Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf....

14
Nuklearmedizinische Methodik Myokardperfusion Myokardperfusionsuntersuchungen werden in meisten Fällen nach physikalischer Ergometerbelastung oder nach pharmakologischer Belastung entweder mit SPECT oder PET aufgenommen. Als Option wird die Untersu- chung EKG-getriggert oder – weniger gebräuchlich – mit Schwächungskorrektur durchgeführt. Belastungstest Zur Belastung für die Untersuchung der Myokardperfusi- on kann man verschiedene Stressoren verwenden (Lölgen 2000 b): " Ergometrie: Fahrradergometer, Laufbandergometer, Handgrip, Kletterstufen, " sonstige Belastungsformen: pharmakologische Belastung: Adenosin, (Dipyridamol), Dobutamin, Kältebelastung, Frequenzstimulation. Am häufigsten eingesetzt werden die Ergometrie und die pharmakologische Belastung. Je nach Fragestellung ist eine antiischämische Therapie 2 – 3 Halbwertszeiten vor der Ergometerbelastung abzusetzen. Ergometrie. Unter Ergometrie versteht man die Beurtei- lung und quantitative Messung der körperlichen Leis- tungsfähigkeit bei dosierbarer Belastung. Sie soll repro- duzierbar, vergleichbar und objektiv sein. In Europa wird die Fahrradergometrie bevorzugt. Bei der nuklearmedizi- nischen Abklärung steht weniger die Messung der Leis- tungsfähigkeit als die Anwendung einer reproduzierba- ren Belastung im Vordergrund. Hierzu werden die Patien- ten maximal (Herzfrequenz = 220 minus Lebensalter) oder symptombegrenzt belastet. Falls eine maximale Be- lastung eine zu große Gefährdung darstellt, kann eine submaximale Belastung (80% der Sollfrequenz) indiziert sein. In diesem Falle ist jedoch auch eine pharmakologi- sche Belastung zu erwägen. Bei mangelnder Belastbarkeit (< 80%) aus nicht myokardischämischen Gründen ist in erster Linie eine pharmakologische Belastung in Erwägung zu ziehen. Pharmakologische Belastung. Sollte eine angestrebte maximale bzw. symptombegrenzte Belastung nicht mög- lich sein, stehen einige alternative Verfahren zur Verfü- gung. Eingesetzt wird heute Adenosin oder Dobutamin und – soweit verfügbar – Dipyridamol (Tab. 2.39). Unter Dobutamin kommt es über eine Steigerung der Herzfre- quenz und der Herzzeitvolumina zur Zunahme der Myo- kardperfusion. Sowohl Adenosin als auch Dipyridamol in- duzieren eine koronare Vasodilatation durch die Aktivie- rung von a 2 -Rezeptoren. Gegebenenfalls kann zusätzlich zur pharmakologischen Belastung auf niedriger Stufe er- gometrisch belastet werden, um typische Symptome, die durch Vasodilatatoren hervorgerufen werden, zu vermei- den und um die abdominale Aufnahme des Radiopharma- kons zu vermindern. Mit einem raschen Wirkungseintritt und einer extrem kurzen Halbwertszeit von unter 10 Se- kunden ist Adenosin ausgezeichnet steuerbar. Beim Einsatz von Adenosin oder Dipyridamol muss beachtet werden, dass xanthinhaltige Medikamente und Speisen 24 Stunden vor der Untersuchung die Wirkung abschwächen. Kontraindikationen für Adenosin oder Dipyridamol sind AV-Block II. und III. Grades, Sick-Sinus-Syndrom (ausge- nommen Patienten mit Herzschrittmacher), QT-Verlän- gerung, schwere Hypotonie, instabile Angina pectoris, de- kompensierte Herzinsufizienz und COPD. Durchführung der SPECT Meist wird die Untersuchung in Rückenlage durchge- führt. Eine Seitenlagerung oder Bauchlage kann für spe- zielle Fälle indiziert sein. Je nach Fragestellung und Präfe- renzen sind mehrere Untersuchungsprotokolle mit 201 Tl, 99m Tc-markierten Perfusionsmarker oder deren Kombina- tion möglich. Mit 99m Tc-MIBI/ 99m Tc-Tetrofosmin kann im 1- oder 2-Tages-Protokoll untersucht werden. Tabelle 2.38 Radiopharmaka zur Diagnostik von Entzündung, Thrombose und Lymphwegen sowie zur Dosimetrie Radiopharmakon Übliche Aktivität (MBq) Kritisches Organ Effektives Dosisäquivalent (mSv/MBq) 99m Tc-Leukozyten 74 – 200 Milz, Leber, Pankreas 0,011 99m Tc-Thrombozyten 100 – 300 Milz keine Angaben 111 In-Thrombozyten 20 – 37 Milz 0,39 99m Tc-Nanokolloid 2 × 20 – 40 Lymphknoten, Injektionsstelle 0,0045 211 2.3.2 Szintigraphische Methodik Diagnostik aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044), © 2008 Georg Thieme Verlag KG

Transcript of Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf....

Page 1: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

Nuklearmedizinische Methodik

Myokardperfusion

Myokardperfusionsuntersuchungen werden in meistenFällen nach physikalischer Ergometerbelastung odernach pharmakologischer Belastung entweder mit SPECToder PET aufgenommen. Als Option wird die Untersu-chung EKG-getriggert oder – weniger gebräuchlich – mitSchwächungskorrektur durchgeführt.

Belastungstest

Zur Belastung für die Untersuchung der Myokardperfusi-on kann man verschiedene Stressoren verwenden (Lölgen2000 b):" Ergometrie:

– Fahrradergometer,– Laufbandergometer,– Handgrip,– Kletterstufen,

" sonstige Belastungsformen:– pharmakologische Belastung:

Adenosin, (Dipyridamol), Dobutamin,– Kältebelastung,– Frequenzstimulation.

Am häufigsten eingesetzt werden die Ergometrie und diepharmakologische Belastung. Je nach Fragestellung isteine antiischämische Therapie 2– 3 Halbwertszeiten vorder Ergometerbelastung abzusetzen.

Ergometrie. Unter Ergometrie versteht man die Beurtei-lung und quantitative Messung der körperlichen Leis-tungsfähigkeit bei dosierbarer Belastung. Sie soll repro-duzierbar, vergleichbar und objektiv sein. In Europa wirddie Fahrradergometrie bevorzugt. Bei der nuklearmedizi-nischen Abklärung steht weniger die Messung der Leis-tungsfähigkeit als die Anwendung einer reproduzierba-ren Belastung im Vordergrund. Hierzu werden die Patien-ten maximal (Herzfrequenz = 220 minus Lebensalter)oder symptombegrenzt belastet. Falls eine maximale Be-lastung eine zu große Gefährdung darstellt, kann einesubmaximale Belastung (80% der Sollfrequenz) indiziertsein. In diesem Falle ist jedoch auch eine pharmakologi-sche Belastung zu erwägen.

Bei mangelnder Belastbarkeit (< 80%) ausnicht myokardischämischen Gründen ist in erster Linie einepharmakologische Belastung in Erwägung zuziehen.

Pharmakologische Belastung. Sollte eine angestrebtemaximale bzw. symptombegrenzte Belastung nicht mög-lich sein, stehen einige alternative Verfahren zur Verfü-gung. Eingesetzt wird heute Adenosin oder Dobutaminund – soweit verfügbar – Dipyridamol (Tab. 2.39). UnterDobutamin kommt es über eine Steigerung der Herzfre-quenz und der Herzzeitvolumina zur Zunahme der Myo-kardperfusion. Sowohl Adenosin als auch Dipyridamol in-duzieren eine koronare Vasodilatation durch die Aktivie-rung von a2-Rezeptoren. Gegebenenfalls kann zusätzlichzur pharmakologischen Belastung auf niedriger Stufe er-gometrisch belastet werden, um typische Symptome, diedurch Vasodilatatoren hervorgerufen werden, zu vermei-den und um die abdominale Aufnahme des Radiopharma-kons zu vermindern. Mit einem raschen Wirkungseintrittund einer extrem kurzen Halbwertszeit von unter 10 Se-kunden ist Adenosin ausgezeichnet steuerbar.

Beim Einsatz von Adenosin oder Dipyridamol mussbeachtet werden, dass xanthinhaltige Medikamente undSpeisen 24 Stunden vor der Untersuchung die Wirkungabschwächen.

Kontraindikationen für Adenosin oder Dipyridamol sindAV-Block II. und III. Grades, Sick-Sinus-Syndrom (ausge-nommen Patienten mit Herzschrittmacher), QT-Verlän-gerung, schwere Hypotonie, instabile Angina pectoris, de-kompensierte Herzinsufizienz und COPD.

Durchführung der SPECT

Meist wird die Untersuchung in Rückenlage durchge-führt. Eine Seitenlagerung oder Bauchlage kann für spe-zielle Fälle indiziert sein. Je nach Fragestellung und Präfe-renzen sind mehrere Untersuchungsprotokolle mit 201Tl,99mTc-markierten Perfusionsmarker oder deren Kombina-tion möglich. Mit 99mTc-MIBI/99mTc-Tetrofosmin kann im1- oder 2-Tages-Protokoll untersucht werden.

Tabelle 2.38 Radiopharmaka zur Diagnostik von Entzündung, Thrombose und Lymphwegen sowie zur Dosimetrie

Radiopharmakon Übliche Aktivität(MBq)

Kritisches Organ Effektives Dosisäquivalent(mSv/MBq)

99mTc-Leukozyten 74 – 200 Milz, Leber, Pankreas 0,011

99mTc-Thrombozyten 100 – 300 Milz keine Angaben

111In-Thrombozyten 20 – 37 Milz 0,39

99mTc-Nanokolloid 2 × 20 – 40 Lymphknoten, Injektionsstelle 0,0045

2112.3.2 Szintigraphische Methodik

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 2: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus:" ggf. antiischämische Therapie absetzen," mindestens 6 Stunden fasten," 201Tl-Injektion 1 Minute vor Belastungsende," Beginn des Belastungs-SPECT 10 Minuten p. i.," Beginn des Ruhe-SPECT 3 –4 Stunden p. i.," ggf. Ruhe-SPECT nach 24 Stunden oder Reinjektion.

Sofort nach der primären 201Tl-Distribution setzt einekontinuierliche Umverteilung ein. Entsprechend zeigt dieerste SPECT direkt nach Belastung eine perfusionsgewich-tete Verteilung. Mit zunehmendem Abstand und entspre-chender 201Tl-Redistribution entspricht das Bild der vita-len Herzmuskelmasse.

Protokoll mit 99mTc-MIBI/99mTc-Tetrofosmin. Die 99mTc-markierten Perfusionstracer weisen keine relevante Um-verteilung auf. Die Unterscheidung einer stressinduzier-ten Ischämie von einer Narbe erfordert daher 2 Injektio-nen. Die entsprechenden Untersuchungen reflektierendie Stressperfusion bzw. die Ruheperfusion. Zwischender Stress- und der Ruheuntersuchung sollte ein Abstandvon mindestens 1 Stunde, besser 4 – 6 Stunden liegen:" ggf. antiischämische Therapie absetzen," mindestens 6 Stunden fasten," 99mTc-MIBI/99mTc-Tetrofosmin-Injektion 2 Minuten vor

Belastungsende," Beginn des Belastungs-SPECT 10– 120 Minuten p. i.," 99mTc-MIBI/99mTc-Tetrofosmin-Injektion 1 – 6 Stunden

nach Belastung oder an Tag 2, unter antiischämischerTherapie,

" Beginn des Ruhe-SPECT 30 –120 Minuten p. i.

Verschiedentlich wird die Untersuchung auch als 2-Ta-ges-Protokoll durchgeführt.

Hybridprotokoll. Um den Ablauf zu beschleunigen, kannauch mit dem Hybridprotokoll untersucht werden. Derinitialen Ruheaufnahme 15– 30 Minuten nach 201Tl-Injek-tion kann unmittelbar die Belastungsuntersuchung mit99mTc-MIBI oder 99mTc-Tetrofosmin folgen. Die Belastungs-aufnahme wird praktisch nicht durch das niederenergeti-schere 201Tl beeinflusst.

Datenanalyse. Myokarduntersuchungen werden heutenur noch als Tomographie durchgeführt. Zur Darstellungdes linksventrikulären, selten auch des rechtsventrikulä-ren Myokards werden Kurz- und Langachsenschnitte(Abb. 2.69) mit segmentaler Unterteilung verwendet(Cerqueira et al. 2002). Zur besseren Übersicht habensich auch dreidimensionale und Polarkoordinaten-Dar-stellungen durchgesetzt. Diese können übersichtlich se-kundäre Informationen wie regionale Wandbewegungund Ischämieareale numerisch oder farbcodiert wieder-geben (Abb. 2.70).

Interpretation. Eine reduzierte oder verminderte Perfu-sion im Belastungsszintigramm kann entweder einer Nar-be (Abb. 2.77 a), einer belastungsinduzierten Ischämie(Abb. 2.76) oder einer Mischform dieser beiden Zuständeentsprechen. Eine Unterscheidung ist nur durch den Ver-gleich mit der Ruheperfusion möglich.

Eine Perfusionsstörung in Ruhe findet sich bei einerNarbe und gelegentlich auch bei einer Ruheischämie (z. B.Hibernation). Daher sollte die Ruheuntersuchung mög-lichst unter der individuellen antiischämischen Therapiestattfinden. Eine normale gleichmäßige Tracerspeiche-rung im linksventrikulären Myokard entspricht meist ei-ner normalen Perfusion (Abb. 2.75 a). Eine Tracerspeiche-rung von mehr als 50% des Maximums spricht für einezumindest teilweise erhaltene Myokardvitalität.

Bei balancierter 3-Gefäßerkrankung, vorzeitigemBelastungsabbruch aus nicht-kardialen Gründen oder auf-gehobener Wirksamkeit der Adenosin/Dipyridamol-Belas-tung (z. B. nach Coffein) kann eine koronare Herzkrankheitunerkannt bleiben.

Durchführung der PET

Prinzipiell kann 82Rb als Generatorprodukt vor Ort zurVerfügung stehen. Leider ist 82Rb jedoch in vielen Ländernnicht kommerziell erhältlich. Zur Anwendung von H2

15Osowie 13NH3 ist wegen der kurzen Halbwertszeit ein Zy-klotron in nächster Umgebung erforderlich. Der Vorteilder 13NH3-PET liegt in der Möglichkeit, sowohl dynamischals auch statisch zu untersuchen. Zur Darstellung der Per-fusion reicht eine statische Aufnahme über 5 – 15 Minu-

Tabelle 2.39 Medikamentöse Belastung für die Myokardperfusionsuntersuchung

Pharmakon Dosierung Applikation Tracerinjektion

Adenosin 140 µg/kgKG/min über 4 – 6 Minuten nach 3 Minuten

Dipyridamol 140 µg/kgKG/min über 4 Minuten 3 – 5 Minuten nach Beendigungder Infusion

Dobutamin 10, 20, 30, 40 µg/kgKG/min, ggf. Atropin,wenn 85 % der altersabhängigen Herz-frequenz nicht erreicht werden

je 3 Minuten 2 Minuten vor Beendigungder Infusion

2122.3 Herz, Kreislauf und Gefäße

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 3: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

ten, die 1,5 – 3 Minuten nach Injektion von 370– 740 MBq13NH3 gestartet wird. Optional ist wie bei der SPECT eineEKG-Triggerung möglich. Sollte wie bei den SPECT-Proto-kollen eine Untersuchung mit und ohne Intervention ge-plant sein, ist auf einen ausreichenden Abstand zwischenden Aufnahmen zu achten. Bei dynamischer Datenakqui-

sition ist eine zusätzliche quantitative Perfusionsanalysemöglich.

Die Anwendung von H215O erfordert komplizierte Ana-

lysen der dynamischen Datensätze. Daher hat H215O bis-

her keinen Eingang in die klinische Nuklearkardiologiegefunden.

Abb. 2.69 Schnittführung, Segment-einteilung und Gefäßzuordnung derMyokard-SPECT.basal: 1 anterior, 2 anteroseptal,3 inferoseptal, 4 inferior, 5 inferolateral,6 anterolateralmittventrikulär: 7 anterior, 8 anteroseptal,9 inferoseptal, 10 inferior, 11 inferolateral,12 anterolateralapikal: 13 anterior, 14 septal, 15 inferior,16 lateral, 17 ApexR. interventricularis anterior (RIVA):Segmente 1, 2, 7, 8, 13, 14 und 17R. circumflexus (RCX):Segmente 5, 6, 11, 12, 16rechte Koronararterie (RCA):Segmente 3, 4, 9, 10, 15

Abb. 2.70 Polarkoordinaten und3D-Darstellung des Myokards. Einteilungzur semiquantitativen Bewertung nachGefäßgebieten oder Segmenten. Die Farb-gebung (von schwarz nach rot) entsprichtder Ausprägung der Perfusion von0 – 100 %.

2132.3.2 Szintigraphische Methodik

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 4: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

Myokardstoffwechsel18FDG. Zur Vitalitätsbeurteilung des Myokards mit 18FDGsollte der Patient 6 –12 Stunden nüchtern sein. Eingangswird eine Blutzuckerkontrolle durchgeführt. Dann sind 2verschiedene Untersuchungsprotokolle möglich (Bacha-rach et al. 2003):" orale Glucosebelastung mit 25– 100 g Glucose mit

nachfolgender Blutzuckerkontrolle. Bei erhöhtemNüchternblutzucker, bekanntem Diabetes mellitusoder diabetischer Stoffwechselreaktion kann nach Ver-abreichung der Glucose eine Insulingabe erforderlichsein. 18FDG-Injektion nach 1 Stunde.

" Umstellung der Fettsäureutilisation durch 2 – 3 Tablet-ten Acipimox 250 mg 2,5 –1,5 Stunden vor sowie Ace-tylsalicylsäure 500 mg und 50 g Glucose unmittelbarvor 18FDG-Injektion. Applikation von 185 –500 MBq18FDG 60– 90 Minuten vor Start der Bildakquisition.

Fettsäuren. Abhängig von der großen Vielfalt der Fett-säuren sind jeweils sehr unterschiedliche Untersu-chungs- und Auswertungsprotokolle erforderlich (Cor-bett 1999).

11C-Acetat. Beim nüchternen Patient wird nach Injektionvon 300– 500 MBq 11C-Acetat eine dynamische PET-Auf-nahme über 15 –20 Minuten aufgenommen. Ausgewertetwird quantitativ.

Myokardinfarkt

In einzelnen Zentren wird bei unklaren Thoraxschmerzendie Myokardperfusionsszintigraphie unter Ruhebedin-gungen als indirekte Methode zum Infarktnachweis ein-gesetzt.

Als direkte Untersuchung empfiehlt sich die Infarkt-szintigraphie z.B. mit 99mTc-PYP. Am besten wird der In-farktmarker mit SPECT-CT verwendet oder mit einer Per-fusionsszintigraphie zur anatomischen Orientierungkombiniert. Vorteilhaft bei der kombinierten Untersu-chung ist die gleichzeitige Information über Anatomieund Ruheperfusion.

Abhängig davon, ob eine 201Tl-Aufnahme lediglich alsanatomischer Marker verwendet wird oder ebenfalls zurInterpretation herangezogen werden soll, injiziert manzunächst in Ruhe 74 – 110 MBq 201Tl. Danach oder auchgleichzeitig werden 300– 370 MBq 99mTc-PYP verabreicht.Die simultane SPECT im 201Tl- und 99mTc-Fenster wirddann 0,5 –2,5 Stunden p. i. aufgenommen. Wird die Auf-nahme später als 30 Minuten nach der Injektion aufge-nommen, erhöht sich der Kontrast. Die Untersuchungkann bereits ab 3 Stunden nach dem Infarktereignis be-gonnen werden. Bessere Kontrastverhältnisse werden je-doch nach einer Latenzzeit von mehr als 8 Stunden, opti-mal nach 24– 72 Stunden erzielt. Eine alleinige planareoder SPECT-Aufnahme mit 99mTc-PYP ist wegen ihrer ge-ringen Sensitivität und fehlenden Möglichkeit zur Lokali-sierung kleiner Infarkte nicht zu empfehlen. Zukünftig ist

jedoch mit 99mTc-PYP eine SPECT-CT-Untersuchung denk-bar.

Innervierung des Herzens123I-MIBG. Die myokardiale 123I-MIBG-Speicherung wirdvisuell und semiquantitativ beurteilt. Hierzu werden 30Minuten nach Blockade der Schilddrüse mit Perchlorat185– 370 MBq 123I-MIBG verabreicht. Nach 15 Minutenund nach 4 Stunden werden planare ventrale und linksschräge Projektionen sowie eine SPECT akquiriert. Zur se-miquantitativen Analyse wird der Quotient Herz/Media-stinum bestimmt und der auf die mediastinale Aktivitätnormalisierte myokardiale Washout zwischen früherund später Untersuchung berechnet.

Sonstige Radiopharmaka. Abhängig von den Eigen-schaften der Tracer sind zum Teil sehr unterschiedlicheUntersuchungs- und Auswertungsprotokolle erforderlich.Teils sind für Metaboliten auch Korrekturen der Input-funktionen erforderlich.

Pumpfunktion

First-pass-RNV. Für diese Untersuchung verabreicht man750– 900 MBq 99mTc oder einer 99mTc Verbindung in ei-nem möglichst kleinen Volumen in eine großlumigeVene als Bolus. Dieser Bolus passiert das rechte Herz, dieLunge und das linke Herz innerhalb von 15 – 30 Sekunden.Hierbei ist die Kamera in 20 – 308 RAO-Stellung positio-niert. Zur Untersuchung wählt man eine zeitliche Auflö-sung von 30 –50 ms/Bild. Optimal ist die gleichzeitige Re-gistrierung des EKG als gated First-pass-RNV. Die ROI-Auswertung ergibt eine 2-gipflige Kurve, die der Passagedes rechten und linken Ventrikels entspricht. Dieser Kur-ve ist eine höherfrequente Schwingung entsprechend derBlutfüllung der Ventrikel überlagert (Abb. 2.71).

Äquilibrium-RNV. Nach Markierung des Blutes(600– 900 MBq 99mTc) wird die Untersuchung in 30 – 458LAO-Position durchgeführt, d. h. bei jedem Patientenwird individuell derjenige Sichtwinkel gewählt, aus demdas Septum orthogonal getroffen wird. Gegebenenfallskann eine kraniokaudale Angulierung der Kamera erfor-derlich sein. Da tieferliegende Anteile des Herzens ausdem LAO-Sichtwinkel nicht sicher erfasst werden, solltedie Untersuchung durch eine ventrale und links lateraleAufnahme ergänzt werden. In Abhängigkeit von Herz-rhythmus und -frequenz dauert die Akquisition 5 –10 Mi-nuten, unter Belastung 2 –5 Minuten. EKG-getriggertwerden mindestens 500 Herzzyklen in einer zeitlichenAuflösung von (16-) 64 Bildsegmenten pro Herzschlagaufgenommen. Die Kontur des rechten und linken Ventri-kels wird automatisch oder auch manuell abgegrenzt.

Aus der ROI-basierten Zeitaktivitätskurve lassen sichglobale und regionale Parameter wie Ejektionsfraktion(EF), Füllungs- und Auswurfzeiten sowie Geschwindig-keiten berechnen (Abb. 2.75). Auch absolute Herzvolumi-

2142.3 Herz, Kreislauf und Gefäße

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 5: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

na sind nach Eichung des Systems z.B. mit einer Vollblut-probe des Patienten von mindestens 30 ml möglich. Be-rechnet wird dabei mit dem Dreisatz:

Blutvolumen des Ventrikels ¼cts Ventrikel � Blutvolumen der Spritze

cts Spritze

Zusätzlich ergeben parametrische Darstellungen wie Am-plituden- und Phasenbilder Hinweise auf regionale Funk-tionsstörungen.

Gated SPECT/PET. Mit sämtlichen Radiopharmaka, dieentweder eine ausreichend lange anhaltende Blutpool-oder Myokardmarkierung ermöglichen, sind auch EKG-getriggerte SPECT- oder PET-Untersuchungen möglich.Da PET-Untersuchungen des Herzens eher seltener ge-wünscht werden, soll im Folgenden nur noch die gatedSPECT beschrieben werden. Nach Verabreichung des Tra-cers wird evtl. in Ergänzung zur weiteren Diagnostik eineEKG-getriggerte Akquisition mit 32 –64 Projektionsbil-dern in einer 64 × 64 Matrix und einer Bildrate von (8-)16 Bildern pro Herzzyklus durchgeführt. Ausgewertetwird wiederum nach automatischer oder auch manuellerKonturabgrenzung des linken Ventrikels oder des Myo-kards. Aus der globalen oder auch regionalen ROI-basier-ten Zeit-Aktivitäts-Kurve lassen sich Parameter wie Ejek-tionsfraktion, Wandbewegung und Wandverdickung be-rechnen (Abb. 2.73).

Abb. 2.71 Prinzip der First-pass-RNV.ED: Enddiastole, ES: Endsystole, RV: rechter Ventrikel, LV: linker Ventrikel. Die RV- und LV-Dilutionskurven werden von der höher-frequenten Kontraktion des Herzens überlagert.

Abb. 2.72 Prinzip der Äquilibrium-RNV.ED: Enddiastole, ES: Endsystole. Bilderstapel mit eingezeichne-ter „region of interest“ (ROI) über dem linken Ventrikel (LV).Daneben die Zeit-Aktivitäts-Kurve des linken Ventrikels mit zu-geordnetem EKG.

2152.3.2 Szintigraphische Methodik

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 6: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

Gefäßszintigraphie

Periphere Zirkulation

Perfusionsuntersuchungen werden, soweit relevant, beiden einzelnen Organgebieten beschrieben.

Vaskulitis, Thrombose

Vaskulitis. Bei Verdacht auf Vaskulitis wird eine PET ent-sprechend den üblichen Untersuchungsprotokollen45– 90 Minuten nach Injektion von 185– 500 MBq 18FDGder fraglichen Region durchgeführt. Zur Vorbereitungmuss der Patient 6– 12 Stunden nüchtern sein. Beurteiltwird visuell, ggf. unter zusätzlicher Zuhilfenahme desSUV.

Thrombose. Für die Thromboseszintigraphie werden jenach Fragestellung oder Markierungsverfahren Untersu-chungen der fraglichen Region 30 Minuten bis 72 Stundennach Injektion der markierten Thrombozyten durchge-führt. Gegebenenfalls wird die Abklärung durch eineSPECT ergänzt.

Lymphwege

Zur Lymphszintigraphie werden 20 – 40 MBq 99mTc-mar-kierte Mikrokolloide mit einer dünnen Nadel intrakutanoder subkutan verabreicht. Zur Abflussprüfung aus denExtremitäten wird vorzugsweise in die Schwimmhäuteinjiziert. Aufnahmen mit der Gammakamera werden ab20 Minuten bis 3 Stunden nach Injektion angefertigt. Diehieraus weiterentwickelte Zwei-Kompartiment-Lymph-

Abb. 2.73 Prinzip der gated SPECT. Endsystolische Kurzachsenschnitte einer Myokardperfusion mit eingezeichneter Myokardkontur.Darunter die Zeit-Aktivitäts-Kurve des linken Ventrikels sowie eine 3D-Kontur des enddiastolischen (Maschendraht) und des endsysto-lischen Endokards aus lateraler Sicht.

2162.3 Herz, Kreislauf und Gefäße

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 7: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

szintigraphie eignet sich besonders zur Diagnose und Dif-ferenzialdiagnose der verschiedenen Ödemformen. An 2Tagen untersucht man die beiden Kompartimente:" das subfasziale Kompartiment nach Injektion von

4 × 20 MBq 99mTc Nanokolloid in die dorsolaterale Fuß-sohlenmuskulatur

" das epifasziale Kompartiment nach Injektion von4 × 40 MBq in die Schwimmhäute.

Der Abstand zwischen beiden Untersuchungen sollte zumAbklingen der Aktivität ausreichend groß gewählt wer-den.

Zur standardisierten Stimulierung des Lymphflusseswird eine Fahrradergometrie (25 W) durchgeführt, undzwar zunächst über 20 Minuten, gefolgt von einer Ganz-körperaufnahme. Danach folgen weitere 30 MinutenFahrradergometrie und nach einer Ruhephase von 2 Stun-den ein weiteres Szintigramm. Beurteilt wird zunächst vi-suell. Mit den Frühaufnahmen können die ventromedia-len Lymphgefäße nach epifaszialer und die Vasa lympha-tica tibialia posteriora et poplitea nach subfaszialerInjektion beurteilt werden. Bereits zu diesem Zeitpunktsind regionale Abflussstörungen erkennbar. Die Spätauf-nahmen zeigen das Anreicherungsverhalten der Lymph-knoten als Ausdruck des globalen Transports. Ergänzendwird eine quantitative Auswertung zur Beurteilung hin-zugezogen (Brautigam et al. 1998).

2.3.3 Ergebnisse

Myokardperfusion

Indikationen

Die Myokardperfusionsszintigraphie hat sich bei ver-schiedenen Indikationen bewährt (Abb. 2.74). Nebendem Nachweis oder Ausschluss einer Ischämie kann imFalle eines positiven Befundes dieser lokalisiert, einemGefäßgebiet zugeordnet und in der Ausdehnung quantifi-ziert werden. Standarduntersuchung für die meisten Fra-gestellungen ist daher der visuelle und quantitative Ver-gleich der Ruhe- und Stressperfusion. Die optimale Belas-tung wird je nach Fragestellung und Klinik gewählt.Standardtechnik ist die maximale bzw. symptombe-grenzte Belastung auf dem Laufband oder dem Ergome-ter. Für die Belastung, insbesondere für die Ausbelas-tungsgrenzen und Kontraindikationen gelten die Krite-rien der Kardiologie (Lölgen 2000a, 2000 b).

Da die Sensitivität der Untersuchung bei submaxi-maler Belastung drastisch abfällt, sollte bei reduzierter Be-lastbarkeit aus nicht-kardialen Gründen eine pharma-kologische Belastungsform gewählt werden.

Aufgrund der kurzen Halbwertszeit der PET-Radiophar-maka eignen sich pharmakologische Belastungsprotokol-le besser für Perfusionsstudien mit PET.

hämodynamischeRelevanz bekannterStenosenVitalitätsdiagnostik

VorfelddiagnostikPrognose

Endothelfunktion Therapiekontrolle

Therapielenkung

DD: Ruheischämie/Narbe

Prädiktion desTherapieergebnisses

Prognose

stabile KHK

akutes Koronarsyndrom

subakuter Myokardinfarkt

präoperativ

fragliche KHK

LSB

fehlende Belastbarkeit

medikamentös

PTCA

OP

Änderung desLebensstils

medikamentös

Revaskularisierung

Änderung desLebensstils

Myokardperfusion

Abb. 2.74 Indikationen zur Perfusionsdiagnostik.

2172.3.3 Ergebnisse

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 8: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

Vorfelddiagnostik

In der Vorfelddiagnostik soll entschieden werden, ob eineKoronarangiographie indiziert ist oder nicht. Die Sensiti-vität beträgt 90%, die Spezifität 80%. Entsprechend hatdie Myokardperfusionsuntersuchung die höchste Trenn-schärfe, wenn nach vorausgegangener Anamnese und Be-lastungs-EKG eine mittelgradige Wahrscheinlichkeit füreine relevante KHK besteht. Eine Ischämie kann nichtnur einem Gefäßgebiet zugeordnet werden, sondern lässtsich auch in ihrem Ausmaß quantifizieren.

Da das Durchschnittsalter der Bevölkerung und dementsprechend die Polymorbidität zunimmt, spielen schonim frühen Stadium der Diagnostik prognostische Ge-sichtspunkte eine zunehmende Rolle.

Bei einem normalen oder nur schwach positivenUntersuchungsresultat kann aufgrund der guten Prognoseauf eine weitere Diagnostik verzichtet werden.

Hierdurch steigt die Bedeutung der Myokardszintigra-phie auch in einem Patientenkollektiv mit niedriger bismittlerer Prävalenz der KHK.

Hinzu kommt, dass ältere und multimorbide Patientenoft aus nicht-kardialen Gründen nicht mehr ausreichendkörperlich belastbar sind. Mit einem pharmakologischenBelastungstest kann die szintigraphische Ischämiediag-nostik jedoch ohne Einschränkung und mit voller Aussa-gekraft angewendet werden.

Bei Patienten mit Linksschenkelblock und Herzschritt-macher ist die Aussagekraft des Belastungs-EKG starkeingeschränkt. Auch das Untersuchungsprotokoll mit201Tl nach körperlicher Belastung weist in diesem Falleine geringe Spezifität auf. Abhilfe schafft hier eine phar-makologische Belastung mit Dipyridamol oder Adenosin.

Da sowohl eine Untersuchung mit 201Tl unterpharmakologischer Belastung als auch eine Untersuchungmit 99mTc-MIBI unter körperlichem Stress etwas häufiger zueinem falsch positiven Befunde führt, sollte am besten mit99mTc-MIBI oder 99mTc-Tetrofosmin unter pharmako-logischer Belastung untersucht werden.

Hämodynamische Relevanzvon Stenosen bei bekannter KHK

Sehr oft wird die Frage nach der funktionellen Relevanzeiner bekannten Stenose oder nach der führenden Läsionbei mehreren Stenosen gestellt. Die funktionellen Perfusi-onsdaten ermöglichen in Zusammenschau mit der Angio-graphie eine bessere Therapielenkung und Planung imHinblick auf die zur Verfügung stehenden Möglichkeitenwie Bypassoperation, Katheterdilatation (PTCA), medika-mentöse Behandlung und Änderung der Lebensgewohn-heiten.

Prognose

Normales Szintigramm. Umfangreiche Studien belegendie prognostische Bedeutung der Myokardszintigraphie.Weitgehend unabhängig vom angiographischen Befundhaben Patienten mit normalem oder fast normalem Szin-tigramm eine gute Prognose. Selbst Patienten mit Haupt-stammstenose oder koronarer Dreigefäßerkrankung ha-ben bei einer unauffälligen oder fast unauffälligen SPECTunter medikamentöser Therapie eine hervorragendePrognose (Klocke et al. 2003). Die Häufigkeit akuter Koro-narereignisse und die kardial bedingte Mortalität sindvergleichbar mit einer entsprechenden gesunden Alters-gruppe. Patienten mit normaler oder fast normaler Myo-kardszintigraphie bei bekannter koronarer Herzkrankheithaben nach Revaskularisation im Vergleich zu medika-mentös behandelten Patienten sogar eine schlechterePrognose (Hachamovich et al. 2002 und 2006). Zusätzlichwirkt sich eine reduzierte EF diagnostisch ungünstig aus.Voraussetzung ist eine nach den aktuellen Richtliniendurchgeführte Myokardszintigraphie und eine große Er-fahrung des Untersuchers – insbesondere im Hinblickauf das diagnostische Problem einer balancierten Ischä-mie bei diffuser 3-Gefäß-KHK.

Pathologisches Szintigramm. Ebenfalls unabhängigvom morphologischen Befund ist die prognostische Aus-sage bei deutlich pathologischer Myokardperfusion. Beidiesen Patienten treten gehäuft kardiale Ereignisse undTodesfälle auf. Das Ausmaß der szintigraphischen Verän-derungen korreliert dabei mit der Ereignisrate.

Akutes Koronarsyndrom. Die Untersuchung der Ruhe-perfusion kann beim akuten Koronarsyndrom Patientenidentifizieren, deren Risiko für kardiale Zwischenfälle imweiteren Verlauf erhöht ist.

Im Gegensatz zu den Serumenzymen zeigt dieRuheperfusionsstudie einen akuten Infarkt unverzüglichund mit hoher Sensitivität an.

Auch eine pathologische Myokardszintigraphie nachpharmakologischem Stress wenige Tage nach akutemMyokardinfarkt weist auf eine schlechte Prognose hin.Eine reduzierte Ejektionsfraktion und eine Myokard-ischämie korrelieren mit einem ungünstigen weiterenKrankheitsverlauf.

Präoperative Risikobeurteilung. Auch vor Operationen,die mit einem mittleren oder hohen kardialen Risiko ver-bunden sind, ist eine nichtinvasive Risikoabschätzungsinnvoll. Am meisten profitieren Patienten mit einem ver-muteten mittleren klinischen Risiko für eine KHK. Wie inder Vorfelddiagnostik ist die Myokardszintigraphie indi-ziert bei fraglichem Resultat des Belastungs-EKG, gerin-ger oder fehlender Belastbarkeit, Schenkelblock oderHerzschrittmacher. Ein normales Szintigramm hat einen

2182.3 Herz, Kreislauf und Gefäße

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 9: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

hohen negativen prädiktiven Wert (98– 100%). Hingegenliegt der positive prädiktive Wert für Gefäßeingriffe nurbei 4 – 20% und für die übrigen Operationen bei 6 –67%.Das perioperative Risiko erhöht sich zusätzlich bei Diabe-tes mellitus oder einer reduzierten linksventrikulärenEjektionsfraktion in der gated SPECT. Bei einer Ejektions-fraktion unter 35% ist mit einer perioperativen Herzinsuf-fizienz zu rechnen (Klocke et al. 2003).

Therapiekontrolle

Kontrolle unter konservativer Therapie. Die Myokard-perfusions-SPECT eignet sich dazu, die positive Wirkungeiner medikamentösen Therapie oder der Änderung vonLebensgewohnheiten zu kontrollieren. Dabei können kör-perliche und pharmakologische Belastungen eingesetztwerden. Leider liegen bisher kaum Berichte zum Out-come der Patienten vor.

Kontrolle nach PTCA. Nach PTCA liefert die Symptomatikeines Patienten keinen verlässlichen Hinweis auf eine Re-Stenose.

Etwa 25% der asymptomatischen Patientenkönnen eine Ischämie haben, mehr als die Hälfte derRe-Stenosen kann asymptomatisch bleiben.

Auch das Belastungs-EKG hat lediglich eine Sensitivitätvon maximal 55%. Hingegen schneidet die Myokardszin-tigraphie erheblich besser ab. Trotzdem wird ein Scree-ning aufgrund der Kosten nicht oder nur bei besondershohem Risiko empfohlen. Hauptindikation bleibt die Ab-klärung neu aufgetretener Symptome im Langzeitverlaufnach PTCA (Klocke et al. 2003).

Kontrolle nach Bypassoperation. Auch nach Bypassope-ration ist die diagnostische Wertigkeit der Myokardszin-tigraphie gut belegt. Die Untersuchung erlaubt hämody-namisch relevante Stenosen in Anastomosen, Bypässenund der Koronararterien sicher zu erfassen. Darüber hi-naus ermöglicht sie eine zuverlässige prognostische Aus-sage (Klocke et al. 2003).

Vitalitätsdiagnostik

Patienten mit chronischer KHK und schwerer ventrikulä-rer Funktionsstörung (Ejektionsfraktion unter 30– 35%)haben eine schlechte Prognose. Bei einem nicht unerheb-lichen Teil dieser Patienten besteht jedoch die Chance ei-ner Funktionsverbesserung nach Revaskularisierung. Die-se Verbesserung hängt allerdings entscheidend vom Vor-handensein vitaler Herzmuskulatur im Zielgebiet ab. Jemehr vitales Myokard vorliegt, desto größer sind dieWahrscheinlichkeit und das Ausmaß einer Funktionsver-besserung. Außerdem muss das vorhandene Myokard zu-sätzlich in Bedrängnis sein in Form von Hibernation oderStunning.

Andererseits steigt das Risiko einer koronaren Bypass-operation in Abhängigkeit von der Abnahme der Ejek-tionsfraktion. Daher ist vor allem bei eingeschränkterEjektionsfraktion eine präoperative Bestimmung derMyokardvitalität zur Abschätzung der möglichen kardia-len Funktionsverbesserung und zur Beurteilung der Prog-nose sinnvoll. Dazu eignen sich Stressechokardiographie,MRT, Myokardperfusionsszintigraphie und FDG-PET.

Die nuklearmedizinischen Vitalitätsuntersuchungenerlauben prognostische Aussagen bezüglich der Mortali-tät und des Auftretens unerwünschter kardialer Ereignis-se in Abhängigkeit von Therapie und Vitalität. Bei einerMetaanalyse von 3088 Patienten mit reduzierter Ejek-tionsfraktion, die sich einer Vitalitätsuntersuchung mit201Tl, 18FDG oder Stressecho unterzogen, ergab sich eineVerbesserung der Überlebensrate um 79,6% nach Re-vaskularisierung bei vitalem Myokard. Hingegen zeigtenPatienten ohne vitales Myokard tendenziell mit 7,7%gegenüber 6,2% eine geringfügig höhere Mortalität nachRevaskularisierung (Travin u. Bergmann 2005).

Vitalitätsdiagnostik mit 201Tl. Die Vitalitätsdiagnostikmit 201Tl erfordert eine Ruheapplikation mit Redistribu-tionsuntersuchung oder zumindest eine Reinjektion je-weils unter antianginöser Medikation. Analog zur Belas-tungsuntersuchung spricht dabei ein Ruheperfusionsde-fekt mit Normalisierung im Spätbild für eine Ischämie –ein ausgeprägter, fixierter Defekt dagegen für eine Narbe.Neben diesen beiden eindeutigen Befunden gibt es vieleZwischenstufen mit kombinierter Vernarbung und Ischä-mie.

Eine Speicherung von über 50 % in der Redistribu-tionsaufnahme ist Voraussetzung für eine ausreichendeMyokardvitalität und damit für eine Funktionsverbesse-rung nach Revaskularisierung.

Vitalitätsdiagnostik mit 99mTc-MIBI. Dem 201Tl-Ruhe-Re-distributionsprotokoll unterlegen ist die Vitalitätsdiag-nostik mit 99mTc-MIBI (Tab. 2.40). Bei vorheriger Nitrat-gabe werden jedoch vergleichbare Ergebnisse erzielt.

Vitalitätsdiagnostik mit 18FDG. Der Goldstandard dermyokardialen Vitalitätsdiagnostik ist die Bestimmungder myokardialen Glucoseaufnahme mit 18FDG.

Endothelfunktion

Aufgrund der Möglichkeit, den myokardialen Blutflussabsolut zu quantifizieren, eignen sich Perfusionsuntersu-chungen mit H2

15O- oder 13NH3-PET zur Beurteilung derendothelialen Funktion. Bei endothelialer Dysfunktionkonnten mehrere Studien Einschränkungen der Perfusi-onsreserve, z.B. beim „Cold-pressor“-Test, bei mentalemStress oder unter Adenosin nachweisen, ohne dass einesignifikante Koronarstenose vorlag (Schelbert 2000).

2192.3.3 Ergebnisse

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 10: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

Kasuistiken

Abb. 2.75 bis 2.79

Tabelle 2.40 Gepoolte Sensitivität, Spezifität, positiver und negativer prädiktiver Wert verschiedener Methoden zur Beurteilung einerFunktionsverbesserung von Myokardsegmenten nach Revaskularisierung (Bax et al. 2001)

Sensitivität Spezifität Positiver prä-diktiver Wert

Negativer prä-diktiver Wert

Studien/Patienten

201Tl-Ruhe-Redistribution 86% 59 % 69 % 80 % 22/557

201Tl-Stress-Ruhe-Reinjektion 88% 50 % 57 % 83 % 11/301

99mTc-MIBI

(ohne Nitrat)

79% 58 % 68 % 72 % 13/308

99mTc-MIBI

(mit Nitrat)

81% 66 % 71 % 77 % 7/180

18FDG 93% 58 % 71 % 86 % 20/598

Low-Dose-Dobutamin-Echo 82% 79 % 78 % 83 % 28/925

Abb. 2.75 83-jährige Patientin mit mehreren Risikofaktoren für eine KHK. Das Belastungs-EKG, bei welchem die Patientin nichtausbelastbar war, ergab ein fraglich positives Resultat.

a Myokardperfusionsszintigraphie nach pharmakologischer Belastung mit Adenosin zur Risikoeinschätzung vor größerer Operation.Die SPECT mit 99mTc-MIBI zeigt nach Belastung und in Ruhe eine regelrechte, homogene linksventrikuläre Perfusion. Jeweils nachBelastung (oben) und in Ruhe (unten) sind die Kurzachsenschnitte (obere 2 Reihen), die horizontalen (mittlere 2 Reihen) und verti-kalen Langachsenschnitte (untere 2 Reihen) abgebildet.

b s. S. 221 "

2202.3 Herz, Kreislauf und Gefäße

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 11: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

Abb. 2.75b Enddiastolische (Maschendraht) undendsystolische Endokardkontur (magenta-farben) in Sicht von ventral, lateral undrechts anterior schräg. Die linksventrikuläreEjektionsfraktion wurde mit 62 % berechnetbei normaler regionaler Wandfunktion.

Abb. 2.76 74-jährige Patientin mit arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus Typ II und Dyslipidämie. Unklares Ergometrie-Er-gebnis. Myokardperfusionsszintigraphie nach pharmakologischer Belastung mit Adenosin. Die SPECT mit 99mTc-MIBI zeigt nach Belas-tung eine inferoapikale Perfusionsstörung im Versorgungsgebiet der rechten Koronararterie mit Rückbildung unter Ruhebedingungen.

2212.3.3 Ergebnisse

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 12: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

Abb. 2.77 83-jähriger Patient nach Dilatation und Stent-Einlage aufgrund einer 95 %-Stenose des R. circumflexus. Bekannte75 %-Stenose der rechten Koronararterie, Diabetes mellitus Typ II, periphere arterielle Verschlusskrankheit. Nach einem neu aufgetre-tenen thorakalen Druckgefühl war eine Ergometrie durchgeführt worden, die jedoch subjektiv und objektiv unauffällig war.

a Myokardperfusionsszintigraphie unter pharmakologischer Belastung mit Adenosin. Die SPECT mit 99mTc-MIBI. Anteroseptal und infe-rior ausgedehnte und ausgeprägte Perfusionsstörung sowohl nach Belastung als auch in Ruhe. Damit besteht ein Hinweis auf eineNarbe im Versorgungsgebiet des R. interventricularis anterior und der rechten Koronararterie.

b und c s. S. 223 "

2222.3 Herz, Kreislauf und Gefäße

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 13: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

Abb. 2.77b Automatisch erzeugte Polarkoordina-tendarstellung. Anteroseptal und inferioreine Perfusionsstörung mit regionalenWandbewegungsstörungen, fraglich auchinferolateral. Die untere Reihe gibt eineebenfalls automatisch berechnete Bewer-tung der Störungen wieder.

Abb. 2.77c Enddiastolische (Maschendraht) undendsystolische Endokardkontur (magenta-farben) in Sicht von ventral, lateral undrechts anterior schräg (Belastung oben,Ruhe unten). Jeweils septale Hypo- bisAkinesie sowie anteroapikale und inferioreHypokinesie, passend zur Perfusionsstö-rung. Die linksventrikuläre Ejektionsfrak-tion wurde mit 42 % berechnet.

2232.3.3 Ergebnisse

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG

Page 14: Diagnostik - assets.thalia.media€¦ · Protokoll mit 201Tl. Dieses Protokoll besteht aus: " ggf. antiischämische Therapie absetzen, " mindestens 6 Stunden fasten, " 201Tl-Injektion

Abb. 2.79 39-jähriger Patient nach Pos-terolateralinfarkt. KoronarangiographischVerschluss des Posterolateralastes. Vitali-tätsdiagnostik mit 201Tl. RepräsentativeKurzachsen- sowie vertikale und horizon-tale Langachsenschnitte einer 201Tl-SPECTnach Ruheinjektion (oben) und 4 StundenRedistribution (unten). Die Ruhe- undRedistributionsszintigraphie zeigt einenposterolateralen Defekt als Hinweis aufeine Narbe.

Abb. 2.78 49-jähriger Patient nach Hin-terwandinfarkt. Koronarangiographisch80 % Stenose des R. interventrikularis ante-rior und Verschluss der rechten Koronar-arterie. Perfusions- und Vitalitätsdiagnostikmit 201Tl. Repräsentative Kurzachsen-, ver-tikale und horizontale Langachsenschnitteeiner 201Tl-SPECT nach 150 W Belastung(oben), 4 Stunden Redistribution und201Tl-Reinjektion. Inferiorer Perfusions-defekt und apikoseptale Minderperfusionnach Belastung In Ruhe Normalisierungim apikoseptalen Areal (mittlere Reihe).Erst nach 201Tl-Reinjektion (untere Reihe)kann die an der Hinterwand weitgehenderhaltene Myokardvitalität korrekt beurteiltwerden.

2242.3 Herz, Kreislauf und Gefäße

Diagnostik

aus: Kuwert, Nuklearmedizin (ISBN 9783131185044),© 2008 Georg Thieme Verlag KG