Die Dampfmaschine Kuhn 100 In Dornbirn in der Schmelzhütterstraße bei der ehemaligen Weberei der...

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Historischer Webereisaal

Der Antrieb der Webstühle mittels Transmisson ist gut erkennbar

Die Dampfmaschine Kuhn 100

In Dornbirn in der Schmelzhütterstraße bei der ehemaligen Weberei der Firma Franz M. Rhomberg steht seit über 80 Jahren ein technisches Juwel,die Woolfsche Balancier Dampfmaschine der Firma Kuhn in Stuttgart. Sie wurde 1858 gebaut und versah 63 Jahre lang den Betrieb mit Antriebskraft. Ab 1921 war sie auf eigens errichteten Fundamenten im Freien als technisches Denkmal aufgestellt. Sie überstand 2 Kriege und wurde von ihren Besitzern in längeren Abständen durch neue Anstriche pfleglich erhalten. Die letzten 20 Jahre war die Pflege durch Besitzerwechsel mangelhaft. Die Maschine verfiel in einen bedauernswerten Zustand und wäre beinahe dem Schneidbrenner zum Opfer gefallen. Durch eine glückliche Fügung wurde sie im letzten Augenblick unter Denkmalschutz gestellt. Somit war der Weiterbestand gesichert und es konnte die Restaurierung in die Wege geleitet werden. In ausführlichen Besprechungen mit dem Besitzer, dem Bundesdenkmalamt und der Stadt wurden die Vorgangsweise und die Finanzierung abgesteckt.Dann begann die Initiativgruppe, bestehend aus Adolf Gstöhl, Walter Bröll und Wolfgang Hamida mit der Aufarbeitung der Dampfmaschine. Begleitet wurden die Arbeiten vom Bundesdenkmalamt. Ab 2002 erfolgte der Beitritt zum Vorarlberger Technischer Verein als Arbeitsgruppe Dampfmaschinen. Diese Maßnahme erleichterte uns die Abwicklung in vielen Bereichen sehr. Die Finanzierung der technischen Renovierungerfolgte durch die Firma Zumtobel AG. Die Einhausung wurde durch Sponsoring der Stadt Dornbirn, der VKW und der Illwerke, desBundesdenkmalamtes und der Raiba Dornbirn, sowie der Dornbirner Sparkasse und der Vorarlberger Erdgasgesellschaft und verschiedener Kleinspender ermöglicht. Der Arbeitsaufwand der Arbeitsgruppe Dampfmaschinen beläuft sich auf rund 3.500 Stunden ehrenamtlich.

Die Restaurierung der Kuhn 100

Nachdem der Beschluss zur Restauration der Dampfmaschine gefasst war, begannen die Vorbereitungen an der Maschine und in der Werkstätte. Die Dampfmaschine wurde von uns in längeren Abständen mit Rostlösemittelintensiv eingesprüht. Der zur Verfügung gestellte Fahrradraum wurde zur Werkstätte umgerüstet. Wir bauten ein Lagerregal und einen Hebekran bis 1,5 to ein. Ebenso kamen ein mobiler Werkbank, ein Palettenwagen und ein Rollbock zum Einsatz. Erleichtert wurde die Abwicklung durch die Zurverfügungstellung der mech. Lehrwerkstätte. Nach der intensiven Vorbereitung nahmen wir die Dampfmaschine in Angriff. Der Abbau der einzelnen Teile musste sehr vorsichtig geschehen um unnötige Schäden zu vermeiden. Als alle Lagerstellen geöffnet und die Maschinenhauptteilegelöst waren, konnten die Teile per Kran in die Werkstatt transportiert werden. Danach begann ein dreimonatiger Kampf mit Rost und alter Farbe. Als die Einzelteile von Rost und alter Farbe befreit waren kam die eigentliche Aufarbeitung, es wurden Lagerzapfen überarbeitet und so gut als möglich mit den Bronzelagerblocks per tuschieren zusammengepasst. Inzwischen konnten die gereinigten Großteile mittels vom Bundesdenkmalamt vorgeschriebenen neuen Farben mit einem Anstrich versehen werden. Die blanken Metallteile wurden mühsam aufpoliert und durch eine Wachsschutzschicht geschützt. Alle Bronze- und Messingteile wurden auf Hochglanz poliert und zum Einbau vorbereitet. Als alles Tip-Top aufgearbeitet war, kam der Kran wieder zum Einsatz. Zwischenzeitlich wurden auch die Maschinenfundamente durch die Baufirma saniert. Auf diese wurden mittels Kranwagen die Schwerlastteile aufs Fundament aufgebaut und anschließend komplettiert. Dann ging es mit provisorischem Schutzdach in den Winter. Das Schutzdach bestand aus einem Folientunnel und einer großen LKW-Plane. Leider dauerte der „Winter" fast ein ganzes Jahr bis die Entscheidung für eine massive Einhausung gefällt werden konnte.

Die Balancier Dampfmaschine Kuhn 100

Technik: Die technischen Daten der Woolfschen Balancier Dampfmaschine Bauart Kuhn Stuttgart sind:

2 Zylinder VerbundmaschineHochdruckzylinder Bohrung 255mm Hub 677mm .

Niederdruckzylinder Bohrung 435mm Hub 900mmDrehzahl 25 - 35 Umdrehungen/minDampfdruck 3,5 - 6.0 atüLeistung 12-36 PS

Abb. 9: Hickscher Schieber steht in

Mittelstellung, beide Kolben befinden

sich entweder im oberen oder unteren Totpunkt.

(Scholl, E.F.: Der Führer des Maschinisten. 7. Autlage 1'870

Braunschweig, S. 287 resp. 288).

Die Regelung erfolgte über die Schiebersteuerung des HickschenSchiebers und dem Wattschen Regulator auf eine Drosselklappe.Der Hicksche Schieber ist durch einen Schleppschieber verbessertauf Lastregelung des Hochdruckzylinders einstellbar. DieseSchiebesteuerung wird auch Farcotsche Schleppschiebersteuerunggenannt.Die Schmierstoffversorgung der Lagerstellen wurde durch Tropfölermit Momentventilen sichergestellt.Versorgt mit Dampf wurde die Maschine durch einen 2 - ZugDampfkessel mit Flammrohr und Kohlenfeuerung. GenaueLeistungsdaten sind nicht mehr feststellbar.

Wir bedanken uns bei unseren Sponsoren

Wir bedanken uns bei unseren Lieferanten

Gebr. Feierle Dornbirn Ing. Theodor Mader Bregenz Ing. Gunter Rusch Bregenz Glas Marte Bregenz Regro Gmbh. Dornbirn Schilder Huber Dornbirn

Wenn es um die Strategie der Stadtentwicklung in die Zukunft hinein geht, legt die Stadt Dornbirn großen Wert auf ihre siedlungs- und industriegeschichtlichen Wurzeln. Im konkreten Fall geht es um die rund zwölf historischen Industrie- und Gewerbestandorte am Müllerbach, beginnend nach der Fassung des Müllerbaches in der Enz, über die Mühlebündt, die ehemaligen Rüsch-Werke (heute "inatura") - hier wird durch ein Wasserrad die Kraftnutzung (Stromgewinnung) und damit die Bedeutung des Müllerbaches dokumentiert - weiter über die Madrisa an der Schmelzhütterstraße und Rhombergs Fabrik bis hin zur letzten Kraftnutzung beim "Forach Wäldchen". Ein hervorragendes Dokument der Dornbirner Industrie-, insbesondere der Textilgeschichte stellt dabei die in den

vergangenen Jahren in liebevoller Detailarbeit restaurierte Woolf'sche Balancier Dampfmaschine der Firma Kuhn aus dem Jahr 1858 in der Dornbirner Schmelzhütterstraße dar. Gerade am Standort der ehemaligen Madrisa stellt sie einen bedeutenden Mosaikstein eines aufzubauenden Industriepfades dar, der die wesentlichen Glieder dieser Perlenkette am Müllerbach aufarbeiten will. Herauszuheben ist neben der detailgetreuen und fachkundigen Restaurierung der Maschine deren gestalterisch absolut gelungene gläserne Einhausung, die den notwendigen Witterungsschutz bietet.

Dank und Belobigung gebührt an dieser Stelle dem großartigen und von sensationellem Idealismus geprägten Engagement der Hauptakteure Adolf Gstöhl und Walter Bröll, die mit Unterstützung von Wolfgang Hamida, einem Experten für "knifflige Fälle", in rund 4.000 Stunden ehrenamtlichem Arbeitseinsatz für die Stadt Dornbirn ein wichtiges Industriedenkmal sicherten. Gerade in einer modernen Wirtschaftsstadt ist es wichtig, dass immer wieder Zeugen der industriellen Entwicklung sichtbar und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. So hoffe ich denn auch, dass das vollendete Werk mit der "Übergabe an die Öffentlichkeit" im Rahmen eines "Tag der offenen Tür" an diesem Wochenende großen Anklang findet.

Die industriegeschichtliche Bedeutung der "Kuhn 100" sowie das von fachlichem Können geprägte ehrenamtliche Engagement der "VTV Arbeitsgruppe Dampfmaschine" rechtfertigen auch den von der Stadt Dornbirn aus dem Titel der Denkmalpflege für die Restaurierung dieses technisches Juwels geleisteten Beitrag. - Vielen Dank!

DI Wolfgang Rümmele Bürgermeister der Stadt Dornbirn