Die Bonn-Kopenhagener Erklärungen – Motor oder Hemmschuh der grenzüberschreitenden...

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Die Bonn-Kopenhagener Erklärungen – Motor oder Hemmschuh der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit? Martin Klatt, PhD. Associate Professor für Zeitgeschichte Institut für Grenzregionsforschung Sønderborg

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Die Bonn-Kopenhagener Erklärungen – Motor oder

Hemmschuh der grenzüberschreitenden

Zusammenarbeit?

Martin Klatt, PhD.Associate Professor für

ZeitgeschichteInstitut für

GrenzregionsforschungSønderborg

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Bonn-Kopenhagen

Fragestellung: trennend oder grenzüberwindend? Ausgangsposition: die ”natürliche” Region 1800-1920 Nationalisierungsphase 1920-55: Entwicklung des

Minderheitenschutzes oder Nationalisierung der ”letzten Schleswiger”?

1955 – alles ist gut? Die europäische Integration – was nun mit den

Minderheiten? 1997: Euroregion Schleswig – wohin geht der

Weg?

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Region:Landschaft

Grenzen?

Sønderjyllands Historie, Bd 1, s.

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Grenze des Heiligen Römischen Reichs/Deutschen Bundes

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Wiederherstellung des Herzogtums

Schleswig?

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Periodiserung Ca. 1800-1920 Periode zeitweise gewaltsamer

Konflikte und staatlicher Assimilationspolitik 1920 Volksabstimmung 1920-45 Einrichtung als Minderheit und

gleiczeitige Grenzrevisionsbemühungen (vor allem

Deutschland, deutsche Minderheit); Festlegung minderheitenpolitischer Grundsätze wie

Gewissensfreiheit 1945-55 Erneuter Grenzkampf (Südschl) bzw.

Kampf um Anerkennung (Nordschl.) 1955-80’s Friedliche Koexistenz – Appeasement

durch finanzielle Großzügigkeit 1980’s – 2010 Multiple Identitäten - Europäisierung –

Happy End? 2010ff. Zurück zum Kulturkampf?

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Abgrenzung

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Nach 1920 – Abgrenzung der Minderheiten

Schulkonflikte Identitätsfragen Grenzrevisionismus

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Minderheiten und grenzüberschreitende Zusammenarbeit – ein

Problem? Grenzrevisionismus (Katalonien, Belgien) Sensible Grenzfragen (Ungarn-Rumänien,

Ungarn-Slowakei, hist. Deutschland-Dänemark, Deutschland-Frankreich, Italien-Österreich u.a.)

Gefahr intra-ethnischer an Stelle von interethnischer Zusammenarbeit (Ungarn-Kroatien, Tirol, Estland-Russland)

Ressourcenkonflikte können ansonsten gute bilaterale Beziehungen stören (Streit un Schulzuschüsse in Südschleswig)

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Minderheiten – ein Standortfaktor?

Minderheiten illustrieren, dass Grenzen früher zusammenhängende kulturelle Landschaften teilen

Bilingual, bikulturell – ”transnational borderlanders” (Oscar Martinez*) oderr ”Regionauts” (Tom O’Dell*)

Fragestellung:• Sind Minderheiten eine Avantgarde, Grenzregionen

durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit wiederzuvereinen?

• Sind Minderheiten durch ihre Kenntnis der Kultur, Sprache und des politischen Systems des Nachbarlandes automatisch ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche grenzüberschreitende Zusammenarbeit?*Martinez, O. J. (1994). Border People. Life and Society in the U.S.-Mexico

Borderlands University of Arizona Press.O'Dell, T. (2003). "Øresund and the Regionauts." European Studies 19: 31-53.

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Minderheiten und die grenzüberschreitende

Zusammenarbeit in Schleswig Als Kollektiv waren die Minderheiten bis in die

1980er Jahre eine Barriere für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit :

• Angst vor aktueller oder gefühlter Grenzverwässerung, ’Lebensraum’

• Aber auch Angst vor dem Verlust der Minderheitenidentität in einer integrierten, transnationalen grenzüberschreitenden Region

Als Individuen haben Mitglieder der Minderheit Akzente gesetzt und von der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit profitiert

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Minorities: capacity builders in cross-border regions (Tove

Malloy*)? Die Minderheiten sind im System der

Goverance der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beteiligt: Direkt als Institution durch Delegierte in

Gremien Indirekt (individuell)

Als Angestellte des Sekretariats Als Projektpartner oder ’Regionauts’ in

Interreg-Projekten

*Malloy, T. (2010). "Creating New Spaces for Politics? The Role of National Minorities in Building Capacity of Cross-Border Regions." Regional & Federal Studies 20(3): 335-351.

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”vom Gegeneinander zum Miteinander”

Der Grenzkampf der Nachkriegszeit ist vorbei Die nationalen Minderheiten sind ein

bereicherndes Element Minderheit und Mehrheit leben miteinander in

gegenseitiger Befruchtung

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Minderheiten als “Regionauts” oder “Die letzten Schleswiger” ’Regionalistische’ politische

Agenda dominiert die Wahlkämpfe Scheinbar seit den 1970ern

erfolreich für den SSW – Regierungsbeteiligung seit 2012

SP hat sowohl 2009 und 2013 erheblich Stimmen gewonnen

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Ebenen der Zusammenarbeit

Ebene Minderheit institutionell

Minderheit individuell

Region Sønderjylland-Schleswig

Vorstand Sekretariat, Projekte

Grenzdreieck (FL-Aab-Sø)

Bürgermeister FL und Stadtratsmitglieder

Nicht sichtbar

Schleswig-Holstein-Süddänemark

Minister seit Regierungsbeteiligung 2012

Nicht sichtbar

STRING Minister seit Regierungsbeteiligung 2012

Nicht sichtbar

Baltic Sea Region Minister seit Regierungsbeteiligung 2012

Nicht sichtbar

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Integrierte Minderheit

Ist der Minderheitenbegriff noch zeitgemäß? Gewissensprinzip – Kernelement der Bonn-

Kopenhagener Erklärungen Aber reicht das?

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Und heute in Schleswig/Sønderjylland?

Objektive Kriterien schwer feststellbar Gesinnung nicht mehr eindeutig Deutsch oder

Dänisch ”Supermarkt”-Mentalität Kultur-shopping Abgrenzung nicht mehr nötig Aber: Minderheitenelite (und Repräsentanten des

Kin-State) pflegen ein Nationalstaatskonstrukt (Arthur Christiansen) im „Herbergsstaat“

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Problem Auswanderung

Süd- und Nordschleswig sind als periphere Region besonders von Abwanderung gerade gut ausgebildeter junger Menschen betroffen

Für die Minderheit ein drastisches Problem: die meisten Abiturienten verlassen Schleswig, kehren selten zurück

Ständige ’Rekrutierung’ und ’Missionierung’ aus der Mehrheitsbevölkerung über Kindergärten und Schulen notwendig, um ein Aussterben zu verhindern

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Motor oder Hemmschuh?

• Bonn-Kopenhagen: abgrenzende Funktion, kulturelle Autonomie• Pazifizierend• Stabilisierend

• Zusammenarbeit bis in die 1980er Jahre• Dominiert von der Mehrheit• Erreichte nationalpolitische Balance soll nicht

aufs Spiel gesetzt werden (Abgrenzung)• Grenzüberwindung nicht möglich

• Paradigmenwechsel seit der Jahrtausendwende• Erzählung von den Minderheiten als

Bereicherung wird um praktische Schritte ergänzt

• Endgültige politische Akzeptanz

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Unverrückbar (Point of no return)?

Schulkonflikt Klage der JU gegen die Befreiung von der

Sperrklausel Grenzkontrollen Minderheiten – oder transnational

borderlanders? Auf den Lorbeeren ausruhen:

Wir feiern das Schleswiger Modell Und vernachlässigen die Grenzbarrieren Und die Renationalisierung der

Bürokratie