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Plenarprotokoll 14/48 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 48. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Gerhard Neumann (Gotha) und Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker ........................ 4085 A Tagesordnungspunkt 17: Debatte zur Errichtung eines Holo- caust-Mahnmals Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Re- nate Jäger, Dr. Mathias Schubert, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter der Frak- tion SPD, der Abgeordneten Nor- bert Barthle, Dr. Sabine Bergmann- Pohl, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abgeordneter der Fraktion CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Ulrich Heinrich und Dr. Edzard Schmidt- Jortzig Errichtung eines Mahnmals für die ermordeten Juden Europas – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard, Andrea Nahles, Dr. Eckhart Pick, weiterer Abgeordneter der Fraktion SPD, der Abgeordne- ten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter der Fraktion der F.D.P. sowie der Abge- ordneten Dr. Gregor Gysi, Petra Bläss, Dr. Heinrich Fink, weiterer Abgeord- neter der Fraktion PDS Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas – zu dem Antrag der Abgeordneten Gert Weisskirchen (Wiesloch), Eckhardt Barthel (Berlin), Hans-Werner Bertl, weiterer Abgeordneter der Fraktion SPD, der Abgeordneten Dr. Rita Süss- muth, der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Gila Altmann (Aurich), Marie- luise Beck (Bremen), weiterer Abge- ordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abgeordne- ten Sabine Leutheusser-Schnarrenber- ger Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas – zu dem Antrag der Abgeordneten Mi- chael Roth (Heringen), Karin Kort- mann, Nina Hauer, weiterer Abgeord- neter der Fraktion SPD sowie der Ab- geordneten Dr. Antje Vollmer, Cem Özdemir, Dr. Uschi Eid, weiterer Ab- geordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas und eines „Hauses der Erinnerung“ – zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, Dr. Martina Krogmann, Ursula Heinen und weite- rer Abgeordneter der Fraktion CDU/ CSU Errichtung eines Mahnmals für die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlich- keit zu dem Antrag der Abgeordneten Wil- helm-Josef Sebastian, Hans-Otto Wil- helm (Mainz), Dr. Gerd Müller und

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Plenarprotokoll 14/48

Deutscher BundestagStenographischer Bericht

48. Sitzung

Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

I n h a l t :

Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord-neten Gerhard Neumann (Gotha) und Dr.Ernst Ulrich von Weizsäcker ........................ 4085 A

Tagesordnungspunkt 17:Debatte zur Errichtung eines Holo-caust-Mahnmals

Beschlußempfehlung und Bericht desAusschusses für Kultur und Medien

– zu dem Antrag der Abgeordneten Re-nate Jäger, Dr. Mathias Schubert, ErnstBahr, weiterer Abgeordneter der Frak-tion SPD, der Abgeordneten Nor-bert Barthle, Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Dirk Fischer (Hamburg), weitererAbgeordneter der Fraktion CDU/CSU sowie der Abgeordneten UlrichHeinrich und Dr. Edzard Schmidt-JortzigErrichtung eines Mahnmals für dieermordeten Juden Europas

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr.Elke Leonhard, Andrea Nahles, Dr.Eckhart Pick, weiterer Abgeordneterder Fraktion SPD, der Abgeordne-ten Hans-Joachim Otto (Frankfurt),Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. HermannOtto Solms, weiterer Abgeordneter derFraktion der F.D.P. sowie der Abge-ordneten Dr. Gregor Gysi, Petra Bläss,Dr. Heinrich Fink, weiterer Abgeord-neter der Fraktion PDSErrichtung eines Denkmals für dieermordeten Juden Europas

– zu dem Antrag der Abgeordneten GertWeisskirchen (Wiesloch), Eckhardt

Barthel (Berlin), Hans-Werner Bertl,weiterer Abgeordneter der FraktionSPD, der Abgeordneten Dr. Rita Süss-muth, der Abgeordneten Volker Beck(Köln), Gila Altmann (Aurich), Marie-luise Beck (Bremen), weiterer Abge-ordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordne-ten Sabine Leutheusser-Schnarrenber-ger

Errichtung eines Denkmals für dieermordeten Juden Europas

– zu dem Antrag der Abgeordneten Mi-chael Roth (Heringen), Karin Kort-mann, Nina Hauer, weiterer Abgeord-neter der Fraktion SPD sowie der Ab-geordneten Dr. Antje Vollmer, CemÖzdemir, Dr. Uschi Eid, weiterer Ab-geordneter der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

Errichtung eines Denkmals für dieermordeten Juden Europas und eines„Hauses der Erinnerung“

– zu dem Antrag der AbgeordnetenAnnette Widmann-Mauz, Dr. MartinaKrogmann, Ursula Heinen und weite-rer Abgeordneter der Fraktion CDU/CSU

Errichtung eines Mahnmals fürdie Opfer der nationalsozialistischenVerbrechen gegen die Menschlich-keit

– zu dem Antrag der Abgeordneten Wil-helm-Josef Sebastian, Hans-Otto Wil-helm (Mainz), Dr. Gerd Müller und

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II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

weiterer Abgeordneter der FraktionCDU/CSUErrichtung eines zentralen Mahn-mals

(Drucksachen 14/941, 14/942, 14/943,14/944, 14/965, 14/981, 14/1238) .............. 4085 A

Wolfgang Thierse SPD .................................... 4086 A

Dr. Norbert Lammert CDU/CSU..................... 4088 A

Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN................................................................. 4090 B

Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P.......................... 4091 B

Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 4092 D

Dr. Michael Naumann, Staatsminister BK....... 4094 A

Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermei-ster (Berlin)...................................................... 4095 B

Michael Roth (Heringen) SPD......................... 4097 C

Wilhelm-Josef Sebastian CDU/CSU ............... 4099 B

Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN......................................................... 4100 B

Hans-Joachim Otto (Frankfurt) F.D.P.............. 4102 D

Petra Pau PDS.................................................. 4104 A

Dr. Annette Fugmann-Heesing, Senatorin(Berlin)............................................................. 4104 D

Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU.......................... 4106 A

Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN................................................................. 4107 C

Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. ............. 4108 B

Dr. Heinrich Fink PDS..................................... 4109 A

Dr. Elke Leonhard SPD ................................... 4109 C

Annette Widmann-Mauz CDU/CSU ............... 4110 D

Dr. Edzard Schmidt Jortzig F.D.P. .................. 4111 C

Renate Jäger SPD............................................. 4112 B

Hartmut Koschyk CDU/CSU........................... 4113 B

Gisela Schröter SPD ........................................ 4114 B

Arnold Vaatz CDU/CSU.................................. 4115 A

Wolfgang Schulhoff CDU/CSU ...................... 4115 C

Eckhardt Barthel (Berlin) SPD ........................ 4116 C

Dr. Gerd Müller CDU/CSU ............................. 4117 D

Sylvia Bonitz CDU/CSU ................................. 4118 D

Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD................. 4119 C

Günter Nooke CDU/CSU ................................ 4120 D

Martin Hohmann CDU/CSU............................ 4121 D

Eckart von Klaeden CDU/CSU ....................... 4122 C

Namentliche Abstimmung über den Ände-rungsantrag der Abgeordneten Wilhelm-JosefSebastian, Hans-Otto Wilhelm und Dr. GerdMüller (Drucksache 14/1255).......................... 4123 D

Namentliche Abstimmung über den Ände-rungsantrag der Abgeordneten Annette Wid-mann-Mauz, Ursula Heinen, Dr. MartinaKrogmann, Sylvia Bonitz und weiterer Abge-ordneter (Drucksache 14/1267) ....................... 4126 D

Namentliche Abstimmung über den Ände-rungsantrag der Abgeordneten WolfgangSchulhoff, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Ed-zard Schmidt-Jortzig, Jörg van Essen undweiterer Abgeordneter (Drucksache 14/1269). 4130 A

Namentliche Abstimmung über den Ände-rungsantrag der Abgeordneten Hans-JoachimOtto (Frankfurt), Dr. Rita Süssmuth, Dr.Wolfgang Gerhardt, Dr. Gregor Gysi undweiterer Abgeordneter (Drucksache 14/1261). 4132 D

Namentliche Abstimmung über die Be-schlußempfehlung des Ausschusses für Kulturund Medien (Drucksache 14/1238) ................. 4135 D

Nächste Sitzung ............................................... 4138 C

Anlage 1

Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 4139 A

Anlage 2

Erklärungen nach § 31 GO zur Abstim-mung über die Beschlußempfehlung desAusschusses für Kultur und Medien(Drucksache 14/1238)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Re-nate Jäger, Dr. Mathias Schubert, ErnstBahr, weiterer Abgeordneter der Frak-tion SPD, der Abgeordneten NorbertBarthle, Dr. Sabine Bergmann-Pohl,Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Ab-geordneter der Fraktion CDU/CSU so-wie der Abgeordneten Ulrich Heinrichund Dr. Edzard Schmidt-Jortzig

Errichtung eines Mahnmals für dieermordeten Juden Europas (Druck-sache 14/941)

– zu dem Antrag der AbgeordnetenDr. Elke Leonhard, Andrea Nahles,Dr. Eckhart Pick, weiterer Abgeord-neter der Fraktion SPD, der Abgeord-neten Hans-Joachim Otto (Frankfurt),Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. HermannOtto Solms, weiterer Abgeordneter derFraktion CDU/CSU sowie der Abge-ordneten Dr. Gregor Gysi, Petra Bläss,

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 III

Dr. Heinrich Fink, weiterer Abgeord-neter der Fraktion PDS

Errichtung eines Denkmals für dieermordeten Juden Europas (Druck-sache 14/942)

– zu dem Antrag der Abgeordneten GertWeisskirchen (Wiesloch), EckhardtBarthel (Berlin), Hans-Werner Bertl,weiterer Abgeordneter der FraktionSPD, der Abgeordneten Dr. Rita Süss-muth, der Abgeordneten Volker Beck(Köln), Gila Altmann (Aurich), Marie-luise Beck (Bremen), weiterer Abge-ordneter der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeord-neten Sabine Leutheusser-Schnarren-berger

Errichtung eines Denkmals für dieermordeten Juden Europas (Druck-sache 14/943)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Mi-chael Roth (Heringen), Karin Kort-mann, Nina Hauer, weiterer Abgeord-neter der Fraktion SPD sowie der Ab-geordneten Dr. Antje Vollmer, CemÖzdemir, Dr. Uschi Eid, weiterer Ab-geordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Errichtung eines Denkmals für dieermordeten Juden Europas und eines„Hauses der Erinnerung“ (Drucksa-che 14/944)

– zu dem Antrag der Abgeordneten An-nette Widmann-Mauz, Dr. Martina

Krogmann, Ursula Heinen und weitererAbgeordneter der Fraktion CDU/CSU

Errichtung eines Mahnmals für dieOpfer der nationalsozialistischenVerbrechen gegen die Menschlich-keit (Drucksache 14/965)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Wil-helm-Josef Sebastian, Hans-Otto Wil-helm (Mainz), Dr. Gerd Müller undweiterer Abgeordneter der FraktionCDU/CSU

Errichtung eines zentralen Mahn-mals (Drucksache 14/981)

Beatrix Philipp CDU/CSU............................... 4140 B

Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU ................. 4141 B

Wolfgang Dehnel CDU/CSU ........................... 4141 C

Rainer Fornahl SPD ........................................ 4142 A

Dr. Eberhard Brecht SPD ............................... 4142 C

Thomas Dörflinger CDU/CSU ........................ 4142 D

Gudrun Roos SPD ........................................... 4143 A

Gustav Herzog und Birgit Roth (Speyer) SPD 4143 B

Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU .. 4143 C

Dr. Reinhard Göhner CDU/CSU..................... 4144 B

Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU..................... 4144 D

Ruprecht Polenz und Eckhart von KlaedenCDU/CSU ........................................................ 4146 B

Anlage 3

Amtliche Mitteilungen..................................... 4146 D

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 4085

(A) (C)

(B) (D)

48. Sitzung

Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

Beginn: 9.00 Uhr

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: GutenMorgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzungist eröffnet.

Heute feiern zwei Kollegen ihren 60. Geburtstag. Ichgratuliere dem Kollegen Gerhard Neumann (Gotha)und dem Kollegen Dr. Ernst Ulrich von Weizsäckerim Namen des Hauses sehr herzlich zum Geburtstag.

(Beifall)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Debatte zur Errichtung eines Holocaust-Mahnmals

Beratung der Beschlußempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Kultur und Medien(23. Ausschuß)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Renate Jä-ger, Dr. Mathias Schubert, Ernst Bahr, weite-rer Abgeordneter der Fraktion der SPD, derAbgeordneten Norbert Barthle, Dr. SabineBergmann-Pohl, Dirk Fischer (Hamburg),weiterer Abgeordneter der Fraktion derCDU/CSU, sowie der Abgeordneten UlrichHeinrich und Dr. Edzard Schmidt-Jortzig

Errichtung eines Mahnmals für die ermorde-ten Juden Europas

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. ElkeLeonhard, Andrea Nahles, Dr. Eckhart Pick,weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD,der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frank-furt), Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. HermannOtto Solms, weiterer Abgeordneter der Frak-tion der F.D.P., sowie der Abgeordneten Dr.Gregor Gysi, Petra Bläss, Heinrich Fink,weiterer Abgeordneter der Fraktion der PDS

Errichtung eines Denkmals für die ermorde-ten Juden Europas

– zu dem Antrag der Abgeordneten GertWeisskirchen (Wiesloch), Eckhardt Barthel(Berlin), Hans-Werner Bertl, weiterer Abge-

ordneter der Fraktion der SPD, der Abgeord-neten Dr. Rita Süssmuth, der AbgeordnetenVolker Beck (Köln), Gila Altmann (Aurich),Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abge-ordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, sowie der Abgeordneten SabineLeutheusser-Schnarrenberger

Errichtung eines Denkmals für die ermorde-ten Juden Europas– zu dem Antrag der Abgeordneten Michael

Roth (Heringen), Karin Kortmann, Nina Hau-er, weiterer Abgeordneter der SPD sowie derAbgeordneten Dr. Antje Vollmer, Cem Öz-demir, Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneterder Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Errichtung eines Denkmals für die ermorde-ten Juden Europas und eines „Hauses derErinnerung“– zu dem Antrag der Abgeordneten Annette

Widmann-Mauz, Dr. Martina Krogmann, Ur-sula Heinen und weiterer Abgeordneter derFraktion der CDU/CSU

Errichtung eines Mahnmals für die Opfer dernationalsozialistischen Verbrechen gegen dieMenschlichkeit– zu dem Antrag der Abgeordneten Wilhelm-

Josef Sebastian, Hans-Otto Wilhelm (Mainz),Dr. Gerd Müller und weiterer Abgeordneterder Fraktion der CDU/CSU

Errichtung eines zentralen Mahnmals– Drucksachen 14/941, 14/942, 14/943, 14/944,14/965, 14/981, 14/1238 –

Berichterstattung:Abgeordnete Gert Weisskirchen (Wiesloch)Dr. Norbert LammertDr. Antje VollmerHans-Joachim Otto (Frankfurt)Dr. Heinrich Fink

Es liegen mehrere Änderungsanträge vor.

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4086 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

(B)

(A) (C)

(D)

Ich weise darauf hin, daß wir nach der Ausspracheeine Reihe namentlicher Abstimmungen durchführenwerden.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache drei Stunden vorgesehen. Außerdem istvereinbart, daß Erklärungen zur Abstimmung nach § 31der Geschäftsordnung nicht länger als drei Minuten dau-ern sollen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist dasso beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat dasWort unser Kollege Wolfgang Thierse.

Wolfgang Thierse (SPD): Herr Präsident! MeineDamen und Herren! Wir müssen heute über die Frageentscheiden: Wollen wir nach zehnjähriger Debatte einDenkmal für die ermordeten Juden Europas errichten?

Immer wieder höre ich, alle Argumente seien ausge-tauscht. Aber ich höre auch, wir, die Deutschen, undwir, der Deutsche Bundestag, seien gar nicht mehr freiin unserer Entscheidung. Der öffentliche und auch derinternationale Erwartungsdruck sei so hoch, daß die Ent-scheidung letztlich präjudiziert sei. Dennoch sage ich:Dies ist unsere ureigene Entscheidung, die wir aus eige-ner Verantwortung mit Blick auf unsere Geschichte unddie Bedingungen ihres Erinnerns zu treffen haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetendes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, derF.D.P. und der PDS)

Aber schon das Wie unserer heutigen Entscheidungsfin-dung – diese Debatte eingeschlossen – und die Würde,mit der wir uns des Themas annehmen, wird Auskunftdarüber geben, ob wir Deutsche uns mit Anstand ausdiesem schlimmen Jahrhundert verabschieden. Es gibtStimmen, die gerne einen Schlußstrich unter das düster-ste Kapitel der deutschen Vergangenheit ziehen möch-ten. Ich glaube, daß wir das mit Ernst und Leidenschaftabzulehnen haben.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeord-neten der CDU/CSU und der F.D.P.)

Es gibt aber auch sehr achtenswerte Argumente aufder Seite derjenigen, die einem solchen Denkmal grund-sätzlich skeptisch gegenüberstehen. Immerhin berührtder Holocaust die „Grenze unseres Verstehens“, wie esHanno Loewy treffend ausgedrückt hat. Die mehrfachenAuslobungsverfahren bezeugen ja die Schwierigkeit,einen künstlerischen Ausdruck für das Unfaßbare, fürdie Monstrosität der nationalsozialistischen Gewaltver-brechen und für den Genozid an den europäischen Ju-den zu finden. Kann deshalb die Antwort heißen, heuteauf die Entscheidung zugunsten eines Denkmals zu ver-zichten? Ich sage ganz entschieden: Nein!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeord-neten der CDU/CSU und der F.D.P.)

Natürlich stimmt es, wenn Ignatz Bubis sagt, er brau-che ein solches Denkmal eigentlich nicht; das wahreDenkmal sei in seinem Herzen. Aber was für den deut-

schen Juden Ignatz Bubis gilt, das kann und darf für uns,die Nachkommen der Täter, nicht in gleichem Maßegelten; denn nicht für die Juden – ob deutsche oder an-dere – bauen wir dieses Denkmal, sondern für uns, alsunser ureigenes Bekenntnis zu einem politischen Selbst-verständnis,

… in das die Tat – das im Nationalsozialismus be-gangene und geduldete Menschheitsverbrechen –und damit die Erschütterung über das Unsagbare,das den Opfern angetan worden ist, als persistie-rende Beunruhigung und Mahnung eingebranntist …

wie es Jürgen Habermas ausgedrückt hat. Vor diesemDenkmal dürfen Wegsehen und Gleichgültigkeit keinenBestand haben.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeord-neten der CDU/CSU und der F.D.P.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen heuteentscheiden: Wollen wir dieses Denkmal den ermorde-ten europäischen Juden oder allen vom Nationalsozia-lismus verfolgten und ermordeten Opfern widmen? Die-se Entscheidung fällt mir nicht leicht. Reinhard Kosel-leks eindringlicher Appell, wir dürften uns als Täternicht anmaßen, eine Hierarchie der Opfer festzu-schreiben, ist von Gewicht. Schärfer noch fügt er hinzu:

Wer dies tut, bedient sich weiterhin jener Kategori-en, mit denen die SS ihre Opfer definiert hat, umsie zu vernichten.

Wenn ich dennoch vehement für die Eingrenzung derWidmung auf die ermordeten europäischen Juden plä-diere, dann geschieht das vor dem Hintergrund der Zen-tralität des organisierten Massenmordes an der jüdischenBevölkerung für den nationalsozialistischen Rassen-wahn. Auschwitz symbolisiert den „Höhepunkt desjahrtausendealten Judenhasses“. Vor diesem Hinter-grund sollen und müssen wir unsere heutige Entschei-dung treffen, die keinerlei Geringschätzung der anderenOpfergruppen – der Sinti und Roma, der politisch Ver-folgten, der Homosexuellen und der geistig Behinderten– darstellt. Wir bleiben in der Pflicht, für ein würdigesGedenken ihrer jeweiligen Schicksale zu sorgen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, der F.D.P. und der PDS sowie beiAbgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen heuteentscheiden: Wollen wir dieses Denkmal in der Formdes von Peter Eisenman entworfenen Stelenfeldes oderals biblische Mahnung „Du sollst nicht morden“? Dervon Richard Schröder wieder aufgegriffene Vorschlageines früheren Wettbewerbsentwurfs hat etwas beste-chend Einfaches und Einleuchtendes: Er stellt dasDenkmal in den Zusammenhang der jüdisch-christlichenGeistestradition und erinnert uns an die Ursprungsideeder universellen Menschenpflichten. Zudem entgeht erden vielfach vorgetragenen Vorwürfen der Monumenta-lität auf der einen und der unvermittelten Sprachlosig-keit auf der anderen Seite. Denn auch darin liegt einesder Probleme unserer Entscheidung: Viele befürchten,

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 4087

(A) (C)

(B) (D)

daß der Monstrosität der Verbrechen durch eine Monu-mentalität des Gedenkortes begegnet werden soll.

Die Gründe, warum ich gleichwohl Richard Schrö-ders Vorschlag nicht folge, hat der jüdisch-amerikanische Holocaustforscher Raul Hilberg auf einefast erschreckend einfache Weise zum Ausdruck ge-bracht. Er sagt:

Der Satz „Du sollst nicht morden“ ist … einer überdie deutsche Vergangenheit. Heutzutage fürchtetkeiner, daß die Deutschen wieder ein Volk ermor-den werden. Die Mahnung ist also überflüssig.Wenn ich einen Satz für das geplante Denkmalformulieren müßte, so lautete er: Du sollst nicht zu-schauen.

Das ist richtig: Gemordet hat nicht die Mehrzahl derDeutschen. Aber allzu viele haben – sei es aus Angst, seies aus Desinteresse, sei es aus heimlicher oder offenerSympathie – zugeschaut, als ihre jüdischen Nachbarnabgeholt und auf Todesmärsche und Todesfahrten ge-schickt wurden.

Aber auch wenn gute Gründe gegen diesen Vorschlagsprechen: Erfüllt das von Peter Eisenman konzipierteStelenfeld schon unsere komplexen Erwartungen, daskünstlerisch auszudrücken, was in unserer Vorstellungs-kraft in die Kategorie des Unvorstellbaren fällt? Sicherwerden Zweifel bleiben. Sie treiben mich im übrigen bisheute um. Denn ein solches Mahnmal darf nicht zu einerins Abstrakte tendierenden Pathosformel werden, son-dern muß zur emotionalen und intellektuellen Erinne-rungsarbeit herausfordern. Harry Pross hat recht, wenner sagt:

Ob das Hinsehen erschüttert, ob es erinnert, waserinnert werden soll, hängt vom Betrachter ab.Verordnet werden kann es nicht, auch nicht, daßdas Hinsehen weh tun sollte.

Ich setzte darauf, daß sich bei diesem Mahnmal daseinstellt, was sich sein Gestalter selbst davon erhofft,nämlich daß es einen – wie er drastisch sagt – „Terrorder Einsamkeit“ entfaltet. Ein Nebeneinanderlaufen zwi-schen den Stelen gibt es nicht; es gibt keinen Eingang,keinen Ausgang, kein Zentrum. So widersprüchlich esklingen mag: Auf diese Weise wird es denkbar, daß sichbei dem Besucher ein Verständnis des Unvorstellbareneinstellt. Auf diese Weise kommt es am ehesten demnahe, was Jürgen Habermas die „geeignete Sprache“einer kompromißlosen Kunst für ein solches Denkmalgenannt hat, ausgedrückt in einem „unaufdringlichenPathos des Negativen“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen heuteentscheiden: Wollen wir es bei einem reinen Denkmalohne jeden Zusatz belassen oder es durch einen Ort derInformation ergänzen? Ich gestehe ein, daß meinelanggehegten Zweifel gerade damit zu tun hatten, daßich die Formensprache eines reinen Denkmals für nichtausreichend hielt, gerade mit Blick auf die nachgebore-nen Generationen. Denn Erinnern und Gedenken sindbeides sehr komplexe Vorgänge – sie sind aber nichtidentisch. Historische Aufklärung kann politisches Be-wußtsein schaffen und das Geschehene in Erinnerung

bringen. Aber Trauer um die Toten, Empathie mit denOpfern stellt sich dadurch noch nicht von selbst ein.Orte des Gedenkens hingegen zielen auf Empathie. Sieentwickeln, so sie gelungen sind, eine begriffslose Aus-druckskraft, eine geradezu sinnliche Wucht. Auf dieseWeise stellt sich Erkenntnis ein – aber nicht durch Lern-erfahrung, sondern durch Evokation.

Ich frage diejenigen, die das Denkmal in seiner rei-nen, durch nichts ergänzten Form verwirklichen wollen:Können wir uns für die nachfolgenden Generationen si-cher sein hinsichtlich der vorausgesetzten geschichtli-chen Erinnerung, die evoziert werden soll und werdenkann? Nur das leiseste Nein drängt uns zu einer Ant-wort, die wenigstens in der allervorsichtigsten Formnach einer Kombination von Erinnern und Gedenken su-chen lassen sollte. Das meint ausdrücklich nicht denVorschlag eines „Denkmals plus Volkshochschule“, wiees ein Kollege kürzlich bewußt überspitzt ausdrückte.Aber es meint den Versuch, das historisch bestimmteErinnern immer neu als Movens des Gedenkens mit ein-zubeziehen.

Dies ist noch aus einem anderen Grunde notwendig.Feinfühligkeit und Empfindsamkeit sind nicht dauerhaftverfügbare Ressourcen. Tut das Hinsehen weh, wendetsich der Blick ab. Ein Denkmal, das im positiven Sinneanstößig ist, das weh tut, braucht die kommunikativeHinführung und die Auseinandersetzungsmöglichkeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen heuteentscheiden: Wollen wir die Entscheidung über die kon-kreten ästhetisch-künstlerischen Gestaltungsfragen, überdie Ausgestaltung des Ortes der Information einer Stif-tung übertragen, oder soll die Bundesregierung diesenAuftrag bekommen? Die Initiative für ein nationalesDenkmal für die ermordeten Juden Europas ist im bestenSinne des Wortes als bürgergesellschaftliche Initiativeentstanden. Ich möchte dafür – ich hoffe in Ihrer allerNamen – dem Förderkreis und stellvertretend für ihnLeah Rosh und Eberhard Jäckel meinen herzlichenDank aussprechen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, der F.D.P. und der PDS sowie beiAbgeordneten der CDU/CSU)

Ohne ihr unermüdliches Engagement wären wir heutenicht in der Lage, unsere Entscheidungen zu treffen.Weil dem so ist, halte ich die Stiftungslösung für alter-nativlos.

Das Denkmal, über das wir heute entscheiden, richtetsich an die zukünftigen Generationen mit der Botschaft:Scham ist ein Moment unserer menschlichen Würde.Aus dem politisch-praktischen Gedenken unserer mitunfaßbarem Unrecht verknüpften Geschichte erwächstmoralische Gegenwartsverpflichtung und Zukunftsfä-higkeit. Darum geht es.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeord-neten der CDU/CSU und der F.D.P.)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: DasWort hat jetzt der Kollege Dr. Norbert Lammert.

Wolfgang Thierse

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4088 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

(B)

(A) (C)

(D)

Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU): Herr Präsident!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Je länger die Debatteüber die Errichtung eines Mahnmals in Berlin dauertund je ungewisser ihr Ergebnis scheint, desto häufigerwird die Vermutung vorgetragen, das eigentlicheMahnmal sei diese Debatte. Darin kommt eine richtigeEinsicht und eine verborgene Resignation zum Aus-druck. Tatsächlich muß sich niemand dafür entschuldi-gen, daß wir Deutschen uns mit diesem Thema außeror-dentlich schwer tun und es trotzdem und gerade deswe-gen immer wieder neu behandeln. Eben weil diese not-wendige Auseinandersetzung nicht ein und für allemalein Ende haben kann und soll, ist sie auch durch einMahnmal nicht zu ersetzen.

Die heutige Debatte des Bundestages muß wohl mitder Einsicht beginnen, daß es kaum noch etwas Neueszu sagen gibt, wohl aber Notwendiges entschieden wer-den muß. Die geplante Entscheidung des DeutschenBundestages über ein zentrales Mahnmal in der deut-schen Hauptstadt Berlin ist eine der anspruchsvollstenund zugleich schwierigsten Entscheidungen dieser Le-gislaturperiode. Der Bundestag hat sich um diese Ent-scheidung nicht beworben, aber sehr bemüht. Deshalbwäre als Grundlage der heutigen Beratung auch eine an-dere Beschlußempfehlung zu wünschen gewesen, dieden Eindruck einer durch Partei- oder Koalitionsinteres-sen geprägten Entscheidung sorgfältiger vermieden hät-te.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. so-wie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

Eine solche Beschlußempfehlung wäre auch möglichgewesen, wenn das Interesse an einem möglichst breitenKonsens nicht weniger stark gewesen wäre als die ver-ständliche Sorge einer Mehrheit um das mögliche Er-gebnis einer nicht gesteuerten, völlig offenen Abstim-mung über die eingebrachten Alternativvorschläge.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Der Deutsche Bundestag nimmt heute die Initiativeeiner Gruppe von Publizisten und Wissenschaftlern zurErrichtung eines Denkmals in Berlin auf, die noch vordem Fall der Mauer gegründet wurde und kurz danachihren entscheidenden politischen Impuls durch die Zu-sage des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl er-halten hatte, an zentraler Stelle in Berlin ein Mahnmalfür die ermordeten Juden Europas als nationale Stätteder Erinnerung zu errichten. Über viele Jahre hinweghaben sich viele Bürgerinnen und Bürger – Künstler,Wissenschaftler, Historiker, Politiker und Publizisten –in einer außergewöhnlich engagierten Weise um diesesProjekt bemüht, denen ich für ihre Vorschläge wie fürihre Einwände im Namen meiner Fraktion unseren Re-spekt und Dank aussprechen möchte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. so-wie bei Abgeordneten der SPD, des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Leider ist es nach aufwendigem Wettbewerbsverfah-ren und gründlicher fachlicher und politischer Diskussi-on nicht mehr zu einer endgültigen Entscheidung vorAblauf der letzten Legislaturperiode des DeutschenBundestages gekommen. Dazu trug neben den früh vor-

getragenen Einwänden des Regierenden Bürgermeistersvon Berlin gegen den favorisierten Entwurf und seineschwierige städtebauliche Einfügung auf einem riesigenGelände insbesondere die mitten im Wahlkampf vomdamals designierten Kulturbeauftragten der SPD öf-fentlich vorgetragene kategorische Ablehnung diesesKonzepts bei, mit der der angestrebte breite Konsensgänzlich torpediert war. Die Geschmacklosigkeit, denEntwurf Peter Eisenmans mit der monumentalen Archi-tektur Albert Speers für Hitlers Berliner Renommier-bauten zu vergleichen, disqualifiziert freilich nicht denamerikanischen Architekten, sondern das eigene ästheti-sche Urteilsvermögen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. so-wie bei Abgeordneten der PDS)

Ich will über Ihre Motivationen, Herr Staatsminister,keine Vermutungen anstellen. Aber was die Wirkung Ih-rer verschiedenartigen und widersprüchlichen Interven-tionen zur Mahnmal-Debatte

(Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Das ist wohlwahr!)

in den letzten Monaten betrifft, läßt sich nicht überse-hen, daß sie für den angestrebten breiten Konsens ver-heerend gewesen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Die von Bundesregierung, Berliner Senat und Abge-ordnetenhaus nun vom Bundestag erwartete Entschei-dung ist ganz gewiß mehr als eine Verlegenheitslösung.Sie gehört hierhin, ganz besonders zu einem Zeitpunkt,da sich Parlament wie Regierung in der alten und neuenHauptstadt gewissermaßen neu konstituieren. Es gibtgute, wenn nicht zwingende Gründe, die Entscheidungüber dieses nationale Mahnmal wegen ihrer besonderenBedeutung und Wirkung nach innen wie nach außen imdeutschen Parlament zu treffen. Dabei muß allerdingssorgfältig der Eindruck vermieden werden, als wollesich der Deutsche Bundestag zur obersten Kunst- undKulturkommission der Bundesrepublik Deutschland er-klären.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU so-wie des Abg. Jürgen Koppelin [F.D.P.])

Er darf sich auch nicht in eine solche Situation hinein-manövrieren lassen. Der Deutsche Bundestag hat viel-mehr politisch zu entscheiden, ob und wo ein Mahnmalund gegebenenfalls – falls überhaupt – mit welcher Er-gänzung errichtet werden soll. Dabei ist der Bundestag –darauf hat der Präsident zu Recht hingewiesen – in sei-ner Entscheidung souverän und muß sich durch nieman-den präjudizieren lassen.

Es ist ein Gebot intellektueller Redlichkeit und politi-schen Anstandes, einzuräumen, daß alle drei Grundsatz-fragen – ob überhaupt und wo und in welcher Form einsolches Mahnmal errichtet werden soll – mit jeweils be-achtlichen Argumenten sehr unterschiedlich beantwortetwerden können. Deshalb sollten die Befürworter einesMahnmals, zu denen ich gehöre, für ihre Position auchkeine höhere moralische Legitimation in Anspruchnehmen.

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Mich hat im übrigen ganz persönlich die Selbstsi-cherheit irritiert, mit der manche das Ergebnis ihres ei-genen Nachdenkens gelegentlich als die vermeintlicheinzig mögliche Lösung ausgegeben haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. so-wie bei Abgeordneten der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt nicht die einzige richtige Lösung, und nach mei-ner Überzeugung gibt es auch kein Denkmal, das einbeispielloses Verbrechen und ein unvorstellbares Ge-schehen der deutschen Geschichte in einer angemesse-nen Form zum Ausdruck bringen könnte. Deshalb ist fürmich die grundsätzliche Entscheidung, daß ein solchesDenkmal gebaut wird, mit Abstand wichtiger als dieFestlegung, welche Gestaltungsform es haben soll.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU unddes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Etwas zu tun, was nicht wirklich gelingen kann: dasist die ungeheure Zumutung, vor der die Bundes-tagsabgeordneten stehen.

In diesem Kommentar einer großen Berliner Tageszei-tung habe ich meine eigenen Empfindungen über dievon mir erwartete Entscheidung sehr zutreffend be-schrieben gefunden.

Unter den grundsätzlichen Einwendungen verdienenzwei Aspekte besondere Abwägung: zum einen dieZweifel an der Möglichkeit eines angemessenen künstle-rischen Ausdrucks zur Erinnerung an einen staatlichorganisierten Massenmord und zum anderen das Miß-verständnis, es solle ein Denkmal für die Verbrechen dereigenen Nation errichtet werden.

Auch die Einwände gegen die Größe und Eignungdes Grundstücks in exponierter städtebaulicher Lagezwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz müs-sen ernst genommen werden. Aber „ein Platz, zu demman gerne geht“, wie Sie, Herr Bundeskanzler, das ineinem Interview einmal öffentlich eingefordert haben,muß diese Erinnerungsstätte ganz gewiß nicht sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder F.D.P.)

Dieses Mahnmal muß stören; sonst ist es überflüssig.

(Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: So ist es! –Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

Wenn überhaupt, gehört dieses Mahnmal gerade des-halb in die Mitte von Berlin, weil dort deutsche und jü-dische Mitbürger über Jahrzehnte zusammengelebt undzusammengearbeitet haben, bevor das UnvorstellbareWirklichkeit geworden ist. Deshalb muß sich dasDenkmal nach meiner persönlichen Überzeugung auchnicht organisch in das Stadtbild einfügen, so wenig, wiedie Ereignisse, an die es erinnern soll, sich in die deut-sche Geschichte einfügen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge-ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN, der F.D.P. und der PDS)

Zwischen dem wiederaufgebauten Reichstag mit derglänzenden Kuppel als Symbol einer wiederaufgebautenselbstbewußten Demokratie und dem Potsdamer Platzals neugestaltetem Zentrum pulsierenden städtischenLebens – ein irritierender Platz, ein Ort der Irritation:Das hat für mich einen tiefen Sinn als Ausdruck derBrüche und Verirrungen in der Geschichte dieser Stadtund dieses Landes.

Allerdings gewinnt das zu errichtende Mahnmal we-der an Wirkung noch an öffentlicher Akzeptanz, wennes durch seine heute zu beschließende Widmung nureiner – zweifellos zu Recht herausgehobenen – Opfer-gruppe zugeeignet wird. Deshalb trete ich mit Nach-druck dafür ein, dieses Mahnmal den ermordeten JudenEuropas und allen Opfern der nationalsozialistischenVerbrechen gegen die Menschlichkeit zu widmen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Auf diese Weise können Zusammenhänge verdeut-licht werden, ohne auf angemessene Differenzierungenzu verzichten. Zugleich wird durch eine solche Wid-mung für ein zentrales Mahnmal in Berlin vermieden,daß die heutige Debatte und Entscheidung der Beginneiner Serie von Folgeentscheidungen für die Errichtungweiterer Denkmäler für andere Opfergruppen und damitverbundenen unvermeidlichen Auseinandersetzungenüber Ort, Größe und Gestaltung wird.

Im Kern, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht esheute um die Entscheidung des Deutschen Bundestages,im Jahre des Umzuges von Parlament und Regierungvon Bonn in die alte und neue Hauptstadt ein unüber-sehbares Zeichen der Entschlossenheit des wiederverei-nigten Deutschlands zu setzen, sich seiner eigenen Ge-schichte in diesem Jahrhundert bewußt zu sein und diebesondere Verantwortung wahrzunehmen, die sich dar-aus für die Zukunft ergibt.

Es hat in diesem 20. Jahrhundert, das in wenigenMonaten zu Ende geht, gerade in Deutschland viele be-merkenswerte Ereignisse gegeben, großartige und nie-derschmetternde. Manche davon haben in Denkmälernihren Ausdruck der Erinnerung gefunden.

Robert Musil verdanken wir den Hinweis, die beson-dere Eigenschaft von Denkmälern bestehe darin, daß siedas, woran sie gedenken sollen, vergessen machen. Die-ses Ereignis, der Holocaust, ist beispiellos. Er ist in demmonströsen Verbrechen industrieller Massenvernichtungvon Mitbürgern mitten in Deutschland und Europa nichtanders zu bezeichnen als ein Zivilisationsbruch. DiesesEreignis darf nie vergessen werden. Ein solches Verbre-chen darf sich nie wiederholen.

(Beifall im ganzen Hause)

Die Deutschen haben mehr als jedes andere Volk in derWelt diese Erinnerung zu wahren und diese Entschlos-senheit zu verdeutlichen.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kolle-gen, ich will eine sehr persönliche Bemerkung zumSchluß machen. Ich bin 1948 geboren und damit fastgenauso alt wie diese zweite deutsche Republik. Ich binstolz auf das Land, in dem ich lebe – nicht, weil es die

Dr. Norbert Lammert

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beste aller Welten ist, aber weil es sich im Vergleich zuseiner Vergangenheit und im übrigen auch zu den ge-genwärtigen Verhältnissen in vielen anderen Länderndieser Welt durch ein hohes Maß an Freiheit, an Tole-ranz, an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auszeich-net.

Für mich als einen Angehörigen der Generation nachdiesem schrecklichen Krieg gehört der Holocaust zu denGründungsdaten dieser Republik, die in ihrer Verfas-sung, in ihrem Selbstverständnis und in ihrer gesell-schaftlichen Entwicklung anders wäre, als sie es ist,wenn es dieses Geschehen nicht gegeben hätte. DiesemVerständnis unseres Landes und seiner Geschichte soll-ten wir in unserer Hauptstadt ein Denkmal setzen, min-destens so sehr für uns selbst und für künftige Genera-tionen wie für die Opfer, an die wir erinnern wollen.

Gerade deshalb ist die Debatte ganz sicher ein wich-tiger und unverzichtbarer Bestandteil der selbstbewußtenund selbstkritischen Auseinandersetzung Deutschlandsmit seiner Geschichte in diesem Jahrhundert. EinMahnmal allein ersetzt diese Verständigung nicht. Aberdie Verständigung ersetzt auch nicht das Mahnmal.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. so-wie bei Abgeordneten der SPD, des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Alsnächste Rednerin hat jetzt die Kollegin Dr. Antje Voll-mer das Wort.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber HerrKollege Lammert, wir, die wir heute über dieses Mahn-mal zu entscheiden haben, teilen vermutlich alle das Ge-fühl, daß wir etwas tun, was nicht wirklich im vollenWortsinn gelingen kann. Das ist ja gerade das Irritieren-de, und das bringt auch den Ernst in diese Debatte.

Das Bewußtsein, vor einer Gestaltungsaufgabe versa-gen zu müssen, ist diesem Mahnmal seinem Wesen nachimmanent, und trotzdem – das spüren wir auch – ist dieseine der wichtigsten Debatten dieser Legislaturperiode.Nicht nur wir wissen, auch alle erwarten von uns: Esmuß heute eine Entscheidung fallen, die auch wirklichgilt.

Diesen Auftrag haben wir uns nicht selbst gesucht,sondern er ist uns in einem langen Prozeß aus der Ge-sellschaft selbst zugewachsen. Joseph Beuys hätte soetwas eine „soziale Skulptur“ genannt. Da sucht eineganze Gesellschaft eine Form, um ihre eigene Identitätund ihr Verhältnis zu ihrer Vergangenheit zu klären, undarbeitet damit doch auch an sich selbst und an ihrem ei-genen Wesen.

Es beginnt mit der Überzeugung und mit der Arbeiteiner kleinen Gruppe, der auch ich meinen Respekt aus-drücken möchte. Daß das Thema längst vom Feuilleton-Teil der Zeitungen in die politischen Spalten gerückt ist,daß sich so viele wichtige Stimmen aus unserer Gesell-schaft mit einer solchen Leidenschaft am Pro und Kon-tra beteiligt haben, und dies nach diversen Wettbewer-

ben mit einer regelrechten Bürgerinitiative von künstle-rischen Vorschlägen, daß wir nach vielen Kontroversenheute eine hoffentlich gültige Entscheidung treffen, dasläßt die Republik in ihrem Selbstverständnis und auch inihrer historischen Verortung nicht unverändert. Auch ichfinde, es ist kein Zufall, daß dieser Prozeß die Phase derpolitischen Einigung unseres Landes, der Debatten umdie neue Rolle Deutschlands in einem sich veränderndenEuropa immer begleitet haben. Die Debatte über Formund Bedeutung dieses Mahnmals hat deswegen immerzu tun mit der Debatte über Form, Maß, Rolle, histori-sche Wurzeln und historische Verantwortung dieserganzen Republik.

Warum bauen wir dieses Mahnmal und für wen?György Konrad hat uns gesagt: „Wir Juden brauchendieses Mahnmal nicht.“ Und noch deutlicher: „Es wärekomisch, sollten die Juden den Wunsch hegen, dies, dasEreignis der Vernichtung, in einem sich an die ganzeWelt richtenden Monument zu verewigen.“ Er hat recht.Wir Deutschen bauen das Mahnmal an diesem zentralenOrt, um uns etwas in Erinnerung zu rufen, vor allem ei-nen unwiederbringlichen, schmerzlichen Verlust.

Zu der Bedeutung dieses Mahnmals und der ganzenDebatte habe ich ein wunderbares Zitat aus dem Talmudgefunden, das ich Ihnen vorlesen möchte:

Zweieinhalb Jahre – nur zweieinhalb Jahre! – dis-kutierten die Schule der Shammai und die Schuledes Hillel miteinander. Die erste sagte, es wäre bes-ser, der Mensch wäre nicht erschaffen worden. Dieletztere sagte, es ist besser, daß der Mensch er-schaffen ist, als er wäre nicht erschaffen worden.Sie schlossen mit dem gemeinsamen Satz: Es wärebesser, der Mensch wäre nicht erschaffen worden,jetzt, wo er erschaffen ist, laß ihn seine vergange-nen Taten bedenken. Einige aber sagen: Laß ihnseine zukünftigen Taten bedenken.

Wir bauen das Mahnmal im Land der Täter, der Mit-läufer und der Zuseher, von denen man wünschen wür-de, es hätte sie nie gegeben. Das unterscheidet diesesMahnmal in diesem Land deutlich zum Beispiel von derTradition der großen Memorials in Washington. In jeneramerikanischen Avenue der Mahnmale ist vorherr-schend das stolze Moment der großen Tradition des ei-genen Landes, seiner historischen Mission und Aufgabe,seines Patriotismus. Unser Mahnmal hat auch mit derIdentität der Deutschen zu tun, vor allen Dingen mit ih-rer historischen Verantwortung. Diese Tradition läßtsich nur begreifen – und so wird es immer wieder aus-gedrückt – als ein abgrundtiefer barbarischer Bruch mitallen Regeln der Zivilisation und mit jenen Werten derHumanität, Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe, dieeinmal an der Wiege Europas gestanden haben.

Wir leben mit dieser Geschichte des Holocaust indem Wissen, es wäre besser, es hätte sie nicht gegeben.Aber es hat sie gegeben. Und jetzt, wo es sie gegebenhat, müssen wir dieser vergangenen Taten gedenken, umwirklich besser auf die Zukunft vorbereitet zu sein. Wirmüssen wissen, woher wir kommen und wohin wirwollen. In dieser unauslöschbaren Spannung befindetsich dieses Mahnmal. Das – das spüren wir hier alle –übersteigt das, was Ästhetik allein leisten kann.

Dr. Norbert Lammert

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Auschwitz, das nicht vergehen will, paßt in kein Ge-dicht und in keine Skulptur, und seien sie noch so schönwie die Gedichte von Paul Celan oder die Skulpturenvon Peter Eisenman. „Mein Mahnmal ist ein Ort desNichts“, so hat Eisenman es ausgedrückt. Wenn ich sei-nen Entwurf sehe, spüre ich etwas von dieser trostlosenVerlorenheit. Aber gerade in diesem grandiosen, faszi-nierenden, ästhetischen Entwurf liegt doch auch eineGefahr der Selbstbezogenheit, ja des Selbstmitleids.

Deswegen bin ich für jenen Entwurf, der neben dieserstillen Steinwüste des Stelenfeldes einen anderen Ortstellt, an dem die Besucher zu den wirklichen Quellenund zu den wirklichen Zeugen vorstoßen können. Wirhaben uns in vielen Gesprächen im Kulturausschuß fest-gelegt. Dieser Ort der Informationen wird das Kon-zept, den Rahmen und auch die Kosten des Eisenman-Entwurfes nicht verlassen. Er wird klein, und er kannauch bescheiden sein. Aber er ist eine Ergänzung, eineBrücke zu den historischen Quellen. Wir diskutierendarüber ja zu einer Zeit, in der die einzig zureichendenQuellen des Wissens, die Stimmen der überlebendenZeitzeugen, sehr leise und sehr selten werden. Es gehörtmit zu unserer Schuld, daß wir sie früher so wenig habenhören wollen.

Als ich 1964 das erste Mal in Auschwitz war, wurdeich von einem Überlebenden des Lagers Birkenau ge-führt. Ich habe das mein ganzes Leben lang nicht ver-gessen. Unsere Kinder werden solche Begleiter undZeugen nicht mehr haben. Sie werden ohne solche Be-gleitung im Stelenfeld von Eisenman sehr allein sein.Wir sollten ihnen wenigstens an einer Stelle die Chancegeben, für ihre fassungslosen Fragen ein Wissen überdas vorzufinden, was wirklich geschehen ist.

Deswegen spreche ich mich für den Kompromißent-wurf aus. Er kommt dem Versuch am nächsten, im Ge-denken an das unfaßbar Vergangene die authentischenStimmen der Opfer und Zeugen sowie die authentischenStätten ihres Leidens mitten in Deutschland und mittenin Europa gerade noch wahrnehmbar zu machen.

Am Schluß meiner Rede habe ich an Sie, Herr Regie-render Bürgermeister, eine herzliche Bitte: Was immerwir heute entscheiden, bitte übernehmen Sie das in Ber-lin. Ich glaube, die letzten Schritte dieser Entscheidungmüssen die demokratischen Institutionen dieses Landesgemeinsam in Akzeptanz tun.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,bei der SPD sowie bei Abgeordneten derCDU/CSU und der PDS)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Alsnächster Redner hat das Wort der Kollege Dr. WolfgangGerhardt.

Dr. Wolfgang Gerhardt (F.D.P.): Herr Präsident!Meine Damen und Herren! Wir alle haben eine langjäh-rige Debatte mit vielen Varianten und dem Austauschzahlreicher Argumente erlebt. Manchmal geriet sie indie Gefahr, eine verlegensheitspolitische Endlosdebatte

zu werden. Viele haben sich daran nach Kräften betei-ligt. Zu gewissen Zeiten wurden nahezu täglich Varian-ten zu Protokoll gegeben.

Wir, der Deutsche Bundestag, müssen es heute aufden Punkt bringen. All das, worüber diskutiert wordenist – Institute, Bibliotheken, Forschungs- und Ausstel-lungsmöglichkeiten –, gibt es an vielen Stellen der Bun-desrepublik Deutschland. Dazu gibt es überall Plätze.Das ist eine ständige Aufgabe. Da muß geforscht, damuß durchdrungen, da muß sich auseinandergesetztwerden. Aber auf dem vorgesehenen Platz in Berlin be-steht nun wirklich nicht die Aufgabe, ein Institut, eineBibliothek, eine Forschungsstätte oder eine Ausstel-lungsmöglichkeit zu schaffen, auch nicht in verkleinerterForm.

Auf diesem Platz geht es um etwas ganz anderes. Aufdiesem Platz geht es – es ist richtig, daß wir das heutevor unserer Rückkehr nach Berlin und dem wirklichenBeginn der Arbeiten des Parlaments und der Regierungentscheiden – um die gestalterische und künstlerischeBewältigung dieses dunklen Abschnitts deutscherGeschichte. Gefragt ist nicht ein Institut, eine Ausstel-lungshalle oder irgendeine volkspädagogische Ergän-zung. Gefragt ist im Kern die Kunst des Hervorbringensdieses Dramas in der deutschen Geschichte in künstleri-scher Gestalt – nichts anderes, nicht mehr, aber auchnicht weniger.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-ten der CDU/CSU)

Auf diesem Platz ist also eine Gestaltung gefordert,die sich in der Tiefe ihrer Symbolik ausweist. Selbstver-ständlich kann jeder über Geschmack und Ästhetikstreiten. Es gibt keine Deutungsmonopole, und es dürfensich nicht nur die zu dem Mahnmal äußern, die einkunsthistorisches Studium hinter sich gebracht haben.Niemand kann seine persönliche ästhetische Empfin-dung leugnen. Die Bemerkung des Bundeskanzlers, dievorhin schon zitiert worden ist – „ein Mahnmal, zu demman gerne hingeht“ –, fordert heraus, zu sagen: Die Äs-thetik dieses Mahnmals kann nicht die des Angenehmensein, sie muß die des Angemessenen sein. Daraufkommt es an.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-ten der CDU/CSU)

Jeder Besucher wird seine ganz eigene Anstrengungunternehmen müssen. Gestatten Sie mir die Bemerkung:Wenn dort ein Informationshaus aufgestellt würde –auch für zukünftige Generationen –, würde das einenFehler verdeutlichen, den sich die Gesellschaft zudiktie-ren müßte; denn es würde zeigen, daß sie vorher nichtdas bearbeitet hat, was Besucher wissen müssen, wennsie da stehen.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-ten der CDU/CSU)

Wenn man die individuelle Annäherung an den Ei-senman-Entwurf wirklich für zu schwierig hält, wennman gar glaubt, für künftige Generationen werde dasnoch schwieriger und es bedürfe begleitender Maßnah-men, wenn man also der persönlichen Überzeugung ist,

Dr. Antje Vollmer

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die Besucher würden mit diesem Mahnmal wirklichnicht fertig, dann darf man es nicht auf diesen Platz set-zen; dann muß man es unterlassen. Es gehört schon einZutrauen dazu, diesen Platz so zu gestalten. Er muß ei-nen gestalterischen Fingerzeig haben, der gelingt undder Wirkweise entfaltet, oder wir können das Projektnicht machen. Wir kommen um die Kernpunkte sehrpersönlicher Entscheidungen nicht herum.

Der Vorschlag von Richard Schröder, das biblischeGebot „Du sollst nicht morden“ auf einen einfachen Ge-denkstein zu bringen, ist ein respektabler Vorschlag. Erstammt von einem respektablen Mann. Man muß sichmit diesem Vorschlag auseinandersetzen. Manchmal al-lerdings – die Bemerkung darf ich mir gestatten – er-scheint es mir, als würde er in einem Teil der öffentli-chen Diskussion im Vergleich zu dem Entwurf Eisen-man II, der so anstößig ist, als etwas bequemlicher emp-funden. Das kann aber nicht die Entscheidungsgrundlagesein. Wenn es ein respektables Argument gegen denrespektablen Vorschlag von Richard Schröder gibt, dannmuß man ihm sagen, daß sein Vorschlag das dramati-sche Ereignis des Zivilisationsbruchs in der deutschenGeschichte nicht ausreichend in künstlerischer Form be-arbeitet. Er knüpft an ein Stück Geschichte an, das imDritten Reich dramatisch unterbrochen worden ist. Dar-um geht es auf diesem Platz: die Diskontinuität, denBruch und die Dramatik auszudrücken. Ohne diesenwirklichen Anstoß in seiner vielfältigen Bedeutungkommen wir auf diesem Platz nicht weiter und um denPlatz auch nicht herum.

Der zweite Entwurf von Peter Eisenman verleiht nachmeiner Überzeugung diesem Gedanken die besonderekünstlerische Form. Er bringt ihn auf den Punkt. Des-halb gebe ich persönlich ihm den Vorzug vor dem Vor-schlag von Richard Schröder. Das ist der Kern der Ge-staltung auf diesem Platz.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

Die Überarbeitung des ersten Entwurfs von Eisen-man, die Rücknahme der Mächtigkeit, der Zahl der Ste-len, die Einpassung in die Topographie, zeigt doch auchdie Einsicht, daß das Drama nicht allein monumentalbewältigt werden kann. Das Stelenfeld berührt aber nachmeiner Überzeugung jeden, der sich berühren lassenwill. Es zwingt zur Auseinandersetzung. Es bringt anmanchen Stellen Einsamkeit mit sich, es gibt aber auchbemerkenswerte Blicke frei, wenn man sie suchen will.Der Eisenman-Entwurf ist aus meiner Sicht ein Entwurf,der für sich spricht, indem er alle, die sich ihm nähernwollen, die dieses Risiko eingehen wollen, durch die Ei-genheit seiner Gestaltung mahnt und erinnert. Man mußdieses Erlebnis wollen. Ich hoffe, daß man sich ihm,wenn man den Platz betritt, auch nicht mehr verweigernkann, weil nichts arrondiert, weil es da steht, weil manihm nicht ausweichen kann: ohne jede Zugabe. Ich binfür diesen Entwurf, solitär und klar, auf diesem Platz imZentrum der Hauptstadt Berlin.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-ten der CDU/CSU)

Ich sage auch: Weder wir als Besucher Berlins, diewir in Zukunft öfter in Berlin sein werden, noch die

Bürger der Stadt selbst sollten ihm ausweichen. Ichglaube sogar, daß dieser Entwurf, wenn wir ihn realisie-ren, ein gutes Zeichen eines notwendigen, aber zugleichauch klaren und damit im wahrsten Sinne des Wortessouveränen Umgangs mit der deutschen Geschichte wä-re, diese Dramatik dort in künstlerischer Form hervor-zubringen.

Denn es ist ja die Kunst des Hervorbringens, um diees geht. Das ist kein Ausweichen, sondern das zeigt dieFähigkeit des Deutschen Bundestages, sich diesem Teilder Geschichte so zu stellen und diese schwierige Ent-scheidung im wahrsten Sinne des Wortes zu riskieren.

Wir sollten – das ist meine Überzeugung – diesesMahnmal den ermordeten Juden widmen. Das ist eben-falls ganz klar. Wir wissen, daß viele ermordet wordensind, aber gerade bei dieser Klarheit kann uns niemandvorwerfen, daß wir andere übersehen; denn die Dimen-sion spricht für sich.

Es gibt, verehrte Kolleginnen und Kollegen, in sol-chen Fragen keine Entscheidungen ohne Risiko und oh-ne kritische Einwände. Diese werden uns auch weiterhinbegleiten, wenn entschieden worden ist. Aber ich glau-be, wir können nicht nur in Eisenmans Werk vertrauen,sondern auch auf die Wirkungsweise des Werks auf die-sem Platz setzen. Diese wird am Ende darüber Auskunftgeben, ob unsere Entscheidung gelungen ist.

Ich meine, das Wagnis lohnt sich. Die Sache mußaber heute endlich auf den Punkt gebracht werden, sonstgerät sie nicht.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-ten der CDU/CSU und der PDS)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: DasWort hat jetzt der Kollege Dr. Gregor Gysi.

Dr. Gregor Gysi (PDS): Herr Präsident! Liebe Kol-leginnen und Kollegen! Seit 11 Jahren findet die Dis-kussion über die Notwendigkeit oder Nichtnotwendig-keit dieses Mahnmals für die ermordeten Juden Europasstatt. Das verdanken wir Frau Rosh, Herrn Jäckel undanderen. Ich glaube, es war eine wichtige Diskussion,und sie wird das auch bleiben.

(Zustimmung bei der PDS)

Es gab und gibt rechte Gegner und linke Bedenken-träger. Auch ich hatte meine Bedenken. Käme ein sol-ches Mahnmal nicht vielleicht 50 Jahre zu spät, fragteich mich. Immer wieder wurde gefragt: Wie kann manein Mahnmal im Land der Täter, Schweigenden und Zu-sehenden gestalten? Schon diese Charakterisierung findeich falsch; denn in diesem Land gab es auch Opfer, vie-le, zu viele. Auf die Frauen und Männer, die gegen Hit-ler Widerstand leisteten, sollten wir stolz sein und siebei der Charakterisierung des Landes und seiner Ge-schichte nicht regelmäßig ausblenden.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordnetender SPD)

Dr. Wolfgang Gerhardt

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Die jahrelangen Diskussionen, die zum Teil sehr hef-tig geführt wurden, und der verstärkt aufkommendeRechtsextremismus in einem Teil unserer Jugend habenmich überzeugt: Wir brauchen das Mahnmal für uns undfür kommende Generationen. Ich kann mir eine günsti-gere Entscheidung des Bundestages im Zusammenhangmit dem Umzug von Bonn nach Berlin als die, die wirheute treffen, gar nicht vorstellen. Wenn es denn Sym-bolik gibt, dann macht genau diese Symbolik Sinn.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordnetender SPD und der F.D.P.)

Es ist völlig legitim, die Frage aufzuwerfen, ob manein solches Mahnmal auf die ermordeten Juden be-schränken soll oder ob man nicht zugleich auch der an-deren Opfer des Naziterrors gedenken muß. Aber derVorschlag, der hier unterbreitet worden ist, ist meinesErachtens nicht akzeptabel; denn er würde bedeuten, dieanderen Opfer in ihrer Verschiedenheit praktisch unterder Rubrik „und andere“ zu erfassen. Das wird ihnennicht gerecht. Ich bin für das, was in der Beschlußemp-fehlung steht, nämlich dafür, daß wir den anderen Op-fern eigene Stätten des Gedenkens widmen. Diese Ver-pflichtung aber müssen wir auch erfüllen.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordnetender SPD und des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN)

Dabei meine ich wirklich alle. Ich denke an die Ho-mosexuellen, ich denke an die Zeugen Jehovas, ich den-ke an die Sinti und Roma, ich denke an die Frauen undMänner des bürgerlichen Widerstands, ich denke an So-zialdemokratinnen und Sozialdemokraten, ich denke anKommunistinnen und Kommunisten, ich denke anZwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus allen Län-dern Europas, an Kriegsgefangene und all jene, die derMordmaschine zum Opfer fielen. Ihnen allen steht einewürdige Form des Gedenkens zu. Sie gehören nicht indie Rubrik „und andere“.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordnetender SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN und der F.D.P.)

Die viel kompliziertere Frage ist die der Gestaltung,und zwar schon allein deshalb, weil sie das Verhältnisvon Politik und Kunst berührt. Sie wissen, daß ich auseinem Land komme, in dem sich Politik ständig inKunst eingemischt hat. Das war übrigens nicht nur ver-heerend für die Kunst, sondern auch für die Politik.

(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frank-furt] [F.D.P.])

Es handelte sich um eine Anmaßung, die die Kultur-geschichte in extremer Form negativ beeinflußt hat. Dasändert übrigens nichts daran, daß dennoch beachtens-werte Kunst und Kultur in der DDR entstanden ist.

(Zustimmung bei der PDS)

Durch dieses Verhältnis sind wir in besonderer Weisegeprägt.

Deshalb mahne ich zur Vorsicht, wenn Politik –durch welche Umstände auch immer – gezwungen ist,

über Kunst zu entscheiden. Allein schon diese Vorsichtgebietet, das Ergebnis eines Wettbewerbs so, wie esvorliegt, zu akzeptieren und sich jetzt nicht von seitender Politik selbst Ergänzungen und alles mögliche aus-zudenken. Wir haben uns in die Gestaltung eines archi-tektonischen Kunstwerks genausowenig einzumischenwie in die eines Bildes oder eines Musikstückes, undzwar auch nicht durch die Vornahme von Ergänzungen.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordnetender SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

Deshalb bin ich froh, daß es die beiden Wettbewerbegab und daß es ein Ergebnis gibt, auf das wir uns hierbei unserer Entscheidung stützen können. Wir solltendavon nicht abweichen.

Gestatten Sie mir eine Bemerkung zu dem Vorschlagdes Theologen Professor Dr. Schröder: Morde gab esvor der NS-Zeit, Morde gab und gibt es nach der NS-Zeit, Morde gab und gibt es in jeder Gesellschaft. Das,was gemäß diesem Vorschlag auf dem Mahnmal stehensoll, wird dem, um das es hier geht, nicht gerecht. Diesystematische Ausrottung eines 2000 Jahre verfolgtenVolkes durch ein Regime in ganz Europa, wo auch im-mer man der Jüdinnen und Juden habhaft werden konn-te, ist viel mehr als das, was man unter dem BegriffMord versteht. Deshalb reicht das einfach nicht aus, umdem Rechnung zu tragen, worum es uns gehen sollte.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS, der SPD,des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und derF.D.P.)

Gestatten Sie mir, Frau Dr. Vollmer, noch eine Be-merkung: Ich verstehe alles, was Sie zur Frage der In-formation und Dokumentation gesagt haben. Man darfaber doch das Mahnmal nicht gesondert sehen. Es liegtin einer Stadt mit vielen Gedenkstätten, mit vielen Do-kumentations- und Informationszentren. Sie gibt es inganz Deutschland und soll es auch in ganz Deutschlandgeben. Wir dürfen nicht versuchen, aus diesem Mahn-mal ein Zentrum zu machen, wo wir all das wiederfin-den, was es auch sonstwo in diesem Lande gibt. Es tutmir leid, aber das ist mir eine Idee zu pädagogisch.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

Es ist ein bißchen zu sehr deutsch, zu sagen: Mankann nicht einfach etwas hinstellen, bei dem sich dieMenschen etwas denken sollen, sondern man muß ihnennoch erklären, was sie sich denken sollen. Verzichtenwir doch einfach einmal darauf!

(Beifall bei Abgeordneten der PDS, derCDU/CSU und der F.D.P.)

Deshalb spreche ich mich – Sie haben das aus demÄnderungsantrag ersehen können – für das Ergebnis desWettbewerbs aus, nämlich für Eisenman II pur. Es wäreeine sehr wichtige politische Entscheidung, wenn wirsagen, wir wollen das Mahnmal, und gleichzeitig sagen,wir mischen uns so wenig wie irgend möglich in Kunstein, und deshalb die Zurückhaltung üben, die der Politikin einer solchen Frage gebührt. Wir bleiben in der Ver-pflichtung, aller Opfer des Holocaust zu gedenken. Ichhabe leider noch viele vergessen; ich denke etwa an die

Dr. Gregor Gysi

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Opfer der Euthanasie, die einer eigenen Würdigung be-dürften, und an viele andere mehr. Es fällt so schwer,alle zu nennen. Das NS-Regime hatte so viele Opfer,daß man gar nicht in der Lage ist, sie alle auf einmalaufzuzählen. Deshalb, glaube ich, bleiben wir hier ineiner großen Verpflichtung.

Lassen Sie uns den politischen Start in Berlin mit die-sem Mahnmal beginnen! Es ist ein Bekenntnis zur Ge-schichte und zugleich eine Auseinandersetzung mit derGeschichte. Lassen Sie uns dabei immer daran denken,daß wir in diesem Land alles hatten: Wir hatten Täter,wir hatten Zuschauende, wir hatten Wegsehende, aberwir hatten auch Opfer. Auch die gehören zu unserer Ge-schichte. Auch daran sollten wir mit diesem Mahnmalzumindest indirekt erinnern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS und der F.D.P. sowie beiAbgeordneten der SPD und des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Alsnächster Redner hat der Staatsminister Dr. MichaelNaumann das Wort.

Dr. Michael Naumann, Staatsminister beim Bun-deskanzler: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!Jeder Mensch lebt kraft seiner Fähigkeit, sich zu erin-nern. Das Leben in reiner Gegenwart gibt es nicht. EineGesellschaft, die sich ihrer eigenen Geschichte verwei-gert, vergißt sich selbst. Sie schließt vor der Welt dieAugen, sie wird blind. Vergangenheitslos blieben ihr alsTrost nur die Heilsversprechungen einer strahlendenZukunft. Aber solche haltlosen Entwürfe haben unserideologisches Jahrhundert geprägt und blutig enttäuscht.

Zukunftsmythen von der rassischen Reinheit desVolkes, Fiktionen von unbegrenzter Weltherrschaft imglobal gewordenen deutschen Lebensraum wurden mitpolizeilicher und militärischer Gewalt gegen die deut-sche Demokratietradition durchgesetzt. Es war, alswollte Deutschland nach 1933 mit bislang unvorstellba-ren Mitteln von verstaatlichtem Mord aus der Zivilisati-onsgeschichte der Menschheit austreten.

Das 20. Jahrhundert liegt hinter uns. Wir alle, auchdie Mitglieder dieses Hohen Hauses, sind immer wiederder Versuchung ausgeliefert, uns zurückzuziehen insVergessen; denn das Vergangene – das wissen wir – istnicht mehr zu ändern. Es ist selten eine Quelle von Zu-friedenheit. Ist nationale Geschichte gar, wie in unseremFalle, mit schwerster Schuld beladen, führt Erinnerungallemal in schmerzhafte Diskussionen um historischeVerantwortung, um angemessene Strafe, um Gerechtig-keit.

Nach anfänglichem, teilweise skandalösem Zögern inden 50er Jahren hat sich der Deutsche Bundestag wieauch das ganze Land der Wahrheit unserer Geschichtegeöffnet. Von den Verjährungsdebatten in den 60er Jah-ren bis zur befreienden Ansprache Richard von Weiz-säckers vor dem Parlament 40 Jahre nach Kriegsende –

Geschichtslosigkeit wird unserem Land niemand mehrvorwerfen können.

Ein Staat kann historische Erinnerung aber nicht ver-ordnen. Sie ist geistige Voraussetzung seiner Verfas-sung. Mit der Niederschrift der Grundrechte haben dieVerfassungsväter unser Land vor 50 Jahren in den Kreisder zivilisierten Nationen zurückgeführt. Sie stießen sichab von der Barbarei, deren Mordgeruch vier Jahre nachKriegsende noch immer über ganz Europa lag.

Wenn wir heute über ein Mahnmal für die ermordetenJuden Europas debattieren, erneuern wir gleichzeitigeinmal mehr die ethische Grundsatzdebatte, die unsereStaatsgründung begleitete und die seitdem niemals völ-lig abgerissen ist.

Daß die schwarze Folie des Nationalsozialismus unddes schier namenlosen Mordes an 6 Millionen Juden, anSinti und Roma, an Slawen, an den oft vergessenen Mil-lionen russischen Kriegsgefangenen, an religiösen Min-derheiten und politischen Gegnern der Nazis mitbe-stimmend sein soll für das Selbstverständnis unseresRechtsstaates, ist schwer zu ertragen. Wer will das be-streiten? Und doch ist es das Vermächtnis der Opfer unddas Vermächtnis des deutschen Widerstandes.

Der Staat selbst erinnert sich nicht. Doch mit reprä-sentativer, symbolischer Geste kann er den Prozeß desgesellschaftlichen Erinnerns akzentuieren. Wir diskutie-ren heute Form und Inhalt dieses Akzents.

Meine ursprünglichen Einwände gegen den Mahn-mal-Entwurf des Architekten Peter Eisenman sind be-kannt. In der europäischen Geschichte der Denkmals-architektur gibt es keinen mir bekannten Gestus, der dieEinmaligkeit des Verbrechens, von dem hier die Redeist, angemessen repräsentiert. Und immer drohen imsymbolischen Gedenken die Erinnerung an das einzelneOpfer wie aber auch die Erinnerung an den einzelnenTäter zu verschwinden. Weil das so ist, hatte ich zu-sammen mit Peter Eisenman eine neue Konzeption ent-wickelt, die Gegenstand einer ausführlichen Debattewurde. Beide mußten wir unsere Vorstellungen revidie-ren.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auf folgendeshinweisen. Es bleibt dabei: Ob es ein Mahnmal oder einOrt des Erinnerns ist – wenn Menschen nicht gern dorthingehen wollen, dann gehen sie nicht hin. Das ist eineeinfache Einsicht, so daß die semantischen Auslegungendieses Satzes des Bundeskanzlers mir noch heute absolutunbegreiflich bleiben.

(Zustimmung bei der SPD – Unruhe bei derCDU/CSU)

Heute bitte ich Sie ausdrücklich, der Beschlußemp-fehlung des Ausschusses zuzustimmen, die den Bau desStelenfeldes von Eisenman, ergänzt um einen Ort der In-formation, fordert. Die Umsetzung bleibt einer Bun-desstiftung überlassen, deren Entscheidungen die Bun-desregierung respektieren wird. Eine solche Ergänzungwird die Arbeit an den authentischen Gedenkstätten imLande nicht behindern.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Gregor Gysi

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Meine Damen und Herren, der Mord an den JudenEuropas folgte einem Schema des Wahnsinns. In seinemKern zielte er nicht nur auf die Realisierung eines bizar-ren rassistischen Weltbildes. Hinter dem genozidalenMorden verbarg sich vielmehr die Absicht, mit demVolk der Bibel zugleich jene Religion auszurotten, diedem Menschenbild des Nationalsozialismus im Wegestand.

Die Heiligkeit des Lebens vor einem Gott, also denmonotheistischen Kern der jüdischen ÜberlieferungEuropas zu beseitigen, das war das innerste Ziel desVölkermords. Deshalb übersteigt seine Ungeheuerlich-keit weiterhin unser Fassungsvermögen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein wirklich angemessenes Symbol des Holocaust wirdes darum niemals geben. Der Millionenmord wird fürimmer unbegreiflich bleiben, auch wenn wir seine histo-rischen Bedingungen, seine organisatorischen Perver-sionen erforscht, seine Täter alle beim Namen genannthaben.

Die Erinnerung aber wohnt in Wort und Bild. Dochauch das Wort versagt, wenn die Seelen verschlossenbleiben. Die heutige Debatte ist ein Beleg dafür, daß un-sere Vergangenheit nicht vergessen, das Schicksal derOpfer nicht verdrängt worden ist. Das Mahnmal in derMitte unserer Hauptstadt soll ein Zeichen unserer Trauersein. Es ist auch ein Zeichen unserer Geschichte. Vorallem aber signalisiert es Erinnerung an die Toten, ge-nauer: an die Ermordung von Millionen Menschen. Vorihnen verneigen wir uns heute im deutschen Parlamentauch über die Grenzen der Parteien hinweg.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten derPDS)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: DasWort hat jetzt der Regierende Bürgermeister von Berlin,Eberhard Diepgen.

Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister(Berlin): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damenund Herren! Der Deutsche Bundestag hat heute eineschwerwiegende Entscheidung zu treffen. Es geht nichtum eine Regelung, die in zwei oder drei Monaten revi-dierbar ist. Das nationale Denkmal zur Erinnerung andie Millionen Opfer deutscher Täterschaft wird nur ein-mal und, wie wir meinen, für alle Zeit errichtet.

Ich möchte meine Ausführungen in dieser Debatte imwesentlichen auf die beiden Mahnmalvarianten be-schränken, die, wenn ich die Debatte richtig verfolgt ha-be, in die engere Wahl gezogen werden: die AlternativeEisenman – mit Ergänzung – und den Vorschlag von Ri-chard Schröder.

Um eines gleich zu Anfang unmißverständlich klar-zustellen: Es soll in Berlin ein zentrales nationalesDenkmal geben, und zwar jenseits der bereits in Berlin

vorhandenen Gedenkorte, und es soll nicht als steinernerSchlußstrich errichtet werden, sondern als Bekenntnis zuunserer historischen Verantwortung im Moment derRückkehr von Parlament und Regierung an diesen histo-rischen Ort. Berliner Senat und Abgeordnetenhaus ha-ben diese Entscheidung mehrfach bekräftigt.

Darüber hinaus muß festgehalten werden: Dieauthentischen Stätten des Terrors dürfen nicht in Ver-gessenheit geraten. Ich bin dankbar, daß dieses Anliegenin der vorliegenden Beschlußempfehlung deutlich zumAusdruck kommt.

Daß der Deutsche Bundestag sich in der heutigen De-batte intensiv mit dieser Frage beschäftigt, begrüße ichausdrücklich, auch wenn er kaum als Forum für die Ent-scheidung über alle gestalterischen Einzelheiten dienenkann. Dies gilt um so mehr, als die beabsichtigte Ergän-zung des Eisenman-Entwurfs in Form und Umfangnicht bekannt ist. Die notwendige Abgrenzung zu denzahlreichen in Berlin vorhandenen, dort seit Jahrzehntenzum Teil auch wissenschaftlich arbeitenden Institutionenist bisher nicht geklärt. Der heutige Beschluß soll daher,so verstehe ich ihn, eine Entscheidung im Grundsatzsein.

Eine Entscheidung des Deutschen Bundestages hatdas Berliner Abgeordnetenhaus ausdrücklich erbeten.Damit hat der Berliner Senat – das versteht sich vonselbst – aber nicht auf jedes Mitspracherecht bei derEinzelausformung, sei es der Gestaltung der Stiftung, seies der Einzelausgestaltung über ergänzende Formen,verzichtet. Insofern ist es gut, daß die Umsetzung desBundestagsbeschlusses auch im Rahmen der vorgesehe-nen Stiftung mit dem Land abgestimmt werden soll.

Nichts, meine Damen und Herren, ist für ein Mahn-mal so entscheidend wie seine Akzeptanz. Erst wenn esdie Menschen erreicht – das ist jedenfalls meine Position– , hat es seine Aufgabe erfüllt. Das Mahnmal ist nichtSelbstzweck; die gute Absicht muß sich vielmehr an derWirkung messen lassen, die es erzielt. Die Kernfragenlauten: Ist die Botschaft, über die hier bereits sehr ein-drucksvoll diskutiert wurde und die beschrieben wordenist, verständlich? Wie wird sie heute, wie wird sie mor-gen aufgenommen werden? Wird der kolossale Aus-druck, den beispielsweise der Eisenman-Entwurf für daskolossale Verbrechen findet, auch noch übermorgen alsein Zeichen der Scham und der Reue entziffert werden?

Von qualifizierter Seite ist auf den Trugschluß hin-gewiesen worden, daß Masse und Größe nicht zwangs-läufig die Wirkung steigern, sondern eher zu einer Blok-kade der Empfindung führen, eher abstumpfen als sensi-bilisieren. Die Gestaltung des Denkmals, so hat Hartmutvon Hentig in den Kolloquien gewarnt, darf sich nichtvon dem Übermaß der Aufgabe überwältigen lassen.

Darüber hinaus haben viele, so auch der Ratsvorsit-zende der Evangelischen Kirche in Deutschland, auf einzusätzliches Mißverständnis aufmerksam gemacht: Gin-ge es primär um die große Zahl der Opfer, wäre ein un-ermeßliches, mit Grabsteinen bedecktes Feld am Platze.Wenn es aber in erster Linie um ein Bekenntnis der Tä-ter geht – und das ist der Gedanke des Mahnmals –, istdiese Lösung – ich zitiere den Ratsvorsitzenden – dop-

Staatsminister Dr. Michael Naumann

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pelt verfehlt: Dieses Bekenntnis ist nicht auf Ausdeh-nung angewiesen. Selbst die große Ausdehnung einesGräberfeldes bleibt unendlich weit hinter dem Wirkli-chen zurück. Das ist ebenfalls herausgestellt worden.

Doch es gehört offensichtlich zu den Absonderlich-keiten der Debatte um das Mahnmal, daß auf diese„Falle der Monumentalität“, wie sie meines Erachtenszu Recht genannt worden ist, immer wieder – sei es vonExperten wie von Hentig, von György Konrad oderGünter de Bruyn, sei es von zahlreichen engagiertenBürgern – hingewiesen wird, daß daraufhin allerortenProblembewußtsein und auch Verständnis signalisiertwird – so auch von Ihnen, Herr Staatsminister, und diesnicht nur in der Vergangenheit –, mit dem Ergebnis, daßdas als zu groß erkannte Denkmal durch ein noch größe-res oder ebenso großes Denkmal ersetzt werden soll. Er-gänzungen stehen hier zur Debatte. Schon erkennt-nistheoretisch scheint mir das ein Phänomen zu sein.Zum Teil ist es wohl der allmählichen Ermattung undResignation zuzuschreiben. Aber Entscheidungsdruckaus Überdruß darf es auch nicht geben.

Auch die praktischen Probleme des Eisenman-Entwurfs, auf die ich mir immer erlaubt habe hinzuwei-sen – wie es übrigens Helmut Schmidt und andere auchgetan haben –, wurden bislang in staunenswerter Konse-quenz ignoriert. Aber wer die Gefahr der Verschande-lung durch Schmierereien und Vandalismus nicht sehenwill, nimmt wissentlich in Kauf, daß dieses in guter Ab-sicht gesetzte Mahnmal seine Wirkung ins Gegenteilverkehren kann. Das ist die Gefahr.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich sehe meine Verantwortung auch darin, mit Nach-druck vor dieser Gefahr zu warnen.

Es ist unsinnig, das Mahnmal zu einem Lackmustestfür den Reifegrad unserer Gesellschaft zu machen, zu-mal wir alle genau wissen, daß ein Fanatiker genügt, umden Test zum Scheitern zu bringen.

Es sollte auch nachdenklich stimmen, daß sich vieleVertreter aus den einzelnen Bundesländern – ich denkean die Kollegen Stolpe, Biedenkopf und Stoiber – par-teiübergreifend für den Vorschlag von Richard Schrö-der einsetzen. Sein Gegenvorschlag ist der Eisenman-schen Betonlandschaft genau diametral entgegengesetzt.An die Stelle von Masse setzt er das Wort. Er simuliertnicht den Schrecken, sondern erinnert an die gemeinsa-me Grundlage jüdischer und christlicher Kultur. Erschüchtert nicht ein, sondern setzt auf die Erkenntnisfä-higkeit des Menschen. Er beschränkt sich auf das We-sentliche. Er verzichtet auf alles Beiwerk, das vielleichtdoch eher ein Zeichen der Hilflosigkeit wäre. Jedenfallsmich überzeugt dieser Entwurf – für ihn möchte ich hierwerben – durch Bescheidenheit, Würde und Prägnanz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder SPD)

Die mahnende Botschaft steht im Vordergrund. Siekonzentriert sich hier auf die brutalste Form der Men-schenverachtung, das systematische Ermorden von Mil-lionen von Menschen, das mit der Demütigung des deut-schen Nachbarn begann und über schrittweise Ausgren-

zung und Entrechtung nach Auschwitz führte. Der Vor-schlag hebt die jüdischen Opfer hervor, aber andere Op-fer schließt er nicht aus.

Ich habe hier mit Interesse die Vorschläge vernom-men, welche ergänzenden, zusätzlichen Mahnmale – je-denfalls nach dem Willen einiger Redner – gegebenen-falls in Berlin errichtet werden sollten.

Ich möchte auch noch folgenden Hinweis geben: DerVorschlag von Richard Schröder geht auf eine Idee zu-rück, die Erich Mendelsohn – ein großer Berliner Ar-chitekt; auch er mußte emigrieren – für einen New Yor-ker Mahnmalentwurf, der übrigens dort ausgezeichnetwurde, entwickelt hat.

Der häufig zu hörende Einwand, eine Mahnung inhebräischer Sprache könnte als eine an die Opfer ge-richtete Botschaft mißverstanden werden, scheint mir,pardon, etwas vordergründig zu sein. Er verkennt vorallem, daß es sich um ein Zitat handelt, das als Reverenzan die Kulturleistung des Judentums zu verstehen ist.

Ich weise auch darauf hin, daß die Zielsetzung desFaschismus darin bestand, nicht nur die Menschen um-zubringen, sondern auch die Religion und die kulturellenHintergründe mit umzubringen. Genau das findet seinenAusdruck in der Form, die vorgeschlagen worden ist.

Auch die Tatsache, daß die Gestaltung im einzelnennoch nicht feststeht, wird von manchen als Problem an-gesehen, weil dies zu einer Verlängerung der Debatteführe. Sehr schnell wird meist hinzugefügt, eine Verzö-gerung der Entscheidung könnten wir uns gegenüberdem Ausland nicht leisten.

Ich halte den Druck, der damit erzeugt wird, fürebenso unbegründet wie falsch. Zunächst einmal ent-wickelte sich in den letzten zehn Jahren gerade auch inder Stadt Berlin eine ganze Kultur des Erinnerns. Vielwichtiger ist es aber, zu erkennen, daß diese Debattekeinen Makel darstellt. Sie ist der Beweis eines redli-chen Bemühens und eines ehrlichen Ringens; und sowird sie auch im Ausland registriert.

Noch vor kurzem stand in der „New York Times“ –ich darf das zitieren –, keine Gesellschaft habe sichgründlicher und systematischer von ihrer Vergangenheitlosgesagt und bemüht, ihrer Opfer zu gedenken, als diedeutsche. Gerade dieses Selbstverständnis habe dazu ge-führt, daß das Berliner Holocaustmahnmal gleichzeitigso wichtig und seine Errichtung so unmöglich zu seinscheine.

Man muß all die Schlußfolgerungen, die internationalgezogen werden, nicht im einzelnen teilen. Doch das isteine Lesart jenseits der bei uns gängigen Bezichtigun-gen. Es ist eine Analyse von außen, die der Wahrheit,der wirklichen Auseinandersetzung mit Geschichte, sehrnahe kommt.

Ich glaube, das ausgeprägte Verantwortungsbewußt-sein zeigt sich in der Vielzahl der Gedenkstätten – ichnehme Bezug auf Berlin, wo dieses Mahnmal in eineLandschaft des Gedenkens einbezogen werden muß –,Denkmale und die Vergangenheit auch wissenschaftlichaufarbeitenden Einrichtungen in der Stadt.

Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (Berlin)

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Ich behaupte: Der Wert der Debatte liegt auch in derAnteilnahme der Bevölkerung. Zehntausende von Bür-gern haben sich in den letzten Jahren aufgerufen gefühlt,zu schreiben und ihre eigenen Entwürfe zu unterbreiten.Frau Vollmer hat darauf hingewiesen. Ich nutze heutediese Debatte, mich bei den vielen tausend Bürgern inganz Deutschland zu bedanken, die in den letzten Jahrenauch mir persönlich eigene Vorschläge geschickt haben.Die unmittelbare Beteiligung an der Debatte war in derTat überwältigend.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. so-wie bei Abgeordneten der SPD)

Die enorme Resonanz zeigt – übrigens mehr noch als dieDiskussion in den Medien –, wie sehr dieses Thema dieMenschen in unserem Land bewegt. Aber sie zeigt auch,daß sich viele Bürger mit den bisherigen Ergebnissennicht zufriedengeben wollen.

Meine Damen und Herren, sicherlich ist man nie ge-gen Beifall aus falscher Ecke gefeit. Um so nachdenkli-cher sollte uns jedoch die Kritik von wohlmeinenderSeite stimmen, zum Beispiel von Emigranten wie IsaacStern oder Heinz Berggruen. Letzterer hat noch vor we-nigen Tagen – übrigens, wie er es selbst formuliert hat,auch auf die Gefahr hin, nicht gehört werden zu wollen– in eindringlichen Worten darauf hingewiesen, daß dieverzweifelte Suche nach einer überzeugenden Gestaltfür das Mahnmal aus seiner Sicht müßig sei. Er hat aufDaniel Libeskind und das jüdische Museum hingewie-sen. Dem muß man nicht folgen. Ich teile auch nicht dieAuffassung, daß dieses jüdische Museum selbst einMahnmal sein kann. Aber das ist doch eine sehrernstzunehmende Warnung vor einer Fehlentscheidung.Das ist das, was ich hervorheben möchte. Ich möchtezugleich an die Worte von György Konrad vor demKulturausschuß des Bundestages erinnern. Er sagte:

Die Entscheidungsträger haben kein Recht, die zuerwartenden Antipathien

– ich weise auf meine Sorgen hin, die auch HelmutSchmidt formuliert hat –

außer acht zu lassen.

Ich nutze heute die Gelegenheit, noch einmal für denVorschlag von Richard Schröder zu werben, ein würdi-ges, schlichtes Mahnmal inmitten der Hauptstadt zu er-richten. Ich glaube, dieser Vorschlag bietet die Chance,ein allgemein verständliches Mahnmal zu schaffen.Mahnmale müssen verständlich sein. Mahnmale dürfennicht nur nach einer längeren Beteiligung an wissen-schaftlichen oder künstlerischen Kolloquien verständlichsein. Sie müssen für junge Menschen verständlich sein;sie müssen auch noch in 20 Jahren für die Mädchen undJungen, die dann an dieses Mahnmal herantreten, ver-ständlich sein; die müssen wissen, worum es geht. DasMahnmal muß die richtigen Fragen provozieren. Darumgeht es!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge-ordneten der SPD)

Es geht also um ein allgemein verständliches Mahn-mal. Und genau das ist der Grundvorschlag von Richard

Schröder. Er würde, wie mir scheint, von den Menschenverstanden und akzeptiert werden.

Ich behaupte – das ist gleichzeitig meine Bitte anSie –: Ein Mahnmal zu wollen bedeutet auch, seine Ak-zeptanz zu wünschen. Dabei geht es nicht darum, HerrStaatsminister, daß man gerne zu diesem Mahnmal geht.Ein Mahnmal, das an diese schrecklichen Verbrechenerinnert, wird immer ein Stück Herausforderung sein.Das muß es auch sein; das ist kein Ort der Freude. Doches muß verständlich sein. Deswegen, glaube ich – darumbitte ich Sie –, müssen wir uns für ein Mahnmal ent-scheiden, das von den Menschen wirklich akzeptiert undverstanden wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Alsnächster Redner hat das Wort der Kollege Michael Roth.

Michael Roth (Heringen) (SPD): Herr Präsident!Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bei meinem Einzugin den Deutschen Bundestag vor wenigen Monaten warnoch nicht daran zu denken, daß mich die Auseinander-setzung um ein Denkmal für die ermordeten Juden Eu-ropas derart intensiv beschäftigen würde.

54 lange Jahre mußten vergehen, bis unser Land dieKraft finden konnte, sich auf eine gemeinsame Form desGedenkens an die ermordeten Juden Europas zu ver-ständigen. Warum erst jetzt? Warum muß ich als28jähriger Abgeordneter am Ende dieses Jahrhundertshierüber mitentscheiden? Schließlich gehöre ich – wienicht wenige Kolleginnen und Kollegen dieses HohenHauses – zur dritten Generation nach der Shoa. Wir sinddie Generation, die überwiegend durch die Schule, durchBücher und Filme über ein in seiner Dimension bei-spielloses Verbrechen gegen die Menschlichkeit infor-miert wurde.

Daß der Deutsche Bundestag heute über einen zen-tralen Ort des Gedenkens in Berlin entscheiden kann, istauch das Ergebnis eines jahrzehntelangen Bemühens umdie wahrhaftige Vermittlung der deutschen faschisti-schen Vergangenheit. Es ist das Verdienst der Versöh-nungs- und Erinnerungsarbeit. Die regionalen Gedenk-stätten übernehmen in diesem Prozeß eine herausragen-de Rolle. Ohne ihre Bemühungen als offene Lernortewäre es heute nicht möglich, über das Denkmal zu ent-scheiden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten derCDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)

Dafür möchte ich den Verantwortlichen und vor allemden vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitar-beitern in den Gedenkstätten herzlich danken.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, der F.D.P. und der PDS sowie beiAbgeordneten der CDU/CSU)

Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (Berlin)

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Ich bitte sie um ihre fachkundige Mithilfe in der zugründenden Stiftung und wünsche mir mit ihnen ge-meinsam eine enge Partnerschaft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, doch wo waren, wosind die jungen Menschen, die sich zu Wort melden?Nicht nur Bundespräsident Roman Herzog fragte nachdem Beitrag, den die jüngere Generation zu leisten be-reit ist. Ich habe diese Frage nicht nur des Bundespräsi-denten stets als aufmunternde Kritik verstanden. Jedochmuß ich ebenso kritisch zurückfragen, ob es überhauptein Interesse an den Beiträgen der jungen Menschen ge-geben hat.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten derCDU/CSU und der PDS)

Liegt es vielleicht daran, daß sie nicht zum Mitredenund Mittun eingeladen worden sind? Oder wollten sichdie Jungen gar nicht einladen lassen, weil das alles sienur bedingt berührt, gar interessiert?

Ich bin davon überzeugt, daß es am Interesse nichtmangelt. Vielerorts in unserem Land sind junge Men-schen aktiv in der Erinnerungsarbeit engagiert – un-spektakulär zwar, nicht im Blickpunkt der Öffentlich-keit, aber trotzdem beeindruckend. Zahllose Schulklas-sen, Jugend- und Kirchengruppen suchen die Auseinan-dersetzung mit dem Faschismus und dem Holocaust. Andiese wertvolle Arbeit knüpfen wir jungen Parlamenta-rierinnen und Parlamentarier an – nicht, weil wir müs-sen, nein, weil wir wollen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, der F.D.P. und der PDS sowie beiAbgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich spreche sicher-lich für viele von uns: Die Debatte um das Denkmalmachte uns bisweilen ratlos. Beim Gedenken an die Op-fer beziehen sich viele von uns weniger auf ein Denkmalals auf Besuche der authentischen Orte des Terrors. Unsberühren Filme wie „Holocaust“ oder „Schindlers Liste“,uns fasziniert Steven Spielbergs Idee der „Shoa Founda-tion“.

Salomon Korn, der Gedenkstättenbeauftragte desZentralrates der Juden in Deutschland, sieht die mah-nende Funktion eines Denkmals nur dann erfüllt, wennes dialogisch wirkt. Ich zitiere ihn:

Es muß im Betrachter etwas ansprechen, was inihm ansatzweise bereits vorhanden ist und sich an-sprechen läßt. Gelingt dies nicht, dann hat es seinenZweck verfehlt.

Zweifelsohne ist das von mir unterstützte StelenfeldPeter Eisenmans nicht ohne Ausdruckskraft. Es provo-ziert Widerspruch und stellt Fragen. Wir sollten dieseFragen jedoch nicht zu einer Frage der Verunreinigungmachen. Das ist, Herr Diepgen, in dieser wichtigen De-batte nachrangig.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeord-neten der F.D.P. und der Abg. Annette Wid-mann-Mauz [CDU/CSU])

Ich stelle eine weitere Frage: Wollen wir die Fragenzwischen den Stelen verhallen lassen? Oder wollen wireine Brücke bauen zwischen dem Ort des Gedenkensund einem Ort der Information? Das Denkmal wird dochnicht nur für die Gegenwart und Vergangenheit gebaut.Es dient in seinem Gedenken an die ermordeten Judenzukünftigen Generationen, denen der Anlaß für einDenkmal bewußtgemacht werden soll. Doch die Erzeu-gung von Emotionen kann dies nicht allein erreichen.Wir brauchen die Ergänzung um Dokumentation und In-formation.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetendes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte hier noch einmal klarstellen: Wir wollennicht belehren. Aber wir wollen ein Angebot unterbrei-ten, die vom Denkmal ausgehenden Zeichen zu dechif-frieren – unmittelbar im Angesicht des Erinnerns.

Als wir im Kreis der „Youngsters“, der jungen Abge-ordneten meiner Fraktion, beschlossen, unsere Überle-gungen in einen Antragsentwurf einfließen zu lassen,griffen wir die interessante Idee Michael Naumanns voneinem „Haus der Erinnerung“ dankbar auf und ent-wickelten sie weiter. Wir wollen mit unserem Einsatzein Zeichen setzen: Die junge Generation, die in politi-scher Verantwortung steht, stellt sich der Vergangenheit,übernimmt Verantwortung und sucht nach zukunftswei-senden Wegen des Erinnerns, des Gedenkens, aber auchder Scham gegenüber dem Holocaust. Dabei erhebenwir den Anspruch, unsere eigene Form des Erinnerns zuentwickeln. Wir können und wir wollen nicht unsereEltern oder unsere Großeltern kopieren. Es ist unserWeg.

Der Weg ist – das wird sicherlich auch die heutigeDebatte zeigen – nicht frei von Mißverständnissen. Er istnicht frei von Fehlern, er ist schwierig, er ist mühevoll,aber er ist auch spannend und lehrreich. Das haben unse-re ersten Begegnungen im Rahmen unseres ProjektesErinnerungsarbeit gezeigt. Ich hoffe, daß diesen Begeg-nungen noch viele weitere folgen werden. Ich möchteherzlich die jungen Kolleginnen und Kollegen allerFraktionen dazu einladen. Ich bin dankbar für die Ge-spräche mit Ulla Heinen, mit Eckart von Klaeden, mitPeter Altmaier, mit Angela Marquardt und mit vielenanderen.

Mut gemacht haben uns der Besuch des HolocaustMemorial Museums in Washington, die Gespräche mitHolocaust-Überlebenden in Israel, der Gang durch dieGedenkstätte Sachsenhausen, die unterstützenden Ap-pelle des Deutschen Bundesjugendrings und anderer Ju-gendverbände. Für uns ist die Debatte um das Denkmalkein Schlußpunkt. Mit unserer aktiven Beteiligung wol-len wir auch weiterhin dazu beitragen, daß der Holo-caust mit dem Jahrhundert- und Jahrtausendwechselnicht in den Geschichtsbüchern versinkt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten derF.D.P. und der PDS)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmalmöchte ich die Grundlinien der von mir unterstützten

Michael Roth (Heringen)

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Beschlußempfehlung des Ausschusses klarstellen: DerOrt der Information wird die ästhetische Wirkung desStelenfeldes nicht schmälern. Wir wollen die Besuche-rinnen und Besucher des Denkmals auf die vielen Ge-denkstätten, die authentischen Orte des Verbrechens undder Schande aufmerksam machen. Die ergänzendenBauten werden auch vor dem Hintergrund der ange-spannten finanziellen Lage bescheiden sein müssen. Esbleibt aber – und das ist für mich wesentlich – ein An-gebot des Erinnerns und Gedenkens, der Informationund der Dokumentation.

Die Unterstützerinnen und Unterstützer eines Hausesder Erinnerung sind den Befürwortern eines reinenDenkmals entgegengekommen. Vielen von uns fiel dassicherlich nicht leicht. Trotzdem bitte ich aus vollerÜberzeugung um Zustimmung zu dem in der Be-schlußempfehlung formulierten Kompromißvorschlag,und ich möchte allen danken, die dazu beigetragen ha-ben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetendes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und derPDS)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das viele Jah-re währende Ringen um die Form des Gedenkens an dieermordeten Juden deutlich gemacht haben sollte, daßsich nicht ausschließlich die Kriegsgeneration und dieNachkriegsgeneration, sondern vielmehr auch jungeMenschen in Deutschland am Wachhalten, am Erinnernund am Gedenken verantwortungsbewußt beteiligen undneue Wege suchen, so wäre dies ein großer Erfolg derDebatten dieses Hohen Hauses.

Lassen Sie uns heute ein mutmachendes Zeichen fürdie Zukunft setzen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifallbeim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie beiAbgeordneten der CDU/CSU und der PDS)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Alsnächster Redner hat der Kollege Wilhelm-Josef Sebasti-an das Wort.

Wilhelm-Josef Sebastian (CDU/CSU): Herr Präsi-dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In derGeschichte der Bundesrepublik gibt es wenige Fragen,die so lange und so intensiv in den verschiedenstenGremien beraten und diskutiert wurden und auf die eineAntwort gesucht wurde. In diesen Tagen ist eine Doku-mentation erschienen, die über die bisherigen Beratun-gen Aufschluß gibt, und sie umfaßt allein 1 298 Seiten.Wer diese Dokumentation liest, stellt fest, wie vielfältigdie Meinungen und Vorschläge zu dieser Frage sind.

Wir haben uns wie viele andere Gruppen intensiv ge-fragt: Brauchen wir in Berlin ein neues, ein zentralesMahnmal? Bei unseren Überlegungen standen der Sinnund die Aufgabe des Denkmals im Mittelpunkt. Es sollMenschen, Besucher und Betrachter, anhalten zu geden-ken, sich zu erinnern, und es soll sie mahnen.

Meine Damen und Herren, das Gedenken, Erinnernund Mahnen haben für uns heute und in Zukunft eineherausgehobene Bedeutung. Ein monumentales, groß-flächiges, auf zirka 20 000 Quadratmeter Fläche gebau-tes Denkmal erfüllt nach unserer Meinung diese Aufga-be nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In über 1 400 Dörfern, Gemeinden und Städten alleinin den alten Bundesländern und ohne Berlin gibt es Ge-denkstätten, vom Straßennamen über die Gedenktafelbis hin zum ehemaligen KZ, die an die Opfer des Natio-nalsozialismus erinnern und ihrer gedenken. Ich glaube,in keiner Stadt in der Bundesrepublik gibt es mehr Ge-denkstätten als in Berlin, die in würdiger Weise die äu-ßeren Voraussetzungen für ein ehrendes Gedenken undErinnern an alle Opfer der nationalsozialistischen Ge-waltherrschaft erfüllen.

In diesen Tagen erhielt ich ein Schreiben einer Jü-din, und ich möchte aus diesem Brief einige wenigePassagen zitieren. Sie schreibt:

Anstatt den Juden zu ermöglichen, endlich einnormales Volk zu werden, wird das Mahnmal unsals sonderbares Volk verewigen. Die Juden habenin ihrer ganzen Geschichte enorm gelitten, weil sienicht wie die anderen Menschen betrachtet wurden.Denken Sie, daß ein Jude, für dessen ermordeteLandsleute so ein Mausoleum in der Mitte Berlinserrichtet wird, sich jemals in Berlin und in ganzDeutschland wie ein jeder andere Mensch fühlenwird?

Und weiter heißt es in dem Schreiben:

Reue und Verständnis müssen und können nurfreiwillig sein, aber das geplante Mahnmal ist zu-gleich Zumutung, Provokation und Demütigung fürdas deutsche Volk, die echte und freiwillige Ge-fühle unmöglich machen. Man kann den Menschenzwingen, korrekt zu sein, aber man kann ihn nichtzwingen, etwas zu fühlen.

Weiter heißt es:

Das Geld für das Mahnmal sollte besser in die Er-ziehung von Verständnis und Toleranz bei den jün-geren Generationen investiert werden. Jeder Jungemit neonazistischen Sympathien, der durch dieseErziehung kein Rassist mehr sein wird, ist ein vielhöherer Gewinn für die Zukunft als das höchsteMahnmal.

Soweit das Schreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nur wenige hundert Meter von dem jetzt vorgesehe-nen Standort des neuen Mahnmals entsteht auf dem Ge-lände der „Topographie des Terrors“ ein neues Zen-trum, das die kommenden Generationen über die einzel-nen Aspekte der nationalsozialistischen Gewaltherr-schaft und die Gesamtheit der NS-Verbrechen aufklärtund damit eine wichtige pädagogische Aufgabe für allekommenden Generationen übernimmt. Dies halten wirfür einen guten, einen besseren Weg.

Michael Roth (Heringen)

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Wir lehnen mit unserem Antrag die Errichtung einesweiteren, neuen Mahnmals ab. Wir möchten vielmehr,daß die gesamte vorhandene deutsche Erinnerungs-und Gedenkstättenlandschaft gestärkt sowie finanziellund personell hinreichend ausgestattet wird. Die Erhal-tung und Pflege aller vorhandenen Orte und Gedenk-stätten sind uns wichtiger als ein neues, großes, monu-mentales Mahnmal, das nach unserer Meinung die zu lö-sende Aufgabe nicht erfüllt und vor allem aber den not-wendigen gesellschaftlichen Konsens nicht herstellt.

Es wäre überlegenswert und nach unserer Meinungsicherlich sinnvoller, zu überlegen, ob nicht die vorge-sehenen finanziellen Mittel und der mögliche Erlös ausdem 20 000 Quadratmeter großen Grundstück, auf demdieses monumentale Werk entstehen soll, für die Schaf-fung eines deutsch-israelischen Jugendwerkes verwandtwerden könnten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dies wäre für uns ein besserer Beitrag, daß sichkommende Generationen der Vergangenheit erinnern,aber auch gemeinsam die Zukunft in einem friedlichenMiteinander gestalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Präsident Wolfgang Thierse: Als nächster Rednerhat der Kollege Volker Beck das Wort.

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für Europaist der Holocaust das Menschheitsverbrechen schlecht-hin. Heute werden wir über den Bau eines Denkmalsfür die ermordeten Juden Europas entscheiden. Überzehn Jahre hat die Debatte gedauert. Selten wurde einParlamentsbeschluß so aufwendig und gründlich vorbe-reitet. Das ist gut so. Jetzt muß aber auch wirklich eineverbindliche Entscheidung fallen.

Wir entscheiden heute über den Bau und den Stand-ort, die Widmung und die konzeptionelle und künstleri-sche Gestalt des Denkmals. Wie auch immer die Ab-stimmung zum Mahnmal ausgehen mag, ich sage vorab:Der Grundstein für würdiges Gedenken ist die Sorge fürdie heute noch lebenden Opfer. Deshalb bleibt es unsereAufgabe, möglichst schnell eine gute und umfassendeLösung für die Zwangsarbeiterfrage zu finden. Wir müs-sen die vergessenen Opfer ins Licht rücken und auch of-fene Entschädigungsfragen hier klären. Wir müssen imNS-Unrechtsaufhebungsgesetz die Mängel beheben, diebislang Homosexuelle und Deserteure ausgrenzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENsowie bei Abgeordneten der SPD und derPDS)

Meine Damen und Herren, das Denkmal ist ein not-wendiges Zeichen gegen das Vergessen. Jetzt ist derrichtige Zeitpunkt für den Baubeginn. Die Zeitzeugen,die in der deutschen Erinnerungsarbeit eine besonderswichtige Rolle gespielt haben, werden immer stiller,

immer weniger. Wir Nachgeborenen müssen die Ver-antwortung für das Erinnern und Gedenken übernehmen.

Ein Denkmal muß das Nein zu einem Schlußstrichzum Ausdruck bringen. Der Umzug von Regierung undParlament nach Berlin wirft auch die Frage auf, worandie Berliner Republik politisch anknüpft. Mit demDenkmal im Zentrum des neuen vereinigten Deutsch-lands bekennen wir uns zu unserer besonderen Verant-wortung, die uns aus unserer Geschichte erwächst.

Dieses Bekenntnis ist nur mit einem Denkmal in Ber-lin zu leisten, dieses Bekenntnis können wir nicht mitden zahllosen wichtigen Gedenkstätten und auch Denk-mälern leisten, die wir im ganzen Lande haben. Wirmüssen zeigen, daß es auch eine Frage unserer nationa-len Identität ist, uns unserer Verantwortung zu stellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD sowie bei Abgeordneten derF.D.P.)

Gegen ein Mahnmal für die ermordeten Juden Euro-pas ist eingewandt worden, man sollte ein Denkmal füralle Opfer errichten. Dieser Einwand wiegt schwer. Oh-ne jeden Zweifel sollte es ein Denkmal geben für dieSinti und Roma, die dem hunderttausendfachen Völker-mord zum Opfer fielen. Ohne jeden Zweifel sollte derMillionen Opfer gedacht werden, die von Deutschen inden Ländern Osteuropas hingemordet wurden, nachdemsie von der Nazipropaganda als „slawische Untermen-schen“ zum Abschlachten freigegeben worden waren.Ebenso selbstverständlich braucht es Gedenkorte für dieEuthanasieopfer und Zwangssterilisierten, für die De-serteure, für die Homosexuellen und für die politischVerfolgten.

Dennoch ist es richtig, daß wir hier heute zuerst überein Denkmal für die ermordeten Juden Europas spre-chen. Der Nationalsozialismus hat über ganze Völkerund viele gesellschaftliche Gruppen unsagbares Leidgebracht, Folter, Tod und Vernichtung. Aber es gibt beijeder Gruppe der NS-Opfer auch ganz spezifischeAspekte in der Verfolgungsgeschichte. Ich meine, dieErinnerungsarbeit wird den Opfern viel eher gerecht,wenn man diese spezifischen Aspekte nicht mit einerallgemeinen Formel „Für alle Opfer“ verwischt, sondernsie herausarbeitet und damit überhaupt erst eine Ausein-andersetzung mit dieser Geschichte ermöglicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD)

Ebenso ist zu bedenken, daß der Antisemitismus dasentscheidende Bindemittel des Nationalsozialismus dar-stellte. An keinem Punkt waren sich die Granden wie dieFußtruppen des NS-Regimes so einig wie in dem Ver-nichtungswillen gegenüber den Juden. An keinem Punktwar die Politik von Nazi-Deutschland so tödlich konse-quent wie in der Vernichtung der europäischen Juden.

Wenn wir heute über ein Denkmal für die ermordetenJuden entscheiden, dann heißt das aber auch ganzklar: Damit ist die Diskussion über Gedenken und Erin-nern keineswegs beendet. Wir sind nun in der Pflicht,ein Konzept zu erarbeiten, wie der anderen Opfer wür-

Wilhelm-Josef Sebastian

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dig gedacht werden kann. Das sind wir allen Opfernschuldig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD sowie bei Abgeordneten derF.D.P. und der PDS)

Noch ein Weiteres: Für das Gedenken an die Opferdes Nationalsozialismus spielen gerade die Orte desVerbrechens eine wichtige Rolle. Sie dürfen über dieDebatte über das Mahnmal nicht in Vergessenheit gera-ten. Es ist eine gemeinsame Aufgabe von uns allen, vonBund wie Ländern, sie vor dem Verfall zu bewahren,und ich bin sehr dankbar, daß der Kulturminister dieseAufgabe auch ganz besonders ins Zentrum seiner Arbeitgestellt hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD)

Meine Damen und Herren, auch nach zehn JahrenDebatte gibt es in diesem Haus sehr unterschiedlicheVorstellungen über die Ausgestaltung des Mahnmals.Deshalb einige Worte an dieser Stelle zum Vorschlagvon Richard Schröder. „Morde nicht!“ – dieser Satzist natürlich richtig. Aber er reicht meines Erachtensnicht aus. Er wird den Dimensionen des Völkermor-des nicht wirklich gerecht. Zudem behandelt der Schrö-der-Satz nur einen Teil, nämlich den grausigen Gipfel-und Endpunkt der Verfolgungsgeschichte. Dem Mas-senmord ging eine sich immer weiter steigernde syste-matische Entrechtung der Juden voraus: die NürnbergerGesetze, die Reichspogromnacht, die Deportation inGhettos und Lager. Es ist wichtig, daß wir diese Eska-lationsgeschichte des Unrechts immer wieder vor Augenführen, denn gerade sie liefert aktuelle Bezüge zumHeute.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,bei der SPD, der F.D.P. und der PDS sowiebei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein jüngstes Beispiel, wo diese Fragen alle sehr aktuellwurden, war der Balkan.

Deshalb haben wir auch in unserem Antrag formu-liert: Das Denkmal mahnt, nie wieder die Würde desMenschen anzutasten. Es mahnt, die Gleichheit allerMenschen vor dem Gesetz zu gewährleisten. Es fordertdazu auf, jedweder Diktatur zu widerstehen. Es ruft aufzur Wachsamkeit gegen Verletzungen der Menschen-rechte. Das sind die Lehren, die wir mit diesem Denk-mal zu ziehen haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD)

Der Imperativ „Mordet nicht!“ ist zu minimalistisch.Die Lehre, die wir aus der Geschichte ziehen müssen,lautet: Auch du sollst nicht diskriminieren, du sollstnicht schikanieren, und du sollst Menschen nicht quälen.Denn Menschen systematisch für minderwertig zu erklä-ren, das kann zum Morden führen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD sowie bei Abgeordneten derCDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)

Besonders problematisch am Vorschlag von Schröderscheint mir, daß ein kategorischer Imperativ auch in denSprachen der Opfer auf dem Mahnmal erscheinen soll.Das kann nur Anlaß zu unendlichen Mißverständnissengeben. An wen richtet sich diese Aufforderung in Rus-sisch, Polnisch und Hebräisch? Viele werden mutmaßen:Hier hebt Deutschland den moralischen Zeigefinger,deutet damit aber auf andere. Das wäre ein fataler Ein-druck.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und derPDS)

Ich befürchte, mit diesem Satz würden wir zudem dennotorischen Relativierern nationalsozialistischer Verbre-chen unbeabsichtigt ein gefundenes Fressen liefern.

Zwischen dem Alltagsverständnis des Begriffs„Mord“ und dessen juristischer Definition klafft nämlichhäufig eine große Lücke. Ich erinnere daran: Mit absoluthanebüchenen Begründungen hat die bundesdeutscheJustiz manche NS-Schlächter nur der Beihilfe zum Mordfür schuldig befunden, da ihnen angeblich der eigent-liche Täterwille zum Mord gefehlt habe. So verrückt dasklingen mag: Auch NS-Schergen, die nachweislich hun-dert- und tausendfach getötet haben, wurde rechtskräftigbescheinigt, sie seien gar keine Mörder. Schon aufGrund dieser unseligen Justizgeschichte ist RichardSchröders Vorschlag leider nicht tauglich; denn das an-scheinend so eindeutige Wort kann ganz schnell zwei-deutig werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeord-neten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, auch aus solchen Gründenbin ich seit langem ein Befürworter des Konzepts Ei-senman II. Dieses Konzept wagt es, Kunst an Stelle desWortes zu setzen. Genau das scheint mir bei diesemMahnmal richtig und angemessen. Große Kunst kannein angemessenes Erinnern und Gedenken ermöglichen.Große Kunst geht in den kulturellen Kanon einer Ge-meinschaft ein, prägt und inspiriert sie. Sie kann dabeidie Menschen auf eine Art erreichen, wie es Pädagogiküberhaupt nicht vermag.

Das wogende Stelenfeld von Peter Eisenman willdem Besucher die Möglichkeit der individuellen Erfah-rung eröffnen. „In unserem Denkmal gibt es kein Ziel,kein Ende, keinen Weg, sich hinein- oder hinauszubah-nen“, beschreiben Peter Eisenman und Richard Serraden Grundgedanken ihres ursprünglichen Entwurfes.Mit dem Erleben des Denkmals, der individuellen Erfah-rung steht die lebendige Erinnerung im Vordergrund.Das Denkmal gibt nicht Antwort auf das Warum desHolocaust. Es begründet nicht politische Legitimation.Es fordert den Betrachter zur Auseinandersetzung. Esläßt ihn seinen eigenen Weg der Erinnerung gehen,schreibt ihm weder Ausgangspunkt noch Weg oder Zielvor. Damit ist es ein echtes Denkmal der Demokratie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD sowie bei Abgeordneten derF.D.P. und der PDS)

Volker Beck (Köln)

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Der Betrachter, der durch die Durchgänge des engenStelenfelds geht, wird eintauchen in das Stelenfeld. Diewogenden Pfeiler werden den Besucher bedrängen undverunsichern. An anderer Stelle kann er den Blicküber das Stelenfeld schweifen lassen. Der Betrachterentscheidet selbst, wie weit er sich in dieses Feld, indiese Erinnerung hineinbegibt. Auf schwankendemGrund, eingetaucht in das Feld der Stelen, wird der Be-sucher nur einen kleinen Teil der Pfeiler sehen. Er weißum die Größe des Geländes, kennt vielleicht sogar dieZahl der Stelen, kann aber das gesamte Feld nicht er-fassen.

Ist dies nicht auch Metapher für das Unfaßbare desmillionenfachen Mordes? Verschließt sich nicht auchdie gewußte Zahl der 6 Millionen dem Begreifen? Ver-sagt nicht auch unsere Vorstellungskraft, wenn sich dasGedenken jenseits des Erinnerns um das Schicksal ein-zelner konkreter Menschen oder Familien bewegt? DasDurchschreiten des Denkmals wird selbst zum Bestand-teil der individuellen Geschichtserfahrung werden.

Ich sage noch einmal: Der Holocaust ist für uns dasMenschheitsverbrechen schlechthin. Auch deswegen istes wichtig, eine Denkmalsform zu finden, die Menschenverschiedenster Herkunft einen Zugang zum Gedenkenermöglicht. Mit seinen Stelensetzungen greift Eisenmanein Ausdrucksmittel auf, das seit der Frühzeit des Men-schengeschlechts vertraut ist. Das Errichten von steiner-nen Stelen ist ein universell verstandener Archetypus derErinnerung. Wir finden Stelenfelder in der europäischenVorgeschichte genauso wie im alten Orient und in vielenanderen Kulturen. Die steingewordene Erinnerung trägtdie Verheißung der Dauer in sich.

Unsere Zeit hat allerdings Angst vor Kunst, Ästhetikund tiefer Emotion. Wir mißtrauen der Ausdrucksfähig-keit der Kunst, setzen auf rein kognitive Prozesse. DieDebatte um die unterschiedlichen Konzepte des Eisen-manschen Stelenfelds kreiste um die Frage: Was kannKunst überhaupt zum Gedenken, zum Erinnern undMahnen an vergangene Schuld beitragen? Darf man dieMenschen mit der Kunst allein lassen? Braucht Kunstimmer ein erklärendes Beiwerk, den pädagogischenRahmen? Ich bin froh, daß sich die verschiedenen An-sätze innerhalb der sogenannten Eisenman-Familieangenähert haben. Im wesentlichen standen sich zweiPositionen gegenüber: diejenigen, die ein rein künst-lerisches Denkmal wollten und für ausreichend hielten,und diejenigen, die Forschung, Wissensvermittlung undDokumentation in den Mittelpunkt stellen wollten.

Der Antrag, der vom Kulturausschuß nun zur Grund-lage der Beschlußfassung genommen wurde, versuchtevon Anfang an, zwischen den Polen dieser Debatte zuvermitteln. Die Beschlußgrundlage lautet nun: Wirwollen Eisenman II realisieren und im Rahmen diesesKonzepts ergänzend einen Ort der Information möglichmachen. Uns ging es darum, daß das ästhetische Kon-zept nicht beeinträchtigt wird. Innerhalb des Konzeptsvon Eisenman II kann es ein erklärendes, aber keinarchitektonisches Element der Ergänzung geben. Daswogende Stelenfeld, das nach allen Seiten mit demStadtraum kommuniziert, darf sich nicht gleichsam aneinem Baufremdkörper am Rande brechen.

Leider gab es in den letzten Tagen wieder Irritatio-nen, was mit der vom Kulturausschuß vorgeschlage-nen Beschlußempfehlung nun tatsächlich gemeint sei.Ich kann nur alle Seiten warnen, nach der heutigenBeschlußfassung in eine Auseinandersetzung um dieBeschlußexegese einzutreten. Wir sagen mit derBeschlußempfehlung: Eisenman II wird realisiert. Ei-senman II ist ein Feld mit 2 700 Stelen. Eisenman IIenthält keine weiteren architektonischen Elemente, keinHaus, keinen Bau, kein Gebäude. Wer trotz dieses Tex-tes etwas anderes will, muß es hier sagen; denn dannmuß das in die Beschlußfassung einfließen. Ansonstengilt das.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die ergänzende Information muß sich auf den Hinweisauf vorhandene Einrichtungen beziehen und auf die Er-läuterung der zentralen historischen Fakten beschränken.Alles andere wäre nicht mehr Eisenman II.

Das Mahnmal wird auch Zeugnis ablegen, in wel-chem Ausmaß unsere Kultur auf die Wirkung des beleh-renden Wortes fixiert ist und wieviel wir der Kunsttatsächlich zutrauen. Das Denkmal für die ermordetenJuden Europas wird den Versuch unserer Zeit dokumen-tieren, sich dem Vergessen entgegenzustellen. Ange-sichts dieses Zieles kann jede Anstrengung nur unvoll-ständig und Versuch sein. Dennoch meine ich: Mit demKonzept Eisenman II treffen wir eine sehr gute Wahl.

Herr Diepgen, wenn sich das Hohe Haus hierfür ent-scheidet, erwarte ich, daß sich das Land Berlin kon-struktiv gegenüber den Beschlüssen des DeutschenBundestages verhält und wir keinen kleinlichen Streitum Verfahren und Institutionen haben, sondern diesenBeschluß gemeinsam konstruktiv umsetzen; denn allesandere wird weder in der Gesellschaft noch im Auslandverstanden werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD sowie bei Abgeordneten derPDS)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Alsnächster Redner hat das Wort der Kollege Hans-JoachimOtto.

Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (F.D.P.): HerrKollege Beck, Sie haben eine wirklich gute Rede gehal-ten. Ich verstehe nur nach Ihrer Rede noch weniger,warum Sie nicht konsequent an dem Entwurf PeterEisenmans ohne jede Ergänzung festgehalten haben.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-ten der CDU/CSU und der PDS)

Meine Damen und Herren, dieses eindrucksvolleStelenfeld Peter Eisenmans ohne Ergänzung ist dieauthentische Entscheidungsalternative, weil es auseinem zehnjährigen intensiven öffentlichen Disput her-vorgegangen und klarer Sieger eines zweistufigen Wett-bewerbsverfahrens ist. Selten zuvor hat es ein Votumeines Wissenschaftlers gegeben, das sich so eindeutig

Volker Beck (Köln)

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für einen künstlerischen Entwurf ausspricht wie das desVorsitzenden der Findungskommission, des weltweitanerkannten Professors James Young. Zitat: „Ich befür-worte enthusiastisch diesen Vorschlag Peter Eisenmans…“ Ich füge hinzu: Professor Young hat mehrfach dar-auf hingewiesen, daß er den Entwurf Peter Eisenmansohne jede Modifikation befürwortet.

Nicht nur von den Wissenschaftlern in der Findungs-kommission, sondern auch von der Kulturkritik ist die-ser Entwurf begeistert aufgenommen worden. So schriebetwa Heinrich Wefing in der „FAZ“:

Den reduzierten Entwurf Eisenman II weiterhinbeliebig oder monumental zu nennen, wie Diepgenes tut,

– auch heute wieder –

ist nachgerade fahrlässig. Im Gegenteil. EisenmansMonument ist nach seiner Überarbeitung – vonEisenman I zu Eisenman II – von noch größererKraft. Es ist raffiniert in den urbanen Kontext ver-woben. Es verunsichert, ohne zu verstören, und esspricht vernehmlich, ohne zu belehren.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist schon be-merkenswert, welchen Verlauf die Debatte zum Mahn-mal trotz dieser glasklaren Empfehlung genommen hat.Der Vorschlag von Richard Schröder beispielsweisewar ein Bestandteil des Wettbewerbsverfahrens. DieJuroren haben ihn verworfen. Ich hielte es nicht nuraus formalen Gründen für sehr problematisch, wenn wirdas Wettbewerbsergebnis mit schlanker Hand beiseiteschöben.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-ten der SPD, der CDU/CSU und der PDS)

Ich frage mich im übrigen: Wie soll denn diesesSchrödersche Mahnmal später aussehen? Es ist zwardurchaus legitim, eine Mahnung in Form des Mordver-botes zu fordern; als einzige Gestaltungsvorgabe für einnationales Denkmal erscheint mir das aber mehr alsdürftig.

Ich lehne aber auch die Forderung ab, das Stelenfeldvon Peter Eisenman um einen „Ort der Information“oder, wie Michael Naumann es vor einigen Tagenformulierte, um ein „Ausstellungshaus der Erinnerung“zu ergänzen. Was konkret und wo soll dort ergänzt wer-den?

Lieber Volker Beck, das ist kein Kompromiß. Das isteine Blankovollmacht. All das, was Sie gerade gesagthaben – keine Beeinträchtigung des architektonischenKonzepts –, steht nicht in der Beschlußvorlage desKulturausschusses.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-ten der CDU/CSU und der PDS)

Herr Kollege Beck, nach den eigenen Angaben vonHerrn Dr. Naumann erzwingt die von Ihnen geforderteErgänzung eine Beschneidung des Mahnmals um fast1 000 Stelen. Deutlicher kann es doch nicht werden:

Hier besteht die Gefahr, daß das Stelenfeld zum An-hängsel eines Ausstellungshauses wird.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und derCDU/CSU)

Zweifellos handelt es sich bei Eisenmans Entwurf umein Kunstwerk. Jede Ergänzung eines Kunstwerks führtzu einer Manipulation der künstlerischen Aussage. Wirwollen ein Mahnmal, nicht eine „Mehrzweckhalle derBetroffenheit“, wie es Peter Iden bissig formulierte.

Das Stelenfeld Eisenmans spricht für sich. Es verleihtin besonders ausdrucksstarker Art dem Gedenken undMahnen eine ästhetische Form, die nicht durchvolkspädagogische Zusatzbauten, gleich welcher Art, er-schlagen werden darf.

Die Vorstellung, ohne eine Informationsstätte seiendie künftigen Besucher alleingelassen, ist ein Mißtrau-ensvotum, ein ungerechtfertigtes zumal. Jeder Besucherwird seine eigene Annäherung zu diesem Denkmal, abervor allem zum Thema Holocaust suchen müssen. Daskönnen wir ihm nicht abnehmen, das wollen wir ihmnicht abnehmen, aber das müssen wir ihm auch nichtabnehmen.

(Beifall des Abg. Dirk Niebel [F.D.P.])

Wer beispielsweise das Vietnam-Memorial in Wa-shington besucht, ist gerade deshalb ergriffen, weil mandort auf jede Belehrung verzichtet hat. Wer die Fähig-keit der Besucher zu einer solchen individuellen Formdes Gedenkens in Zweifel zieht, der stellt das Denkmalals solches in Frage.

Zur Information und didaktischen Vertiefung hin-sichtlich des Holocausts gibt es gerade in Berlin anauthentischen Orten ausreichend Gelegenheit. VieleKollegen haben bereits darauf hingewiesen. Wer die so-litäre Wirkung des Denkmalentwurfs bezweifelt undnach ergänzender Belehrung ruft, der mißtraut im übri-gen nicht nur der Fähigkeit der Menschen zum Geden-ken, sondern auch der Kraft der Ästhetik. Wir solltendas nicht tun. Wir sollten vielmehr auf die Wirkungs-kraft dieses großartigen Konzepts von Eisenman setzen.Heinrich Wefing hat völlig recht:

Eisenmans Entwurf straft alle Reden Lügen, Kunstund Kultur seien außerstande, dem GedächtnisGestalt zu geben. Eisenmans Mahnmal ist derTriumph der Kunst über den Kleinmut.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es nun inder Hand, heute diesen Triumph der Kunst über denKleinmut zu besiegeln. Haben Sie den Mut, setzen Sieein Zeichen für die Zukunft, stimmen Sie für Eisenmanpur!

Vielen Dank.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-ten der CDU/CSU und der PDS)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Alsnächste Rednerin hat die Kollegin Petra Pau das Wort.

(V o r s i t z : Vizepräsident Rudolf Seiters)

Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

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Petra Pau (PDS): Herr Präsident! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Postberge können sich ja manchmal sohoch auftürmen, daß sie zur Mühsal werden. In diesemFall waren mir die vielen Argumente mit allem Für undWider, die vielen Modelle und alles, was uns ansonstenzu diesem Thema in den letzten Tagen, ja sogar Stundennoch erreichte, ein Gewinn. Hunderte Briefe zeigtenmir, wie sehr diese Debatte in der Gesellschaft verankertist. Auch wenn sie nicht repräsentativ sind, so bezeugensie doch ein breites Engagement für ein Holocaust-Denkmal, gerade auch die aus Berlin, Herr RegierenderBürgermeister.

Meine Fürsprache verstehe ich nicht nur als Werbungfür ein Holocaust-Denkmal, ich werbe hier für die Ver-vollständigung eines Netzwerkes des Erinnerns unddes Mahnens. Dazu gehören die authentischen Orte desVerbrechens wie Sachsenhausen oder Auschwitz ebensowie Museen, die Ausstellung „Topographie des Terrors“oder das Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin. Siealle dürfen nicht gegeneinandergestellt werden, sie allehaben ihre spezifische Aufgabe, sie müssen und könnensich ergänzen. Zu diesem Netzwerk gehört auch, endlichdie Opfer und Zwangsarbeiter zu entschädigen.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordnetender SPD)

Das Holocaust-Denkmal hat eine spezifische Auf-gabe, solange wir an einem Grundgedanken festhalten.Es geht um ein deutsches Mahnmal für die ermordetenJüdinnen und Juden Europas.

Ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehöre einerGeneration an, die weder das sogenannte Dritte Reichnoch den zweiten Weltkrieg, noch den Holocaust erle-ben mußte. Aber es gehört auch zu meinem Lebenssinn,zu tun, was ich vermag, damit sich derartige Verbrechennie wiederholen. Gerade deshalb habe ich wenig Ver-ständnis für alle, die meinen, man müßte uns oder nach-folgenden Generationen mit pädagogischem Beiwerkklarmachen, welchen Sinn und Hintergrund ein Holo-caust-Denkmal habe. Das hat eher den Beigeschmack,prophylaktisch Unmündigkeit beseitigen zu wollen.

(Beifall bei der PDS und der F.D.P.)

Wer in diesen Tagen nach Berlin kommt, kann dasvorgesehene Areal besichtigen. Es ist umzäunt, und ander Bretterwand finden sich mahnende Plakate, zahlrei-che Zeitungsartikel und inzwischen auch Briefe zurMahnmal-Debatte. Wer dort nur ein wenig verweilt,wird vielleicht dann aus eigener Anschauung meinerMeinung zustimmen können: Die elfjährige Debatte istBestandteil des Denkmals, aber sie ersetzt es nicht.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordnetender F.D.P.)

Auch ein anderer Vorschlag, den ich dieser Tage las,ist für mich nicht akzeptabel: die derzeitige Brache zumMahnmal zu erklären. Das würde von einer Brache inuns, den Nachgeborenen, zeugen, nicht aber davon, daßwir unsere Lehren aus einem in der Geschichte einzig-artigen Verbrechen gezogen haben.

(Zustimmung bei der PDS)

Die Gefahr, Herr Diepgen, daß dieses Mahnmal be-schmiert wird, zeigt mir zumindest in besonderer Weise,wie notwendig es gerade heute und jetzt ist.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordnetender SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.)

Ich hätte mir gewünscht, der Bundestag entscheidetheute grundsätzlich und findet die Größe, Fragen derkünstlerisch-ästhetischen Ausgestaltung jenen zuüberlassen, die dazu berufener sind. Aber wenn wir unsschon damit befassen, dann bitte mit der notwendigenSensibilität und nicht mit oberflächlicher Denunziation.

Ich verstehe die zum Teil grobklötzige Verdammungdes Eisenman-Entwurfs beim besten Willen nicht. Erist für mich weder die Betonisierung der Schande nochmonumental und schon gar nicht beliebig. Das wirdspätestens dann erfahrbar, und zwar ganz individuell,wenn sich Mann oder Frau in das Mahnmal hineinbege-ben. Nicht vordergründige Symbolik ist das Entschei-dende des Eisenman-Entwurfs, sondern der künstleri-sche Versuch, alle, die sich auf ihn einlassen, aus demgewohnt gefährlichen Gleichgewicht zu entlassen undden Fragen an sich selbst zu überlassen.

Es gibt viele gute Gründe, heute zu entscheiden, nichtnur den, daß die Argumente ausgetauscht sind. Es gibtnicht d a s Konzept und d e n Konsens; denn dann wä-re es kein Denkmal und kein Mahnmal. Lassen Sie unsheute entscheiden. Lassen Sie uns noch in diesem Jahr-hundert den Grundstein legen. Der 27. Januar des Jahres2000 wäre ein denkwürdiges Datum.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordnetender SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN und der F.D.P.)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Ich gebe nunmehrFrau Senatorin Annette Fugmann-Heesing das Wort.

Dr. Annette Fugmann-Heesing, Senatorin (Ber-lin): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit derheutigen Debatte dieses Hohen Hauses über das Denk-mal für die ermordeten Juden Europas ist die politischangemessene Ebene für die notwendigen Entscheidun-gen erreicht worden. Das Projekt sprengt die kommunal-und die landespolitische Dimension.

Das Abgeordnetenhaus von Berlin hatte sich dafürausgesprochen, daß im Zentrum Berlins ein solchesDenkmal errichtet wird. Es sollte Ort des Gedenkensund der Mahnung sein. Das Abgeordnetenhaus hat denDeutschen Bundestag zu einer Entscheidung aufgefor-dert. Der Senat von Berlin selbst hat im vorausgegan-genen Wettbewerbsverfahren kein Votum für einenEntwurf abgegeben.

Es gibt in Berlin einen breiten Konsens für die Ab-sicht, ein Mahnmal zu errichten. Das ist das Ergebnis ei-ner mehr als zehnjährigen Diskussion, die unüberseh-bar nicht nur in Berlin geführt worden ist. Es gibt aller-dings weiterhin eine Kluft, die nicht zu überwinden war,die aber auch die Vergangenheitsbewältigung der ge-

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samten Bundesrepublik Deutschland geprägt hat: SeitEnde des Krieges mußte ein offenlegender Umgang mitden Verbrechen der Vergangenheit gegen die durchausnachvollziehbare Absicht durchgesetzt werden, Wundenzu heilen, Provokationen zu vermeiden. Letztlich war inBerlin nicht zu klären: Verweisen wir in der Gestalt desDenkmals auf die offene Wunde unserer Vergangenheit,um sie produktiv zu verarbeiten, oder setzen wir nach50 Jahren einen Schlußstein, der sich mit größtmögli-cher Akzeptanz in die Stadt integriert?

Nicht die Akzeptanz des Bauwerks ist das Entschei-dende, sondern der politische Wille der Bürgerinnen undBürger der Bundesrepublik, ein Zeichen der Trauer,der Scham und der Mahnung an künftige Generatio-nen zu setzen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetendes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und derPDS)

Diesem Willen der Nachfahren der Täter Ausdruck zugeben, dafür haben wir ein demokratisches Mehrheits-prinzip. Ich hoffe, daß hier ein Konsens jenseits dertraditionellen Parteigrenzen erreichbar ist.

In Berlin wird der Vergangenheit auf vielfältige Wei-se gedacht. Es gibt das Haus der Wannsee-Konferenz;es gibt das Jüdische Museum von Daniel Libeskind; esgibt die Stiftung „Topographie des Terrors“, die imZentrum Berlins dokumentiert, informiert, Erinnerungwachhält. Besonders eindrucksvoll sind auch in meinemWohnviertel in Schöneberg die „Orte des Erinnerns“von Renata Stich und Frieder Schmock, die, über vieleStraßenzüge verteilt, den durch die Nürnberger Rassege-setze in den Alltag eingeführten Naziterror vor Augenführen.

Doch was es in Berlin, der Hauptstadt der Bundesre-publik, bisher nicht gibt, ist ein Denkmal, das die Nach-fahren der Täter den ermordeten Juden Europas setzen:ein Denkmal, das unsere Trauer, Scham und Verzweif-lung ausdrückt und auslöst, das wir bewußt am Ort vonRegierung und Parlament als Mahnmal und als Zeichender friedlichen Absicht errichten. Kein Zeitpunkt ist da-für günstiger als der der vollen Aufnahme der Haupt-stadtfunktion durch Berlin. Deshalb ist es richtig, dieEntscheidung jetzt zu treffen und sie ohne Verzögerungumzusetzen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten derF.D.P. und der PDS)

Aus dieser Zielsetzung ergeben sich Schlußfolgerun-gen für die Gestaltung des Denkmals. Es geht nicht umeinen authentischen Ort des Verbrechens, der dasDenkmal zusätzlich legitimiert. Es wäre fehl am Platzean einem einzelnen Ort der Verbrecher. Deshalb wurdeder Standort „Topographie des Terrors“ verworfen. Wir,die Nachfahren der Täter, sind der Absender. Deshalbverbietet sich eine Botschaft in hebräischer Sprache:„Du sollst nicht morden.“

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und der F.D.P.)

Der Vorschlag von Richard Schröder ist da mißver-ständlich. Gerade Ihr Wunsch nach einfacher Verständ-lichkeit, Herr Diepgen, ist mit einem solchen Vorschlagnicht erfüllt. Richard Schröders Vorschlag läuft Gefahr,mit der Erinnerung an die gemeinsame religiöse Wurzelvon Christen und Juden den Opfern zu nahe zu treten.Sie muß man weder erinnern noch ermahnen, schon garnicht im Land der Täter.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, der F.D.P. und der PDS)

Auch unterschlägt der moralische Satz in seiner Allge-meinheit die politische Dimension der speziellen Täter-schaft.

Der Entwurf von Peter Eisenman hat die Radikalitäteines großen Kunstwerkes. Es verzichtet auf jeden An-schein falscher Versöhnlichkeit. Das Bauwerk ist großund unüberschaubar, es wirkt auf den Betrachter ent-grenzend und läßt ihn mit sich allein in der Gleichzeitig-keit von Gegenwart und Erinnerung. Es gibt keine ge-genständliche Repräsentanz des Holocaust, die uns ge-hört. Deshalb müssen wir auf Gegenstände verzichtenund ein reines Zeichen setzen. Peter Eisenman hat einsolches entworfen.

Ich kann den Vorwurf der Monumentalität, der auchhier wieder erhoben wurde, nicht nachvollziehen. Er istdiffamierend und relativiert sich auch in der konkretenUmgebung. Mitglieder dieses Hauses hatten kürzlichselbst Gelegenheit, von den Hochhäusern des PotsdamerPlatzes auf das vorgesehene Gelände zu schauen. Ist esnicht gerade die Ausdehnung an zentralem Ort, die dasDenkmal unübersehbar und unumgehbar und die damitdie Auseinandersetzung unausweichlich macht?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und derF.D.P.)

Das Denkmal wird auch provozieren. Aber die Sorgevor Schmierereien darf nicht die demokratische Ent-scheidung in dieser Frage beeinflussen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten derCDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)

Es ist die Aufgabe unserer demokratischen Gesellschaft,sich dieser möglichen Angriffe zu erwehren und sienicht aus Sorge zu Entscheidungsgründen zu machen.

(Zuruf von der PDS: Sehr richtig!)

Zum Schluß möchte ich ein Dankeschön aussprechen:Ohne die Zähigkeit von Frau Lea Rosh ständen wirheute nicht vor dieser Entscheidung.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, der F.D.P. und der PDS sowie beiAbgeordneten der CDU/CSU)

Ihre Courage hat manche politische Unentschiedenheiterträglich gemacht.

Meine Damen und Herren, Berlin wird die Entschei-dung des Deutschen Bundestages für dieses Projekt in

Senatorin Dr. Annette Fugmann-Heesing (Berlin)

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der Hauptstadt akzeptieren und mit ihm in Würde beider Realisierung zusammenarbeiten.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, der F.D.P. und der PDS)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Als nächste Redne-rin spricht nunmehr Frau Kollegin Professor Dr. RitaSüssmuth.

Dr. Rita Süssmuth (CDU/CSU): Herr Präsident!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Entscheidung, diewir heute im Deutschen Bundestag treffen, ist Teil einesErinnerungs- und Gedenkprozesses. Sie ist aber auchTeil eines Entwicklungsprozesses, der heute mit derEntscheidung in bezug auf das Denkmal beendet wird;dies trifft jedoch nicht auf den Erinnerungsprozeß zu.

An den Anfang meiner Rede möchte ich stellen, daßdie Aufarbeitung der Erinnerung in Deutschland unsDeutschen weit mehr Chancen gebracht hat, stark stattschwach zu werden. Daß wir nach mehr als 50 Jahrendiese Entscheidung treffen, hat natürlich mit dem Erin-nerungsprozeß zu tun. Ich verweise aber darauf, daßviele Denkmäler schon entstanden sind, bevor über einDenkmal in Berlin nachgedacht wurde. Es ist zwar nurein Versuch, das fast nicht Ausdrückbare auszudrücken.Aber es waren viele Menschen in vielen Gemeinden, anvielen Orten, die diese Anstrengung dennoch gewagtund ihr Ausdruck verliehen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und derF.D.P.)

Deshalb sollten wir uns in Berlin nicht dieser Anstren-gung verschließen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Hier geht es nie um Perfektion. Es wird oft gefragt:Ist das angemessen? Angemessen ist vielmehr die Frage:In welchem Maße werden wir dieser Aufgabe gerecht?Die Wortwahl ist hier ganz wichtig.

Ich möchte all denen danken, die vor uns in diesemBereich jahrelang Arbeit geleistet haben. Es war dieseInitiative, der das Land Berlin und auch der Bund bei-getreten sind.

Daß wir über die Neue Wache nicht im Parlamententschieden haben, war keine schlechte Entscheidung.Aber ich sage heute: Es hat keine Einigung gegeben. Ichempfinde es aber als große Chance, daß wir als Deut-scher Bundestag heute diese Entscheidung treffen kön-nen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.)

Es ist kein Mahnmal der Schande. Es geht heute umeine Entscheidung der Vertreter und Vertreterinnen derDeutschen, ein Mahnmal an zentraler Stelle – die Grün-de sind eben schon genannt worden – zu errichten. Dieserfolgt im übrigen nicht nur auf Grund der Erinnerung.

Ich nenne hier, was die Initiative bewirken will, näm-lich ein Zweifaches: Erstens. Der Opfer soll in Würde

gedacht werden; sie sollen geehrt werden. Es geht umdie Wiederherstellung der Würde – soweit man dasüberhaupt kann –, die den Opfern zu nehmen versuchtwurde. Es ist wichtig, diesen Aspekt in das Erinnern undGedenken einzubinden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU –Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetendes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Würde dieser Menschen muß in dem Maße, wie esuns möglich ist, wiederhergestellt werden.

Zweitens. Wenn wir an den Völkermord erinnern unddieses Erinnern im Rahmen unserer Möglichkeiten fürdie Zukunft sichern wollen, dann müssen wir uns dochdie Frage stellen lassen – diese hat uns in allen Kollo-quien beschäftigt –: Wie haltet ihr es mit den anderenOpfern? Niemand bestreitet die Singularität des Völ-kermordes an den Juden, und nicht nur des Mordens,sondern auch der damit einhergehenden Verfolgung.Das gilt auch für alle anderen Opfer, ob religiös, poli-tisch, homosexuell oder behindert. Wir alle schließen siein unser Gedenken ein.

Angesichts der Briefe, die wir immer wieder vonSinti und Roma – zu Recht – erhalten, möchte ich mitSimon Wiesenthal sagen: Sie sind genauso ein Opfer desVölkermordes. Das kann nicht mit all dem, was in derVergangenheit versucht worden ist, relativiert werden.

(Beifall im ganzen Hause)

Auch wenn wir uns heute nicht darauf einigen kön-nen, dem Anliegen dieser Gruppen zu entsprechen – soscheint es nach dem Verlauf der bisherigen Debatte zusein –, möchte ich sagen: Wir haben die Verantwortung,unser Versprechen einzulösen, ihnen gerecht zu werden.Ich bin – diesen Standpunkt habe ich auch in allen Kol-loquien vertreten – gegen eine Hierarchisierung der Op-fer. Die heutige Entscheidung ist keine Aussage über ei-ne Hierarchisierung. Daran müssen wir denken.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne-ten der SPD und der PDS)

Lassen Sie mich kurz begründen, warum ich mit denAntragstellern für den Eisenman-Entwurf bin. Die Ent-scheidung für den Eisenman-Entwurf, der unter anderenausgewählt wurde, macht für mich deutlich, daß derDeutsche Bundestag nicht über Kunst entscheidet. Erkann zwar über Kunst streiten, aber nicht über sie ent-scheiden. Das gilt auch für die Zukunft. Wenn wir dasnicht beherzigen, könnten wir uns sehr schnell der Ver-fahrensweise in Diktaturen annähern.

Ich wehre mich entschieden gegen den Vorwurf, daßdas Eisenman-Denkmal monumentalistisch sei. Diekünstlerische Gestaltung ist Sache Eisenmans. Es gehtum Eindringlichkeit und um Zukunftsoffenheit. Wir ent-scheiden nicht darüber, wie nachfolgende Generationengedenken wollen.

Ich möchte Herrn Roth, der gerade nicht da ist, für dieArt und Weise danken, in der er als Vertreter der jungenGeneration zu dieser Frage Stellung genommen hat.

(Beifall im ganzen Hause)

Senatorin Dr. Annette Fugmann-Heesing (Berlin)

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Angesichts der Tatsache, daß uns im Kulturausschuß– leider – manches nicht gelungen ist, wiederhole ich:Wer meint, daß die Kunst keine eigene Formsprache sei,der muß sich fragen, was dann Musik, die bildendenKünste und die Sprache für sich allein genommen über-haupt noch aussagen können, ob sie dann nicht ständigeiner Ergänzung bedürfen. Man muß die Pluralität derAusdrucksformen anerkennen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder PDS)

Eisenman möchte mit seinem Entwurf das Ausmaßdes Verbrechens den Menschen deutlich machen. Auchwenn die Frage der Einfachheit, Verständlichkeit undSchlichtheit eines Mahnmals wichtig ist, muß ich fest-stellen, daß auch für Schröder – wir würden ihm unrechttun, wenn wir ihm das absprechen würden; er hat seinenStandpunkt gegenüber unserer Fraktion dargelegt – dieFrage im Vordergrund steht, wie die Einzigartigkeit desMordens, des Verbrechens und der Verfolgung doku-mentiert werden soll. Diese Frage ist völlig offen. Esmüßte eine neue Ausschreibung geben.

Herr Beck hat recht, wenn er darauf hinweist, daß esnicht nur um das Gedenken an das Morden, sondernauch um die Verfolgung gehe, daß für ihn die Aussagedes Mahnmals zu mißverständlich sei und daß sie zuwe-nig der Ungeheuerlichkeit des Zivilisationsbruchs an-gemessen sei.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, derSPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN,der F.D.P. und der PDS)

Ich sage abschließend: Wir hätten uns im Kulturaus-schuß einigen können, wenn die Debatte nicht weiter umdie Frage gegangen wäre – heute morgen ist das klarge-stellt worden –, was man eigentlich will. Herr Staatsmi-nister, wenn Sie nach wie vor an Ihrer Aussage gegen-über unserer Fraktion festhalten, nämlich daß Sie eineArchivstelle, ein Dokumentationszentrum für die Shoaund ein Völkermordfrühwarnsystem wollen, dannmuß ich Ihnen sagen, daß das nicht der Absicht derjeni-gen entspricht, die von uns ein Mahnmal gefordert ha-ben, das seine eigene Ausdrucksform hat.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. so-wie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Wir wissen sehr wohl, daß ein Denkmal nicht ge-schichtliche Aufklärung und das Gedenken ersetzenkann. Aber Berlin ist wie seine Umgebung wirklich vollvon Orten, an denen dies geleistet wird. Deswegen mußes auch in der Inschrift des Mahnmals Hinweise auf die-se Orte, auf die „Topographie des Terrors“ bis hin aufdie Konzentrationslager Bergen-Belsen und Sachsen-hausen geben.

Wir brauchen die Stiftung, damit das, was noch im-mer unklar ist, dort geklärt werden kann. Ich sage imNamen aller: Dies ist der richtige Zeitpunkt, um ein po-litisches Zeichen in der Mitte Berlins zu setzen, das denOpfern gerecht wird. Daran muß man denken.

(Beifall im ganzen Hause)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Als nächster Rednerspricht der Kollege Christian Simmert.

Christian Simmert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Für einige junge Kolleginnen und Kollegen,so auch für mich, war und ist – wie der Kollege Roth dasvorhin beschrieben hat – klar: Es steht in unserer Ver-antwortung, die Perspektive junger Menschen in die De-batte einzubringen. Deshalb haben sich Andrea Nahles,Simone Violka, Michael Roth, Dietmar Nietan und ichuns im letzten Monat auf den Weg nach Israel gemacht.Dort ging es uns nicht nur um Gespräche über dasMahnmal, sondern um mehr. Es ging und geht darum,wie wir als Teil der jungen Generation unseren Umgangmit der deutschen Verantwortung und Vergangenheitgestalten werden.

Wir, die junge Generation, haben keine eigenen Erin-nerungen an den Nationalsozialismus; wir haben abernoch die Möglichkeit, mit Zeitzeuginnen und Zeitzeu-gen zu sprechen. Das wird für die nachfolgenden Gene-rationen ganz anders sein. Vor diesem Hintergrund be-kommen das Mahnmal, aber auch der Erhalt aller ande-ren Gedenkstätten eine wertvolle Bedeutung. Deshalb istes wichtig, die Erinnerungsarbeit auf ganz andere Füßezu stellen. Denn jede Generation muß für sich den Um-gang mit dem Holocaust neu klären. Sie muß Fragenstellen dürfen; sie muß ihre eigene Form des Umgangsmit dem Holocaust finden. Während sich die 68er-Generation an der Generation ihrer Väter, die direktSchuld am Holocaust trug, abgearbeitet hat, stellen sichmeiner Generation neue Aufgaben. Entscheidend dafürist, daß das Mahnmal, über das wir heute entscheidenwerden, nicht das letzte Kapitel der Auseinandersetzungmit dem Holocaust, sondern ein neuer Anfang ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENsowie bei Abgeordneten der SPD)

Auf unserer Reise haben wir die Erfahrung gemacht,daß in Israel viele Shoa-Überlebende sehr offen dafürwaren, mit jungen Deutschen der dritten Generation insGespräch zu kommen. Wir haben von ihnen viel gelernt.Ich möchte mich dafür – auch im Namen meiner Kolle-ginnen und Kollegen – heute bedanken. Wir haben ler-nen müssen, daß es uns sehr schwerfällt, das auszudrük-ken, was wir angesichts des Holocausts und der Begeg-nung mit Überlebenden empfinden. Begriffe wie„Schuld“ und „Verantwortung“ alleine können unsereGefühle nicht fassen. Eine Sprache ist aber wichtig, umunseren Teil der Verantwortung leisten zu können. DieMenschen, die wir getroffen haben, haben uns aufgefor-dert, die Verantwortung dafür zu übernehmen, den Ho-locaust endlich als einen festen Teil unserer deutschenIdentität zu begreifen. Auch dazu muß das Mahnmalbeitragen. Dafür ist ein Durchbrechen unserer Sprachun-fähigkeit notwendig. Das ist vor allen Dingen eine Auf-gabe der jungen Generation.

Meine Generation muß sich in die Auseinanderset-zungen einmischen. Meine Generation muß ihre Formdes Ausdrucks finden und in den Dialog eintreten: denDialog mit jüdischen Gemeinden in Deutschland und Is-

Dr. Rita Süssmuth

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rael, mit jungen Migrantinnen und Migranten, mit jun-gen Menschen aus Polen, Rußland und Tschechien so-wie mit jungen Sinti und Roma.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD sowie bei Abgeordneten derF.D.P. und der PDS)

„Nie wieder Auschwitz“ ist auch für uns Auftrag undHerausforderung. „Nie wieder Auschwitz“ muß Teildeutscher Identität werden und sein.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, viele Men-schen in Israel haben uns gesagt, daß ihnen die Debatteum das Mahnmal und damit auch die Auseinanderset-zung der Deutschen mit ihrer Geschichte das Aller-wichtigste sind. Unter den fünf Abgeordneten unsererReise waren die Befürworter drei verschiedener Anträgevertreten. Ich selbst habe den Antrag von Volker Beckund anderen unterstützt, da Gedenken und Mahnen fürmich im Herzen Berlins am deutlichsten mit anderenOrten des Erinnerns verbunden werden können. Ichspreche mich heute für die veränderte Vorlage des Kul-turausschusses aus. Trotzdem steht und stand für unsalle fest: Wir wollen ein Mahnmal, und wir wollen, daßdas Mahnmal im Herzen Berlins nicht nur steht, sondernauch lebt. Das bedeutet, den Jugendaustausch mit Isra-el und mit anderen Ländern zu fördern, wie zum Bei-spiel die Freiwilligenarbeit der Aktion Sühnezeichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als einer der Jünge-ren hier im Hause sage ich zum Schluß all denen, diemit dem Mahnmal das Buch der Geschichte schließenwollen: Für uns ist das Mahnmal erst der Anfang, daserste Kapitel einer neuen jungen Erinnerungsarbeit undbestimmt kein Schlußstrich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD sowie bei Abgeordneten derF.D.P.)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Ich gebe das Wortdem Kollegen Hildebrecht Braun.

Hildebrecht Braun (Augsburg) (F.D.P.): LiebeKolleginnen und Kollegen! Ich will Ihnen heute meineZweifel darüber ausdrücken, ob der von vielen Rednernempfohlene Weg eines neuen zentralen Mahnmals derrichtige ist. Zugleich will ich meinen Ihnen vorliegendenAntrag begründen.

Ein Mahnmal soll nachdenklich machen; es soll beivielen einzelnen Menschen Denkprozesse auslösen.Einerseits soll es an das unsägliche Leid von Millionengeschundener und ermordeter Opfer der Nazidiktaturerinnern, insbesondere an das von Juden. Andererseitssoll es Menschen dazu auffordern, darüber nachzuden-ken, wo in unserer Zeit Menschen wegen ihrer Haut-farbe, wegen ihrer Religion, wegen ihrer ethnischen Zu-gehörigkeit, wegen ihrer sexuellen Orientierung oder ausanderen Gründen ausgegrenzt werden und gefährdetsind. Und gewiß soll ein Mahnmal das Denken darüberanregen, wie sichergestellt werden kann, daß sich Völ-kermord und Rassenwahn nicht wiederholen.

Natürlich brauchen wir solche Mahnmale. Die Frageaber ist: Brauchen wir ein zentrales, neues, künstlerischgestaltetes Mahnmal? Ich meine, daß wir viele Mahn-male haben, deren Aussagekraft, deren Authentizität, de-ren Eindringlichkeit nie von einem künstlerisch gestal-teten modernen Mahnmal erreicht werden können – ichmeine die Originalstätten des Naziterrors, besonders dieKonzentrationslager mit ihren vielen Außenstellen.

Unmittelbar nach dem Beginn des Dritten Reicheswurde mit dem Bau des ersten KZs in Dachau begon-nen. Seither gehören die Konzentrationslager zu unse-rem Land, zu unserer oft schrecklichen nationalen Ge-schichte, zu unserem nationalen Erbe. Die KZs führen inunserem Land allerdings ein Schattendasein. Ich glaube,es soll sogar Politiker geben, die noch nie in einem KZwaren. Franz Josef Strauß weigerte sich gar, mit demitalienischen Staatspräsidenten Sandro Pertini das KZFlossenbürg zu besuchen, in dem Pertini gelitten hatte.

Warum dann jetzt ein zentrales Mahnmal, welches inseiner künstlerischen Sprache nur einen Teil der Bevöl-kerung erreicht? Ein Besuch in einem KZ dagegen läßtkeinen Menschen unbeeindruckt, mag er nun eher ein-fach strukturiert oder von großem Abstraktionsvermö-gen sein. Wird nicht ein neues Mahnmal die Bedeutunganderer Stätten des Erinnerns – wie zum Beispiel die„Topographie des Terrors“ oder auch das Jüdische Mu-seum von Daniel Libeskind in Berlin – relativieren? Ichplädiere nachdrücklich dafür, daß wir die originärenMahnmale des Terrors, also die Konzentrationslager,mehr in das Bewußtsein der Menschen rücken und dafürsorgen, daß unsere Schülerinnen und Schüler ab demAlter, ab dem sie die Dimension des Terrors ermessenkönnen, nach entsprechender Vorbereitung die Konzen-trationslager besuchen, dort von exzellenten Mitarbei-tern geführt und in ihrem Erleben der Dokumente derUnmenschlichkeit begleitet werden. Hierzu muß nichtnur Geld zur Verfügung gestellt werden, auch die Lehr-pläne müsse darauf ausgerichtet werden.

Besonders wichtig erscheint es mir aber, daß wir den50. Jahrestag unserer Republik zum Anlaß nehmen, eineInvestition in die Zukunft zu beschließen, die nicht nurder Verbindung mit Israel und allen Menschen jüdischenGlaubens dienen, sondern zugleich von größter Bedeu-tung für das Geistesleben in unserem eigenen Land wer-den wird. Über Jahrhunderte – speziell im 19. Jahrhun-dert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts – haben jüdi-sche Gelehrte nicht nur Wissenschaft und Forschung,sondern insbesondere auch Philosophie und Kunst, alsosehr zentrale Bereiche der deutschen Kultur, maßgeblichmitgestaltet und geprägt. Der Holocaust hat MillionenMenschen den Tod gebracht, aber auch das Geisteslebenin unserem Land schwer beschädigt.

Laßt uns daran gehen, eine internationale jüdischeUniversität in Berlin zu gründen, die jüdische Kreati-vität in Deutschland wieder fördert und zu einer Quellelebendiger Entwicklung in unserem Land machen wird.So können wir nicht nur ein großes Zeichen unsererVerbundenheit mit den Opfern des Naziterrors setzen,sondern zugleich den Juden eine neue geistige Heimatin Deutschland schaffen und unserem Land ein Ge-

Christian Simmert

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schenk machen, dessen Nutznießer noch unsere Enkelsein werden.

Vielen Dank.

Vizepräsident Rudolf Seiters: Es spricht nun derKollege Heinrich Fink.

Dr. Heinrich Fink (PDS): Sehr verehrter Herr Präsi-dent! Kolleginnen und Kollegen! Die Lyrikerin NellySachs und der Lyriker Paul Celan haben als Überleben-de ihre Gedichte den Wolkenmassengräbern als Grab-steine gesetzt. Nelly Sachs:

Die Schornsteine auf den sinnreich erdachten Woh-nungen des Todes,

als Israels Leib zog aufgelöst in Rauch durch dieLuft,

wer erdachte euch und baute Stein auf Stein denWeg für Flüchtlinge in Rauch?

Es ist wohl einfacher, überlebende Dichter mit demFriedenspreis des Deutschen Buchhandels und dem No-belpreis zu ehren, als den Millionen im Wolkenmassen-grab ein Denkmal auf deutscher Erde zu setzen.

Die Logistik der technisch perfekten „Endlösung“ derJudenfrage bleibt wohl das dunkelste Kapitel der deut-schen Geschichte. Deshalb brauchen wir in unsererHauptstadt einen Ort ehrenden Gedenkens für die Juden,denen das Lebensrecht in juristischer Akribie zuerst ein-geschränkt und dann überhaupt bestritten wurde.

In der Beschlußerklärung des Ausschusses für Kulturund Medien sind drei Vorschläge genannt. Einer davonist seit 1993 von der jeweiligen Jury schon zweimal mitabsoluter Mehrheit abgelehnt worden. Es geht um dasZitat aus dem fünften Gebot „Du sollst nicht morden!“auf Hebräisch. Er ist nun zum drittenmal in die Diskus-sion gebracht worden. Ich sehe in diesem Vorschlageinen fatalen Denkfehler. Wenn schon, dann müßte „Dusollst nicht morden!“, wenn auch verspätet, an alle Kir-chentüren geschrieben werden. Denn in Deutschlandhatte das fünfte Gebot weder in Friedens- noch inKriegszeiten eine verbindliche biblische Autorität. Dasbald beendete zweite Jahrtausend war im christlichenAbendland Jahrhundert für Jahrhundert blutig gezeich-net: durch Judenhaß, durch Judenvertreibung, angezet-telte Pogrome. Und schon im 19. Jahrhundert gab es an-tisemitische Lehrer an meiner Berliner Universität. Derverheerend folgenschwere Satz „Die Juden sind unserUnglück!“ stammt von dem prominenten HistorikerHeinrich von Treitschke.

Darum bitte ich Sie, dem Entwurf Eisenman II –ohne Ergänzung – zuzustimmen. Dieser Entwurf ist fürmich eine stumme, starke Herausforderung zum ehren-den Gedenken an die ermordeten Juden Europas. DiesesKunstwerk wirkt durch sich selbst, durch seine eigeneArt des Ausdrucks – ohne zusätzliche Verbalisierung.

Danke.

(Beifall bei der PDS)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Als nächste Redne-rin spricht nun die Kollegin Dr. Leonhard.

Dr. Elke Leonhard (SPD): Herr Präsident! VerehrteKolleginnen und Kollegen! Willy Brandt, Bundes-kanzler, Friedensnobelpreisträger, Vorsitzender der So-zialdemokratischen Partei Deutschlands, der einst selbstin einer unvergessenen Geste ein Zeichen gegen dasVergessen setzte, forderte als Alterspräsident der erstenSitzung des 12. Deutschen Bundestages im Jahre 1990,der Erinnerung an die ermordeten Juden Europas müsseein unübersehbarer Ausdruck gegeben werden. Und erfügte hinzu, dies gebiete unsere eigene Würde.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, heute treffen wirdie Entscheidung darüber, ob ein Denkmal für die er-mordeten Juden Europas in unserer Hauptstadt errichtetwerden soll und welche Gestalt es haben wird. Es ist mirzunächst ein aufrichtiges Bedürfnis, all jenen zu danken,die den Anstoß gaben, die Bewußtsein weckten und die– heftigen Angriffen widerstehend – die Erinnerung andie Ermordeten wachhielten.

Mein Dank richtet sich an die Mitglieder des För-derkreises, und ich nenne stellvertretend für viele diestreitbare Publizistin Lea Rosh.

(Beifall im ganzen Hause)

Zu danken ist aber auch den Wissenschaftlern, denExperten, die in Kolloquien die historische Begründungund ästhetische Ausgestaltung des Denkmals erörtertund damit das Fundament für die heutige Entscheidunggelegt haben. Stellvertretend nenne ich hier ProfessorYoung.

Ich danke den Künstlerinnen und Künstlern, die inzwei Wettbewerben Konzeptionen für ein Denkmal er-arbeitet und präsentiert haben, aber auch – das ist heuteoft angesprochen worden – jenen Hunderten von Bürge-rinnen und Bürgern, die bis in die letzten Tage, ja in dieletzten Stunden hinein sehr wach und sensibel ihre Vor-stellungen, Modelle und Skizzen für ein Denkmal mir,aber auch, wie ich höre, vielen Kolleginnen und Kolle-gen des Deutschen Bundestages übergeben haben.

Es ist mir nach den „Vergiftungserscheinungen“ derletzten Woche, wenn Sie mich das so salopp sagen las-sen, ein besonderes Bedürfnis, stellvertretend für die ge-samte Opposition Altbundeskanzler Kohl zu danken,der die Realisierung des Denkmals mit großem Enga-gement forderte.

(Beifall im ganzen Hause)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Dauer, dieIntensität, die Heftigkeit, mit denen die Debatte geführtwurde, sind ein Indiz, daß das Denkmal errichtet werdenmuß. Willy Brandt, sensibel in der Wahrnehmung undtreffend in der Formulierung, sagte:

In der Kraft der Erinnerung drückt sich der Le-benswille der Demokratie aus.

Mit Entschiedenheit sage ich: Es ist erlaubt, leiseoder gemäßigt für oder gegen ein Denkmal zu sein. Aberich verwahre mich gegen Begriffe wie „Schandmal“,

Hildebrecht Braun (Augsburg)

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„Kranzabwurfstelle“, „Moralkeule“, „fußballfeldgroßerAlptraum“ und „in Beton gegossenes Schuldeingeständ-nis“.

(Beifall im ganzen Hause)

Das Denkmal ist – integriert in die Gesamtkonzeptiongegen das Vergessen, um die es geht – zusammen mitden authentischen Stätten, die Leidensstätten waren undFriedhöfe sind, ein Zeichen, daß die Deutschen, daß wiran der Schwelle zum nächsten Jahrtausend nicht nur indie Rechte unseres großen kulturellen Erbes, in die Tra-dition – lassen Sie es mich überhöht sagen – der Dichterund Denker eintreten, sondern auch die Pflichten aner-kennen und die Verantwortung übernehmen, die sich ausden finstersten Seiten und Zeiten unserer Geschichte er-geben, aus den Ursachen und Verbrechen der national-sozialistischen Diktatur.

Es ist – das betone ich immer wieder – integriert indie Gesamtkonzeption gegen das Vergessen ein Zei-chen, daß wir den Willen und die Kraft haben, uns derVerantwortung zu stellen, daß die Demokratie nicht nurstaatlicher Rahmen ist, sondern in den Herzen verankertwird.

Das Nicht-Vergessen, das Nicht-verdrängen-Wollen,das Sich-Stellen und das Verantwortung-Übernehmen,Mut und Zivilcourage sind Grundsteine für das „Niewieder“.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und derF.D.P.)

Dieses, verehrte Kolleginnen und Kollegen, und einstarkes Parlament sind Garant für das „Nie wieder“. Und„Nie wieder“ heißt auch – das füge ich hinzu –, nie wie-der vom Träger nationaler Souveränität zum verachtetenund erbärmlichen Jasager menschenverachtender Sy-steme zu werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, derCDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)

„Nur jenes Erinnern ist fruchtbar, das zugleich an daserinnert, was noch zu tun ist“ – diese Worte ErnstBlochs im Zusammenhang mit der heutigen Entschei-dung verstehend, sage ich: Es ist noch viel zu tun, zumBeispiel die Erfassung der autoritären Charakterstruktur,die Fähigkeit zu trauern, die Übernahme der Verant-wortung.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein kurzes Wortzur Widmung: Das Denkmal wird ganz bewußt jenengewidmet, deren Vernichtung der Kern der menschen-verachtenden Ziele des nationalsozialistischen Terror-regimes war. Der Antisemitismus früher Zeit ebnetespäter Hitler den Weg zur Macht. In der gemeinstenWeise wurde Haß gesät. Antisemitismus, der zur All-täglichkeit geworden war und jede Sensibilität abge-stumpft hatte, konnte sich ab 1933 zu jenem Zivilisa-tionsbruch entwickeln, der uns noch heute unbegreiflicherscheint und der das Bild der Kulturnation Deutsch-land, das lange so strahlend war, für lange Zeit verdun-kelte. Die alltägliche Verletzung der Menschenwürdestumpfte zugleich gegenüber Angriffen auf die Men-schenwürde anderer ab.

Nur wenn wir uns erinnern oder vorstellen können,wie im alltäglichen Umgang Menschen ausgegrenzt,verhöhnt, mißachtet, ihrer Existenz beraubt wurden, wieihre Menschenwürde zunächst allmählich ausgehöhlt,dann völlig vernichtet wurde, nur wenn wir uns konkretbewußt machen, wie Millionen Juden erniedrigt, gefol-tert und ermordet wurden, dann können wir erahnen, wieunsere Verantwortung für die Zukunft auszusehen hat.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wissend – ichunterstreiche: wissend –, daß der Holocaust mit künstle-rischen Mitteln nicht erfaßt werden kann, will dasDenkmal den Genozid an den europäischen Juden nichtabbilden oder nachempfinden. Es will vielmehr jene ent-setzliche Leere symbolisieren, die mit der Auslöschungder jüdischen Kultur entstanden ist.

Das Denkmalkonzept, das Peter Eisenman entwor-fen hat und für dessen Realisierung ich werbe, ist in sei-ner provozierenden Unverständlichkeit klarer Ausdruckdafür. Das Denkmal will den Verlust, die Selbstver-stümmelung verbildlichen, die Deutschland sich durchdie Entwürdigung und Vernichtung jüdischer Mitbürgerselbst zufügte und unter der es noch heute leidet.

Es will mitten in Berlin das Wegsehen verhindern,indem es zum Hinsehen zwingt. Dieses Hinsehen, ver-ehrte Kolleginnen und Kollegen, muß provozieren. DieWürde des vernunftbetonten Menschen liegt darin, daßer eingesteht, daß er versteht, was geschehen ist. JedeGeneration trägt eigene Verantwortung. Es ist an uns, zuverhindern, daß Vergleichbares sich je wiederholt. Es istan uns, ein sichtbares Zeichen zu setzen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetender CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN, der F.D.P. und der PDS)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Es spricht nun dieKollegin Annette Widmann-Mauz.

Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU): Herr Präsi-dent! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Welche Formsoll das Gedenken haben? Wessen soll gedacht werden?In diesen schwierigen Fragen sind wir uns offenkundignicht einig. Aber das ist kein Verlust; darin drückt sichdie Vielschichtigkeit unserer Gesellschaft aus.

Ausgehend von der Diskussion in der jungen Gruppeder Unionsabgeordneten, habe ich zusammen mit ande-ren zwei Änderungsanträge eingebracht, und dafürmöchte ich heute werben.

Als junge Abgeordnete habe ich lange gezögert, michin die Diskussion einzubringen. Doch der Versuch, dasLeid und den Schmerz nachzuempfinden, bewegt michso, daß ich mich einbringen will, daß ich etwas beitragenwill – nicht allein zur Annäherung an die Opfer, mehrnoch für unser Selbstverständnis.

„Auschwitz“ ist ein zentraler Gründungsmythos derBundesrepublik Deutschland. Die Arbeit an diesemMythos bewegt jede Generation aufs neue.

Dr. Elke Leonhard

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Ich weiß, meine Generation ist nicht schuld an De-portation, Mord und Vernichtung, aber wir fühlen unsereVerantwortung. Deshalb bin ich – als junge Deutscheund als Abgeordnete des Deutschen Bundestages – ge-rade jetzt, da wir zurück nach Berlin in den Reichstagkommen, für ein Mahnmal in der Mitte Berlins – dort,wo alles begonnen hat, mitten in unserem Land, mittenin unserer Gesellschaft.

Es ist die absolute Sinnlosigkeit, die den Holocaustuns so unbegreiflich und so unerträglich macht. EinMahnmal macht dieses nicht erträglicher. Aber beidem Mahnmal, über das wir heute diskutieren, geht esnicht um Außenwirkung oder gar um eine „Entsorgung“der Vergangenheit. Nein, wir haben mit diesem Mahn-mal die Chance, die Auseinandersetzung und den Pro-zeß der Aneignung für künftige Generationen offen zuhalten.

In seiner Unerträglichkeit hat der Holocaust uns den-noch zu dem tragenden Fundament unserer Demokratiegeführt: der Unantastbarkeit der Menschenwürde.Und genau darum geht es bei diesem Mahnmal.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.)

Über zehn Jahre lang wurde diskutiert. Erst auf denletzten Metern dieser langen Wegstrecke ist der Bun-destag ins Spiel gebracht worden. Herausgekommensind Streitereien, kein breiter Konsens. Lassen Sie unsden begonnenen Weg weitergehen und nicht den Bun-destag über die künstlerische Ausgestaltung entschei-den! Denn der Bundestag ist keine Kunstkommission, erist ein politisches Gremium.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zudem: Warum wollen wir das Mahnmal nicht allenOpfern der nationalsozialistischen Verbrechen widmen?Die Beschlußempfehlung sieht ein „Denkmal für dieermordeten Juden Europas“ vor. Das ist richtig, abernicht hinreichend.

Der Massenmord stand am Ende. Begonnen hat allesviel früher: mit Ausgrenzung und Intoleranz. Und esgibt, wie wir alle wissen, zahlreiche weitere Opfergrup-pen. Ich will nicht aufzählen, sondern nur beispielhaftnennen: die Juden, die nicht ermordet, aber deportiertund geschändet wurden oder die KZs überlebt haben, dieZwangsarbeiter, die Euthanasie-Opfer, Sinti und Roma,homosexuelle Männer und Frauen – oder etwa die zahl-reichen politisch-religiösen Opfer.

Denken wir zum Beispiel an die Reichstagsabge-ordneten: Franziska Kessel, KPD, Verkäuferin, umge-kommen im Zuchthaus Mainz; Ernst Heilmann, SPD,Redakteur, mißhandelt und ermordet im KZ Buchen-wald; Eduard Hamm, DDP, Bayerischer Handelsmi-nister, Tod nach Verhör im Gefängnis Berlin, LehrterStraße; Otto Gerig, Zentrum, Kaufmann, umgekommenim KZ Buchenwald; Eugen Bolz, Zentrum, Württem-bergischer Staatspräsident, hingerichtet im ZuchthausBerlin-Plötzensee.

Keine Opfergruppe hat einen Alleinanspruch für die-ses Denkmal erhoben. Wir sollten daher auch nicht ein

einziges Opfer in unserer Erinnerung an das Verbrechenund in der Mahnung für die Menschenwürde ausschlie-ßen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. so-wie bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie uns ein Mahnmal für alle Opfer der national-sozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit er-richten!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge-ordneten der SPD)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Es spricht nun derKollege Professor Dr. Edzard Schmidt-Jortzig.

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.): Herr Präsi-dent! Meine sehr verehrten, lieben Kolleginnen undKollegen! Über ein halbes Jahrhundert nach dem Zu-sammenbruch des NS-Terrors noch mit einem neuenMonument, mit einem neuen Mahnmal, mit einem neuenDenkmal hervorzutreten bedeutet für ein längst wiederin Selbstbewußtsein gekommenes Deutschland eineganz spezifische, eine ganz besondere Konfiguration.

Deshalb muß und soll dieses Mahnmal neben all demschon Vorhandenen, namentlich den authentischen Or-ten des Grauens, etwas ganz Besonderes sein, einenganz besonderen Sinn haben. Einfach nur eine weitereAktivität auf dem Feld der Vergangenheitsbewältigungzu entwickeln, lediglich gewissermaßen „l'art pour l'art“,das kann nicht die Aufgabe sein.

Deshalb sollten wir hier und heute – das möchte ichfür mich ausdrücklich erklären – eine Entscheidung tref-fen. Wegen des Standortes in Berlin sollte diese Ent-scheidung unbedingt vor der Rückkehr des deutschenParlamentes in seine Geschichte, nach Berlin, in diesesgroßartige Haus mit der Aufschrift „Dem DeutschenVolke“ erfolgen. Ein Auf-die-lange-Bank-Schieben wä-re für mein Empfinden ebenso unerträglich wie einhalbherziges, konzepteverwässerndes, auf alle mögli-chen Kompromisse eingehendes Entscheiden.

Ich spreche – das möchte ich wegen der Kürze dermir noch zugemessenen Redezeit gleich am Anfang un-mißverständlich sagen – für die Option Richard Schrö-der. Ich tue das als Mitantragsteller. – Im übrigen istdieser Antrag schon längst eingereicht, aber noch nichtverteilt worden.

(Zurufe von der SPD: Doch, er ist verteiltworden!)

– Wunderbar. – Ich setze mich für diese Option ein, weiles, so glaube ich, bei der Frage eines Mahnmals zur Er-innerung an die Ermordung der Juden in Europa nach1933 durch den Nationalsozialismus konkret inDeutschland nicht um irgendeine postmoderne Abstrak-tion und reine Ästhetik geht, sondern um ein affektivesAnsprechen der Betrachter. Es kommt darauf an, einganz konkretes Gewissen wachzuhalten, und es kommtauf eine wirkliche Botschaft an, die aus dem Holocausterwachsen kann.

Annette Widmann-Mauz

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Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um eineMahnung von Menschen an Menschen. Man muß alsoauf deren Empfindungen, Gefühle und Einstellungen ab-stellen. Es geht nicht um eine künstlerische Demonstra-tion per se oder gar um ein Dokument der bleibendenGröße des deutschen Bedauerns und Bereuens. Deshalbist alles Auftragende, alles Monumentale fehl am Platz.Auch unkonturierte Verunsicherung oder aufgezwunge-ne Beeindruckung sind falsch.

Angemessen erscheint mir allein ein schlichter Aus-weis, ein schlichter Obelisk zu sein mit dem ausdrückli-chen Gebot: „Du sollst nicht töten!“ oder, authentischer,aus dem Hebräischen übertragen: „Du sollst nicht mor-den!“ bzw. „Morde nicht!“ Wir wollen doch etwas be-wirken. Wir wollen für die Zukunft eine Aussage ver-mitteln. Aus der Gemeinsamkeit christlich-jüdischerWurzeln sollte das durchaus sehr selbstbewußt ethisch-normativ angelegt sein.

Deshalb sollten Sie Mut zum Konkreten, zum Nicht-aufmacherischen, zum Offenen, zum Auf-die-Men-schen-Zugehenden und vor allem zum wirklich Mah-nenden haben. Nicht das Spektakuläre, möglichst Auf-wendige kann heute richtig sein, sondern das Unmittel-bare, das Werthafte, das Schlichte. Das alles erfüllt dieSchröder-Alternative: „Du sollst nicht morden!“

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P., derSPD, der CDU/CSU und der PDS)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Ich gebe das Wortder Kollegin Renate Jäger.

Renate Jäger (SPD): Herr Präsident! Meine sehrverehrten Damen und Herren! Mehrfach ist der langeund bewegte Weg bis zur heutigen Entscheidung be-schrieben und gewürdigt worden. Ich möchte das des-halb an dieser Stelle nicht wiederholen.

Die Begriffe „Mahnmal“ und „Denkmal“, „Mahnen“und „Gedenken“ wurden in der Debatte und auch in derBeschlußempfehlung wechselweise gebraucht. IhreVerwendung wurde oftmals nicht bewußt unterschieden,obwohl sie Unterschiedliches beinhalten. Ein Denkmalsagt: Abel wurde erschlagen. Denkt in Würde an ihn!Ein Mahnmal sagt: Kain erschlug seinen Bruder Abel.Vergeßt das nicht; das ist eine schlimme Tat. Strebt da-nach, daß Menschen so etwas nicht mehr tun. Handeltverantwortungsvoll.

Beide Wirkungen in ihrer Einheit sollen zum Entste-hen lebendiger, engagierter und auch mutiger Verant-wortung beitragen, die jedem Ansatz einer Ideologie wi-dersteht, die Naziverbrechen oder Verbrechen ähnlicherArt erneut zulassen könnte. Leider ist sie in rechtsextre-men Taten in der Realität vorhanden.

Ich bin der Überzeugung, daß ein rein opferbezoge-nes Denkmal nicht genügt, um hinreichend Anstöße zutätiger Verantwortung zu geben. Ob es nun eine Aus-stellungshalle, eine Bibliothek oder etwas anderes ist: Esbesteht immer die Gefahr, daß es als Dublette der au-

thentischen Stätten der Vernichtung, des Jüdischen Mu-seums oder der Shoa-Stiftung empfunden wird.

Auch ein Mahnmal, das durch ein Stelenfeld an einenFriedhof erinnert, geht fehl, weil die Opfer nicht begra-ben, sondern verbrannt, entsorgt worden sind. Es ver-harmlost die unermeßlichen Verbrechen. Nicht einFriedhofsersatz ist geboten, sondern eine Mahnung andie gegenwärtigen und nachgeborenen Deutschen.

Steine sprechen nicht von selbst. Das sehen auch dieKollegen, die einen Ergänzungsbau, welcher Art auchimmer, vorgesehen haben. Ebenso kann Monumentali-tät, wie gewaltig sie auch sein mag, niemals die Unge-heuerlichkeit dieser Naziverbrechen fassen. Monumen-talität, wie gewaltig sie auch sein mag, bewirkt nichtautomatisch größere Anstöße zu Verantwortung.

Ein rein opferbezogenes Denkmal im Land der Opferund der Täter ist nicht angebracht. Das Gedenken imLand der Täter muß anderer Art sein als das Gedenkenin den Ländern der Geflohenen und Überlebenden. Wirtun deshalb nicht gut daran, uns hierbei an Gedenkstät-ten in Ländern wie Israel oder den USA zu orientieren.Ein Mahnmal hier bei uns, das gleichermaßen in Lon-don, Warschau oder auch in Israel stehen könnte, würdesein Anliegen verfehlen.

Ich plädiere deshalb für ein Denkmal nach dem Vor-schlag von Richard Schröder mit einer deutlich ausge-sprochenen Mahnung durch ein Mordverbot. DasMordverbot ist erstens deshalb besonders geeignet, weiles sich nicht nur in allen großen Religionen wiederfin-det, sondern gleichsam in allen humanistischen Gesell-schaftstraditionen verinnerlicht ist. Es ist die Grundbe-dingung menschlichen Zusammenlebens überhaupt undhat für Christen und alle humanistischen Atheistengleich hohe Wertigkeit. Der Vorsitzende der Katholi-schen Bischofskonferenz, der Vorsitzende des Rates derEvangelischen Kirche in Deutschland, AltbundeskanzlerHelmut Schmidt und auch Altbundespräsident Richardvon Weizsäcker haben sich dafür ausgesprochen.

Zum zweiten haben die Nazis die Mordgesinnunghoffähig gemacht, ehe sie mit dem Morden begannen.Indem sie zunächst von lebensunwertem Leben undschädlichen Rassen sprachen, haben sie Menschen innützliche und schädliche eingeteilt, um dann die„Schädlinge“ zu vernichten. Zyklon B, das Gift derGaskammern, ist als Schädlingsbekämpfungsmittel ent-wickelt worden, ehe es gegen Menschen eingesetzt wur-de.

Herr Gysi, es ist wahr: Morden hat es immer gege-ben. Aber das staatlich organisierte Morden, das im Na-ziregime stattgefunden hat, ist gleichsam der Höhepunkteines Prozesses und schließt den gesamten Prozeß mitein. Den Staat, der seit Menschengedenken seine Bürgerzu schützen hat, haben die Nazis zum Mörder gemacht.Sie haben staatlich geplant, bürokratisch organisiert undMenschen in industrieller Form gemordet. Sie haben,wie jeder Mörder, ihre Opfer getäuscht, um ihre Verbre-chen geheimzuhalten. Sie haben dem staatlichen Mordenauch kulturell systematisch den Boden bereitet, indemsie zunächst die Grundrechte der Weimarer Verfassungaußer Kraft setzten, indem sie mit der Tradition der Er-

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig

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klärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 bra-chen und indem sie die jüdisch-christliche Moral in viel-facher Form bekämpften und auszumerzen versuchten.

Ein Mahnmal, das eine unmißverständliche Mah-nung formuliert, vermeidet auch die „Hierarchisierungder Opfer“. Es gilt den ermordeten Juden Europas undschließt andere Opfergruppen nicht aus. – Übrigens,Frau Fugmann-Heesing, in der Beschlußempfehlung undim Änderungsantrag ist nicht mehr die Rede von hebräi-schen Lettern. – Eine klare Mahnung löst eher produkti-ve Gedanken aus als ein wortloses Mahnmal. Sie sprichtalle Besucher an, auch diejenigen, die sich mit demThema nicht theoretisch beschäftigen, die nicht erstBiographien lesen wollen, die sie auch anderswo finden,oder Symposien besuchen wollen, die in vielen anderengeeigneten Räumen stattfinden könnten.

Ich plädiere für ein Mahnmal, das nicht vorrangigSchuldgefühle weckt, sondern immer wieder Betroffen-heit und Empörung über die Verbrechen der Nazizeit.Wir haben heute sehr schöne philosophische und mora-lisch-ethisch wertvolle Ausführungen gehört. Es mußuns aber auf die tief menschliche und einfache Empfin-dung ankommen, die in den Worten „So etwas kannman doch nicht mit Menschen tun! So kann man dochmit Menschen nicht umgehen!“ gipfelt.

Wenn dann, wie der Vorsitzende der Jüdischen Ge-meinde, Andreas Nachama, es vorgeschlagen hat, nebender Mahnung auch noch die authentischen Orte des Ver-brechens angeführt werden, kann nach dem Vorschlagvon Richard Schröder ein Denkmal entstehen, bei demGedenken und Mahnen, Verstand und Gefühl eine Ein-heit bilden und bei dem keine Opfergruppe ausgeschlos-sen bleibt.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetender CDU/CSU und der F.D.P.)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Es spricht der Kol-lege Hartmut Koschyk.

Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Herr Präsident!Werte Kolleginnen und Kollegen! Im seinerzeitigen er-sten Wettbewerbsverfahren für das Denkmal für dieermordeten Juden Europas befand sich auch ein Ent-wurf, der den Leitspruch „Du sollst nicht töten“ für dasDenkmal vorsah. Dieser Vorschlag wurde im erstenWertungsrundgang von der Wettbewerbsjury vom wei-teren Verfahren ausgeschlossen. Wie bei derartigenWettbewerben üblich, hatten die Preisrichter das Recht,in einem folgenden Wertungsrundgang einen Rückhol-antrag für einen ausgeschlossenen Entwurf zu stellen.Davon machte unser früherer Bundestagskollege undehemaliger Bundesminister Dr. Oscar Schneider Ge-brauch. Als Jurymitglied befürwortete Oscar Schneiderdiesen Entwurf und beantragte, ihn wieder in das Ver-fahren aufzunehmen. Dafür fand sich unter den Preis-richtern keine Mehrheit. Oscar Schneider hat sein Vo-tum damit begründet, daß von dem zu schaffendenDenkmal eine Botschaft an die Menschheit ausgehenmüsse.

In der Anhörung des Kulturausschusses zu dem zuschaffenden Mahnmal führte Oscar Schneider aus:

Der Dekalog ist ein zeitloses Dokument der Religi-onsgeschichte – für Juden und Christen ein Wortder Offenbarung. Das Gebot „Du sollst nicht mor-den“ begründet ein Lebensrecht für alle Menschenohne Rücksicht auf Rassen, Hautfarben, Kulturenund Religionen. Dieses Gebot ist ein Grundrecht,ein Schutzrecht gegen alle Massenideologien des19. und 20. Jahrhunderts. Es entspricht auch denRechtsprinzipien des Naturrechts. Wer sein Denk-mal mit diesem Gebot verbindet, baut es auf demhärtesten Felsengestein der Geschichte.

Zum Stelenentwurf des amerikanischen ArchitektenEisenman bemerkte Oscar Schneider kritisch:

Gigantische Betonstelen aber, die in meinem SinneAusdruck von Sprachlosigkeit und Sinnentleerungsind, geben keine Antwort auf die Frage, welchenSchluß künftige Generationen aus dem Holocaustzu ziehen haben.

Ich möchte unserem früheren Kollegen OscarSchneider Dank für seine Tätigkeit in der Jury sagen undfür seine Mitwirkung in den zum Teil äußerst kontrover-sen Debatten im Rahmen der Kolloquien über Standortund Gestaltung des geplanten Denkmals. Er hat hierbeijederzeit große Kompetenz und Augenmaß, aber auchein beträchtliches Engagement und innere Anteilnahmegezeigt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder F.D.P.)

Seine Idee wurde vom Theologen und ehemaligenVorsitzenden der SPD-Volkskammerfraktion, ProfessorRichard Schröder, aufgegriffen. Auch Richard Schrö-der befürwortet ein sinnstiftendes, sozusagen sprechen-des Mahnmal, für das er sich die Anbringung des bibli-schen Postulates „Nicht morden“ in hebräischen Lettern,aber auch in anderen Sprachen vorstellt. Lassen Siemich noch einmal zu den immer wieder erfolgten An-würfen, daß sich eine solche Mahnung in hebräischerSprache an die Opfer und nicht an die Täter wendenwürde, sagen: Althebräisch ist die Ursprache der ZehnGebote, die Sprache der heiligen Schriften des Juden-tums und eine der drei Kulturquellensprachen Europas,neben Altgriechisch und Latein. Die Opfer des National-sozialismus haben zumeist Deutsch, Polnisch, Jiddischoder andere mittel- und osteuropäische Sprachen, abernicht Althebräisch gesprochen.

Im übrigen darf nicht verkannt werden – auch daraufsollte man das Augenmerk richten–, daß es dieses bibli-sche Postulat ist, das sich der perversen Weltanschau-ung der Nationalsozialisten am überzeugendsten ent-gegenstellt. In der Literatur ist eine Unterredung wie-dergegeben, in der Adolf Hitler in Gegenwart seinesPropagandachefs Goebbels gegen die Zehn Gebote wiefolgt polemisiert:

Dieses teuflische „Du sollst, du sollst!“ Und danndieses törichte „Du sollst nicht“! Das muß endlichaus unserem Blut verschwinden, dieser Fluch vomBerg Sinai.

Renate Jäger

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Die beiden christlichen Kirchen in Deutschland habenihren Widerstand gegen den Nationalsozialismus ganzwesentlich auf das fünfte Gebot „Du sollst nicht mor-den“ gegründet, als ihnen der Massenmord an den Judenund die Tötung des sogenannten unwerten Lebens, alsodie Ermordung von Behinderten und unheilbar Kranken,bekannt wurden.

Die Aufforderung „Morde nicht!“ ist für mich dieKonsequenz aus dem organisierten Massenmord derNationalsozialisten an den europäischen Juden und denzahlreichen anderen Opfergruppen. Auch die zentraleNorm unseres Grundgesetzes „Die Würde des Menschenist unantastbar.“ ist letztlich Ausfluß des alttestamentari-schen Mordverbotes, das vom unantastbaren Existenz-recht eines jeden Menschen ausgeht. Diese klare Mah-nung vom Berge Sinai, die die Nationalsozialisten fun-damental bekämpft haben, verleiht einem Mahnmal fürdie ermordeten Juden Europas und die anderen Opferder nationalsozialistischen Verbrechen gegen dieMenschlichkeit die richtige Sinngebung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder SPD)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Ich gebe das Wortder Kollegin Gisela Schröter.

Gisela Schröter (SPD): Herr Präsident! Liebe Kol-leginnen und Kollegen! Eine lange Debatte wird heutehier, so hoffen wir alle, ein würdiges Ende finden. Wiralle wissen, wie aufmerksam die Diskussion um dasMahnmal im In- und Ausland verfolgt wird. Heute wirdmit ganz besonders großem Interesse auf uns geschaut.Dazu die „Zeit“ von gestern:

Wie stellen sich die Deutschen ihrer Vergangen-heit? Das nationale Selbstbewußtsein ist ... gestärktworden: Verflüchtigt sich nun die Erinnerung anAuschwitz zur wohlfeilen Mahnung? Oder ist die ...Republik so souverän, sich in Zeiten der Normali-sierung für ein aufstörendes Mahnmal zu entschei-den?

Darüber muß heute klar und eindeutig entschieden wer-den.

(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wies-loch] [SPD])

Über drei Fragen muß heute klar und eindeutig ent-schieden werden: Erstens. Wollen wir ein zentralesMahnmal? Zweitens. Wem wollen wir es widmen?Drittens. Wie soll dieses Denkmal aussehen? Dabei gehtes im Grunde um drei Alternativen: erstens um dasMahnmal von Oscar Schneider und Richard Schrödermit der Aufschrift „Morde nicht!“; zweitens um Eisen-man II, also um ein Stelenfeld ohne jede Ergänzung,

(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [F.D.P.]:Nicht ganz!)

und drittens um ein Stelenfeld, das um einen Ort der In-formation ergänzt wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Präferenz istvöllig klar: Im Laufe einer mich sehr bewegenden De-batte habe ich mich entschieden für das Stelenfeld vonPeter Eisenman, ergänzt um einen Ort der Informationüber die zu ehrenden Opfer und die authentischen Stät-ten des Gedenkens. Das hat mein Kollege Michael Roth,denke ich, hier sehr überzeugend dargestellt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Lange habe ich darüber nachgedacht – so ging esvielen meiner Kollegen –: Wir haben doch sehr vieleGedenkstätten. Warum brauchen wir dann noch einsolch ungewöhnliches Mahnmal? Ich bin mir inzwi-schen ganz klar darüber: Das Stelenfeld bringt eine an-dere Qualität in die Erinnerung. Es durchkreuzt die Ge-denkroutine. So tritt es nicht in Konkurrenz zu den be-stehenden Orten des Gedenkens, sondern es ergänzt sie.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dieses Mahnmal wird der dezentralen Erinnerungs-kultur nicht im Wege stehen. Im Gegenteil: Es wird indas Gesamtkonzept der Gedenkstätten eingebunden.Diese Einbindung ist durch den Ort der Information ga-rantiert, der den direkten Bezug und Verweis auf dieauthentischen Plätze des Terrors herstellt. Die Einbin-dung ist auch dadurch garantiert, daß die Gedenkstättenselber in der geplanten Stiftung vertreten sein werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal zurErinnerung: Eisenman war durch den gesamten Verlaufunserer heutigen Entscheidung mehrfach legitimiert. Ichwill das jetzt nicht im einzelnen nachzeichnen; das ha-ben meine Vorredner schon getan. Aber auf Grund pro-minenter Fürsprache gelang es dem Entwurf von OscarSchneider und Richard Schröder als weiterer Alternati-ve, erneut in die Diskussion zu kommen. Es wurde heutebereits mehrfach darauf hingewiesen, daß dieser Vor-schlag im Laufe des Verfahrens schon abgewiesen wor-den war.

Ich möchte hier noch einmal auf all die Vorschlägeverweisen, die wir im Laufe der Zeit noch bekommenhaben; auch das wurde schon gesagt. Bis heute habensich Künstler, Bürgerinnen und Bürger beworben undihre Ideen und Gedanken eingebracht. Allen habe ichmitgeteilt, daß das Verfahren abgeschlossen ist und daßweitere Vorschläge nicht mehr berücksichtigt werdenkönnen. Darunter waren nicht wenige Vorschläge, diemich sehr bewegt haben, die mich überzeugt haben.

Aber wir dürfen nicht verkennen: Die Art und Weise,wie wir mit diesen Künstlern umgehen, hat, denke ich,auch eine ganze Menge damit zu tun, welche Akzeptanzdas Mahnmal in der Öffentlichkeit und in der Bevölke-rung haben wird. Unterschätzen wir nicht: Auch dieKünstler, die sich noch im nachhinein um die Gestaltungdieses Mahnmals beworben haben, sind wichtige Multi-plikatoren und tragen in der öffentlichen Diskussion zurAkzeptanz dieses Denkmals bei.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte beto-nen: Das Stelenfeld wird nicht in Konkurrenz zu denGedenkstätten in Ost und West treten. Die organischeEinbindung des zentralen Mahnmals in die bereits be-stehende Gedenkstättenlandschaft ist garantiert.

Hartmut Koschyk

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 4115

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All denen, die sich vor einer vermeintlichen „Mon-strosität“ – der Begriff ist heute schon gefallen – des Ei-senman-Entwurfs fürchten, möchte ich abschließend sa-gen: Eine große Fläche voller Stelen im Herzen unsererHauptstadt, neben dem Ort, wo der Souverän tagt, inunmittelbarer Nähe zum ehemaligen Machtzentrum desDritten Reiches – diese Stelenlandschaft vermag dem,der sich erinnern will, eine Ahnung von der Monstrositätdes Verbrechens der Deutschen an den europäischen Ju-den zu vermitteln. Es ist eine ganz besondere Herausfor-derung für die deutsche Erinnerungskultur.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen wir den Ste-lenwald wachsen, ertragen wir die offene Erinnerung andas Vergangene!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der PDS)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Es spricht der Kol-lege Arnold Vaatz.

Arnold Vaatz (CDU/CSU): Herr Präsident! MeineDamen und Herren! Wir alle wissen, daß wir den Opferndes sogenannten Dritten Reiches das Leben nicht zu-rückgeben können. Was wir aber können, ist, sie zu unssprechen zu lassen. Nichts eignet sich dafür besser alsdas alttestamentliche Mordverbot.

Meine Damen und Herren, der Eisenman-Entwurfverweist auf sich selbst, egal, ob mit oder ohne „Hausder Erinnerung“. Aber ein wirkliches Mahnmal muß mitdem Wissen um die Vergangenheit für die Zukunftmahnen. Welche Mahnung soll es denn ausdrücken? Essoll uns sagen, daß die Ignoranz, die systematische Miß-achtung des Mordverbotes der Anfang einer der größ-ten Katastrophen in der Menschheitsgeschichte war. Wirkönnen, wie ich glaube, uns und der Welt nicht deutli-cher demonstrieren, daß wir wirklich gewillt sind, Lehreanzunehmen, als dadurch, daß wir an einer zentralenStelle ein solches Mahnmal errichten, wie es RichardSchröder vorgeschlagen hat.

Nach meiner Auffassung ist zu widersprechen, HerrGerhardt, wenn Sie sagen, der Ausbruch aus der Zivili-sation werde durch dieses Mahnmal nicht deutlich. DerAusbruch aus der Zivilisation, die Überschreitung derGrenze von Zivilisation zur Barbarei, besteht ja geradedarin, daß man das Mordverbot nicht mehr akzeptiert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU so-wie der Abg. Renate Jäger [SPD])

Herr Gysi, Sie haben recht, wenn Sie sagen, es seifalsch, wenn wir uns wieder in die Nähe von Zensurbegäben. Aber ich glaube, daß Herr Gysi an dieser StelleZensur mit der Freiheit eines Auftraggebers verwechselthat, eine künstlerische Lösung seiner Wahl zu bestim-men. Von dieser Freiheit müssen wir hier Gebrauch ma-chen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU so-wie der Abg. Renate Jäger [SPD])

Als Politiker müssen wir dabei unserer Erwartung, wieder Bürger auf dieses Mahnmal reagieren wird, einegrößere Autorität als dem Rat einer Jury zubilligen, diemöglicherweise nicht dem allgemeinen Durchschnitt desEmpfindens entspricht, mit dem der Bürger diesemMahnmal entgegentritt.

(Widerspruch bei der PDS)

Wir haben mit der Reaktion des Bürgers zu rechnen; dasist unser Auftrag.

Meine Damen und Herren, demzufolge plädiere ichdafür: Bitte treten Sie dem Gedanken noch einmal näher,dem Mahnmal, das Richard Schröder vorgeschlagen hat,Ihre Stimme zu geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU so-wie der Abg. Renate Jäger [SPD])

Vizepräsident Rudolf Seiters: Das Wort hat HerrKollege Professor Wolfgang Schulhoff.

Wolfgang Schulhoff (CDU/CSU): Herr Präsident!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die national-sozialistischen Verbrechen waren in ihrem Ausmaß sounfaßbar, so unmenschlich, daß man sie auch ein halbesJahrhundert danach nicht begreifen kann. Mir – erlaubenSie mir als jemandem, der selbst aus einer betroffenenFamilie stammt, das persönliche Wort – geht es jeden-falls so. Ich kann die Geschehnisse nicht vergessen, ob-wohl viele in unserem Lande – das sollten wir auch be-rücksichtigen – der Meinung sind, das alles sei ein abge-schlossener Teil unserer Geschichte. Ich vertrete dieseMeinung nicht. Abgeschlossen darf dieser Teil der Ge-schichte nie sein. Ich bin unserem Präsidenten Thiersedankbar, daß er das in so hervorragender Weise darge-legt hat, und insbesondere den jüngeren Kollegen allerFraktionen. Das macht große Hoffnung.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und demBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Versöhnung mit den Betroffenen und mit unsselbst gebietet, daß wir uns immer daran erinnern, wasMenschen Menschen antun können. Nur das versöhntauf Dauer und hält uns wach, allen Anfängen zu wehren,die Würde eines Menschen anzutasten. Nicht zuletzt derJugoslawien-Konflikt hat den Ungeist der Intoleranz undMenschenverachtung deutlich gemacht, der sich bis ineinen monströsen Vernichtungswillen steigern läßt.Deshalb müssen wir ständig mahnen. Das ist meiner An-sicht nach ein Auftrag, der sich auch aus unserer Ge-schichte ergibt.

(Beifall des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])

Seit geraumer Zeit treibt uns zu Recht die Frage um,wie wir eine mahnende Erinnerung an die Barbarei desNationalsozialismus in einem wiedervereinigtenDeutschland zentral und angemessen artikulieren kön-nen. Ich denke dabei an alle Opfer. Zunächst tendierteich zu einem großen Mahnmal in Form des ersten Ent-wurfes von Peter Eisenman. Er beeindruckte mich inseiner ursprünglichen Form zutiefst. Ich kann all dasnachvollziehen, was Frau Vollmer und Frau Süssmuth in

Gisela Schröter

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diesem Zusammenhang gesagt haben. Je intensiver ichjedoch nachdachte und diesen Entwurf auf mich einwir-ken ließ, desto mehr habe ich mich von einem solchenMahnmal entfernt. In seiner monumentalen Abstraktionwird es von vielen Menschen nicht begriffen, ja kanngar nicht begriffen werden. In seiner Monumentalitätdrückt es zwar in gewisser Weise die Unbegreiflichkeitdes Holocaust aus, negiert aber zugleich seinen an sichlöblichen Zweck, weil die zentrale Botschaft des gutge-meinten Eisenman-Entwurfes von den Adressaten über-haupt nicht verstanden wird. Ein solches Mahnmal wür-de ziemlich genau das Gegenteil seiner ursprünglichenIntention provozieren.

Dabei spielt für mich die immer wieder angesproche-ne Kostenfrage überhaupt keine Rolle. Sie darf auchkeine Rolle spielen; denn wir alle tragen Verantwortungfür den Umgang mit den Verbrechen des Nationalsozia-lismus.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie derAbg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN])

Der Verweis auf finanzielle Belastungen indes schränkteeben diese Verantwortung in unzulässiger Weise ein, janähme ihr sogar einen Teil ihres moralischen An-spruchs.

(Beifall der Abg. Uta Titze-Stecher [SPD])

Wenn man also in Deutschland zentral mahnen will –ich befürworte dies ausdrücklich, obwohl es natürlichauch andere Möglichkeiten des Mahnens gibt, wie dieseDebatte gezeigt hat –, dann sollte dies in so einfacher,schlichter und angemessener Form geschehen wie ebenmöglich.

Tiefen Eindruck macht auf mich in diesem Zusam-menhang die Idee des früheren BundesbauministersSchneider – auch ihn sollte man hier einmal nennen –und des Theologen Richard Schröder. Sie sprechensich für ein bescheidenes Denkmal aus, versehen mitder alttestamentarischen, aus dem Juden und Christengemeinsamen kulturellen und religiös-moralischen Erbestammenden Mahnung: Du sollst nicht morden! Mirwürde das genügen. Lassen Sie mich allerdings anmer-ken: Der Text – Erinnerung und bleibende Mahnung zu-gleich – gehört in der Sprache der Täter und nicht inderjenigen der Opfer angebracht.

Ich weiß, meine sehr verehrten Damen und Herren:All das, was wir tun, wird als Mahnung dem damaligenGeschehen nie gerecht werden können. Wie könnte esauch? Es gibt keinen Königsweg. Aber wir müssen denVersuch des Mahnens jetzt wagen. Das Wichtigste je-doch ist, daß wir immer darüber reden – wie heute.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU so-wie der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN])

Vizepräsident Rudolf Seiters: Es spricht nun derKollege Eckhardt Barthel.

Eckhardt Barthel (Berlin) (SPD): Herr Präsident!Meine Damen und Herren! In einer großen Berliner Ta-geszeitung war vor kurzem in einem Kommentar derSatz zu lesen:

Wer noch etwas zum Thema Holocaust-Denkmalzu sagen hat, trete hervor und schweige.

Damit ist keine Kritik an der fruchtbaren Diskussiongemeint. Dies ist vielmehr die Aufforderung an uns, nuneine Entscheidung zu treffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie derAbg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN])

Die Diskussion um das Denkmal für die ermordetenJuden ist nicht, wie einige sagen, schon das Denkmal.Aber ich glaube, daß diese Diskussion ein Teil desDenkmals ist und auch sein und bleiben sollte. Daß dieBundesrepublik Deutschland 50 Jahre alt werden mußte,ehe eine derartige Diskussion um ein solches Denkmalgeführt werden konnte, ist die traurige Seite der Realität.Aber die Diskussion selbst hat – auch wenn es um äs-thetische Gestaltungsfragen ging – einen wesentlichenBeitrag gegen das Vergessen und gegen die Schluß-strichmentalität geleistet.

Die Diskussion verlief allerdings auch nicht immer oh-ne Verletzung. Vielleicht sollte auch dies erwähnt wer-den. Ich habe es immer bedauert, daß sich Menschen, dieein gleiches Bewußtsein bezüglich des Holocaust, derSingularität des Verbrechens und der Notwendigkeit vonErinnerung und Ermahnung haben, bei der Frage der Ge-staltung des Denkmals manchmal feindlich gegenüber-standen. Dies habe ich sehr bedauert.

(Beifall der Abgeordneten Gert Weisskirchen[Wiesloch] [SPD], Dr. Antje Vollmer [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN] und Rolf Kutzmutz[PDS])

Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir uns – ich hoffedas – nicht nur für das Eisenman-II-Modell, sonderngleichzeitig auch für einen Ort der Information ent-scheiden, an dem auch die über zehn Jahre dauerndeDebatte dokumentiert wird, also nicht nur in der vorlie-genden schönen Buchform. Ich bin für diese Art der zu-sätzlichen Dokumentation, weil die Debatte ein Teil desDenkmals ist.

(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wies-loch] [SPD])

Ich bin sehr froh, daß die große Mehrheit der Abge-ordneten – das hat sich heute gezeigt – von der Notwen-digkeit eines Denkmals für die ermordeten Juden über-zeugt ist. Wenn es eine Bedeutungshierarchie in derDiskussion gibt, dann steht für mich – auch andere Ab-geordnete sind dieser Meinung – die Frage des Ob an er-ster Stelle. Was wäre das für ein Signal – ich denke da-bei nicht nur an seine Wirkung nach außen, sondernauch nach innen –, wenn wir uns heute nicht für diesesDenkmal entscheiden würden? Wir alle brauchen diesesDenkmal, übrigens auch wir Parlamentarier. Wenn wirParlamentarier uns für ein Denkmal entscheiden, bietenwir nicht nur etwas zur Mahnung an; vielmehr sind wir

Wolfgang Schulhoff

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Parlamentarier die Adressaten der Mahnung, die vondem Denkmal ausgehen soll.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten derPDS)

Zur Frage des Ortes. Auch hier scheint erfreulicher-weise eine große Mehrheit für die Ministergärten in derNähe des Brandenburger Tores vorhanden zu sein. Dasist der richtige Ort für die Funktion, die dieses Denkmalerfüllen soll. Das ist ein zentraler Ort für Erinnerung undMahnung, in Verbindung mit anderen Gedenkstätten. Essoll kein authentischer Ort sein. Das sind die Gedenk-stätten, etwa die „Topographie des Terrors“ als Ortder Täter, der nur etwa 700 Meter von dem Denkmal,das wir errichten wollen, entfernt ist.

Ich bin übrigens, gerade auch im Rahmen unsererDiskussion, sehr froh – das möchte ich auch erwähnen –,daß Minister Naumann sein Gedenkstättenkonzept vor-gelegt hat.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es nimmt die häufig geäußerte Sorge, die Errichtung ei-nes Denkmals für die ermordeten Juden könne zu Lastender Gedenkstätten gehen. Sein Konzept zeigt auch dieBedeutung, die wir diesen Gedenkstätten beimessen.

Der vorgesehene Ort ist auch deshalb der richtige,weil er in räumlicher Nähe zu anderen bedeutsamen Be-reichen liegt, also zur Politik, zu dem naheliegendenReichstag, aber auch zum Kommerz und zum städti-schen Leben, zum naheliegenden Potsdamer Platz. Han-no Rauterberg hat in der „Zeit“ geschrieben, daß dieserOrt ein „Feld der Irritation zwischen Reichstagskuppelund Potsdamer Platz“ sei.

Meine Damen und Herren, unabhängig davon, welcheEntscheidung zur Gestaltung des Denkmals wir heuteauch immer treffen werden, sie wird umstritten sein. Siewird nicht nur im Parlament, sondern auch außerhalbdes Parlaments umstritten sein. Aber ist das denn bei derSchwere dieses Vorhabens verwunderlich? Müssen wirdas denn beklagen? Wir müssen es nicht beklagen, viel-leicht gehört es dazu; denn es soll ein Stein des Ansto-ßes sein, der auch weiterhin Diskussionen auslösen soll.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetendes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und desAbg. Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU])

Dieses Wissen entläßt uns natürlich nicht aus derVerantwortung, uns heute für ein Gestaltungskonzept zuentscheiden, durch das Form und Inhalt soweit wiemöglich in Übereinstimmung gebracht werden. Ein „an-gemessenes“ Denkmal kann es angesichts der Unfaß-barkeit des Verbrechens nicht geben.

Das Eisenman-II-Konzept – auch mit einer Ergän-zung – scheint mir von den möglichen Lösungen die be-ste zu sein. Allerdings – darauf möchte ich hinweisen –darf die Ergänzung nicht – ich gehe davon aus, daß dar-über Konsens besteht – die Ästhetik des Stelenfeldesverletzten und Aufgaben übernehmen, die von den Ge-denkstätten an den authentischen Orten geleistet werden.

Meine Damen und Herren, für die Alternative „Dusollst nicht morden“ – ich weiß nicht, welche Version,also ob in hebräischer Sprache oder nicht, gültig ist –gibt es viele Begründungen. Diese Forderung kann manauch nicht verneinen. Meine Sorge ist aber folgende:Gerade weil die Forderung so richtig ist und gerade weilsie so allgemeingültig ist, besteht die Gefahr der Belie-bigkeit. Diese aber darf von diesem Denkmal nicht aus-gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir heute eine Entscheidung treffen, dann darfsie kritisiert werden; aber sie sollte akzeptiert werden.Das sage ich – auch wenn er nicht mehr da ist – insbe-sondere in Richtung des Regierenden Bürgermeistersvon Berlin. Ich hoffe, daß dieses Filibustern mit demZiele der Verhinderung des Denkmals aufhört.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeord-neten der F.D.P.)

Die lange Debatte um das Denkmal und die bisherigeUnfähigkeit – so muß man das nennen –, zu einer Ent-scheidung zu kommen, haben die Schwere der Aufgabegezeigt. Ich bin sicher, daß wir heute zu einer positivenund abschließenden Entscheidung kommen. Wir brau-chen ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas.Wir brauchen es für uns.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und der F.D.P. sowie des Abg. Dr.Norbert Lammert [CDU/CSU])

Vizepräsident Rudolf Seiters: Das Wort hat derKollege Dr. Gerd Müller.

Dr. Gerd Müller (CDU/CSU): Herr Präsident! Meinesehr verehrten Damen und Herren! Es steht außer Zwei-fel, daß auch wir als jüngere Generation in Deutschlandin besonderer Weise Verantwortung dafür tragen, dieErinnerung an den Holocaust wachzuhalten und unsauch in Zukunft damit auseinanderzusetzen. Heinz Ga-linski hat in diesem Zusammenhang vor einigen Jahrenzu Recht gesagt:

Das Vergessen zu verhindern ist auch ein wichtigesMittel, um den Menschen zu Bewußtsein zu brin-gen, was sie an der Demokratie haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder SPD)

Die Aufarbeitung der deutschen Geschichte und derVerbrechen des Nationalsozialismus und die Auseinan-dersetzung damit werden bei uns in Deutschland in viel-fältiger Weise geleistet. Wir beginnen nicht erst heutedamit, zu erinnern, zu gedenken oder zu mahnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In der jüngsten Vergangenheit wurden neue Studien,Dokumentationszentren, Forschungsstätten, Lehrstühleund Institute geschaffen. All diese betreiben die geistige

Eckhardt Barthel

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Auseinandersetzung und Aufarbeitung. In der Zusam-menarbeit der über 50 Gedenkstätten in Deutschlandwurde ein gelungenes und insbesondere von der jungenGeneration akzeptiertes pädagogisches Konzept umge-setzt. Es gibt – das haben Vorredner immer wieder ge-sagt – kaum eine Gemeinde oder eine Stadt in Deutsch-land, wo nicht an die Opfer des Nationalsozialismus er-innert wird. Die Auseinandersetzung mit dem Holocaustspielt insbesondere an unseren Schulen eine hervorge-hobene Rolle. Eine unvergeßliche Wirkung haben stetsdie Begegnung mit den und das Erfühlen der unvorstell-baren Verbrechen des Holocaust an den authentischenOrten des Verbrechens. Das ist auch meine Erfahrungvon Besuchen mit Jugendgruppen in Auschwitz, inBuchenwald und in Dachau. Die Botschaft „Nie wie-der!“ kann nirgendwo tiefer vermittelt werden als an denauthentischen Stätten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge-ordneten der F.D.P.)

Das Land Berlin hat sich in den vergangenen Jahrenbei der Aufarbeitung unserer Geschichte ganz besondersengagiert. Derzeit wird – auch das wurde schon gesagt –nur 700 Meter vom geplanten Mahnmal entfernt die so-genannte „Topographie des Terrors“ errichtet. Das istein 50-Millionen-DM-Projekt mit Dauerausstellungen,Enzyklopädien, EDV-Programmen, Seminarräumen,pädagogischem Konzept usw. Nur wenig weiter entstehtdas großartige Museum für die jüdische Geschichte inDeutschland und Europa. Das ist ein konzeptionellwie architektonisch gelungenes Werk. 1991 wurde inder Wannseevilla das eindrucksvolle Holocaust-Dokumentationsmuseum geschaffen. – In Berlin habenwir in der Tat keinen Nachholbedarf an Gedenk- undMahnstätten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es stellt sich geradezu die Frage, ob wir bei dem vonHerrn Naumann vorgeschlagenen „Haus der Erinne-rung“ – was auch immer er damit meint – nicht etwasplanen, was es längst gibt. Dieser Meinung sind auch derLeiter der Gedenkstätten, Professor Rürop, und andere,die sagen, die Entscheidung für ein Museum oder einHaus der Erinnerung sei eine Entscheidung gegen diegewachsene Museumskultur in Deutschland und gegendie bisherige Politik, dezentral an den konkreten Ortenzu gedenken.

Darüber hinaus muß darauf hingewiesen werden, daßdie Vorstellungen von Herrn Minister Naumann bisheute weder konzeptionell noch architektonisch, nochfinanziell bewertbar sind. Es handelt sich um eine er-gebnisoffene Idee, Herr Minister Naumann; keiner weiß,was Sie konkret wollen. – Wir werden aber trotzdemdarüber abstimmen.

(Widerspruch bei der SPD)

So ist die Situation. Angesichts von zehn Jahren Vorbe-reitung dieser Debatte und dieser Schlußentscheidung istdie Vorarbeit durch die Bundesregierung ausgesprochenunbefriedigend.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wenn wir zu dem Entschluß kommen, kein zusätzli-ches Museum zu errichten, bleibt von der ganzen Ideedas Stelenfeld von 2 700 Betonstelen, ein Vorschlag,ein Wettbewerbsergebnis, das sowohl Herr Naumannwie auch Herr Bundeskanzler Schröder und viele anderein den vergangenen Jahren abgelehnt haben. Deshalbfrage ich: Ist der geplante Betonbau ein Signal an die sooft beschworene Zukunft, an die junge Generation? Esgeht nicht um das Mahnen der 60- und 70jährigen, die jazur Erlebnisgeneration gehören, sondern um die jungeGeneration, um die Jugend von heute und morgen. Wieist eigentlich die Wirkung eines solchen Projektes aufjunge Menschen? Wer hat diese Frage gestellt? Müssenwir nicht auch die Meinung der Bevölkerung und insbe-sondere die Meinung der Berliner mit einbeziehen undakzeptieren? Wer baut, wer finanziert und wer unterhältdas Monument? – Das alles sind offene Fragen, HerrMinister Naumann, die ungelöst im Raum stehen. Wirwerden aber heute eine Entscheidung treffen.

Ich komme zum Schluß. Unser Vorschlag ist: Wirsollten die gewachsene Arbeit an den bestehenden undneuen Gedenkstätten verstärken und für die junge Gene-ration ein Zeichen in die Zukunft setzen. Ein solchesZeichen könnte in der Tat ein deutsch-israelisches Ju-gendwerk sein; denn gerade die junge Generationbraucht andere, aktive Formen der Auseinandersetzungmit der Geschichte. Die Begegnung, das Gespräch be-wegt in den Köpfen und Herzen der jungen Menschenviel mehr als ein neues Monument aus Beton.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Bevor ich das Wortweitergebe, darf ich darauf hinweisen, daß die namentli-chen Abstimmungen in zirka 30 Minuten beginnen wer-den, da eine Reihe von Erklärungen zu Protokoll vorlie-gen.

Nun hat das Wort die Kollegin Sylvia Bonitz.

Sylvia Bonitz (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Prä-sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ichmelde mich zu Wort als jüngere Abgeordnete, die21 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges gebo-ren ist. Ich habe – wie auch viele jüngere in der Union –mit meinen 32 Jahren Fragen an all diejenigen, die ältersind als ich und die die Verbrechen der Nationalsoziali-sten gegen die Menschlichkeit teilweise noch selbst di-rekt oder indirekt erlebt haben. Welches Mahnmal kannin seiner Ausgestaltung dem unbeschreiblichen Leid vonMillionen Juden und der vielen anderen Opfer des Na-tionalsozialismus auch nur annähernd gerecht werden?Welches Mahnmal kann der Erinnerung hieran, demSchmerz und dem Entsetzen überhaupt ein Gesicht ge-ben? Welches Mahnmal kann den kommenden Genera-tionen, die in zehn oder 15 Jahren nicht mehr – so wiewir – Gelegenheit haben werden, Zeitzeugen persönlichnach ihrem Schicksal zu fragen, eindrucksvoller Zeugnisgeben als die authentischen Orte des Verbrechensselbst?

Dr. Gerd Müller

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Fest steht, daß ein Mahnmal im Herzen unsererHauptstadt Berlin ein überzeugendes, gewolltes Be-kenntnis des deutschen Volkes nur sein kann, wenn esauch vor Ort auf Akzeptanz stößt. Denn kein Mahnmalkann bei einer Realisierung gegen den erklärten Wider-stand seiner Umgebung mehr sein als lediglich ein mo-ralisches Feigenblatt.

Und doch frage ich als Mitglied der jüngeren Gene-ration, die ja von diesem Mahnmal besonders angespro-chen werden soll: Brauchen wir nicht doch diesesMahnmal, in welcher Ausgestaltung auch immer, umneben der stillen Betroffenheit und Scham, die jeder ein-zelne empfindet, unserem aufrichtigen Respekt vor demunvorstellbaren Leid der Opfer Raum zu geben? Brau-chen wir nicht dieses Mahnmal, gleichsam einen Stachelim Fleisch, der schmerzt, der die Wunde in einem im-merwährenden Heilungs- und Reinigungsprozeß offen-hält und der jenes dunkelste Kapitel deutscher Ge-schichte nicht vergessen läßt, das wir lieber übersprin-gen möchten, da wir es schon nicht ungeschehen ma-chen können? Brauchen wir nicht dieses Mahnmal alssichtbares Angebot der Versöhnung, das Kenntnis gibtvon der tiefen Einsicht unserer Generationen und dasMahnung ist an künftige Generationen, daß sich men-schenverachtende Greueltaten wie diese niemals, auchnicht unter anderen Rahmenbedingungen oder im Klei-nen, wiederholen dürfen? – Die Beantwortung dieserFragen ist so bedeutsam, daß die heutige Grundsatzent-scheidung unabdingbar frei bleiben muß von parteipoli-tischen Überlegungen und Fraktionszwängen. Alles an-dere wäre beschämend für dieses Parlament.

Ebenso bedarf die künstlerische Ausgestaltung desMahnmales nicht einer Kunstkommission aus 669 Ab-geordneten des Deutschen Bundestages. Ein Gestal-tungskonzept, das die Bundesregierung im Einverneh-men mit dem Berliner Senat und unter Beteiligung desInitiativkreises erstellt und uns dann in dieser abge-stimmten Form vorstellt, wäre hingegen der richtigeWeg. Auch bliebe uns auf diese Weise die Peinlichkeiterspart, über Lösungsvorschläge abstimmen zu müssen,deren Konzeption – insbesondere beim Ort der Informa-tion – nebulös bleibt und deren Kosten einschließlichFolgeaufwendungen selbst vom zuständigen Ministernicht annähernd beziffert werden können.

Wenn heute die Welt auf uns schaut, dann werden wirDeutsche nicht daran gemessen, ob wir aus unserer Ge-schichte gelernt haben, pflichtschuldig Gedenkstätten zubesuchen und Mahnmale zu errichten; damit werdenletztlich nur äußere Zeichen des Gedenkens gesetzt.Nein, wir Deutschen werden heute daran gemessen, obwir uns unserer Vergangenheit stellen wollen, ob wiruns ihrer Opfer erinnern wollen und ob wir mit demKopf und mit dem Herzen verstanden haben, wie wich-tig dieses Zeichen, gleichsam einer ausgestrecktenHand, auf dem Wege zur Versöhnung ist.

Und so bitte ich Sie, heute unsere Hände auszustrek-ken als ein positives Signal an die Opfer, unter ihnenviele Juden, aber nicht nur Juden. Aber seien wir uns indieser Stunde gewiß: Nichts, auch kein Mahnmal – dasich ausdrücklich befürworte –, wird uns die Last neh-men, daß die Verbrechen der Nationalsozialisten Teil

unserer deutschen Vergangenheit sind. Nichts, auch keinMahnmal, wird uns die Verantwortung nehmen, daß dieVersöhnung mit den Opfern und ihren NachkommenTeil unserer Gegenwart und Zukunft ist.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge-ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN und der SPD)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Als nächster Rednerspricht der Kollege Gert Weisskirchen.

Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD): Herr Präsi-dent! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich fin-de, daß dies eine Debatte ist, die bestehen kann, daß dieseine Debatte ist, die in der Geschichte unseres Parla-mentes einen historischen Rang einnehmen wird. Das istauch gut so. Denn heute werden wir entscheiden, ob wirein Denkmal für die ermordeten Juden Europas wollen.Hier, im Deutschen Bundestag, ist der Ort, wo das zuentscheiden sein wird. Weisen Sie, liebe Kolleginnenund Kollegen, diese Chance, heute zu entscheiden, bittenicht zurück!

(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Wir haben den Mut dazu, Ihnen vorzuschlagen, dies zutun.

Die Körpersprache der Politik sollte aufrecht sein undselbstbewußt. Das haben wir Parlamentarier in einemhalben Jahrhundert in dieser Stadt, in Bonn, gelernt.Konrad Adenauer, um einen zu nennen, Thomas Dehler,um einen anderen zu nennen, Willy Brandt – dies sinddie großen Persönlichkeiten dieser Demokratie, und ichbin ganz gewiß, daß sie, wenn sie heute mitentscheidenkönnten, den Mut hätten, mit uns gemeinsam zu ent-scheiden, ein Ja zu sagen für ein Denkmal für die er-mordeten Juden Europas.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetendes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, derCDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum ist es sowichtig, daß wir das heute entscheiden? – Nicht nur,weil die Debatte schon lange geht, sondern auch deswe-gen, weil es eine wunderbare Geste wäre, wenn in Bonnentschieden würde, was dann in Berlin vervollständigtund gebaut wird.

Hier, am Rhein hat die Demokratie in Deutschlandfeste Wurzeln geschlagen, und diese symbolische Gestenach Berlin macht deutlich, daß es nicht um so etwaswie eine Berliner Republik geht, sondern um die Bun-desrepublik Deutschland mit dem starken Pfeiler inBonn und dem gleich starken Pfeiler in Berlin. Das istdie symbolhafte Geste, die wir heute hier festlegen, in-dem wir den Grundstein dafür legen, daß dieses Denk-mal in Berlin gebaut werden wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sylvia Bonitz

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Ich bitte Sie um Ihr Ja dazu. Aber ich bitte Sie zu-gleich auch um ein Ja zu der vorgeschlagenen Form imzweiten Entwurf von Peter Eisenman, allerdings mit derErgänzung. Ich will das auch begründen.

Es geht in erster Linie um die Opfer. Es geht darum,daß denen, die ermordet worden sind, ein Denkmal ge-setzt wird – für sie und für uns. Romani Rose ist hier,und ich bin ihm dankbar. Lieber Romani, es ist gut sound richtig, daß du uns immer wieder nachdrücklichdarauf hinweist, daß die Sinti und Roma ebenfalls ver-folgt worden sind, wie viele andere Gruppen auch.

Aber es geht zuallererst um diesen ungeheuren Rißdurch die Zivilisation und den Riß durch die Zeit, denGenozid, den Völkermord an den Juden. Das Lebensprach man ihnen ab. Sie sollten aus der Geschichte ver-drängt werden; sie sollten keine Chance mehr auf einkünftiges Leben haben. Und alles setzte Hitler ein, dieDiktatur und die, die ihm zu Willen waren, das Todes-urteil zu vollstrecken. Darum geht es, liebe Kolleginnenund Kollegen. Weil die Sinti und Roma das gleicheSchicksal traf, hatte die Regierung Helmut Kohl – dafürbin ich dankbar – ihnen fest zugesagt, daß auch ihre Er-mordeten ebenfalls mit einem Denkmal geehrt werdendürfen. Ich finde, die zu gründende Stiftung sollte diesenGedanken aufnehmen und versuchen, ihn zu realisieren.Dann wird der Satz, den wir Ihnen in der Fassung desAusschusses vorschlagen, auch realisiert werden. Darumbitte ich.

Die letzten Zeugen der Shoa verlassen die Gegen-wart. Wer sie aus dem Gedächtnis verliert, der überläßtsie noch einmal dem Schicksal, nämlich denen, die sieermorden wollten und ermordet haben. Das Zeugnis derOpfer wirft ein Licht auf die Gegenwart und hellt denHorizont auf, der in die Zukunft weist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was wir heutehier beschließen, hat eine Tragfähigkeit für die Zukunft,weil es darum gehen wird, mit der Formulierung unterZiffer II dafür zu sorgen, daß dieses Denkmal auchdurch einen Ort der Information ergänzt werden kann.

Weil das hier häufig mißverständlich angesprochenworden ist: Es geht nicht darum, daß ein zusätzlichesarchitektonisches Werk geschaffen werden soll, das denCharakter und die Kraft des Stelenfeldes von Eisenmanbedrängen soll, sondern es geht darum, daß hier ein Ortder Information geschaffen werden soll, der auf die zuehrenden Opfer verweist und der die Gedenkstättenmiteinander und mit eben jenem Denkmal verbindet.Diese Information brauchen wir alle, denn diese Infor-mation bildet die Brücke zwischen den Orten des Ge-denkens, den authentischen Orten, und jenem Denkmal,um das es geht. Diese Gedächtnislandschaft verbindetjene Elemente alle miteinander. Alle diese Orte sindmiteinander verbunden, und sie sind so etwas wie Pfeilerim Strombett des Vergessens. Das Denkmal ragt ausdiesen Pfeilern hervor. Aber es kann nur leben und Sinngewinnen, wenn es mit den anderen Orten verbunden ist.An diesem Denkmal wird die Information damit ver-bunden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetendes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Darum geht es. Deswegen bitte ich Sie herzlich, denzusätzlichen Satz unter Ziffer II zu akzeptieren.

Ich möchte noch auf einen weiteren Vorschlag einge-hen, der zunächst von Oscar Schneider gekommen istund von Richard Schröder aufgenommen wurde. LiebeKolleginnen und Kollegen, denken Sie bitte darübernach, was es bedeuten kann, wenn die Botschaft, die mitdieser Idee verknüpft ist, gerichtet an die Opfer, mißver-ständlich lauten würde: Morde nicht! Es wäre geradezueine Sinnverkehrung dessen, worum es bei diesemDenkmal geht.

Es geht darum, symbolhaft deutlich zu machen, daßdie Vernichtung der Juden nicht zu einem Universalkon-zept führen kann, bei dem das Nein gegenüber dem uni-versellen Morden mit diesem konkreten Verdrängen derJuden aus der Geschichte in Zusammenhang gebrachtwerden kann. Das ist der Denkfehler, der bei RichardSchröder durchschlägt. Der Denkfehler ist, daß nicht imkonkreten Akt des Mordens das Konzept liegt; denn derMord hat längst zuvor schon begonnen, nämlich dort,wo er ausgedacht worden ist, wo das Konzept entwickeltworden ist, zum Beispiel bei den Nürnberger Rassege-setzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und derPDS)

Es geht darum, deutlich zu machen – ich bitte diejeni-gen, die Richard Schröders Vorschlag akzeptierenmöchten, sich darüber klar zu werden –: Dieser Mordhatte längst zuvor historisch begonnen und kann nicht andie universelle Forderung geknüpft werden. Es gehtvielmehr um das konkrete Ereignis, dieses konkrete Ge-schehen, dem Genozid an den europäischen Juden einDenkmal zu setzen. Peter Eisenman wird, wie ich finde,mit dieser Ergänzung für unsere Generation und für alleGenerationen, die nach uns kommen, klar und deutlichmachen: Nie wieder darf dies geschehen!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordnetendes BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und derPDS)

Vizepräsident Rudolf Seiters: Das Wort hat nun-mehr der Kollege Günter Nooke.

Günter Nooke (CDU/CSU): Herr Präsident! Sehrgeehrte Damen und Herren! Ich werde für den überar-beiteten Entwurf von Peter Eisenman ohne zusätzlicheGebäude und „Orte“ stimmen. Es gibt in Berlin an ande-ren Orten genügend Raum für alle von StaatsministerNaumann genannten Zwecke – an authentischen Orten,in Museen und Gebäuden, die eine solche Nutzung zu-lassen. Gewichtiger aber ist: Mich überzeugt der künst-lerische Entwurf. Es ist der einzige konkrete, der zurAbstimmung steht.

Wer Denkmäler nur mit Erklärungen und Ergänzun-gen erträgt, muß sich die Frage stellen, ob er überhauptfür ein Denkmal und eine solche Form des Gedenkensan den Holocaust ist. Mir scheint, Staatsminister Nau-mann geht es nicht um den ergänzenden „Ort der Infor-mation“, sondern um die Ablehnung von Denkmälern.

Gert Weisskirchen

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In seinem ersten Affekt hat er das ehrlicherweise wissenlassen. Es ist absurd, bei einer so gewichtigen Entschei-dung und angesichts der historischen Tragweite hier aufein persönliches Problem des Ministers Rücksicht zunehmen, und zwar mit Steuermitteln in zweistelligerMillionenhöhe,

(Wolfgang Thierse [SPD]: Herr Nooke, das istschäbig!)

auf Kosten der vielen anderen, allesamt unterfinanzier-ten Gedenkstätten und zu Lasten des künstlerischenEntwurfs.

(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frank-furt] [F.D.P.])

Ein Denkmal spricht auch und zuerst Emotionen an.Der „gute“, sprich: intellektuelle, Deutsche meint, Emo-tionen ablehnen zu müssen. Doch wer heute Denkmälerbauen will, der muß sagen: Kunst kann nicht auf die Ra-tio politischer Bildung angewiesen sein, gerade Kunstim öffentlichen Raum, also im politischen Raum.

Wer dagegen meint, die Deutschen seien nicht reif fürdieses Mahnmal, der plädiere für Wiedervorlage in50 Jahren! Wer Denkmäler nicht will, soll es offen sa-gen – wie im Antrag von Sebastian, den ich für die ehr-lichste Alternative zu Eisenman II halte.

In Gesprächen über ein Mahnmal mit dem Mordver-bot als Mahnung mußte ich dagegen oft feststellen: Diemeisten Befürworter dachten an eine unauffällige Lö-sung, versteckt im Park, gut begehbar, nicht störend. Einwirkliches Mahnmal für die ermordeten Juden Europasund alle anderen Opfer der nationalsozialistischen Ver-brechen gegen die Menschlichkeit stört. Es muß stören.Der staatlich organisierte industrielle Massenmord anMillionen von Menschen ist die tiefste Wunde in unsererGeschichte. Es ist keine offene Wunde mehr. Sie be-ginnt zu vernarben. Das ist gut und hilfreich. Wir solltendiese Wunde nicht ständig reizen, denn das fördert dieEntartung. Verbergen aber, meine Damen und Herren,können und dürfen wir diese Wunde nicht.

Das ist meine persönliche Meinung als Berliner. WieSie gehört haben, gibt es hierzu keine einheitliche Berli-ner Meinung. Ich bin allerdings der Auffassung: Berlinkann nicht auf der einen Seite die Vorteile des Umzugsvon Regierung und Parlament in Anspruch nehmen undauf der anderen Seite immer dort, wo es Unannehmlich-keiten mit sich bringt, die Übernahme der Haupt-stadtfunktion ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, derF.D.P. und der SPD)

Das trifft auch auf ein nationales Mahnmal zu. „EinMahnmal nach Eisenman entwertet wertvollstes Baulandin der Mitte der Bundeshauptstadt. Es schafft eine sicht-bare große Narbe, auf der nichts anderes wachsen kann“.– Ich halte dies für einen wertvollen Beitrag, den dieMenschen in Berlin dem ganzen Land erbringen. Dennsie haben diese, auch städtebauliche, Narbe täglich vorAugen.

So wie ich dafür plädiere, den Mut zu haben, geradediesen Weg zu gehen, bitte ich auch um Verständnis,

daß ein Regierender Bürgermeister die damit verbunde-nen wirklichen Probleme deutlicher anspricht. Ich bindeshalb um so mehr für klare Verantwortlichkeiten –auch des Bundes –, wenn ein Mahnmal errichtet wird,und gegen diffuse Stiftungskonstruktionen.

Eines aber sollten wir gemeinsam vermeiden: diesesMahnmal, bevor es gebaut ist, und diesen zentralen Ortin der Stadt zu entwerten durch Ausgestaltung allermöglichen Formen der Entwürdigung.

Ich habe in meiner Rede bewußt eine Erweiterung desOpferkreises bei der Widmung benutzt. Die jüdischenMenschen werden explizit genannt, aber sie waren nichtdie einzigen Opfer dieser staatlich organisierten Mas-senvernichtung. Jeder einzelne Mensch muß uns gleichviel Gedenken und Erinnerung wert sein. Aber wir soll-ten nicht allen separate Mahnmale setzen. Wir gedenkenim Land der Täter aller Opfer.

(V o r s i t z: Vizepräsidentin Dr. AntjeVollmer)

Ich bin zutiefst überzeugt, daß eine quälende weitereDiskussion über Mahnmale für andere Opfergruppenwenig helfen und kaum verstanden werden wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU so-wie bei Abgeordneten der SPD)

Ich bin überzeugt, daß die Errichtung eines Mahn-mals für alle Opfer nationalsozialistischer Gewaltherr-schaft uns den Blick öffnet auf die positiven Seiten deut-scher Geschichte. Wir sollten lernen, zu trauern und unszu freuen. Beides kann man am besten ganz oder garnicht.

Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder F.D.P.)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hatjetzt der Abgeordnete Martin Hohmann.

Martin Hohmann (CDU/CSU): Frau Präsidentin!Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zweikartenspielende uniformierte Wächter streiten um dieFrage, wer das nächste Getränk zu besorgen hat. Statteine Münze zu werfen, ergreifen sie eine hochschwange-re Gefangene. Statt Schrift oder Zahl Junge oder Mäd-chen. Nach wenigen Messerschnitten herrscht Klarheit.Das Kartenspiel wird ungerührt fortgesetzt. Dieser Dop-pelmord ereignete sich nicht vor etwa 55 Jahren in ei-nem KZ, sondern vor etwa 55 Tagen im Kosovo.

Warum berichte ich das? Nun, seit zehn Jahren füh-ren wir die Diskussion um das Holocaust-Mahnmal, undseit zehn Jahren bestehen mehr Gedenkstätten und-tafeln. Gerade in diesen zehn Jahren wütet ein kommu-nistischer und nationalistischer Diktator gegen seineVölkerschaften, zuerst in Bosnien und dann im Kosovo.

Bedenkt man die Zeitgleichheit, dann darf gefragtwerden: Was hat die hiesige Aufarbeitung der zwölf-jährigen NS-Zeit, was haben die Trauerarbeit, das

Günter Nooke

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Mahnen, das Erinnern den Bosniern und den Kosovarengebracht? Hätten wir, hätte die NATO bei einem Restmoralischer Selbstachtung etwa noch später eingrei-fen dürfen? Wenn also die Hilfe für die Opfer von Mordund Vertreibung direkt vor unserer Haustür fast zuspät kam und wenn die Hilfe nur dem beherzten Voran-gehen der Amerikaner zu danken war, erhebt sich dannnicht die Frage: Hätte das fertige Holocaust-Mahnmaldie Situation der Bosnier und der Kosovo-Albaner ge-ändert?

Wenn wir diese Frage mit Nein beantworten müssen,stellt sich die nächste – kritische – Frage: Ist unsereVergegenwärtigung der zwölf NS-Jahre nicht einStück weit folgenloses Moralisieren gewesen? Habenwir zu vordergründig auf die Wirkung von Mahnredenund Mahnmalen vertraut? Hat das Grauen über dieSchrecken der NS-Verbrechen die nüchterne Analyse zukurz kommen lassen? Wie wirkt ein Unterdrückungs-apparat in einer Diktatur? Ist in der Breite klar, daß da-mals die Gewissensentscheidung mehr als nur Zivil-courage erforderte, nämlich den Einsatz des eigenen Le-bens?

Meine Damen und Herren, viele Menschen fordernuns als Deutsche auf, langsam den Mut zu fassen, unse-ren Freunden zu sagen: Mehr als zwei Generationennach diesem riesigen Verbrechen fühlen wir uns sozusa-gen resozialisiert. Warum? Kein Land hat Verbrechen inseiner Geschichte aufgearbeitet und bereut, Entschädi-gung und Wiedergutmachung geleistet wie wir. Nachchristlichen Maßstäben folgt auf Sünde, Reue und Wie-dergutmachung das Verzeihen. Freilich, das Verzeihenkann man nicht erzwingen. Aber von Freunden darf manes erwarten.

Fast drei Generationen Bußzeit bis heute. Es solltennicht sechs oder sieben werden. Insofern wäre dasMahnmal auch monumentaler Ausdruck der Unfähig-keit, uns selbst zu verzeihen.

Meine Damen und Herren, wir als das deutsche Par-lament sollen über das Mahnmal mitentscheiden. Wassagen unsere Auftraggeber, unsere Wähler? Viele redendarüber nur hinter vorgehaltener Hand. Das ist in derDemokratie kein gutes Zeichen. Ganz überwiegend wirddas Holocaust-Mahnmal abgelehnt, übrigens auch vonvielen Intellektuellen, auch von vielen jüdischen Mit-bürgerinnen und Mitbürgern. Nicht wenige empfindendas geplante Mahnmal als ein Kainsmal, als Ausdruckder Selbstächtung. Tut die Politik, tut die Medienöffent-lichkeit gut daran, über diese schweigende Mehrheithinwegzugehen?

Ich bin nicht für Eisenman II oder III. Mit der großenMehrheit meiner Wählerschaft sehe ich in der NeuenWache eine hervorragende Mahn- und Erinnerungsstätteauch für die jüdischen Opfer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hatjetzt der Abgeordnete Eckart von Klaeden.

Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Frau Präsidentin!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die nationalsozialisti-sche Schreckensherrschaft hat nicht nur durch den Kriegdas Bild unserer Innenstädte wesentlich verändert. Denndort, wo früher Synagogen standen, befinden sich heuteallenfalls Gedenksteine oder Gedenktafeln. Diese Tafelnmahnen uns, daß die Deportation aus der Mitte unsererGesellschaft stattgefunden hat. Deswegen müssen wirheute in der Mitte unserer Städte die Mahnmale errich-ten. Nirgends ist ein Mahnmal so notwendig wie in Ber-lin, wo in diesem Jahr auch der Bundestag seinen Sitzim Reichstag genommen hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, derSPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNENund der PDS)

Konrad Schuller hat in der „Frankfurter Allgemei-nen Zeitung“ zu Recht darauf hingewiesen, daß sichdurch die Veränderung des Entscheidungsprozessesauch der Debattengegenstand wesentlich verändert hat.Ich will deshalb, da jetzt das Mahnmal durch einenBeschluß des Bundestages umgesetzt werden soll, nocheinmal eindringlich für die erweiterte Widmung wer-ben.

Als Argument dagegen ist vorgetragen worden, manhabe die Sorge, daß durch die vorgeschlagene erweiterteWidmung eine Hierarchisierung der Opfer eintrete. Ichmeine, daß man diese Sorge gerade dann erfüllt, wennman glaubt, in Berlin in angemessener Form weitereMahnmale für die anderen Opfergruppen errichten zukönnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU undder F.D.P.)

Ich glaube, daß man der Angemessenheit, der Vermei-dung der Opferhierarchie nur dadurch nachkommenkann, daß man sagt, dieses zentrale Mahnmal ist allenOpfergruppen gewidmet, wie es die erweiterte Widmungund der Änderungsantrag vorsehen.

Ich werde – das ist kein Geheimnis – für Eisenman IIstimmen. Zu dem Vorschlag Schröder/Schneider istviel Gutes gesagt worden. Ich finde bloß, daß der ent-scheidende Mangel dieses Vorschlags ist, daß sich dasGute, das zu seiner Begründung gesagt worden ist, inder Idee nicht widerspiegelt. Der Vorschlag ist eindeu-tig, aber vor dem Hintergrund der Singularität des Holo-causts ungenügend.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, derSPD und der F.D.P.)

Der Vorschlag von Eisenman ist faszinierend, weil ernicht gigantisch, sondern minimalistisch und deswegenvon besonderer Eindringlichkeit ist. Ich habe die Sorge,daß diese Eindringlichkeit durch Zubauten eher gestörtdenn unterstützt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wenn bei der sich abzeichnenden Mehrheit tatsächlichdie Ansicht vorherrscht, daß man dem Mahnmal weitereInformationen hinzufügen muß, möchte ich doch bitten,über den Vorschlag von Young nachzudenken, der vor-

Martin Hohmann

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sieht, entsprechende Informationen auf Bodenplattenunterzubringen.

Ich will zum Schluß aber noch etwas zu den angeb-lich praktischen Bedenken sagen, die gegen ein Mahn-mal sprechen, wie Verschmutzung usw. Dieses Argu-ment spricht letztlich gegen nahezu jede religiöse odererinnernde Stätte. Dieses Argument spricht gegen offeneKirchen, gegen begehbare Friedhöfe und letztlich auchgegen den Bau von Synagogen in Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, derSPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN,der F.D.P. und der PDS)

Ich will sogar so weit gehen, zu sagen, daß diesesMahnmal, das in Berlin gebaut wird, so zugänglich undso provokativ sein muß, daß man Verschmutzungenoder Verunreinigungen nicht ganz ausschließen kann.Ich glaube auch, daß wir es, wenn tatsächlich irgendeinJournalist über einen solchen Vorfall berichten sollte,ertragen können; denn im Verhältnis zu dem, was denOpfern geschehen ist, ist das nichts.

Ich halte die Sorge aber insgesamt für unbegründet.In Hannover, meiner Geburtsstadt, ist vor einiger Zeitein Mahnmal in der Nähe des Opernhauses errichtetworden. Auch das geht im wesentlichen auf die Initiati-ve von Frau Rosh zurück. Gegen dieses Mahnmal sindexakt dieselben Argumente vorgetragen worden, wie siejetzt gegen das zentrale Mahnmal in Berlin vorgetragenwerden. Der Charakter dieses Mahnmals vor demOpernhaus in Hannover ist eben nicht so, daß es ver-schmutzt wird, weil die Menschen dort ohne Würde hin-gehen, sondern es ist so, daß an diesem Mahnmal nahe-zu täglich frische Blumen liegen. Es wird als Stätte desMahnens und der Erinnerung angenommen. Ich finde,dieses gute Beispiel sollte uns zum Bau des Mahnmalsin Berlin ermutigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, derSPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN,der F.D.P. und der PDS)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Ich schließedamit die Aussprache.

Bevor wir zu den Abstimmungen kommen, stelle ichfest, daß Einvernehmen besteht, auf der GrundlageBuchstabe B der Beschlußempfehlung des Ausschussesfür Kultur und Medien auf Drucksache 14/1238 abzu-stimmen. Das ist der Fall. Dann verfahren wir so.

Es liegen eine Reihe von schriftlichen Erklärungenzur Abstimmung vor, und zwar von den Kolleginnenund Kollegen Philipp, Kansy, Dehnel, Fornahl, Brecht,Dörflinger, Roos, Herzog, Roth, von Stetten, Göhner,Pflüger, Polenz und von Klaeden.*) Sind Sie damit ein-verstanden, daß wir sie zu Protokoll nehmen? – Das istder Fall.

*) Anlage 2

Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag der Abgeord-neten Gert Weisskirchen, Eckhardt Barthel, Hans-Werner Bertl und weiterer Abgeordneter der Fraktionder SPD, der Abgeordneten Dr. Rita Süssmuth, der Ab-geordneten Volker Beck, Gila Altmann und weitererAbgeordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN sowie der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger auf der Drucksache 14/943 in der Aus-schußfassung anzunehmen.

Es liegt ein Änderungsantrag des Abgeordneten Wil-helm-Josef Sebastian und weiterer Abgeordneter aufDrucksache 14/1255 vor. Damit wird beantragt – ich er-kläre Ihnen das noch einmal –, auf ein neues weiteresMahnmal in Berlin zu verzichten und die vom Bundvorgesehenen Mittel für die bestehenden Gedenkstättenzur Verfügung zu stellen. Das ist der erste Antrag, überden wir namentlich abstimmen.

Da jeder für sich seine Abstimmungen vornehmenmuß, bitte ich Sie, jetzt weiterhin sehr ruhig zu sein,damit ich Ihnen das entsprechend erklären kann.

Zunächst geht es also um den Antrag, mit dem vorge-schlagen wird, auf ein weiteres neues Mahnmal in Berlinzu verzichten und die vom Bund vorgesehenen Mittelfür die bestehenden Gedenkstätten zur Verfügung zustellen. Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ichbitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorge-sehenen Plätze einzunehmen.

Sind alle Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröff-ne die Abstimmung. –

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme nicht abgegeben hat? – Das scheint nicht derFall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung. Ichbitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit derAuszählung zu beginnen.

Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der nament-lichen Abstimmung muß ich die Sitzung unterbre-chen. Wir müssen jetzt jedesmal so verfahren, damitwir wissen, auf welcher Basis wir weiter abstimmenkönnen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung von 13.22 bis 13.30 Uhr)

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ichbitte um Ruhe.

Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen undSchriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichenAbstimmung über den Änderungsantrag des Abge-ordneten Wilhelm-Josef Sebastian und weiterer Ab-geordneter bekannt: Abgegebene Stimmen 559. Mit Jahaben gestimmt 115, mit Nein haben gestimmt 439,Enthaltungen 5. Der Änderungsantrag ist damit abge-lehnt worden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und derF.D.P.)

Eckart von Klaeden

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Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 557;davon:

ja: 113nein: 439enthalten: 5

Ja

SPD

Petra BierwirthIris FollakGustav HerzogStephan HilsbergWinfried ManteDirk ManzewskiAlbrecht PapenrothBirgit Roth (Speyer)

CDU/CSU

Ilse AignerDietrich AustermannGünter BaumannMeinrad BelleOtto BernhardtRenate BlankPeter BleserWolfgang Börnsen

(Bönstrup)Klaus BrähmigPaul BreuerHartmut Büttner

(Schönebeck)Cajus CaesarManfred Carstens (Emstek)Wolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerMaria EichhornIlse FalkAxel E. Fischer (Karlsruhe-

Land)Herbert FrankenhauserErich G. FritzJochen-Konrad FrommeHans-Joachim FuchtelNorbert GeisGeorg GirischPeter GötzDr. Wolfgang GötzerCarl-Detlev Freiherr von

HammersteinGerda HasselfeldtHansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)Klaus-Jürgen HedrichHans Jochen HenkeErnst HinskenKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer Jork

Bartholomäus KalbSteffen KampeterDr. Dietmar KansyVolker KauderManfred KolbeNorbert KönigshofenThomas KossendeyRudolf KrausDr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)Karl-Josef LaumannVera LengsfeldPeter LetzgusDr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)Julius LouvenErwin MarschewskiDr. Michael MeisterHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller (Jena)Franz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto (Erfurt)Beatrix PhilippMarlies PretzlaffHelmut RauberChrista Reichard (Dresden)Erika ReinhardtFranz RomerKurt RossmanithAdolf Roth (Gießen)Dr. Christian RuckAnita SchäferHartmut SchauerteGerhard ScheuNorbert SchindlerBernd SchmidbauerDr. Erika SchuchardtClemens SchwalbeWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertJohannes SinghammerCarl-Dieter SprangerWolfgang SteigerDr. Wolfgang Freiherr von

StettenMax StraubingerMatthäus StreblDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallAngelika VolquartzHans-Otto Wilhelm (Mainz)Klaus-Peter WillschWerner WittlichDagmar WöhrlWolfgang ZeitlmannWolfgang Zöller

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Antje HermenauSylvia Ingeborg Voß

F.D.P.

Hildebrecht Braun(Augsburg)

Jürgen KoppelinGünther Friedrich NoltingMarita Sehn

Nein

SPD

Brigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel (Berlin)Klaus Barthel (Starnberg)Ingrid Becker-InglauDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherLothar Binding (Heidelberg)Kurt BodewigKlaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann (Detmold)Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner (Ingolstadt)Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersAnnette FaßeLothar Fischer (Homburg)Gabriele FograscherRainer FornahlHans ForsterLilo Friedrich (Mettmann)Harald FrieseAnke Fuchs (Köln)Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeUwe GöllnerRenate GradistanacAngelika Graf (Rosenheim)Dieter GrasedieckMonika GriefahnWolfgang Grotthaus

Karl Hermann Haack(Extertal)

Hans-Joachim HackerKlaus HagemannManfred HampelChristel HanewinckelAlfred HartenbachKlaus HasenfratzNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerRolf HempelmannDr. Barbara HendricksMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller (Lübeck)Gerd HöferJelena Hoffmann (Chemnitz)Walter Hoffmann

(Darmstadt)Iris Hoffmann (Wismar)Frank Hofmann (Volkach)Ingrid HolzhüterChristel HummeBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung (Düsseldorf)Johannes KahrsSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertSiegrun KlemmerHans-Ulrich KloseFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslVolker KröningAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickWerner LabschChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange (Backnang)Detlev von LarcherChristine LehderWaltraud LehnRobert LeidingerDr. Elke LeonhardGötz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß (Herne)Tobias MarholdLothar MarkUlrike MascherChristoph Matschie

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

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Ingrid Matthäus-MaierHeide MattischeckUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer (Ulm)Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller (Düsseldorf)Jutta Müller (Völklingen)Christian Müller (Zittau)Andrea Maria NahlesVolker Neumann (Bramsche)Dr. Edith NiehuisDr. Rolf NieseDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth (Heringen)Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenSiegfried SchefflerHorst SchildOtto SchilyHorst Schmidbauer

(Nürnberg)Ulla Schmidt (Aachen)Silvia Schmidt (Eisleben)Dagmar Schmidt (Meschede)Wilhelm Schmidt (Salzgitter)Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt (Berg)Carsten SchneiderDr. Emil SchnellWalter SchölerOlaf ScholzFritz SchösserGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertBrigitte Schulte (Hameln)Reinhard Schultz

(Everswinkel)Volkmar Schultz (Köln)Ilse SchumannEwald SchurerDr. R. Werner SchusterDietmar Schütz (Oldenburg)Dr. Angelica Schwall-DürenRolf Schwanitz

Bodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-

WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerWolfgang ThierseFranz ThönnesUta Titze-StecherAdelheid TröscherHans-Eberhard UrbaniakRüdiger VeitSimone ViolkaUte Vogt (Pforzheim)Hans Georg WagnerHedi WegenerDr. Konstanze WegnerWolfgang WeiermannReinhard Weis (Stendal)Matthias WeisheitGert Weisskirchen

(Wiesloch)Dr. Ernst Ulrich von

WeizsäckerDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek

(Duisburg)Jürgen Wieczorek (Leipzig)Dieter WiefelspützHeino Wiese (Hannover)Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer (Karlsruhe)Engelbert WistubaBarbara WittigVerena WohllebenHanna Wolf (München)Waltraud Wolff (Zielitz)Heidemarie WrightPeter Zumkley

CDU/CSU

Peter AltmaierNorbert BarthleBrigitte BaumeisterDr. Sabine Bergmann-PohlDr. Heribert BlensDr. Norbert BlümSylvia BonitzJochen BorchertWolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschDr. Ralf BrauksiepeDankward Buwitt

Peter H. Carstensen(Nordstrand)

Renate DiemersRainer EppelmannAnke EymerDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer (Hamburg)Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)Dr. Heiner GeißlerMichael GlosDr. Reinhard GöhnerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke

(Großhennersdorf)Norbert Hauser (Bonn)Ursula HeinenSiegfried HeliasJoachim HörsterHubert HüppePeter JacobyIrmgard KarwatzkiEckart von KlaedenUlrich KlinkertDr. Helmut KohlHartmut KoschykDr. Martina KrogmannDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Norbert LammertDr. Paul LaufsUrsula LietzWalter Link (Diepholz)Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)Wolfgang MeckelburgDr. Angela MerkelFriedrich MerzClaudia NolteGünter NookeDr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerRonald PofallaRuprecht PolenzDr. Bernd ProtznerThomas RachelDr. Peter RamsauerHans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberHannelore Rönsch

(Wiesbaden)Norbert RöttgenVolker RüheDr. Jürgen RüttgersDr. Wolfgang SchäubleHeinz SchemkenDietmar SchleeChristian Schmidt (Fürth)Andreas Schmidt (Mühlheim)Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)Dr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert Scholz

Reinhard Freiherr vonSchorlemer

Wolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze (Berlin)Dr. Christian Schwarz-

SchillingRudolf SeitersWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteAndreas StormDorothea Störr-RitterThomas StroblMichael StübgenDr. Rita SüssmuthDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferArnold VaatzAndrea VoßhoffDr. Theodor WaigelPeter Weiß (Emmendingen)Gerald Weiß (Groß-Gerau)Annette Widmann-MauzHeinz Wiese (Ehingen)Aribert WolfElke Wülfing

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Marieluise Beck (Bremen)Volker Beck (Köln)Angelika BeerMatthias BerningerAnnelie BuntenbachDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer (Berlin)Rita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller

(Kiel)Kerstin Müller (Köln)Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth (Augsburg)Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt (Hitzhofen)Werner Schulz (Leipzig)Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleDr. Antje VollmerLudger VolmerHelmut Wilhelm (Amberg)Margareta Wolf (Frankfurt)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

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(D)

F.D.P.

Ernst BurgbacherJörg van EssenGisela FrickPaul K. FriedhoffHorst Friedrich

(Bayreuth)Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannDr. Karlheinz GuttmacherUlrich HeinrichWalter HircheBirgit HomburgerDr. Werner HoyerUlrich IrmerDr. Klaus KinkelDr. Heinrich KolbGudrun KoppIna Lenke

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Dirk NiebelHans-Joachim Otto

(Frankfurt)Dr. Günter RexrodtDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkDr. Guido Westerwelle

PDS

Petra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-Schröter

Roland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerUlla JelpkeSabine JüngerGerhard JüttemannDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzHeidi Lippmann-KastenUrsula LötzerDr. Christa LuftHeidemarie LüthKersten NaumannRosel Neuhäuser

Christine OstrowskiPetra PauDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja Seifert

Enthalten

SPD

Gudrun Roos

CDU/CSU

Dr. Wolf BauerDr. Michael LutherElmar Müller

(Kirchheim)Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU

Abgeordnete(r)

Behrendt, Wolfgang, SPD

Hornung, Siegfried,CDU/CSU

Neumann (Gotha), Gerhard,SPD

Zierer, Benno, CDU/CSU

Bindig, Rudolf, SPD

Lörcher, Christa, SPD

Schloten, Dieter, SPD

Bühler (Bruchsal), Klaus,CDU/CSU

Maaß (Wilhelmshaven),Erich, CDU/CSU

von Schmude, Michael,CDU/CSU

Dr. Hornhues, Karl-Heinz,CDU/CSU

Müller (Berlin), Manfred,PDS

Dr. Wodarg, Wolfgang, SPD

Wir kommen jetzt zu einem Antrag, über den nichtnamentlich abgestimmt wird, nämlich zu dem Ände-rungsantrag des Abgeordneten Hildebrecht Braun aufDrucksache 14/1241, mit dem beantragt wird, von derErrichtung eines Denkmals abzusehen und statt desseneine jüdische Universität in Berlin zu errichten.

Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Werstimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsan-trag ist mit der großen Mehrheit des Hauses gegen dreiStimmen aus der F.D.P. und von Bündnis 90/Die Grü-nen bei zwei Enthaltungen abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Ände-rungsantrag der Abgeordneten Annette Widmann-Mauzund weiterer Abgeordneter, mit dem beantragt wird, indie Widmung in Abschnitt I Nr. 1 neben den ermordetenJuden Europas auch „alle Opfer der nationalsozialisti-schen Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ einzube-ziehen. Das ist Drucksache 14/1267.

Wieder ist namentliche Abstimmung verlangt. Sinddie Urnen jeweils mit zwei Schriftführerinnen bzw.Schriftführern besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne dieAbstimmung und bitte aus gegebenem Anlaß alle Abge-ordneten, zu überprüfen, ob sie die Stimmkarte gegriffenhaben, die ihren eigenen Namen trägt. –

Ist ein Mitglied anwesend, das seine Stimme nochnicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Dannschließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführe-rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-nen.

Bis zum Vorliegen des Ergebnisses muß ich die Sit-zung wieder unterbrechen.

(Unterbrechung von 13.36 bis 13.43 Uhr)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Die unterbro-chene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich gebe Ihnen das von den Schriftführern undSchriftführerinnen ermittelte Ergebnis der namentli-chen Abstimmung über den Änderungsantrag derAbgeordneten Annette Widmann-Mauz und weitererAbgeordneter betreffend die Erweiterung der Wid-mung um den Zusatz: „… und alle Opfer der nationalso-zialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit …“bekannt. Abgegebene Stimmen 551. Mit Ja haben ge-stimmt 218, mit Nein haben gestimmt 325, Enthal-tungen 8. Der Änderungsantrag ist damit abgelehntworden.

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 4127

(A) (C)

(B) (D)

Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 550;davon:

ja: 217nein: 324enthalten: 8ungültig: 1

Ja

SPD

Ernst BahrKlaus BrandnerDr. Peter Wilhelm DanckertKarl DillerPeter EndersLothar Fischer (Homburg)Hans ForsterStephan HilsbergJelena Hoffmann (Chemnitz)Iris Hoffmann (Wismar)Dr. Uwe JensVolker Jung (Düsseldorf)Johannes KahrsRobert LeidingerWinfried ManteDirk ManzewskiChristian Müller (Zittau)Eckhard OhlAdolf OstertagEwald SchurerAdelheid TröscherHelmut Wieczorek

(Duisburg)

CDU/CSU

Ilse AignerPeter AltmaierDietrich AustermannNorbert BarthleGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtDr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümSylvia BonitzJochen BorchertWolfgang Börnsen

(Bönstrup)Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerHartmut Büttner

(Schönebeck)Dankward BuwittCajus CaesarManfred Carstens (Emstek)Leo DautzenbergAlbert DeßRenate DiemersMaria EichhornRainer Eppelmann

Anke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer (Hamburg)Axel E. Fischer (Karlsruhe-

Land)Herbert FrankenhauserDr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeHans-Joachim FuchtelNorbert GeisDr. Heiner GeißlerMichael GlosDr. Reinhard GöhnerPeter GötzDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheCarl-Detlev Freiherr von

HammersteinGottfried Haschke

(Großhennersdorf)Gerda HasselfeldtNorbert Hauser (Bonn)Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenSiegfried HeliasHans Jochen HenkeErnst HinskenKlaus HofbauerKlaus HoletschekJosef HollerithJoachim HörsterHubert HüppePeter JacobyGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkSteffen KampeterDr. Dietmar KansyIrmgard KarwatzkiEckart von KlaedenUlrich KlinkertDr. Helmut KohlManfred KolbeNorbert KönigshofenHartmut KoschykThomas KossendeyRudolf KrausDr. Martina KrogmannKarl LamersDr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldUrsula LietzWalter Link (Diepholz)Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)Julius LouvenDr. Michael Luther

Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)Wolfgang MeckelburgDr. Angela MerkelFriedrich MerzHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller (Jena)Günter NookeFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto (Erfurt)Dr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerThomas RachelDr. Peter RamsauerChrista Reichard (Dresden)Hans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHannelore Rönsch

(Wiesbaden)Kurt RossmanithAdolf Roth (Gießen)Norbert RöttgenDr. Christian RuckVolker RüheDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenGerhard ScheuDietmar SchleeBernd SchmidbauerChristian Schmidt (Fürth)Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)Andreas Schmidt (Mühlheim)Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)Dr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzReinhard Freiherr von

SchorlemerDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze (Berlin)Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-

SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferRudolf SeitersWerner SiemannJohannes SinghammerBärbel SothmannMargarete SpäteCarl-Dieter SprangerWolfgang Steiger

Dr. Wolfgang Freiherr vonStetten

Andreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Rita SüssmuthDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffDr. Theodor WaigelPeter Weiß (Emmendingen)Gerald Weiß (Groß-Gerau)Annette Widmann-MauzHeinz Wiese (Ehingen)Hans-Otto Wilhelm (Mainz)Klaus-Peter WillschDagmar WöhrlAribert WolfElke WülfingWolfgang ZeitlmannWolfgang Zöller

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Werner Schulz (Leipzig)

F.D.P.

Hildebrecht Braun(Augsburg)

Ernst BurgbacherJörg van EssenGisela FrickRainer FunkeBirgit HomburgerDr. Klaus KinkelDr. Heinrich Leonhard KolbJürgen KoppelinGünter Friedrich NoltingDr. Günter RexrodtMarita SehnJürgen TürkDr. Guido Westerwelle

Nein

SPD

Brigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel (Berlin)Klaus Barthel (Starnberg)Ingrid Becker-InglauHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthLothar Binding (Heidelberg)Anni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard Brecht

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

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4128 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

(B)

(A) (C)

(D)

Rainer Brinkmann (Detmold)Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner (Ingolstadt)Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenChristel DeichmannRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserAnnette FaßeGabriele FograscherIris FollakRainer FornahlLilo Friedrich (Mettmann)Harald FrieseAnke Fuchs (Köln)Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeUwe GöllnerRenate GradistanacAngelika Graf (Rosenheim)Dieter GrasedieckMonika GriefahnWolfgang GrotthausHans-Joachim HackerKlaus HagemannManfred HampelChristel HanewinckelAlfred HartenbachKlaus HasenfratzNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller (Lübeck)Gerd HöferWalter Hoffmann

(Darmstadt)Frank Hofmann (Volkach)Ingrid HolzhüterChristel HummeBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenJann-Peter JanssenIlse JanzSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertSiegrun KlemmerHans-Ulrich KloseFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette Kramme

Nicolette KresslVolker KröningAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickWerner LabschChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange (Backnang)Detlev von LarcherChristine LehderWaltraud LehnDr. Elke LeonhardGötz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß (Herne)Tobias MarholdLothar MarkUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer (Ulm)Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfJutta Müller (Völklingen)Andrea Maria NahlesVolker Neumann (Bramsche)Dr. Edith NiehuisDr. Rolf NieseDietmar NietanGünter OesinghausLeyla OnurHolger OrtelKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth (Heringen)Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenSiegfried SchefflerHorst SchildOtto SchilyHorst Schmidbauer

(Nürnberg)Ulla Schmidt (Aachen)Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)Wilhelm Schmidt (Salzgitter)Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt (Berg)Carsten SchneiderDr. Emil SchnellWalter SchölerOlaf ScholzFritz SchösserGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertBrigitte Schulte (Hameln)Volkmar Schultz (Köln)Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDietmar Schütz (Oldenburg)Dr. Angelica Schwall-DürenRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-

WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerWolfgang ThierseFranz ThönnesUta Titze-StecherHans-Eberhard UrbaniakRüdiger VeitSimone ViolkaUte Vogt (Pforzheim)Hans Georg WagnerHedi WegenerDr. Konstanze WegnerWolfgang WeiermannReinhard Weis (Stendal)Matthias WeisheitGert Weisskirchen

(Wiesloch)Dr. Ernst Ulrich von

WeizsäckerDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichDr. Margrit WetzelJürgen Wieczorek (Leipzig)Dieter WiefelspützHeino Wiese (Hannover)Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer (Karlsruhe)Engelbert WistubaBarbara WittigVerena WohllebenHanna Wolf (München)Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie WrightPeter Zumkley

CDU/CSU

Hubert DeittertThomas DörflingerGeorg GirischManfred GrundMartin HohmannBartholomäus KalbVolker KauderDr. Hermann KuesPeter LetzgusDr. Michael MeisterClaudia NolteFranz ObermeierHelmut RauberErika ReinhardtHeinz SeiffertAngelika VolquartzWerner Wittlich

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Marieluise Beck (Bremen)Volker Beck (Köln)Angelika BeerMatthias BerningerAnnelie BuntenbachDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer (Berlin)Rita GrießhaberWinfried HermannAntje HermenauKristin HeyneMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller

(Kiel)Kerstin Müller (Köln)Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth (Augsburg)Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt (Hitzhofen)Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleDr. Antje VollmerLudger VolmerHelmut Wilhelm (Amberg)Margareta Wolf (Frankfurt)

F.D.P.

Paul K. FriedhoffHorst Friedrich (Bayreuth)Dr. Wolfgang Gerhardt

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Page 48: Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/14/14048.pdf · der Holocaust die „Grenze unseres Verstehens“, wie es Hanno Loewy treffend ausgedrückt hat. Die mehrfachen Auslobungsverfahren

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 4129

(A) (C)

(B) (D)

Hans-Michael GoldmannDr. Karlheinz GuttmacherUlrich HeinrichWalter HircheDr. Werner HoyerUlrich IrmerGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-

SchnarrenbergerDirk NiebelHans-Joachim Otto

(Frankfurt)Dr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter Thomae

PDS

Petra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsWolfgang Gehrcke-

ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerUlla JelpkeSabine JüngerGerhard JüttemannDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-Werner

Rolf Kutzmutz HeidiLippmann-Kasten

Ursula LötzerDr. Christa LuftHeidemarie LüthKersten NaumannRosel NeuhäuserChristine OstrowskiPetra PauDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja Seifert

EnthaltenSPD

Dr. Axel BergKurt Bodewig

Renate JägerDr. Norbert Wieczorek

CDU/CSU

Dr. Wolf BauerRenate BlankElmar Müller (Kirchheim)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sylvia Voß

Ungültig

SPD

Dr. Herta Däubler-Gmelin

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)

Behrendt, Wolfgang, SPD

Hornung, Siegfried,CDU/CSU

Neumann (Gotha), Gerhard,SPD

Zierer, Benno, CDU/CSU

Bindig, Rudolf, SPD

Lörcher, Christa, SPD

Schloten, Dieter, SPD

Bühler (Bruchsal), Klaus,CDU/CSU

Maaß (Wilhelmshaven),Erich, CDU/CSU

von Schmude, Michael,CDU/CSU

Dr. Hornhues, Karl-Heinz,CDU/CSU

Müller (Berlin), Manfred,PDS

Dr. Wodarg, Wolfgang, SPD

Wir stimmen jetzt nicht namentlich über Abschnitt INr. 1 der Beschlußempfehlung auf Drucksache 14/1238ab. Damit schließen wir den Abstimmungsvorgang überdiese Passage ab. Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen?– Enthaltungen? – Abschnitt I Nr. 1 der Beschlußemp-fehlung ist mit großer Mehrheit angenommen worden.

Damit kommen wir nun zur Abstimmung über Ab-schnitt I Nrn. 2 bis 5 der Beschlußempfehlung aufDrucksache 14/1238. Darüber wird nicht namentlich ab-gestimmt. Das war in der Debatte auch nicht strittig.Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-gen? – Abschnitt I Nrn. 2 bis 5 ist mit großer Mehrheitbei wenigen Gegenstimmen angenommen worden. Da-mit hat der Deutsche Bundestag entschieden, einMahnmal zu errichten.

(Beifall im ganzen Hause)

Bevor wir nun zu den Abstimmungen über die Ge-staltung des Mahnmals entsprechend der verschiedenenEntwürfe kommen, stimmen wir über den Änderungs-antrag der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz undweiterer Abgeordneter auf Drucksache 14/1268 ab, mitdem die Bundesregierung aufgefordert werden soll, imEinvernehmen mit dem Berliner Senat und unter Betei-ligung des Initiativkreises ein Gestaltungskonzept fürdas Mahnmal vorzulegen. Wer stimmt für diesen Ände-rungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –Dieser Änderungsantrag ist mit der Mehrheit des Hausesbei Gegenstimmen und Enthaltungen abgelehnt worden.

Wir kommen zu Abschnitt II der Beschlußempfeh-lung – das betrifft die Gestaltung des Mahnmals – undstimmen zunächst über den Änderungsantrag der Abge-ordneten Wolfgang Schulhoff, Renate Jäger und weite-rer Abgeordneter auf Drucksache 14/1269 ab. DieserAntrag ist unter der Bezeichnung „Schröder-Entwurf“bekannt. In dem Änderungsantrag wird gewünscht, Ab-schnitt II wie folgt zu fassen:

Das Mahnmal soll ausdrücklich eine Mahnungformulieren. Dafür wird das Mordverbot vorge-schlagen.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte dieSchriftführerinnen und Schriftführer, die Plätze einzu-nehmen. – Sind die Urnen besetzt? – Das ist der Fall.Dann eröffne ich die Abstimmung. –

Ist jemand anwesend, der seine Stimmkarte nochnicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Damitschließe ich die Abstimmung.

Die Schriftführerinnen und Schriftführer beginnenmit der Auszählung. Bis zur Bekanntgabe des Ergebnis-ses ist die Sitzung unterbrochen.

(Unterbrechung von 13.50 Uhr bis 13.56 Uhr)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Die unterbro-chene Sitzung ist wieder eröffnet.

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Page 49: Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/14/14048.pdf · der Holocaust die „Grenze unseres Verstehens“, wie es Hanno Loewy treffend ausgedrückt hat. Die mehrfachen Auslobungsverfahren

4130 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

(B)

(A) (C)

(D)

Ich gebe das von den Schriftführern und Schriftführe-rinnen ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-mung über den Änderungsantrag der AbgeordnetenWolfgang Schulhoff, Renate Jäger und anderer bekannt.Darin ging es – entgegen der Beschlußempfehlung – umden Gestaltungsvorschlag: Du sollst nicht morden! Ab-

gegebene Stimmen 548. Mit Ja haben gestimmt 188, mitNein haben gestimmt 354. Es gab 6 Enthaltungen. DerÄnderungsantrag ist damit abgelehnt worden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und derF.D.P.)

Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 547;davon:

ja: 187nein: 354enthalten: 6

Ja

SPD

Ernst BahrHans Büttner (Ingolstadt)Dr. Peter Wilhelm DanckertKarl DillerRainer FornalDieter GrasedieckHans-Joachim HackerManfred HampelStephan HilsbergJelena Hoffmann (Chemnitz)Renate JägerJohannes KahrsHans-Peter KemperWerner LabschWinfried ManteDirk ManzewskiManfred Müller (Zittau)Dr. Rolf NieseDr. Wilfried PennerGeorg PfannensteinReinhold RobbeHorst SchildSilvia Schmidt (Eisleben)Regina Schmidt-ZadelDr. Emil SchnellDr. Mathias SchubertIlse SchumannJoachim TappeHans-Eberhard UrbaniakHelmut Wieczorek

(Duisburg)Engelbert WistubaVerena WohllebenPeter Zumkley

CDU/CSU

Ilse AignerDietrich AustermannNorbert BarthleGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtDr. Heribert BlensNorbert BlümSylvia BonitzJochen Borchert

Wolfgang Börnsen(Bönstrup)

Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschPaul BreuerHartmut Büttner

(Schönebeck)Dankwart BuwittCajus CaesarManfred Carstens (Emstek)Leo DautzenbergAlbert DeßRenate DiemersThomas DörflingerMaria EichhornAnke EymerIlse FalkUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer (Hamburg)Axel Fischer (Karlsruhe-

Land)Herbert FrankenhauserDr. Gerhard FriedrichErich G. FritzJochen-Konrad FrommeHans-Joachim FuchtelNorbert GeisMichael GlosDr. Reinhard GöhnerPeter GötzDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheCarl-Detlev Freiherr von

HammersteinGottfried Haschke

(Großhennersdorf)Gerda HasselfeldtNorbert Hauser (Bonn)Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)Klaus-Jürgen HedrichSiegfried HeliasErnst HinskenKlaus HofbauerKlaus HoletschekJosef HollerithJoachim HörsterHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkBartholomäus KalbSteffen KampeterDr. Dietmar KansyIrmgard KarwatzkiUlrich KlinkertManfred KolbeNorbert KönigshofenRudolf KrausDr. Hermann Kues

Dr. Karl A. Lamers(Heidelberg)

Dr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldDr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)Julius LouvenDr. Michael LutherErwin MarschewskiDr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)Wolfgang MeckelburgDr. Angela MerkelFriedrich MerzHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller (Jena)Franz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto (Erfurt)Dr. Peter PaziorekRonald PofallaThomas RachelDr. Peter RamsauerChrista Reichard (Dresden)Klaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHannelore Rönsch

(Wiesbaden)Kurt RossmanithAdolf Roth (Gießen)Dr. Christian RuckVolker RüheHartmut SchauerteGerhard ScheuDietmar SchleeBernd SchmidbauerChristian Schmidt (Fürth)Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)Andreas Schmit (Mühlheim)Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)Dr. Rupert ScholzReinhard Freiherr von

SchorlemerDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze (Berlin)Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-

SchillingHorst SeehoferHeinz SeiffertWerner SiemannJohannes Singhammer

Bärbel SothmannCarl-Dieter SprangerWolfgang SteigerDr. Wolfgang Freiherr von

StettenAndreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzDr. Theodor WaigelGerald Weiß (Groß-Gerau)Klaus-Peter WillschWerner WittlichDagmar WöhrlAribert WolfWolfgang ZeitlmannWolfgang Zöller

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sylvia Voß

F.D.P.

Jörg van EssenRainer FunkeUlrich HeinrichBirgit HomburgerDr. Heinrich KolbJürgen KoppelinDr. Günter RexrodtDr. Edzard Schmidt-JortzigMarita SehnDr. Guido Westerwelle

Nein

SPD

Brigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel (Berlin)Klaus Barthel (Starnberg)Ingrid Becker-InglauDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthLothar Binding (Heidelberg)Kurt BodewigKlaus Brandner

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Page 50: Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/14/14048.pdf · der Holocaust die „Grenze unseres Verstehens“, wie es Hanno Loewy treffend ausgedrückt hat. Die mehrfachen Auslobungsverfahren

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 4131

(A) (C)

(B) (D)

Anni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann (Detmold)Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryMarion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersAnnette FaßeLothar Fischer (Homburg)Gabriele FograscherIris FollakHans ForsterLilo Friedrich (Mettmann)Harald FrieseAnke Fuchs (Köln)Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeUwe GöllnerRenate GradistanacAngelika Graf (Rosenheim)Monika GriefahnWolfgang GrotthausKarl Hermann Haack

(Extertal)Klaus HagemannChristel HanewinckelAlfred HartenbachKlaus HasenfratzNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller (Lübeck)Gerd HöferWalter Hoffmann

(Darmstadt)Iris Hoffmann (Wismar)Frank Hofmann (Volkach)Ingrid HolzhüterChristel HummeBarbara ImhofGabriele IwersenJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung (Düsseldorf)Sabine KaspereitSusanne Kastner

Klaus KirschnerMarianne KlappertSiegrun KlemmerHans-Ulrich KloseFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslVolker KröningAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange (Backnang)Detlev von LarcherChristine LehderWaltraud LehnDr. Elke LeonhardGötz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß (Herne)Tobias MarholdLothar MarkUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer (Ulm)Ursula MoggChristoph MoosbauerMichael Müller (Düsseldorf)Jutta Müller (Völklingen)Andrea Maria NahlesVolker Neumann (Bramsche)Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Martin PfaffJohannes PflugJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth (Heringen)Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenSiegfried Scheffler

Otto SchilyHorst Schmidbauer

(Nürnberg)Ulla Schmidt (Aachen)Dagmar Schmidt (Meschede)Wilhelm Schmidt (Salzgitter)Heinz Schmitt (Berg)Carsten SchneiderWalter SchölerOlaf ScholzFritz SchösserGerhard SchröderGisela SchröterBrigitte Schulte (Hameln)Reinhard Schultz

(Everswinkel)Volkmar Schultz (Köln)Dr. R. Werner SchusterDietmar Schütz (Oldenburg)Dr. Angelica Schwall-DürenRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-

WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJörg TaussJella TeuchnerWolfgang ThierseFranz ThönnesUta Titze-StecherAdelheid TröscherRüdiger VeitSimone ViolkaUte Vogt (Pforzheim)Hans Georg WagnerHedi WegenerDr. Konstanze WegnerWolfgang WeiermannReinhard Weis (Stendal)Matthias WeisheitGert Weisskirchen

(Wiesloch)Dr. Ernst Ulrich von

WeizsäckerDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekJürgen Wieczorek (Leipzig)Dieter WiefelspützHeino Wiese (Hannover)Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer (Karlsruhe)Barbara WittigHanna Wolf (München)Waltraud Wolff (Zielitz)Heidemarie Wright

CDU/CSU

Peter AltmaierRenate BlankPeter BleserDr. Ralf BrauksiepeHubert DeittertRainer EppelmannDr. Hans Georg FaustDr. Heiner GeißlerGeorg GirischManfred GrundUrsula HeinenHans Jochen HenkeMartin HohmannPeter JacobyVolker KauderEckart von KlaedenDr. Helmut KohlThomas KossendeyDr. Martina KrogmannKarl LamersDr. Norbert LammertPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link (Diepholz)Dr. Michael MeisterClaudia NolteGünter NookeAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhillipRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerHelmut RauberErika ReinhardtNorbert RöttgenDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferHeinz SchemkenDr. Andreas SchockenhoffWilhelm-Josef SebastianRudolf SeitersMargarete SpäteDr. Rita SüssmuthAngelika VolquartzAndrea VoßhoffPeter Weiß (Emmendingen)Annette Widmann-MauzHeinz Wiese (Ehingen)Hans-Otto Wilhelm (Mainz)Elke Wülfing

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Marieluise Beck (Bremen)Volker Beck (Köln)Angelika BeerMatthias BerningerAnnelie BuntenbachDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer (Berlin)Rita GrießhaberWinfried HermannKristin Heyne

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Page 51: Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/14/14048.pdf · der Holocaust die „Grenze unseres Verstehens“, wie es Hanno Loewy treffend ausgedrückt hat. Die mehrfachen Auslobungsverfahren

4132 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

(B)

(A) (C)

(D)

Michaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller

(Kiel)Kerstin Müller (Köln)Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth (Augsburg)Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt (Hitzhofen)Werner Schulz (Leipzig)Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleDr. Antje VollmerLudger VolmerHelmut Wilhelm (Amberg)Margareta Wolf (Frankfurt)

F.D.P.

Hildebrecht Braun(Augsburg)

Ernst BurgbacherGisela FrickPaul K. FriedhoffDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannDr. Karlheinz GuttmacherWalter HircheDr. Werner HoyerUlrich IrmerDr. Klaus KinkelGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-

SchnarrenbergerDirk NiebelGünther Friedrich NoltingHans-Joachim Otto

(Frankfurt)Gerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerDr. Hermann Otto SolmsDr. Max Stadler

Carl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen Türk

PDS

Petra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerUlla JelpkeSabine JüngerGerhard JüttemannDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzHeidi Lippmann-KastenUrsula Lötzer

Dr. Christa LuftHeidemarie LüthKersten NaumannRosel NeuhäuserChristine OstrowskiPetra PauDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja Seifert

Enthalten

CDU/CSU

Dr. Wolf BauerKlaus BrähmigElmar Müller

(Kirchheim)Hans-Peter RepnikDr. Wolfgang Schäuble

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Antje Hermenau

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU

Abgeordnete(r)

Behrendt, Wolfgang, SPD

Hornung, Siegfried,CDU/CSU

Neumann (Gotha), Gerhard,SPD

Zierer, Benno, CDU/CSU

Bindig, Rudolf, SPD

Lörcher, Christa, SPD

Schloten, Dieter, SPD

Bühler (Bruchsal), Klaus,CDU/CSU

Maaß (Wilhelmshaven),Erich, CDU/CSU

von Schmude, Michael,CDU/CSU

Dr. Hornhues, Karl-Heinz,CDU/CSU

Müller (Berlin), ManfredWalter, PDS

Dr. Wodarg, Wolfgang, SPD

Wir stimmen jetzt erneut namentlich ab. Dabeimöchte ich Sie noch einmal bitten, auf Ihre Stimmkartenzu schauen und darauf zu achten – manch einer greift indas Fach daneben –, daß Sie die eigene Stimmkarte ein-werfen.

Wir stimmen jetzt ab über den Änderungsantrag desAbgeordneten Hans-Joachim Otto und weiterer Abge-ordneter auf Drucksache 14/1261. Damit wird beantragt,den Abschnitt II der Beschlußempfehlung wie folgt zufassen:

Der Entwurf eines Stelenfeldes von Peter Eisenman(Eisenman II) wird realisiert.

Die Alternative hier ist also, daß nur Satz 1 der Be-schlußempfehlung aufrechterhalten bleibt und der Satz 2– Ort der Information – gestrichen wird.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte dieSchriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenenPlätze einzunehmen. – Sind die Urnen besetzt? – Danneröffne ich die Abstimmung.

Ist noch jemand anwesend, der seine Stimme in die-sem Wahlgang nicht abgegeben hat? – Das ist nicht derFall. Dann schließe ich jetzt die Abstimmung.

Ich bitte wieder, mit der Auszählung zu beginnen,und unterbreche die Sitzung bis zur Bekanntgabe desErgebnisses.

(Unterbrechung von 14.02 bis 14.06 Uhr)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Die unterbro-chene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich gebe das von den Schriftführern und Schriftführe-rinnen ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-mung über den Änderungsantrag des AbgeordnetenHans-Joachim Otto und weiterer Abgeordneter aufDrucksache 14/1261 bekannt: Abgegebene Stimmen544. Mit Ja haben gestimmt 161, mit Nein haben ge-stimmt 373. Es gab 10 Enthaltungen. Dieser Änderungs-antrag ist damit abgelehnt worden.

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Page 52: Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/14/14048.pdf · der Holocaust die „Grenze unseres Verstehens“, wie es Hanno Loewy treffend ausgedrückt hat. Die mehrfachen Auslobungsverfahren

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 4133

(A) (C)

(B) (D)

Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 544;davon:

ja: 161nein: 373enthalten: 10

Ja

SPD

Ernst BahrHans-Günter BruckmannHans Büttner (Ingolstadt)Dr. Peter Wilhelm DanckertManfred HampelRolf HempelmannUwe HikschJann-Peter JanssenKonrad KunickWaltraud LehnDr. Christine LucygaWinfried ManteJutta Müller (Völklingen)Christian Müller (Zittau)Renate RennebachThomas SauerSiegfried SchefflerDr. Konstanze WegnerReinhard Weis (Stendal)Dr. Rainer WendLydia Westrich

CDU/CSU

Peter AltmaierDietrich AustermannNorbert BarthleDr. Heribert BlensDr. Norbert BlümJochen BorchertDr. Wolfgang BötschDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerDr. Hans Georg FaustUlf FinkDr. Heiner GeißlerMichael GlosHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke

(Großhennersdorf)Norbert Hauser (Bonn)Ursula HeinenJoachim HörsterHubert HüppePeter JacobyDr.-Ing. Rainer JorkSteffen KampeterDr. Dietmar KansyEckart von KlaedenDr. Helmut KohlDr. Martina KrogmannDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Norbert LammertKarl-Josef LaumannUrsula Lietz

Wolfgang Lohmann(Lüdenscheid)

Julius LouvenDr. Michael LutherDr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)Wolfgang MeckelburgMeinolf MichelsClaudia NolteGünter NookeFranz ObermeierAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerThomas RachelHans-Peter RepnikDr. Heinz RiesenhuberVolker RüheDr. Jürgen RüttgersDr. Wolfgang SchäubleHeinz SchemkenAndreas Schmidt (Mühlheim)Reinhard Freiherr von

SchorlemerClemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-

SchillingRudolf SeitersWerner SiemannMargarete SpäteAndreas StormDorothea Störr-RitterMatthäus StreblDr. Rita SüssmuthGunnar UldallAndrea VoßhoffDr. Theodor WaigelPeter Weiß (Emmendingen)Gerald Weiß (Groß-Gerau)Annette Widmann-MauzHeinz Wiese (Ehingen)Elke Wülfing

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Matthias BerningerAndrea Fischer (Berlin)Monika KnocheSteffi LemkeKlaus Wolfgang Müller

(Kiel)Christa NickelsSimone ProbstClaudia Roth (Augsburg)Irmingard Schewe-GerigkChristian SterzingHans-Christian Ströbele

F.D.P.

Hildebrecht Braun(Augsburg)

Ernst BurgbacherJörg van EssenGisela FrickPaul K. FriedhoffRainer Funke

Dr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannDr. Karlheinz GuttmacherWalter HircheDr. Werner HoyerUlrich IrmerDr. Klaus KinkelDr. Heinrich L. KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-

SchnarrenbergerDirk NiebelHans-Joachim Otto

(Frankfurt)Dr. Günter RexrodtDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkDr. Guido Westerwelle

PDS

Petra BlässMaritta BöttcherRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllUlla JelpkeSabine JüngerGerhard JüttemannDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerDr. Christa LuftHeidemarie LüthKersten NaumannRosel NeuhäuserChristine OstrowskiPetra PauDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja Seifert

Nein

SPD

Brigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel (Berlin)Klaus Barthel (Starnberg)Ingrid Becker-InglauDr. Axel Berg

Hans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthLothar Binding (Heidelberg)Kurt BodewigKlaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann (Detmold)Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)Ursula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryMarion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersAnnette FaßeLothar Fischer (Homburg)Gabriele FograscherIris FollakRainer FornahlHans ForsterLilo Friedrich (Mettmann)Harald FrieseAnke Fuchs (Köln)Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeUwe GöllnerRenate GradistanacAngelika Graf (Rosenheim)Dieter GrasedieckMonika GriefahnWolfgang GrotthausKarl-Hermann Haack

(Extertal)Hans-Joachim HackerKlaus HagemannChristel HanewinckelAlfred HartenbachKlaus HasenfratzNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumReinhold Hiller (Lübeck)Gerd HöferJelena Hoffmann (Chemnitz)Walter Hoffmann

(Darmstadt)Iris Hoffmann (Wismar)Frank Hofmann (Volkach)Ingrid HolzhüterChristel HummeBarbara Imhof

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

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4134 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

(B)

(A) (C)

(D)

Gabriele IwersenRenate JägerIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung (Düsseldorf)Johannes KahrsSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertSiegrun KlemmerHans-Ulrich KloseFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslVolker KröningAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfWerner LabschChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange (Backnang)Detlev von LarcherChristine LehderDr. Elke LeonhardGötz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)Erika LotzDieter Maaß (Herne)Tobias MarholdLothar MarkUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer (Ulm)Ursula MoggChristoph MoosbauerMichael Müller (Düsseldorf)Andrea Maria NahlesVolker Neumann (Bramsche)Dr. Edith NiehuisDr. Rolf NieseDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseBernd ReuterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth (Heringen)

Dr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenOtto SchilyHorst Schmidbauer

(Nürnberg)Ulla Schmidt (Aachen)Silvia Schmidt (Eisleben)Dagmar Schmidt (Meschede)Wilhelm Schmidt (Salzgitter)Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt (Berg)Carsten SchneiderDr. Emil SchnellWalter SchölerOlaf ScholzFritz SchösserGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertBrigitte Schulte (Hameln)Reinhard Schultz

(Everswinkel)Volkmar Schultz (Köln)Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDietmar Schütz (Oldenburg)Dr. Angelica Schwall-DürenRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-

WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerWolfgang ThierseFranz ThönnesUta Titze-StecherAdelheid TröscherHans-Eberhard UrbaniakRüdiger VeitSimone ViolkaUte Vogt (Pforzheim)Hans Georg WagnerHedi WegenerWolfgang WeiermannGert Weisskirchen

(Wiesloch)Dr. Ernst Ulrich von

WeizsäckerHans-Joachim WeltHildegard WesterDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek

(Duisburg)Jürgen Wieczorek (Leipzig)Dieter Wiefelspütz

Heino Wiese (Hannover)Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer (Karlsruhe)Engelbert WistubaBarbara WittigVerena WohllebenHanna Wolf (München)Waltraud Wolff (Zielitz)Heidemarie WrightPeter Zumkley

CDU/CSU

Ilse AignerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtRenate BlankPeter BleserSylvia BonitzWolfgang Börnsen

(Bönstrup)Wolfgang BosbachKlaus BrähmigHartmut Büttner

(Schönebeck)Dankward BuwittCajus CaesarManfred Carstens (Emstek)Leo DautzenbergHubert DeittertAlbert DeßRenate DiemersThomas DörflingerMaria EichhornRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkIngrid FischbachDirk Fischer (Hamburg)Axel E. Fischer (Karlsruhe-

Land)Herbert FrankenhauserDr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeHans-Joachim FuchtelNorbert GeisGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerPeter GötzDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillCarl-Detlev Freiherr von

HammersteinGerda HasselfeldtHansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)Siegfried HeliasHans Jochen HenkeErnst HinskenKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithGeorg JanovskyIrmgard KarwatzkiVolker Kauder

Ulrich KlinkertManfred KolbeNorbert KönigshofenHartmut KoschykThomas KossendeyRudolf KrausDr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)Dr. Paul LaufsVera LengsfeldPeter LetzgusWalter Link (Diepholz)Dr. Manfred LischewskiErwin MarschewskiDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelHans MichelbachDr. Gerd MüllerBernward Müller (Jena)Friedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto (Erfurt)Dr. Peter PaziorekBeatrix PhilippRonald PofallaDr. Peter RamsauerHelmut RauberChrista Reichard (Dresden)Erika ReinhardtKlaus RiegertFranz RomerHannelore Rönsch

(Wiesbaden)Kurt RossmanithAdolf Roth (Gießen)Norbert RöttgenDr. Christian RuckAnita SchäferHartmut SchauerteGerhard ScheuDietmar SchleeBernd SchmidbauerChristian Schmidt (Fürth)Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)Dr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtDiethard W. Schütze (Berlin)Wilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertJohannes SinghammerBärbel SothmannCarl-Dieter SprangerWolfgang SteigerDr. Wolfgang Freiherr von

StettenMax StraubingerThomas StroblMichael StübgenDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlArnold VaatzAngelika VolquartzHans-Otto Wilhelm (Mainz)Klaus-Peter Willsch

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 4135

(A) (C)

(B) (D)

Werner WittlichDagmar WöhrlAribert WolfWolfgang ZeitlmannWolfgang Zöller

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Marieluise Beck (Bremen)Volker Beck (Köln)Angelika BeerAnnelie BuntenbachDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef Fell

Rita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneMichaele HustedtDr. Angelika Köster-LoßackDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKerstin Müller (Köln)Winfried NachtweiCem ÖzdemirChristine ScheelRezzo SchlauchWerner Schulz (Leipzig)Christian SimmertDr. Antje VollmerLudger VolmerSylvia Ingeborg Voß

Helmut Wilhelm (Amberg)Margareta Wolf (Frankfurt)

F.D.P.

Ulrich HeinrichBirgit HomburgerJürgen KoppelinGünter Friedrich Nolting

Enthalten

SPD

Stephan HilsbergDirk ManzewskiHorst Schild

CDU/CSU

Dr. Wolf BauerElmar Müller

(Kirchheim)Wolfgang Schulhoff

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Antje Hermenau

PDS

Eva Bulling-SchröterCarsten HübnerHeidi Lippmann-Kasten

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU

Abgeordnete(r)

Behrendt, Wolfgang, SPD

Hornung, Siegfried,CDU/CSU

Neumann (Gotha), Gerhard,SPD

Zierer, Benno, CDU/CSU

Bindig, Rudolf, SPD

Lörcher, Christa, SPD

Schloten, Dieter, SPD

Bühler (Bruchsal), Klaus,CDU/CSU

Maaß (Wilhelmshaven),Erich, CDU/CSU

von Schmude, Michael,CDU/CSU

Dr. Hornhues, Karl-Heinz,CDU/CSU

Müller (Berlin), Manfred,PDS

Dr. Wodarg, Wolfgang, SPD

Wir stimmen jetzt noch einmal namentlich ab, undzwar über Abschnitt II der Beschlußempfehlung desAusschusses für Kultur und Medien auf Drucksache14/1238, Gestaltung des Mahnmals nach dem Entwurfeines Stelenfeldes von Peter Eisenman mit einem Ortder Information.

Das ist jetzt die Schlußabstimmung über den Gestal-tungsentwurf II. Es war namentliche Abstimmungverlangt. Sind die vorgesehenen Plätze besetzt? – Danneröffne ich die Abstimmung.

Ist noch jemand anwesend, der seine Stimme nichtabgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.

Ich schließe damit die Abstimmung und bitte, mit derAuszählung zu beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen dannmitgeteilt werden.

Bis dahin unterbreche ich noch einmal die Sitzung.Es wäre aber schön, wenn Sie hierbleiben könnten, da-

mit wir dann gemeinsam das Gesamtergebnis hörenkönnen.

(Unterbrechung von 14.11 Uhr bis 14.16 Uhr)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Die unterbro-chene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich gebe Ihnen das von den Schriftführern undSchriftführerinnen ermittelte Ergebnis der namentlichenAbstimmung über den Gestaltungsvorschlag bekannt:Abgegebene Stimmen 537. Mit Ja haben gestimmt 314,mit Nein haben gestimmt 209, Enthaltungen gab es 14.

Damit ist die Entscheidung über die Gestaltung desMahnmals gefallen. Der Deutsche Bundestag hat sichfür den Entwurf eines Stelenfeldes von Peter Eisenman,verbunden mit einem Ort der Information, entschieden.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeord-neten der F.D.P.)

Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 534;davon:

ja: 312nein: 207enthalten: 13ungültig: 2

Ja

SPD

Brigitte AdlerGerd Andres

Rainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel (Berlin)Klaus Barthel (Starnberg)Ingrid Becker-InglauHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthLothar Binding (Heidelberg)Klaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli Brase

Dr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann (Detmold)Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryMarion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl Diller

Rudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersAnnette FaßeLothar Fischer (Homburg)Gabriele FograscherRainer FornahlHans ForsterLilo Friedrich (Mettmann)Harald Friese

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Page 55: Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/14/14048.pdf · der Holocaust die „Grenze unseres Verstehens“, wie es Hanno Loewy treffend ausgedrückt hat. Die mehrfachen Auslobungsverfahren

4136 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

(B)

(A) (C)

(D)

Anke Fuchs (Köln)Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeUwe GöllnerRenate GradistanacAngelika Graf (Rosenheim)Dieter GrasedieckMonika GriefahnWolfgang GrotthausKarl-Hermann Haack

(Extertal)Hans-Joachim HackerKlaus HagemannManfred HampelChristel HanewinckelAlfred HartenbachKlaus HasenfratzNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller (Lübeck)Gerd HöferWalter Hoffmann

(Darmstadt)Iris Hoffmann (Wismar)Frank Hofmann (Volkach)Ingrid HolzhüterChristel HummeBarbara ImhofGabriele IwersenJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung (Düsseldorf)Sabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertSiegrun KlemmerHans-Ulrich KloseFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslVolker KröningAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange (Backnang)Detlev von LarcherChristine LehderDr. Elke LeonhardGötz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)Erika Lotz

Dr. Christine LucygaDieter Maaß (Herne)Tobias MarholdLothar MarkUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer (Ulm)Ursula MoggChristoph MoosbauerMichael Müller (Düsseldorf)Jutta Müller (Völklingen)Andrea NahlesVolker Neumann (Bramsche)Dr. Edith NiehuisDr. Rolf NieseDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothGeorg PfannensteinJohannes PflugJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth (Heringen)Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenSiegfried SchefflerOtto SchilyHorst Schmidbauer

(Nürnberg)Ulla Schmidt (Aachen)Silvia Schmidt (Eisleben)Dagmar Schmidt (Meschede)Wilhelm Schmidt (Salzgitter)Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt (Berg)Carsten SchneiderWalter SchölerOlaf ScholzFritz SchösserGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertBrigitte Schulte (Hameln)Reinhard Schultz

(Everswinkel)Volkmar Schultz (Köln)Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDietmar Schütz (Oldenburg)

Dr. Angelica Schwall-DürenRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Cornelie Sonntag-

WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerWolfgang ThierseFranz ThönnesUta Titze-StecherAdelheid TröscherHans-Eberhard UrbaniakRüdiger VeitSimone ViolkaUte Vogt (Pforzheim)Hans Georg WagnerHedi WegenerDr. Konstanze WegnerWolfgang WeiermannGert Weisskirchen

(Wiesloch)Dr. Ernst Ulrich von

WeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek

(Duisburg)Jürgen Wieczorek (Leipzig)Dieter WiefelspützHeino Wiese (Hannover)Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer (Karlsruhe)Engelbert WistubaBarbara WittigVerena WohllebenHanna Wolf (München)Waltraud Wolff (Zielitz)Heidemarie WrightPeter Zumkley

CDU/CSU

Peter AltmaierRainer EppelmannDr. Heiner GeißlerUrsula HeinenHans Jochen HenkeEckart von KlaedenDr. Martina KrogmannDr. Friedbert PflügerRuprecht PolenzHans-Peter RepnikDr. Wolfgang Schäuble

Dr. Christian Schwarz-Schilling

Dr. Rita Süssmuth

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Marieluise Beck (Bremen)Volker Beck (Köln)Angelika BeerMatthias BerningerAnnelie BuntenbachDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer (Berlin)Rita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller

(Kiel)Kerstin Müller (Köln)Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth (Augsburg)Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt (Hitzhofen)Werner Schulz (Leipzig)Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleDr. Antje VollmerLudger VolmerHelmut Wilhelm (Amberg)Margareta Wolf (Frankfurt)

F.D.P.

Hans-Michael GoldmannUlrich IrmerIna LenkeSabine Leutheusser-

SchnarrenbergerDr. Irmgard SchwaetzerDr. Max Stadler

PDS

Petra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsWolfgang GehrckeDr. Klaus GrehnDr. Gregor Gysi

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Page 56: Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/14/14048.pdf · der Holocaust die „Grenze unseres Verstehens“, wie es Hanno Loewy treffend ausgedrückt hat. Die mehrfachen Auslobungsverfahren

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 4137

(A) (C)

(B) (D)

Dr. Barbara HöllCarsten HübnerUlla JelpkeSabine JüngerGerhard JüttemannDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzHeidi LippmannUrsula LötzerDr. Christa LuftHeidemarie LüthKersten NaumannRosel NeuhäuserChristine OstrowskiPetra PauDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja Seifert

Nein

SPD

Dr. Axel BergHans Büttner (Ingolstadt)Iris FollakJelena Hoffmann (Chemnitz)Renate JägerJohannes KahrsWerner LabschWaltraud LehnWinfried ManteChristian Müller (Zittau)Horst SchildDr. Emil Schnell

CDU/CSU

Ilse AignerDietrich AustermannNorbert BarthleGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtRenate BlankPeter BleserDr. Norbert BlümSylvia BonitzJochen BorchertWolfgang Börnsen

(Bönstrup)Dr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerHartmut Büttner

(Schönebeck)Dankward BuwittCajus CaesarManfred Carstens (Emstek)Leo DautzenbergHubert DeittertAlbert DeßRenate Diemers

Thomas DörflingerMaria EichhornAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer (Hamburg)Axel E. Fischer (Karlsruhe-

Land)Herbert FrankenhauserDr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeHans-Joachim FuchtelNorbert GeisGeorg GirischMichael GlosDr. Reinhard GöhnerPeter GötzDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundCarl-Detlev Freiherr von

HammersteinGottfried Haschke

(Großhennersdorf)Gerda HasselfeldtNorbert Hauser (Bonn)Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)Siegfried HeliasErnst HinskenKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithJoachim HörsterPeter JacobyGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkSteffen KampeterDr. Dietmar KansyIrmgard KarwatzkiVolker KauderUlrich KlinkertDr. Helmut KohlManfred KolbeNorbert KönigshofenHartmut KoschykThomas KossendeyRudolf KrausDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)Dr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link (Diepholz)Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)Julius Louven

Dr. Michael LutherErwin MarschewskiDr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)Dr. Michael MeisterDr. Angela MerkelHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller (Jena)Claudia NolteFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto (Erfurt)Dr. Peter PaziorekAnton PfeiferBeatrix PhilippRonald PofallaMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerThomas RachelDr. Peter RamsauerHelmut RauberChrista Reichard (Dresden)Erika ReinhardtKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHannelore Rönsch

(Wiesbaden)Kurt RossmanithAdolf Roth (Gießen)Norbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferHartmut SchauerteHeinz SchemkenGerhard ScheuDietmar SchleeBernd SchmidbauerChristian Schmidt (Fürth)Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)Andreas Schmidt (Mühlheim)Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)Dr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzReinhard Freiherr von

SchorlemerDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze (Berlin)Clemens SchwalbeWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersWerner SiemannJohannes SinghammerBärbel SothmannMargarete SpäteCarl-Dieter SprangerWolfgang SteigerDr. Wolfgang Freiherr von

Stetten

Andreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffDr. Theodor WaigelGerald Weiß (Groß-Gerau)Annette Widmann-MauzHeinz Wiese (Ehingen)Hans-Otto Wilhelm (Mainz)Klaus-Peter WillschWerner WittlichDagmar WöhrlAribert WolfElke WülfingWolfgang ZeitlmannWolfgang Zöller

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sylvia Ingeborg Voß

F.D.P.

Hildebrecht Braun(Augsburg)

Ernst BurgbacherJörg van EssenGisela FrickPaul K. FriedhoffRainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtDr. Karlheinz GuttmacherBirgit HomburgerDr. Klaus KinkelDr. Heinrich L. KolbGudrun KoppJürgen KoppelinDirk NiebelGünther Friedrich NoltingHans-Joachim Otto

(Frankfurt)Dr. Günter RexrodtMarita SehnCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen Türk

Enthalten

SPD

Stephan HilsbergDirk Manzewski

CDU/CSU

Dr. Wolf BauerDr. Heribert Blens

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Page 57: Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/14/14048.pdf · der Holocaust die „Grenze unseres Verstehens“, wie es Hanno Loewy treffend ausgedrückt hat. Die mehrfachen Auslobungsverfahren

4138 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999

(B)

(A) (C)

(D)

Hubert HüppeDr. Norbert LammertWolfgang MeckelburgElmar Müller (Kirchheim)Günter Nooke

F.D.P.Dr. Werner HoyerGerhard SchüßlerDr. Hermann Otto SolmsDr. Guido Westerwelle

Ungültig

SPD

Dr. Willfried Penner

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Antje Hermenau

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU

Abgeordnete(r)Behrendt, Wolfgang, SPD

Hornung, Siegfried,CDU/CSU

Neumann (Gotha), Gerhard,SPD

Zierer, Benno, CDU/CSU

Bindig, Rudolf, SPD

Lörcher, Christa, SPD

Schloten, Dieter, SPD

Bühler (Bruchsal), Klaus,CDU/CSU

Maaß (Wilhelmshaven),Erich, CDU/CSU

von Schmude, Michael,CDU/CSU

Dr. Hornhues, Karl-Heinz,CDU/CSU

Müller (Berlin), ManfredWalter, PDS

Dr. Wodarg, Wolfgang, SPD

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Ab-schnitt III der Beschlußempfehlung. Da geht es um dieGründung einer Stiftung. Wer stimmt dafür? – Gegen-stimmen? – Enthaltungen? – Abschnitt III ist mit Mehr-heit des Hauses bei einigen Gegenstimmen und auchEnthaltungen angenommen worden.

Wir kommen jetzt zum Buchstaben C der Be-schlußempfehlung. Ich gehe davon aus, daß die Anträgeauf den Drucksachen 14/941, 14/942, 14/944, 14/965und 14/981 entsprechend der Beschlußempfehlung fürerledigt erklärt werden. – Das ist der Fall.

Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-destages auf Mittwoch, den 30. Juni 1999, 9 Uhr ein.

Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen einegute Heimkehr.

Die Sitzung ist geschlossen.

(Schluß: 14.18 Uhr)

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Page 58: Deutscher Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btp/14/14048.pdf · der Holocaust die „Grenze unseres Verstehens“, wie es Hanno Loewy treffend ausgedrückt hat. Die mehrfachen Auslobungsverfahren

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 48. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1999 4139

(A) (C)

(B) (D)

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1

Liste der entschuldigten Abgeordneten

Abgeordnete(r)entschuldigt biseinschließlich

Altmann (Aurich), Gila BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

25.6.99

Balt, Monika PDS 25.6.99Behrendt, Wolfgang SPD 25.6.99 *Bindig, Rudolf SPD 25.6.99 *Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 25.6.99Brüderle, Rainer F.D.P. 25.6.99Brunnhuber, Georg CDU/CSU 25.6.99Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 25.6.99 *Bulmahn, Edelgard SPD 25.6.99Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN25.6.99

Ernstberger, Petra SPD 25.6.99Fischer (Frankfurt), Joseph

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

25.6.99

Formanski, Norbert SPD 25.6.99Friedrich (Altenburg), Peter

SPD 25.6.99

Gebhardt, Fred PDS 25.6.99Göring-Eckhardt, Katrin

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

25.6.99

Graf (Friesoythe), Günter SPD 25.6.99Großmann, Achim SPD 25.6.99Hempel, Frank SPD 25.6.99Hintze, Peter CDU/CSU 25.6.99Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN25.6.99

Dr. Hornhues, Karl-Heinz

CDU/CSU 25.6.99 *

Hornung, Siegfried CDU/CSU 25.6.99 *Ibrügger, Lothar SPD 25.6.99Kanther, Manfred CDU/CSU 25.6.99Kolbow, Walter SPD 25.6.99Dr. Küster, Uwe SPD 25.6.99Lensing, Werner CDU/CSU 25.6.99Lörcher, Christa SPD 25.6.99 *Maaß (Wilhelmshaven), Erich

CDU/CSU 25.6.99 *

Marquardt, Angela PDS 25.6.99Metzger, Oswald BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN25.6.99

Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 25.6.99Müller (Berlin), Manfred

PDS 25.6.99 *

Müntefering, Franz SPD 25.6.99

Abgeordnete(r)entschuldigt biseinschließlich

Neumann (Gotha), Gerhard

SPD 25.6.99 *

Opel, Manfred SPD 25.6.99Dr. Pick, Eckhart SPD 25.6.99Raidel, Hans CDU/CSU 25.6.99Reiche, Katherina CDU/CSU 25.6.99Ronsöhr, Heinrich-Wilhelm

CDU/CSU 25.6.99

Rübenkönig, Gerhard SPD 25.6.99Schloten, Dieter SPD 25.6.99 *von Schmude, Michael CDU/CSU 25.6.99 *Schönfeld, Karsten SPD 25.6.99Schreiner, Ottmar SPD 25.6.99Schuhmann (Delitzsch), Richard

SPD 25.6.99

Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 25.6.99Dr. Thalheim, Gerald SPD 25.6.99Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN25.6.99

Weisheit, Matthias SPD 25.6.99Weißgerber, Gunter SPD 25.6.99Wettig-Danielmeier, Inge

SPD 25.6.99

Wissmann, Matthias CDU/CSU 25.6.99Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 25.6.99 *Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 25.6.99Zierer, Benno CDU/CSU 25.6.99 *Dr. Zöpel, Christoph SPD 25.6.99

* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-lung des Europarates

Anlage 2

Erklärungen nach § 31 GO

zur Abstimmung über die Beschlußempfehlungdes Ausschusses für Kultur und Medien(Drucksache 14/1238)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Renate Jäger,Dr. Mathias Schubert, Ernst Bahr, weiterer Abge-ordneter der Fraktion der SPD, der AbgeordnetenNorbert Barthle, Dr. Sabine Bergmann-Pohl, DirkFischer (Hamburg), weiterer Abgeordneter derFraktion der CDU/CSU, sowie der Abgeordne-ten Ulrich Heinrich und Dr. Edzard Schmidt-Jortzig

Errichtung eines Mahnmals für die ermorde-ten Juden Europas (Drucksache 14/941)

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– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Elke Leon-hard, Andrea Nahles, Dr. Eckhart Pick, weitererAbgeordneter der Fraktion der SPD, der Ab-geordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt),Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. Hermann Otto Solms,weiterer Abgeordneter der Fraktion der F.D.P.,sowie der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, PetraBläss, Heinrich Fink, weiterer Abgeordneter derFraktion der PDS

Errichtung eines Denkmals für die ermordetenJuden Europas (Drucksache 14/942)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gert Weisskir-chen (Wiesloch), Eckhardt Barthel (Berlin), Hans-Werner Bertl, weiterer Abgeordneter der Fraktionder SPD, der Abgeordneten Dr. Rita Süssmuth derAbgeordneten Volker Beck (Köln), Gila Altmann(Aurich), Marieluise Beck (Bremen), weitererAbgeordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, sowie der Abgeordneten SabineLeutheusser-Schnarrenberger

Errichtung eines Denkmals für die ermordetenJuden Europas (Drucksache 14/943)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Roth(Heringen), Karin Kortmann, Nina Hauer, weite-rer Abgeordneter der SPD sowie der Abgeordne-ten Dr. Antje Vollmer, Cem Özdemir, Dr. UschiEid, weiterer Abgeordneter der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN

Errichtung eines Denkmals für die ermordetenJuden Europas und eines „Hauses der Erinne-rung“ (Drucksache 14/944)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Wid-mann-Mauz, Dr. Martina Korgmann, Usula Hei-nen und weiterer Abgeordneter der Fraktion derCDU/CSU

Errichtung eines Mahnmals für die Opfer dernationalsozialistischen Verbrechen gegen dieMenschlichkeit (Drucksache 14/965)

– zu dem Antrag der Abgeordeten Wilhelm-JosefSebastian, Hans-Otto Wilhelm (Mainz), Dr. GerdMüller und weiterer Abgeordeter der Fraktion derCDU/CSU

Errichtung eines zentralen Mahnmals (Druck-sache 14/981)

Beatrix Philipp (CDU/CSU): Wenn Denkmäler undMahnmale in unserer Zeit überhaupt eine Berechtigunghaben, dann, so meine ich, müssen sie etwas bewirken,für sich selbst sprechen. Sie müssen für das Inhaltliche,an das erinnert oder/und gemahnt werden soll, sensibili-sieren. Das ist der mindeste Anspruch, den ich stelle.Und „Eisenman“, mit und ohne Ergänzung, die im übri-gen selbst von Befürwortern für unabdingbar gehaltenwird, wird diesem Anspruch nicht gerecht. Wir könnennoch zehn Jahre länger darüber akademisch diskutieren– uns muß interessieren, was der Mensch auf der Straße,der, der Berlin besucht, möglicherweise aus dem Aus-

land kommend, empfindet! Uns muß interessieren, wasMenschen nach vielen Jahren der Existenz eines solchenMahnmals denken und empfinden.

„Eisenman“ wird das Gegenteil von dem erreichen,was allen gemeinsames Anliegen ist. Das Monumentale,das von ihm gewollt ist, wird das genaue Gegenteil be-wirken: Es wird den Menschen „erdrücken“, nicht sen-sibilisieren, wenn er sich denn überhaupt der „Begeg-nung“ aussetzt und sie nicht bewußt meidet. Den wirvielleicht in erster Linie erreichen wollen, den jungenMenschen, der wird sich der Konfrontation möglicher-weise entziehen; Tendenzen dazu gibt es heute schon,leider!

Damit wird aber auch das grundsätzliche Ziel, dervon mir erwähnte Mindestanspruch, nicht erreicht, näm-lich im Betrachter, im Besucher etwas zu bewegen undihn zu sensibilisieren. Im Gegenteil, wer ein wenig vonPsychologie weiß, wird nicht bestreiten, daß das Mahn-mal „à la Eisenman“ aggressiv macht bzw. machenwird. Gegen wen sich diese Aggression dann richtenwird, kann ich nur vermuten. Aber der Gedanke daran,beunruhigt mich sehr; er macht mir fast angst.

Wenn die Zielgruppe, an die sich das Mahnmal in er-ster Linie richtet, die Jugend ist, dann – so meine ich –muß es etwas geben, das die junge Generation – undzwar viele junge zukünftige Generationen – ermutigt, sie„mitnimmt“, sie anspricht, das ihr aber auch das Gefühlgibt, durch das Erfahrene, etwa durch „Mittun“ etwasbewirken, verändern oder auch verhindern zu können.Wir spüren alle – so hoffe ich – die Verpflichtung, unse-re Jugendlichen vom zunehmenden bloßen Konsumierenweg zum Handeln, das heißt, zum Mittun, anzuregen.Nutzt es ihnen oder auch uns, nur zu erinnern? Ich mei-ne; erinnern reicht nicht aus! Es muß mit und in denMenschen etwas bewegt werden, etwas „emotionali-siert“ werden, im besten Sinne des Wortes, etwa im Sin-ne von erschrecken, aufwühlen, erschüttern, schaudern.Dieses geschieht am besten – und das wird niemand be-streiten können – an authentischen Orten. Und daß dasin hervorragender Weise an und in den mehr als 40 Ber-liner Gedenkstätten in besonders bemerkenswerter Wei-se geschieht, bestreitet eigentlich niemand.

Bei den vielen Besuchen Berlins – vor und nach demBau und auch dem Fall der Mauer – gab es für mich,aber auch für viele, mit denen ich gemeinsam in Berlinwar, etwas, das weit über Berlins und DeutschlandsGrenzen hinaus wegweisend und beispielhaft war undist, nämlich die Konzeption, die den Berliner Gedenk-stätten zugrunde liegt. Sie zeichnet sich aus durch Viel-falt, Authentizität, durch Sensibilität auch in der Aus-wahl der Mittel und dadurch, daß sie bei den Menschentatsächlich etwas bewirkt.

Ich glaube, daß beim Besucher entstehende Fragen andiesen Gedenkstätten sich recht einfach beantworten las-sen. Sie geben individuelle Antworten zum Beispiel aufdie Soziologenfrage: Was macht das mit mir? Nämlichdas Gefühl des „Nie wieder“ entstehen zu lassen, dasdurch Erschüttern bewußt gemachte Erkennen des Un-glaublichen, durch Gedenken und Erinnern hervorgeru-fene Aufmerksamkeit und auch das Entstehen von Ver-

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antwortungsbewußtsein. Schließlich bewirken sie einGefühl der Demut und Scham und ein „Nach-Denken“,auch die Bereitschaft, „Anfängen zu wehren“. Mit die-sen Gefühlen und Empfindungen sollte man die Men-schen – und gerade die jungen – nicht alleinlassen.

Wenn überhaupt: Am nächsten käme dem von mireingangs erwähnten Anspruch der „Schröder-Entwurf“,der aber meines Erachtens keine Chance hat, eine Mehr-heit in diesem Hause zu bekommen.

Nachdem ich diversen Pressemitteilungen entnehmenkonnte, daß der Zentralrat der Sinti und Roma die Zusa-ge der Bundesregierung auf ein „eigenes“ Mahnmal vordem Südeingang des Reichstages einfordert – und daszeitgleich –, zeichnet sich für mich eine unerträglicheEntwicklung ab. Ich bin deshalb gegen jedes Mahnmal.Vielmehr setze ich mich für eine Ausstattung der vor-handenen Gedenkstätten mit ausreichenden Mitteln ein.Ich meine, es muß etwas geben, das in die Zukunft ge-richtet ist und zum aktiven Mitmachen einlädt. Wer dieAnfänge des deutsch-französischen Jugendwerkes kennt,wer heute sieht, was daraus hat werden können, wer dieAnfänge des deutsch-polnischen Jugendwerkes kenntund zur Kenntnis nimmt, daß wir uns damit wirklich aufeinem guten Weg befinden, der, so meine ich, würde einwirkliches Zeichen setzen, wenn er auf ein monumenta-les, „erschlagendes“, aggressiv machendes Mahnmal mitunbekannten Baukosten und auch noch unbekanntenFolgekosten verzichtet und das Geld in ein gut ausge-stattetes Jugendwerk investierte.

Und noch eins: Ein so monumentales Bauwerk, wiedas geplante, ist in höchstem Maße auf Akzeptanz an-gewiesen. Daß schon im Vorfeld, nicht nur durch dieDauer der Diskussion – diese hielt und halte ich für gut–, sondern auch durch Verfahrensfragen, durch unter-schiedliche Interpretationen, durch „Ein- und Ausstieg“von Beteiligten usw. deutlich wurde, daß das, was manursprünglich beabsichtigte, künstlerisch und ästhetischnicht zu verwirklichen ist, sollte uns zum Umdenkenveranlassen.

Es gibt einen wahren Satz: „Wer A sagt, muß nicht Bsagen, wenn er erkennt, daß A falsch war.“ Ich meine,wir sollten heute mutig genug sein, nein zu sagen. Wirwenden uns heute besser in dieser zentralen Frage derZukunft zu, nehmen das Geld, das aus dem Grund-stücksverkauf, das für Bau- und Unterhaltungs- bzw.Folgekosten aufzubringen ist und gründen ein deutsch-israelisches Jugendwerk.

Ich wünschte mir, daß das, was Bartoszewski einmalals Traum bezeichnete, bezogen auf das Verhältnis vonPolen und Deutschen, auch von uns geträumt wird. Erträumte von einer Zeit, in der sie nur dies füreinanderwären „ganz normale Menschen“. Dem würde ein groß-zügig ausgestattetes deutsch-israelisches Jugendwerkdienen, von den Menschen – und gerade den jungen –auch als Auftrag begriffen. Dieses würde überdies dieKonzeption der authentischen über 1 000 Gedenkstättenin der Bundesrepublik sinnvoll ergänzen.

Dr.-Ing. Dietmar Kansy (CDU/CSU): In Respekt vordem Anliegen der Initiatoren und der bisher geleistetenArbeit des Förderkreises des Landes Berlin und der

Bundesregierung halte ich das gesamte Abstimmungs-verfahren im Deutschen Bundestag für nicht akzeptabel,da der Deutsche Bundestag erst zu einem Zeitpunkt zueiner Entscheidung aufgerufen wurde, als wesentlicheWeichenstellungen bereits erfolgt waren. Ich hätte eshingenommen, wenn die bisherigen Auslober die Ver-antwortung bis zum Schluß behalten hätten.

Eine nunmehr erbetene Mitwirkung an der Entschei-dung als Mitglied des Deutschen Bundestages wäre nachmeiner Auffassung nur verantwortbar, wenn eine maß-gebliche Mitwirkung des Deutschen Bundestages bereitsbei der Erstellung der Auslobungsunterlagen und späterim Beurteilungsgremium erfolgt wäre. Allein zu diesemZeitpunkt wäre eine echte Mitwirkung an grundsätzli-chen Weichenstellungen möglich gewesen. Dies läßtsich nach meiner Auffassung auch nicht durch die heuti-ge Abstimmungskette nachholen.

Da aber weder ständige Stimmenthaltung noch stän-diges Nein-Stimmen meinem Anliegen gerecht würdenund Nichtbeteiligung an den Abstimmungen nur Ver-zicht auf nachträgliche Einflußnahme bedeutet hätte,werde ich entsprechend dem Verlauf der Debatte undder Abstimmungen an den Abstimmungen teilnehmen.

Wolfgang Dehnel (CDU/CSU): Ich lehne die vorlie-genden Entwürfe ab und fordere dagegen von der Bun-desregierung: Erstens. Die Bundesregierung wird aufge-fordert, sich für den Bau eines punktuellen Holocaust-Denkmals und somit gegen ein Flächendenkmal, wie esdie bisherigen Entwürfe darstellen, einzusetzen. Der Baueines solchen Holocaust-Denkmals bedarf einer neuenAusschreibung.

Zweitens. Es sollte alles dafür getan werden, die be-reits bestehenden Gedenkstätten zu erhalten. Dazu zäh-len auch das Jüdische Museum sowie das Dokumenta-tions- und Begegnungszentrum der Stiftung Topogra-phie des Terrors.

Begegnungsaufenthalte von Schülern und Studentensollten mit den Mitteln finanziert werden, die für denBau und den Unterhalt eines kostenintensiven Flächen-denkmals vorgesehen sind.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, für die Rea-lisierung der genannten Vorhaben angemessene Mittelaus dem Bundeshaushalt bereitzustellen.

Begründung:

Zu 1. Wie die Mehrheit der Bürger unseres Landeserachten wir die intensive Auseinandersetzung mit demHolocaust als notwendig. Unsere Schamgefühle werdenauch über die nächsten Generationen hinweg durch keinDenkmal aus der Welt zu schaffen sein, schon gar nichtdurch monumentale Betonanhäufungen, wie sie dieEntwürfe von Eisenman/Serra vorsehen. Vielmehr wir-ken diese künstlich, aufgesetzt und verkrampft.

Ein Denkmal für die Holocaust-Opfer sollte dieÜberlebenden anrühren und somit den Seelen der Er-mordeten gerecht werden. Ebenso wenig geeignet fürsolch ein riesiges Flächendenkmal ist der Platz, der sichneben und damit in Konkurrenz zu dem BrandenburgerTor befindet, da in diesem Fall die Betrachter hinter den

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vorgesehenen Betonwänden isoliert würden. Deshalbsollte der Ort offen gestaltet werden, damit dieser auchfür Veranstaltungen des Gedenkens und der Begegnunggenutzt werden kann. Für das Denkmal und die Platzge-staltung sollten des weiteren nur Materialien verwendetwerden, die an die Zeit des Holocaust erinnern. Das wä-ren zum Beispiel für das Denkmal Stacheldraht oder ge-brochener Granit sowie für den Platz graues oder bzw.und rotes Pflaster.

Zu 2. Die bereits bestehenden Gedenkstätten und Mu-seen machen der jüngeren Generation, die nicht mehrunmittelbar von diesem furchtbaren Geschehen betrof-fen ist, das Grauen nachvollziehbarer. Durch intensiveForschung und Pflege dieser Mahnmale wird gleichsamein aktives – und nicht nur plakatives – Erinnern ermög-licht.

Rainer Fornahl (SPD): Seit über zehn Jahren wird inder Bundesrepublik Deutschland über die Errichtungeines zentralen Denkmals für die ermordeten Juden Eu-ropas diskutiert, ja gestritten. Das war und ist vor demHintergrund des Umgangs der Deutschen mit der Zeitdes Nationalsozialismus auch notwendig.

Als ein im Osten Deutschlands geborener und in derehemaligen DDR aufgewachsener Deutscher habe ichsehr bewußt und schmerzlich die Erfahrung eines ge-spaltenen Umgangs der Deutschen mit ihrer Hauptver-antwortung für ungeheuerliche Verbrechen an den Völ-kern Europas und ganz besonders an den europäischenJuden miterlebt. Deshalb habe ich nach der Wiederver-einigung Deutschlands ausgesprochene Genugtuungdarüber empfunden, daß sich das wieder zusammenge-fundene deutsche Volk auch auf einen gemeinsamenWeg der Verantwortung für die Verbrechen des natio-nalsozialistischen Deutschlands an den europäischen Ju-den, aber auch für ungezählte weitere Verbrechen anpolitischen, religiösen und behinderten Opfern, an sozialVerfemten, an sowjetischen Kriegsgefangenen und anungezählten Angehörigen der slawischen Völker ge-macht hat.

Das Deutschland von heute gedenkt und erinnert miteinem Mahnmal in der Hauptstadt der BundesrepublikDeutschland, in der Mitte von Berlin, der Opfer, derTaten und des unwiederbringlichen Verlustes von Mil-lionen Menschen.

Daneben stehen aber mit großer Bedeutung für dasdauerhafte Erinnern die authentischen Stätten des Grau-ens und der Entwicklung und Vorbereitung des Terrors.Der derzeitige Zustand dieser Mahn- und Gedenkstättenerfordert heute und zukünftig erhebliche Anstrengungenfür die würdige Sicherung und Fortführung der Stättendes Erinnerns an die Opfer des nationalsozialistischenDeutschlands. Dies muß als eine nationale Aufgabe ver-standen werden.

Zum Dritten steht die Aufgabe der immerwährendenAuseinandersetzung und Aufklärung zu Ursachen, Vor-bedingungen und Strukturen, die zu Rassenhaß undVölkermord führen, insbesondere mit Blick auf die jet-zige junge und künftige Generationen.

Millionenfacher Mord, ethnische Vertreibungen,schlimmste Menschenrechtsverletzungen in jüngsterVergangenheit und Gegenwart auf unserer Erde, aberauch Fremdenfeindlichkeit und Ansätze von Rassenhaßin unserer Gesellschaft führen mit aller Deutlichkeit vorAugen, daß der Kampf um „Nie wieder“, um Toleranzund Verständnis, Aufklärung und Bereitschaft zu Frie-den und Humanität allergrößte Bedeutung hat. Daranmitzutun sind Politiker und Bürgerschaft des ganzenLandes aufgerufen. Diesem, meiner tiefen inneren Über-zeugung entsprechenden Anliegen entspricht grundsätz-lich die heute zur Abstimmung vorliegende Be-schlußempfehlung des Ausschusses für Kultur und Me-dien (Drucksache 14/1238).

Bezüglich der Ausgestaltung eines Mahnmals für dieermordeten Juden Europas kann ich zu dem Entwurf vonEisenman weder emotional noch rational einen Zugangfinden. Monstrosität der Taten und Monumentalität desMahnmales begegnen sich in einer für mich nicht er-schließbaren Weise.

Deshalb werde ich die Alternative 2, ein Mahnmalmit der Formulierung einer Mahnung in hebräischerSprache, unterstützen. Hier wird ganz direkt und klardem Grundanliegen entsprochen.

Dr. Eberhard Brecht (SPD): Der Bundestag ist keineJury. Er ist nicht das kompetente Gremium, das über diekünstlerische Umsetzung eines politischen Auftrages zurErinnerung und Mahnung an die ermordeten JudenEuropas entscheiden sollte.

Es gab leider keine Mehrheit im Deutschen Bundes-tag für einen Beschlußvorschlag, der sich auf die grund-sätzliche Entscheidung über die Errichtung einesMahnmals beschränkte. In einer solchen Entscheidunghätten die Randbedingungen wie der genaue Ort, derKostenrahmen, der Baubeginn, die Zusammensetzungder Jury und die Prozedur des Verfahrens festgelegtwerden können.

Nach der heftigen Diskussion über die Qualität derModelle, die durch die erste Ausschreibung favorisiertwurden, wäre es ratsam gewesen, ein zweites Wettbe-werbsverfahren zu eröffnen.

Thomas Dörflinger (CDU/CSU): Im 50. Jahr des Be-stehens der Bundesrepublik Deutschland findet die Ver-pflichtung von Staat und Gesellschaft, der während derZeit des Nationalsozialismus begangenen Verbrecheninsbesondere gegen das jüdische Volk im Sinne einerzukunftsweisenden Mahnung dauerhaft zu gedenken,meine uneingeschränkte Zustimmung.

Diesem Auftrag werden wir durch den Bau einesMahnmals nicht gerecht. Ich teile die Auffassung Mi-chael Wolfssohns, daß man an den vorhandenen histori-schen Stätten der Opfer gedenken sollte. Es gibt eineganze Reihe von Facetten, die diesen Auftrag zusätzlichin der Weise mit Leben erfüllen können, daß er sichnicht nur in der punktuellen Betrachtung eines Bauwerkserschöpft, sondern zur nachhaltigen Auseinandersetzungmit dem Holocaust provoziert.

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In diesem Zusammenhang wäre über eine im Lehr-plan erhaltene Verpflichtung zum Besuch eines Kon-zentrationslagers ebenso nachzudenken wie an die ver-stärkte Erforschung der lokalen Vergangenheit begleitetetwa durch Stipendienförderung seitens der Kommunen.Teile des nationalsozialistischen Gesellschaftssystemswarten noch heute auf eine durchgreifende wissen-schaftliche Aufarbeitung. Dies gilt etwa für die Rolle derJustiz in der NS-Zeit.

Geschichtswissenschaft, die ihren Auftrag richtiger-weise darin begreift, aus den Erkenntnissen über dieVergangenheit die notwendigen Schlüsse für die Ge-staltung der Zukunft zu ziehen, ist letztlich nie abge-schlossen. Ihr wohnt der systemimmanente Auftrag in-ne, nachhaltig über Themen zu arbeiten. Der Auftrag derGeschichte heißt Wissen, Forschen und Lernen. DiesemAuftrag wird der Bau eines Mahnmals nicht gerecht.

Aus den genannten Gründen kann ich dem Bau einesHolocaust-Mahnmals in Berlin meine Zustimmung nichtgeben.

Gudrun Roos (SPD): An die während der Naziherr-schaft verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeitund den Völkermord muß immer wieder erinnert wer-den. Wir müssen auch meines Erachtens der nachfol-genden Generation Gelegenheit geben, sich mit diesemTeil unserer Geschichte auseinanderzusetzen.

Die bestehenden Gedenkstätten können dies leistenbzw. anstoßen.

Wegen fehlender finanzieller Mittel sind jedoch vieledieser Gedenkstätten kaum in der Lage, die Gebäude,Einrichtungen etc. zu pflegen, zu renovieren und damitzu erhalten.

Solange dies so ist, sehe ich mich außerstande, derBereitstellung von Mitteln für ein neues Denkmal zuzu-stimmen.

Gustav Herzog und Birgit Roth (Speyer) (SPD):Anläßlich der Abstimmung des Deutschen Bundestagesüber die Errichtung eines Holocaust-Mahnmales

Ich erkläre, daß ich dem Antrag der Gruppe von Ab-geordneten zustimmen werde, die auf die Errichtung ei-nes weiteren Holocaust-Mahnmales in Berlin verzichtenwollen.

Ich bin davon überzeugt, daß es keine eindrucksvolle-re Erfahrung und Begegnung mit dem Grauen der Ver-nichtung der Juden geben kann als einen Besuch der tat-sächlichen Stätten des Schreckens während der national-sozialistischen Herrschaft. Bei all meinen Besuchen inehemaligen Konzentrationslagern war es das Wissendarum, an einem Ort zu sein, dem von der Geschichteein derart furchtbarer Platz zugewiesen wurde, der michtief beeindruckt hat. Ich meine, daß kein wie auch im-mer gestaltetes, neu zu errichtendes Mahnmal eine ähn-liche Wirkung haben könnte. Kein künstlich geschaffe-nes Werk – auch kein Kunstwerk – kann dem unsagba-ren Leid der Vielen eine Gestalt geben.

Die in Berlin und an anderen authentischen Orten derVerbrechen errichteten Gedenkstätten sind geeignete In-

stitutionen der Erinnerungskultur und sollten mit – ihrerBedeutung und Würde angemessen – finanziellen Mit-teln erhalten und bewahrt werden. Sie bedürfen keinerEinrichtung, die zu ihnen in Konkurrenz treten würde.

Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU): Esist sicher nicht sinnvoll, darüber zu streiten, ob es inDeutschland unter eintausend oder weit über tausendGedenkstätten, Mahnmale, Gedenktafeln u.ä. gibt, weildies kein vergleichbares Thema ist. Zum Vergleich kön-nen höchstens in Betracht kommen die über 60 Stättenin Deutschland, die von hauptamtlichen Leitern betreutwerden und damit geschichtlich geleitet sind. Sie bietenfür Menschen neben dem Visuellen auch das geschrie-bene oder gesprochene Wort zur Erklärung, und ichhalte das für wichtig.

In Berlin haben wir u.a. vier herausragende Beispiele:die „Neue Wache“, die „Topographie des Terrors“, eineaußergewöhnliche Gedenkstätte, die noch erweitertwird, das Jüdische Museum, das der „geistige“ Erbauer,Herr Daniel Libeskind, auch als Holocaust-Denkmalverstanden haben will, das noch mit Leben erfüllt wer-den muß und bei dem bereits über zwei Dutzend Beton-stelen stehen, und die Wannsee-Villa, eine ungewöhnli-che Dokumentation. Eine hübsche Villa von außen, inder vor fast 60 Jahren der Vernichtungsbefehl gefertigtwurde.

Ich bin wegen der 60 Gedenkstätten und der vier Do-kumentationen in Berlin vom Grundsatz her der Mei-nung, daß wir dort kein weiteres Mahnmal benötigen,auch deswegen, weil die bisherigen Gedenkstätten, al-lein die 12 großen Konzentrations- und Vernichtungsla-ger in Europa jährlich von 3,3 Millionen Menschenbesucht werden, unabhängig von Yad Vashem mit1,5 Millionen Besuchern, dem Holocaust MemorialMuseum in Washington mit 1 Million Besuchern, demAnne Frank-Haus mit über einer halben Million Besu-chern und der „Neuen Wache“ mit fast 3 Millionen Be-suchern. Von Interesselosigkeit und Gleichgültigkeitkann bei einer solchen Besucherzahl keine Rede sein.

Ich kann auch der Argumentation nicht folgen, inDeutschland seien das alles Gedenkstätten, wo nur einTeil der schrecklichen Taten durchgeführt worden sei,deswegen benötige man ein zentrales Denkmal inDeutschland. Und dabei wurde u.a. das schrecklicheWort gebraucht, man brauche dieses Denkmal für „dasVolk der Täter“. Damit könnte leicht versucht werden,die Deutschen pauschal zu Mördern zu stempeln, weil eseinige zehntausend waren. Selbst wenn es einige hun-derttausend gewesen wären, wäre es immer noch weni-ger als 1% der deutschen Bevölkerung.

Wer – und ich wiederhole: Millionen Menschen tunes jährlich – ein Konzentrationslager wie Dachau, Bu-chenwald, Sachsenhausen, Auschwitz oder jetzt auch die„Topographie des Terrors“ besucht hat oder besuchenwird, wird das Grauen und die Unmenschlichkeit, diegeschehen ist, nie vergessen. Dies können 2 700 Beton-stelen nicht vermitteln und auch nicht ergänzen.

Michel Friedman und Ignatz Bubis haben sinngemäßgesagt: „Juden brauchen dieses Denkmal nicht, dieDeutschen brauchen es.“ Dr. Friedman fügte hinzu:

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„Wer stark ist, muß für das Denkmal sein.“ Ich habe ihmin einem Brief widersprochen und behaupte das Gegen-teil: „Wer stark ist, wendet sich gegen den Gigantismus,selbst wenn er dadurch in Gefahr gerät, in die Ecke desAntisemitismus gestellt zu werden.“

Es ist nicht nur meine persönliche tiefe Überzeugung,daß dieses Mahnmal spaltet und nicht versöhnt, sonderndie Überzeugung sehr vieler. Ich will nur Sie, Herr Mi-nister Naumann, nennen, als Sie vor der Wahl lautWELT sogar Parallelen zogen zu den Bauten von AlbertSpeer und gesagt haben: „Soll das Super-Mahnmal imZentrum der Hauptstadt Zweifel an der deutschen Iden-tität buchstäblich ins Monumentale steigern?“ Und dannhaben Sie nach der Wahl mit einem Kurswechsel um180 Grad dem noch eins draufgesetzt mit der hundertMeter langen, als Klagemauer stilisierten Bibliothek.

Ich will auch nur eine von vielen jüdischen Stimmen,die gegen das Mahnmal sind, die des großen GeigersIsaak Stern, zitieren. Er hatte sich 1945 geschworen, niewieder nach Deutschland zu kommen, und besuchte nunals 78jähriger Berlin. Er antwortete am 10. April 1999im „Tagesspiegel“ Berlin auf die Frage: „Sie haben inBerlin das zukünftige jüdische Museum und die ‚Topo-graphie‘ des Terrors“ besichtigt. Wie haben Sie dieseOrte empfunden?“ Stern: „Ich habe viele Holocaust-Gedenkstätten besichtigt und kann nur sagen, daß derBesuch der ‚Topographie des Terrors‘ eine der erschrek-kendsten Erfahrungen war, die ich gemacht habe: keineinziges Bild, kein Klangdokument, nur der Raum, kal-ter, grauer Granit, ohne Zentrum. Daß nur ein paar hun-dert Kilometer entfernt gerade Hunderttausende vertrie-ben werden, machte mich für die Sache besonders bitter.Und denken Sie an Sachsenhausen – nur eine halbeStunde von Berlin entfernt –, das sind authentische Orte,an denen Erinnerung stattfinden sollte, weil hier dieschrecklichen Dinge wirklich passiert sind. Deutschlandzu zwingen, ein weiteres Mahnmal im Herzen Berlins zubauen, ist – wie sag ich’s höflich? – geschmacklos. Ichbin nicht sicher, ob das nicht auf lange Sicht den ange-strebten Zweck zunichte machen würde.“

Dem habe ich nichts hinzuzufügen, außer dem: Wennwir aus inneren und äußeren Zwängen aus einer Ver-wirklichung eines Mahnmals nicht mehr herauskommen,dann lassen Sie uns mit Würde Abschied nehmen vonder Monumentalität. Pflegen wir die vorhandenenMahn- und Denkmale, unterstützen wir die Museen undlassen Sie uns gemeinsam entweder die Schrö-der/Schneider-Variante anpacken, umrahmt von Hun-derten von europäischen Bäumen aus allen betroffeneneuropäischen Ländern, oder auch den Plantanenhain, mitder Sandplatte von Eberhard Fiebig. Auf diese Variantehat Ekkehart Krippendorf mit sehr guten Argumentengestern in der „Süddeutschen Zeitung“ hingewiesen.

Bäume symbolisieren Hoffnung und Zukunft, sie sindlebendig und nicht tot und nüchtern und kalt wie 2 700Betonstelen. Wir sollten bei unserer Entscheidung an dieZukunft denken.

Dr. Reinhard Göhner (CDU/CSU): Nach der lang-jährigen intensiven Debatte um Sinn und Zweck desMahnmals, um seine politische Botschaft und ihre beste

Ausdrucksform wäre die Ablehnung eines Mahnmalsdurch den Bundestag ein falsches Signal in die deutscheund die internationale Öffentlichkeit. Eine solche Ent-scheidung würde als Verweigerung des Gedenkens andie Opfer des Nationalsozialismus aufgenommen wer-den; das kann nicht unser politischer Wille sein.

Es kann dabei nicht Sache des Bundestages sein, überdie konkrete künstlerische Ausgestaltung eines solchenMahnmals zu befinden. Das politische Votum des Bun-destags muß der Errichtung des Mahnmals als solchemgelten. Sich mit einzelnen Entwürfen zu beschäftigen,sie zu begutachten und positiv oder negativ zu bewerten,ist dagegen nicht die Aufgabe des Parlaments. Die Ver-antwortung für die Durchführung des Bundestagsbe-schlusses sollte bei der Bundesregierung liegen, nichtbeim Gesetzgeber.

Über ganz Deutschland verstreut liegen die Stättendes nationalsozialistischen Terrors; zahlreiche For-schungsstätten, Bibliotheken und Ausstellungen – eben-falls im ganzen Bundesgebiet – befassen sich in aufklä-render Absicht mit den Verbrechen des Nationalsozia-lismus. Was wir deshalb nicht benötigen, ist ein großangelegtes „Haus des Erinnerns“ als Teil des Mahnmals.Es wäre mangels Beständen entweder halb leer – unddeshalb eine Peinlichkeit –, oder es müßte sich Großteileder bestehenden Einrichtungen gleicher Art einverlei-ben; das stünde in krassem Widerspruch zum Fördera-lismus. Es darf kein hauptstädtisches Monopol in derAufarbeitung der deutschen NS-Geschichte geben. Esgeht bei der Errichtung eines zentralen Mahnmals nichtum Volkspädagogik, nicht um Information und Aufklä-rung. Es geht um das ,,Mahnen“, um das Erinnern undGedenken in eins mit dem Bekenntnis zu den ethischenund politischen Konsequenzen, die wir aus diesem Erin-nern ziehen. Ein solches Mahnmal ist ein Symbol unse-res Bekenntnisses zur Verantwortung für Vergangenheitund Gegenwart. Es wird die kollektive Erinnerung derDeutschen an die Zeit des Nationalsozialismus symboli-sieren. Jede Ummantelung durch didaktische Verpak-kungen in einem „Haus des Erinnerns“ oder völlig un-klar definierten „Orten der Information“ relativiert sei-nen spezifischen Charakter als Denkmal.

Entscheidet der Bundestag im Lauf der Debatte dochüber die konkrete Gestalt des Mahnmals, stimme ichhilfsweise dem Antrag 14/941 zu, nach dem das Mord-verbot in den Mittelpunkt zu stellen ist. Dieser Vor-schlag nach einer Idee von Richard Schröder macht ambesten den Sinn und Zweck des Mahnmals deutlich undfaßt die politisch-moralische Botschaft zusammen. DasMordverbot ist der entscheidende humane Kern, auf denes ankommt und ankommen muß.

Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU): Zunächst möchteich meinem Kollegen Norbert Lammert herzlich für sei-ne bewegende Rede, die beste in unserer heutigen De-batte, danken. Er hat eindrucksvolle Gedanken vorgetra-gen, denen ich mich anschließe.

Erlauben Sie mir, einige wenige Gedanken vorzutra-gen, die mich in den letzten Jahren der Debatte um dasHolocaust-Mahnmal bewegt haben:

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Wichtig für mich war eine Freundin in Hannover,Jüdin. Sie starb vor wenigen Tagen im Alter von 35 Jah-ren an einer tödlichen Krankheit. Einige Wochen zuvorhaben meine Frau und ich sie das letzte Mal gesehen.Von der Krankheit bereits schwer gezeichnet hatte siedoch noch ihren wachen Verstand und ihr großes Herz.Sie beschwor mich wiederholt, mich im DeutschenBundestag für das Mahnmal Eisenmans einzusetzen:„Wir brauchen ein Mahnmal mitten in der Stadt, dennmitten aus den Städten sind die Juden verschleppt wor-den.“

In der Tat, wir wollen die bestehenden Gedenkstätten,Museen und Denkmäler, die uns an das grauenhafte Ge-schehen der Shoah erinnern, ehren und weiter unterstüt-zen, aber wir brauchen außerdem – 50 Jahre nach Grün-dung der Bundesrepublik Deutschland, 10 Jahre nachdem Fall der Mauer und im Moment, wo der DeutscheBundestag nach Berlin zurückkehrt – auch ein zentralesDenkmal mitten in unserer Hauptstadt, einen Ort würdi-gen Gedenkens an das Unvorstellbare.

Normalerweise versuchen Völker, ihre Missetatenund Verfehlungen zu beschönigen, zu verschweigenoder zu verdrängen. Ich weiß von keinem einzigen Fall,wo ein Volk bisher bereit war, nach langjähriger quälen-der Diskussion aufgrund eines Beschlusses der Volks-vertretung den Verbrechen des eigenen Volkes einMahnmal zu setzen. Beschwert uns das nun? Laufen wirgebückt mit Asche auf dem Haupt durch die Welt, ohneStolz, auf ewig mit einem Makel behaftet, den wir zuallem Überfluß noch selbst durch ein vermeintlich mo-numentales Mahnmal verstärken? Belasten wir kom-mende Generationen durch ein ewiges „mea culpa“, ob-wohl doch die Jungen gar nichts mehr damit zu tun ha-ben?

Das Mahnmal zeigt im Gegenteil, daß wir heute eindemokratisches, selbstbewußtes Land sind, das die Kraftund die Reife hat, sich seiner Geschichte zu stellen. DasMahnmal ist keine Last. Ich empfinde es als Befreiungund nicht zuletzt auch als eine Art Kompaß für den Wegin eine freiheitliche Zukunft, in der sich so etwas wie derHolocaust nicht mehr wiederholt. Der neue Reichstagmit der großartigen Kuppel, die bald zum Sinnbild unse-res Parlamentarismus werden wird, das BrandenburgerTor, die Neue Wache und nun das Holocaust-Denkmal –zusammen sind dies die Symbole, auf denen wir unsereneue Hauptstadt bauen, eine gute Verbindung aus Ge-schichte, Gegenwart und Blick in die Zukunft. Ich freuemich auf das neue Berlin.

Reicht es denn nicht, so wird eingewandt, daß wir inder Neuen Wache unter den Linden der Opfer „vonKrieg und Gewaltherrschaft“ gedenken? Richard Schrö-der hat in einer offenen Fraktionssitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion diesem Argument zu Recht entgeg-net, daß wir die Verfolgungsverbrechen nicht hinter denKriegsopfern verstecken sollten.

Es geht darum, die Opfer zu ehren, die Juden an er-ster Stelle, nicht nur, weil sie die stärkste Gruppe unterden Verfolgten darstellten, sondern weil hier ein ganzesVolk ausgerottet werden sollte – mit einer alles andereübertreffenden Radikalität. Und dennoch ist dem Histo-

riker Christian Meier zuzustimmen, daß Terror und Ver-nichtung sich neben den Juden auch auf Roma und Sinti,auf Geisteskranke, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, diepolnische Elite, Millionen russischer Kriegsgefangener,Sozialisten und Kommunisten und andere Gruppen be-zog. Deshalb werde ich für die Erweiterung der Wid-mung für die Einbeziehung anderer Opfergruppen stim-men.

Sosehr Richard Schröder zuzustimmen ist, wenn erfür ein Mahnmal wirbt, so sehr verfehlt sein eigenerVorschlag das selbstgesteckte Ziel. Was hat die Mah-nung „Du sollst nicht morden“ mit dem spezifischenMassenmord der Nationalsozialisten zu tun? Die Mah-nung gilt für jeden Mord. Aber wir wollen nicht z. B.Raubmördern gedenken, sondern eben des Holocaust.Meine Kollegen von Klaeden und Polenz haben zuRecht gezeigt, daß die Beschränkung auf das 5. Gebotdem Holocaust auch seine metaphysische Dimensionnimmt, die gerade für die gläubigen Opfer und ihre An-gehörigen so wichtig war. Dem Vorschlag RichardSchröders fehlt auch jeder Bezug auf die deutsche Ge-schichte. Es geht nicht um die Massenmorde in Ruanda,es geht um die Shoah in Deutschland.

Schwer erträglich waren in den letzten Monaten ver-schiedene Äußerungen der neuen Regierung. GerhardSchröders „Da muß man gerne hingehen“ und MichaelNaumanns Vergleich des Eisenman-Entwurfs mit derArchitektur Speers sind schon erwähnt worden. Nachdiesen Entgleisungen fällt es schwer, den VorschlagNaumanns, der hier zur Abstimmung steht, ernst zunehmen. Wenn Eisenmans Stelenfeld wirklich monu-mentale Speer-Architektur ist, wieso wird diese danndurch Hinzufügung eines „Kognitiven Zentrums“, wieimmer das im einzelnen aussehen soll, erträglicher?

Ich bin Mitglied des Vorstands des Vereins „GegenVergessen, für Demokratie“. Dessen Vorsitzender,Hans-Jochen Vogel, hat meines Erachtens völlig zutref-fend ausgeführt, daß die furchtbare Dimension des Ho-locaust es verbietet, das Mahnmal mit einem herkömm-lichen Denkmal zu verbinden und dadurch in seinerAussagekraft zu relativieren.

In diesem Vorschlag Naumanns sehe ich auch eineZumutung gegenüber dem Künstler. Der hat in einemInterview mit der „Süddeutschen Zeitung“ am 21. März1999 seinem Ärger über die Einmischungen NaumannsAusdruck verliehen: „Naumanns Initiativen waren nurdas Deckmäntelchen für den Protest von Schröder odersonstwem. Die wollten das Projekt nicht.“ – Eisenmangefällt der Anbau Naumanns nicht, aber zähneknir-schend deutet er an, daß die „Grundidee“ ja die eigenebleibe: „Im schlimmsten Fall muß ich halt noch irgend-einen Kiosk einbauen.“

Es ist traurig, daß hier heute die Gefahr besteht, daßder Naumann-Zusatz eine Mehrheit findet. Nach meinerfesten Überzeugung ist das keine echte Mehrheit. EinigeKollegen der SPD stimmten nur deshalb zu, weil siedem Staatsminister nach seinen ursprünglichen bomba-stischen Erweiterungsvorschlägen nun wenigstens einenetwas verkleinerten Zusatz, einen Ort der Informationund des Gedenkens, zugestehen wollen. Es geht um Ge-

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sichtswahrung für Kanzler Schröders Kulturbeauftrag-ten. Das ist parteipolitisch nachvollziehbar. Aber darfdas der Maßstab für unsere Entscheidung sein?

Der Eisenman-Entwurf läßt für jeden alles offen, waser beim Betrachten dieses „Kunstwerks“ empfindet. DasMahnmal kann damit die enorme Leistung vollbringen,sowohl der Opfer zu gedenken als auch auf die Täter zuverweisen. Der Pfeilerwald schreibt den Besuchern kei-nen Weg und keine Empfindungen vor (so Sprecher derFindungskommission, der amerikanische Judaist undAnglist James E. Young). Auch deshalb verbieten sicherklärende Zusätze und Belehrungen.

Eisenman II fordert alle, die es sehen, immer aufsneue zur Erinnerung auf. Das „Nie wieder“ bleibt leben-dig. Daneben stehen auch Trauer, Betroffenheit, Mitge-fühl mit den Opfern und Verachtung für die Täter. DerEinwand, das Mahnmal provoziere neuen Antisemitis-mus, ja sogar Anschläge, kann nicht der Maßstab für dieEntscheidung über das Mahnmal sein. Wollen wir wirk-lich unser Gedenken an den Holocaust von den ver-meintlichen Anschlägen derjenigen abhängig machen,die von neuem einen gewalttätigen Antisemitismuspraktizieren? Würden wir nicht grade dann, wenn wiraus Angst vor Anschlägen rechtsradikaler Gruppen dasMahnmal nicht bauten – würden wir nicht dann denschrecklichen Fehler der Weimarer Republik wiederho-len und uns einmal mehr gegenüber der Gewalt ducken?

Ruprecht Polenz und Eckart von Klaeden(CDU/CSU): In dieser Woche soll der Deutsche Bun-destag über die Errichtung eines zentralen Holocaust-Mahnmals in Berlin entscheiden und damit eine überzehn Jahre dauernde Diskussion zum Abschluß bringen.

Der Zeitpunkt macht Sinn: 50 Jahre Grundgesetz,zehn Jahre Fall der Mauer, der Bundestag nimmt seinenSitz im Reichstag in Berlin – die Nachkriegszeit ist zuEnde. Damit darf aber kein Schlußstrich oder der Ver-such eines geschichtsvergessenen Neuanfangs verbun-den sein. Die ganze deutsche Geschichte, auch die Jahrevon 1933 bis 1945, gehören fortwirkend zur deutschenIdentität. Deshalb brauchen wir Deutsche ein zentralesHolocaust-Denkmal in der Mitte unserer Hauptstadt –zum Gedenken, Erinnern, Mahnen.

Das zentrale Holocaust-Denkmal soll und kann diezahlreichen Mahnmale und Gedenkstätten in Deutsch-land sowie die authentischen Stätten des Gedenkens undErinnerns in den ehemaligen Konzentrationslagern nichtersetzen. Dies gilt allerdings auch umgekehrt. Denn jetztgeht es darum, an einem zentralen Ort der deutschenHauptstadt eine würdige Auseinandersetzung mit demunfaßbaren Kapitel der deutschen Geschichte zu ermög-lichen und dafür ein Mahnmal zu setzen.

Der Einzigartigkeit dieser Verbrechen wird jedochein Mahnmal nicht gerecht, das sich auf das allgemeingültige 5. Gebot „Du sollst nicht morden“ beschränkt,wie es Richard Schröder und Oscar Schneider vorge-schlagen haben. Holocaust war mehr als Mord, mehr alsMassenmord. Die Beschränkung auf das 5. Gebot nimmtdem Holocaust seine metaphysische Dimension, die ge-rade für die gläubigen Opfer und ihre Angehörigen soentsetzlich war und ist. Außerdem fehlt dem Schrö-

der/Schneider-Vorschlag der spezifische Bezug auf un-sere eigene Geschichte. Es geht bei diesem Mahnmaleben gerade nicht darum, auch an die Massenmorde inRuanda oder Kambodscha zu erinnern.

Das Stelenfeld von Peter Eisenman („Eisenman II“)ist zu Recht aus einem mehrstufigen und mit großerSorgfalt durchgeführten Wettbewerb von einer interna-tionalen Fachjury als bester Vorschlag ausgewählt wor-den. Gerade in seiner Abstraktheit wird es der gestelltenAufgabe gerecht. „Symbole, die leicht zu verstehen sind,reduzieren das Mahnmal zu einem Konsumprodukt. DasMahnmal soll keine Katharsis ermöglichen, es öffnet derGegenwart das Bewußtsein über die Bedeutung desHolocaust in einer anderen Zeit. Es steht dem leicht Er-faßbaren gleichgültig gegenüber, und wenn es eine Bot-schaft gibt, dann die, daß Symbole nicht möglich sind.“(Peter Eisenman)

Deshalb wirken auch alle noch so gut gemeinten er-klärenden und ergänzenden Zusätze oder Zubauten, wieStaatsminister Naumann sie vorgeschlagen hat, eingren-zend und einschränkend, eben als „pädagogische Gelän-der“. Der Deutsche Bundestag ist daher gut beraten, dasWettbewerbsergebnis nicht zu verändern. Wir stimmendeshalb für „Eisenman II“.

Falls dieser Entwurf nicht die Mehrheit des Deut-schen Bundestages findet, stimmen wir, nicht ohne Be-denken, für die Beschlußempfehlung des Kulturaus-schusses, das heißt damit auch für den ergänzenden Ortder Information. Die Bedenken dagegen bestehen auchin der zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht ausge-räumten Unklarheit darüber, in welcher räumlichen Ver-bindung dieser Ort mit dem Stelenfeld stehen wird, wieer sich auf die Größe und Gestaltung des Stelenfeldesletztlich auswirkt und mit welcher inhaltlichen Konzep-tion die Informationsarbeit in diesem Ort letztlich be-trieben werden soll. Eine Ablehnung dieses Konzeptswäre aber, trotz aller Bedenken dagegen, nicht zu vertre-ten, da sonst im Ergebnis kein Mahnmal realisiert würde.

Anlage 3

Amtliche Mitteilungen

Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mit-geteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 derGeschäftsordnung von einer Berichterstattung zu dernachstehenden Vorlage absieht:

Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

– Unterrichtung durch die Bundesregierung

Abschlußbericht zur Hochwasserkatastrophe an derOder

– Drucksachen 13/9571, 14/272 Nr. 159 –

– Unterrichtung durch die Bundesregierung

Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bun-destag über die Erfahrungen mit dem Vollzug desUmweltauditgesetzes (UAG)

– Drucksachen 13/11127, 14/69 Nr. 1.2 –

Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse habenmitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische

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Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Be-ratung abgesehen hat.

Auswärtiger AusschußDrucksache 13/11409 Nr. 2.46Drucksache 13/11409 Nr. 2.53Drucksache 14/74 Nr. 1.21, 14/189 Nr. 2.1Drucksache 14/488 Nr. 2.55

InnenausschußDrucksache 14/309 Nr. 1.1Drucksache 14/309 Nr. 2.40Drucksache 14/342 Nr. 2.50Drucksache 14/671 Nr. 2.30

FinanzausschußDrucksache 12/272 Nr. 60Drucksache 14/272 Nr. 61Drucksache 14/272 Nr. 63Drucksache 14/272 Nr. 64Drucksache 14/272 Nr. 65

Ausschuß für Wirtschaft und TechnologieDrucksache 14/431 Nr. 1.19Drucksache 14/431 Nr. 2.26Drucksache 14/488 Nr. 2.54Drucksache 14/488 Nr. 2.57Drucksache 14/488 Nr. 2.59

Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenDrucksache 14/488 Nr. 2.1Drucksache 14/488 Nr. 2.2Drucksache 14/488 Nr. 2.26

Ausschuß für Arbeit und SozialordnungDrucksache 14/309 Nr. 2.15Drucksache 14/309 Nr. 3.1Drucksache 14/342 Nr. 1.2Drucksache 14/342 Nr. 1.3Drucksache 14/342 Nr. 2.40Drucksache 14/488 Nr. 2.48

Ausschuß für GesundheitDrucksache 14/272 Nr. 136Drucksache 14/342 Nr. 2.23

Ausschuß für Verkehr, Bau- und WohnungswesenDrucksache 14/488 Nr. 2.29Drucksache 14/488 Nr. 2.50Drucksache 14/488 Nr. 2.66Drucksache 14/595 Nr. 2.2Drucksache 14/671 Nr. 1.2

Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitDrucksache 14/272 Nr. 165Drucksache 14/272 Nr. 166Drucksache 14/272 Nr. 167Drucksache 14/309 Nr. 1.10Drucksache 14/488 Nr. 2.27Drucksache 14/671 Nr. 2.2

Ausschuß für Bildung, Forschungund TechnikfolgenabschätzungDrucksache 14/671 Nr. 2.19Drucksache 14/671 Nr. 2.21