DIAGNOSE 1/2006

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01/05 DIAGNOSE DIAGNOSE 01/2006 Das Magazin von Ärzte ohne Grenzen Österreich www.aerzte-ohne-grenzen.at 01/2006 Haiti: Medizinische Versorgung für Opfer der Gewalt Kolumbien: Psychologische Hilfe im Bürgerkriegsgebiet Honduras: Unterstützung für Jugend- liche auf der Straße Partner machen schnelle Hilfe möglich LATEINAMERIKA VERGESSENE KRISEN, VERGESSENE KRANKHEITEN Serge Sibert/msf Sponsoring-Post GZ02Z0304985 Verlagspostamt 1020 Wien

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Lateinamerika - Vergessene Krisen, vergessene Krankheiten

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DIAGNOSE

DIAGNOSE 01/2006

Das Magazin von Ärzte ohne Grenzen Österreich

www.aerzte-ohne-grenzen.at

01/2006

HHaaiittii::

Medizinische Versorgung

für Opfer der Gewalt

KKoolluummbbiieenn::

Psychologische Hilfe

im Bürgerkriegsgebiet

HHoonndduurraass::

Unterstützung für Jugend-

liche auf der Straße

Partner machen schnelle Hilfe möglich

LATEINAMERIKAVERGESSENE KRISEN, VERGESSENE KRANKHEITEN

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Sponsoring-PostGZ02Z0304985Verlagspostamt 1020 Wien

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Aktuell:Einsatzländer von Ärzte ohne Grenzen

➌ Honduras: In den Straßen der Hauptstadt Tegucigalpa

kämpfen ausgegrenzte Kinder und Jugendliche Tag für Tag

ums Überleben.

Freiwillige aus Österreich derzeit auf EinsatzEinsatzländer von Ärzte ohne Grenzen

➊ Haiti: In der Hauptstadt Port-au-Prince werden bei

Straßenschlachten täglich Zivilisten verletzt, die medizini-

sche Versorgung der Gewaltopfer ist völlig unzureichend.

➋ Kolumbien: Der blutige Bürgerkrieg zwischen

Guerilla und Militär hat viele Menschen aus ihren Dörfern

vertrieben und schwer traumatisiert.

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➊ Herbert Mazingerist Chirurg in Wien. Vergan-geenes Jahr leistete er Hilfein Port-au-Prince, wo er ineinem von Ärzte ohneGrenzen übernommenenKrankenhaus Verletzteoperierte.

Bevölkerung in Not: Der Bürgerkrieg in Kolumbien mitunzähligen vertriebenen und traumatisierten Menschen isteine von vielen humanitären Katastrophen, die im Rest der Welt kaum Beachtung finden

➋ Mario Thaleraus Imst in Tirol ist seiteinem Jahr als Controller fürdie Finanzgebahrung derHilfsprogramme von Ärzteohne Grenzen in Kolumbienverantwortlich.

➌ Alessandro Huberist Psychiater in Zürich. In Tegucigalpa hat er dieLebensgeschichten vonJugendlichen der Straße auf-gezeichnet, die bei Ärzte ohneGrenzen medizinische undpsychologische Hilfe suchen.

Editorial:

Wer bekämpft Chagas?In den Armensiedlungen Lateinamerikas tötet eineKrankheit, für die sich im Rest der Welt niemandinteressiert.

In Lateinamerika sterben Jahr für Jahr 50.000 Men-

schen an einer Krankheit, deren Namen in Europa

kaum jemand kennt. Chagas wird durch die Raubwanze

übertragen, die in Häusern aus Lehm und Stroh nistet,

also in den Häusern der Armen. Betroffen sind vor allem

Kinder – arme Kinder.

Der bevorstehende Lateinamerika-Gipfel in Wien, bei

dem die Regierungschefs der Region mit jenen der EU

zusammentreffen, wäre eine gute Gelegenheit, die Chagas-

Krankheit zum Thema zu machen. Bei dem Treffen geht

es um die Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen,

aber auch um Zusammenarbeit in der Forschung und

Fragen der Menschenrechte. Eine gemeinsame Initiative

zur Bekämpfung von Chagas – durch Entwicklung von

Medikamenten und Maßnahmen gegen die Verbreitung

der Wanze – wäre ein wunderbar konkretes Ergebnis des

Gipfeltreffens.

Leider machen wir immer wieder die Erfahrung, dass

ehrgeizige internationale Abkommen die Bedürfnisse der

schwächsten Bevölkerungsgruppen nicht berücksichtigen.

Die Betroffenen sind in vielen Teilen der Welt Patienten

von Ärzte ohne Grenzen. Die aidskranke Frau in Guate-

mala zum Beispiel, die fürchten muss sich keine lebens-

verlängernden Medikamente mehr leisten zu können, seit

das Freihandelsabkommen zwischen den USA und den

Staaten Zentralamerikas in Kraft ist, das den Handel mit

erschwinglichen Generika einschränkt.

Ärzte ohne Grenzen versteht sich als Sprachrohr für

Menschen in Not. Für bolivianische Kinder etwa, die die

veralteten Mittel gegen Chagas nicht vertragen. So fordern

wir, dass im 7. Rahmenprogramm für Forschung und Ent-

wicklung, das während der österreichischen EU-Präsi-

dentschaft beschlossen wird, den vergessenen Armen-

krankheiten der Kampf angesagt wird. Auch wenn die

meisten Verantwortlichen noch nie von Chagas gehört

haben.

Dr. Clemens Vlasich

Thema:

Lateinamerika:

In vielen Einsatzgebieten der

Region leistet Ärzte ohne

Grenzen Hilfe für die Opfer

von Gewalt… 4Interview:

Die spanische Ärztin Silvia

Morote über die psychologi-

sche Hilfe für die traumati-

sierte Bevölkerung Kolumbi-

ens … 7Bericht:

Der obdachlose Jugendliche

Oscar aus Tegucigalpa, Hon-

duras, erzählt seine Lebens-

geschichte … 8Hintergrund:

Chagas-Krankheit: Wie wird

sie übertragen? Wie wird sie

diagnostiziert? Wie wird sie

behandelt? … 10Einsatzgebiete: E-Mail aus

Shabunda. Derzeit aus

Österreich im Einsatz. Zehn

vergessene Katastrophen.

Pakistan. Somalia … 12Spenden:

Partner ermöglichen unsere

Einsätze … 14

IMPRESSUM: Medieninhaber und Herausgeber:Ärzte ohne Grenzen, Taborstraße 10, 1020 Wien Postfach 240, Tel. 01/409 72 76, Fax 01/409 72 76-40 E-Mail: [email protected], DVR-Nr.: 0778737 Spendenkonto: PSK 930 40 950 Spenderservice: Tel. 0800 246 292Verantwortlich: Gabriele Faber-Wiener Chefredaktion: Mag. Irene Jancsy Mitarbeiter: Andreas Plöckinger, Mag. Mario Thaler,Dr. Clemens VlasichGraphisches Konzept, Gestaltung, Produktion:buero8/agentur8, Wien Druck: Berger, Horn Papier: EuroBulk Volumenpapier Erscheinungsweise: viermal jährlich Auflage: 72.000 Stück

Das Papier für die DIAGNOSE stellt die M-real Hallein AG kostenlos zur Verfügung.

Unterzeichnen Sie unsere

Online-Petition an Bundes-

kanzler Wolfgang Schüssel:

www.aerzte-ohne-grenzen.at/

petition

INHALT:

Dr. Clemens VlasichPräsident von Ärzte ohne Grenzen Österreich

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4 DIAGNOSE 1/2006

Port-au-Prince, Haiti: Das Armen-

viertel Cité Soleil ist nach den

Sonnenstrahlen benannt, die auf

den weißen Mauern der Häuser reflek-

tieren. Doch so poetisch wie der Name

ist sonst nichts in diesem Teil der

haitianischen Hauptstadt. In Cité Soleil

herrscht Krieg. Tag und Nacht liefern

einander bewaffnete Gruppen, die

haitianische Polizei und Soldaten der

UN-Stabilisierungstruppe Minustah

blutige Straßenschlachten. Jeden Tag

geraten Unbeteiligte ins Kreuzfeuer,

jeden Tag sterben Zivilisten, darunter

viele Frauen, Kinder, alte Menschen.

„Die Situation ist inakzeptabel“,

beschreibt Ali Besnaci, Einsatzleiter von

Ärzte ohne Grenzen in Haiti, die Lage in

der Hauptstadt. „Kürzlich mussten wir

gleichzeitig bei einem fünfzehn Monate

alten Baby und bei einem 77jährigen

Mann Schusswunden versorgen. Und

wir wissen, dass viele Verletzte entweder

aus Angst, oder weil sie daran gehindert

werden, ihre Wunden gar nicht verarzten

lassen.“

Alltägliche Gewalt

Verletzte, die nicht behandelt werden,

weil es keine Ärzte, keine Krankenhäuser

und keine Sicherheit gibt. Menschen, die

mit den psychischen Folgen der Gewalt

nicht zu Rande kommen; Gewalt, die

weitere Gewalt erzeugt – auch gegen die

Nächsten, auch gegen sich selbst. In

solchen Krisen sowohl medizinische als

auch psychosoziale Hilfe zu leisten,

gehört in vielen Einsatzgebieten auf der

ganze Welt zu den wesentlichen Auf-

gaben von Ärzte ohne Grenzen.

Gerade in Lateinamerika und der

Karibik wird deutlich, wie eng die Gewalt

immer wieder mit Armut und mit

Vergessen verwoben ist. Haiti mit seinen

acht Millionen Einwohnern ist das

ärmste Land der Hemisphäre. Die

bürgerkriegsartigen Zustände in Port-

KONTINENT DER WIDERSPRÜCHEGewalt: In Lateinamerika und der Karibik behandelt Ärzte ohne Grenzen die Opfer von bewaffneten Konflikten, die sich weitgehend unter Ausschluss der Weltöffentlichkeit abspielen.

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au-Prince zählen zu jenen zehn huma-

nitären Katastrophen, die nach einem

jährlich von Ärzte ohne Grenzen ver-

öffentlichten Ranking 2005 in den

Medien die geringste Aufmerksamkeit

erreicht haben (siehe Seite 12).

Ärzte ohne Grenzen leistet seit Dezem-

ber 2004 medizinische Nothilfe für die

Bevölkerung der haitianischen Haupt-

stadt. Weil es in Cité Soleil für die

250.000 Bewohner des Viertels – in etwa

die Einwohnerzahl von Graz – praktisch

keine ärztliche Versorgung gab, bezog

Ärzte ohne Grenzen im vergangenen

August ein Krankenhaus und ein Ge-

sundheitszentrum, beide waren seit

längerem außer Betrieb gewesen. Allein

in den ersten drei Monaten versorgten

die Mitarbeiter der Organisation 12.000

Patienten und Patientinnen. Daneben hat

Ärzte ohne Grenzen auch ein Spital im

Zentrum der Stadt übernommen und für

die Versorgung von Gewaltopfern

adaptiert. „An manchen Tagen haben wir

einen Verletzten nach dem anderen

operiert, von der Früh bis weit nach

Mitternacht“, erzählt der Wiener Chirurg

Herbert Matzinger, der vergangenes Jahr

in Port-au-Prince auf Einsatz war. „Es ist

unvorstellbar, dass nur wenige Kilometer

entfernt Menschen an weißen Stränden

ihren Traumurlaub verbringen.“

Alltägliche Armut

Lateinamerika ist ein Kontinent voller

Widersprüche. Die Bilder, die um die

Welt gehen, haben oft wenig mit jener

Wirklicheit zu tun, die die Mitarbeiter

Bolivien Programme gegen Chagas, Malaria, Tuberkulose und Lepra

Ecuador HIV/Aids-Programme

Guatemala Programme zur Bekämpfung von Chagas und von HIV/Aids

Haiti Basisgesundheit, medizinische Hilfe für Gewaltopfer

Honduras medizinische und psychosoziale Hilfe für Jugendliche auf der Straße

Kolumbien medizinische und psychologische Hilfe für Opfer des Bürgerkriegs

Peru HIV/Aids-Programme

Ärzte ohne Grenzen in Lateinamerika

THEMA:Lateinamerika

Cité Soleil, Haiti: „Die Situation ist inakzeptabel.“

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Nothilfe in Haiti: Hunderttausende waren ohne ärztliche Versorgung

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von Ärzte ohne Grenzen bei ihren Ein-

sätzen erleben. Während in Port-au-

Prince Gewalt und Chaos herrschen, ist

die benachbarte Dominikanische Repu-

blik ein Magnet für den Massentouris-

mus. In Mexiko, einem Land mit einer

beachtlichen Dichte an Dollarmilliar-

dären, sterben noch immer Menschen an

der Armenkrankheit Chagas. Brasilien

ist eine aufstrebende Wirtschaftsmacht,

doch die Armenviertel von Rio sind von

Drogen und Gewalt zerstört. Die Staaten

Zentralamerikas hoffen durch das Frei-

handelsabkommen mit den USA auf

Anschluss an die Weltwirtschaft – doch

für die Aidskranken in der Region wird

dadurch der Zugang zu billigen Medi-

kamenten erschwert, weil der Vertrag

die Interessen der US-Pharmaindustrie

schützt.

In der kolumbianischen Hauptstadt

Bogotá gibt es zahlreiche Kliniken für

Schönheitschirurgie. Aber in den Gebie-

ten, die vom Bürgerkrieg zwischen Mili-

tär und Guerilla beherrscht werden, fehlt

es den Menschen an medizinischer

Grundversorgung. „Ich muss an das

kleine Mädchen in La Bonita denken“,

schreibt der Tiroler Administrator Mario

Thaler aus Bogotá, „dessen größter

Schatz ein aus Holzabfällen gezimmertes

Spielzeug ist. Sie ist nur eines von hun-

derttausenden Kindern in Kolumbien,

die niemals in den Genuss jenes Reich-

tums kommen werden, der in den Städ-

ten des Landes herrscht.“

Brutale Vertreibung

Seit fast einem Jahr ist der Tiroler in

Kolumbien auf Einsatz. Auch der Bür-

gerkrieg in diesem südamerikanischen

Land – der in manchen Regionen seit

Jahrzehnten tobt – zählt zu den ver-

gessenen humanitären Katastrophen.

Kolumbien ist das größte Einsatzland

von Ärzte ohne Grenzen in Lateiname-

rika. Die Mitarbeiter der Organisation

leisten medizinische und psychologische

Hilfe für Menschen, die sich vor der Ge-

walt in städtische Slums gerettet haben,

aber auch direkt in den vom Bürgerkrieg

zerstörten Gebieten.

Zum Beispiel in Saiza, einem Dorf im

Süden der Region Córdoba: „An eine

Hauswand gemalt zeigt ein Bild, wie

Saiza früher einmal war“, erzählt Mario

Thaler: „Ein kleines Paradies, an einem

Fluss gelegen, mit gepflasterten Straßen,

einer Schule, Geschäften und sogar

einem kleinen Gesundheitszentrum.

Neben dem Bild sieht man durch ein

Fenster das Saiza von heute: Zerstörte

Häuser, die Natur erobert Straßen und

THEMA:Lateinamerika

Folgen des Bürgerkriegs:Hunderttausende Kinder in Kolumbien

wachsen in einem Klima der Gewalt und des Terrors auf.

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Hilfe im Kriegsgebiet: In manchen Regionen Kolumbiens werden nur drei von zehn Männern dreißg Jahre alt

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Plätze zurück, kaum Geschäfte, nur ver-

einzelt sind Menschen zu sehen.“

Vor sechs Jahren wurde das Dorfleben

abrupt unterbrochen: Eine der bewaffne-

ten Gruppen, die in der Region aktiv

sind, kam ins Dorf und richtete auf dem

Hauptplatz elf Menschen hin. Es waren

Geschäftsleute, angesehene Einwohner,

der Dorfvorsteher. Es hieß, sie hätten mit

der Gegenseite zusammengearbeitet.

Dem Rest der Bevölkerung wurde ange-

raten, das Dorf so schnell wie möglich zu

verlassen. Es war das dritte Massaker

innerhalb weniger Jahre.

Schwierige Rückkehr

Ärzte ohne Grenzen leistete schon vor

dem Massaker medizinische Hilfe in

Saiza und versorgte die Menschen auch,

als sie in provisorischen Siedlungen in

der Region Zuflucht suchten. Als die er-

sten Bewohner sich nach einiger Zeit in

ihr Dorf zurückwagten, wurden sie von

Mitarbeitern der Organisation begleitet.

Für die Menschen in diesen Ortschaf-

ten, erzählt Mario Thaler, sei die An-

wesenheit von Ärzte ohne Grenzen der

Beginn einer Rückkehr zur Normalität.

Immer wird ihm die selbe Frage gestellt:

„Ihr von Ärzte ohne Grenzen, Ihr werdet

Saiza doch wohl nicht verlassen?“

Wie hilft Ärzte ohne Grenzen derBevölkerung von Florencia?

Wir leisten vor allem psychologische

Hilfe für die Menschen, die aus den

ländlichen Gebieten der Provinz Ca-

queta in die Stadt geflüchtet sind. Es

sind Menschen, die von Jahren des Bür-

gerkriegs gezeichnet sind: Sie haben

den Tod von Verwandten oder Nach-

barn mitangesehen, wurden gefoltert,

aus ihren Häusern vertrieben, haben

selbst Drohungen erhalten und fürch-

ten um ihr Leben und um das ihrer

Kinder. Wir haben das psychologische

Hilfsprogramm eingerichtet, als bei un-

seren Erkundigungen im Jahr 2004

deutlich wurde, dass ein großer Teil die-

ser Vertriebenen an schweren posttrau-

matischen Störungen leidet.

Wie wirken sich diese aus?Fast die Hälfte der Menschen, die

Ärzte ohne Grenzen untersucht hat, lei-

det unter Depressionen. Sie sind zu

nichts zu motivieren, sehen keinen

Sinn im Leben und können den Alltag

nicht mehr bewältigen. Viele von ihnen

sind sehr misstrauisch, viele leiden

unter Angstzuständen und Schlaflosig-

keit. Manche können nicht aufhören zu

weinen. Etwa jeder Dritte, so zeigte un-

sere erste Untersuchung, leidet unter

einem posttraumatischem Stresssyn-

drom und durchlebt traumatische Er-

eignisse wie Folter oder Massaker im

Geist immer wieder. Achtzehn Prozent

der Vertriebenen haben sich schon mit

dem Gedanken an Selbstmord getragen.

Was kann Ärzte ohne Grenzen fürdiese verzweifelten Menschen tun?

In unserem psychosozialem Zen-

trum geben wir ihnen vor allem die

Möglichkeit, über das Erlebte zu spre-

chen. Unsere Mitarbeiter und Mitarbei-

terinnen gehen regelmäßig durch die

Stadtviertel, in denen sich die Vertriebe-

nen angesiedelt haben, und erzählen

von unseren Angeboten. Wir setzen

uns mit den Menschen zusammen und

sprechen mit ihnen darüber, dass ihre

Beschwerden und Reaktionen ganz eng

mit ihren Erlebnissen in Zusammen-

hang stehen. Für traumatisierte Kinder

ist Zeichnen und Spielen sehr heilsam.

Sind Männer, Frauen und Kinderin gleichem Maße betroffen?

Ja, aber den Frauen fällt es leichter,

für sich und ihre Kinder Hilfe zu su-

chen, als den Männern – das ist aber

ein weltweites Phänomen und nicht auf

Kolumbien beschränkt. Leider führen

die Ängste und die Verunsicherung

auch zu weiterer Gewalt: Aggressionen

richten sich oft gegen die eigenen,

schwächeren Familienmitglieder, gegen

Frauen und gegen Kinder. Gewalt inner-

halb der Familien – oft gepaart mit Al-

koholmissbrauch - ist in diesen vom

Terror geprägten Gemeinschaften ein

enormes Problem. Gewalt in der Fami-

lie ist noch viel schwerer zu bewältigen,

als das Leid, das einem durch Fremde

zugefügt wird. Frauen suchen bei uns

zwar Hilfe, wenn ihre Kinder betroffen

sind, für sich selbst aber kaum. Die

Psychologen von Ärzte ohne Grenzen

bemühen sich deswegen auch, Gesund-

heitspersonal und Lehrer für die – oft

versteckten – Nöte von Gewaltopfern

zu sensibilisieren.

Ärztin Silvia Morote (Bild Mitte) im Einsatz: „Aggressionen richten sich oft gegen Familienmitglieder.“

„Etwa jeder Dritte durchlebt trauma-tische Ereignisse wie Folter undMassaker im Geist immer wieder.“

Vom Terror geprägtInterview: In vielen Teilen Lateinamerikas leistet Ärzte ohne Grenze Hilfe fürdie Opfer von Gewalt. So auch in der kolumbianischen Stadt Florencia, wo diespanische Ärztin Silvia Morote zwei Jahre lang die medizinische Leitung desProgramms inne hatte.

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Gewalt, Drogen, Prostitution, Ver-

folgung durch die Polizei – für

die Kinder und Jugendlichen in

den Straßen von Tegucigalpa ist jeder Tag

ein neuerlicher Kampf ums Überleben.

Es gibt keinen menschenwürdigen Platz

für sie in dieser Stadt, die durch Zuwan-

derer aus verarmten Landregionen im

Laufe weniger Jahre auf eine Million

Einwohner angewachsen ist.

Im März 2005 hat Ärzte ohne Grenzen

ein Tageszentrum für diese jungen Ob-

dachlosen eingerichtet. Ärzte und

Psychologen nehmen sich dort ihrer

Nöte an. Die ausgegrenzten Jugend-

lichen, unter ihnen auch viele schwangere

Mädchen und junge Mütter mit ihren

Babys, haben kostenlose Hilfe dringend

nötig: Sie sind körperlich und geistig er-

schöpft und völlig mittellos. Von Behör-

den und Polizei werden sie brutal unter-

drückt. Viele von ihnen fügen sich auch

selbst Gewalt zu. Sie betäuben sich mit

Alkohol und Crack oder mit den billig-

sten aller Rauschmittel, mit Lösungsmit-

teln oder Klebstoff.

THEMA:Lateinamerika

Die Mitarbeiter von Ärzte ohne Gren-

zen suchen die Jugendlichen an ihren Zu-

fluchtsorten auf, in leerstehenden Gebäu-

den, unter Brücken, in notdürftigen

Unterkünften aus Karton, und bieten

ihnen Hilfe an. Wer Interesse hat, erhält

individuelle psychotherapeutische Be-

treuung. Im Tageszentrum treffen sich

die Jugendlichen auch in Gruppen, um

über ihre Probleme zu sprechen: Mutter-

schaft auf der Straße; Drogenabhängig-

keit; Repressalien durch die Behörden.

In der Gruppe fällt es vielen von ihnen

leichter, von ihren Sorgen, Ängsten und

Bedürfnissen zu erzählen.

Alessandro Huber, Psychiater von

Ärzte ohne Grenzen, hat die Geschichten

einiger dieser jungen Männer und Frauen

aufgezeichnet. Es sind zornige, traurige,

verzweifelte Berichte. Geschichten von

Menschen, die aus dem politischen und

wirtschaftlichen System dieses kleinen

zentralamerikanischen Landes ausge-

schlossen sind, die von sozialem Fort-

schritt nur träumen können.

Einen von ihnen nennen wir hier

Oscar.

8 DIAGNOSE 1/2006

„… GANZ ALLEIN AUF DER WELT“Honduras: Gewalt und Hoffnungslosigkeit prägen den Alltag vieler Jugendlicher, die in der honduranischenHauptstadt Tegucigalpa auf der Straße leben. Ärzte ohne Grenzen bietet ihnen in einem Tageszentrum medizinischeund psychologische Hilfe an.

„Schenkst Du mir ein Lächeln?“: Die Fotos auf diesen Seiten sind im Rahmeneines Gemeinschaftsprojekts von Ärzte ohne

Grenzen und der honduranischen Vereinigung„Libre Expresión“ entstanden. Indem sie

ihren Alltag fotografieren, haben dieJugendlichen die Möglichkeit, sich kreativ

auszudrücken.

Mehr Berichte und Fotos von Jugendlichen aus Tegucigalpa unter

www.aerzte-ohne-grenzen.at/honduras

Ärzte ohne Grenzenin HondurasEinsatzbeginn: 1998Internationale Mitarbeiter: 5Nationale Mitarbeiter: 31

Schwerpunkte: � Medizinische und psychosoziale Hilfe

für obdachlose Jugendliche in denStraßen von Tegucigalpa

� HIV/Aids-Programm in Tela (Nord-Honduras) – Begleitung nach Übergabean die lokalen Gesundheitsbehörden

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Oscar schaut nicht auf. Er erzählt

seine Geschichte ohne zu unterbrechen.

Er scheint völlig am Ende zu sein. Eine

breite, rote Wunde zieht sich über seinen

Hals.

Gestern Abend habe ich bei einem

Freund ein Seil an einem Dach-

balken festgemacht und wollte

mich erhängen. Ich hatte schon fast das Be-

wusstsein verloren, als mein Freund

zurückkam. Er schrie: „Was machst du

da?“ Dann hat er mich herunter geholt. Ich

hatte vorher einen Streit mit meiner

Freundin, Wendy. Sie will mich verlassen.

Aber sie ist die einzige, die ich auf der Welt

habe, seit meine Großmutter gestorben ist.

Zu meiner Großmutter konnte ich immer

gehen. Obwohl sie alt war, kümmerte sie

sich um mich und gab mir immer etwas zu

essen. Aber jetzt bin ich 23 Jahre alt und

habe nur noch Wendy. Sie ist drei Jahre

jünger als ich. Seit vier Jahren leben wir

zusammen auf der Straße.

Davor war ich Kontrolleur in einem

Bus. Das ist ein harter Job. Man muss stän-

dig aussteigen und das Fahrziel ausrufen,

dem Fahrer Zeichen geben, wenn er zu-

rücksetzt oder durch eine enge Kurve fährt.

Man muss auch kontrollieren, dass wirklich

alle Passagiere bezahlen. Es war hart, aber

wenigstens verdiente ich mir meinen Le-

bensunterhalt. Nicht besonders gut, der

Lohn hing von der Zahl der Passagiere ab,

aber es reichte.

Bis zum Tag, an dem der Bus überfallen

wurde. Sie waren zu fünft, ungefähr in

meinem Alter. Es war kurz vor Feierabend

und wir waren schon fast an der Endsta-

tion angekommen. Im Bus saß nur noch

ein älteres Ehepaar. Die beiden rührten sich

nicht. Der Chauffeur auch nicht. Aber ich,

ich habe mich verteidigt. Ich wollte ihnen

nicht die Einnahmen des ganzen Tages

überlassen. Ohne nachzudenken begann

ich, auf sie einzuschlagen. Aber sie hatten

Messer und eine Pistole. Ich bekam fünf

Stiche und mehrere Kugeln ab. Am rechten

Ellbogen und an vier Stellen im Bauch.

Zwei Wochen lag ich im Koma. Ich war

lange im Spital. Danach fand ich keine

Arbeit mehr. Der Busfahrer hatte einen

jüngeren Burschen gefunden. Er meinte,

ich sei ja nun zu schwach für die Arbeit.

Ich hatte niemanden, der mir

helfen konnte. Meine Großmutter war arm,

bei ihr konnte ich nicht leben. So landete

ich auf der Straße. Ich begann Klebstoff zu

schnüffeln, wie die anderen Straßenkinder.

Damit vergaß ich am Abend meine Pro-

bleme. Aber am nächsten Morgen waren sie

wieder da.

Alles wäre anders gekommen, wenn

meine Mutter noch lebte. Mein Vater wurde

erschossen, als ich kaum ein Jahr alt war.

Dann lebte meine Mutter mit einem ande-

ren Mann zusammen. Der hatte Aids. Sie

wurde krank. Als sie starb, war ich acht

Jahre alt. Und dann starb auch mein Halb-

bruder an Aids. Er wurde vier Jahre alt.

Deshalb ist Wendy so wichtig für mich.

Sie ersetzt meine Familie. Außerdem ist sie

jetzt schwanger. Das sagt sie jedenfalls. Ein

anderes Mädchen hat mir gesagt, Wendy

würde das nur behaupten, damit ich sie

nicht mehr schlage. Ich weiß nicht … Es

stimmt, dass ich sie oft schlage. Aber ohne sie

fühle ich mich ganz allein auf der Welt. Ob-

wohl ich noch eine fünfjährige Tochter habe.

Sie lebt bei ihrer Mutter. Ich sehe sie ab und

zu und möchte nicht, dass ihr die selben

Dinge zustoßen wir mir. Ich will nicht, dass

sie ohne ihren Vater aufwächst …“

Ärzte ohne Grenzen hat in Tegucigalpa

Kontakt zu etwa 400 obdachlosen Kin-

dern und Jugendlichen. Täglich suchen

etwa dreißig von ihnen medizinische

oder psychologische Hilfe im Tages-

zentrum der Organisation. Nicaragua

Belize

Guatemala

El Salvador

H O N D U R A S

Karibisches Meer

PazifischerOzean

Golf vonHonduras

Tegucigalpa

HondurasFläche: 112.090 km2

Einwohner: 7 Millionen Hauptstadt: TegucigalpaLebenserwartung: 68 JahreKindersterblichkeit: 41 von 1000 sterben

vor ihrem 5. GeburtstagArzt pro Einwohner: 1 : 1.200

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HINTERGRUND

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ARMENKRANKHEIT CHAGASVergessene Krankheit: In den verarmten ländlichen Gebieten und den städtischen Slums Lateinamerikas ster-ben Jahr für Jahr 50.000 Menschen an Chagas, 100 Millionen Menschen sind von der Infektion bedroht.

Was ist Chagas?Chagas ist eine in Mittel- und Südamerika verbreitete In-

fektionskrankheit, die durch Wanzenbisse übertragen wird.Sie schädigt vor allem Herz, Nervensystem und Darm undendet unbehandelt in zirka zehn Prozent der Fälle tödlich.

Säuglinge und Kleinkinder sind besonders gefährdet.

Übertragung Die Chagas-Krankheit hängt immer mit Armut zusammen.Der Erreger Trypanosoma cruzi wird durch die Raubwanze übertragen. Sie lebt vor allem in Hütten mit Wänden und Dächern aus Lehm, Stroh oder Flechtwerk, wie sie in den armen Landregionen undstädtischen Slums Lateinamerikas häufig sind. Die Wanze überfällt die Menschen meist im Schlaf undsaugt ihr Blut. Die Infektion erfolgt nicht durch den Biss an sich, sondern wenn der Kot der Wanze indie frische Stichwunde oder in die Schleimhäute eindringt. Chagas wird auch durch Bluttransfusionenund von schwangeren Frauen auf ihre ungeborenen Kinder übertragen.

KrankheitsverlaufKurz nach der Infektion kann es zu Fieber, Durchfall,

geschwollenen Lymphknoten und einer Entzündung derBissstelle kommen. Vor allem bei Säuglingen und

Kleinkindern treten mitunter auch Entzündungen desHerzens oder des Gehirns auf. Oft aber ist der

Insektenbiss nicht sichtbar und es gibt zunächst keineSymptome. So vermehrt sich der Parasit im Körper

über Jahre oder Jahrzehnte unbemerkt. In etwa einem Drittel aller Fälle entwickelt sich zehn

bis zwanzig Jahre nach der Infektion ein chronischesLeiden. Dieses betrifft vor allem Herz, Nervensystem

und Magen-Darm-Trakt. Ist das chronische Stadium derKrankheit einmal erreicht, wirken die gängigen

Medikamente nicht mehr.Unbehandelt endet Chagas in rund zehn Prozent der

Fälle tödlich. Die Todesursache ist oft Herzversagen.

Page 11: DIAGNOSE 1/2006

Diagnose und BehandlungDie Diagnose von Chagas ist schwierig. Um ein verlässliches Ergebnis zuerzielen, müssen zwei bis drei Bluttests durchgeführt werden. Vor allem beiErwachsenen, die über viele Jahre keine deutlichen Symptome haben, bleibt dieInfektion oft lange unbemerkt. Möglichst frühe Testung und Erkennung wärenaber besonders wichtig. Denn die verfügbaren Medikamente sind vor allem imAnfangsstadium wirksam. Bei chronischer Chagas-Krankheit sind dieMöglichkeiten der Therapie schlecht. Zwei Medikamente zur Behandlung von Chagas sind auf dem Markt, eineswurde 1960, das andere 1974 entwickelt, immer wieder kommt es zu Engpässenbei der Herstellung. Die Präparate sind teuer, in Bolivien etwa kostet ein Be-handlungszyklus ungefähr so viel, wie ein Minenarbeiter im Monat verdient. DieWirkung der Mittel ist begrenzt: Nur sechzig bis siebzig Prozent der Betroffenenwerden geheilt, in chronischen Fällen nicht einmal die Hälfte. Die Präparateführen zu schweren Nebenwirkungen. Sie müssen unter ärztlicher Aufsicht ein-genommen werden, was schwierig ist, da ein Behandlungszyklus dreißig bissechzig Tage dauert. Keines der beiden Mittel darf von schwangeren Fraueneingenommen werden, keines ist in kindgerechten Dosierungen erhältlich.

Hilfsprogramme von Ärzte ohne GrenzenÄrzte ohne Grenzen behandelt die Chagas-Krankheit derzeit in Bolivien und inGuatemala. Chagas-Programme in Honduras und Nicaragua konnten Ende 2004an die lokalen Behörden übergeben werden. In Mexiko führte die Organisationeine Untersuchung durch, die bei Kindern unter 14 Jahren eine Infektionsrate von2,3 Prozent ergab und die mexikanischen Gesundheitsbehörden dazu veranlasste,das Problem in Angriff zu nehmen.

Ärzte ohne Grenzen fordert � die Sicherstellung der Produktion der zwei existierenden Präparate gegen

Chagas� die Entwicklung kindergerechter Versionen der bestehenden Mittel � die Entwicklung von Tests zur Diagnose und Überwachung der Therapie von

Chagas � die Entwicklung von einfachen, verträglichen, leistbaren und wirksamen

Behandlungsformen für Chagas bei Erwachsenen und Kindern

Medikamenten-InitiativeUm die Entwicklung von Medikamenten gegen vergessene Krankheiten voranzu-treiben, gründete Ärzte ohne Grenzen gemeinsam mit anderen Organisationen dieinternationale Initiative zur Medikamentenforschung DNDi (Drugs for NeglectedDiseases Initiative). DNDi betreibt derzeit 18 Forschungsprojekte zu Chagas, der Schlafkrankheit und Kala Azar.

Weitere Informationen unter www.dndi.org

Zirka 18 Millionen Menschen sind infiziert

50.000 Menschen sterben Jahr für Jahr an der Krankheit

100 Millionen Menschen in Lateinamerika sind von Infektion mit Chagas bedroht

8,15 Milliarden US-Dollar beträgt laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) der wirtschaftlicheSchaden durch Chagas

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12 DIAGNOSE 1/2006

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Humanitäre KatastrophenVergessen: Ärzte ohne Grenzen präsentiert jene zehn Krisenherde, die imJahr 2005 in den Medien am wenigsten Beachtung fanden.

Die Kämpfe in der DemokratischenRepublik Kongo sind im vergangenenJahr erneut aufgeflammt und habenZehntausende in die Flucht getrieben.Trotzdem war aus den internationalenMedien kaum etwas über den „Afrikani-schen Weltkrieg“ zu erfahren. DasLand im Herzen Afrikas führt die imvergangenen Jänner von Ärzte ohneGrenzen präsentierte Liste jener zehnKatastrophengebiete an, die im Ver-hältnis zu ihrem Ausmaß besondersselten in den Medien erwähnt werden.Die weiteren vergessenen Krisenherde:Tschetschenien, Haiti, HIV/Aids, Nord-ost-Indien, Süd-Sudan, Somalia,Kolumbien, Nord-Uganda und Cote

d’Ivoire (Elfenbeinküste). Die bereits zum achten Mal herausgegebene Liste beruht auf denErfahrungen, die über 24.000 Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen bei ihren Einsätzen in allerWelt sammeln. Mehr Informationen unter www.aerzte-ohne-grenzen.at/krisen2005

Tschetschenien: Der Konflikt im Nordkaukasus zählt zu jenen Kri-sen, die in den internationalen Medien kaum Beachtung finden.

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E-MAIL AUS SHABUNDADemokratische Republik Kongo: Die österreichische Ärztin Karin Girkinger erzählt in einem E-Mail von ihrem Einsatz in einemKrankenhaus der Region Süd-Kivu.

Hi! Was tut sich so in Wien?

Mir geht’s sehr gut. Um sechs

Uhr Früh werde ich vom

Läuten der Glocken der fünfzig Meter

entfernten Kirche aufgeweckt. Um diese

Zeit herrscht auf den Straßen der Stadt

schon buntes Treiben, da der Tag hier

bereits mit Sonnenaufgang beginnt.

Nach einer kühlen Dusche unter freiem

Himmel mache ich mich auf den Weg ins

Krankenhaus, zirka fünf Gehminuten

von unserer Unterkunft entfernt.

Ich arbeite mit gut ausgebildetem

Pflegern und Pflegerinnen zusammen,

die mir Swahili und andere lokale Spra-

chen ins Französische übersetzen. Sech-

zig Prozent der Patienten sind Kinder,

von denen die meisten unter Malaria und

deren Begleiterscheinungen leiden: Blut-

armut, Koliken, cerebrale Krampfanfälle.

Andere haben Atemwegs- und Durch-

fallerkrankungen, viele sind unterer-

nährt. Aber auch viele schwer kranke

Frauen sind hier im Spital, sie leiden

unter Lungenentzündung, Wurmbefall

und anderen tropischen Krankheiten.

Nachdem sie genesen sind, ist es manch-

mal gar nicht so leicht, sie nach Hause zu

schicken. Sie genießen es, noch ein paar

Tage im Krankenhaus zu sein und nicht

gleich wieder auf den Feldern und in

ihrem Haushalt – mit oft bis zu fünf-

zehn Kindern – arbeiten zu müssen. Ich

habe großes Verständnis dafür. Wenn

aber die zwanzig Betten der Frauenab-

teilung mit vierzig Patientinnen belegt

sind, muss ich manchmal etwas hart

sein. Einige der Patienten wohnen 200

Kilometer von Shabunda entfernt und

nehmen eine Woche Fußmarsch auf sich,

um das Krankenhaus zu erreichen.

Es gibt schwere Momente. Gestern

zum Beispiel, ein Notfall auf der Gebur-

tenabteilung: Plazenta prävia – die Mut-

ter blutet stark! Weil es schnell gehen

muss, ist keine Narkose möglich. Wir

betäuben die Bauchdecke mit einem

Lokalanästhetikum. Ein kongolesischer

Arzt steht mir zur Seite. Das Kind ist

bereits tot, der Blutdruck der Mutter auf

40/20 gesunken. Wir geben eine Blut-

transfusion. Sie überlebt trotzdem nicht.

In einem europäischen Krankenhaus

hätte die Frau gerettet werden können.

Nach Dienstschluss bin ich todmüde,

beschließe aber einen Spaziergang zu

machen. Shabunda ist von einem Fluss

umgeben, an dem man wunderbar sitzen

und abschalten kann. Ich sehe den

Frauen beim Waschen zu. Innerhalb

kürzester Zeit bin ich von etwa zehn

Kindern umgeben, als „Muzungu“

(Weißer) ist man immer eine Attraktion.

Plötzlich kommt ein kleiner Knirps mit

einer Trommel vorbei und beginnt zu

trommeln und zu singen. Die anderen

Kinder stimmen ein. Ich bin sprachlos

vor Begeisterung und Rührung.

Liebe Grüße aus Shabunda,

Karin Girkinger

Shabunda: Eine Woche Fußmarsch bis zum Krankenhaus

Page 13: DIAGNOSE 1/2006

Schnee, Stürme und Eisregen haben

im Laufe des Winters viele Straßen

im pakistanischen Erdbebengebiet un-

passierbar gemacht. Ärzte ohne Grenzen

setzt deswegen weiterhin Helikopter ein,

um Patienten, Mitarbeiter und Hilfsgüter

zu transportieren. Die Zahl der Patienten

mit Verletzungen, die noch direkt vom

Erdbeben herrühren, ist im Laufe des

Winters zurückgegangen. Aber durch die

beengten Lebensbedingungen und

schlechten sanitäre Zustände in den

Notzelten, leiden viele Menschen an In-

fektionen der Atemwege, an Durchfall

und eitrigen Wunden. Allein bis Jahres-

anfang hat Ärzte ohne Grenzen in der Re-

gion Bagh 83.000, in Muzaffarabad

58.000 Decken ausgegeben, zudem

Zehntausende Zelte und Plastikplanen.

In den Zeltlagern, in denen die Erdbebe-

nopfer untergebracht sind, überwacht

Ärzte ohne Grenzen die sanitären Bedin-

„Wir müssen viele Verletzte behandeln, deren Wunden sich im Laufe der Zeit entzündet haben. Überall ist Schmutz

und Schutt, die ganze Stadt noch grau in grau, der einzigewirklich saubere Ort ist unser Spitalszelt.“

Die pensionierte Krankenschwester Ingrid Strasser leistete in der beim Erdbeben vom vergangenen Oktober schwer verwüsteten pakistanischen Stadt

Mansehra ihren 15. Hilfseinsatz für Ärzte ohne Grenzen.

Derzeit im Einsatz:

WINTERHILFE FÜR ERDBEBENOPFERPakistan: Trotz dramatischer Wetterbedingungen erreicht Ärzte ohne Grenzen

Zehntausende Menschen im Krisengebiet.

Erdbebenopfer: Kampf gegen Kälte und Schnee

MS

F

Gurbanjemal Atakova, Simbabwe; Turkmenistan/Wien, ÄrztinMarcus Bachmann, Kirgistan;Wien, Logistiker und AdministratorHermann Böckle, Sudan/Darfur; Wien, LogistikerEnni Dzekova, Sierra Leone; Turnov (CZ), KrankenschwesterBrice Faucon, Simbabwe;Waidhofen/Ybbs (NÖ), LogistikerKarine Gillain, Sudan/Darfur;Wien, Administratorin Karin Girkinger, Dem. Rep. Kongo; Wien, ÄrztinElisabeth Graf, Sambia; Weiz (STMK), ÄrztinJudith Herret, Uganda; Wien, ControllerinJohanna Hirtl, Sudan/Darfur;Wien, KrankenschwesterMaria Holzmann, Indonesien;Linz (OÖ), KrankenschwesterSona Horvathova, Äthiopien;Bratislava (SK), GynäkologinMartha Hoyos Alban, Angola; Kolumbien, ÄrztinKatarina Karaszova, Pakistan;Nove Zamky (SK), PsychologinIngrid Kircher, Myanmar;Wien, MenschenrechtsbeauftragtePaul Kirchweger, Myanmar;Drosendorf (NÖ), ArztMarius Koscal, Dem. Rep. Kongo;Bratislava (SK), LogistikerAlena Koscalova, Dem. Rep. Kongo;Bratislava (SK), Medizinische Koordinatorin Edith Kospach, Malawi; Wien, MTAGerhard Köstl, Elfenbeinküste;Stübing (STMK), ArztMichael Kratzer, Simbabwe; Wien, ArztVeronika Kreer, Nigeria;St. Veit im Pongau (S), Krankenschwester Romana Kumstarova, Ruanda;Jihlava (CZ); ÄrztinPeter Lamatsch, Malawi; Tulbing (NÖ); LogistikerMaria Lindenbauer, Uganda;Neukirchen (OÖ), KrankenschwesterPaul Mayer, Niger; Kollerschlag (OÖ), LogistikerElisabeth Miedl, Kolumbien; Wien, ÄrztinMartina Nikodemova, Angola;Prag (CZ), AdministratorinUrsula Nußbaumer, Kolumbien;Mauer (NÖ), PsychologinStefan Pleger, Somalia; Innsbruck (T), LogistikerChrista Rabeck, Äthiopien;Mauerbach (NÖ), MTABernhard Rinnhofer, Somalia;Neunkirchen (NÖ), LogistikerEdith Rogenhofer, Sudan/Darfur;Wien, WassertechnikerinAnita Sackl, Somalia;St. Stefan (STMK), KrankenschwesterOliver Safranek, Mosambik; Tabor (CZ), ArztZuzana Sebikova, Armenien;Bratislava (SK), GynäkologinElisabeth Sommer, Kenia; Innsbruck (T), MTAAstrid Spann, Simbabwe; Wien, KrankenschwesterMaria Elisabeth Stradner, Simbabwe;Allerheiligen (STMK), KrankenschwesterBranislav Strecansky, Mosambik;Svaty Jur (SK), LogistikerKarin Taus, Sambia;Hohe Wand/Stollhof (NÖ), KrankenschwesterMario Thaler, Kolumbien; Imst (T), ControllerDora Tomickova, Mosambik; Tabor (CZ), ÄrztinMzia Turashvili, Malawi; Tulbing (NÖ), ÄrztinMaria Waldner, Mosambik; Wien, ControllerinWaltraud Wernhart, Kirgistan; Wien, MTATanja Zils, Sambia; Wien, Ärztin

Erklärung:Name, Einsatzland; Geburts- bzw. Wohnort[(Bundes)land], Beruf

gungen. Mitarbeiter der Organisation

haben Tausende Latrinen gebaut und

Hygieneartikel verteilt. Zusätzlich sind

im Katastrophengebiet auch Psychologen

von Ärzte ohne Grenzen im Einsatz, um

den Menschen bei der Verarbeitung des

traumatischen Ereignisses zu helfen.

Leere SpeicherSomalia: Ärzte ohne Grenzen untersucht die Ernährungslage der Kinder in derostafrikanischen Dürrezone.

Nach zwei schlechten Regenzeiten hat sich die Ernährungslageder Menschen in Somalia, wie auch in Teilen Kenias und Äthio-piens merklich verschlechtert. Ärzte ohne Grenzen hat in denbetroffenen Regionen den Gesundheitszustand der Kinder un-tersucht und die Bevölkerung nach ihren Lebensmittelreservengefragt, um im Fall einer Hungersnot schnell und gezielt diepassenden Hilfsprogramme starten zu können. In vielen Dör-fern sind die Speicher leer und die Preise für das abgemagerteVieh dramatisch gesunken, auch das Wasser ist knapp. VieleFamilien haben sich bereits auf den Weg in fruchtbarere Ge-biete gemacht. Das Sicherheitsrisiko für humanitäre Helfer undHelferinnen ist in Somalia durch den Bürgerkrieg besondershoch.

Unterernäht:Gezielte Hilfe im Fall einer Hungersnot

DIAGNOSE 1/2006 13

Page 14: DIAGNOSE 1/2006

Jede Stunde zählt

Je schneller die Hilfe ankommt, desto

mehr Menschenleben können in einem

Notfall gerettet werden. Die Teams von

Ärzte ohne Grenzen stehen rund um die

Uhr bereit, um in Krisensituationen

rasch und effizient zu helfen. Die Finan-

zierung dieser Einsätze liegt in den Hän-

den unserer Partner.

Partner sind

besondere Spender

Notfall-Partner spenden einen jährlichen

Beitrag von mindestens 60 Euro für den

Notfall-Fonds. Damit stellen sie sicher,

dass Ärzte ohne Grenzen bei Katastro-

phen sofort helfen kann.Einsatz-Partner

stellen jährlich einen Partner-Beitrag von

mindestens 100 Euro zur Verfügung –

damit sichern sie etwa eine Tagesration

Not-Ernährung für hundert Kinder. Part-

ner-Ärzte ermöglichen mit einem jähr-

lichen Beitrag von mindestens 750 Euro

die Einsätze ihrer Kollegen und Kollegin-

nen. Projekt-Partner leisten jährlich einen

Beitrag von mindestens 1000 Euro und

sichern damit die längerfristige Finanzie-

rung der Hilfsprojekte von Ärzte ohne

Grenzen.

So werden Sie Partner

Überweisen Sie Ihren Partner-Beitrag

mit dem entsprechenden Vermerk auf

das Spendenkonto 930.40.950 bei der

PSK (BLZ 60.000).

www.aerzte-ohne-grenzen.at/partner

Schnelle Hilfe:Die Beiträge unserer Partner ermöglichen,

bei Katastrophen sofort zu handeln.

SPENDEN, PARTNER,KOOPERATIONEN

PARTNER ERMÖGLICHENUNSERE EINSÄTZEÄrzte ohne Grenzen kann bei Katastrophen sofort helfen und so lange bleiben,wie die Opfer uns brauchen – dank der großzügigen Partner-Beiträge.

Internationaler

Activity ReportKurz vor Jahreswechsel istder internationale Jahresbe-richt von Ärzte ohne Gren-zen, der englischsprachigeActivity Report 2004/2005, erschienen. Nebeneiner Übersicht über alle 73Einsatzländer und die inter-nationale Finanzgebarungder Organisation widmetsich der Bericht auf knapp

90 Seiten den brennendsten Themen desvergangenen Jahres: Wachsende Gefahrfür humanitäre Helfer, sexuelle Gewalt,Malaria, Tuberkulose und Aids.Den Activity Report 2004/2005 erhaltenSie kostenlos. Bestellung unter Tel.: 0800/24 62 92 oder [email protected]

So erreichen Sie uns:Ärzte ohne GrenzenTaborstraße 10, 1020 Wien Tel.: 0800 246 292 (gebührenfrei)Fax: 01/409 72 76–42E-Mail:[email protected] Homepage: www.aerzte-ohne-grenzen.atSpendenkonto: PSK 930 40 950, BLZ 60.000

23. April 2006

Bruno Thost feiert in St. PöltenBurgschauspieler Bruno Thost lädt anlässlich seines 70. Ge-burtstags zu einer Gala im Großen Festspielhaus. Zu seinenGästen zählen an diesem Abend u.a. Waltraud Haas, ElisabethLeonskaja, Elfriede Ott, Siegfried Jerusalem, David Lutz, FritzMuliar, Georg Tichy, Clown Enrico und Landeshauptmann ErwinPröll. Der Reinerlös des Abends geht an Ärzte ohne Grenzen.

Weitere Informationen und Karten im Preis von € 8,80 bis € 38 unter Tel.: 02742/90 80 80-222 undwww.festspielhaus.at oder bei allen Raiffeisen-Ticket-Corners in Wien und NÖ. Kontakt: [email protected]

Ratgeber

Zukunft schenken miteinem Vermächtnis

Fordern Sie bitte den neuen Rat-geber kostenlos und unverbindlichan! Kontaktieren Sie ElisabethMeyer, Tel.: 01/409 72 76-13, E-Mail: [email protected]

14 DIAGNOSE 1/2006

Page 15: DIAGNOSE 1/2006

Fotoausstellung:

Demokratische Republik Kongo: Der vergessene Krieg

Ron Haviv, Gary Knight, Antonin Kratochvil, Joachim Ladefoged und James

Nachtwey: Vom 15. März bis 16. April 2006 findet im Museum für Angewandte

Kunst (MAK) in Wien eine Ausstellung der international renommierten Fotogra-

fen der New Yorker Agentur „VII“ statt. Sie haben Ärzte ohne Grenzen in die De-

mokratische Republik Kongo begleitet. Ihre Bilder dokumentieren das Leid der

Menschen, die versuchen in einem Krieg zu überleben, der in der restlichen Welt

nicht wahrgenommen wird.

Demokratische Republik Kongo – Der vergessene Krieg. Nach New York und Genf jetzt inWien. Zur Ausstellungseröffnung wird Gary Knight erwartet: 14. März, 20 Uhr, MAK. Wien 1,Stubenring 5. Limitierte Gästezahl. Bitte um telefonische Anmeldung unter

01/711 36-0

Ärzte ohne Grenzen ist in mehr als 70 Ländern weltweit im Einsatz. Wo liegen

diese Länder, was sind die gesundheitlichen Probleme und die Herausforderungen

für die Teams von Ärzte ohne Grenzen? Eine sehr kompakte Antwort gibt eine

neue Weltkarte. Sie wurde vom renommierten österreichischen Kartenverlag frey-

tag&berndt produziert und von diesem ge-

meinsam mit unserem langjährigen Partner

mobilkom austria finanziert. Ärzte ohne Gren-

zen sind somit keine Kosten entstanden. Sie

können diese Karte kostenlos bei unserem

Spender-Service anfordern. Herzlichen Dank

für diese tolle Unterstützung!

Weltweiter Überblick:

freytag&berndt und mobilkom austria sponsern Weltkarte

Unternehmen helfen:

Firmen spenden an Ärzte ohne Grenzen

Eine Reihe von Firmen hat die Hilfseinsätze von Ärzte ohne Grenzen auch im ver-

gangenen Jahr mit einer großzügigen Weihnachtsspende unterstützt. Wir bedan-

ken uns herzlich bei:

Siemens Österreich, Adopt, Alco-Bauelemente, AT & S Austria Technology &

Systemtechnik, EAS Envimet Analytical Systems, ecoplus, Erste Sparinvest, Geh-

bauer und Griller Kabelwerke, Gem. Siedlungs-Gen. Altmannsdorf und Hetzen-

dorf, Georg Pappas Automobil AG, Guidant Österreich, Hertwich Engineering,

Hoanzl VertriebsgmbH, Hochegger Dächer, Holzbau Saurer, Kröswang, Labor für

Messtechnik Dr. Stabinger, Lindeverlag, Mayr Schulmöbel, medCARE Medizin-

technik, PWA HandelsgmbH, SAS Institute Software, Schlosserei Kerber, seso

new media, Softcom Data EDV Datenservice, Swiss Post International Austria,

VA-TECH EBG Transformatoren, Verbundplan, Wintersteiger, Wolfvision

Serie: Testamentrichtig gemachtViele Menschen wollen über ihr eigenes Lebenhinaus Hilfe für Mitmenschen in Not leisten undbedenken daher Hilfsorganisationen in ihremTestament. Immer öfter werden in diesemZusammenhang Fragen zum Erb- und Steuer-recht an uns gerichtet. Rechtsanwalt ChristophVölkl hilft uns in dieser und den folgendenAusgaben der DIAGNOSE einige grund-legende Fragen zu beantworten.

Teil 1: Testament oder Vermächtnis?Rechtlich besteht eine klare Unterscheidungzwischen einem Testament und einem Ver-mächtnis: Ein Testamentserbe erhält laut letzt-williger Verfügung den ganzen Nachlass odereinen quotenmäßig bestimmten Teil davon(z.B. „Meine Ehefrau S. ist zur Hälfte undmeine beiden Kinder M. und S. sind je zueinem Viertel meine Erben“). Im Gegensatzzum Vermächtnisnehmer (Legatar) muss ereine Erbantrittserklärung abgeben, das Verlas-senschaftsverfahren mitbestimmend ab-wickeln, sowie Schulden, Begräbnis- und Ver-fahrenskosten bezahlen. Der Vermächtnisneh-mer dagegen ist von dem ihm vermachtenLegat nur in Kenntnis zu setzen. Dieses kann erdann vom Erben einfordern.

Sofern man nicht bewusst seine gesetzlichenErben belassen oder über einzelne Vermö-genswerte verfügen will, empfiehlt sich zur Ver-meidung von Interpretationsproblemen eineklare Erbenbestimmung. Bei Errichtung einerletztwilligen Verfügung beim Notar, wird dasTestament automatisch im Zentralen Testa-mentsregister des Österreichischen Notariatesregistriert. Auch Jahrzehnte nach dem Ablebenist damit die Auffindung gesichert.

Für Rückfragen steht Dr. Christoph Völkl,öffentlicher Notar, gerne zur Verfügung:Raiffeisenplatz 1, 3650 Pöggstall, Tel.: 02758/40 45, [email protected]

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Ab 14. März im MAK:Bilder aus einem vergessenen Land