Die Carotinoide von Mutinus caninus Huds.

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A_rchiv fiir Mikrobiologie, Bd. 31, S. 28--32 (1958) (Aus dem Staatsinstitut ffir allgemeine Botanik und Botanischer Garten, Hamburg) Die Carotinoide yon Mutinus caninus Huds:* Yon ]~0RST ]~NGEL und INGEBORG FRIEDERICHSEN Mit 1 Textabbildung (Eingegangen am 30. M~irz 1958) Das Recept~culum yon Mutinus caninus, der Hundsrute, besitzt eine blab gelblichrote Farbe, die unter der Gleb~ in ein auffallendes Orange- rot fibergeht. Uber die chemische Natur und die Bedeutung des Farb- stoffes liegen bisher keine Angaben vor. Unter den nahe verwandten Clathraceen der Subtropen und Tropen sind zwar lcuchtend rote Farben nicht selten; von diesen Pilzen ist aber bisher nur Anthurus asero~/ormis, der seit einigen Jahren auch in Sfiddeutschland auftritt, untersucht worden. EGL~ (1950) stellte fest, dab das'rote Pigment im wesentlichen aus Lycopin besteht. Die Vermutung lag daher nahe, dab auch (tie Farbe yon Mutinus auf Carotinoide zurfickgeht. Der Pilz ist in den W~ldern am Hamburg nicht selten anzutreffen. Besonders reichlich trat er im Iterbst 1957 im Sachsenwaldo auf, so dab es mSglich war, eine grSBero Anzahl FruchtkSrper zu sammeln. Schon im tterbst 1956 hatten wir ihn auf verschiedenen Exkursionen gefunden, anschlieBend untersucht und Carotinoide festgestellt. Gewinnung des Rohextraktes. Das Untersuchungsverfahren wurde von vorn- herein auf Carotinoide abgestellt. Die Fruchtk6rper wurden entweder frisch oder nach dem Troeknen an der Luft aufgearbeitet. Nach zahlreichen Voruntersuehungen erwies sich das folgende Verfahren als besonders geeignet. Das lufttroekene Material wurde mit etwas Sand fein zerrieben, in einem Erlenmeyer mit Aceton -~ Methanol (1 : 1) iibergossen und unter Ne fiber Nacht stehen gelassen. Frisches Material wurde mit Sand und wasserfreiem N%SO 4 zerrieben. Am anderen Tag wurde die tiefgold- gelbe LSsung abdekantiert und der Rfiekstand so oft mit frischem L6sungs- mittel behandelt, bis kein Farbstoff mehr in L6sung ging. Das war in der Regel nach 3 Extraktionen der Fall. Die vereinigten Extrakte wurden mit Petrol~ther unter Zusatz yon HzO aus- gesehiittelt. Hierbei ging weitaus der gr6Bte Teil des Farbstoffes in den Petrol- ~ther fiber. Die sehwach gelb gefarbte wi~Brige Phase wurde mit Essigsaure an- ges~uert und erneut mit Petrol~ther ausgeschiittelt. Auf diese Weise konnten jedoch die Farbstoffreste darin nur zum Tell herausgeholt werden. ]:)as niche in Petrolather ~berffihrbare wurde nieht weiter untersucht. * Herrn Professor Dr. Dr. h.c..Auousr RIPPEL zum 70. Geburtstag.

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A_rchiv fiir Mikrobiologie, Bd. 31, S. 28--32 (1958)

(Aus dem Staatsinstitut ffir allgemeine Botanik und Botanischer Garten, Hamburg)

Die Carotinoide yon Mutinus caninus Huds:*

Yon ]~0RST ]~NGEL und INGEBORG FRIEDERICHSEN

Mit 1 Textabbildung

(Eingegangen am 30. M~irz 1958)

Das Recep t~cu lum yon Mutinus caninus, der H u n d s r u t e , bes i tz t eine b l ab gelbl ichrote F a r b e , die u n t e r der Gleb~ in ein auffal lendes Orange- ro t f ibergeht . Ube r die chemische N a t u r und d ie B e d e u t u n g des F a r b - stoffes l iegen b isher keine A n g a b e n vor. U n t e r den nahe v e r w a n d t e n Cla thraceen der Sub t ropen und Tropen s ind zwar l cuch tend ro te F a r b e n n ich t se l ten; von diesen Pi lzen is t abe r b isher nu r Anthurus asero~/ormis, der seit e inigen J a h r e n auch in Sf iddeu tsch land au f t r i t t , un t e r such t worden. EGL~ (1950) s te l l te fest, dab d a s ' r o t e P i g m e n t i m wesent l ichen aus Lycop in bes teht . Die V e r m u t u n g lag daher nahe, dab auch (tie F a r b e yon Mutinus a u f Carot inoide zurf ickgeht .

Der Pilz i s t in den W~ldern a m H a m b u r g n ich t sel ten anzutreffen. Besonders re ichl ich t r a t er im I t e r b s t 1957 i m Sachsenwaldo auf, so dab es mSglich war, eine grSBero Anzah l F r u c h t k S r p e r zu sammeln . Schon i m t t e r b s t 1956 h a t t e n wir ihn a u f verschiedenen Exkur s ionen gefunden, anschl ieBend un te r such t u n d Carot inoide festgestel l t .

Gewinnung des Rohextraktes. Das Untersuchungsverfahren wurde von vorn- herein auf Carotinoide abgestellt. Die Fruchtk6rper wurden entweder frisch oder nach dem Troeknen an der Luft aufgearbeitet. Nach zahlreichen Voruntersuehungen erwies sich das folgende Verfahren als besonders geeignet. Das lufttroekene Material wurde mit etwas Sand fein zerrieben, in einem Erlenmeyer mit Aceton -~ Methanol (1 : 1) iibergossen und unter Ne fiber Nacht stehen gelassen. Frisches Material wurde mit Sand und wasserfreiem N%SO 4 zerrieben. Am anderen Tag wurde die tiefgold- gelbe LSsung abdekantiert und der Rfiekstand so oft mit frischem L6sungs- mittel behandelt, bis kein Farbstoff mehr in L6sung ging. Das war in der Regel nach 3 Extraktionen der Fa l l .

Die vereinigten Extrakte wurden mit Petrol~ther unter Zusatz yon HzO aus- gesehiittelt. Hierbei ging weitaus der gr6Bte Teil des Farbstoffes in den Petrol- ~ther fiber. Die sehwach gelb gefarbte wi~Brige Phase wurde mit Essigsaure an- ges~uert und erneut mit Petrol~ther ausgeschiittelt. Auf diese Weise konnten jedoch die Farbstoffreste darin nur zum Tell herausgeholt werden. ]:)as niche in Petrolather ~berffihrbare wurde nieht weiter untersucht.

* Herrn Professor Dr. Dr. h.c..Auousr RIPPEL zum 70. Geburtstag.

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Nach mehrmahgem Wasehen der Petrol/~therschicht mit H~O wurde diese im I~z-Strom unter vermindertem Druck bis auf wenige Milliliter eingeengt, zur Ver- seifung mit 12%iger methanoliSeher KOH versetzt und bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Tags darauf wurde so lange H20 zugegeben, bis 2 Schichten ent- standen. Der weitaus grSBte Tell des Farbstoffes ging dabei in die Epiphase. Die untere alkoholische L6sung wurde nochmals ausgeschiittelt, ohne dab es gelang, die letzten, blal] gelbliehen Farbstoffreste daraus zu entfernen. Auch naeh An- s/~uern mit Essigs~ure und Ausschiitteln blieben Spuren davon zuriick. Auf diese geringen Mengen hypophasischer Farbstoffe wurde nicht weiter geachtet. Nach griindlichem Waschen der vereinigten petrol/itherischen LSsungen und Trocknen mit Na~SO~ wurde auf wenige Milliliter eingeengt. Diese RohlSsung diente zur chromatographischen Untersuchung.

Trennung des Farbstoffgemisches Eine kleine Menge der konzentrierten RohlSsung wurde auf den

S ta r tpunkt eines Rundfilters ( ~ 30 cm, Schleicher u. Schfill Nr. 2043b) gebracht und im Rundfilter-Entwickler (Nr. 330 DESAGA Heidelberg) entwickelt. Als LSsungsmittel bew~hrte sich besonders Petroleum-Ben- zin (Merck I~r. 1774, Siedebereich 60--80~ doch waren auch Petrol- &ther oder Hexan geeignet. Der Zulauf des Benzins zum Startfleck erfotgte durch das mi t Zellulosepulver gefiillte Pipet tenrohr des Ent- wicklers. Vorpr/ifungen hat ten gezeigt, dab es nicht ra t sam ist, die RohlSsung auf die Zelluloses~ule zu geben und dort eine Vortrennung herbeizufiihren, wie es die Vorschrift verlangt. Die Zellulose hielt ge- wisse Farbstoffreste hartns zuriiek.

W/~hrend dcr Entwicklung bildeten sich mindestens 6 Farbzonen ver- schiedener St~rke and Farbe, wodureh offenkundig wurde, dab mehrere Farbstoffe vorlagen. Fast unmit telbar hinter dem Benzin wanderte in relativ betr~chtlicher Menge ein dottergelber Farbstoff mit seharf ab- gesetzter Front , den wir Farbstoff 1 nennen wollen. In immer grSBer werdendem Abstand folgte in noeh grSl]erer Menge eine breite, laehs- farbene, ziemlich unscharfe Zone, die als Farbstoff 2 bezeichnet werden soll. Zwischen beiden Farbstoffen entwickelten sieh regelm/~Big zwei weitere, sehr schwache, gelblich-rStliche Zonen, die auBer acht gelassen warden.

Zwischen Farbstoff 2 und dem Startfleck entstanden ebenfalls noch 2- -3 sehwache Zonen, yon denen die am langsamsten wandernde dureh ihre weinrote Farbe auffiel. Der Menge naeh blieben jedoch auch diese Begleitpigmente weir hinter den Farbstoffen 1 und 2 zur/ick, so dab wir sie nicht welter untersucht haben. Der Startfleck bl ieb in allen F/~llen schmutzig gelb. Es lagen somit 2 t tauptfarbstoffe vor, denen allein unsere weitere Aufmerksamkeit galt.

Die arts verschiedenen Chromatogrammen s tammenden Zonen 1 warden mit wenig Aceton eluiert, tier Farbstoff in Petrol~ther fiberf/ihrt, zur Trockne eingeengt, in Benzin aufgenommen und erneut chromatographiert .

30 H. ENOEL und INO]~BORG ~RIEDERICHSEI~:

Dabei blieben Spuren rStlicher Pigmente hinter der dottergelben Zone zurfick und warden entfernt. Der so gereinigte Farbstoff wurde - - noch am Papier haftend - - ffir die sps spektralphotometrische Unter- suchung unter N 2 im Eisschrank aufgehoben.

Auch die Zonen 2 wurden mit Aceton aus dem Papier gel5st, der Farb- stoff in Petrol~ther iiberfiihrt und erneut im Rundfilterentwickler mit Benzin ehromatographiert. Spuren yon beigemengten Farbstoffen, die schneller wanderten, konnten auf diese Weise entfernt werden.

Wurde der Rohextrakt im unverseiften Zustand chromatographiert, s sich die Art der Aufteflung des Farbstoffgemisches nicht. Die Verseifung hatte nur insofern einen Einflu~, als die Farbzonen auf dem Papier sch~rfer hervortraten. Die sp~tere spektralphotometrische Unter- suchung zeigte, dab auch die Lage der Absorptionsmaxima durch die Verseifung keine Ver~nderung erfuhr.

Aueh war es gleichgiiltig, ob die Fruchtk5rper frisch oder getroeknet verarbeitet warden. Ebenso lieferten die 1956 und 1957 gesammelten Pilze die gleichen Chromatogramme. Mehrfach wurden frische ,,Itexen- eier" des Prizes in der feuchten Kammer zum Ausschliipfen gebracht. Anch diese Exemplare gaben stets das gleiche Bild: Die Farbstoffe 1 und 2 Waren bei weitem vorherrschend. I~diglich die schwachen Zwischen- zonen wechselten ein wenig in ihrer Intensit~t,oder Zahl.

Die RohlSsung des Farbstoffs wurde aueh s~ulenchromatographisch untersucht. Zu dem Zweck wurde eine k]eine Menge des Rohextraktes auf eine S~ule aus Aluminiumoxyd (Merck Nr. 1097) gegeben und mit ttexan ~-2% Aceton laufen gelassen. Am schnellsten wanderte auch j e t z t eine dottergelbe, sehr sehmale Farbfront, der in immer gr5~er werdendem Abstand eine breite, lachsfarbene, ziemlich diffuse Zone folgte. Zwischenzonen waren meistens nicht sicher auszumachen. Die Entwicldung wurde solange fortgesetzt, bis Zone 1 vollst~ndig durch- gelaufen war. Die schSn gelbe L5sang wurde gewaschen, getrocknet, und unter N2 im Eisschrank ffir die sp~tere Untersuchung aufgehoben.

Die lachsfarbene Zone wurde meehanisch aus der Al-S~ule entfernt, zur Eluierung mit Aceton versetzt und der Farbstoff in Hexan iiberfiihrt, in dem er nur m~l]ig 15slich ist. Die L5sung w~rde erneut auf die Ss ge- geben, doeh es trat keine weitere Aufgliederung ein.

Das spektralphotometrische Verhalten der FarbstotYe I und 2

Die Untersuchung wurde mit dem Zeil3-Spektralphotometer PM Q II vorgenommen. Sie lieferte die in Abb. 1 gebrachten Absorptionskurven. Ihre Form zeigt, dab wir es - - wie schon vermutet - - mit Carotinoiden zu tun haben. Die Absorptionsmaxima yon Farbstoff 1 lagen bei etwa 425 (unseharf), 449/50 und 479 m#. ])as gleiche Absorptionsverhalten zeigte der s~ulenchromatographisch gewonnene dottergelbe Farbstoff.

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Beide waren identisch, denn aueh ihre gemisehten L6sungen wanderten bei erneuter Chromatographierung im Rundfilter-Entwickler mit ge- meinsamer Front.

Das Absorptionsverhalten von Farbstoff 1 weist auf E-Carotin hin. Naeh den Angaben yon K A ~ R u. JUCKER (1948) sowie GOODWII~ (1955) liegen dessen Maxima bei 425, 451 unct 482 m#. Die geringen Abweichungen mSgen auf Verunreinigungen beruhen. Die Substanzmengen waren zu gering, als dal] sie eine weitere Reinigung erlaub~ h~tten. Aber auch das Ab- sorptionsverhalten in Schwe- felkohlenstoff sprach fiir 8- Carotin. Die Maxima der zwiebelroten LSsung lagen bei ~-~ 450, 483/84 und ~ 520 mtt (Literatur: 450,485 u. 520m#). Auch die Form der Kurve ent-

spricht der des fi-Carotins. Die sehr gut ausgebildeten

Absorptionsmaxima yon Farb- stoff2 lagen bei 444/45, 471/72 und 503/4 m/t. Zahlreiche weitere Messungen lieferten stets die gleiche Kurve mi~ nur geringffigigen Schwankun- gen in der Lage der Maxima. Auch der s/~ulenchromato- graphisch gewonnene lachsrote Farbstoff ergab das gleiche Bfld. Zusammen mit dem papierehromatographisch ge- wormenen roten Farbstoff im

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Abb. 1. Mutinus caninus. Absorl)tionskurven der Farbstoffe 1 und 2 in Hexan. Maxima Farbs~off 1 425, 449/50 untt 477/79 m~t; /~axima Farbstoff 2

444]45, 471/72 und 503/4 m/~

Rundfdter-Entwickler chromatographiert, trennten sich beide nicht. Sie waren offensichtlich identisch.

Der Vergleich mit dem Absorptionsverhalten bekannber Carotinoide zeigt, daI~ wit es mit Lycopin zu tun haben, dessert Maxima in Petrol- ~ther nach den Literaturangaben bei 446, 474 und 506 m/t liegen. Auch die Form der Kurve mit ihren besonders gut ausgepr/~gten 1/~ngerwelligen Gipfeln entspricht vSllig der des Lyeopins. Die Absorptionsmaxima in Sehwefelkohlens~off lagen bei 476/77, 506/7 und 544 rote (Literatur: 477,

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507 u. 547 m/x), in Chloroform bei 455/56, 482/83 und 517 m# (Literatur: 456, 485 u. 520 m/x), in Xthanol bei 446, 472 und 503 m# (Literatur: 443, 472 u. 503 m/x). Danach besteht kein Zweifel, dab wit es mi$ Lycopin zu tun haben. Die nahe Verwandtschaft yon Mutinus und Anthurus scheint somit aueh im gemeinsamen Besitz yon Lycopin als dem Hauptpigment zum Ausdruck zu kommen.

Zusammenfassung Der rStliche Farbstoff der FruchtkSrper yon Mutinus caninus besteht

in der Hauptsache aus 2 Carotinoiden: fl-Carotin und vor allem Lycopin. In geringer NIenge kommen daneben noch andere Carotinoide vor, die aber einstweilen nicht untersucht wurden.

Die Untersuchungen wurden yon der Deutschen l~orsehungsgemeinschaf~ unter- stiitzt. Wit danken ~r~ulein H. WACHEN~ELD fiir wertvolle Hiffeleistung bei den Unf~rsuehungen.

Literatur ]~GL~, K. : ~ber das Pigment yon Anthurus as~ro~/ormis MaeAlpine. Plan~a

88, 233--243 (1950). - - GooDwr~, T. W.: Carotinoids, in: Moderne l~Iethoden der Pflanzenanalyse, 3, 272,--311. Berlin-GSttingen-Heldelberg: Springer 1 9 5 5 . - KARRER, P., u. E. JUCKER: Caro~inoide. Basel: Birkh~user 1948.