Deutscher Richterbund plädiert für internationales Regelwerk für den Sport PDF

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Deutscher Richterbund plädiert für internationales Regelwerk für den SportIn seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes vom 27. Februar 2015 sprach sich der Deutsche Richterbund (DRB) für ein umfassendes, nationales, europäisches und internationales Regelwerk für den Sport aus. Der DRB verwies in seiner Stellungnahme auf die Bedeutung des Profisports als Wirtschaftszweig mit Milliardenumsätzen. Aufgrund dessen sei eine klar konturierte Kontrolle der Entscheidungen von Sportverbänden wie von Sportgerichten durch staatliche Gerichte erforderlich. Da Sport weltweit betrieben werde, müssten auch weltweit einheitliche Regeln gelten.

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  • Deutscher Richterbund pldiert fr internationales Regelwerk fr den Sport

    In seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes vom 27. Februar 2015

    sprach sich der Deutsche Richterbund (DRB) fr ein umfassendes, nationales, europisches

    und internationales Regelwerk fr den Sport aus. Der DRB verwies in seiner Stellungnahme

    auf die Bedeutung des Profisports als Wirtschaftszweig mit Milliardenumstzen. Aufgrund

    dessen sei eine klar konturierte Kontrolle der Entscheidungen von Sportverbnden wie von

    Sportgerichten durch staatliche Gerichte erforderlich. Da Sport weltweit betrieben werde,

    mssten auch weltweit einheitliche Regeln gelten. Dies gelte namentlich aber nicht nur fr

    Verste gegen Anti-Doping-Vorschriften. Unterschiedliche Regelungen, aber auch die

    unterschiedliche Handhabung vergleichbarer Regelungen, fhrten zu einer uneinheitlichen

    und letztlich willkrlichen Rechtspraxis, die mit Blick auf die Rechte der betroffenen Sportler

    auch rechtsstaatlich bedenklich sei.

    Die Geschftsstelle des DRB in der Kronenstrae Berlin, Mitte, Kronenstrae 73-74,

    Wohn- und Geschftshaus 01 von Beek100 Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA

    3.0 ber Wikimedia Commons.

  • Die Forderung nach einem international vereinheitlichten Berufsrecht des Sports wird unter

    Sportrechtsexperten seit lngerem diskutiert. Auf dem Stuttgarter Sportgesprch im Januar

    2014 und auf dem Deutschen Richter- und Staatsanwaltstag in Weimar im April 2014 hatte

    der Stuttgarter Sportrechtler Marius Breucker die Erarbeitung eines international

    vereinheitlichten Berufsrecht des Sports vorgeschlagen (http://www.stuttgarter-

    sportgespraech.de/sixcms/detail.php?template=ssg_default_detail&id=1046540). Langfristige

    Aufgabe des Sportrechts sei ein international einheitliches rechtliches Regime unter

    Beteiligung sowohl der Sportverbnde als auch staatlicher Regierungen. Breucker verwies

    auf die 2005 verabschiedete UNESCO-Konvention gegen Doping und den Welt Anti-Doping

    Code. Diese Dokumente wie vergleichbare Anstze auf europischer Ebene zeigten, dass ein

    international harmonisiertes Regelwerk geschaffen werden knne. Dabei msse es sich, so der

    Stuttgarter Anwalt, nicht zwangslufig um einen vlkerrechtlichen Vertrag handeln. Das

    Beispiel des Welt Anti-Doping Codes zeige, dass auch in einer internationalen Public Private

    Partnership aus Staaten und Sportorganisationen effektive Kodifizierungen entstehen knnen.

    Nach langjhrigen Diskussionen: Bundestag soll Anti-Doping-Gesetz beraten.

    Arbeitsrecht im Sport

    Der Deutsche Richterbund hlt es fr notwendig, die Rechtsverhltnisse von Sportlern mit

    ihren Vereinen und Verbnden als arbeitsrechtliche Vertrge anzuerkennen und unter das

    deutsche und europische Arbeitsrecht zu stellen. Bei dieser Forderung fllt auf, dass nicht

    nur die Rechtsverhltnisse von Mannschaftssportlern, sondern offenbar auch die von

    Einzelsportlern als Arbeitsrechtsverhltnisse eingeordnet werden sollen. Dies berrascht mit

    Blick auf die herkmmliche Definition eines Arbeitnehmers, die neben einer

    Weisungsgebundenheit auch eine Betriebseingliederung verlangt. Ein Einzelsportler, der sein

    Training und seine Wettkampfteilnahme selbst organisiert, ist auch dann, wenn er Mitglied

    eines Vereins ist, regelmig weder den Weisungen des Vereins unterworfen noch in dessen

    betriebliche Ablufe integriert.

  • Causa Mller gegen Mainz 05

    Anders verhlt es sich bei Mannschaftssportlern, die in einer Vereinsmannschaft an einem

    regelmigen Trainings- und Wettkampfbetrieb in Form von Liga- und Pokalwettbewerben

    teilnehmen. Dort wird auch nach herkmmlicher Definition kaum zu bezweifeln sein, dass es

    sich um Arbeitnehmer handelt, fr die smtliche arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften gelten.

    Dies besttigte das Arbeitsgericht Mainz jngst in der Causa Mller: Der Torwart des

    Fuball-Bundesligisten FSV Mainz 05, Heinz Mller, hatte geltend gemacht, die Befristung

    seines Arbeitsvertrages sei unwirksam. Er konnte sich dabei nach Auffassung der Mainzer

    Richter auf die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sttzen, die eine Befristung

    ohne Sachgrund nur einmalig fr einen Zeitraum von zwei Jahren zulassen. Da der Vertrag

    mit Mller aber ber diese Laufzeit hinausging, wre fr die Befristung ein Sachgrund

    erforderlich gewesen, der im konkreten Fall nicht vorlag. Dies hatte zur Folge, dass das

    Beschftigungsverhltnis unbefristet galt. Der FSV Mainz 05 hat gegen das Urteil Berufung

    zum Landesarbeitsgericht eingelegt.

    Sportler als Arbeitnehmer

    Der Richterbund fordert die Geltung des Arbeitsrechtes auch im Verhltnis zwischen Sportler

    und Sportverbnden. Dies erscheint vor dem Hintergrund problematisch, dass die Athleten

    namentlich die Mannschaftssportler regelmig nur in die Ablufe ihres Vereins, nicht aber

    in die des Verbandes eingebunden sind. Jedenfalls solange sich das Rechtsverhltnis des

    einzelnen Sportlers gegenber dem Verband auf die Beantragung und Erteilung einer Lizenz

    beschrnkt, sind die herkmmlichen Voraussetzungen eines Arbeitsverhltnisses

    Weisungsgebundenheit und Betriebseingliederung nicht erfllt. Anderes mag gelten, wenn

    und soweit ein Sportler regelmig an Trainingslehrgngen und Wettbewerben teilnimmt, die

    vom Verband ausgerichtet werden. Auch insoweit geht die herrschende Rechtsprechung

    bislang aber davon aus, dass mit einer kurzfristigen Teilnahme etwa an einem Lnderspiel

    noch kein Arbeitsverhltnis zwischen dem einzelnen Sportler und dem Verband begrndet

    wird. Vielmehr bleibt der Sportler Arbeitnehmer seines Vereins und wird auf dessen Weisung

    hin vorbergehend an einem anderen Arbeitsort ttig. Hintergrund ist, dass die Vereine

    gegenber den Verbnden wiederum vertraglich oder satzungsrechtlich verpflichtet sind,

    Spieler zu Lehrgngen und Wettkmpfen der Nationalmannschaft abzustellen.

    Schiedsfhigkeit von Sportler-Arbeitsvertrgen

    Unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsrechtes fordert der Deutsche Richterbund die

    Klarstellung, dass die im Sport blichen Schiedsgerichtsverfahren nicht fr arbeitsrechtliche

    Streitigkeiten gelten knnen. Dies entspricht der Regelung des 101 Arbeitsgerichtsgesetz,

    der arbeitsrechtliche Streitigkeiten von einer Schiedsvereinbarung ausnimmt. Eine Alternative

    wre, in einem Tarifvertrag die Zustndigkeit eines Schiedsgerichts zu vereinbaren.

    Voraussetzung hierfr wre, dass der Gesetzgeber in 101 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz

    neben Knstlern auch professionelle Sportler in den Katalog der Berufsgruppen aufnimmt, die

    durch Tarifvertrag die Zustndigkeit eines Schiedsgerichts vereinbaren knnen. Hieran fehlt

    es bislang. Dabei wre der Abschluss von Tarifvertrgen durchaus eine Option, den

    Besonderheiten des professionellen Sports auf vielen Feldern Rechnung zu tragen. Dies gilt

    nicht nur fr die Schiedsgerichtsbarkeit: Auch die Befristung von Arbeitsvertrgen ohne

  • Sachgrund ber die Dauer von zwei Jahren hinaus knnte durch Tarifvertrag geregelt werden.

    Dadurch knnten sportspezifische Regelungen geschaffen werden, ohne dass die

    grundstzliche Geltung des Arbeitsrechts in Frage gestellt wrde.

    Flieende Grenze: Ernhrung, Ergnzung, Ertchtigung Doping?

    Parallelitt von sportrechtlichen und staatlichen Verfahren

    Der Deutsche Richterbund geht in seiner Stellungnahme auf das Verhltnis zwischen den

    sportrechtlichen Verfahren vor Schiedsgerichten einerseits und zeitgleichen staatlichen

    Ermittlungsverfahren und Strafverfahren ein. Da in beiden Verfahrensarten unterschiedliche

    Verfahrensregeln und Beweisgrundstze gelten, msste das Verhltnis der Prozesse

    zueinander geklrt werden. Es bestehe ein Geflle zwischen der Ausgestaltung der

    Verfahrensordnung des Sportrechts [] und den Schutzgarantien der Strafprozessordnung.

    Dies sei die zwangslufige Folge der Besonderheiten der sportrechtlichen Verfahren mit

    einer Einschrnkung der Unschuldsvermutung durch eine Beweislastumkehr und mit einem

    faktischen Einlassungszwang fr den Sportler. Demgegenber stnden die Schutzgarantien

    der Strafprozessordnung fr den Beschuldigten, die es zu wahren gelte. Es bestnden daher

    Bedenken gegen einen Transfer der in sportrechtlichen Verfahren erlangten Einlassungen und

    Aussagen der Athleten in einen Strafprozess. Der Deutsche Richterbund weist aber zugleich

    einen Weg zur Lsung dieser Frage: Der Gesetzgeber knne, vergleichbar zu Angaben des

    Beschuldigten aufgrund verwaltungs- und insolvenzrechtlicher Auskunftspflichten ein

    Verwertungsverbot statuieren. Demnach drften nicht smtliche Einlassungen eines Sportlers

    aus einem sportgerichtlichen Verfahren in einem Strafprozess verwertet werden.

  • Prjudiz fr staatliches Strafverfahren?

    Der Deutsche Anwaltverein (DAV) uert in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Anti-

    Doping-Gesetzes vom Februar 2015 Bedenken: Wenn ein Athlet vom Verband gesperrt, vom

    staatlichen Strafgericht aber freigesprochen wrde, wre dies eine Vorlage fr einen

    Schadensersatz des Athleten gegen den Verband. Der DAV befrchtet, dass sich das

    Strafgericht zur Vermeidung dieses Resultates das Ergebnis der Beweiswrdigung durch das

    Schiedsgericht entgegen seiner Aufklrungspflicht zu eigen macht.

    Bundesregierung: Anti-Doping-Kampf ins Gesetzbuch

    Der DAV geht in seiner Stellungnahme nicht darauf ein, dass auch nach derzeitiger

    Rechtslage sportgerichtliche Sanktionsverfahren und staatliche Strafprozesse parallel

    verlaufen: So kann etwa die Staatsanwaltschaft wegen Krperverletzung ermitteln, wenn ein

    Spieler einen anderen durch ein grobes Foul verletzt hat. Dies hindert

    die Sportgerichtsbarkeit nicht, den Spieler wegen einer Roten Karte zu sperren. Bislang ist

    nicht bekannt, dass ein Strafrichter die Spielsperre durch den Sportverband unbesehen

    bernommen und den Betroffenen auf dieser Grundlage verurteilt htte, um eine Diskrepanz

    zwischen sportgerichtlichem und staatlichem Verfahren zu vermeiden. Auch der Umstand,

    dass ein zivilrechtliches Verfahren anders ausgeht als ein Strafverfahren, ist tgliche Praxis.

    Es ist nicht ersichtlich, dass sich Strafrichter in ihrer Entscheidung davon leiten lassen, ob im

    Falle eines Freispruchs Schadensersatzansprche des Beschuldigten mglich sind. Zudem

    bedeutet ein Freispruch im Strafverfahren aufgrund der hohen Beweisanforderungen und des

    Grundsatzes in dubio pro reo nicht, dass ein anschlieender, zivilrechtlicher

    Schadensersatzprozess aussichtsreich wre. Vielmehr muss der Betroffene in jedem Einzelfall

    die Voraussetzungen eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs darlegen und beweisen.

    Der bloe Freispruch im Strafverfahren hilft ihm dabei nicht.

  • Schiedsvereinbarungen zwischen Verbnden und Sportlern

    Der Deutsche Richterbund uert sich auch zur geplanten Regelung im Anti-Doping-Gesetz,

    wonach Sportler und Sportverbnde Schiedsvereinbarungen schlieen knnen. Der DRB

    (http://www.drb.de/cms/index.php?id=899) hlt es nicht fr zwingend, in einem Anti-Doping-

    Gesetz das sportrechtliche Verfahren mit einer ausdrcklichen Anerkennung von

    Schiedsgerichten aufzuwerten. Jedenfalls msse die Zulssigkeit von Schiedsvereinbarungen

    im Sport im Hinblick auf rechtsstaatliche Mindestanforderungen sorgfltig geprft werden.

    Dies gelte nicht zuletzt mit Blick auf das Urteil des Oberlandesgerichts Mnchen vom 15.

    Januar 2015: Das Gericht hatte im Schadensersatzprozess der Eisschnellluferin Claudia

    Pechstein gegen den Eisschnelllauf-Weltverband (ISU) Schiedsvereinbarungen fr unwirksam

    erklrt, wenn sie zur Voraussetzung der Teilnahme an eine Wettbewerb des

    Monopolverbandes gemacht werden und den Internationalen Sportschiedsgerichtshof (Court

    of Arbitration for Sport) in seiner jetzigen Ausgestaltung als letzte Schiedsgerichtsinstanz

    vorsehen.

    Diese Auffassung teilt auch der Deutsche Anwaltverein: Nachdem das Oberlandesgericht

    Mnchen bereits Anforderungen an die Besetzung und die Unabhngigkeit von

    Schiedsgerichten formuliert habe, solle man die Beurteilung des Bundesgerichtshofs in

    diesem Falle abwarten. Es sei durchaus mglich, dass noch weitere Vorgaben fr

    Schiedsvereinbarungen im Sport gemacht wrden. So mssten aus Sicht des DAV

    internationale Schiedsverfahren strukturell und institutionell so ausgestaltet sein, dass sie

    rechtsstaatlichen Anforderungen gengen.

    Kodifizierung des Sportrechts

    Der Deutsche Richterbund begrt im Grundsatz bei konkreten Verbesserungsvorschlgen

    im Einzelfall eine gesetzliche Regelung zur Bekmpfung des Dopings. Zugleich macht er

    deutlich, dass der Gesetzgeber mit Blick auf den Regelungsbedarf im Sportrecht ein eher

    nachrangiges Problem aufgegriffen habe. Das geplante Anti-Doping-Gesetz knne eine

    umfassende rechtliche Regelung des Sports nicht ersetzen. Der Deutsche Richterbund spricht

    damit den Umstand an, dass zahlreiche gesetzliche Regelungen nicht (mehr) zum heutigen

    Profisport passen. So verstoen etwa Sportler bei internationalen Sportwettbewerben

  • regelmig gegen arbeitsrechtliche Schutzvorschriften, etwa die Vorgaben des

    Arbeitszeitgesetzes. Auch die Probleme beim Abschluss von Schiedsvereinbarungen oder die

    verbandsrechtlichen Eingriffe in die grundrechtlich geschtzte Berufsfreiheit belegen den

    grundlegenden Regelungsbedarf. Diesen Aspekt thematisierten der Sportredakteur Tobias

    Schall und die Anwlte Christoph Wterich und Marius Breucker in ihrem Debattenbeitrag

    unter dem Titel Raus aus dem Schatten in der Stuttgarter Zeitung im Januar 2015. Ziel

    msse ein internationaler Code des Sports sein, der Standards und Rahmenbedingungen des

    modernen Sports festlegt, so die Stuttgarter Autoren.

    Anti-Doping-Kampf: Gesetzgeber will die Zuschauerrolle verlassen.

    Der Deutsche Richterbund schlgt in seiner Stellungnahme ber eine solche Kodifizierung

    hinaus vor, dass sich die Spitzenverbnde aller Sportarten berzeugenden Compliance-

    Regelungen zur Bekmpfung der Korruption in den eigenen Reihen unterworfen und sich

    notwendigen Ermittlungsverfahren der Strafverfolgungsbehrden stellen. Dies sei

    notwendig, um dem Sport ber die Bekmpfung des Dopings hinaus einen wirksamen

    rechtlichen Rahmen zu geben. Die Debatte um ein zeitgemes Recht des Sports ist mit dem

    Entwurf des Anti-Doping-Gesetzes, so scheint es, erst erffnet.

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