaßnahmeKommunikation aus dem Kernbereich privater Lebensge-staltung erfasst. Dies könne jedoch bei einem besondershohen Rang des gefährdeten Rechtsguts und einer durchkonkrete Anhaltspunkte gekennzeichneten Lage, die aufeinen unmittelbaren Bezug zur zukünftigen Begehung derStraftat schließen lässt, hinzunehmen sein. Allerdingsmüssten Vorkehrungen getroffen werden, die sichern,dass die Kommunikationsinhalte des höchstpersönlichenBereichs nicht gespeichert und verwertet werden dürfen,sondern unverzüglich gelöscht werden, wenn es aus-nahmsweise zu ihrer Erhebung gekommen ist.

Zur Umsetzung dieser Anforderungen wurden durch Arti-kel 1 des Gesetzes vom 12. Juni 2007 (BGBl. I S. 1037)kernbereichsschützende Regelungen in § 23a Abs. 4aZFdG aufgenommen. Außerdem wurden die Regelungenzum Schutz von Berufsgeheimnisträgern in § 23a Abs. 5

und 5a ZFdG neu gefasst, mit § 23g ZFdG eine mit§§ 100g, 100h der Strafprozessordnung (StPO) vergleich-bare Befugnis zur Erhebung von Telekommunikations-verkehrsdaten möglicher Betroffener aufgenommen unddie Befristung aufgehoben.

I. Anlass und Gegenstand des Berichts

Nach § 23c Abs. 8 ZFdG unterrichtet das Bundesministe-rium der Finanzen in Abständen von höchstens sechsMonaten ein aus neun vom Deutschen Bundestag be-stimmten Abgeordneten bestehendes Gremium über dieDurchführung der – durch Gesetz vom 21. Dezember2004 (BGBl. I S. 3603) neu in das ZFdG eingefügten –§§ 23a bis 23f sowie §§ 45 und 46 ZFdG. Gleiches gilt fürden durch Gesetz vom 12. Juni 2007 (BGBl. I S. 1037)eingefügten § 23g ZFdG. Dabei ist insbesondere über An-lass, Umfang, Dauer, Ergebnis, Kosten und Benachrichti-gung Betroffener von im Berichtszeitraum durchgeführ-ten Maßnahmen nach diesen Vorschriften zu berichten.

Weiter sieht § 23c Abs. 8 Satz 2 ZFdG vor, dass dasGremium nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttretendieser Vorschrift dem Deutschen Bundestag zusammen-fassend zum Zwecke der Evaluierung einen die oben ge-nannten Angaben berücksichtigenden Bericht über dieDurchführung der Maßnahmen erstattet.

Mit diesem Bericht kommt das Gremium seiner gesetzli-chen Pflicht nach und legt anhand des vom Bundesminis-terium der Finanzen zugelieferten und vom Gremiumübernommenen Datenmaterials eine zusammenfassendeDarstellung für den Zeitraum seit Inkrafttreten der §§ 23abis 23f ZFdG am 28. Dezember 2004 bis zum 4. Dezem-ber 2007 vor.

Eine Übersicht über die präventive Telekommunikations-und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt in denJahren 1992 bis 2005 findet sich in der Antwort der Bun-desregierung auf die Kleine Anfrage der AbgeordnetenPetra Pau, Wolfgang Nešković und der Fraktion DIELINKE (Bundestagsdrucksache 16/281 vom 15. Dezem-ber 2005).

II. Konstituierung und Zusammensetzung des Gremiums gemäß § 23c Abs. 8 ZFdG sowie Anzahl der Sitzungen

Im Berichtszeitraum haben die ZFdG-Gremien der15. und 16. Wahlperiode die fristgerechten Berichte desBundesministeriums der Finanzen gemäß § 23c Abs. 8Satz 1 über die Durchführung der §§ 23a bis 23f sowie§§ 45 und 46 ZFdG entgegengenommen.

Das Gremium gemäß § 23c Abs. 8 ZFdG ist an die Stelledes durch die Aufhebung der §§ 39 bis 41 AWG aufge-lösten Gremiums nach § 41 Abs. 5 AWG getreten. Wiedas Gremium nach § 41 Abs. 5 AWG besteht auch dasZFdG-Gremium aus neun Mitgliedern des DeutschenBundestages. Nach der Wahl der Mitglieder durch denDeutschen Bundestag der 15. Wahlperiode in seiner160. Sitzung am 24. Februar 2005 trat das Gremium am20. April 2005 erstmals zusammen.

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9682

Dem amtierenden ZFdG-Gremium der 16. Wahlperiodegehören – in alphabetischer Reihenfolge – folgende Ab-geordnete an: Klaus Barthel (SPD), Hans-JoachimFuchtel (CDU/CSU), Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU), Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN),Ruprecht Polenz (CDU/CSU), Florian Pronold (SPD),Dr. Axel Troost (DIE LINKE.), Dr. Rainer Wend (SPD),Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP). Das Gremium wurdeam 15. Dezember 2005 vom Deutschen Bundestag der16. Wahlperiode in dessen 8. Sitzung eingesetzt und tratam 9. Februar 2006 zu seiner ersten Sitzung zusammen.Vorsitzender des ZFdG-Gremiums der 16. Wahlperiodeist Ruprecht Polenz (CDU/CSU).

Im Berichtszeitraum fanden fünf Sitzungen des Gre-miums statt.

III. Voraussetzungen und Durchführung, insbesondere Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten, der Maßnahmen gemäß § 23a ZFdG (Telekommunikations- und Postüberwachung)

1. Beschränkungsvoraussetzungen

Wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Perso-nen Straftaten nach § 19 Abs. 1 oder 2 (Strafvorschriftengegen Atomwaffen), § 20 Abs. 1 (Strafvorschriften gegenbiologische und chemische Waffen), § 20a Abs. 1 oder 2(Strafvorschriften gegen Antipersonenminen) oder § 22aAbs. 1 Nr. 4, 5 und 7 oder Abs. 2 (ungenehmigter Trans-port oder Handel mit Kriegswaffen) des Kriegswaffen-kontrollgesetzes vorbereiten, ist das Zollkriminalamtgemäß § 23a Abs. 1 ZFdG befugt, zur Verhütung dieserStraftaten dem Brief- oder Postgeheimnis unterliegendeSendungen zu öffnen und einzusehen sowie die demFernmeldegeheimnis unterliegende Telekommunikationzu überwachen und aufzuzeichnen. Unter der Vorberei-tung von Straftaten ist gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 ZFdGeine Handlung zu verstehen, die darauf gerichtet ist,Straftaten zu begehen, das geschützte Rechtsgut abernicht unmittelbar gefährdet. Insbesondere fallen gemäߧ 23a Abs. 2 Satz 2 ZFdG darunter: das Führen von Ver-handlungen über die Lieferung von Gütern oder das Er-bringen von Dienstleistungen, das Anbieten, der Erwerb,die Herstellung oder die Überlassung von Gütern, dasAnbieten von Dienstleistungen, die Beschaffung vonTransportmitteln für die Lieferung von Gütern oder dasAnwerben von Teilnehmern, soweit dies der Begehungder Straftat nützlich sein soll.

Die gleiche Befugnis besteht gemäß § 23a Abs. 3 ZFdG,wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Perso-nen die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich ge-fährden, indem sie rechtswidrig und ohne die hierfürerforderliche Genehmigung oder Entscheidung nach Arti-kel 4 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 oder 2 der Verord-nung (EG) Nr. 1334/2000 vom 22. Juni 2000 (Dual-Use-Verordnung) oder nach § 5c oder § 5d der Außenwirt-schaftsverordnung unter den in § 23a Abs. 3 Nr. 1 bis 3ZFdG näher bezeichneten Umständen die Ausfuhr vonWaffen, Munition und Rüstungsmaterial einschließlichdarauf bezogener Herstellungsausrüstung und Technolo-

gie oder sonstiger Dual-Use-Güter vorbereiten. Durch Ar-tikel 1 des Gesetzes vom 12. Juni 2007 (BGBl. I S. 1037)wurde diese Aufzählung um Güter ergänzt, die ganz oderteilweise geeignet sind und von denen auf Grund von Tat-sachen angenommen werden kann, dass sie dazu be-stimmt sind, einen erheblichen Beitrag zur Errichtung,zum Betrieb einer oder zum Einbau in eine Anlage fürkerntechnische Zwecke zu leisten und das Käufer- oderBestimmungsland Algerien, Indien, Irak, Iran, Israel,Jordanien, Libyen, Nordkorea, Pakistan oder Syrien ist(§ 23a Abs. 3 Nr. 4 ZFdG).

Weiter dürfen Post- und Telekommunikationsüberwa-chungsmaßnahmen gemäß § 23a Abs. 4 ZFdG auch ge-genüber natürlichen und juristischen Personen und Perso-nenvereinigungen durchgeführt werden, die für Personentätig sind, bei denen die oben dargestellten Voraussetzun-gen vorliegen, wenn Tatsachen die Annahme recht-fertigen, dass sie an deren Postverkehr teilnehmen oderihren Telekommunikationsanschluss oder ihr Endgerätbenutzen, sowie auch gegenüber solchen Personen, dieMitteilungen für Personen, bei denen die Beschränkungs-voraussetzungen vorliegen, entgegennehmen oder vondiesen herrührende Mitteilungen weitergeben, oder derenTelekommunikationsanschluss oder Endgerät von Perso-nen, bei denen die o. g. Beschränkungsvoraussetzungenvorliegen, benutzt wird. Voraussetzung für die Anord-nung von Beschränkungsmaßnahmen gegenüber derartigBetroffenen ist jedoch, dass andernfalls die Erkenntnisseaus Maßnahmen gegen die Personen, bei denen die o. g.Voraussetzungen vorliegen, nicht ausreichen, um die inVorbereitung befindliche Tat zu verhindern.

Unzulässig sind Beschränkungen gemäß dem in Umset-zung der Anforderungen aus dem Urteil des Bundesver-fassungsgerichts vom 27. Juli 2005 (1 BvR 668/04) mitGesetz vom 12. Juni 2007 (BGBl. I S. 1037) ergänzten§ 23a Abs. 4a ZFdG, wenn tatsächliche Anhaltspunkte fürdie Annahme vorliegen, dass durch sie allein Kommuni-kationsinhalte aus dem Kernbereich privater Lebensge-staltung erlangt würden. Für Kommunikationsinhalte ausdem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durcheine Überwachungsmaßnahme nach § 23a ZFdG erlangtworden sind, besteht ein von Löschungs- und Dokumen-tationspflichten begleitetes absolutes Verwertungsverbot.

Besondere Voraussetzungen gelten auch für Maßnahmen,durch die Erkenntnisse erlangt würden, über die die be-treffenden Personen gemäß §§ 53, 53a StPO das Zeugnisverweigern dürften. Die diesbezüglichen Regelungen in§ 23a Abs. 5 ZFdG sind durch das Gesetz vom 12. Juni2007 (BGBl. I S. 1037) neu gefasst worden. So bestehtnun ein – von Löschungs- und Dokumentationspflichtenflankiertes – Erhebungs- und Verwertungsverbot für Er-kenntnisse, die vom Zeugnisverweigerungsrecht vonGeistlichen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger, Verteidi-gern und Abgeordneten (§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 4StPO) umfasst sind. Bezüglich weiterer, von dieser Rege-lung nicht erfasster sog. Berufsgeheimnisträger, denendie StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zubilligt (Bera-tungs- und Heilberufe, Medienmitarbeiter, vgl. § 53Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 3b und 5 StPO), besteht einrelatives, an Verhältnismäßigkeitsgesichtpunkten orien-tiertes Erhebungs- und Verwertungsverbot, wobei das

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öffentliche Interesse an den durch die zeugnisverweige-rungsberechtigte Person wahrgenommenen Aufgabenund das Interesse an der Geheimhaltung der dieser Personanvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen beson-ders zu berücksichtigen sind. Soweit hiernach geboten, istdie Maßnahme zu unterlassen oder, soweit möglich, zubeschränken. Für den Fall, dass Tatsachen die Annahmerechtfertigen, dass die zeugnisverweigerungsberechtig-ten Personen in die Tat verstrickt sind, gelten die darge-stellten Erhebungs- und Verwertungsverbote jedoch nicht(§ 23a Abs. 5a ZFdG). Ebenso ist zur Abwehr einer imEinzelfall bestehenden Lebensgefahr oder einer dringen-den Gefahr für Leib oder Freiheit einer Person die Ver-wendung von entgegen dem Verwertungsverbot erlangtenErkenntnissen, die von besonders geschützten Berufsge-heimnisträgern herrühren, zulässig.

Schließlich dürfen die oben dargestellten Beschränkun-gen in jedem Falle nur dann angeordnet werden, wenn esohne die Erkenntnisse aus den damit verbundenen Maß-nahmen aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre, dievorbereiteten Taten zu verhindern, und die Maßnahmennicht außer Verhältnis zur Schwere der zu verhinderndenTat stehen. Die Maßnahmen dürfen auch durchgeführtwerden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffenwerden.

2. VerfahrenEine Telekommunikations- oder Postüberwachungsmaß-nahme des Zollkriminalamts nach § 23a ZFdG bedarf ge-mäß §§ 23a Abs. 1 Satz 2, 23b ZFdG der vorherigen An-ordnung durch das Landgericht. Der Antrag ist von derBehördenleitung des Zollkriminalamts persönlich, bei de-ren Verhinderung von deren Stellvertretung zu begrün-den; die Zustimmung des Bundesministeriums der Finan-zen ist ebenfalls erforderlich. Die Anordnung ist aufhöchstens drei Monate zu befristen, kann jedoch bei Fort-bestehen der Voraussetzungen um jeweils bis zu drei Mo-nate verlängert werden. Überschreitet eine Maßnahmeauf Grund einer Verlängerung die Dauer von neun Mona-ten, so wechselt die Zuständigkeit für die Anordnungvom Land- zum Oberlandesgericht. Bei Gefahr in Verzugkann sie ausnahmsweise vom Bundesministerium derFinanzen getroffen werden, muss jedoch innerhalb vondrei Tagen vom Landgericht bestätigt werden, § 23bAbs. 1 Satz 2 ZFdG.

In der Begründung der Anordnung oder Verlängerungsind deren Voraussetzungen und die wesentlichen Abwä-gungsgesichtspunkte darzulegen (§ 23b Abs. 2 Satz 1ZFdG). Insbesondere sind einzelfallbezogen anzugeben:die Bezeichnung der zu verhindernden Tat, die Tatsachen,die die Annahme rechtfertigen, dass die Tat vorbereitetwird, sowie die wesentlichen Erwägungen zur Erforder-lichkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme (§ 23bAbs. 2 Satz 2 ZFdG).

3. Durchführung, insbesondere Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der Maßnahmen gemäß § 23a ZFdG

Im Berichtszeitraum seit Inkrafttreten der §§ 23a bis 23fZFdG am 28. Dezember 2004 bis zum 4. Dezember 2007

hat das Zollkriminalamt 22 Sachverhalte auf Anhalts-punkte für das Vorliegen der Voraussetzungen für Über-wachungsmaßnahmen gemäß § 23a Abs. 1, 3 oder 4 ZFdGgeprüft. In zehn Fällen wurden Maßnahmen nach § 23aAbs. 1, 3 oder 4 ZFdG angeordnet.

Diese Maßnahmen wurden in einem Fall auf § 23a Abs. 1ZFdG, in drei Fällen auf § 23a Abs. 3 Nr. 1 lit. c ZFdG, infünf Fällen auf § 23a Abs. 3 Nr. 2 ZFdG und in drei Fäl-len auf § 23a Abs. 3 Nr. 3 ZFdG gestützt. Dabei wurdenzwei Maßnahmen jeweils auf zwei Tatbestände gestützt.Im Berichtszeitraum wurden keine Maßnahmen auf dieTatbestände des § 23a Abs. 3 Nr. 1 lit. a, b und d sowieauf den mit Gesetz vom 12. Juni 2007 (BGBl. I S. 1037)neu eingefügten § 23a Abs. 3 Nr. 4 ZFdG gestützt.

Im Berichtszeitraum ergingen 35 überwachungsmaßnah-menbezogene Beschlüsse, davon 34 durch das Landge-richt Köln und einer durch das Oberlandesgericht Köln.Zehn dieser Beschlüsse hatten die Einrichtung vonÜberwachungsmaßnahmen zum Inhalt, mit den übrigen25 wurden Überwachungsmaßnahmen erweitert, verlän-gert oder berichtigt.

Vier der genannten zehn Maßnahmen hat das Zollkrimi-nalamt beendet, davon zwei, weil das Liefervorhabendurch behördliche Intervention verhindert wurde, eine,weil der Geschäftspartner inhaftiert wurde und eine, weilsich ein nachrichtendienstlicher Hinweis nicht bestätigte.

Vier weitere Maßnahmen wurden in insgesamt sechs Er-mittlungsverfahren überführt. Von diesen wurden vierrechtskräftig abgeschlossen und zwei Personen zu Frei-heitsstrafen verurteilt, drei Personen wurden freigespro-chen. Zwei Verfahren wurden eingestellt. Drei weitereVerurteilungen haben noch keine Rechtskraft erlangt.

Insgesamt waren von den im Berichtszeitraum durchge-führten Maßnahmen 45 natürliche und juristische Perso-nen als Zielpersonen unmittelbar betroffen.

Es haben in keinem Fall tatsächliche Anhaltspunkte dafürvorgelegen, dass allein Kommunikationsinhalte aus demKernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden;demzufolge wurde aus diesem Grund in keinem Fall dieDurchführung der Telekommunikations- und Postüber-wachung unterlassen. Kommunikationsinhalte, die demKernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet wer-den können, wurden nach dem 14. Juni 2007 (Veröffentli-chung des Gesetzes zur Änderung des ZFdG und andererGesetze vom 12. Juni 2007 im BGBl.) in zwei Fällen er-hoben (§ 23a Abs. 4a Satz 2 ZFdG). Die Gespräche wur-den jeweils unverzüglich vom Auswerter gesperrt undnach Entscheidung der Maßnahmeleitung (eine/einer zumRichteramt befähigte/r Bedienstete/r des ZKA) der Lö-schung zugeführt. Die Löschung wurde dokumentiert.Eine Verwertung oder Weiterleitung dieser Inhalte istnicht erfolgt.

Über Kommunikationsvorgänge mit Personen mit Zeug-nisverweigerungsrecht können in vier Fällen keine Anga-ben gemacht werden, weil insoweit zwischenzeitlich einevollständige Löschung durchgeführt wurde. In den übri-gen sechs Fällen wurde keine Kommunikation von

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Berufsgeheimnisträgern erfasst, die einem absoluten Ver-wertungsverbot unterliegt. Insgesamt wurden 949 Kom-munikationsverbindungen festgestellt, an denen 121 Per-sonen mit Zeugnisverweigerungsrechten beteiligt waren.Sie erwiesen sich jedoch in keinem einzigen Fall als fürden Zweck der Maßnahme oder anschließende Ermitt-lungsverfahren relevant. In keinem dieser Fälle wurdenKommunikationsinhalte nach § 23d ZFdG an Dritte über-mittelt.

Durchschnittlich dauerte eine Maßnahme im Berichtszeit-raum etwa fünf Monate, umfasste die Überwachung vonca. 20 Telekommunikationsanschlüssen und Postanschrif-ten bei drei Dienstanbietern und führte zur Erhebung vonca. 10 900 Kommunikationsvorgängen.

Die durchschnittlichen Kosten für eine durchgeführte undendgültig beendete Überwachungsmaßnahme betrugenetwa 156 000 Euro. Dabei handelte es sich im Wesentli-chen um bei der Überwachung und Benachrichtigungbetroffener Personen angefallene Personalkosten, Reise-kosten, Entschädigungen für Leistungen der Post- und Te-lekommunikationsdienstleister gemäß § 23f ZFdG i. V. m.§ 23 JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz)sowie Übersetzungs- und Dolmetscherkosten, wobei eineUnterscheidung der Kosten nach Überwachungs- und Be-nachrichtigungsmaßnahmen nicht vorgenommen wurde.

IV. Voraussetzungen und Durchführung, insbesondere Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten, von Maßnahmen gemäß § 23g ZFdG (Erhebung von Verkehrsdaten)

Durch Gesetz vom 12. Juni 2007 (BGBl. I S. 1037) neueingefügt wurde die Befugnis des Zollkriminalamts zurErhebung von Verkehrsdaten gemäß § 23g ZFdG. Mitdieser Vorschrift sollte eine mit den §§ 100g, 100h StPOvergleichbare Regelung zur Vorbereitung und Durchfüh-rung von Maßnahmen nach § 23a ZFdG in das ZFdG ein-gefügt werden. Durch die Möglichkeit, Verkehrsdatenpotentieller Betroffener zu erheben, soll die Überwachungder Telekommunikation auf das unbedingt notwendigeMaß beschränkt werden, indem klarer und eindeutiger fest-gelegt werden kann, welche Telekommunikationsan-schlüsse in eine Maßnahme gemäß § 23a ZFdG einbezo-gen werden müssen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfsder Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 16/4663).

Wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Perso-nen Straftaten im Sinne des § 23a Abs. 1 ZFdG vorberei-ten oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinnedes § 23a Abs. 3 ZFdG erheblich gefährden, darf dasZollkriminalamt auch ohne das Wissen des BetroffenenVerkehrsdaten im Sinne des § 96 Abs. 1 des Telekommu-nikationsgesetzes (TKG) bei Telekommunikationsdienst-leistern erheben, soweit dies für die Erforschung desSachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltortes derPerson erforderlich ist. Klargestellt wird auch, dass dieErhebung von Standortdaten in Echtzeit zulässig ist.

Maßnahmen gemäß § 23g ZFdG dürfen sich nur gegenPersonen im Sinne des § 23a Abs. 1, 3 oder 4 richten

(hierzu s. oben, III. 1). Sie müssen gerichtlich angeordnetbzw. – wenn bei Gefahr in Verzug die Anordnung aus-nahmsweise durch das Bundesministerium der Finanzenerfolgen kann – binnen drei Tagen durch ein Gericht be-stätigt werden. Die Anordnung ist schriftlich zu erlassenund zu begründen und auf höchstens drei Monate zu be-fristen. Eine Verlängerung um jeweils bis zu drei Mona-ten ist zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anord-nung fortbestehen und die Maßnahme verhältnismäßigist.

Aufgrund des kurzen Zeitraums seit Inkrafttreten des§ 23g ZFdG am 15. Juni 2007 hat das Zollkriminalamt imBerichtszeitraum noch keinen Gebrauch von dieser Be-fugnis gemacht.

V. Benachrichtigung der Betroffenen gemäß § 23c Abs. 4 ZFdG und nachträglicher Rechtsschutz gemäß § 23c Abs. 7 ZFdG

1. Voraussetzungen einer BenachrichtigungDas Zollkriminalamt hat die von den nach § 23a Abs. 1,3, 4 und 6 Satz 2 sowie § 23g ZFdG durchgeführten Maß-nahmen Betroffenen zu benachrichtigen und dabei auf dieMöglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes nach § 23cAbs. 7 ZFdG und die hierfür vorgesehene Frist hinzuwei-sen.

Dabei fasst das ZFdG den Kreis der Betroffenen weit.Hierunter fallen gemäß § 23c Abs. 4 Satz 3 ZFdG diePersonen, gegen die sich die Maßnahme richtet, dieAdressaten der überwachten Postsendungen, die Inhaberund Nutzer der überwachten Telekommunikationsan-schlüsse, natürliche und juristische Personen nach § 23aAbs. 4 (vgl. oben, III.1) sowie unvermeidbar betroffeneDritte gemäß § 23a Abs. 6 Satz 2 ZFdG. Eine Benachrich-tigungspflicht besteht nach Artikel 19 Abs. 4 GG grund-sätzlich auch gegenüber solchen Personen und Personen-vereinigungen, die mit den von der Maßnahme BetroffenenBriefkontakt hatten oder Telekommunikationsverbindun-gen unterhalten haben (vgl. Gesetzentwurf der Bundes-regierung, Begründung, Bundestagsdrucksache 15/3931vom 18. Oktober 2004, S. 16).

Bei Personen, gegen die die Maßnahme sich nicht unmit-telbar richtet, unterbleibt die Benachrichtigung dann,wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Ermittlungen mög-lich wäre oder ihr überwiegend schutzwürdige Belangeanderer Betroffener entgegenstehen. In allen anderen Fäl-len muss die Benachrichtigung erfolgen, sobald dies ohneGefährdung des Untersuchungszwecks oder von Leben,Leib oder Freiheit einer Person oder von bedeutendenVermögenswerten geschehen kann.

Erfolgt die Benachrichtigung nicht binnen sechs Monatennach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zu-rückstellung der Zustimmung durch das zuständige Ge-richt. Die Zustimmung ist – vorbehaltlich einer anderengerichtlichen Anordnung – jeweils nach sechs Monatenerneut einzuholen.

Wenn die Voraussetzungen hierfür auf Dauer nichtvorliegen, kann die Benachrichtigung mit gerichtlicher

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Drucksache 16/9682 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zustimmung endgültig unterbleiben. Ist wegen desselbenSachverhalts ein strafrechtliches Verfahren eingeleitetworden, entscheidet die Staatsanwaltschaft über den Zeit-punkt der Benachrichtigung.

2. Nachträglicher Rechtsschutz

Von einer Maßnahme gemäß § 23a oder § 23g Betroffenekönnen binnen zwei Wochen nach ihrer Benachrichtigungdie Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung so-wie der Art und Weise des Vollzugs beantragen. Über denAntrag entscheidet das Gericht, das für die Anordnungder Maßnahme zuständig gewesen ist. Gegen die Ent-scheidung ist die sofortige Beschwerde statthaft.

3. Durchführung der Benachrichtigungen

Im Berichtszeitraum hat das Zollkriminalamt insgesamt559 von Maßnahmen gemäß § 23a ZFdG Betroffene be-nachrichtigt. Dabei handelte es sich um 19 unmittelbarund 540 mittelbar Betroffene.

Die durchschnittliche Anzahl der pro Maßnahme erhobe-nen Kommunikationsvorgänge lag bei ca. 10 900, wobeiunter Kommunikationsvorgang Telefonanrufe, Telefaxe,SMS, E-Mails, Internet-Sessions und Postsendungen zuverstehen sind. Diese Zahl lässt jedoch keinen Rück-schluss auf die Anzahl der tatsächlich Betroffenen zu, dadie Häufigkeit der Teilnahme eines Gesprächsteilnehmersan Kommunikationsvorgängen in einer laufenden Maß-nahme sehr unterschiedlich ist. Hinzu kommt, dass in ei-ner Vielzahl von Kommunikationsvorgängen eine zwei-felsfreie Ermittlung des Teilnehmers nicht möglich war,bspw. dann, wenn Namen nicht vollständig genannt wur-den und kein Bezug zur Person des festgestellten An-schlussinhabers erkennbar war.

Soweit von einer Benachrichtigung aufgrund gesetzlicherRegelung abgesehen wurde, basiert dies auf der hierzu er-gangenen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln.

Als Folge der Benachrichtigungen ergaben sich telefoni-sche Nachfragen beim Zollkriminalamt und sechs An-träge auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anord-nung sowie der Art und Weise des Vollzugs, wobei in fünfFällen Anträge auf Einsicht in die Gerichtsakten gestelltwurden. In allen Fällen hat das Landgericht Köln dieRechtmäßigkeit der Anordnung und Durchführung derMaßnahme festgestellt.

VI. Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten gemäß § 23c Abs. 2 ZFdG

Gemäß § 23c Abs. 2 ZFdG darf das Zollkriminalamt diedurch die Maßnahmen gemäß §§ 23a und 23g erlangtenpersonenbezogenen Daten zum Zwecke der Verhütungvon Taten im Sinne des § 23a Abs. 1 oder 3 ZFdG verar-beiten und nutzen. Es darf die Daten auch zur Verfolgungvon Straftaten gemäß § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2,§ 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21oder § 22a Abs. 1 bis 3 des Kriegswaffenkontrollgesetzesoder § 34 Abs. 1 bis 6 des Außenwirtschaftsgesetzes ver-

wenden. Es prüft unverzüglich und dann in Abständenvon höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen Datenfür die in § 23a Abs. 1 und 3 ZFdG bestimmten Zweckeerforderlich sind. Soweit die Daten hierfür nicht (mehr)erforderlich sind, nicht zur Verfolgung einer Straftat oderfür die Übermittlung gemäß § 23d ZFdG benötigt werden(hierzu siehe unten, VII.) und nicht mehr für eine Mittei-lung nach § 23c Abs. 4 ZFdG (hierzu siehe oben, V.) oderfür eine gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit derBeschränkungsmaßnahme von Bedeutung sein können,sind sie unverzüglich zu löschen und die Löschung ist zuprotokollieren.

Bezüglich der im Berichtszeitraum durchgeführten Maß-nahmen ist die Löschung der aus drei Maßnahmen erlang-ten Daten abgeschlossen und die Löschung der aus zweiMaßnahmen erlangten Daten in Vorbereitung. Die Lö-schung der Daten aus zwei weiteren Maßnahmen wurdeauf Anordnung der Staatsanwaltschaft zurückgestellt. Ineinem weiteren Fall erfolgte die Löschung im Berichts-zeitraum nicht, da die Benachrichtigung der Betroffenenzurückgestellt wurde.

VII. Übermittlung von Daten gemäß § 23d ZFdG

Gemäß § 23d ZFdG dürfen die vom Zollkriminalamt er-langten personenbezogenen Daten unter bestimmten Vor-aussetzungen an andere in- und ausländische Behördenzur Erfüllung von deren Aufgaben übermittelt werden.

Die Voraussetzungen für die Weitergabe der erhobenenDaten benennt § 23d ZFdG. Danach dürfen die Datenvom Zollkriminalamt an die mit polizeilichen Aufgabenbetrauten bzw. die für die Verfolgung von Straftaten zu-ständigen Behörden, an das Bundesamt für Wirtschaftund Ausfuhrkontrolle bzw. das Bundesministerium fürWirtschaft und Technologie, an die Verfassungsschutzbe-hörden von Bund und Ländern, den Militärischen Ab-schirmdienst oder den Bundesnachrichtendienst nur dannweitergegeben werden, wenn die in § 23d ZFdG für denjeweiligen Adressaten konkret genannten Voraussetzun-gen erfüllt sind. Entsprechendes gilt für eine Datenüber-mittlung an die mit der Ausfuhrabfertigung befasstenZolldienststellen der Mitgliedsstaaten der EuropäischenUnion oder an die für die Verhütung oder Verfolgung vonStraftaten zuständigen ausländischen sowie zwischen-und überstaatlichen Einrichtungen.

Die Entscheidung über die Weitergabe ist von einem Be-diensteten des Zollkriminalamts, der die Befähigung zumRichteramt besitzt, zu treffen. Die Verantwortung für dieZulässigkeit der zu protokollierenden Weitergabe trägtdas Zollkriminalamt (§ 23d Abs. 8 ZFdG).

Im Berichtszeitraum hat das Zollkriminalamt in einemFall Daten gemäß § 23d Abs. 1 ZFdG an die mit polizeili-chen Aufgaben betrauten Behörden, in sechs Fällen Da-ten gemäß § 23d Abs. 2 ZFdG an die für die Verfolgungvon Straftaten zuständigen Behörden, in drei Fällen Da-ten gemäß § 23d Abs. 3 ZFdG an das Bundesamt fürWirtschaft und Ausfuhrkontrolle, in einem Fall Daten ge-mäß § 23d Abs. 6 ZFdG an die mit der Ausfuhrabferti-

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/9682

gung befassten Zolldienststellen von Mitgliedsstaaten derEuropäischen Union und in zwei Fällen Daten gemäߧ 23d Abs. 7 ZFdG an für die Verhütung oder Verfolgungvon Straftaten zuständige ausländische öffentliche sowiezwischen- und überstaatliche Behörden übermittelt.Übermittlungen an die Verfassungsschutzbehörden desBundes und der Länder sowie an den Militärischen Ab-schirmdienst nach § 23d Abs. 4 ZFdG und an den Bun-desnachrichtendienst nach § 23d Abs. 5 ZFdG fanden imBerichtszeitraum nicht statt.

VIII. Straf- und Bußgeldvorschriften gemäß §§ 45 und 46 ZFdG

§ 45 ZFdG stellt eine Verletzung der Verschwiegenheits-pflicht von Personen, die geschäftsmäßig Post- oder Tele-kommunikationsdienstleistungen erbringen, bezüglichvon Maßnahmen nach §§ 23a und 23g unter Strafe, wäh-rend § 46 Bußgeldvorschriften für verschiedene Verlet-zungen der Pflichten von Post- und Telekommunikations-diensten gemäß § 23a Abs. 8 ZFdG in Verbindung mit § 2G10 beinhaltet.

Im Berichtszeitraum kamen diese Straf- und Bußgeldvor-schriften nicht zur Anwendung.

Gesamtwürdigung

Die §§ 23a ff. ZFdG dienen der vorbeugenden Abwehrdrohender Gefahren durch die Zollfahndung als eine Be-hörde mit polizeilichen Aufgaben sowohl im repressivenwie im präventiven Bereich (Polizeibehörde). Folglich istdas Zollkriminalamt eine Behörde mit einem Strafverfol-gungsauftrag, die Maßnahmen der Gefahrenabwehr be-treiben und zu diesem Zweck schwerwiegende Grund-rechtseingriffe vornehmen darf. Der Gesetzgeber hat sichdabei von der Überlegung leiten lassen, dass ein schwererEingriff in das Grundrecht aus Artikel 10 GG ebenso wiedie formelle Ausgestaltung der Gefahrenabwehr damitbegründet sei, dass es bei der Verhinderung illegaler Rüs-tungsexporte um den Schutz höchster Verfassungsgüter,nämlich Frieden und menschliches Leben, gehe.

Das Zollkriminalamt hat von seinen Befugnissen gemäߧ§ 23a ff. ZFdG zurückhaltend Gebrauch gemacht. Insge-samt hat es im Zeitraum seit Inkrafttreten der §§ 23a bis 23fZFdG am 28. Dezember 2004 bis zum 4. Dezember 2007zehn Überwachungsmaßnahmen gemäß § 23a ZFdGdurchgeführt, von denen vier bereits beendet und vierweitere in strafrechtliche Ermittlungsverfahren überführtwurden.

Als Zielpersonen hiervon unmittelbar betroffen waren45 natürliche und juristische Personen. Der Kreis der alsKommunikationspartner der Zielpersonen in ihremGrundrecht aus Artikel 10 GG ebenfalls betroffenen Per-sonen war jedoch deutlich größer. Insgesamt wurden559 unmittelbar und mittelbar Betroffene nach Abschlussder betreffenden Maßnahme gemäß § 23c Abs. 4 ZFdGüber ihre Durchführung unterrichtet.

Die neue Gesetzeslage verlangt in Übereinstimmung mitArtikel 19 Abs. 4 GG grundsätzlich die Benachrichtigung

aller von der Überwachung betroffener Personen, wozuPersonen zählen, gegen die sich die Maßnahme richtet,Adressaten der überwachten Postsendungen, Inhaber undNutzer der überwachten Telekommunikationsanschlüsse,näher bezeichnete Personen nach § 23a Abs. 4 ZFdG undunvermeidbar betroffene Dritte nach § 23a Abs. 6 Satz 2ZFdG. Dabei kann die Benachrichtigung bei Adressatender überwachten Postsendungen, Inhabern und Nutzernder überwachten Telekommunikationsanschlüsse, näherbezeichneten Personen nach § 23a Abs. 4 ZFdG und un-vermeidbar betroffener Dritter nach § 23a Abs. 6 Satz 2ZFdG unterbleiben, wenn sie nur mit unverhältnismäßi-gen Ermittlungen möglich wäre oder ihr überwiegendschutzwürdige Belange anderer Betroffener entgegenste-hen. Hieraus erklärt sich auch, dass nur 19 unmittelbarund nur 540 mittelbar Betroffene benachrichtigt wurden.Die Schutzpflichten aus Artikel 19 Abs. 4 GG bringen inder Praxis eine deutlich umfassendere Auswertung undProtokollierung der überwachten Kommunikation mitsich, die nicht mehr nur am Maßnahmezweck orientiertist, sondern zusätzlich eine sorgfältige umfassende Auf-bereitung für die mögliche Benachrichtigung umfasst.Hierdurch entsteht dem Zollkriminalamt ein deutlich er-höhter administrativer Aufwand. Die aus Artikel 19 Abs. 4 GG resultierende Benachrichti-gungspflicht bringt es mit sich, dass in den meisten Fällenvon den Betroffenen nicht wahrgenommene Eingriffe inihre Grundrechte für diese sichtbar werden. Im Hinblickauf den eigentlichen Maßnahmezweck vielleicht unwich-tige Gespräche werden von Mitarbeitern des Zollkrimi-nalamts gehört und auch wegen möglicher Benachrichti-gungspflichten bewertet, wodurch auch die sozialenKontakte der Zielpersonen, aber auch der unvermeidbarbetroffenen Dritten Gegenstand genauer Bewertung ggf.auf unterschiedlichen Entscheidungsebenen werden. Dieskann – muss aber nicht – als eine Vertiefung des Grund-rechtseingriffs verstanden und individuell als belastendempfunden werden. Andererseits ermöglicht erst die Be-nachrichtigung den Rechtsschutz, mit dem die möglicheFeststellung eines rechtswidrigen Grundrechtseingriffsund die Beseitigung der hierdurch u. U. entstandenen Fol-gen erreicht werden kann. Das Zollkriminalamt befürchtet, dass seine gesetzlicheAufgabenerfüllung dadurch gefährdet werden könnte,dass über die Akteneinsicht versucht werden könnte, Ein-blicke in sicherheitsbehördeninterne Vorgänge zu erhal-ten. Diese Gefahr besteht insbesondere bei der Benach-richtigung von Botschaften sensibler Länder. In zweiFällen hat das Oberlandesgericht Köln hier bereits das Er-fordernis der Benachrichtigung des Generalkonsulates ei-nes vom UN-Embargo betroffenen Landes gesehen. Ne-ben der Gefahr, dass über die Akteneinsicht Einblicke insicherheitsrelevante Vorgänge gewährt werden könnte, istdiese Benachrichtigungspraxis daneben geeignet, außen-politische Irritationen auszulösen und die nationale undinternationale Zusammenarbeit des Zollkriminalamtesmit anderen Sicherheitsbehörden zu beeinträchtigen.

Berlin, den 18. Juni 2008

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Ruprecht Polenz, Vorsitzender
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ISSN 0722-8333