Die Destandardisierung und Flexibilisierung der ......Auch meiner Kollegin Alexandra Düntgen...

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Die Destandardisierung und Flexibilisierung der Erwerbsarbeit und Konsequenzen für soziale Ungleichheit Vom Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen zur Erlangung des akademischen Grades Dr. sc. pol. genehmigte Dissertation von Sill, Stephanie aus Essen Referent: Prof. Dr. Martin Diewald Korreferent: Prof. Dr. Hanns Georg Brose Tag der mündlichen Prüfung: 19. April 2005

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Die Destandardisierung und

Flexibilisierung der Erwerbsarbeit undKonsequenzen für soziale Ungleichheit

Vom Fachbereich Gesellschaftswissenschaften

der Universität Duisburg-Essen

zur Erlangung des akademischen Grades

Dr. sc. pol.

genehmigte Dissertation

von

Sill, Stephanie

aus Essen

Referent: Prof. Dr. Martin Diewald

Korreferent: Prof. Dr. Hanns Georg Brose

Tag der mündlichen Prüfung: 19. April 2005

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Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis

Danksagung 6

Einleitung 7

Teil I: Die Grundlagen für die Destandardisierung undFlexibilisierung der Erwerbsarbeit und für die (Neu-)Verteilung von Chancen und Risiken 13

1 Die Debatte um die Destandardisierung derErwerbsarbeit und ihre Konsequenzen für das Gefügesozialer Ungleichheit 14

1.1 Fragestellung 14

1.2 Ursachen für den Transformationsprozess der industriellen

zur „neuen“ Arbeitsgesellschaft 161.2.1 Ursachen für den Transformationsprozess der industriellen zur

„neuen“ Arbeitsgesellschaft auf der Angebotsseite .......................... 16

1.2.2 Ursachen für den Transformationsprozess der industriellen zur

„neuen“ Arbeitsgesellschaft auf der Nachfrageseite......................... 21

1.3 Ausbreitung destandardisierter Beschäftigungsverhältnisse in

den USA und Europa 30

1.4 Auswirkungen der Destandardisierung auf das Gefüge

sozialer Ungleichheit 321.4.1 Ursachen für eine Veränderung des Gefüges sozialer

Ungleichheit 32

1.4.2 Entwicklung sozialer Ungleichheit auf dem amerikanischen

Arbeitsmarkt 33

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1.4.3 Bisherige Untersuchungen zur Entwicklung sozialer Ungleichheit auf

dem europäischen und insbesondere dem deutschen

Arbeitsmarkt 36

1.5 Herangehensweise an die Untersuchung der

Destandardisierung und Flexibilisierung 45

2 Ursachen für die Ausbreitung neuerBeschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht................. 47

2.1 Darstellung der Transaktionskostentheorie 48

2.2 Darstellung der Personalstrategien 60

2.3 Anwendung der Transaktionskostentheorie auf die

Destandardisierung der Erwerbsarbeit 672.3.1 Definition „Arbeitmarkttransaktionen“ 67

2.3.2 Transaktionsatmosphäre unter Destandardisierungsbedingungen... 69

2.3.3 Verhaltensannahmen unter Destandardisierungsbedingungen........ 74

2.3.4 Charakteristika von Arbeitsmarkttransaktionen unter

Destandardisierungsbedingungen 76

2.3.5 Institutionelle Arrangements von Arbeitsmarkttransaktionen ............ 81

2.3.6 Bestimmung der Transaktionskosten 83

2.3.6.1 Transaktionskosten der Stabilisierungsstrategie........................... 83

2.3.6.2 Transaktionskosten der Flexibilisierungsstrategie ........................ 85

2.3.7 Fazit aus der Anwendung der Transaktionskostentheorie auf die

Destandardisierung der Erwerbsarbeit 91

2.4 Erweiterung der Transaktionskostentheorie um den Aspekt

des Vertrauens 922.4.1 Definition von „Vertrauen“ 93

2.4.2 Erweiterung des Williamson’schen Vertragsschemas durch den

Aspekt des Vertrauens 94

2.4.3 Wirkung von Vertrauen 96

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2.4.4 Auswirkungen der Erosion des Vertrauens 97

2.4.5 Fazit der Vertrauensdebatte 100

2.5 Zusammenfassung 101

Teil II: Empirische Untersuchungen zur Destandardisierung,Flexibilisierung und sozialer Ungleichheit inWestdeutschland zwischen 1985 und 2000 .................. 107

3 Datenbasis 108

3.1 Gründe für die Verwendung eines Ereignisdatensatzes.... 108

3.2 Das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) 109

3.3 Der Ereignisdatensatz 1123.3.1 Vorgehensweise zur Erstellung des Ereignisdatensatzes .............. 112

3.3.2 Probleme bei der Erstellung des Datensatzes 122

3.3.2.1 Technische Probleme 122

3.3.2.2 Probleme bezüglich der Struktur des SOEP............................... 122

3.4 Besonderheiten des Datensatzes 123

4 Entwicklung von Arbeitsplatzmerkmalen undErwerbsverläufen von 1985 bis 2000 126

4.1 Hypothesen: Existenz der Destandardisierung ................. 126

4.2 Operationalisierung 127

4.3 Deskriptive Ergebnisse für die Gesamtheit der Beschäftigten

133

4.4 Deskriptive Ergebnisse für verschiedene Teilarbeitsmärkte

1524.4.1 Differenzierung des Arbeitsmarktes nach Beschäftigungsniveau ... 153

4.4.2 Differenzierung des Arbeitsmarktes nach Geschlecht .................... 169

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4.4.3 Differenzierung des Arbeitsmarktes nach Berufserfahrung ............ 182

4.5 Zusammenfassung 192

5 Trendentwicklungen der Destandardisierung,Flexibilisierung und der sozialen Differenzierungen ... 197

5.1 Hypothesen: Trend und soziale Differenzierung................ 197

5.2 Konzeption der Untersuchung 1985.2.1 Datenbasis und Bestimmung der Analysesamples ........................ 198

5.2.2 Spezifikation der Ereignisse 199

5.2.3 Spezifikation der Beschäftigungsmerkmale 200

5.2.4 Vorgehensweise 203

5.3 Ergebnisse der Modellschätzungen 2065.3.1 Trendentwicklungen der Destandardisierung und Flexibilisierung der

Erwerbsarbeit 206

5.3.2 Betrachtung sozialer Differenzierungen zwischen

Beschäftigtengruppen 212

5.3.3 Verschiebungen der Chancen und Risiken für verschiedene

Beschäftigtengruppen im Zeitverlauf 226

5.4 Zusammenfassung 241

6 Schlussbetrachtung 244

Literaturverzeichnis 250

Tabellenverzeichnis 266

Abbildungsverzeichnis 268

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Danksagung

6

Danksagung

Diese Arbeit entstand im Rahmen des von der Fritz Thyssen-

Stiftung geförderten Projektes „Die Destandardisierung und Flexi-

bilisierung der Erwerbsarbeit und ihre Folgen für soziale Un-

gleichheiten und soziale Integration“. Dieses Projekt ist im Bereich

„Staat, Wirtschaft & Gesellschaft“ angesiedelt und liefert einen

Beitrag zur Erforschung des Wandels der Industriegesellschaft

und biographischer Erwerbskarrieren. Die Stiftung finanzierte

meine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle am Institut für Soziologie

der Universität Duisburg-Essen, ohne die diese Arbeit nicht zu

Stande gekommen wäre.

Meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Martin Diewald, möchte ich

besonders für seine sehr gute Betreuung danken. Er war stets zu

Diskussionen über die inhaltlichen Aspekte der Arbeit bereit und

lieferte viele Anregungen zu deren Gelingen. An dieser Stelle

möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Hanns-Georg Brose erwähnen,

der sich bereit erklärt hat, die Zweitbegutachtung zu übernehmen.

Stefanie Gundert und Markus Hennesen haben maßgeblich daran

mitgewirkt, dass nach einer mehr als halbjährigen Phase intensi-

ver Teamarbeit ein sorgfältig erstellter Ereignisdatensatz entstan-

den ist.

Auch meiner Kollegin Alexandra Düntgen möchte ich danken, die

inhaltlichen Diskussionen mit ihr haben mir geholfen, meine eige-

nen Gedanken wieder zu ordnen. Auch für die manchmal notwen-

digen Aufheiterungen in scheinbar ausweglosen Phasen der Ar-

beit bin ich ihr sehr dankbar.

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Danksagung

7

An dieser Stelle soll auch mein Lebensgefährte Dr. Thomas Bek-

ker erwähnt werden, der einerseits durch ausführliche Korrekturen

und andererseits durch liebevolle Aufmunterungen diese Arbeit

mit zu einem guten Ende geführt hat. Ihm möchte ich diese Arbeit

widmen.

Duisburg, August 2004

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Einleitung

8

Einleitung

Ein wesentliches Merkmal der Industriegesellschaft war der domi-

nierende Typus der Industriearbeit, der durch großtechnische An-

lagen der Schwerindustrie und körperliche Arbeit geprägt war.

Das Charakteristikum des hochgradig arbeitsteilig organisierten

Massenproduktionsprozesses ist für die Beschreibung der indu-

striellen Arbeitsgesellschaft besonders aussagekräftig. Eng damit

verknüpft ist die strikte Trennung von Arbeit und Freizeit. Das ge-

gen Ende des 19. Jahrhunderts eingeführte System der sozialen

Sicherung, also die Kranken-, Invaliden- und Rentenversicherung,

stellte nach Brose (2000) eine wesentliche Basis der Industriege-

sellschaft dar. Durch die Etablierung und ständige Weiterentwick-

lung dieses Sicherungssystems gelang die Einbettung der expan-

dierenden industriellen Arbeit in ein System sozial-moralisch ba-

sierter Solidarität. Besonders in Deutschland findet man koopera-

tive, konsensorientierte industrielle Beziehungen. Diese beinhal-

ten eine zwischen den Sozialpartnern im Rahmen eines Tarifver-

trages festgelegte Akzeptanz technischer Rationalisierung einer-

seits und eine Umverteilung von Produktivitätsgewinnen an die

Arbeitnehmer durch Lohnzuwächse andererseits. Voraussetzun-

gen für die Entwicklung dieser industriellen Arbeitsgesellschaft

waren die nach dem zweiten Weltkrieg ungesättigte Nachfrage

auf dem Binnenmarkt und Vollbeschäftigung. So konnten langfri-

stige und geschützte Beschäftigungsverhältnisse zur Norm wer-

den. Ein Großteil der erwerbtätigen Bevölkerung war somit in das

System sozialer Sicherung eingebettet und konnte so am relativen

Wohlstand teilhaben. Auf diese Weise bildete sich die zentrale

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Einleitung

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Erwerbsorientierung heraus, die die Erwerbsbiographien der Be-

schäftigten und deren Angehöriger vorbestimmte (Brose 2000).

Seit Beginn der achtziger Jahre wird die Gültigkeit dieser Ker-

nelemente der industriellen Arbeitsgesellschaft in Frage gestellt.

Seitdem die „Krise der Arbeitsgesellschaft“ (Matthes 1982) ausge-

rufen und die Vorstellung „immerwährender Prosperität“ als „kur-

zer Traum“ (Lutz 1984) bezeichnet wurde, entwickelte sich aus

diesen Thesen die arbeits- und industriesoziologische Diskussion

um die Destandardisierung der Erwerbsarbeit, die bis heute an-

dauert. Die Grundlage für den Wandel der Arbeitswelt wird sowohl

in ökonomischen als auch gesellschaftlichen Entwicklungsprozes-

sen gesehen. So werden in diesem Kontext z.B. die Massenar-

beitslosigkeit, die Krise des Wohlfahrtsstaates, der Wandel von

der Dienstleistungs- zur Industriegesellschaft, die Internationali-

sierung, die Entstehung neuer Beschäftigungsformen aber auch

der Wertewandel, der mit der Individualisierung und der damit

verknüpften Verflüchtigung traditioneller Rollenverteilung sowie

der wachsende Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben einher-

geht, genannt.

Vor allem drei Entwicklungen finden nach Kratzer et al. (2003: 3)

als Indizien für einen Umbruch in der arbeits- und industriesozio-

logischen Diskussion vielfältige Beachtung: Es zeichnen sich zum

ersten tief greifende Veränderungen der Unternehmensorganisa-

tion und der Organisation von Arbeit ab, denn systematische Ra-

tionalisierung, neue Produktionskonzepte, lean production, De-

zentralisierung und Vermarktlichung, indirekte Steuerung und

Selbstorganisation bestimmen immer mehr den Alltag von Betrie-

ben. Zum zweiten ist eine zunehmende Flexibilisierung von Arbeit

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Einleitung

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hinsichtlich Arbeitzeit, Qualifikationsanforderungen, Arbeitsort,

Erwerbsbiographie etc. zu erkennen. Zum dritten zeichnen sich

Hinweise auf eine wachsende Verbreitung neuer Arbeitsformen

wie Projekt- und Gruppenarbeit, neue leistungspolitische Kon-

zepte (indirekte Steuerung durch Zielvereinbarung, leistungsori-

entiertes Einkommen, Vertrauensarbeitszeit und Selbstorganisa-

tion) ab (Kratzer et al. 2003: 3).

In der Bundesrepublik Deutschland lässt sich die Diskussion um

die Destandardisierung der Erwerbsarbeit nicht ohne die seit Jah-

ren anhaltende Diskussion um die „Erosion des Normalarbeits-

verhältnisses“ (Mückenberger 1985) führen. Es gilt als Konsens,

dass die Zahl und/oder der Anteil an „Normalarbeitsverhältnis-

sen“, also das unbefristete Vollzeitarbeitsverhältnis eines meist

männlichen Beschäftigten, der sein gesamtes Erwerbsleben in der

selben Firma verbringt und in die Systeme sozialer Sicherung

eingebunden ist, mehr und mehr abnimmt und in naher Zukunft

nicht mehr die dominierende Erwerbsform darstellen wird oder

schon jetzt nicht mehr darstellt. Obwohl diese Position weit ver-

breitet ist und häufig wiederholt wird, regt sich auch Kritik an der

These, dass sich das Normalarbeitsverhältnis flächendeckend

ausbreiten wird. So wird z.B. angeführt, dass unterschiedlich viele

Erwerbstätige davon betroffen sind, je nachdem, welche Arbeits-

verhältnisse als „Normalarbeitsverhältnisse“ und welche als

„neue“ Erwerbsformen bezeichnet werden. Auch wurde deutlich,

dass die Datenbasis zur Erfassung destandardisierter Erwerbs-

formen zumindest lückenhaft ist. Doch trotz der kritischen Stim-

men zur quantitativen Erfassung der Erosion des Normalarbeits-

verhältnisses ist festzustellen, dass sich mit zunehmender Ten-

denz Beschäftigungsstrukturen ausdifferenzieren und pluralisie-

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Einleitung

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ren. Damit kommt es zu einem Rückgang in der Zahl von unbefri-

steten Arbeitsverhältnissen, der von einer Ausbreitung neuer Er-

werbsformen wie z.B. geringfügiger und befristeter Beschäftigung,

(Schein) Selbstständigkeit, Leiharbeit oder Telearbeit begleitet

wird.

Die Veränderung der Unternehmensorganisation, die Flexibilisie-

rung der Arbeit und die wachsende Verbreitung neuer Beschäfti-

gungsformen werden sowohl akademisch als auch politisch seit

Beginn der achtziger Jahre immer wieder diskutiert. Politisch um-

stritten ist nach wie vor die Tragweite dieser Entwicklungen. Nie-

mand wird angesichts hoher Arbeitslosenzahlen, der Ausbreitung

neuer Beschäftigungsformen und dem Übergang von der Indu-

strie- zur Dienstleistungsgesellschaft abstreiten, dass es zu Ver-

änderungen auf dem Arbeitsmarkt in Richtung einer „Neuen Ar-

beitsgesellschaft“ gekommen ist. Die Fragen, die sich aufdrängen,

lauten daher: Ab welchem Zeitpunkt sind Tendenzen einer

Destandardisierung der Erwerbsarbeit zu erkennen und in wel-

chen konkreten Veränderungen von Erwerbsverläufen und Ar-

beitsplatzmerkmalen machen sie sich bemerkbar? Sind diese

Entwicklungen Zeichen eines grundlegenden Umbruchs oder sind

die beobachteten Veränderungen ausschließlich auf die wirt-

schaftskonjunkturelle Lage zurückzuführen? Vor dem Hintergrund

der sich ändernden Qualifikations- und Persönlichkeitsanforde-

rungen beim Übergang von industriell geprägten zu wissensinten-

siven Arbeitsplätzen ist auch die Frage der Heterogenität dieser

Prozesse und wie sich diese zu vertrauten Segmentationslinien

und Differenzierungskriterien entlang des Gefüges sozialer Un-

gleichheit verhält, kaum geklärt. Mit welchen Chancen und Risi-

ken insbesondere für Arbeitskräfte ist dieser Übergang verbun-

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den? Die letzte Frage ist von besonderer Bedeutung, da die bis-

herigen Diagnosen und Analysen eher von einer ambivalenten

Entwicklung ausgehen, einer Entwicklung, die sowohl „Moderni-

sierungsgewinner“ als auch „Modernisierungsverlierer“ identifiziert

(Moldaschl/Voß 2002, Schumann 2001).

In der vorliegenden Arbeit sollen Antworten auf diese Fragen ge-

geben werden, die theoretisch fundiert und empirisch belegt Er-

kenntnisse zum Thema der Destandardisierung der Erwerbsarbeit

und deren Konsequenzen für das Gefüge sozialer Ungleichheit

beitragen. In Teil I, zu dem die Kapital 1 und 2 gehören, werden

Grundlagen für die Ausbreitung der Destandardisierung und für

eine (Neu) Verteilung von Chancen und Risiken erarbeitet. Im er-

sten Kapitel werden die Ausgangsbedingungen für den Transfor-

mationsprozess der industriellen zur „neuen“ Arbeitsgesellschaft

erläutert. Dabei wird deutlich, dass die Impulse für die Verände-

rungen nicht ausschließlich auf der Seite der Unternehmen zu su-

chen sind, sondern dass auch Arbeitnehmer durch veränderte

Ansprüche an das Arbeits- und Privatleben zur Ausbreitung neuer

Beschäftigungsformen beitragen. Um einen Überblick über die

Entwicklung atypischer Arbeitsverhältnisse zu bekommen, werden

anschließend Zahlen über die Ausweitung unterschiedlicher

destandardisierter Beschäftigungsformen in den USA und Europa

vorgestellt. Konsequenzen aus der Destandardisierung der Er-

werbsarbeit ergeben sich auf Grund der veränderten Qualifikati-

onsanforderungen u.a. auch für das Gefüge sozialer Ungleichheit.

Sie verändern die Erscheinungsformen sozialer Ungleichheit und

beeinflussen die Mechanismen ihrer Reproduktion. Daher werden

bisherige Erkenntnisse zu Konsequenzen aus der Destandardisie-

rung für das Gefüge sozialer Ungleichheit in den USA und Euro-

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pa, insbesondere Deutschland, dargestellt. Am Ende des ersten

Kapitels wird abschließend der Untersuchungsgegenstand für den

empirischen Teil konkretisiert.

Wie im ersten Kapitel gezeigt wird, können für den Transformati-

onsprozess der industriellen zur „neuen“ Arbeitsgesellschaft auf

der Arbeitsnachfrageseite mehrere Ursachen identifiziert werden:

Internationalisierung, wachsender Wettbewerbsdruck und damit

eng verbunden der Übergang vom Taylorismus zur postfordisti-

schen Produktionsweise, die Ausweitung des Dienstleistungs-

sektors sowie der unausgewogene Arbeitsmarkt. Diese Ursachen

werden zwar häufig genannt, doch fehlt es bisher an einer ange-

messenen theoretischen Einbettung. Im zweiten Kapitel wird da-

her auf Basis der Transaktionskostentheorie eine theoretische

Grundlage zur Erklärung der Ausbreitung neuer Beschäftigungs-

formen entwickelt, soweit sie von Unternehmensseite initiiert wer-

den. Zunächst werden die Theorie und die Personalentwicklungs-

strategien, die Stabilisierungs- und die Flexibilisierungsstrategie,vorgestellt. Anschließend erfolgt die Anwendung der William-

son’schen Theorie auf die Destandardisierung der Erwerbsarbeit.

Die Bestimmung der Transaktionskosten macht die Gründe der

Betriebe für einen Rückgriff auf die Flexibilisierungs- oder Stabili-

sierungsstrategie letztendlich deutlich. Anschließend wird erläu-

tert, warum die Grenze der Ausbreitung neuer Beschäftigungs-

verhältnisse auch mit einer möglichen Erosion von Vertrauen be-

gründet werden kann. Die Weiterentwicklung des William-

son’schen Vertragsschemas durch die Einbindung von Vertrauen

wird zur Erläuterung herangezogen. Somit wird im zweiten Kapitel

theoretisch erläutert, warum destandardisierte Beschäftigungs-

formen auf der Arbeitgeberseite nachgefragt werden und unter

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welchen Bedingungen Unternehmen auf die Stabilisierungsstrate-

gie zurückgreifen.

In Teil II, zu dem die Kapitel 3 bis 5 gehören, werden die Entwick-

lungen von Arbeitsplatzmerkmalen und Erwerbsverläufen in

Deutschland zwischen 1985 und 2000 vorgestellt. Nachdem die

Gründe für die Ausweitung neuer Beschäftigungsformen auf der

Unternehmensseite theoretisch dargelegt wurden, ist von Interes-

se, ob die Destandardisierung für Arbeitnehmer mit mehr Risiken

und/oder mehr Chancen verbunden ist. Bisher sind die genannten

Fragestellungen wenn überhaupt eher im Rahmen qualitativer

Fallstudien untersucht worden. Entsprechende Untersuchungen,

die eine Quantifizierung verschiedener Erscheinungsformen und

den Konsequenzen für soziale Ungleichheiten erlauben, liegen

jedoch, vor allem mit aktuellen Daten, kaum vor. In dieser Arbeit

werden deshalb empirische Ergebnisse an Hand eines eigens

konzipierten Spelldatensatzes ermittelt. Die Datengrundlage, das

Sozio-ökonomische Panel (SOEP), wird im dritten Kapitel vorge-

stellt ebenso wie die komplexe Vorgehensweise der Konstruktion

des Längsschnittdatensatzes.

Im vierten Kapitel werden die deskriptiven Ergebnisse zur Ent-

wicklung von Flexibilität, Arbeitsplatzstabilität und –sicherheit für

die in Westdeutschland abhängig beschäftigten Erwerbspersonen

beschrieben und interpretiert. Da die Gesamtbetrachtung der

Auswirkungen der Destandardisierung wichtige Entwicklungen für

bestimmte Erwerbsgruppen verdecken kann, wird anschließend

untersucht, welche Teilarbeitsmärkte besonders von den Risiken

oder auch Chancen der Destandardisierung betroffen sind. Zu

diesem Zweck wird zwischen Männern und Frauen in Vollzeit- und

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Teilzeitbeschäftigung, niedrigen, mittleren und hohen Beschäfti-

gungsniveaus sowie Erwerbstätigen in verschiedenen Phasen der

Erwerbsbiographie unterschieden.

Auf Basis multivariater Verfahren der Ereignisdatenanalyse wird

im fünften Kapitel erstens überprüft, ob die bisherigen ermittelten

Ergebnisse eine grundsätzliche Veränderung von Arbeitsmarktin-

stitutionen indizieren, oder ob die Entwicklungen auf konjunktu-

relle Schwankungen zurückzuführen sind. Zweitens wird unter-

sucht, ob die beobachteten Entwicklungen zu einer Verstärkung

bisheriger sozialer Ungleichheiten geführt haben oder ob sie zu

einer Neuverteilung von Chancen und Risiken beigetragen haben.

Zu diesem Zweck werden zunächst verschiedene Flexibilisie-

rungsindikatoren untersucht um danach zu ermitteln, ob diese po-

sitive oder negative Auswirkungen für die Arbeitnehmer haben.

Insgesamt liegt so eine theoretisch und empirisch fundierte Unter-

suchung vor, die einen Beitrag dazu leistet, die bisherigen Lücken

in der Ermittlung der Reichweite der Destandardisierung und der

Konsequenzen für das Gefüge sozialer Ungleichheit zu schließen.

Die Ergebnisse der Arbeit werden im sechsten Kapitel in der

Schlussbetrachtung noch einmal zusammengetragen.

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Teil I: Die Grundlagen für die Destandardisierung undFlexibilisierung der Erwerbsarbeit und für die (Neu-)

Verteilung von Chancen und Risiken

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Die Destandardisierungsdebatte

1 Die Debatte um die Destandardisierung der Er-werbsarbeit und ihre Konsequenzen für das Gefü-ge sozialer Ungleichheit

1.1 Fragestellung

Nicht nur in öffentlichen sondern auch in akademischen Diskus-

sionen wird sowohl für Deutschland als auch für andere westliche

Gesellschaften die These einer flächendeckenden und branchen-

übergreifenden Veränderung der Erwerbsarbeit vertreten. Wie aus

einer Vielzahl von Studien hervorgegangen ist, wird eine zuneh-

mende Erosion von Kontinuität und Sicherheit in Erwerbsverläu-

fen erwartet (z.B. Rifkin 1996, Beck 1986, Sennett 1998). So sei-

en Erwerbsverläufe durch immer wiederkehrende Phasen unge-

wollter Erwerbslosigkeit und häufige Arbeitgeberwechsel gekenn-

zeichnet. Das Prinzip der „Beruflichkeit“ (Baethge 2000), das vor-

mals den Erwerbsverlauf vorbestimmte, habe keine Gültigkeit

mehr. Von einer Erwerbsbiographie, die vorhersehbar ist, könne

ohnehin nicht mehr ausgegangen werden. Vollzeitbeschäftigungs-

verhältnisse würden verdrängt durch die flächendeckende Aus-

breitung neuer Beschäftigungsformen, die keine Sicherheit mehr

böten. Auf Grund der notwendigen Mobilität bestünden kaum

Möglichkeiten für den Aufbau und die Pflege von Beziehungs-

netzwerken.

Allerdings werden von verschiedenen Seiten auch Gegenargu-

mente zur Verbreitung der Destandardisierung und Flexibilisierung

gebracht, denen zufolge die Erosion von Beschäftigungssicherheit

ausbleibt. Denn mit der Ausbreitung wissensintensiver Arbeits-

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Die Destandardisierungsdebatte

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plätze müssten Unternehmen in Form von Weiterbildungsmaß-

nahmen in ihre Mitarbeiter investieren. Dies lohne sich für die Be-

triebe nur, wenn Mitarbeiter entsprechend lange im Betrieb ver-

weilen. Würden Weiterbildungen statt innerbetrieblich extern

durchgeführt, so ginge die Betriebsspezifität der Maßnahme verlo-

ren und die dazu gewonnenen Kenntnisse qualifizierten auch für

Tätigkeiten in anderen Unternehmen, was die Fluktuationsrate der

Mitarbeiter erhöhen könnte. Ein weiteres Argument gegen die

Ausbreitung destandardisierter Beschäftigungsverhältnisse führt

Wiesenthal (2003) an. Erwartet wird, dass Beschäftigte, die lang-

fristig an ein Unternehmen gebunden sind, sich mit ihrem Betrieb

identifizieren und von Existenzsorgen verschont bleiben und da-

her nicht auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber sind, die

Produktivität maßgeblich erhöhen.

Zwischen diesen beiden konträren Positionen von einer flächen-

deckenden Erosion von Beschäftigungsverhältnissen auf der ei-

nen und der Mutmaßung von Kontinuität auf der anderen Seite

liegt eine dritte Position. Diese von Breen (1997) vertretene Posi-

tion unterscheidet zwischen verschiedenen Beschäftigtengruppen.

Als benachteiligt gelten jene Erwerbstätige, die den unteren Be-

rufsklassen zugehörig sind. Diese gehörten oft den Randbeleg-

schaften an, seien daher leicht austauschbar und ihre geringe

Verhandlungsmacht stelle keine Basis für eine gute Positionierung

auf dem Arbeitsmarkt dar. Die andere Beschäftigtengruppe setze

sich hingegen aus den oberen Berufsklassen zusammen, die sich

auf Grund der Informationsasymmetrie, die zwischen ihnen und

dem Arbeitgeber bestehe, vor Benachteiligungen zu schützen

wisse. Hinzu käme, dass von Seiten der Arbeitgeber wegen der

hohen personalen Ressourcen dieser Gruppe kein Interesse an

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Die Destandardisierungsdebatte

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einer Reduzierung der Beschäftigungsstabilität bestehe. Nach

Breen kommt es mit einer Ausbreitung der Destandardisierung

zwischen den privilegierten und unterprivilegierten Gruppen zu

einer zunehmend stärker werdenden Polarisierung.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll für Westdeutschland unter-

sucht werden, welche dieser drei vermuteten Entwicklungen von

Mitte der achtziger Jahre bis 2000 stattgefunden hat. Dabei sollen

zwei Fragen beantwortet werden:

� Gibt es tatsächlich einen Trend zu grundsätzlichen Verände-

rungen von Arbeitsmarktinstitutionen, der nicht von kon-

junkturellen Schwankungen abhängig ist und ab welchem

Zeitpunkt setzt dieser Trend ein?

� Inwiefern beeinflusst die Destandardisierung der Erwerbsar-

beit das Gefüge sozialer Ungleichheiten? Kommt es zu ei-

ner Akzentuierung traditioneller Ungleichheitslinien entlang

von Berufsklassen oder/und bilden sich neue Ungleichhei-

ten heraus, so dass neue Friktionen generiert werden, sei

es beispielsweise im Sinne eines Abstiegs eines Teils der

Mittelklasse, sei es im Sinne einer Proletarisierung der unte-

ren Klassen?

Um einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion zu

diesem Thema zu gewinnen, sollen zunächst die Ausgangsbedin-

gungen für den Transformationsprozess der industriellen zur

„neuen“ Arbeitsgesellschaft angeführt werden. Dabei sollen Moti-

ve auf der Arbeitsangebots- und der Arbeitsnachfrageseite unter-

schieden werden. Im folgenden Abschnitt werden einige Zahlen

zur Verbreitung neuer Beschäftigungsformen vorgestellt. Im An-

schluss werden bisherige Untersuchungsergebnisse für die Aus-

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Die Destandardisierungsdebatte

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wirkungen der Destandardisierung auf die Verteilungen von

Chancen und Risiken im Erwerbsverlauf in den USA und Europa

und insbesondere Deutschland vorgestellt.

1.2 Ursachen für den Transformationsprozess der industri-ellen zur „neuen“ Arbeitsgesellschaft

1.2.1 Ursachen für den Transformationsprozess der industriellenzur „neuen“ Arbeitsgesellschaft auf der Angebotsseite

Ursachen für die Ausbreitung neuer Beschäftigungsverhältnisse

werden nicht ausschließlich von der Arbeitsnachfrageseite einge-

bracht, sondern sind in Form vielschichtiger, veränderter Ansprü-

che der Beschäftigten auch auf der Seite des Arbeitsangebotes zu

finden. So haben erstens die Individualisierung und damit einher-

gehend das Aufbrechen traditioneller Geschlechterrollen, zwei-

tens die Etablierung der Tätigkeitsgesellschaft und drittens die

Subjektivierung, die aber nicht ganz eindeutig ausschließlich der

Angebotsseite zuzuordnen ist, einen erheblichen Einfluss auf die

Ausweitung neuer Beschäftigungsformen.

Auch wenn neue Ansprüche an das Beschäftigungssystem zum

Teil direkt mit der beruflichen Sphäre zusammenhängen dürften,

so sind sie auch aus veränderten geschlechtsspezifischen und

familialen Rollenmustern sowie der Ausdifferenzierung von Haus-

haltskonstellationen, Lebensformen und Lebensstilen entstanden.

So seien im Gegensatz zu Zeiten des alleinigen männlichen

Hauptverdieners innerhalb von Familien die Vereinbarkeit von

materiellen Ansprüchen und den beruflichen Zielen von Mann und

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Die Destandardisierungsdebatte

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Frau sowie der Rollen als Mütter und Väter zu gewährleisten. Für

diesen Zweck eignen sich neue Beschäftigungsformen wie Teil-

zeitarbeit, geringfügige Beschäftigung oder Selbstständigkeit be-

sonders gut.

Außerdem spiele auf der Angebotsseite das Konzept der Tätig-

keitsgesellschaft eine immer größere Rolle. Mit dem angeblich

unvermeidlichen „Ende der Arbeit“ (Rifkin 1996) scheine sich quer

durch alle sozialen Schichten eine Pionierbewegung zu formieren,

die den Zeitaufwand für Erwerbsarbeit und materiellen Wohlstand

zugunsten anderer, selbst gewählter Interessen und Entwick-

lungsmöglichkeiten reduziert. Job-sharing, bewusster Einkom-

mensverzicht oder die Kombination von Erwerbsarbeit mit ande-

ren Tätigkeiten und Engagements beispielsweise für ehrenamtli-

che Arbeit, seien neue Werte und Zielsetzungen. Die neue

Selbstständigkeit oder der „Lebensunternehmer“ (Rossbroich

1999) erzielten ihr Einkommen, je nach Lebensphase und Le-

benssituation, zu unterschiedlichen Anteilen über Grundeinkom-

men, Erwerbsarbeit, Beteiligungs- und Kapitaleinkommen sowie

Eigenarbeit und Tausch. Erwerbsarbeit erscheine daher nicht

mehr als eine feste, sondern als eine in zeitlicher, sozialer und

sachlicher Hinsicht nachhaltig flexibilisierbare Größe, die markt-

bezogen nachgefragt aber auch angeboten werde.

Überlegungen zur Tätigkeitsgesellschaft werden in den unter-

schiedlichsten Zusammenhängen angestellt. In Deutschland gibt

es eine Tradition, die von Hannah Arendt begründet und von Beck

(1999) wieder aufgegriffen wurde. Nach ihrem dreischichtigen

Schema, demzufolge Arbeit in ein Anrecht auf zwanzig Stunden

Arbeit pro Woche ergänzt wird durch nicht vergütete Arbeit in

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Die Destandardisierungsdebatte

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Form gemeinnütziger Tätigkeiten oder Eigenarbeit, thematisieren

Giarini und Liedke (1998) die Aufwertung bisher ökonomisch un-

beachteter Tätigkeiten. Auch nach Mutz (1997) verschiebt sich

die „Triade der Arbeit“, also das Verhältnis zwischen Erwerbsar-

beit, individueller und gesellschaftlicher Arbeit. Denn: „Arbeitsfel-

der außerhalb der Erwerbsgesellschaft eröffnen neue Wege zur

Überwindung der Krise der Arbeitsgesellschaft (Mutz 1997: 38).

Unterschiedliche Diskussionen gibt es zu diesem Thema auch in

den USA. Jeremy Rifkins (1996) „Dritter Sektor“ gehört ebenso

dazu wie Frithjof Bergmanns (1997) Ansatz von New Work. Ge-

meinsam sind diesen Ansätzen Vorschläge zur Überwindung der

alleinigen Vorherrschaft erwerbswirtschaftlicher Ausprägung und

der Wunsch nach einem Umbau innerhalb des arbeitsgesell-

schaftlichen Rahmens.

Über ehrenamtliches Engagement erscheinen zwar die unter-

schiedlichsten Abhandlungen (z.B. Heinz/Olk 2000; Schumacher

1999, 2003), sie treffen aber nur auf einen Teil der Segmente der

Tätigkeitsgesellschaft zu. Die vielfältigen Komponenten der Tätig-

keitsgesellschaft, die neben ehrenamtlichem Engagement auch

aus Aktivitäten in Vereinen, Verbänden oder im alltäglichen Nah-

bereich, Beteiligung in Bürgerinitiativen oder Parteien etc. beste-

hen, untersuchte Mutz (1997) mit Daten des SOEP. Er beschreibt

neben den zahlenmäßigen Vorkommen der einzelnen Felder auch

individuell notwendige Ressourcen zur Teilhabe an der Tätigkeits-

gesellschaft. Priller, Zimmer und Anheier (1999) beschäftigen sich

mit dem John Hopkins Comparative Non-Profit-Sektor Project, in-

dem der Dritte Sektor in ausgewählten Ländern sowohl quantitativ

in seiner ökonomischen Struktur erfasst als auch qualitativ in sei-

nem historischen, gesellschaftlichen und politischen Dimensionen

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Die Destandardisierungsdebatte

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analysiert wird. Den Ergebnissen nach ist in allen Ländern die

wirtschaftliche Bedeutung des Non-Profit-Sektors weitaus größer

als bisher angenommen. Die USA verfügten nicht, wie gemeinhin

vermutet, anteilig über den größten Non-Profit-Sektor, vielmehr

liegen sie prozentual hinter den Niederlanden, Irland, Belgien oder

Israel. Im Osten Deutschlands habe sich die Zahl der Beschäftig-

ten zwischen 1990 und 1995 im Non-Profit-Sektor verdreifacht.

Der Dritte Sektor habe sich insgesamt seit den siebziger und

achtziger Jahren stark ausgedehnt. So stelle der Non-Profit-

Sektor sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft her, produziere

wohlfahrtsrelevante Güter, könne einen Beitrag zur Linderung der

Arbeitsmarktprobleme leisten und neue Tätigkeitsfelder jenseits

der Erwerbsarbeit schaffen. Empirische Studien über einen direk-

ten Zusammenhang zwischen prekären Arbeitsformen und einer

Ausweitung von Elementen der Tätigkeitsgesellschaft existieren

allerdings bisher noch nicht.

Die Vermischung von Arbeit und Privatleben spiegelt sich nicht

nur in der Diskussion um die Tätigkeitsgesellschaft wider sondern

wird auch unter dem Stichwort „Entgrenzung von Arbeit und Pri-

vatleben“ thematisiert. So zeigt sich in einer empirischen Studie

von Bosch (2000), dass sich die Arbeitszeit von Hochqualifizierten

leicht ausgeweitet und gleichzeitig private Zeit und Arbeit in einer

zunehmend selbst gestalteten Arbeitsumgebung ineinander flö-

ssen. In Deutschland ist es ca. ein Fünftel der Erwerbstätigen, das

unter solchen post-tayloristischen, semiautonomen Bedingungen

arbeite. Ein weitaus größerer Teil sei allerdings weiterhin fremd-

bestimmt tätig. In den letzten Jahren zeige sich eher eine Tendenz

der Polarisierung der Formen der Arbeitsorganisation als der An-

näherung in eine gemeinsame Entwicklungsrichtung. Vor allem in

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Die Destandardisierungsdebatte

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Dänemark sei es gelungen, durch hohe Innovationen in die Quali-

fikation der Beschäftigten, die Ausdehnung der Kinderbetreu-

ungsmöglichkeiten und damit eine deutlichere zeitliche Verfügbar-

keit von Frauen, Verringerung der Lohnunterschiede zwischen

den Geschlechtern und eine kürzere Normalarbeitszeit eine Gren-

ze zwischen Erwerbszeit und privater Zeit zu ziehen. Für Groß-

britannien mit seinem deregulierten Arbeitsmarkt sei eine solche

Entwicklung nicht zu erwarten (Bosch 2000). Die zunehmende

Schwierigkeit, auf Grund einer hohen zeitlichen Einbindung in den

Beruf Zeit für die Familie finden zu können, beschreibt Hochschild

(1997) auch für die USA.

Das Thema der „Subjektivierung“ (z.B. Moldaschl 2002) knüpft

eng an die Entgrenzung von Arbeit und Privatleben an. Allerdings

ist die Subjektivierung weder eindeutig der Angebots- noch der

Nachfrageseite zuzuordnen, da die Impulse für diese Entwicklung

einerseits von den Unternehmen und andererseits von den Ar-

beitnehmern ausgehen. Dies macht schon die Definition des Be-

griffs deutlich: Nach Kleemann, Matuschek und Voß (2002) ist der

Begriff der „Subjektivierung der Arbeit“ bisher an keiner Stelle ex-

plizit definiert worden. Die Autoren verstehen nach einer Sichtung

der bisher erschienenen Literatur zu diesem Thema unter „Sub-

jektivierung der Arbeit“ die Intensivierung von individuellen, das

heißt Subjektivität involvierenden Wechselverhältnissen zwischen

Betrieb und Person bzw. betrieblich organisierten Arbeitsprozes-

sen. Demnach handelt es sich bei der Subjektivierung um eine in

Folge betrieblicher Veränderungen zunehmende Bedeutung von

„subjektiven“ Potenzialen und Leistungen im Arbeitsprozess, die

einerseits mit Chancen im Sinne der Möglichkeit der Einbringung

von Subjektivität in den Arbeitsprozess verbunden ist und zum

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Die Destandardisierungsdebatte

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anderen aber auch den Zwang, die eigene Arbeit aktiv gestalten

zu müssen, mit sich bringt.

Die Ursachen für diese zunehmende Subjektivierung der Arbeit

sehen Kleemann, Matuschek und Voß (2002) in drei Punkten: Er-

stens gehe die zunehmende Technisierung mit einer wachsenden

Bedeutung der Person für die Arbeitsausführung einher, denn die

Anforderungen an die Arbeitenden sowohl bezüglich Quantität als

auch Qualität der zu erbringenden Leistungen steigen. Es würden

zweitens Institutionen und Sozialmechanismen aufgeweicht, was

zu individuellen Koordinations- und Gestaltungsanforderungen im

Arbeits- und Lebensalltag der Arbeitenden führe. Mit der Erosion

des Normalarbeitsverhältnisses erhöhe sich diese individuelle

Selbstzurechnung von Verantwortung für den Verlauf der eigenen

Biographie. Drittens bewirkten soziokulturelle Wandlungsprozes-

se, dass normative kulturelle Anforderungen zur aktiven, individu-

ellen Gestaltung des eigenen Lebens steigen und Individuen zu-

nehmend eigenen Bedürfnissen nach subjektiver Entfaltung nach-

kämen.

Allerdings ist zu beachten, dass die Subjektivierung der Arbeit in

der Regel für hochqualifizierte Beschäftigte zutrifft. Bei wenig qua-

lifizierten Tätigkeiten wird bisher nicht von einer Subjektivierung

ausgegangen. So erfasst Baethge (1991) mit dem Begriff der

„normativen Subjektivierung der Arbeit“ das zunächst bei Hoch-

qualifizierten auftretende Phänomen, demzufolge die persönlichen

Interessen, Werte und Einstellungen eng mit dem Unternehmen

verknüpft sind. Voß und Pongratz (1998) stellen ihr Modell des

„Arbeitskraftunternehmers“ vor, den sie als prinzipiell neuen Typus

der Nutzung der Arbeitskraft jenseits des Fordismus charakteri-

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sierten, der möglicherweise dem bisher dominierenden berufli-

chen Arbeitnehmer Konkurrenz machen kann. Der Arbeitskraf-

tunternehmer nimmt die Strukturierung und Überwachung seiner

Arbeitskraft selbst in die Hand. Dieser Typus besteht aus hoch-

qualifizierten Beschäftigten z.B. aus der Software- und Multime-

dia-Branche, die wegen ihrer vielfältigen Ressourcen zu einer

ausgeprägt selbstbestimmten Gestaltung ihrer Arbeits- und Le-

bensbiographie in der Lage sind. Auf der anderen Seite stehen

Tagelöhnertätigkeiten dem „Arbeitskraftunternehmer“

(Voß/Pongratz 1998) gegenüber. Allerdings geht Lohr (2003) da-

von aus, dass die Suche nach einem neuen Sozialtypus von Ar-

beit in der nachindustriellen Gesellschaft, wie der Begriff des Ar-

beitskraftunternehmers, sich nicht als erfolgreich erweise, um die

Veränderungen in der Arbeitswelt treffend zu charakterisieren.

Neben den Vereinnahmungsstrategien der Arbeitgeber stehen al-

so nun zunehmend neben individuellen Freizeitinteressen und

anderen Tätigkeitsoptionen auch Selbstverwirklichungsansprüche

der Arbeitnehmer im Mittelpunkt (siehe auch Smith 1997,

Smith/Gottfried 1998, Baethge 2000), die somit die Ausweitung

neuer Beschäftigungsformen auch von der Arbeitsangebotsseite

her fördern. Doch spielen die genannten Gründe für die Ausbrei-

tung der Destandardisierung von Seiten des Arbeitsangebots in

der bisherigen Forschung kaum eine Rolle. Zwar gibt es in der

Literatur Annahmen über die Bedeutung gestiegener Handlungs-

spielräume für die Herausbildung neuer Erwerbsformen und ihrer

Folgen (z.B. Baethge 2000), doch bleiben diese in der Regel auf

einer allgemeinen Ebene. Eine Ausnahme stellt die Forschung zur

Teilzeitarbeit von Frauen dar, zu der eine Vielzahl von Untersu-

chungen vorliegt. Offen bleibt aber, inwiefern diese neuen Kon-

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stellationen gestiegene Wahlfreiheiten oder zunehmende Zwänge

darstellen. Auch ist bisher nicht untersucht, für welche Gruppen

von Beschäftigten eher das eine oder andere zutrifft.

1.2.2 Ursachen für den Transformationsprozess der industriellenzur „neuen“ Arbeitsgesellschaft auf der Nachfrageseite

Von Seiten der Arbeitsnachfrage speist sich der Trend zu einer

Destandardisierung der Erwerbsarbeit aus mehreren Quellen

(Baethge 2000, Brose 2000): Erstens aus einem unausgegliche-

nen Arbeitsmarkt mit einer erheblichen Sockelarbeitslosigkeit

(Berger/Sopp 1992, Willke 1998), zweitens aus der Tertiarisierung

als Wandel der Tätigkeitsstruktur von produktionsbezogenen Tä-

tigkeiten in Richtung wissensintensiver informations- und kommu-

nikationsbezogener Berufe, drittens aus der Internationalisierung

und den Strukturveränderungen in Wirtschaftsorganisationen in

Form des Übergangs vom Taylorismus zu einer detaillgesteuerten

Produktion mit den Folgen der zunehmenden Flexibilisierung.

Speziell für die Bundesrepublik Deutschland sind ergänzend die

„Erosion des Normalarbeitsverhältnisses“ (Mückenberger 1985),

die Zunahme der Entberuflichung (z.B. Baethge 2000) sowie die

(eventuelle) Schwächung der Gewerkschaften anzuführen.

Neben der zunehmenden Wahrscheinlichkeit eines Übergangs in

Arbeitslosigkeit besteht ein wesentliches Merkmal der Verände-

rung der Erwerbsarbeit im strukturellen Wandel des Wirtschafts-

systems, der durch die Ausweitung des Dienstleistungssektors

gekennzeichnet ist. Mit dem Wachstum des Dienstleistungssek-

tors entwickelt sich eine zunehmende Tertiarisierung des Arbeits-

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Die Destandardisierungsdebatte

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marktes, indem Beschäftigung in diesen Sektor verlagert: produk-

tionsbezogene Tätigkeiten nehmen zu Gunsten von dienstlei-

stungsbezogenen Tätigkeiten sowohl im Dienstleistungssektor als

auch im industriellen Sektor ab. Voß (1993: 81) bezeichnet diese

Expansion des Dienstleistungssektors als eine „strukturelle Mo-

dernisierung des Beschäftigungssystems“. Kennzeichnend für den

Dienstleistungssektor ist seine Heterogenität: Weder die Arbeits-

bedingungen noch die Tätigkeitsprofile können einer einheitlichen

Bewertung unterzogen werden, da Dienstleistungstätigkeiten „von

Anfang an heterogen in Inhalten, Organisationsformen und Ent-

wicklungstempo“ sind (Baethge 2000: 98). Dabei ist allerdings zu

bedenken, dass der Beschäftigungsabbau im industriellen Sektor

erheblich zu einer Arbeitslosigkeit beigetragen hat, die nicht durch

ein Beschäftigungswachstum im dritten Sektor kompensiert wer-

den konnte (Brose 2000).

Auf Basis von Daten der Europäischen Arbeitskräftestichprobe

von 1999 haben Bosch und Wagner (2002, 2003) einen Vergleich

der Struktur der Dienstleistungsgesellschaften in verschiedenen

Ländern der Europäischen Union vorgenommen. Demnach gibt

es vier verschiedene Typen von Dienstleistungsgesellschaften in

Europa. Die südeuropäischen Länder hätten auf Grund ihrer tradi-

tionellen Struktur einen geringen Dienstleistungsanteil. Wegen der

traditionellen Haushaltsstrukturen sowie der gering ausgebauten

Sozialstaatssysteme würden viele Dienstleistungen in Eigenarbeit

erbracht. Ein technologisch innovativer sekundärer Sektor mit ho-

hem Dienstleistungsanteil habe sich in Skandinavien entwickelt.

Die ausgeprägte Frauenerwerbstätigkeit und der ausgebaute So-

zialstaat ermöglichten den Rückgriff auf soziale Dienstleistungen.

In Kontinentaleuropa fänden sich Wohlfahrtsstaaten, so dass in-

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dustrieinterne und produktionsorientierte Dienstleistungen einen

hohen Stand erreichen. Da die Haushaltsstrukturen traditionell

geprägt seien und der Staat vielfach für Familien eher Finanz-

transfers als Dienstleistungen bereitstelle, sei das Angebot an

Dienstleistungen bei weitem nicht so ausgedehnt wie in den

skandinavischen Ländern. Der Sozialstaat in den angelsächsi-

schen Ländern sei nur gering entwickelt und böte nur wenige

Dienstleistungen. Trotz einer Industriestruktur und eines starken

Finanzsektors erreichten diese Länder nur ein mittleres Niveau an

Dienstleistungsausprägung. Grund dafür seien traditionelle Haus-

haltsstrukturen, lange Arbeitszeiten und die damit begrenzten

Möglichkeiten zur Eigenarbeit sowie eine hohe Einkommensun-

gleichheit. Als Ursachen für die unterschiedliche Ausprägung des

Dienstleistungssektors in diesen europäischen Ländern sehen die

Autoren verschiedene Ausprägungen der Faktoren Einkom-

mensungleichheit, Erwerbstätigkeit von Frauen, Qualifikationsni-

veau sowie die Höhe der Sozialausgaben.

Neben der hohen Arbeitslosigkeit und dem Übergang von der In-

dustrie- zur Dienstleistungsgesellschaft als Ausgangsbedingun-

gen für den Transformationsprozess auf der Arbeitsnachfrageseite

ist seit mehr als zwei Jahrzehnten in den meisten Industrieländern

eine grundlegende Strukturveränderung der betrieblichen Arbeits-

organisation auszumachen. Besonders hervorzuheben ist die Ab-

kehr vom vorherrschenden Taylorismus oder Fordismus, also der

detaillierten Steuerung und starren Kontrolle von Arbeitsprozes-

sen. Auf Seiten der Arbeitsnachfrage werden als wesentliche Be-

stimmungsfaktoren für den Übergang von der Massenproduktion

zur postfordistischen Produktionsweise Rationalisierungszwänge

in Folge einer zunehmenden Internationalisierung und eines damit

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einhergehenden immer größer werdenden Wettbewerbsdrucks

genannt. So weiche der tayloristische Umgang mit der Arbeitskraft

der sogenannten „controlled autonomy“ oder „responsible auto-

nomy“ (Friedman 1987). Dezentrale Zielvereinbarungen und Er-

gebniserzielungen werden durch Freigabe dezentraler Gestal-

tungsmöglichkeiten und Verantwortlichkeiten unterstützt. Dies be-

zieht sich auf sämtliche Funktionen der Arbeit, angefangen beim

Arbeitsinhalt, über Arbeitstechnologien, Arbeitsorganisationen,

Kooperationsformen, Arbeitsorte, bis hin zu Arbeitszeiten in allen

ihren Dimensionen.

Mit dem Übergang von der Massenproduktion zur postfordisti-

schen Produktionsweise würden tayloristische Organisations-

strukturen mit ihrer starren Festlegung der Arbeitsabläufe zu un-

flexibel. Die Konsequenzen aus dem wachsenden Konkurrenz-

druck erfordere von den Unternehmen neben massivem Kosten-

abbau und einer Erhöhung der Arbeitsproduktivität vor allem eine

Steigerung der betrieblichen Reaktionspotenziale und der Pro-

duktqualitäten. Auf diese Wandlungstendenzen weisen bereits

u.a. Piore und Sabel (1985) oder Kern und Schumann (1984) hin.

Aktuellere Studien z.B. von Deutschmann (1998), Heidenreich

(1996) oder Hirsch-Kreinsen (1995) führen diese Diskussion fort.

Kennzeichen für die Veränderung seien umfassende Restrukturie-

rungen der Unternehmensverfassung durch Dezentralisierung,

Enthierarchisierung und Selbstorganisation (Sauer 2003), die nur

durch einen Rückgriff auf Flexibilisierungsmaßnahmen zu bewäl-

tigen sind.

DiPrete et al. (2004) untersuchen, wie Unternehmen in den USA

und Europa auf diese zunehmenden Flexibilisierungsanforderun-

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gen der letzten Jahrzehnte reagiert haben. Die „unified theory“

argumentiert, dass eine Kombination dieser Veränderungen mit

den flexiblen Arbeitsmarktinstitutionen in den USA eine hohe Ein-

kommensungleichheit geschaffen habe, während die gleichen

Veränderungen in Europa hohe Arbeitslosigkeit und ein niedriges

Jobwachstum hervorgerufen hätten. Die Autoren zeigen in ihrer

Untersuchung, dass Europa seine eigene Form der Flexibilität ge-

schaffen habe, die zur Folge habe, dass auch in Europa die Un-

gleichheit angestiegen sei, allerdings in einer anderen Form als in

Amerika. In Frankreich, das stellvertretend für alle europäischen

Länder betrachtet wird, machten es Arbeitsmarktinstitutionen

schwer, durch eine Änderung in der Einkommensstruktur auf

Nachfrageschwankungen zu reagieren. Modifizierungen dieser

Institutionen erlaubten den Unternehmen aber, den Schutz von

Beschäftigungsverhältnissen ungelernter Arbeiter zu lockern. Da-

mit nähme die Arbeitslosigkeit dieser Beschäftigtengruppe zu und

lasse somit soziale Ungleichheit in Europa stärker ansteigen als in

den USA. Folglich gehen die Autoren für Europa von einer Flexi-

bilisierung aus, die nicht wie in den USA auf Einkommensanpas-

sungen sondern auf einer Reduzierung der Beschäftigungsstabi-

lität basiert.

Diese Erkenntnis widerspricht allerdings dem neuesten Trend in

der Beschäftigungspolitik des deutschen Traditionsunternehmens

Siemens. Der Konzern hatte im Juni 2004 mit der Verlagerung

von Arbeitsplätzen nach Ungarn gedroht. Die IG Metall und der

Siemens-Vorstand einigten sich, um in Kamp-Lintfort und Bocholt

die bedrohten Arbeitsplätze in der Fertigung von Handys und

schnurlosen Telefonen zu retten, die Arbeitszeit der Beschäftigten

von 35 auf 40 Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich bei gleich-

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zeitigem Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu erhöhen.

Stattdessen werde den Beschäftigten eine erfolgsabhängige Jah-

reszahlung gewährt (Lamparter 2004a: 19). Die Niederlage der IG

Metall im Streit um Mehrarbeit ohne Lohnausgleich bei Siemens

nutzte der Daimler-Chrysler-Vorstand. Auch er drohte mit einer

Verlagerung von Arbeitsplätzen in kostengünstigere Standorte in

Bremen oder East London, wenn keine Lohnflexibilisierungen ak-

zeptiert werden. Die Vorgehensweise von Siemens hätte Signal-

wirkung, denn ähnliche Verhandlungen werden aktuell auch bei

MAN, Continental, Bosch, VW, Opel und TUI geführt (Lamparter

2004b: 16). An Hand dieses Beispiels wird deutlich, dass die Dis-

kussionen nicht mehr um eine Flexibilisierung der Arbeitszeit,

sondern um eine Flexibilisierung der Lohnkosten geführt werden.

Ähnlich wie in den USA wird also mittlerweile auch in Deutschland

nicht mehr nur durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten son-

dern auch durch eine Flexibilisierung der Einkommen auf Nach-

frageschwankungen reagiert. Den Gewerkschaften bleibt in dieser

unausgewogenen Machtsituation nichts anderes übrig, als auf die

Forderungen der Arbeitgeber einzugehen, denn bei Nichtakzep-

tanz der Entgeltflexibilisierung würden, so die Befürchtungen, die

Arbeitsplätze ins Ausland verlagert.

Seit einiger Zeit verweisen Diagnosen über die Entwicklung der

industriellen Beziehungen auf eine deutliche Schwächung der

kollektiven Akteure der industriellen Beziehungen. Gewerkschaf-

ten verlieren immer mehr Mitglieder und auch in den Arbeitgeber-

verbänden sänke die Verpflichtungsfähigkeit gegenüber den Mit-

gliedsunternehmen. Auch der Flächentarifvertrag verliere gegen-

über dezentralen Regelungen an Bedeutung. Zwar behauptet

Voswinkel (1999), dass die Gewerkschaften trotzdem nicht in ih-

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rem Bestand gefährdet sein, da es ihnen immer noch gelänge,

Lohninteressen durchzusetzen. Dies scheint vor der Entwicklung

der Flexibilisierung der Löhne z.B. bei Siemens mittlerweile aller-

dings fraglich.

Im Rahmen der Destandardisierung der Erwerbsarbeit kommt in

Deutschland immer wieder die Diskussion um die „Erosion des

Normalarbeitsverhältnisses auf. So gehöre die Verbreitung des so

genannten „Normalarbeitsverhältnisses“ (Mückenberger 1985) der

Vergangenheit an. Das Normalarbeitsverhältnis ist gekennzeich-

net durch einen in der Regel männlichen Vollzeitbeschäftigten, der

in beschäftigungsstabilen, größeren Betrieben einem erlernten

Beruf nachgeht. Voraussetzung für eine Einstellung in ein Unter-

nehmen ist dabei eine spezifische Berufsausbildung, die neben

schulisch vermitteltem theoretischem Anteil auch durch eine Ein-

bindung in einen Betrieb gekennzeichnet ist. Berufs- und Be-

triebswechsel sind dabei in der Erwerbsbiographie selten, so wie

auch Phasen ungewollter Erwerbslosigkeit die Ausnahmen dar-

stellen. Die zeitliche Organisation der Arbeit ist in hohem Maße

standardisiert; zudem ist der Arbeitnehmer, sollte es doch zu Ar-

beitslosigkeit, Unfällen oder frühzeitiger Verrentung kommen,

durch staatliche Sozialversicherungssysteme abgesichert. Es

muss aber berücksichtigt werden, dass dieses Modell in

Deutschland nie für mehr als einen Kern männlicher Hauptverdie-

ner in Großbetrieben (Osterland 1990), und dies auch nur für den

Zeitraum der 1950er und 1960er Jahre, Gültigkeit besaß.

Die „Erosion des Normalarbeitsverhältnisses“ spiegele sich in fol-

genden Veränderungen wider: Die einst gerade in der Bundesre-

publik vorhersehbare und strukturierte Erwerbsbiographie löse

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sich zu Gunsten einer beruflichen Laufbahn mit Berufs- und Be-

triebswechseln sowie Phasen gewollter und ungewollter Er-

werbslosigkeit auf. Beschäftigungsverhältnisse würden heteroge-

ner, indem das Normalarbeitsverhältnis durch neue Beschäfti-

gungsformen wie befristeter oder temporärer Beschäftigung,

(Schein) Selbstständigkeit, Tele- oder Leih- bzw. Zeitarbeit er-

gänzt oder zunehmend verdrängt werde. Auch seien die mit dem

Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft ver-

bundenen Deregulierungs- und Flexibilisierungstendenzen ver-

antwortlich für das Unbrauchbarwerden enger beruflicher Zu-

schnitte. Vormals starre Berufsausbildungen würden durch die

Vermittlung von sozialen und kommunikativen Fertigkeiten, so ge-

nannten Hybridkompetenzen, mehr und mehr ersetzt.

Zu einer Tendenz der Entberuflichung, wobei der Beruf an sich

wiederum ein speziell deutsches Phänomen ist, trage nach

Baethge (2000) bei, dass sich in der Fertigung prozessorientierte

Betriebs- und Arbeitsorganisationen durchsetzten - mit flachen

Hierarchien, multifunktionalen Arbeitsgruppen und fachübergrei-

fenden Projektteams - und dass in Folge des raschen wirtschafts-

strukturellen Wandels neue Tätigkeitsfelder entstünden, für die es

noch keine entsprechenden berufsfachlichen Ausbildungen gäbe.

Die zunehmende Flexibilisierung der Betriebs- und Arbeitsorgani-

sation sowie die erhöhten Leistungsanforderungen, die sich dar-

aus ergeben, dass die Mitarbeiter in integrierten Prozessen ar-

beiten müssen, hätten eine zweifache Wirkung. Sie entgrenzten

die beruflichen Handlungskonstellationen zum einen in inhaltlicher

zum anderen auch in räumlich-zeitlicher Hinsicht. Zwar verlören

Berufe damit nicht ihren fachlichen Kern, aber die fachliche Ein-

deutigkeit der Berufsprofile löse sich im Arbeitsprozess sukzessi-

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ve auf und öffne sich zu vielfältigen Qualifikationsbündeln, in de-

nen zunehmend nicht nur unterschiedlich technische, sondern

technische mit kaufmännischen und/oder erweiterten kommunika-

tiven Qualifikationen verbunden würden. Verstärkt werde diese

Entgrenzung der Berufsprofile durch die hohe Innovationsdyna-

mik, die einen beschleunigten Wissensverfall hervorriefe

(Baethge/Baethge-Kinsky 1998).

Allerdings verweisen andere Überlegungen und Untersuchungen

auf keine oder nur eine teilweise Entwertung des Berufsprinzips.

So hat Parmentier (2001) auf Basis der IAB-Erhebung den Zu-

sammenhang zwischen beruflicher Ausbildung und Qualifikations-

verwertung am Arbeitsplatz untersucht. Im Durchschnitt sei nur

etwa jeder zweite im erlernten Beruf oder einem verwandten Beruf

tätig. Bei gut einem Drittel habe sich im Laufe des Berufslebens

die Tätigkeit mindestens einmal geändert, so dass von einem Be-

rufswechsel gesprochen werden kann. Es habe sich aber gezeigt,

dass sich nicht nur das Ausmaß des subjektiv empfundenen Be-

rufswechsels kaum geändert habe, sondern auch der Verbleib im

erlernten Beruf. Das heißt, in den letzten Jahren hat sich der An-

teil der beruflichen Mobilität als stabil erwiesen. Von einer Be-

schleunigung des Berufswechsels kann nach Parmentier (2001)

demzufolge nicht die Rede sein. Allerdings zeigten sich für unter-

schiedliche Berufsmuster verschiedene Ergebnisse. Während die

einen (z.B. Berufe der Metalltechnik) relativ unabhängig davon, ob

sie in ihrem erlernten Beruf arbeiten, ihre Stellung im Erwerbs-

verlauf auf entsprechendem Niveau sichern könnten, hätten ande-

re (z.B. Gesundheits- und Pflegeberufe) trotz Verbleib im erlernten

Beruf offenkundig in größerem Maße Statusverluste hinzuneh-

men.

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Dass das Berufskonzept als Erklärungspotential für Erwerbsver-

läufe und in seiner Orientierungsfunktion für junge Erwachsene

nach wie vor einen hohen Wert hat, ermittelten auch Schaeper,

Kühn und Witzel (2000). An Hand einer quantitativen Längs-

schnittuntersuchung mit einer Kohorte junger Fachkräfte wird am

Beispiel von sechs Ausbildungsberufen mit unterschiedlichen Ar-

beitsmarktchancen gezeigt, dass sowohl unterbrochene Erwerbs-

verläufe als auch Berufswechsel zwar keine Ausnahmeerschei-

nungen darstellten, sondern zur Normalität geworden seien. Aller-

dings sei die Diskontinuität nicht immer mit Instabilität oder Preka-

rität gleichzusetzen, und bis zu einem gewissen Grad sind Er-

werbs- und Berufsverläufe nach wie vor hauptsächlich beruflich

bestimmt.

Zusammenfassend kommen auch Behringer (2004) wie Konietzka

(1999, 2001, 2004), Mayer (2000) und Siegenthaler (2000) im

Gegensatz zu Baethge (2000) zu dem Ergebnis, dass von einer

Entberuflichung nicht die Rede sein kann, da die häufige Rück-

kehr in den erlernten Beruf in Anschluss an einen Berufswechsel

gegen den Verlust der Bindekraft des Berufs spreche.

Auch wenn ein Großteil der aufgeführten empirischen Studien von

einem Bestand des Berufsprinzips ausgeht, so sind dennoch im

Rahmen der Reorganisation der Arbeit veränderte Tätigkeitsan-

forderungen zu erwarten. So veränderten sich nach Analysen von

Volkholz und Köchling (2002) mit dem BiBB/IAB-Datensatz Tätig-

keitsanforderungen schneller als die sektorale Betrachtung des

Strukturwandels erkennen lässt. Zudem vollzöge sich dieser

Wandel schneller als der Generationenwechsel im Unternehmen.

Es dürfe nicht mehr angenommen werden, dass es ausreicht, vor

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Die Destandardisierungsdebatte

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dem Eintritt in den Arbeitsmarkt einen Beruf zu erlernen und diese

Qualifikationen bis zum Ende der Erwerbsbiographie nicht mehr

auffrischen zu müssen. Auch Unternehmen müssten sich von

dem Gedanken entfernen, neue Kompetenzen durch Einstellung

neuer Mitarbeiter erwerben zu können. Lebenslanges Lernen wird

danach immer mehr zur Notwendigkeit. Als alarmierend bezeich-

nen Volkholz und Köchling (2002) zwei empirisch beobachtete

Sachverhalte. Zum einen sei fast die Hälfe aller Arbeitskräfte ent-

weder über- oder unterfordert und zum anderen zeige sich, dass

die Zusammenführung von Wissensbeständen nur von einer klei-

nen Gruppe, meist Älteren im oberen Teil der Hierarchiepyramide,

im Betrieb bewerkstelligt würde. Der andere Teil setze sich aus

jüngeren „Fachidioten“ zusammen. Auch an diesem Beispiel zeige

sich wieder die Notwendigkeit zum lebenslangen Lernen.

Im Zusammenhang mit veränderten Tätigkeitsanforderungen fällt

immer häufiger der Begriff der „Wissensarbeit“. Mit diesem Begriff

wird ein Segment von Arbeit bezeichnet, das in den Sektoren der

neuen Dienstleistungs- und Informationsökonomie sowie in den

High-Tech-Prozessen der industriellen Produktion zu finden ist. Es

handele sich nach Hirsch-Kreinsen (2003:11) um fachlich sehr

anspruchsvolle Tätigkeitsfelder, die von Forschern, Entwicklern,

Servicespezialisten oder Finanzfachleuten besetzt würden. Vor-

aussetzung für eine solche Tätigkeit seien Fachwissen, Innovati-

onsfähigkeit und Kreativität. Hohes Einkommen und ein Höchst-

maß an Arbeitsautonomie prägten diese Arbeitsplätze auf der ei-

nen Seite, auf der anderen Seite seien diese Arbeitsplätze aber

auch durch die Gefahr der familiären und alltäglichen Lebensin-

stabilität gekennzeichnet (Hirsch-Kreinsen 2003: 11). Diesen Wis-

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Die Destandardisierungsdebatte

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sensarbeitern stünden die „Modernisierungsverlierer“ gegenüber

(Schumann 2002).

In der Ausweitung eines unausgewogenen Arbeitsmarktes, dem

Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft sowie

der Ablösung des Taylorismus durch postfordistische Produkti-

onsweisen auf Grund der Internationalisierung und eines zuneh-

menden Wettbewerbs und der Entberuflichung liegen die Gründe

für die Ausweitung der Destandardisierung von der Nachfrage-

seite aus. Allerdings ist zu beachten, dass es sich hierbei nur um

Argumentationen handelt, die theoretisch nicht eingebettet und

teilweise nicht empirisch belegt sind.

1.3 Ausbreitung destandardisierter Beschäftigungsverhält-nisse in den USA und Europa

Die Gründe für die unterschiedlich starke Ausbreitung neuer Be-

schäftigungsformen können in verschiedenen Ländern unter-

schiedlich ausfallen. So kann beispielsweise in einem Land ein

Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten zum Bedeutungsverlust

von Normalarbeit beitragen, in einem anderen können das Tempo

des sektoralen Strukturwandels, eine zunehmende Erwerbsquote

oder die institutionellen Rahmenbedingungen einen Wandel der

Erwerbsnormen begründen (Hoffmann/Walwei 2000a).

Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass zwar in Deutschland

unbefristete Vollzeitarbeitsverhältnisse in der letzten Dekade ab-

genommen haben, die Entwicklung in Dänemark nach einer Eu-

rostat-Erhebung aber in die entgegengesetzte Richtung verläuft.

Dies ist vor allem auf den Rückgang an Teilzeitarbeit, abnehmen-

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Die Destandardisierungsdebatte

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de Anteile Selbstständiger und mithelfender Familienangehöriger

sowie ein anhaltend niedriges Befristungsniveau besonders der

unfreiwilligen Befristung von Arbeitsverhältnissen zurückzuführen.

Das Beispiel Dänemark macht deutlich, dass bei Vorliegen be-

stimmter institutioneller Rahmenbedingungen und einer ausgewo-

genen Arbeitsmarktsituation eine Destandardisierung der Er-

werbsarbeit nicht zwangsläufig ist (Hoffmann/Walwei 2000b).

Alle Arten von Beschäftigungsverhältnissen, die vom so genann-

ten Normalarbeitsverhältnis abweichen, werden in Deutschland

als atypische Beschäftigung deklariert. Im internationalen Ver-

gleich gibt es unterschiedliche Begriffe für destandardisierte Be-

schäftigungsverhältnisse. So spricht man in den USA von non-

standard work (Kalleberg 2000) oder non-standard employment

(Blossfeld/Hakim 1997). In Großbritannien hingegen verwendet

man den Begriff atypical employment (Rodgers/Rodgers 1989),

oder non-standard forms of employment (Felstead/Jewson 1999).

Als Beispiele für neue Beschäftigungsformen sind geringfügige

und befristete Beschäftigung, Leih- oder Zeitarbeit, (Schein-)

Selbstständigkeit und Telearbeit zu nennen. Teilzeitarbeit wird im

Folgenden nicht als destandardisierte Beschäftigungsform aufge-

fasst und zwar aus den gleichen Gründen, aus denen es in

Schweden weder den Begriff des Normalarbeitsverhältnisses

noch den Terminus „atypisch“ gibt: Die größtenteils von Frauen

ausgeübte Teilzeittätigkeit als destandardisiert zu bezeichnen,

lässt darauf schließen, wie sehr die männliche Ernährer-Norm zur

Beschreibung der gesellschaftlichen Realität verwendet wird (s.

Vidmar 1999).

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Die Destandardisierungsdebatte

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Die Niederlande sowie Großbritannien weisen mit 2,7 bzw. 3,3

Prozent Anteil der Beschäftigten an der Gesamtbevölkerung im

Ländervergleich die höchste Verbreitung von Leiharbeit auf, wäh-

rend sich für Belgien und Österreich für die jüngere Zeit steigende

Tendenzen dieser Beschäftigungsform ergeben haben. Während

Teilzeitbeschäftigung in allen Ländern vor allem im Dienstlei-

stungssektor anzutreffen ist, gibt es bezüglich Leiharbeit einige

länderspezifische Unterschiede. In Österreich und Deutschland

findet man sie vornehmlich im Industriesektor, in den Niederlan-

den vermehrt im Bausektor und in Großbritannien sowie den USA

in der kaufmännisch orientieren Dienstleistungssparte. Telearbeit

ist vergleichsweise gering verbreitet. Der Prozentsatz liegt für EU-

Staaten zwischen 3,1 und 0,8 Prozent, je nach dem, ob Telearbeit

im weiteren oder engeren Sinn definiert wird. Der Anteil befristeter

Beschäftigung an der Gesamtbeschäftigung weist für die USA mit

2,2 Prozent die niedrigste Quote, in Spanien mit über 33 Prozent

die höchste Quote auf. Für die neunziger Jahre zeigt sich für

Zweidrittel der untersuchten Länder ein Anstieg (Talós 1999).

Deutschland nimmt bezüglich der Verbreitung von Deregulierung

und Destandardisierung im internationalen Vergleich allenfalls ei-

nen Mittelplatz ein, und Abweichungen vom so genannten „Nor-

malarbeitsverhältnis“ speisen sich vor allem aus dem starken An-

wachsen von (ansonsten meist hoch regulierter) Teilzeitarbeit und

geringfügiger Beschäftigung von Frauen und Studenten (Kommis-

sion 1998: 46, Schmid 2000). Dass die Erosion des Normalar-

beitsverhältnisses trotzdem kein bloßes Konstrukt, sondern ein

objektives Faktum ist, zeigt sich insbesondere am Phänomen der

Leih- oder Zeitarbeit. Deren Zahl ist in der Bundesrepublik

Deutschland zwar noch gering, weist aber eine sehr hohe Zu-

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wachsrate auf. Darüber hinaus entsteht eine neue Selbstständig-

keit. Der Anteil der Selbstständigen stieg in Westdeutschland von

7,4 (1985) auf 9,3 Prozent (1996). Besonders stark stieg dabei

der Anteil der Selbstständigen, die keine Arbeitnehmer beschäfti-

gen (Hoffmann/Walwei: 1998). Teilzeiterwerbstätige machen im

westlichen Teil Deutschlands etwa ein Viertel aller Erwerbstätigen

aus. Etwa zehn Prozent der Beschäftigten haben befristete Ar-

beitsverträge.

Doch trotz der Ausdehnung atypischer Beschäftigungsverhältnis-

se in den meisten EU-Mitgliedsstaaten und den USA trifft nach

wie vor folgende Aussage von Delsen (1995: 54) zu: „There has

been neither a general tendency for part-time to replace full-time

employment, nor for temporary employment to replace permanent

employment.“

1.4 Auswirkungen der Destandardisierung auf das Gefügesozialer Ungleichheit

1.4.1 Ursachen für eine Veränderung des Gefüges sozialer Un-gleichheit

Konsequenzen aus der Destandardisierung der Erwerbsarbeit er-

geben sich u.a. auch für das Gefüge sozialer Ungleichheit. Sie

verändern die Erscheinungsformen sozialer Ungleichheit und be-

einflussen die Mechanismen ihrer Reproduktion. Für die Bundes-

republik steht aber bisher noch nicht fest, inwiefern die Ausbrei-

tung neuer Erwerbsformen bisherige soziale Ungleichheiten neu

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Die Destandardisierungsdebatte

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ordnen oder polarisieren oder inwiefern es zu neuen Aggregation-

sebenen neben den bisherigen Klassenschemata kommt.

Verantwortlich für die Neuordnung von Gewinner- und Verlierer-

gruppen könnten neue Qualifikationsanforderungen sein, die sich

vor allem vor dem Hintergrund der sich ausweitenden Dienstlei-

stungsberufe ergeben. Moldaschl (1998: 204) bezeichnet diese

Art von Qualifikationen als „reflexive Qualifikation“. Gefragt seien

vor allem Kommunikationsfähigkeit, die einerseits die Fähigkeit

der Kommunikation mit anderen Menschen, andererseits die

Kompetenz zur Nutzung moderner Kommunikationssysteme vor-

aus setzten. Zusätzlich würden Lernfähigkeit und die Bereitschaft

zur Übernahme von Verantwortung für Ergebnis und Qualität der

eigenen (Gruppen-)Arbeit verlangt. Erwerbspersonen müssten

außerdem eine hohe räumliche und zeitliche Verfügbarkeit mit-

bringen, um den sich ständig ändernden Anforderungen der Auf-

traggeber und Kunden gerecht werden zu können. Zudem gelte

ständige Qualifizierungsbereitschaft und der Wille zu lebenslan-

gem Lernen als Voraussetzung für ein Bestehen auf dem Ar-

beitsmarkt (Willke 1998). So gehen Berger und Offe (1984) davon

aus, dass die Vervielfältigung von Dienstleistungen im Rahmen

industriell-kapitalistischer Rationalisierung zu einer Herauslösung

von generellen Kompetenzen aus den Arbeitsrollen führt, wie sie

für die Instandhaltung gesellschaftlicher Formalstrukturen erfor-

derlich sind. Darin sehen sie einen Prozess der „Dequalifizierung“.

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Die Destandardisierungsdebatte

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1.4.2 Entwicklung sozialer Ungleichheit auf dem amerikanischenArbeitsmarkt

In der Diskussion um den amerikanischen Arbeitsmarkt wird im-

mer wieder die Meinung vertreten, dass das Beschäftigungs-

wachstum zwar beachtlich, aber die Einkommen und die Qualität

der geschaffenen Arbeitsplätze unzureichend seien. Wie Glott,

Wilkens und Tasch (1998) an Hand der Analyse der Wirtschafts-

zweigentwicklung der beruflichen Tätigkeit und der Lohnentwick-

lung nachweisen, ist hingegen eine Polarisierung zu beobachten.

Die amerikanische Wirtschaft bietet sowohl gut als auch schlecht

entlohnte Tätigkeiten. Das Beschäftigungswachstum konzentriert

sich allerdings überwiegend auf den Dienstleistungsbereich, hier

sowohl auf sehr unterschiedliche Sektoren wie Banken und Versi-

cherungen mit überdurchschnittlichen Verdiensten aber auch auf

unterdurchschnittlich bezahlte Dienstleistungen wie Einzelhandel

oder private Dienstleistungen. Das damit verbundene Auseinan-

derdriften der Löhne setzte Anfang der achtziger Jahre ein und

führte zu einer extrem ungleichen Verteilung der Einkommen.

Auch Kapstein (1996) prognostiziert für die USA eine Zunahme

sozialer Ungleichheit. Während sowohl gut als auch schlecht be-

zahlte Jobs zahlenmäßig wachsen würden, gäbe es zwischen

diesen beiden Arten von Arbeitsplätzen kaum Alternativen. Kap-

stein spricht in diesem Zusammenhang von „bösartigen“ Verände-

rungen in der amerikanischen Gesellschaft, von einer „Institutio-

nalisierung der Ungleichheit“. Auch Acker (2002) berichtet von der

Zunahme der Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen. Die

Höhe der Einkommen steige bei den oberen zwanzig Prozent der

Einkommensskala und sinke bei den unteren vierzig Prozent.

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Die Studie von Kalleberg, Reskin und Hudson (2000) geht zusätz-

lich auch von einer Verschlechterung der Arbeitsplatzqualität der

neu geschaffenen Jobs aus. Der erhebliche Rückgang der Real-

einkommen in den unteren Einkommenskategorien und die Zu-

nahme im oberen Dezil träfe auch auf die anwachsende Lohndis-

parität zwischen verschiedenen Beschäftigtengruppen von Frau-

en, den Beschäftigten nach Bildungsebenen und ethnischen Her-

künften zu. Diese Entwicklung ginge zudem einher mit einer stei-

genden Zahl von Haushalten, deren Einkommen unterhalb der

staatlich festgelegten Armutsgrenze liegt. Allerdings müsse be-

achtet werden, dass die Eigenschaften neuer Beschäftigungsfor-

men durchaus heterogen seien. Sehr oft werden nach Kalleberg

et al. (2000) nichtstandardisierte Beschäftigungsverhältnisse pau-

schal mit „bad jobs“ in Verbindung gebracht. Allerdings variieren

diese Arten von Jobs, was das Einkommensniveau angeht. So

sind einige destandardisierte Arbeitsverhältnisse wie z.B. contract

work besser bezahlt als standardisierte Arbeit, während vor allem

Teilzeitarbeit und Leiharbeit wesentlich schlechter entlohnt wer-

den. Daher ist es wichtig, dass die Heterogenität von nichtstan-

dardisierten Beschäftigungsverhältnissen vor allem hinsichtlich

Einkommen und Sozialleistungen in zukünftigen Forschungsvor-

haben beachtet wird. Auch bestehe Forschungsbedarf beim Zu-

sammenspiel von Karriereverlauf und neuen Beschäftigungsfor-

men.

Eine Untersuchung von Houseman (1995) zur Qualität der neu

geschaffenen Arbeitsplätze in den USA zwischen 1983 und 1993

kommt ebenfalls zu gemischten Ergebnissen. Bei den unteren

Einkommensbeziehern würden nicht nur geringe Löhne gezahlt,

sondern auch niedrigere Sozialleistungen gewährt und die Ar-

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beitsplatzsicherheit falle niedriger aus. Dennoch würden in den

USA überwiegend Vollzeitarbeitsplätze geschaffen. Der Anteil der

Teilzeitbeschäftigten an der Gesamterwerbstätigkeit sei in den

USA während des vergangenen Jahrzehnts weitgehend gleich

geblieben. Außerdem gäbe der überwiegende Teil der Teilzeitbe-

schäftigten an, freiwillig in Teilzeit zu arbeiten, also keine Vollzeit-

tätigkeit zu suchen.

Frank und Cook (1995) gehen mit ihrem Konzept der so genann-

ten „Winner-take-all-society“ davon aus, dass herausragende Er-

folge im Berufsleben, die an ein überdurchschnittliches Gehalt

und vermehrtes Prestige geknüpft sind, vergleichsweise selten

seien. Nur einige wenige hätten die Chance, den Markt zu domi-

nieren und so ein überdurchschnittliches Einkommen zu erzielten.

Dabei müsse es sich nicht zwangsweise um die Besten ihres Fa-

ches handeln, es genüge, wenn sie kommunikative Fähigkeiten

zum Verkauf ihrer Produkte oder Dienstleistungen besitzen. Der

größte Teil der Erwerbstätigen müsse sich dann mit einem kaum

ausreichenden Einkommen begnügen. Dem Arbeitsmarkt komme

auf diese Weise immer häufiger ein so genannter „Turniercharak-

ter“ (Rosen 1986) zu, der letztlich in eine „Erosion der Mittelklas-

se“ (Ehrenreich 1992) münde.

Andere Studien (Neumark 2000; Smith 1997; Smith/Gottfried

1998) hingegen lassen die neuen Beschäftigungsformen durch-

weg in einem positiven Licht hinsichtlich einer Erweiterung von

Lebenschancen und neuer Optionen erscheinen. Differenziert

werden müsse daher zwischen Beschäftigungsverhältnissen, die

den Erwerbstätigen mehr Kontrolle und Eigenverantwortung zu-

gestehen und solchen Arbeitsverhältnissen, die ausschließlich

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durch Fremdanweisung und Kontrolle geregelt werden. Prekäre

Beschäftigungsverhältnisse erscheinen dann nicht mehr als Ein-

schränkung der Güte von Arbeits- und Lebensbedingungen, son-

dern als Optionen von Selbstverwirklichungs- und Lebenschan-

cen, die bewusst wahrgenommen werden könnten.

1.4.3 Bisherige Untersuchungen zur Entwicklung sozialer Un-gleichheit auf dem europäischen und insbesondere demdeutschen Arbeitsmarkt

Für die USA ist also eine Polarisierung bzw. Spreizung der indivi-

duellen Erwerbseinkommen nachzuweisen. Diese Ergebnisse

lassen sich jedoch nicht ohne weiteres auf die Situation in

Deutschland übertragen, denn Entwicklungen am Arbeitsmarkt

sind in hohem Maße durch die jeweiligen Institutionen und kultu-

rellen Muster geprägt und wohlfahrtsstaatlich verregelt. Gerade im

Beschäftigungssystem und in den Arbeitsbeziehungen unter-

scheidet sich Deutschland in erheblichem Maße von den USA,

z.B. im ausgeprägten Korporatismus, der besonderen Form der

beruflichen Bildung und Beruflichkeit des Beschäftigungssystems

sowie den umfangreichen sozialstaatlichen Absicherungen. In

kultureller Hinsicht sticht die in Deutschland vergleichsweise tradi-

tionelle Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern und die gerin-

gere Bereitschaft zu Mobilität ins Auge.

Unter den Bedingungen eines unausgewogenen Arbeitsmarktes

verdrängten höhere Bildungsabschlüsse, erworben in Schulen,

Fachhochschulen und Universitäten, traditionelle berufliche Aus-

bildungen in Bereichen, in denen anspruchsvollere Dienstlei-

stungstätigkeiten nachgefragt werden. Unternehmen könnten so

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auch mittlere Positionen mit schulisch und akademisch ausgebil-

deten Beschäftigten besetzen (Büchel 1998). Auf dem besonders

angespannten ostdeutschen Arbeitsmarkt ist diese unterwertige

Beschäftigung sogar noch weitaus häufiger zu beobachten als auf

dem westdeutschen (Diewald/Goedicke/Solga 2000). Ǻberg

(2003) stellt auf Basis von empirischen Daten für Schweden fest,

dass die Anzahl von Jobs mit niedrigen Qualifizierungsanforde-

rungen zunehmend kleiner wird, dass sie aber dennoch einen

großen Teil der Arbeitsstellen ausmachen. Allerdings wächst die

Anzahl von Arbeitskräften mit einem höheren Bildungsabschluss

schneller als gleichzeitig entsprechende Jobs geschaffen würden,

die ein höheres Qualifikationsniveau erfordern. Als Konsequenz

würden auch in Schweden immer mehr Jobs mit höher Qualifi-

zierten besetzt.

Das Überangebot an qualifizierten Personen (vgl. z.B. Gersten-

berger/Selz 1987; Lutz 1979) und die Erhöhung der Qualifikati-

onsanforderungen durch den Strukturwandel von der Industrie-

zur Dienstleistungsgesellschaft, der die Nachfrage nach sozialen

und kulturellen Kompetenzen erhöht hat (vgl. z.B. Büchtemann

1998, Reinberg 1999) sowie Reorganisations- und Rationalisie-

rungsprozesse und die damit verbundenen Technisierung auf Ba-

sis neuer Informationstechnologien (Büchtemann 1998; Gorz

1983, Mayer 2000, Reinberg/Walwei 2000, Rifkin 1996) erschwe-

ren also vor allem Geringqualifizierten den Zugang in den Ar-

beitsmarkt. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen wurde von

Fürstenberg (1978), Lutz (1979), Mertens (1984) und Blossfeld

(1983, 1990) die Verdrängungsthese abgeleitet: ein quantitatives

Ungleichgewicht zwischen Hoch- und Geringqualifizierten er-

schwere letzteren den Zugang in die Erwerbstätigkeit. Hingegen

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geht Solga (2002) davon aus, dass allein die Verdrängungsthese

dieses Phänomen nicht hinreichend erklären könne. Sie verifiziert

auf Basis der Daten der Deutschen Lebensverlaufsstudie des

Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung die „These der ein-

schließlichen Auslese mit Stigmatisierungseffekt“, der zu Folge

sich die schlechten Arbeitsmarktchancen gering Qualifizierter

nicht ausschließlich durch eine Verdrängung durch gut Ausgebil-

dete erklären ließen sondern aus „einem Mangel an Gelegenhei-

ten auf Grund von Selbst- und Fremdzuschreibungen“, sprich

Stigmatisierungsprozessen“ (Solga 2000: 485).

In Deutschland, mit einem im internationalen Vergleich insgesamt

sehr rigide strukturierten und regulierten Beschäftigungssystem,

hat die schlechte Arbeitsmarktlage nicht nur zu einer Ausbreitung

destandardisierter Beschäftigungsformen, unstetiger Erwerbsver-

läufe und der Verbreitung inadäquater Beschäftigung geführt

(Berger/Sopp 1992, Willke 1998), sondern auch zu einer Verbrei-

tung lückenhafter Erwerbsbiographien. Zu diesem Thema gibt es

inzwischen eine Reihe von Untersuchungen. So haben

Büchtemann (1984) und Ludwig-Mayerhofer (1996) festgestellt,

dass das Risiko unfreiwilliger Erwerbslosigkeit häufiger eintritt,

wenn in früheren Lebensphasen schon einmal Arbeitslosigkeit im

Erwerbsverlauf verzeichnet wurde. Dass die Wahrscheinlichkeit

des Übergangs in Arbeitslosigkeit und Sozialversicherungslücken

in erheblichem Maße abhängig vom vorangegangenen Beschäfti-

gungsverlauf ist, erkannten auch Bender, Konietzka und Sopp

(2000). Sie zogen zusätzlich Auswirkungen prekärer Arbeitsver-

hältnisse auf die Erwerbsbiographie mit in ihre Analysen ein und

gelangten zu dem Ergebnis, dass Personen, die einmal in atypi-

sche Arbeitsmarktlagen gelangt sind, im Anschluss ein erhöhtes

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Risiko tragen, erneut eine prekäre Beschäftigung annehmen zu

müssen. Die Autoren weisen allerdings darauf hin, dass die Aus-

wertung des von ihnen genutzten Datensatzes keine Aussagen

über sozialen Wandel ermöglicht, da sich die Kopplung der her-

angezogenen Individual- und Betriebsdaten nur über ein Zeitfen-

ster von wenigen Jahren erstreckt (Bender/Konietzka/Sopp 2000:

495).

Auch Gallie, White, Cheng und Tomlinson (1998) kommen zu der

Erkenntnis, dass Beschäftigungssicherheit seit den siebziger Jah-

ren sowohl für Männer als auch für Frauen geringer geworden ist.

Wie Bender, Konietzka und Sopp (2000) kommen Gallie et al.

ebenfalls zu der Erkenntnis, dass erstmalige Arbeitslosigkeit in

der Zukunft zu Phasen ungewollter Erwerbslosigkeit führt. Die

Autoren haben aber zusätzlich ermittelt, dass Arbeitslose im An-

schluss an ihre ungewollte Erwerbslosigkeit oft nur Jobs erlangen,

die wenig persönliche Perspektive und Entwicklungsmöglichkeiten

bieten.

Während bei Männern eine Ausweitung prekärer Arbeitsverhält-

nisse in der Erwerbsbiographie – also als „steigende Unübersicht-

lichkeit“ - zu verzeichnen sei, würden bei Frauen zwei unter-

schiedlich geartete Formen von Erwerbsverläufen auftreten. Zum

einen fänden sich bei ihnen weiterhin viele Verläufe, die traditio-

nellen weiblichen Mustern folgten und sowohl längerfristige Tätig-

keiten in Haushalt und Familie wie auch bekannte Möglichkeiten

der Kombination von Haus- und Erwerbsarbeit in Form eines

„Doppel-Status“ oder häufigen Wechseln zwischen beiden Sphä-

ren einschlössen. Zum anderen ließen Veränderungen im Bil-

dungs- und Erwerbsverhalten jüngerer Frauen ihre Erwerbsver-

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läufe denen der Männer – bis auf die deutliche Zunahme von ar-

beitslosigkeitsbedingten Diskontinuitäten – ähnlicher werden

(Berger/Sopp 1992).

Auswirkungen der Destandardisierung der Erwerbsarbeit sind

auch auf die Beschäftigungsstabilität und Arbeitsmarktmobilität zu

erwarten. So ist seit Mitte der 1980er Jahre die Beschäftigungs-

stabilität in Westdeutschland nach einer Studie von Bergemann

und Mertens (2001) auf Basis von Daten des SOEP gesunken.

Dies betrifft aber nicht alle Beschäftigten im gleichen Maße. Für

Männer lässt sich eine sinkende Jobstabilität von 10,7 Jahre auf

9,3 Jahre zwischen 1984 und 1997 beobachten, diese Entwick-

lung wird von den Autorinnen mit der Verbreitung von Frühver-

rentungssystemen begründet. Allerdings halten die Autorinnen es

für übertrieben, von einer ernstzunehmenden Verringerung der

Jobstabilität zu sprechen, zumal noch keine Erkenntnisse darüber

vorliegen, ob es sich um einen langfristigen Trend handele.

Erlinghagen und Knuth (2004) sowie Erlinghagen (2004) zeigen

an Hand von Daten der IAB-Beschäftigtenstichprobe, dass begin-

nend mit den siebziger Jahren bis 1995 die Stabilität von Be-

schäftigungsverhältnissen konstant geblieben sei. Zudem hätten

traditionelle sozio-ökonomische Determinanten der Arbeits-

marktmobilität ihre grundsätzliche Bedeutung behalten. Allerdings

hätten sich Beschäftigungschancen für Personen mit einer niedri-

gen Ausbildung sowie geringen „weichen“ Qualifikationen wie

Vertrauenswürdigkeit verschlechtert. Zusammenfassend stellen

sie fest, dass von einer Entschleunigung und Entstrukturierung

des Arbeitsmarktes nicht die Rede sein könne, sondern dass

vielmehr ein Restrukturierungsprozess stattgefunden habe, der

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sowohl Nivellierungs- als auch Polarisierungstendenzen aufweise.

Erlinghagen (2002, 2004) entkräftet die These von einem „Turbo-

Arbeitmarkt“, indem er zeigt, dass von einer generell beschleu-

nigten Arbeitsmarktdynamik nicht die Rede sein kann. Vielmehr

stagniere die Arbeitsmarktmobilität, oder nehme gar leicht ab,

während die Stabilität von Beschäftigungsverhältnissen zuge-

nommen habe und auch Arbeitslosigkeit nicht zum Normalfall ei-

nes Erwerbsverlaufs gehöre. Gründe, warum die gesellschaftliche

Wahrnehmung und diese empirischen Ergebnisse zum Thema

„Wandel der Industriegesellschaft“ auseinander fallen, führen Er-

linghagen und Knuth (2003) an: Die öffentliche Wahrnehmung des

Beschäftigungssystems orientiere sich nach wie vor an Großbe-

trieben, die in letzter Zeit massiven Stellenabbau betrieben hätten.

So habe vor allem auch in öffentlichkeitsrelevanten Branchen wie

dem Verlags- und Pressewesen, in Organisationen des Wirt-

schaftslebens oder in politischen Parteien und in freien Wohl-

fahrtsverbänden die Beschäftigungsinstabilität zugenommen. So

sei zwar der Eindruck, dass großbetriebliche Beschäftigung insta-

biler geworden sei, durchaus zutreffend, falsch sei hingegen der

Rückschluss dieser Beobachtungen auf das gesamte Beschäfti-

gungssystem.

Diese Befunde gelten allerdings nur bis in die Mitte der neunziger

Jahre. Dass es nach diesem Zeitpunkt, also ab Mitte der neunzi-

ger Jahre sehr wohl zu Veränderungen der Mobilitätsmuster ge-

kommen ist, zeigen die Ergebnisse von Diewald und Sill (2004),

die auf Daten des Sozio-ökonomischen Panels von 1985 bis 2000

beruhen. Das wesentliche Ergebnis dieser Studie besteht darin,

dass sich bisherige Garantien von permanentem Aufstieg entlang

innerbetrieblicher Senioritätsregeln und Karriereleitern aufgelöst

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haben. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Hillmert, Kurz und

Grunow (2004) an Hand von Daten der Westdeutschen Lebens-

verlaufsstudie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung be-

zogen auf Erwerbsverläufe von Männern aus drei zwischen 1940

und 1964 geborenen Kohorten: Während sich das Risiko eines

Abgleitens in Arbeitslosigkeit für jüngere Kohorten erhöht habe,

sei die zwischenbetriebliche Mobilität im Kohortenvergleich relativ

konstant geblieben. Geringqualifizierte seien zudem höheren Ar-

beitslosigkeitsrisiken ausgesetzt, Hochschulabsolventen wech-

selten häufiger die Betriebe.

Le Grand und Tahlin (2002) zeigen auf Basis von Daten männli-

cher Einkommensbezieher zwischen 25 und 35 Jahre in Schwe-

den, dass Jobmobilität eine wesentliche Quelle von Einkom-

menswachstum darstellt. Während einer Berufskarriere komme es

entweder zu internen oder externen Jobwechseln, eine Vermi-

schung von beiden sei selten. Dabei wirkten sich beide Mobilitäts-

raten positiv auf das Einkommenswachstums aus, allerdings habe

die interne Mobilität größere Effekte auf die Höhe des Einkom-

mens. Je mehr externe Jobwechsel durchgeführt würden, desto

geringer falle die Zuwachsrate des Einkommens aus. Es könne

auch vorkommen, dass zu viele Arbeitgeberwechsel das Ein-

kommen reduzieren.

Weitere Untersuchungen zu sozialer Ungleichheit kommen zu fol-

genden Ergebnissen: Kurz und Steinhage (2001) untersuchen auf

Basis des Sozio-ökonomischen Panels, ob bei Berufsanfängern in

Deutschland in den achtziger und neunziger Jahren Arbeitsmark-

tunsicherheit klaren sozialen Mustern folgt. Dabei beziehen sie

makroökonomische Hintergründe in ihre theoretischen Überle-

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Die Destandardisierungsdebatte

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gungen ein, indem sie davon ausgehen, dass in konjunkturell un-

günstigen Zeiten der Übergang in Arbeitslosigkeit und in befristete

Beschäftigung höher ausfallen wird als in wirtschaftlich günstigen

Perioden. Es bestätige sich, dass Absolventen beruflicher Ausbil-

dungssysteme ein deutlich höheres Risiko innehätten, in Arbeits-

losigkeit und befristete Beschäftigung abzugleiten als Akademiker.

Allerdings zeige sich, dass Angehörige der „Dienstklasse“ einem

sehr hohes Risiko einer Befristung des Arbeitsverhältnisses aus-

gesetzt seien. Für bestimmte Gruppen, besonders für Arbeiter,

kumulierten zeitliche und ökonomische Unsicherheiten. Zudem

seien befristete Verträge für Frauen unwahrscheinlicher als für

Männer, allerdings hätten Frauen ein leicht höheres Arbeitslosig-

keitsrisiko. Letzteres gälte auch für Ostdeutsche und Personen

nicht-deutscher Herkunft.

Von unsicherer Beschäftigung wie befristeter Beschäftigung, Lei-

harbeit, geringfügiger Beschäftigung oder freier Mitarbeit und Ar-

beitslosigkeit seien nach einer Studie basierend auf dem IAB-

Datensatz nach Schreyer (2001) in erster Linie Personen ohne

formalen Berufsabschluss betroffen, die somit die aktuellen und

künftigen Verlierer der Arbeitsmarktentwicklung seien. Bezüglich

unsicherer Beschäftigung zeigen sich im Gegensatz zu Arbeitslo-

sigkeit vor allem in Westdeutschland andere Ergebnisse. Die am

zweithäufigsten betroffene Gruppe seien Akademiker. Zudem sei-

en es bei fast allen Qualifikationsgruppen insbesondere Frauen

und Jüngere, die in unsicheren Erwerbsformen arbeiteten. Ob

dies ein Berufseinsteigerproblem ist oder als eine Folge der Ero-

sion des Normalarbeitsverhältnisses zu sehen ist, konnte in der

Untersuchung allerdings nicht geklärt werden. Allerdings hat

Rauch (2001) mit Daten des IAB-Datensatzes ermittelt, dass die

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Die Destandardisierungsdebatte

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Gruppe der Geringqualifizierten deutlich heterogener auftritt als

allgemein angenommen. So falle der Unterschied zwischen Per-

sonen ohne formalen Bildungsabschluss und der Gruppe mit

Lehr- oder Berufsfachschulabschluss oft gering aus. Während

sich die berufliche Stellung und das Einkommen bei Lehrabsol-

venten günstiger entwickelten als bei der Gruppe ohne Berufsab-

schluss, zeige sich, dass sich die Arbeitsbedingungen kaum un-

terschieden.

Auswirkungen der Destandardisierung der Erwerbsarbeit auf das

Geschlechterverhältnis wurden u.a. untersucht von Hüning und

Nickel (1998) und in Nickel, Völker und Hüning (1999). So hätten

sich vor allem für qualifizierte Frauen mit Führungsaufgaben neue

Karrierechancen ergeben. Diese Frauen sähen die geforderte

Selbstorganisation und Eigenverantwortung als positive Heraus-

forderung an.

Die Analysen von Gallie, White, Cheng and Tomlinson (1998) ha-

ben gezeigt, dass nach wie vor die Zugehörigkeit zu einer be-

stimmten Berufsklasse über die Anfälligkeit für Arbeitslosigkeit

entscheide. Besonders Beschäftigte in Handwerksberufen seien

von Arbeitslosigkeit bedroht. Wenn Manager und professional

employees im Gegensatz zu den siebziger Jahren in den Neunzi-

gern absolut gesehen ein bedeutend höheres Arbeitslosigkeitsri-

siko aufwiesen, so deute dies darauf hin, dass diese Berufsklasse

angewachsen sei, denn es gäbe über die Zeit keine Veränderung

im Verhältnis der Arbeitslosenraten von Handwerkern und der

oberen Berufsklassen. Zusätzlich seien es nach wie vor haupt-

sächlich ungelernte Arbeiter, die angaben, innerhalb des nächsten

Monats entlassen werden zu können.

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Die Destandardisierungsdebatte

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Dass die Folgen der Destandardisierung der Erwerbsarbeit für die

Betroffenen nur selten hinterfragt werden, kritisiert Plath (2000).

Zumeist werde angenommen, dass sich ausschließlich Chancen

aus der geänderten Arbeitswelt für die Beschäftigten ergäben. Es

solle aber nicht übersehen werden, dass diese Entwicklungen

auch mit beträchtlichen Risiken wie Ungewissheit, Unsicherheit,

Überforderung, Kontrollverlust, Angst, Stress und Bedrohungser-

leben verbunden seien. Zu empirisch belegten Ergebnissen zu

diesem Thema kommt die Studie auf Basis qualitativer Interviews

mit Betriebsräten und Expertenbefragungen von Gewerkschafts-

sekretären. Herrmann, Promberger, Singer und Trinczek (1999)

zeigen im Zuge der Arbeitszeitverkürzung in sämtlichen metall-

verarbeitenden Betrieben im Bereich der IG Metall eine erheblich

gestiegene Komplexität der betrieblichen Arbeitszeitstrukturen.

Flexibilisierung werde nur von einem Teil der Betroffenen als

„Zeitwohlstand“ empfunden. In erster Linie seien es die Unter-

nehmen, die von der Flexibilisierung profitierten, da sie so Perso-

nalkosten senken könnten. Die Interessenvertretung werde hin-

gegen durch eine zunehmende Verbetrieblichung und sogar Indi-

vidualisierung der Arbeitszeitpolitik vor schwierige Aufgaben ge-

stellt. Die Mehrheit der Betriebsräte beurteilte die Öffnung und

Erosion der Flächentarifverträge als Verschiebung der Machtba-

lancen zu Gunsten der Unternehmen.

Hinsichtlich der Qualifikationsanforderungen ließen sich so die

Qualität der neuen Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich in den

Niederlanden in Anlehnung an die Untersuchung von Glott, Wil-

kens und Tasch (1998) weder auf der Branchen- noch auf der Tä-

tigkeitsebene eindeutig beurteilen. Entscheidend für die Qualität

sei die Entwicklung der Arbeitszeiten. Es sei ein massiver Zu-

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Die Destandardisierungsdebatte

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wachs an Teilzeitarbeit zu verzeichnen. Motor der Expansion im

Dienstleistungsbereich wären die Finanzdienstleistungen und un-

ternehmensbezogene Dienste sowie das Hotel- und Gaststätten-

gewerbe, nicht sonstige Dienstleistungen. Auch in den Niederlan-

den sei die Beschäftigungsexpansion mit Veränderungen in der

Einkommensstruktur verbunden. Wenngleich bei den Stundenlöh-

nen im Gegensatz zu den USA in den letzten Jahren eine starke

Angleichung zwischen hoch- und niedrigqualifizierten Arbeitneh-

mern zu beobachten sei, sei die Einkommensverteilung ungleich-

mäßiger geworden. Schettkat (1997) vertritt hingegen die Mei-

nung, dass die Lohnungleichheit zwischen 1980 und 1990 nicht

zugenommen habe, da man in den Niederlanden mit einer Steuer-

reform gezielt die unteren Einkommen entlastet, um auch diese

gering entlohnten Beschäftigungen attraktiv zu machen.

Neben Studien zu einer Veränderung der Verteilung von Chancen

und Risiken bezogen auf Arbeitslosigkeit, Arbeitsmarktmobilität

und geänderten Qualifikationsanforderungen gibt es einige weni-

ge Studien, die sich mit der Verschiebung von Einkommenslagen

befassen. So sind auch in Deutschland in den letzten Jahren neue

Arbeitsverhältnisse fast ausschließlich im Dienstleistungssektor

entstanden. Damit sind in der westlichen Bundesrepublik ca.

sechs Millionen zusätzliche Arbeitsplätze in diesem Bereich von

Mitte der siebziger bis Mitte der neunziger Jahre entstanden. Ne-

ben unternehmensbezogenen haben sich vor allem auch die per-

sonenbezogenen Dienste zu einem wichtigen Tätigkeitsfeld her-

ausgebildet. Dennoch fällt in der Bundesrepublik Deutschland die

Lohnspreizung weitaus schwächer aus als in den USA. Bei kon-

kreten Einkommenslagen der Bevölkerung ist nur ein geringer

Wandel sozialer Ungleichheit festzustellen.

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Die Destandardisierungsdebatte

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Krause, Hanesch und Bäcker (2000) belegen in ihrer Studie, dass

die Bevölkerung in Haushalten, in denen eine Person ein Norma-

larbeitsverhältnis inne hat, eine geringere Armutsquote aufwiesen

als Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen. Die Autoren

gehen davon aus, dass Normalarbeitsverhältnisse ungeachtet ih-

rer immer wieder vorausgesagten nachlassenden Bedeutung eine

wichtige Rolle bei der Sicherung des Wohlfahrtsniveaus in den

Erwerbstätigenhaushalten insbesondere im unteren Einkom-

menssegment spielen würden. Die stark wahrgenommenen ag-

gregierten Unterschiede der funktionellen Einkommensverteilung

schlügen sich zwar auf die konkrete Lebenssituation der einzel-

nen durch, es sei aber zu berücksichtigen, dass Löhne nur einen

Teil des Gesamteinkommens einer Person bzw. eines Haushaltes

ausmachten. Abhängig Beschäftigten kämen neben ihrem Lohn

oder Gehalt nicht selten Vermögenseinkünfte, etwa aus Vermie-

tung oder zunehmend auch aus Aktienhandel, zu. Zudem sinke

tendenziell die Größe des Haushaltes, das heißt, Einkommen

müsse auf weniger Personen verteilt werden, da erstens ein

Rückgang der Kinderzahl zu verzeichnen sei und zweitens häufi-

ger als früher ein Zweitverdiener das Haushaltseinkommen erhö-

he, letzteres im Osten noch mehr als im Westen. Nach Leisering

(1999) sei folglich in der Bundesrepublik die Armut und das Aus-

maß der Ungleichheit insgesamt nur wenig gestiegen. Auch eine

soziale „Polarisierung“ im Sinne sozio-ökonomisch, räumlich und

kulturell greifbarer und individuell erfahrbarer sozialer Spaltungen

zwischen Bevölkerungsgruppen und Lebensverhältnissen wie in

den USA sei kaum erkennbar. Während in weiten Teilen der politi-

schen Öffentlichkeit eine Polarisierung als Fakt betrachtet wird,

teilen die meisten Empiriker (z.B. Habich/Krause 1997; Andreß

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Die Destandardisierungsdebatte

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1999; Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2002;

Hauser 1997/1999; Hübinger 1999, Leisering/Leibfried 1999;

Sachverständigentat 1998) diese Meinung nicht.

Allerdings berichten Nordhause-Janz und Pekruhl (2000), dass

der Anteil der Arbeitskräfte mit gut bezahlten, interessanten und

partizipativen Arbeitsformen ansteige, während gleichzeitig auch

schlecht bezahlte Jobs zunähmen. Die Autoren sprechen daher

von einer Polarisierung der Beschäftigungsformen.

Abschließend wird deutlich, dass eine Reihe von Studien, die sich

mit der Verteilung von Chancen und Risiken auseinandersetzen,

gibt. Doch fehlen bisher explizite Untersuchungen, die sich mit

den Auswirkungen der Destandardisierung der Erwerbsarbeit auf

das Gefüge sozialer Ungleichheiten befassen.

1.5 Herangehensweise an die Untersuchung der Destandar-disierung und Flexibilisierung

Insgesamt geht es in der Diskussion um die Destandardisierung

der Erwerbsarbeit um Veränderungen auf verschiedenen Ebenen,

die nur schwer in einem einzigen Begriff zusammenzufassen sind.

Daher wird in Anlehnung an Diewald (2003b) und Neumark (2000)

neben „Flexibilisierung“ und „Arbeitsplatzstabilität“ auch die Di-

mension „Beschäftigungssicherheit“ unterschieden, um die

Destandardisierung nicht nur in ihrer quantitativen sondern auch

in ihrer qualitativen Dimension erfassen zu können.

1) Flexibilisierung von Beschäftigungsverhältnissen beschreibt

das Ausmaß, in dem sich Einsatzort, Arbeitszeit, Einkommen,

Aufgabenbereich, Arbeitsbedingungen und Anforderungen verän-

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Die Destandardisierungsdebatte

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dern. Dies muss keineswegs mit einem Wechsel des Arbeitsplat-

zes oder einem Übergang in Selbstständigkeit einhergehen son-

dern kann auch innerhalb eines bestehenden Beschäftigungsver-

hältnisses beobachtet werden.

2) Arbeitsplatzstabilität gibt Auskunft über die Dauer bzw. Wech-

selhäufigkeit eines Beschäftigungsverhältnisses. Diese Untersu-

chung beschränkt sich dazu auf die Messung von Betriebszuge-

hörigkeitsdauer.

Allerdings sollte beachtet werden, dass eine Untersuchung der

Flexibilisierung und der Arbeitsplatzstabilität keine Schlüsse dar-

über zulässt, wie die Entwicklungen dieser Dimensionen zu beur-

teilen sind. Gerade in stark fachlich geprägten Beschäftigungssy-

stemen sagt beispielsweise eine hohe zwischenbetriebliche Mobi-

lität noch nicht viel über Arbeitsmarktrisiken von Beschäftigten

aus, denn die nachgewiesene Qualifikationen ermöglichen in der

Regel den Wechsel von Personen zwischen Betrieben ohne gra-

vierende Einbußen an Status und Einkommen. Auch eine hohe

Beschäftigungsstabilität kann einerseits mit Chancen im Sinne ei-

nes Ausbleibens von Arbeitslosigkeit verbunden sein, anderer-

seits kann eine hohe Beschäftigungsstabilität aber auch mit Risi-

ken verbunden sein, da berufliche Aufstiege durch einen ausblei-

benden Arbeitgeberwechsel verhindert werden. Daher wird neben

der Flexibilität und Arbeitsplatzstabilität auch Beschäftigungssi-

cherheit unterschieden.

3) Beschäftigungssicherheit kann auf zwei Ebenen gemessen

werden. Zum einen gibt die Verbindung des Beschäftigungsver-

hältnisses mit Systemen sozialer Sicherung im Falle von Unfall,

Krankheit, Rente oder Arbeitslosigkeit Auskunft über die Sicher-

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Die Destandardisierungsdebatte

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heit eines Beschäftigungsverhältnisses. In dieser Arbeit geht es

aber ausschließlich um die Sicherheit des Beschäftigungsverhält-

nisses selbst, die auch wiederum mit verschiedenen Dimensionen

gemessen werden kann: das wahrgenommene oder tatsächliche

Risiko des Eintreffens von Arbeitslosigkeit, das wahrgenommene

oder tatsächliche Risiko beruflicher Abstiege in Form von Ein-

kommens-, Macht- oder Autonomieeinbußen sowie die Erwar-

tungssicherheit von stets aufwärts gerichteten Karriereentwicklun-

gen.

Um zu einer Beurteilung zu gelangen, ob die externen und inter-

nen Flexibilisierungsmaßnahmen sowie die Veränderungen bei

Beschäftigungsstabilität und –sicherheit vermehrt mit Aufwärts-

oder Abwärtsmobilität der Beschäftigten einhergehen, werden die

Entwicklungen hinsichtlich ihrer Chancen und Risiken untersucht.

Dabei werden Chancen durch die Untersuchung von Aufwärtsmo-

bilität, Risiken durch die Untersuchung von Abwärtsmobilität er-

fasst.

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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2 Ursachen für die Ausbreitung neuer Beschäfti-gungsformen aus Arbeitgebersicht

Wie in der Debatte um die Destandardisierung der Erwerbsarbeit

im ersten Kapitel deutlich wurde, sind die Gründe für die Ausbrei-

tung neuer Beschäftigungsformen sowohl auf der Arbeitsnachfra-

ge- als auch auf der Arbeitsangebotsseite zu suchen. Individuali-

sierung und das damit einhergehende Aufbrechen traditioneller

Geschlechterstereotype, die Ausbreitung der Tätigkeitsgesell-

schaft sowie die eng damit verknüpfte Entgrenzung zwischen Ar-

beit und Privatleben sind Eckpunkte, die aus Sicht der Arbeitneh-

mer neue Beschäftigungsformen nicht nur als Zwänge erscheinen

lassen, sondern ihnen die Vereinbarung von Erwerbstätigkeit und

anderen Lebensschwerpunkten ermöglichen. Der unausgewoge-

ne Arbeitsmarkt mit seiner erheblichen Sockelarbeitslosigkeit, die

Tertiarisierung als Wandel der Tätigkeitsstrukturen von produkti-

onsbezogenen Tätigkeiten zu wissensintensiven informations-

und kommunikationsbezogenen Berufen sowie die Internationali-

sierung und die damit einhergehende Strukturveränderung von

Wirtschaftsorganisationen in Form eines Übergangs vom Taylo-

rismus zu einer detaillgesteuerten Produktion gelten auf Seite der

Unternehmen als Ursachen für die Ausbreitung der Destandardi-

sierung. Diese Ursachen werden zwar immer wieder genannt,

doch fehlt es bisher an einer theoretischen Einbettung.

Im zweiten Kapitel dieser Arbeit wird daher auf der Grundlage der

Transaktionskostentheorie versucht, die Gründe für die Auswei-

tung destandardisierter Beschäftigungsformen auf der Nachfrage-

seite theoretisch zu bestimmen. Die von Williamson begründete

Transaktionskostentheorie, die ihren Ursprung in der Volkswirt-

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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schaftslehre hat, wird dem Bereich der Organisationstheorien zu-

geordnet (vgl. z.B. Kieser: 2002). Diese dienen dem Zweck, die

Entstehung von Organisationen zu erklären, weshalb sie auch auf

personalwirtschaftliche Aspekte anzuwenden sind. Ein weiterer

Vorteil der Transaktionskostentheorie ist darin zu sehen, dass sie

in der Lage ist, Merkmale der individuellen und der Organisation-

sebene miteinander in Beziehung zu setzen und sie zusätzlich,

was besonders bei der Ermittlung der Ursachen für die Ausbrei-

tung neuer Beschäftigungsformen von Bedeutung ist, auch Um-

weltaspekte in die Analyse einbezieht.

Das Ziel dieses Kapitel besteht in der transaktionskostentheoreti-

schen Ermittlung der Ursachen für die Entstehung destandardi-

sierter Beschäftigungsverhältnisse aus Arbeitgebersicht. Zusätz-

lich soll aber auch plausibel gemacht werden, warum das Nor-

malarbeitsverhältnis nach wie vor neben den so genannten „neu-

en“ Beschäftigungsformen existiert. Es soll ermittelt werden, in

welchen Situationen es für Unternehmen vorteilhafter ist, an der

Vergabe traditioneller Arbeitsverträgen festzuhalten und wann

neue Arbeitsverhältnisse gewinnbringend anzuwenden sind. Die

Erläuterung, warum Vertrauen als Grenze für die Ausweitung

neuer Beschäftigungsformen fungiert, schließt das Kapitel ab.

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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2.1 Darstellung der Transaktionskostentheorie1

Wurzeln der Transaktionskostentheorie

Die Transaktionskostentheorie lässt sich der Neuen Institutio-

nenökonomie (NIÖ) zuordnen. Deren Ziel besteht darin, bei der

ökonomischen Analyse wirtschaftlicher und politischer Prozesse

die jeweiligen institutionellen Rahmenbedingungen zu berücksich-

tigen. Sie ist daher eine Erweiterung der neoklassischen Theorie,

die der Betrachtung von Institutionen im Wirtschaftsprozess unter

der Annahme, dass ökonomische Prozesse ausschließlich über

den Preismechanismus geregelt werden könnten, keine Beach-

tung schenkt. Die Wurzeln der Transaktionskostentheorie gehen

auf den Aufsatz von Coase aus dem Jahre 1937 zurück, in dem er

sich mit der Frage beschäftigte, warum nicht alle Transaktionen

über den Markt abgewickelt werden, wenn dieser doch der neo-

klassischen Theorie zu Folge die effizienteste Form der Koopera-

tion darstellt. Coase (1937) kommt zu dem Schluss, dass Organi-

sationen als alternative Koordinationsformen neben dem marktli-

chen Tausch bestehen können. Die Existenz von Unternehmen ist

daher nach Coase in der Einsparung von Kosten des Marktme-

chanismus durch die unternehmensinterne Abwicklung von

Transaktionen begründet.

Diese Überlegungen von Coase entwickelte Williamson (1975)

weiter. Williamsons Verdienst besteht vor allem in der Spezifizie-

rung der relevanten Eigenschaften der Transaktionen und der er-

1 Die Darstellung der Transaktionskostentheorie orientiert sich, soweit nicht anders markiert,

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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forderlichen Koordinationsmechanismen. Mit der so entstandenen

Transaktionskostentheorie gelang ihm die Entwicklung von Krite-

rien, nach denen zu entscheiden ist, welche Form der Koordinati-

on unter bestimmten Bedingungen die effizienteste Alternative

darstellt.

Ziel der Transaktionskostentheorie

Mit den folgenden Worten beschreibt Williamson (1985: 18, Her-

vorhebungen im Original) den Anspruch der Transaktionskosten-

theorie, indem er den Unterschied zu anderen Theorien, die sich

mit der Organisation ökonomischer Aktivitäten befassen, darstellt:

„(T)ransaction costs economics (1) is more microanalytic, (2) is more self-conscious about its behavioral assumptions, (3) introduces and devel-opes the economic importance of asset specificity, (4) relies more oncomparative institutional analysis, (5) regards the business form as agovernance structure rather than a production function, (6) places greaterweight on the ex post institutions of contract, with special emphasis onprivate ordering (as compared with court ordering), and (7) works out of acombined law, economics and organization perspective”.

Das Ziel der Transaktionskostentheorie besteht in der Ermittlung

des institutionellen Arrangements, das mit den niedrigsten Kosten

verbunden ist. Maßstab für die Effizienz unterschiedlicher institu-

tioneller Formen einer Transaktion ist die Summe aus den Pro-

duktionskosten, die den Vertragspartnern bei der Erstellung der

Güter und Dienstleistungen entstehen, sowie den Transaktionsko-

sten, die durch die Abwicklung der Transaktion zu Stande kom-

men. Dabei versteht man unter einer Transaktion in Anlehnung an

Dillmann (1996: 27) „die jedem institutionellen Austausch materi-

eller und immaterieller Güter zugrunde liegende Übertragung von

an Ebers/Gotsch (2002).

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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institutionell legitimierten Handlungs- bzw. Verfügungsrechten ei-

nes oder mehrerer Wirtschaftssubjekte“. Demzufolge sind unter

Transaktionskosten die Kosten zu verstehen, die bei der Bestim-

mung, Übertragung, Überwachung und Durchsetzung von Hand-

lungs- und Verfügungsrechten entstehen (Dillmann 1996: 29).

Bei der Bestimmung der Transaktionskostenarten wird zwischen

Ex ante- und Ex post-Transaktionskosten, also Kosten, die vor

oder nach Vertragsabschluss anfallen, unterschieden. Unter Ex

ante-Kosten sind in Anlehnung an Picot (1982: 270) zu verstehen:

(1) Suchkosten (Kosten der Suche nach einem geeigneten

Transaktionspartner)

(2) Anbahnungskosten (Kosten der Vorbereitung von Ver-

handlungen)

(3) Verhandlungskosten (Personalkosten, Reisekosten, Ko-

sten der Rechtsberatung etc.)

(4) Entscheidungskosten (Kosten der Entscheidungsvorbe-

reitung wie auch der innerbetrieblichen Abstimmung)

(5) Vereinbarungskosten (Kontrakt- und Rechtsübertra-

gungskosten, das heißt Kosten der Vertragsausfertigung,

Gerichtskosten etc.).

Nach Vertragsabschluss entstehen Ex post-Transaktionskosten

(vgl. Picot 1982: 270):

(6) Durchsetzungskosten (Kosten, die im Zusammenhang

mit der Institutionalisierung der Zusammenarbeit entste-

hen wie Bereitstellung von Prüfungsmustern, Schulung,

Einrichtung einer Organisation für die Durchführung der

Leistung, Anpassung von Systemen usw.)

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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(7) Kontrollkosten (Kosten für die Überwachung der Ver-

tragseinhaltung, das heißt Kommunikationskosten, Ko-

sten der laufenden Qualitätsprüfung etc.).

Bei der Ermittlung der Transaktionskosten ist zu beachten, dass

das Ziel der Transaktionskostentheorie nicht in der Ermittlung der

absoluten Transaktionskosten liegt. Transaktionskosten werden

nur relativ ermittelt. Produktionskosten, die sich aus den Kosten

der institutionellen Struktur und den Kosten der Leistungserstel-

lung zusammensetzen, werden dabei kaum in Betracht gezogen.

Verhaltensannahmen der Transaktionspartner

Die Transaktionskostentheorie basiert auf drei Verhaltensannah-

men der Transaktionspartner: Begrenzte Rationalität, Opportu-

nismus und Risikoneutralität. Begrenzte Rationalität meint das

Phänomen, dass Entscheidungsträger sich rational unter Abwä-

gung aller Informationen verhalten wollen. Da sie aber nur über

eine begrenzte Kapazität der Informationsaufnahme verfügen und

zudem niemals vollständige Informationen erhalten werden, kann

dieses Ziel nur teilweise erreicht werden.

Opportunismus meint das ausgeprägte Verfolgen des Eigeninter-

esses. Dabei greifen Akteure auf Mittel wie List, Täuschung sowie

die Zurückhaltung von Informationen zurück. Nicht allen Vertrags-

partnern wird opportunistisches Verhalten unterstellt, hingegen

geht die Theorie davon aus, dass die Gefahr von Opportunismus

gegeben ist, die in verschiedenen Situationen unterschiedlich

ausgeprägt sein kann. Diese Gefahr muss vor Vertragsabschluss

bedacht werden, da sie sonst die Ex post-Vertragskosten beein-

flussen kann.

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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Unter Bedingungen von Opportunismus und begrenzter Rationa-

lität besteht für die Vertragspartner die Notwendigkeit, sich vor de-

ren Folgen zu schützen, was zu Ex ante- und Ex post-

Transaktionskosten führt. „Organisiere die Transaktion in einer

Weise, dass dir aus deiner begrenzten Rationalität möglichst ge-

ringe Kosten entstehen und die Transaktion gleichzeitig vor mögli-

chem opportunistischem Verhalten deines Vertragspartners ge-

schützt ist.“ (Williamson 1990: 36). Ergänzend dient die Verhal-

tensannahme der Risikoneutralität dazu, die Argumentation zu

vereinfachen und sich auf die Kernthesen der Theorie zu be-

schränken.

Transaktionscharakteristika

Transaktionen werden mit Hilfe der Ausprägungen der Dimensio-

nen Spezifität, Unsicherheit und Häufigkeit charakterisiert. Mit

Hilfe des Niveaus transaktionsspezifischer Investitionen, dem in

der Transaktionskostentheorie die größte Bedeutung zugeschrie-

ben wird, wird ermittelt, inwiefern ein im Zusammenhang mit einer

Transaktion erstelltes Produkt oder eine Dienstleistung auch für

andere Transaktionen zu verwenden sind, ohne deren Ertrag zu

verringern. Williamson unterscheidet sechs Formen transaktions-

spezifischer Investitionen:

- standortspezifische Investitionen

- anlagespezifische Investitionen

- Investitionen in Humankapital

- abnahmespezifische Investitionen

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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- Investitionen in die Reputation (z.B. Aufbau eines Marken-

namens)

- terminspezifische Investitionen in zeitlich nur begrenzt ab-

setzbare oder nutzbringende Güter oder Leistungen wie

beispielsweise Saisonware oder Güter und Dienstleistungen

für die Just-in-Time-Produktion.

Ist das Ausmaß der transaktionsspezifischen Investitionen gering,

kann bei opportunistischem Verhalten der Gegenseite die Ver-

tragsbeziehung ohne Nachteile gekündigt und eine neue einge-

gangen werden. Durch alternative Möglichkeiten im Wettbewerb

werden Tauschpartner von opportunistischem Verhalten abgehal-

ten und sowohl Ex ante- als auch Ex post-Transaktionskosten be-

grenzt. Liegt hingegen ein hohes Niveau transaktionsspezifischer

Investitionen vor, gehen beide Vertragspartner ein gegenseitiges

Abhängigkeitsverhältnis ein. Zudem stehen weniger Konkurrenten

zur Verfügung, auf deren Leistung bei einem Scheitern des Ver-

trages zurückgegriffen werden kann. Daher besteht ein größeres

Interesse an der opportunistischen Ausnutzung des anderen. Vor-

beugend werden sowohl Ex ante- als auch Ex post-

Transaktionskosten möglichst exakt definiert, um die Kosten rela-

tiv gering zu halten. Der Faktor der Spezifität ist also ein Ausdruck

für den Grad der gegenseitigen Abhängigkeit der Akteure und re-

flektiert das Interesse beider Partner am Erfolg und der langfristi-

gen Sicherheit des Bestandes der Vertragsbeziehungen (Eigler

1995: 18).

Ein weiteres Transaktionskostencharakteristikum, die Unsicher-

heit bzw. Komplexität wird in parametrische Unsicherheit und Ver-

haltensunsicherheit unterteilt. Wenn Vertragspartner sich über die

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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Einhaltung der gegenseitigen Leistungen nicht sicher sein kön-

nen, spricht man von Verhaltensunsicherheit. Hingegen bezieht

sich parametrische Unsicherheit auf die Unsicherheit der situati-

ven Gegebenheiten, in die eine Transaktion eingebettet ist. Es

besteht zwar die Möglichkeit, diese situativen Gegebenheiten zum

Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu bestimmen, doch ist es

schwierig, Aussagen über ihre zukünftige Entwicklung zu treffen.

Kommt es im Laufe der Vertragsbeziehungen zu einer Änderung

der Ausprägung eines oder mehrerer Parameter, so zeigt u.U.

zumindest ein Vertragspartner Interesse an einer Neuverhandlung

des Vertrages. Fonger (1992: 72 f.) unterteilt Unsicherheit in inter-

ne und externe Komplexität, wobei Komplexität eine Situation be-

schreibt, die zwar nicht von Unsicherheit gekennzeichnet ist, die

aber auf Grund der Zusammenhänge für das Wirtschaftssubjekt

unüberschaubar wird. Dabei fallen unter interne Komplexität in-

haltlicher Umfang der vereinbarten Leistung, Zurechenbarkeit der

einzelnen Leistungsbeiträge, Eindeutigkeit der vereinbarten Lei-

stung und die Dauer und zeitliche Struktur der Leistungserstel-

lung. Externe Komplexität setzt sich hingegen zusammen aus

Stabilität, Ordnungsintensität, Innovationsgeschwindigkeit und

räumlicher Größe des Marktes, dem mentalen und kulturellen

Unterschied der Marktpartner und der politischen Stabilität des

Umfeldes.

An dieser Stelle wird die Verknüpfung der Unsicherheit mit den

transaktionsspezifischen Investitionen deutlich. Stellen sich letzte-

re als gering heraus, so geht von der Unsicherheit kein Transakti-

onsproblem aus, da die Akteure kein gegenseitiges Abhängig-

keitsverhältnis eingegangen sind, das heißt, ein Wechsel des

Vertragspartners ist jederzeit problemlos zu vollziehen. Somit ist

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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eine opportunistische Ausnutzung der Unsicherheit nicht sinnvoll.

Andererseits führt zunehmende Unsicherheit in Kombination mit

transaktionsspezifischen Investitionen zur Notwendigkeit der Ab-

sicherung gegen opportunistisches Verhalten des Vertragspart-

ners. Gelingt dies nicht, so fallen hohe Opportunitätskosten an.

Daher werden beide Vertragspartner versuchen, so viele rele-

vante Parameter wie möglich im Vertrag zu fixieren, um hohe Ex-

ante und Ex post-Transaktionskosten zu vermeiden.

Die Häufigkeit, mit der eine Transaktion durchgeführt wird, ist von

zentraler Bedeutung für die Organisation einer Transaktion. Die

Unterscheidung in einmalige und sich wiederholende Transaktio-

nen ist deshalb wichtig, da angenommen wird, dass sich wieder-

holende Transaktionen andere Organisationsformen benötigen als

einmalige Transaktionen. Wiederholt durchgeführte Transaktionen

führen zu Lerneffekten bei der Leistungserstellung und senken

somit die Produktionskosten. Dies geht mit einer Reduzierung der

Transaktionskosten einher, da bei den Verhandlungen vor Ver-

tragsabschluss auf vorhandene Erfahrungen zurückgegriffen wer-

den kann und die für die Nachvertragsphase durchgesetzten Re-

gelungen mehrfach genutzt werden können (Sesselmei-

er/Blauermel 1997: 196).

Zusammenfassend sind die drei Variablen Spezifität, Unsicherheit

und Häufigkeit zentrale Kriterien für die Entscheidung zwischen

verschiedenen institutionellen Arrangements. Ein Unternehmen

wird sich für den Marktmechanismus entscheiden, je geringer die

Ressourcenspezifität ausgeprägt und je geringer die Tauschfre-

quenz in dieser Beziehung ist, denn auf Grund der niedrigen Res-

sourcenspezifität fallen lediglich geringe Transaktionskosten im

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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Zuge der Ausarbeitung und Kontrolle von Kontrakten an. Umge-

kehrt wird sich ein Betrieb für eine organisationsinterne Alternative

entscheiden, wenn auf Grund eines hohen Niveaus transaktions-

spezifischer Investitionen sowie einer ausgeprägten Frequenz ho-

he Transaktionskosten im Zuge eines Austausches aufkommen.

Charakteristika institutioneller Arrangements

Williamson unterscheidet institutionelle Arrangements zwischen

Markt, Hierarchie sowie hybriden Formen, die zwischen Hierar-

chie und Markt angesiedelt sind. Diesen liegen drei aus dem US-

amerikanischen Vertragsrecht stammende Formen von Vertrags-

gestaltungen zu Grunde: Klassische Vertragsbeziehungen sind

gekennzeichnet durch eine kurze Dauer sowie eine eindeutige

Klassifizierung des Gegenstandes und der Konditionen der

Transaktion sowie begrenzte persönliche Interaktion der Akteure.

Die Transaktionspartner wickeln ihre Transaktion gemäß ex ante

vertraglich festgelegter und fixer Regeln ab. Über den Vertrag

hinaus geht keine Seite Verpflichtungen ein.

Im Gegensatz zum klassischen Vertrag sind in der neoklassischen

Vertragsbeziehung nicht alle Bedingungen vertraglich erfasst, da

mit Anpassungsbedarf der Leistungen gerechnet werden muss.

Es wird also nach Vertragsabschluss ein gewisses Maß an Ab-

stimmung und Kooperationsbereitschaft zwischen den Akteuren

erwartet. Beispiele für eine neoklassische Vertragsbeziehung sind

Franchising oder Joint-Venture- Verträge.

Relationale Vertragsbeziehungen sind durch ein komplexes Sozi-

algefüge charakterisiert, in dem die Transaktionspartner eine län-

gerfristige Beziehung eingehen, die für den Fall, dass die Ausge-

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staltung der Vertragsbeziehung geändert werden muss, einen An-

passungsprozess erfordert. Die Ex ante-Definition des Vertrages

ist also von einer größeren Offenheit von Leistung und Gegenlei-

stung gekennzeichnet und verlangt daher nach einer sehr langfri-

stigen Austauschbeziehung.

Institutionelle Arrangements differenziert Williamson neben dem

zu Grunde liegenden Vertragsrecht an Hand der Kriterien Anpas-

sungsfähigkeit, Nutzung von Anreiz- und Kontrollmechanismen

zum Schutz vor opportunistischem Verhalten sowie Kosten der

Etablierung und Nutzung des institutionellen Arrangements. Aus-

tauschbeziehungen, die auf dem Marktprinzip beruhen, sind bei

ausreichender Konkurrenz durch eine hohe Anreizintensität ge-

kennzeichnet. Da Leistungen und Gegenleistungen eindeutig

festgelegt sind, ist opportunistisches Verhalten kaum durchzuset-

zen. Kommt es dennoch zu einer Nichteinhaltung der Vertrags-

klauseln oder stellt sich ein anderer Akteur als leistungsstärker

heraus, so stellen ein schnelles und problemloses Kündigen des

Vertrages und der Übergang zu einem anderen Transaktionspart-

ner keine Schwierigkeiten dar. Auch nach Beendigung der in der

Regel nur kurz andauernden Verträge steht es den Partnern frei,

erneut Beziehungen einzugehen oder zu einem anderen Akteur

zu wechseln. Daher gilt der Markt als ein sehr kostengünstiges

Arrangement. Er wird durch den Preismechanismus organisiert,

ist daher günstig und muss nicht erst künstlich geschaffen wer-

den, das heißt, den Partnern entstehen somit keine Kosten für

dessen Einrichtung und Nutzung.

Im Gegensatz zu marktlichen Austauschbeziehungen verfügen

Hierarchien über eine geringere Anreizintensität, da Leistung und

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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Gegenleistung nicht unmittelbar aufeinander folgen und zudem

die für den Markt typischen Konkurrenzbeziehungen fehlen. An

deren Stelle treten indessen bürokratische Steuerungs- und Kon-

trollmechanismen sowie die Etablierung interner Verrechnungs-

preise, die als besonders teuer gelten. Organisationsinterne

Austauschbeziehungen sind also relativ kostspielige institutionelle

Arrangements, die im Gegensatz zum Markt künstlich geschaffen

werden müssen. Nicht nur die Ex post- sondern auch Ex ante-

Transaktionskosten fallen im Vergleich zum Markt wesentlich hö-

her aus, da die Transaktionspartner wegen der angestrebten

langfristigen Beziehungen sehr viele Informationen über den

Transaktionspartner sammeln. Die Charakteristika hybrider insti-

tutioneller Arrangements sind zwischen den Ausprägungen von

Markt und Hierarchie zu finden.

Transaktionsatmosphäre

Der Aspekt der Umwelt wird in der Transaktionskostentheorie

durch die Transaktionsatmosphäre erfasst. Diese spielt insbeson-

dere bei der Einschätzung der Verhaltensannahmen „Begrenzte

Rationalität“ und „Opportunismus“ eine zentrale Rolle, ist aber

auch bei der Beurteilung des Ausmaßes der Faktorspezifität von

Bedeutung. Die Transaktionsatmosphäre kann als Summe der für

die Tauschhandlung relevanten politischen, rechtlichen und so-

zialen Bedingungen definiert werden. Sie ist von Bedeutung, da

die Möglichkeit besteht, dass ihre Ausprägungen zu Veränderun-

gen vor allem in den Einschätzungen der Charakteristika einer

Transaktion führen (Festing 1996: 60 f.).

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Anwendungsbereiche der Transaktionskostentheorie

Nach Williamson ist die Transaktionskostentheorie auf jeden

Sachverhalt anwendbar, der mit Vertragsproblemen in Verbindung

steht. Der bedeutendste Anwendungsfall der Transaktionsko-

stentheorie besteht in der Entwicklung von Kriterien zur Entschei-

dung zwischen Selbst- und Fremdherstellung2. So gibt es bei-

spielsweise jüngere Studien über so genannte Make-or-buy-

Entscheidungen in der Pharmaindustrie (Dillmannn 1996), der

Verkehrswirtschaft (Rennings 1992) etc. Um ein Bespiel für die

Praxistauglichkeit der Transaktionskostentheorie zu nennen, soll

die Arbeit von Meyer (1992) genannt werden, in der er transakti-

onskostentheoretisch untersuchte, ob sich für ein Unternehmen

im Luftverkehr der externe Bezug von Kabinenbesatzung, Cate-

ring, Cockpitpersonal und Flugzeugwartung als lohnender erweist

als der organisationsinterne Bezug.

Auch über die Gestaltung von Beschäftigungssystemen gibt es

eine Reihe von Arbeiten. So hat beispielsweise Föhr (1995) an

Hand der Transaktionskostentheorie untersucht, wann es für ein

Unternehmen sinnvoll ist, für die Rekrutierung von Personal auf

Personalberatungsunternehmen zurückzugreifen und in welchen

Situationen es effizienter ist, neue Mitarbeiter eigenständig zu su-

chen. In seiner Dissertation ermittelte Eigler (1996) Steuerungsin-

strumente für die Personalwirtschaft an Hand von Williamsons

Theorie und Kullak (1995) unterzog Personalstrategien in Klein-

und Mittelbetrieben einer transaktionskostentheoretisch fundierten

2 Eine Reihe von weiteren Beispielen zur Anwendung der Transaktionskostentheorie nennenz.B. Ebers/Gotsch (2002: 234 ff.).

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Betrachtung. Obermann (1992) erstellte eine Arbeit zum Thema

des Zusammenhangs von beschäftigungsbedingten Transaktions-

kosten und der Arbeitsnachfrage und unterscheidet dabei zwi-

schen Unternehmen verschiedener Größe. Auch Grabher (1988)

diversifiziert zwischen Groß- und Kleinunternehmen bei der Un-

tersuchung der Veränderung in der Arbeitsteilung im Zuge der

Umstrukturierung der Stahlindustrie im Ruhrgebiet und der chemi-

schen Industrie am Standort Rhein/Main. In einer ebenfalls etwas

älteren Abhandlung interpretiert Becker (1985) interne Arbeits-

märkte aus transaktionskostentheoretischer Sicht.

Kritikpunkte an der Transaktionskostentheorie

Obwohl sich die Transaktionskostentheorie sowohl in theoreti-

schen als auch empirischen Anwendungsgebieten bewährt hat,

gibt es einige Kritikpunkte an Williamsons Ansatz3, die an dieser

Stelle zumindest erwähnt werden sollen. So bemängeln einige

Autoren die ungenaue Abgrenzung der benutzten Termini.

„Transaktion“ und „Transaktionskosten“ seien nicht eindeutig defi-

niert, sondern jeder Autor könne sie zu beliebigen Erklärungs-

zwecken nutzen. Auch wird kritisiert, dass die Höhe der Transak-

tionskosten zwar relational im Vergleich zu anderen Arrangements

bestimmt werden kann, eine exakte Quantifizierung der Transak-

tionskosten allerdings nicht möglich ist. Schneider (1984, zitiert

nach Dillmann 1996) veranschaulicht einen weiteren Kritikpunkt

der Transaktionskostentheorie, die unklare Abgrenzung von Markt

3 Die nachfolgende Darstellung der Kritikpunkte an der Transaktionskostentheorie orientiertsich an der Ausführung von Dillmann (1996).

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und Hierarchie: „Transaktionen zum Grundbegriff einer Theorie

der Wirtschaftsordnung zu erklären, die zugleich Markt und Un-

ternehmen als Alternative ansieht, führt in einen Widerspruch.

Wenn der Begriff der „Transaktionskosten“ sowohl das Schaffen

von Verfügungsrechten in Hierarchien, als auch das Übertragen

von Verfügungsrechten auf Märkten einschließt, dann werden z.B.

mit Arbeitsverträgen über unselbstständige Arbeit Markt- und

Hierarchiebeziehungen zugleich geschaffen. Hierbei können

„Markt und Hierarchie“ keine Alternative sein.“

Außerdem seien die beiden Verhaltensannahmen Opportunismus

und beschränkte Rationalität im Laufe der häufigen Anwendung

der Transaktionskostentheorie aus dem Blickwinkel geraten. Aber

vor allem die Vernachlässigung des Umweltfaktors „Komplexität“

wird immer wieder kritisiert, während das Transaktionskostencha-

rakteristikum „Spezifität“ immer weiter in den Vordergrund getre-

ten sei.

Vor allem der letztgenannte Kritikpunkt soll bei der Erklärung der

Entstehung flexibler Beschäftigungsverhältnisse berücksichtigt

werden. Denn neben „Spezifität“ ist in Verbindung mit dem Auf-

kommen destandardisierter Arbeitsverträge vor allem das Kriteri-

um der Unsicherheit sowie in zweiter Instanz auch die Dimension

der Häufigkeit von zentraler Bedeutung.

Zusammenfassung der wesentlichen Elemente der Transakti-onskostentheorie

Mit Hilfe der Transaktionskostentheorie kann eine Antwort auf die

Frage gefunden werden, welche Arten von Transaktionen sich in

welchen institutionellen Arrangements am effizientesten erweisen,

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das heißt mit dem geringsten Kostenaufwand ausgeführt und or-

ganisiert werden können. An Hand der Berücksichtigung der Ver-

haltensannahmen der Akteure (Begrenzte Rationalität, Opportu-

nismus, Risikoneutralität), den Transaktionscharakteristika (Fak-

torspezifität, Unsicherheit und Häufigkeit) sowie den Charakteri-

stika institutioneller Arrangements (Anreizintensität, Kontrolle, An-

passungsfähigkeit und Kosten der Etablierung und Nutzung des

institutionellen Arrangements) kann der sparsamste Einsatz

knapper Ressourcen ermittelt werden.

Bei einem geringen Niveau transaktionsspezifischer Investitionen

stellt der Markt das effizienteste institutionelle Arrangement dar.

Zwischen den Partnern besteht hier kein Abhängigkeitsverhältnis.

Daher ist es nicht notwendig, eine langfristige Vertragsbeziehung

einzugehen. Sie können die Anreizintensität sowie den Konkur-

renzmechanismus nutzen, um sich gegen Opportunismus der

Gegenseite zu schützen. Dieses institutionelle Arrangement ist

kostengünstig, da es über den Preismechanismus abgewickelt

wird und nicht erst geschaffen werden muss.

Anders sieht die Situation bei hohen transaktionsspezifischen In-

vestitionen und zunehmender Unsicherheit aus. In diesem Fall

gehen die Vertragspartner ein Abhängigkeitsverhältnis ein. Die

Vorteile des Marktprinzips, die auf Anreizintensität und einem

funktionierenden Konkurrenzmechanismus basieren, kommen

nicht mehr zum Tragen. Um den wegen des Abhängigkeitsver-

hältnisses ausgeprägten Opportunismus einzudämmen, genügen

nicht mehr rein klassische Verträge, es muss auf relationale Ver-

tragsbeziehungen ausgewichen werden. Zudem kommt es wegen

der begrenzten Rationalität zu aufwändigen Vor- und Nachver-

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handlungen der Verträge, was zu hohen Ex ante- und Ex post-

Transaktionskosten führt. In diesem Fall stellt eine organisations-

interne Abwicklung die günstigere Alternative dar.

2.2 Darstellung der Personalstrategien

Bei der Bestimmung der kostengünstigsten Personalstrategie wird

im Folgenden zwischen zwei Arten von Personalmaßnahmen, der

Flexibilisierungsstrategie sowie der Stabilisierungsstrategie unter-

schieden4: Die Stabilisierungsstrategie ist durch folgende Merk-

male charakterisiert: Sämtliche Maßnahmen sind an einer langfri-

stigen und kontinuierlichen Nutzung des betrieblichen Humanka-

pitals orientiert. Ziel der Rekrutierung von Personal ist also die

Etablierung eines langfristigen (Normal-) Arbeitsverhältnisses, um

betriebliches Humankapital über einen langen Zeitraum kontinu-

ierlich nutzen zu können. Das heißt, die Einstellung und Entlas-

sung von Arbeitskräften orientiert sich am langfristigen Bedarf, bei

Nachfrageschwankungen wird nicht unmittelbar reagiert. Zudem

folgen Beförderungen festgelegten Karrieremustern, das Entgelt

lehnt sich an Marktpreise an und den Mitarbeitern kommen häufig

zusätzlich Sozialleistungen, Gewinnbeteiligung etc. zu.

Die Ausrichtung der Flexibilisierungsstrategie zielt hingegen auf

eine kurzfristige Anpassung des Arbeitskräftebedarfs an die Auf-

tragslage. Das Volumen des betrieblichen Humankapitals wird bei

dieser Personalstrategie der momentanen Situation angepasst,

4 Siehe zur Differenzierung von Personalmaßnahmen Kullak (1995: 45 ff.), der zwischenAnpassungs- und Stabilisierungsstrategie unterscheidet.

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dem entsprechend Personal je nach Bedarf rekrutiert oder abge-

baut wird. Wegen der Kurzfristigkeit der Beschäftigung wird bei

der Selektion der Arbeitnehmer weder ein hoher materieller noch

großer personeller Aufwand betrieben. Es wird erwartet, dass der

finanzielle und zeitliche Aufwand für Qualifikationsmaßnahmen

von den Beschäftigten in ihrer Freizeit betrieben wird. Anderer-

seits befürchten die Unternehmen, dass sich diese Investitionsko-

sten auf Grund der Kurzlebigkeit der Verträge nicht amortisieren.

Zwar sind Beförderungen grundsätzlich möglich, sie basieren aber

nicht auf festgelegten und für alle Beteiligten transparenten Kar-

riere- und Aufstiegsmuster. Zudem stehen interne Arbeitskräfte

stets im Wettbewerb mit externen Bewerbern. Die Gratifikation ist

auf das direkte, an den Marktpreis orientierte Entgelt beschränkt.

Beispiele für die Flexibilisierungsstrategie

Die folgende Darstellung verschiedener Flexibilisierungsstrategien

ist nicht vollständig, denn sonst würde der Rahmen der Arbeit ge-

sprengt. Daher werden nicht alle personalwirtschaftlich interes-

santen Veränderungen und Lösungen diskutiert, beispielsweise

wird die Möglichkeit der internen Flexibilisierung der Vollständig-

keit halber zwar genannt, aber nicht in die Transaktionskosten-

theorie einbezogen. Der Grund dafür liegt darin, dass Unterneh-

men, die intern flexibilisieren, Unsicherheiten nicht durch kurzfri-

stige Maßnahmen auf die Arbeitskräfte übertragen, sondern ohne

Entlassungen und kurzfristige Neueinstellungen auf Nachfrage-

schwankungen reagieren. Insofern erfolgt die Kompensation von

Unsicherheiten innerhalb des Unternehmens. An dieser Stelle

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werden nur Flexibilisierungsmaßnahmen vorgestellt, mit denen

kurzfristig auf Nachfrageschwankungen reagiert wird.

Unterschieden werden die numerische oder funktionale sowie die

interne oder externe Flexibilisierung. Unter numerischer Flexibili-

sierung ist die Anpassung des Personalbedarfs an die Auftragsla-

ge durch kurzfristige Entlassungen in den oder Neueinstelllungen

aus dem externen Arbeitsmarkt zu verstehen. Numerische Flexi-

bilisierung trifft in erster Linie die un- und angelernte Randbeleg-

schaft. Hingegen stellt die funktionale Flexibilisierung die Anpas-

sung an arbeitsinhaltliche wechselseitige Erfordernisse und Quali-

fikationsanforderungen dar. Dabei trifft die qualifizierte Kernbeleg-

schaft in der Regel die funktionale Flexibilisierung (vgl. z.B. Bosch

2001, Sengenberger 1987, Köhler/Preisendörfer 1989).

Im Zuge von internen Flexibilisierungsmaßnahmen werden nicht

Personen entlassen oder eingestellt, sondern Arbeitsstunden

und/oder Einkommen an den Auftragsumfang angepasst. In die-

sem Fall würden bei positiver konjunktureller Entwicklung die in-

nerbetrieblichen Karrierechancen und Einkommen steigen, wäh-

rend sie in schwierigen Zeiten umgekehrt auch sinken können

bzw. der Erwartung eines permanenten beruflichen Aufstiegs

nicht entsprochen werden kann. Die Reduzierung der Personal-

kosten erfolgt möglichst unter Beibehaltung der Firmenbindung

und weniger durch Entlassungen. Folge der internen Flexibilisie-

rung kann auch eine zunehmende Polarisierung der Belegschaf-

ten sein: Im Zuge von empowerment-Strategien gelingt es einem

Teil der Arbeitnehmer, stetig bessere Einkommens- und Kar-

rierechancen wahrzunehmen, während bei anderen Gruppen die

Risiken zunehmen.

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Unter externer Flexibilisierung ist die kurzfristige Anpassung der

Personalkosten an den Unternehmenserfolg zu verstehen. In wirt-

schaftlich schlechten Zeiten kann der Fortbestand der Firma

durch Senkung der Kosten wahrscheinlicher gemacht werden.

Strategien der externalen Flexibilisierung sind dadurch gekenn-

zeichnet, dass Mitarbeiter in wirtschaftlich ungünstigen Zeiten

kurzfristig entlassen und in guten Zeiten (wieder) eingestellt wer-

den. Statt stabiler betrieblicher Integration können Personalkosten

auch dadurch flexibler gestaltet werden, dass Unternehmen einen

Teil ihrer Kontrolle über den Produktionsprozess aufgeben und

stattdessen die benötigten Leistungen einkaufen. In beiden Fällen

sollten für die Arbeitnehmer Abstiegs- und Arbeitslosigkeitsrisiken

generell zunehmen, auf der anderen Seite sich aber auch Auf-

stiegschancen kumulieren. In welchem Ausmaß sich beides tat-

sächlich in den Erwerbsverläufen manifestiert, ist in erheblichem

Maße von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig. Ist die kon-

junkturelle Entwicklung positiv, nehmen Aufstiege zu, und zwar

innerbetriebliche ebenso wie zwischenbetriebliche; ist sie dage-

gen negativ, führt dies zu Entlassungen und beruflichen Abstie-

gen, die in der Regel zwischenbetrieblich erfolgen, da Degradie-

rungen innerhalb ein und derselben Organisation Folgeprobleme

nach sich ziehen. Abgesehen davon wäre bei externer Flexibilisie-

rung zu erwarten, dass zunehmend mehr Arbeitnehmer auf Druck

oder angezogen durch Chancen den Weg in die Selbstständigkeit

oder eine fremde Branche wählen. Der Nachteil dieser Strategie

besteht darin, dass eine Schwächung der Firmenbindung betrieb-

liche Investitionen in die Arbeitnehmer verloren gehen können.

Daher sind von der externen Flexibilisierung vornehmlich geringer

Qualifizierte betroffen, weil sie leichter zu ersetzen sind. Auch

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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sollten ältere Arbeitnehmer stärker davon betroffen sein als jünge-

re, da sie als weniger produktiv eingeschätzt werden. Allerdings

kann diese Strategie auch zu negativen, demotivierenden Begleit-

erscheinungen bei den verbleibenden Arbeitnehmern führen.

Die im Folgenden vorgestellten verschiedenen atypischen Be-

schäftigungsformen können weder der internen noch der funktio-

nalen Flexibilisierung zugeordnet werden. Es wird bei der Be-

schreibung der Merkmale von Leiharbeit, geringfügigen und befri-

steten Beschäftigung sowie von Scheinselbstständigkeit deutlich,

dass diese Beschäftigungsformen ausschließlich der externen

numerischen Flexibilisierung zuzuordnen sind.

Leiharbeit

Leiharbeit, Personalüberlassung oder Zeitarbeit beschreiben,

dass ein Unternehmen für bestimmte Tätigkeitsbereiche nicht

mehr auf eigenes, arbeitsvertraglich gebundenes Personal zu-

rückgreift, sondern Fremdpersonal für diese Aufgaben heranzieht.

Der Vorteile für das Einschalten einer Zeitarbeitsfirma liegen für

Unternehmen in der Kostenersparnis sowie der Anpassung des

Personalbedarfs an die Auftragslage. Die Weisungsrechte gegen-

über dem Arbeitnehmer werden vom Entleiher ausgeübt, die Ver-

antwortung für den Arbeitserfolg liegt beim Verleiher. Die Vergü-

tung der Arbeitskraft richtet der Entleiher an den Verleiher und

erfolgt in Abhängigkeit von geleisteter Arbeitszeit. Es werden nur

tatsächlich erbrachte Leistungen in Rechnung gestellt, eventuell

auftretende Fehlzeiten beispielsweise durch Krankheit werden

nicht vergütet. Auch muss der Entleiher bei Arbeitsausfall für eine

Ersatzkraft sorgen. Zwischen Verleiher und Arbeitnehmer besteht

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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ein Arbeitsvertrag mit Lohnzahlungen und arbeits-, sozialversiche-

rungs- und steuerlichen Abgaben des Verleihers, der zudem

überprüfen muss, dass die Bestimmungen zum Arbeitsschutz ein-

gehalten werden. Kein direktes Rechtsverhältnis besteht zwischen

Arbeitskraft und Entleiher, dieser übernimmt durch den Arbeit-

nehmerüberlassungsvertrag vom Personaldienstleistungsunter-

nehmen nur das Direktionsrecht zum Einsatz der Arbeitskraft

(Boemke/Föhr 1999: 104 f., Freckmann 2002, Ditges 2000, Wein-

kopf/Krone 1995).

Geringfügige Beschäftigung

Es gibt zwei Formen geringfügiger Beschäftigung, zum einen Ar-

beitsverträge, die weniger als fünfzehn Stunden pro Woche um-

fassen und mit nicht mehr als 325 Euro entlohnt werden. Dabei

handelt es sich um regelmäßige geringfügige Beschäftigungen.

Dem stehen die kurzfristigen geringfügigen Beschäftigungen ge-

genüber, bei denen es sich um eine Saisonbeschäftigung handelt,

die nicht länger andauern darf als zwei Monate. Wird eine solche

Tätigkeit berufsmäßig ausgeübt, das heißt, bildet sie die Exi-

stenzgrundlage einer Person, so darf das daraus erzielte Ein-

kommen nicht mehr als 325 Euro pro Monat betragen. Wird eine

solche Beschäftigung nicht neben einem weiteren Arbeitsplatz

ausgeübt, so handelt es sich um eine geringfügige Alleinbeschäf-

tigung. Bezüge aus den sozialen Sicherungssystemen (Arbeitslo-

senversicherung, Rentenversicherung und BAFöG) werden in

diesem Fall nicht auf das Arbeitsentgelt angerechnet. Wird hinge-

gen eine geringfügige Beschäftigung ergänzend zu einer sozial-

versicherungspflichtigen Tätigkeit ausgeübt, so haben die Be-

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schäftigten Anspruch auf Urlaub, Urlaubs- und Weihnachtsgeld

und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Im Vergleich zu Beschäf-

tigten in einem Normalarbeitsverhältnis besteht bei geringfügiger

Beschäftigung in diesem Fall der Kündigungsschutz und es darf

kein geringerer Stundenlohn gezahlt werden (Becker/Jörges-Süß

2002: 122 f.).

Durch die Vergabe von geringfügigen Beschäftigungsverhältnis-

sen wird dem Arbeitgeber die Lösung von Verfügbarkeitsproble-

men ermöglicht, indem er flexibel auf tägliche, wöchentliche und

saisonale Auftragsschwankungen reagieren kann. Saisonale

Schwankungen treten z.B. auf in der Ernte- oder der Weihnachts-

zeit sowie im Tourismusbereich in Hauptsaisonzeiten. Im Hotel-

und Gastronomiebereich oder im Taxigewerbe fallen zudem an

bestimmten Wochentagen zusätzliche Aufgaben an. Oft sind es

Tätigkeiten, die bei normaler Auslastung von regulär Beschäftig-

ten übernommen werden. Auch zur Überbrückung von Persona-

lengpässen, die z.B. entstehen, wenn Normalarbeitnehmer nicht

bereit sind, zu unbeliebten Zeiten wie in Nachtschicht zu arbeiten,

werden geringfügig Beschäftigte eingesetzt. Tägliche Auftrags-

schwankungen fallen meist nur in schmalen Zeitfenstern wie bei-

spielsweise dem morgendlichen Zeitungsaustragen oder abendli-

chem Gebäudereinigen. Geringfügige Beschäftigung erfordert da-

bei in der Regel nur ein niedriges Qualifikationsniveau (Bek-

ker/Jörges-Süß 2002: 132 f.).

Befristete Beschäftigung

Befristete Beschäftigung stellt aus ökonomischer Perspektive eine

zeitlich begrenzte Nutzung des Arbeitsvermögens eines Beschäf-

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tigten durch ein Unternehmen dar. Diese Art von Verträgen ist auf

die Erbringung einer vereinbarten Arbeitsleistung oder den Eintritt

eines bestimmten Ereignisses abgestellt. Befristungen des Ar-

beitsvertrages sind bis zu einer Dauer von 24 Monaten ohne

sachliche Begründung zulässig, wobei die Frist dreimal verlängert

werden kann. Befristungen mit sachlichem Grund wie eine

Schwangerschaft, der Beschäftigung von Auszubildenden oder

einem klar definierten Projekt unterliegen keiner Beschränkung. In

diesem Zusammenhang sind auch befristete Beschäftigungsver-

hältnisse zu erwähnen, die im Rahmen von Einsteigerjobs verge-

ben werden. Diese markieren in aller Regel eine Probezeit, die bei

gegenseitigem Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und –nehmer

nach Ablauf verlängert werden kann. In einigen Betrieben kann

die permanente Verkettung dieser Art von Arbeitsverträgen beob-

achtet werden, wie dies z.B. häufig im wissenschaftlichen Mittel-

bau der Fall ist. Ein wesentlicher Unterschied der Zeitverträge zu

unbefristeten Arbeitsverträgen liegt darin, dass befristete Arbeits-

verträge nicht gekündigt werden müssen. Das Arbeitsverhältnis

endet automatisch mit dem Ablauf der Zeit, für das es eingegan-

gen wurde oder durch den Eintritt einer vorher vereinbarten auflö-

senden Bedingung (vgl. Schäfer 2001, Gieseke/Groß 2001, Dra-

gendorf/Heering/John 1988, Linne/Voswinkel 1989).

Scheinselbstständigkeit

Scheinselbstständigkeit ist ein juristischer Begriff: Eine Person gilt

dann als scheinselbstständig, wenn sie nach dem Arbeitsrecht

faktisch als Arbeitnehmer gilt, aber wie ein Selbstständiger auftritt

bzw. als solcher behandelt wird. Gesetzlich ist jemand nicht

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selbstständig, wenn er in hohem Maße von einem einzelnen Un-

ternehmen persönlich abhängig ist. Diese Abhängigkeit wird an

Hand folgender Kriterien gemessen: Weisungsgebundenheit, Ein-

gliederung in die betriebliche Organisation, identische Tätigkeit

mit anderen Arbeitnehmern im Betrieb, nur ein Auftraggeber und

keine eigene Betriebsstätte (Martin 2002: 23 ff.).

Die beschriebenen atypischen Beschäftigungsformen Leiharbeit,

geringfügige und befristete Beschäftigung sowie Scheinselbst-

ständigkeit sind dem institutionellen Arrangement des Marktes zu-

zuordnen. Es besteht eine hohe Anreizintensität, Leistung und

Gegenleistung sind eindeutig definiert. Beispielsweise wird ein

Zeitarbeitnehmer nur zur Erfüllung eines kurzfristigen Auftrages

entliehen oder eine befristete Beschäftigung endet mit einem im

Vertrag festgelegten Datum, wenn die vom Unternehmer er-

wünschte Leistung erbracht wurde. Opportunistische Verhaltens-

weisen des Arbeitnehmers sind kaum durchzusetzen, da sonst

der Vertrag meist ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet

werden kann. Ein Konkurrent kann das Arbeitsverhältnis sofort

übernehmen. Insgesamt stellen diese zum institutionellen Arran-

gement des Marktes gehörigen Beschäftigungsverhältnisse eine,

wie noch gezeigt wird, preisgünstige Alternative zur unterneh-

mensinternen Organisation dar.

Die Stabilisierungsstrategie ist auf der anderen Seite dem institu-

tionellen Arrangement der Hierarchie zuzuordnen. Es besteht eine

geringe Anreizintensität, da Leistung und Gegenleistung nicht

unmittelbar aufeinander folgen und zudem die für den Markt typi-

schen Konkurrenzbeziehungen fehlen. Leistung und Gegenlei-

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stung sind nicht eindeutig definiert. Es fehlt an direktem Konkur-

renzdruck, wie er im Falle einer marktlichen Organisation gege-

ben wäre.

2.3 Anwendung der Transaktionskostentheorie auf dieDestandardisierung der Erwerbsarbeit

2.3.1 Definition „Arbeitmarkttransaktionen“

Unter Arbeitsmarkttransaktionen werden Austauschverhältnisse

zwischen einem Arbeitnehmer und einer arbeitgebenden Organi-

sation verstanden (Festing 1996: 65). Demzufolge ist eine Trans-

aktion in Anlehnung an Ouchi (1980: 130, zitiert nach Festing

1996: 50) dadurch gekennzeichnet, dass ein Individuum etwas

Wertvolles wie beispielsweise seine Arbeitsleistung gegen etwas

Wertvolles wie z.B. Geld, tauscht. Diese Tauschhandlung, der ein

Arbeitsvertrag zu Grunde liegt, kann der Transaktionskostentheo-

rie zu Folge je nach Ausprägung von Faktorspezifität, Häufigkeit

und Unsicherheit sowie unter Berücksichtigung der Transakti-

onsatmosphäre in unterschiedlichen institutionellen Arrangements

organisiert werden. Beschäftigungsverhältnisse liegen dabei als

stets ergänzenswerte Rahmenverträge zu Grunde, die inhaltlich

im Verlauf des Beschäftigungsverhältnisses permanent konkreti-

siert und an geänderte Bedingungen angepasst werden müssen

(Eigler 1995: 19).

In Bezug auf Arbeitsverhältnisse können dabei nur die Lohn- und

Gehaltskosten den Produktionskosten zugerechnet werden, alle

anderen Kostenarten, die diesbezüglich anfallen, sind unter

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Transaktionskosten5 zu fassen. Im Folgenden sollen die allgemei-

nen Ex ante- und Ex post-Transaktionskosten, die bei Arbeits-

markttransaktionen entstehen, beschrieben werden.

Aus der beschränkten Rationalität des Arbeitgebers ergibt sich für

ihn vor Vertragsabschluss ein Informationsdefizit. Um einen ge-

eigneten Kandidaten für eine Vakanz zu finden, müssen Suchpro-

zesse eingeleitet werden, die dieses Informationsdefizit verrin-

gern. Diese Such- oder Informationskosten entstehen bei der

Herstellung von Arbeitsmarkttransparenz, beispielsweise durch

das Schalten von Stelleninseraten in Zeitungen und Internet, der

Beauftragung von Personalvermittlungsagenturen oder Erkundi-

gungen beim Arbeitsamt; die Anwendung und Durchführung von

Assessment-Centern, Personalauswahlgespräche oder externe

Informationsbeschaffungen schließen sich an. Weitere Kosten, die

vor Vertragsabschluss anfallen, sind die Vereinbarungskosten, die

aus Vertragsverhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeit-

nehmer entstehen. Verhandlungen vor Vertragsabschluss sind

notwendig, da nicht alle zukünftigen Entwicklungen im Voraus ab-

geschätzt werden können. Daher ist es erforderlich, im Arbeits-

vertrag einen Spielraum offen zu lassen. Die Höhe der Vereinba-

rungskosten definiert sich u.a. aus der Dauer der Vertragsver-

handlungen.

Ist der Arbeitsvertrag abgeschlossen, so fallen für das Unterneh-

men Kontroll- und Sanktionskosten sowie Anpassungskosten an.

Im Arbeitsvertrag wird der Output des Arbeitnehmers nur unvoll-

5 Die Darstellung der Kosten der Arbeitsmarkttransaktionen erfolgt in Anlehnung an Ober-mann (1992).

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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ständig vereinbart. Da die Bedingungen des Arbeitskräfteeinsat-

zes nicht für die gesamte Vertragsdauer abschätzenbar sind, wäre

das Unternehmen gezwungen, stets neue Verhandlungen zu füh-

ren, was mit permanent anfallenden Vereinbarungskosten ver-

bunden wäre. Daher weist der vereinbarte Vertragsinhalt, wie

schon erwähnt, Handlungsspielräume auf. Dabei besteht stets die

Gefahr opportunistischen Verhaltens: die Interessen des Unter-

nehmens geraten in den Hintergrund und der Arbeitnehmer han-

delt größtenteils zum eigenen Vorteil. Diesem Verhalten müssen

die Betriebe Kontrollmechanismen entgegensetzen, damit die

vereinbarten Leistungen tatsächlich erbracht werden, beispiels-

weise in Form von Outputmessungen oder durch Überwachungen

des Arbeitsprozesses. Neben der Etablierung von Kontrollmecha-

nismen helfen Anreizsysteme wie die Auszahlung von Erfolgsbe-

teiligungen oder die Einführung einer Betriebsrente bei der Durch-

setzung des vereinbarten Leistungspensums. Führen sowohl

Kontrollmechanismen als auch Anreizsysteme nicht zum ge-

wünschten Erfolg, so fallen für das Unternehmen Sanktionskosten

an. Diese sich meist aus Entlassungen ergebenden Kosten be-

stehen in der Zahlung von Abfindungen oder der Umsetzung von

Sozialplänen.

Neben Kontroll- und Sanktionskosten fallen als Ex post-

Transaktionskosten die so genannten Anpassungskosten an. Bei

dieser Kostenart handelt es sich um Transaktionskosten, die

durch Anpassung der eingekauften Arbeitsleistung an betriebs-

spezifische Besonderheiten entstehen, wie beispielsweise Lohn-

kosten und Produktionsausfälle des Personals für die Einweisung,

Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen oder die Durchführung von

Traineeprogrammen. Zu den Anpassungskosten zählen aber auch

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

90

Kosten, die aus Veränderungen der Umweltbedingungen und den

daraus resultierenden Anpassungen der Verträge resultieren.

Die Aufzählung der Transaktionskostenarten hat deutlich ge-

macht, wie komplex die Einbindung von Transaktionskosten bei

Arbeitsmarktbeziehungen gestaltet ist.

2.3.2 Transaktionsatmosphäre unter Destandardisierungs-bedingungen

Die Transaktionsatmosphäre nach dem zweiten Weltkrieg war in

Deutschland durch nationale Märkte mit einem scheinbar uner-

schöpflichen Wachstumspotential geprägt. Die Förderung von

Rohstoffen und die Produktion von Waren boomte und das dafür

benötigte Potential an Arbeitskräften konnte auf dem inländischen

Arbeitsmarkt nicht mehr gedeckt werden. Aus dem europäischen

Ausland wurden daher zusätzliche Arbeitnehmer rekrutiert.

Gegen Ende der siebziger Jahre änderte sich die Situation. Der

inländische Rohstoffvorrat war nicht mehr lohnend. Die Transakti-

onsatmosphäre ist seitdem in der Bundesrepublik durch die zu-

nehmende Internationalisierung, den wachsenden Wettbewerbs-

druck und der damit verbundenen Veränderung der Produktions-

weise, einen unausgewogenen Arbeitsmarkt sowie den Wandel

von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft gekennzeichnet.

Internationalisierung und veränderte Produktionsweise

Unter Internationalisierung wird das Zusammenwachsen bisher

nationaler und damit voneinander getrennter Märkte zu übernatio-

nalen, meist weltumspannenden Märkten verstanden (Steger:

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

91

1996). Ausschlaggebend für die Internationalisierung sind sowohl

politische und ökonomische als auch technische Rahmenbedin-

gungen (Cullmann 1998). So führen die Liberalisierung der Gü-

ter- und Finanzmärkte, also der Abbau von Handelsbeschränkun-

gen wie Ein- und Ausfuhrkontrollen, reduzierte Erhebungen von

Zöllen, die Aufhebung der Kapitalverkehrsbeschränkungen sowie

die Verbesserung der Niederlassungsfreiheit der Investoren zu

neuen Entwicklungspotenzialen. Neben dieser Veränderung der

politischen Rahmenbedingungen hat der technologische Fort-

schritt durch die Weiterentwicklung von Transport-, Informations-

und Kommunikationssystemen dazu geführt, dass auch räumlich

weit entfernte Regionen zusammenwachsen. Zudem fallen die

Produktlebenszyklen auf Grund neuer Technologien immer kürzer

aus. Letztendlich führte auch die Veränderung zahlreicher öko-

nomischer Rahmenbedingungen zu einer fortschreitenden Inter-

nationalisierung. Der Güter- und Leistungsaustausch ist mit der

Bildung großer Wirtschaftsräume wie der Europäischen Union,

dem Freihandelsabkommen zwischen den USA und Kanada so-

wie dem asiatisch-pazifischen Wirtschaftsraum innerhalb und zwi-

schen diesen Regionen deutlich angestiegen. Nicht nur, dass sich

die Absatzmärkte vergrößern, sich also nationale zu internationa-

len Märkten entwickeln, auch die Anzahl der Marktteilnehmer

nimmt zu.

Eine Konsequenz aus der Ausdehnung der Märkte für bisher im

nationalen Rahmen tätige Unternehmen besteht im Verlust der

Marktführerschaft. Unter ungünstigen Umständen entwickeln sie

sich auf dem Weltmarkt nur zu einem kleinen Anbieter in Konkur-

renz zu vielen anderen. Eine andere Folge aus der weltwirtschaft-

lichen Integration ist die zunehmende Internationalisierung der

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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Produktion, die vor allem von multinationalen Unternehmen ge-

nutzt wird. Durch den Aufbau eigener Produktionsbetriebe im

Ausland können sich viele Firmen auf ausländischen Märkten be-

haupten. Außerdem können durch Auslagerung der Produktion

ins Ausland Kostenvorteile realisiert werden (Broll 1993: 8). Vor

dem Hintergrund sich ändernder Umweltbedingungen erschließen

sich Unternehmen also einerseits immer neue Absatz-, Ge-

schäfts- und Gewinnmöglichkeiten, andererseits stellen die welt-

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für zahlreiche bereits be-

stehende Geschäftsfelder und Einnahmequellen ernstzunehmen-

de und zum Teil existenzielle Bedrohungen dar. Diese Entwick-

lungen machen neue Geschäfts- und Personalstrategien unum-

gänglich (Budzinski/Kerber 2003).

Der verschärfte Wettbewerb auf Grund der Internationalisierung

bringt gleichzeitig eine Veränderung der Produktionsweise mit

sich. Der Taylorismus bzw. Fordismus wird durch eine detaillge-

steuerte Produktionsweise abgelöst. Mit dem Übergang von der

Massenproduktion zur postfordistischen Produktionsweise werden

tayloristische Organisationsstrukturen mit ihrer Festlegung der Ar-

beitsabläufe zu unflexibel. Die Konsequenzen aus dem wachsen-

den Konkurrenzdruck erfordern von den Unternehmen neben

massivem Kostenabbau und einer Erhöhung der Arbeitsprodukti-

vität vor allem eine Steigerung der betrieblichen Reaktionspoten-

ziale und der Produktqualitäten, was sich in einem erhöhten Fle-

xibilisierungsdruck äußert (s. auch Kapitel 1).

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

93

Unausgewogener Arbeitsmarkt

Ein anderer Aspekt, der die derzeitige Transaktionsatmosphäre

wesentlich prägt, ist der unausgewogene Arbeitsmarkt. Um die

derzeitige Arbeitsmarktsituation in Deutschland angemessen ein-

schätzen zu können, bedarf es zunächst der Klärung verschiede-

ner Formen von Arbeitslosigkeit. Es werden drei Arten von Ar-

beitslosigkeit unterschieden: friktionelle, konjunkturelle und struk-

turelle Arbeitslosigkeit. Friktionelle Arbeitslosigkeit ist die unpro-

blematische Form der ungewollten Erwerbslosigkeit. Sie entsteht

bei Suchprozessen, das heißt beim Wechsel von einem Arbeits-

platz zum nächsten. Sie ist in der Regel nur von kurzer Dauer und

bedarf daher keiner weiteren Gegenmaßnahmen. Konjunkturelle

Arbeitslosigkeit tritt bei einer unausgewogenen gesamtwirtschaft-

lichen Güternachfrage auf, die nicht ausreicht, um vorhandene

Arbeitspotenziale auszuschöpfen. Diese Art von Arbeitslosigkeit

nimmt während einer Rezession zu, um dann bei einer Besserung

der wirtschaftlichen Lage wieder zu sinken. Strukturelle Arbeitslo-

sigkeit entsteht durch vielfältigste Funktionsstörungen auf dem

Arbeitsmarkt, die auf verschiedenen Fehlentwicklungen wie bei-

spielsweise räumlichen und qualifikatorischen Profildiskrepanzen

von Arbeitsangebot und –nachfrage oder auf einer unausgewoge-

nen Entwicklung der Arbeitsnachfrage wegen produktionstechni-

scher Innovationen basieren. Hierbei handelt es sich meist um

eine dauerhafte Situation, die wirksamer Gegenmaßnahmen be-

darf.

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Abbildung 1: Arbeitslosenquote in Prozent pro Jahr (Basis: Gesamtheit der Erwerb-spersonen)

0

2

4

6

8

10

12

1960 1962 1964 1966 1968 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000

Arbeitslosenquote

Quelle: Statistisches Bundesamt.

Um einschätzen zu können, um welche Art von Arbeitslosigkeit es

sich im Zeitverlauf handelt, wird in Abbildung 1 die Entwicklung

der Arbeitslosigkeit seit den sechziger Jahren bis 2000 betrachtet.

Zwischen 1960 und 1973 lag die Arbeitslosenquote bei etwa ei-

nem Prozent aller Erwerbspersonen. In diesem Zeitraum

herrschte friktionelle Arbeitslosigkeit vor, die arbeitspolitisch nicht

beachtet werden muss. Dieser Zustand der Vollbeschäftigung en-

dete Mitte der siebziger Jahre. Der erste Schub ansteigender Ar-

beitslosigkeit nach dem zweiten Weltkrieg dauerte von 1972 mit

ca. einem Prozent bis 1976, als die Arbeitslosenquote bei 4,5

Prozent lag. Danach ließ die konjunkturelle Verbesserung den

Wert bis 1980 wieder etwas sinken. Der zweite Schub des An-

stiegs ungewollter Erwerbslosigkeit begann 1981 mit unter vier

Prozent und erreichte 1984 etwa neun Prozent. Danach ging die

Arbeitslosigkeit auf fast sechs Prozent zurück. Doch nach der

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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Wiedervereinigung kam der dritte Schub: Die Arbeitslosigkeit stieg

bis 1996 auf fast zehn Prozent. Die sich anschließende leichte

Erholung ließ die Arbeitslosenwerte bis 2000 auf ca. acht Prozent

sinken.

Wie der Verlauf der Arbeitslosenkurve zeigt, handelt es sich bei

den Verbesserungen der Situationen um eine nur kurzfristige

konjunkturelle Arbeitsmarktentspannungen. Insgesamt ist die Ar-

beitslosenquote aber von 1960 bis 1996 von einem Prozent auf

zehn Prozent angestiegen. Die Situation der sechziger Jahre, die

durch friktionelle Arbeitslosigkeit gekennzeichnet war, wurde nicht

wieder erreicht. Die Bundesrepublik ist auch aktuell weit von der

Vollbeschäftigung entfernt. Die strukturelle Arbeitslosigkeit verfe-

stigt sich mehr und mehr und eine deutliche Besserung der Lage

ist bisher nicht in Sicht.

Strukturwandel innerhalb der Wirtschaftssektoren6

Wirtschaftliche Veränderungen, die nicht auf konjunkturelle

Schwankungen zurückzuführen sind, bezeichnet man als „Struk-

turwandel“. Die Ursachen für einen solchen strukturellen Wandel

liegen vor allem in den Änderungen der Nachfragestrukturen in

wachsenden Volkswirtschaften begründet. Weitere Ursachen lie-

gen im technischen Fortschritt, Preisänderungen und den verfüg-

baren Mengen an Produktionsfaktoren.

Seit den sechziger Jahren zeigt sich in der Bundesrepublik ein

starker Rückgang der Beschäftigten im ersten Sektor. War um

6 Die Ausführungen zum Strukturwandel orientieren sich an Klier (1999).

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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1950 noch fast jeder fünfte in der Fischerei-, Forst- und Landwirt-

schaft beschäftigt, so sind es heute noch knapp drei Prozent.

Auch das warenproduzierende Gewerbe weist eine Abnahme der

Beschäftigtenzahlen auf. Arbeiteten hier bis in die siebziger Jahre

das größte Erwerbspersonenpotenzial, so verliert es heute Be-

schäftigte an den dritten Sektor, der mittlerweile 60 Prozent der

Erwerbspersonen beschäftigt. Im Jahre 2010 sollen sogar 66 Pro-

zent dem tertiären Sektor angehören. Allerdings stagniert dabei

der Bereich Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, wäh-

rend die Dienstleistungen einen erheblichen Zuwachs zu ver-

zeichnen haben.

Dieser strukturelle Wandel bringt auch Veränderungen in der Tä-

tigkeitsverteilung der Beschäftigten in der Bundesrepublik mit

sich. So zeigt sich eine deutliche Reduzierung der Nachfrage von

Unternehmen nach einfachen Tätigkeiten wie Reinigung, Hilfsar-

beiten in der Produktion oder einfachen Bürotätigkeiten. Demge-

genüber sind hochqualifizierte Tätigkeiten in den Bereichen Ma-

nagement und Forschung, Entwicklung und Lehre mehr und mehr

gefragt.

Diese zunehmende Bedeutung qualifizierter Tätigkeiten verändert

ihrerseits das Anforderungsprofil der Arbeitskräfte für ihre Aufga-

benbereiche. Insgesamt lässt sich ein starker Trend zu höherer

formaler Bildung zu Lasten von Erwerbstätigen ohne Ausbildung

feststellen. Tessaring (1994: 12) fasst die Entwicklung folgender-

maßen zusammen:

„Zusammengenommen dürften von allen Arbeitsplätzen des Jahres 2010rund 72-73 % den Personen mit einer beruflichen Erstausbildung (Lehre,Berufsfachschule) oder Fortbildung an Fach-, Meister- und Techniker-schulen zur Verfügung stehen. (…) Der Akademikerbedarf (Universitäten,Fachhochschulen) könnte im Jahre 2010 bei insgesamt knapp 17-18 %liegen. Absolut werden dann, je nach Variante 4,7-5,0 Mio. Akademiker

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benötigt werden. 1,3 – 1,6 Mio. mehr als 1991. Noch deutlicher als in derfrüheren Projektion erwartet dürften Anteil und Zahl der Arbeitsplätze fürPersonen ohne Ausbildungsabschluss zurückgehen: Ihr Anteil konntesich von 1991 bis 2010 halbieren und würde dann bei rund 10 % liegen.“(Tessaring 1994: 12).

Die Transaktionsatmosphäre wird zusammenfassend seit Beginn

der achtziger Jahre in Deutschland zunehmend durch einen un-

ausgewogenen Arbeitsmarkt, der Tertiarisierung sowie der Inter-

nationalisierung und der damit verbundenen Veränderung der

Produktionsorganisation gekennzeichnet. Welchen Einfluss die

Transaktionsatmosphäre auf die Verhaltensweise der Akteure, die

Charakteristika von Arbeitsmarkttransaktionen und institutionelle

Arrangements ausübt, wird im Folgenden ermittelt.

2.3.3 Verhaltensannahmen unter Destandardisierungsbedingun-gen

Wie schon bei der Darstellung der Kritikpunkte an der Transakti-

onskostentheorie aufgeführt, werden bei der Anwendung der

Transaktionskostentheorie in vielen Studien die Verhaltensan-

nahmen „begrenzte Rationalität“ und „Opportunismus“ nicht be-

rücksichtigt (Dillmann 1996). Aus folgenden Gründen ist in dieser

Arbeit der Rückgriff auf diese Verhaltensannahmen notwendig:

Schon in einer übersichtlichen Transaktionsatmosphäre ist es

schwierig oder sogar unmöglich, vollständige Information über die

Marktsituation zu erlangen. Doch wegen der komplexen Transak-

tionsatmosphäre, die durch internationale Marktgröße, eine un-

überschaubare Menge an Wettbewerbern aber auch Kunden so-

wie dem Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleistungsge-

sellschaft gekennzeichnet ist, ist das Erlangen vollständiger In-

formationen besonders schwierig. Begrenzte Rationalität spielt

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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also unter der Bedingung der Internationalisierung eine wichtige

Rolle und darf insbesondere beim Vergleich der vorgestellten Per-

sonalstrategien nicht vernachlässigt werden.

Auch die weitere Verhaltensannahme der Transaktionskosten-

theorie, der Opportunismus, soll neben der begrenzten Rationali-

tät in die Transaktionsatmosphäre eingebettet und dann bei der

Entscheidung zwischen Flexibilisierungs- und Stabilisierungsstra-

tegie berücksichtigt werden. Auf Grund des unausgewogenen Ar-

beitsmarktes ist eine Machtasymmetrie zu Gunsten der Arbeitge-

ber entstanden. Einer kleinen Zahl von Arbeitsplätzen steht eine

große Zahl an Bewerbern gegenüber. Dass der Zustand der Voll-

beschäftigung nicht mehr erreicht wird, wie dies bis Mitte der

siebziger Jahre noch der Fall war, ist der quantitative Aspekt der

Situation, dass es aber in Anlehnung an Büchel und Weisshuhn

(1997) immer häufiger zu inadäquater Beschäftigung kommt, ist

die qualitative Seite. Dieser Studie nach waren Mitte der neunzi-

ger Jahre ca. ein Fünftel aller westdeutschen Beschäftigten, die

eine formale Berufsausbildung erworben haben, bildungsi-

nadäquat beschäftigt. Doch sind von unterwertiger Beschäftigung

nicht alle Gruppen in gleicher Weise betroffen. Beispielsweise

sind Personen mit einem Lehrberuf deutlich häufiger von bil-

dungsinadäquater Beschäftigung betroffen als Akademiker. Auch

Frauen gehören im Vergleich zu Männern diesbezüglich zur be-

nachteiligten Gruppe7.

7 siehe zu weiteren Differenzierungen inadäquater Beschäftigung Büchel/Weisshuhn (1997)

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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Dem Arbeitgeber steht also auf Grund seiner Position die Mög-

lichkeit offen, freie Stellen mit überqualifizierten Bewerbern zu be-

setzen. Diese werden so gezwungen, ihre Arbeitskraft, ihre Fä-

higkeiten und Kenntnisse „unter Wert“, das heißt zum einen zu

einem niedrigeren Lohn und zum anderen für weniger anspruchs-

volle Aufgaben, als die, die sie bei einem ausgewogenen Ar-

beitsmarkt ausführen könnten, anzunehmen. Es wird im Folgen-

den angenommen, dass diese so entstandene Machtasymmetrie

opportunistisches Verhalten der Arbeitnehmer reduziert. Denn je

ausgeprägter die Machtasymmetrie ausfällt, desto weniger wird

der Arbeitnehmer eine opportunistische Verhaltensweise zeigen,

da er sonst mit Sanktionen (beispielsweise in Form von Entlas-

sung) zu rechnen hat. Daher ist anzunehmen, dass die unausge-

wogene Arbeitsmarktsituation und die daraus resultierende

Machtasymmetrie vor allem bei weniger qualifikationsintensiven

Tätigkeiten den Rückgriff auf die Flexibilisierungsstrategie er-

leichtert.

Bei der Besetzung eines Arbeitsplatzes, der mit hohen betriebs-

spezifischen Qualifikationsanforderungen und damit mit Vertrau-

ensvorschüssen des Arbeitgebers verbunden ist, muss das Un-

ternehmen eher von opportunistischem Verhalten ausgehen als

bei niedrigeren Qualifikationsanforderungen. Zwar ist die Trans-

aktionsatmosphäre nach wie vor von einem unausgewogenen Ar-

beitsmarkt geprägt, doch ist das Abhängigkeitsverhältnis von Ar-

beitgeber und –nehmer deutlicher ausgeprägt als bei weniger

qualifizierten Tätigkeiten. Die Machtasymmetrie fällt also weniger

stark aus, folglich wählt das Unternehmen die Stabilisierungs-

strategie.

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2.3.4 Charakteristika von Arbeitsmarkttransaktionen unterDestandardisierungsbedingungen

Spezifität

Werden Arbeitsmarkttransaktionen untersucht, so wird die Faktor-

spezifität einer Transaktion durch Investitionen in das betriebs-

spezifische Humankapital betrachtet. Über die Höhe firmenspezi-

fischer Qualifikationen können allerdings nur relative Aussagen

getroffen werden. Der Spezifitätsgrad einer Transaktion ist um so

höher, je „größer der Wertverlust ist, der entsteht, wenn das erfor-

derliche Human- und Sachvermögen nicht zur Verwirklichung der

angestrebten Leistungsbeziehungen eingesetzt, sondern seiner

nächst besten Verwendungsmöglichkeit zugeführt wird.“ (Picot

1991). Der Spezifitätsgrad hat nur im Vergleich mit dem von Ver-

gleichspersonen einen Aussagewert.

Williamson/Wachter/Harris (1975) unterscheiden in Bezug auf die

Investitionen in firmenspezifisches Humankapital vier Arten von

Fähigkeiten:

- Equipment Idiosyncrasies: nur durch Erfahrung zu gewin-

nende Fähigkeit der Nutzung und Bedienung unterneh-

mensspezifischer Anlagen

- Process Idiosyncrasies: Kenntnisse des Arbeitsprozesses

eines Unternehmens, die im Laufe eines Arbeitslebens er-

worben werden

- Informational Team Accommodations: Diese informelle

Teamunterstützung bezieht sich auf die wechselseitige An-

passung von Mitarbeitergruppen, die sich in ständig wieder-

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kehrendem Kontakt befinden. Scheidet ein Mitglied aus, ist

das Team unter Umständen nur noch bedingt funktionsfähig.

- Communication Idiosyncrasies: Informationskanäle, die nur

innerhalb einer Firma von Bedeutung sind.

Investiert ein Arbeitnehmer in hohem Maße in firmenspezifisches

Humankapital, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er einen

eventuellen Arbeitgeberwechsel nicht ohne Einkommensverlust

bewältigen kann, denn die firmenspezifischen Investitionen führen

zwar zu einer Produktionserhöhung im derzeitigen Arbeitnehmer-

Arbeitgeber-Verhältnis, doch wären mit hoher Wahrscheinlichkeit

bei einem anderen Arbeitgeber unbrauchbar. Ein firmenspezifisch

qualifizierter Arbeitnehmer wird demnach ein ausgeprägtes Inter-

esse an einem langfristigen Arbeitsvertrag haben. Diese Überle-

gungen gelten auch für das Unternehmen. Eine Rekrutierung ex-

terner Angestellter erfordert nämlich zunächst eine an die Bedürf-

nisse des Unternehmens angepasste Weiterbildungsmaßnahme,

bevor dieser Mitarbeiter ähnlich hohe Leistungen erbringen

könnte wie der firmenspezifisch Qualifizierte. Je höher also das

betriebsspezifische Humankapital ausfällt, desto ausgeprägter ist

das Interesse des Unternehmens an einem möglichst langfristigen

Arbeitsvertrag, da sonst die geleisteten Ex ante-

Transaktionskosten wie Such- und Kontraktkosten nicht dem ge-

leisteten Output des Mitarbeiters entsprechen und die Rekrutie-

rung eines neuen Kollegen mit erneuten Transaktionskosten ver-

bunden ist. Folglich wird die Stabilisierungsstrategie gewählt.

Hingegen kommt die Flexibilisierungsstrategie zum Einsatz, wenn

das betriebsspezifische Humankapital gering ausfällt. Das Inter-

esse des Arbeitgebers an einer langfristigen Beziehung ist nur

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schwach ausgeprägt, da Ex ante-Transaktionskosten nur gering

ausfallen und auch die Ex post-Kosten niedrig sind. Es fällt leicht,

einen anderen Arbeitnehmer zu finden, der für die Aufgaben ein-

gesetzt werden kann. Zudem kommt opportunistisches Verhalten

kaum zum Tragen, da der Vertrag ohne hohe Kosten aufgelöst

werden kann. Zusammenfassend gilt: bei geringem firmenspezifi-

schen Humankapital kommt die Flexibilisierungsstrategie zum

Einsatz, fällt das Ausmaß an Humankapitalspezifität hoch aus,

wird die Stabilisierungsstrategie gewählt.

Unsicherheit

Wie bei der Transaktion von Gütern müssen auch bei Arbeits-

markttransaktionen zwei Arten von Unsicherheit betrachtet wer-

den: die parametrische Unsicherheit sowie die Verhaltensunsi-

cherheit. Gaß (1996: 95 ff.) unterscheidet zudem Unsicherheit am

Arbeitsmarkt vor und nach Abschluss des Arbeitsvertrages. Vor

Abschluss des Arbeitsvertrages basiert die Verhaltensunsicherheit

für die Unternehmen auf ihrer beschränkten Rationalität, die un-

terschiedliche Faktorausstattung aller Arbeitskraftanbieter zu er-

fassen. Dabei unterscheiden sich Arbeitkräfte nicht nur hinsicht-

lich ihrer berufsfachlichen Fähigkeiten sondern auch im Bereich

sozialer Qualifikationen. Allgemein gilt: bei geringer Anforderung

an betriebsspezifisches Humankapitel hat der Arbeitgeber keine

Schwierigkeiten, eine geeignete Arbeitskraft zu finden, je höher

das Niveau angesiedelt ist, desto höher fallen auch die Suchko-

sten für den Betrieb aus.

Es wird allerdings angenommen, dass die komplexe Transakti-

onsatmosphäre einen unsicherheitsminimierenden Effekt für die

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Unternehmen mit sich bringt. Vor dem Hintergrund eines unaus-

gewogenen Arbeitsmarktes steht, wie schon erwähnt, den Unter-

nehmen ein größerer Bewerberpool mit einem hohen Qualifikati-

onspotenzial zur Verfügung. Die größere Auswahl an Kandidaten

ermöglicht es den Betrieben, einen optimalen Mitarbeiter zu fin-

den, dem gegenüber keine Verhaltensunsicherheit besteht.

Das Problem der Verhaltensunsicherheit bleibt auch bei Arbeits-

markttransaktionen nach Vertragsabschluss bestehen, nämlich

wenn es um die Zurechenbarkeit von Leistung der Mitarbeiter

geht. Dieses Problem entsteht, wie oben erwähnt, im Zusammen-

hang mit der Opportunitätsannahme. Erst wenn ein Arbeitnehmer

durch opportunistisches Verhalten versucht, ein niedrigeres Ar-

beitspensum zu leisten, tritt das Problem im transaktionskosten-

theoretischen Sinne auf. Unter Einbeziehung der Transaktionsat-

mosphäre, genauer der Verbreitung neuer Kommunikations- und

Informationstechnologien kann man dem zunächst entgegenhal-

ten, dass durch elektronische Arbeitszeiterfassungssysteme oder

Videoüberwachungen die Zurechenbarkeit von Leistung kaum

noch ein Problem darstellt. Dies trifft auf Tätigkeitsfelder zu, deren

Output mit einfachen Mitteln zu messen ist. Doch insbesondere

wenn der Aufgabenbereich hochgradig komplex ist und keine

Routinetätigkeit vorliegt, ist es schwierig, die Leistung jedes ein-

zelnen Mitarbeiters adäquat zu bewerten.

Neben der Messung des Outputs der Mitarbeiter besteht unter Be-

rücksichtigung der Transaktionsatmosphäre noch ein anderes

Problem der Verhaltensunsicherheit, dass an dieser Stelle aber

nur kurz erwähnt werden soll. Mit der Vernetzung der verschiede-

nen Märkte kommen kulturelle Unterschiede in der individuellen

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Arbeitsweise zum Vorschein, z.B. im Zeitverständnis, der Ver-

handlungsführung, dem Hierarchieverständnis, dem Umgang mit

Konflikten sowie der Einhaltung von Vereinbarungen, denen

Rechnung getragen werden muss8.

Vor dem Hintergrund der komplexen Transaktionsatmosphäre ist

neben der Verhaltensunsicherheit die parametrische Unsicherheit

von besonderer Bedeutung. Sie bezieht sich auf die Unsicherheit

der situativen Gegebenheiten, in die eine Transaktion eingebettet

ist. Es besteht zwar die Möglichkeit, diese situativen Gegeben-

heiten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu bestimmen,

doch es ist schwierig, Aussagen über ihre zukünftige Entwicklung

zu treffen. Kommt es im Laufe der Vertragsbeziehungen zu einer

Änderung der Ausprägung eines oder mehrerer Parameter, so

zeigt zumindest ein Vertragspartner Interesse an einer Neuver-

handlung des Vertrages. Veränderungen der Situation sind insbe-

sondere auf die fortschreitende Internationalisierung zurück zufüh-

ren. Unternehmen müssen permanent mit Auftragsschwankungen

rechnen und müssen sich immer kürzeren Innovationszyklen an-

passen.

Allerdings ist zu beachten, dass der Faktor „Unsicherheit“ allein

keine Gefahr für eine Transaktion darstellt. Denn ist das betriebs-

spezifische Humankapital nur ungenügend ausgeprägt, so kann

bei opportunistischem Verhalten des Transaktionspartners der

Vertrag ohne große Kosten gekündigt und ein neuer Partner ge-

sucht werden. Ist z.B. die Situation durch Auftragsschwankungen

8 Siehe zum Problem der kulturellen Unterschiede Trompenaars/Hampden-Turner (2002);Böttcher (1999).

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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und kurze Innovationszyklen geprägt, die Art der zu vergebenden

Tätigkeit aber mit einfachen Routinearbeiten verbunden, so kann

das Unternehmen auf die Flexibilisierungsstrategie zurückgreifen

und muss Verhaltensunsicherheit nicht in einem besonderen Maß

berücksichtigen. Erst wenn Unsicherheit auf ein hohes Maß an

Faktorspezifität triff, müssen Vorkehrungen getroffen werden, um

Ex ante- und Ex post-Transaktionskosten möglichst gering zu

halten. Ist das Unternehmen beispielsweise auf eine Fachkraft

angewiesen, die es versteht, den Markt abzuschätzen und mit der

Entwicklung adäquater Produkte auf Auftragsschwankungen zu

reagieren, so besteht nicht nur von Seiten des Mitarbeiters der

Wunsch nach einem sicheren Arbeitsplatz sondern auch auf Sei-

ten des Arbeitgebers existiert der Wunsch nach einer langfristigen

Beziehung. Nur auf diese Weise amortisieren sich die Such-, In-

formations- und Verhandlungskosten.

Häufigkeit

Bei der Analyse von Vertragsbeziehungen wurde bisher in der

Transaktionskostentheorie die Betrachtung der Häufigkeit ver-

nachlässigt (s. Williamson 1985; Kullak 1996). Doch spielt die

Dauer bzw. die Häufigkeit von Vertragsverhältnissen gerade bei

der Wahl der Personalstrategie eine wichtige Rolle. Denn wenn

ein Beschäftigungsverhältnis im Extremfall für eine einmalige Auf-

gabe vergeben werden soll, würde sich ein langfristiger Vertrag

als wenig effizient erweisen, da für die entsprechende Arbeitskraft

nach Verrichtung der Aufgabe unter Umständen keine neuen Tä-

tigkeiten anfallen. Teure Arbeitsmarkttransaktionskosten wie An-

bahnung-, Entlassungs-, Verhandlungskosten etc. wären vor al-

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

106

lem bei einer Routinetätigkeit nicht dem Zweck angepasst. Diesen

Überlegungen zu Folge wird ein Unternehmen die Wahl seiner

Personalstrategie auch von der zu erwartenden Häufigkeit bzw.

der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses abhängig machen.

Nur wenn der Bedarf des Arbeitsvolumens weitestgehend vorher-

sehbar ist, wird die Stabilisierungsstrategie gewählt werden, ande-

rerseits erfolgt der Rückgriff auf die Flexibilisierungsstrategie. Die-

se ermöglicht beispielsweise durch eine Befristung des Arbeits-

vertrages eine flexible Anpassung des Personalbedarfs an das

Auftragsvolumen.

2.3.5 Institutionelle Arrangements von Arbeitsmarkttransaktionen

An Hand des Vertragsschemas von Williamson (1990: 38) werden

im Folgenden die transaktionskostentheoretischen Aussagen über

institutionelle Arrangements bei Arbeitsmarkttransaktionen noch

mal zusammengefasst. Im Mittelpunkt des Schemas (vgl. Abbil-

dung 2) steht, wie bei sonstigen Vertragsproblemen auch, die

Faktorspezifität. Unsicherheit wird als gegeben unterstellt.

Keine spezifischen Humankapitalinvestitionen (k=0) sind bei Ar-

beitsmarkttransaktionen des Typs A erfolgt. Es handelt sich um

kurzfristige Verträge, bei denen die Vorzüge des Markttauschs

zum Ausdruck kommen. Sie bedürfen keiner absichernden Kon-

trollmechanismen, da die Transaktion über den Preismechanis-

mus abgewickelt wird. Die Anpassung erfolgt stattdessen über

den Lohnwettbewerb. Effizient ist diese Form der Austauschbe-

ziehung, da die Vertragspartner die Anreizintensität und Konkur-

renzmechanismen marktlicher Beziehungen nutzen können, um

sich vor opportunistischem Verhalten zu schützen. Zudem ist der

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

107

Austausch der Arbeitskraft ohne große Kosten durchzuführen. Die

Rekrutierung ist ebenfalls kostengünstig, da bei unspezifischen

Qualifikationen eine aufwändige Personalauswahl nicht notwendig

ist und bei berufsfachlichen Qualifikationen die Ausbildungszertifi-

kate den Nachfragern bei geringen Informationskosten anzeigen,

wie die Arbeitskraft qualifiziert ist.

Demgegenüber stehen Arbeitsmarkttransaktionen des Typs C, die

durch institutionelle Mechanismen gesichert sind (s>0). Durch das

ausgeprägte humanspezifische Niveau (k>0) sind Arbeitnehmer

nicht den kurzfristigen Kündigungen ihrer Arbeitgeber ausgesetzt.

Anpassungen der Verträge gehen auf kooperative Weise von

Statten. Dieses institutionelle Arrangement gilt als äußerst kost-

spielig. Bei hohem betriebsspezifischem Kapital der Mitarbeiter ist

dieses Arrangement die passendste Organisationsform, da ein

beiderseitiges Abhängigkeitsverhältnis in einer langfristigen Be-

ziehung geschaffen wird. Die Nachteile bestehen darin, dass die

Anreizstrategie des Marktes verloren geht, die Vorteile sind hin-

gegen, dass zwar die Ex ante- Kosten relativ hoch ausfallen, dafür

aber die Ex post-Transaktionskosten relativ gering sind, da über

die Anpassungsfähigkeit beider Seiten Vertragsanpassungen

meist problemlos vollzogen werden können.

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

108

Abbildung 2: Einfaches Vertragsschema von Williamson

Quelle: Williamson (1990: 38)

Zwischen Typ A und C sind Arbeitsmarkttransaktionen des Typs B

angesiedelt. Es werden transaktionsspezifische Investitionen

(k>0) unternommen, die jedoch nicht durch Absicherungsmecha-

nismen geschützt sind (s=0). Transaktionen dieses Typs werden

sich langfristig entweder zu Typ A entwickeln, das heißt, spezifi-

sche Investitionen werden nicht mehr benötigt, oder sie münden

in Typ C, das heißt in das Arrangement fließt ein Absicherungs-

mechanismus ein (Williamson 1990: 39 f.).

2.3.6 Bestimmung der Transaktionskosten

2.3.6.1 Transaktionskosten der Stabilisierungsstrategie

Da die Anwendung von Stabilisierungs- oder Flexibilisierungs-

strategie mit Ex ante- und Ex post-Transaktionskostenarten ver-

k =

A

B

k > 0

s =

Cs > 0

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

109

bunden, fallen die Ex post-Transaktionskosten desto geringer aus,

je effizienter die Suche nach einem geeigneten Vertragspartner

gestaltet wird und je genauer die anschließenden Vereinbarungen

getroffen werden. Diese Suchkosten fallen bei der Vergabe eines

Normalarbeitsverhältnisses wesentlich höher aus als bei destan-

dardisierten Beschäftigungsformen. Da die Arbeitsbeziehung auf

längere Zeit angelegt ist, wird das Unternehmen versuchen, einen

möglichst passenden Akteur zu finden. Daher wird es meist eini-

gen finanziellen und zeitlichen Aufwand für die Wahl des richtigen

Mitarbeiters betreiben, z.B. durch die Aufgabe einer Stellenanzei-

ge in einer überregionalen Zeitung oder gar der kostspieligen Be-

auftragung einer Personalbeschaffungsagentur. Auch zeitlich und

finanziell aufwändige Personalauswahlverfahren werden zur An-

wendung kommen.

Je effizienter die Suche nach einem Mitarbeiter und je genauer

die Vereinbarungen getroffen werden, desto geringer fallen auf

der anderen Seite die Ex post-Transaktionskosten aus. Diese set-

zen sich aus Kontroll-, Sanktions- und Anpassungskosten zu-

sammen. Je sorgfältiger ein Kandidat rekrutiert und auf seine Ein-

stellungen und Verhaltensweisen überprüft wird, desto geringer

werden die Kontroll- und Sanktionskosten ausfallen. Doch kann

sich das Unternehmen vor dem Hintergrund der Annahme oppor-

tunistischen Verhaltens nie sicher sein, ob ein Arbeitnehmer Lei-

stungen im vereinbarten Umfang erbringt. Daher kommt es nach

wie vor zu Kontrollkosten. Diese können im Vergleich zu Kontroll-

kosten der Flexibilisierungsstrategie höher ausfallen, da gerade

bei einem auf lange Zeit angelegten Vertrag der Output immer

spezifiziert ist und die Vertragslage ständig an veränderte Um-

weltbedingungen angepasst werden müsste. Basiert das Arbeits-

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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verhältnis auf Vertrauen, so fallen unter Umständen keine Kon-

trollkosten an, da sich der Arbeitgeber darauf verlässt, dass der

Arbeitnehmer nicht im opportunistischen Sinne handeln wird. Ne-

ben der Etablierung von Kontrollmechanismen werden bei der

Stabilisierungsstrategie auch Anreizsysteme genutzt, um die Lei-

stungen der Mitarbeiter zu maximieren. So kommen auf die Be-

triebe beispielsweise Kosten in Form von Erfolgsbeteiligungen

oder der Einsetzung einer betrieblichen Altersvorsorge zu.

Neben den Kontrollkosten kommt es bei der Anwendung der Sta-

bilisierungsstrategie ex post zusätzlich zu Anpassungskosten.

Wird ein neuer Mitarbeiter in seinen Tätigkeitsbereich eingewie-

sen, so fallen zunächst Lohnkosten für den Arbeitseinweiser so-

wie Kosten für dessen Produktionsausfall an. Da die Beziehung

von Unternehmen und Arbeitnehmer bei der Nutzung der Stabili-

sierungsstrategie auf Langfristigkeit angelegt ist und da die

Transaktionsatmosphäre von sich ständig wandelnden Bedingun-

gen wie Auftragsschwankungen und kürzeren Produktlebenszy-

klen geprägt ist, fallen zudem Fort- und Weiterbildungskosten an,

die in einem Normalarbeitsverhältnis in der Regel nicht vom Ar-

beitnehmer getragen werden.

Wird solch ein Beschäftigungsverhältnis gekündigt, so nimmt nicht

nur der Arbeitnehmer Schaden. Auch auf den Arbeitgeber kom-

men Konsequenzen in Form von Sanktionskosten zu. Die in ei-

nem Normalarbeitsvertrag festgelegten Abfindungen müssen ge-

zahlt oder die Umsetzungen von Sozialplänen bewerkstelligt wer-

den. Zwar fallen diese Ex post- Transaktionskosten im Vergleich

zu Ex post-Transaktionskosten bei Anwendung der Flexibilisie-

rungsstrategie (wie noch zu zeigen ist) höher aus, doch ist zu be-

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

111

achten, dass sie sich um ein Vielfaches senken lassen, wenn vor

Vertragsabschluss die richtige Wahl bezüglich des Kandidaten

getroffen wurde, das heißt, wenn ein nicht unerheblicher Aufwand

für die Personalsuche und Vertragsverhandlungen betrieben wur-

de.

2.3.6.2 Transaktionskosten der Flexibilisierungsstrategie

Bei der Analyse von Transaktionskosten der Flexibilisierungs-

strategie sollen zunächst Transaktionskosteneffekte untersucht

werden, die für alle Arten von Flexibilisierung zutreffen. Im An-

schluss soll dann zwischen Transaktionskosten von geringfügiger

und befristeter Beschäftigung, Scheinselbstständigkeit und Lei-

harbeit unterschieden werden.

Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die aufgeführten

Punkte aber für alle Arten von Beschäftigungsverhältnissen, die

im Rahmen der Flexibilisierungsstrategie abgeschlossen werden,

zutreffen. Nienhüser und Baumhus (2002: 85 ff.) weisen u.a. auf

zwei Arten von Transaktionskosteneffekten hin: die Vermeidung

von Mitbestimmungskosten sowie die Vermeidung von Gerechtig-

keitsproblemen. Die Autoren beziehen sich dabei ausschließlich

auf Transaktionskosteneffekte von Leiharbeit. M.E. treffen diese

Effekte auch auf alle anderen Beschäftigungsverhältnisse, die im

Rahmen der Flexibilisierungsstrategie geschaffen werden, zu.

Die Flexibilisierungsstrategie wird dazu verwendet, der gesetzli-

chen Mitbestimmungspflicht auszuweichen. Durch die Reduzie-

rung der Festangestellten unter eine Anzahl von 100 Arbeitneh-

mern gelingt es den Unternehmen, z.B. die Einrichtung eines

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112

Wirtschaftsausschusses zu verhindern und unter den jeweils er-

forderlichen Beschäftigtenzahlen die Anwendung von Unterneh-

mensmitbestimmungsgesetzen zu verhindern. Durch die Beschäf-

tigtenzahlen können auch andere Mitbestimmungsrechte ausge-

hebelt werden, so z.B. die Mitbestimmung des Betriebsrates bei

der Einführung von Überstunden.

Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass der Einsatz von

destandardisierten Beschäftigungsformen innerbetriebliche Ge-

rechtigkeitsprobleme vermeidet, indem nicht innerhalb des eige-

nen Personals differenziert wird, sondern die Differenzierung zwi-

schen regulärem und externem Personal erfolgt. Diese Vermutung

manifestieren Nienhüser und Baumhaus (in Bezug auf Leiharbeit)

folgendermaßen: Neben Segmentationstheoretikern sind auch

Transaktionskostentheoretiker der Auffassung, dass es funktional

ist, die Belegschaft in eine Stamm- und eine Randbelegschaft zu

unterteilen. Der Stammbelegschaft, die meist betriebsspezifisches

Humankapital aufweist, kommen Aufstiegsregelungen sowie bes-

sere Entlohnungssysteme und Arbeitsbedingungen zu Gute, wäh-

rend der Randbelegschaft, die nicht oder nur wenig betriebsspezi-

fisch qualifiziert ist, diese Vorzugsbehandlung nicht zu Teil wird.

Die erste Gruppe müsste nach Meinung der Transaktionskosten-

theoretiker mit Anreizen eng an den Betrieb gebunden werden,

während sich für die andere Gruppe dieses Anreizsystem nicht

auszahlen würde. Diese Segmentierung ist aber auch mit Nach-

teilen verbunden und zwar in der Form, dass Rand- und Stamm-

belegschaft miteinander in Kontakt kommen und die benachtei-

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

113

ligten Arbeitnehmer versuchen werden, ebenfalls in den Genuss

dieser Privilegien zu gelangen, indem sie zum so genannten

„shirking“9, also „Bummeln“ bei der Arbeit übergehen und damit

das Output reduzieren. Zudem lassen das deutsche Arbeitsrecht

sowie die betriebliche Interessenvertretung eine eindeutige Diffe-

renzierung und damit Benachteiligung eines Teils der Belegschaft

nicht zu, damit wird den Unternehmen bei der Segmentation des

Personals nicht allzu viel Spielraum eingeräumt.

Um diesen Einschränkungen zu umgehen, kommt der Flexibilisie-

rungsstrategie eine wichtige Funktion zu. Die Differenzierungslinie

wird nicht mehr innerhalb des eigenen Personals gelegt sondern

verläuft zwischen dem festen Mitarbeiterstamm und der Randbe-

legschaft, die sich neben Zeitarbeitnehmern auch aus geringfügig

oder befristet Beschäftigten und Scheinselbstständigen zusam-

mensetzt. Zum einen haben diese Beschäftigten weniger Kontakt

mit dem Stammpersonal, was zu weniger Vergleichen und damit

zu weniger Forderungen führt. Werden doch Ansprüche gestellt,

so ist eine Entlassung wesentlich leichter zu vollziehen. Zum an-

deren akzeptieren auch die betrieblichen Vertretungen in der Re-

gel ungünstigere Bedingungen eher für Mitglieder der Randbeleg-

schaft (Nienhüser/Baumhus 2002: 85 ff.).

Die Vermeidung von Gerechtigkeitsproblemen und Mitbestim-

mung sind also Transaktionskosteneffekte, die die Flexibilisie-

rungsstrategie in ihrer Gesamtheit betreffen. Bei den übrigen

Transaktionskostenarten wie Such- und Vereinbarungskosten so-

9 Siehe zum „Shirking“ Jasperneite (2001: 29).

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wie Kontroll-, Sanktions- und Anpassungskosten soll nach unter-

schiedlichen Arten von Beschäftigungsverhältnissen der Flexibili-

sierungsstrategie, befristeter und geringfügiger Beschäftigung,

Scheinselbstständigkeit und Leiharbeit, unterschieden werden.

Bei befristeten Arbeitsverträgen gestalten sich Suchkosten oft

ähnlich wie bei der Vergabe eines Normalarbeitsverhältnisses.

Entgegen der allgemeinen Annahme werden befristete Arbeits-

verträge weniger an Niedrig- als an Hochqualifizierte vergeben.

Hochqualifizierte bewegen sich häufig von einem befristeten Ver-

trag zum nächsten. Als Beispiel soll hier die Verkettung von Ver-

trägen wissenschaftlichen Personals genannt werden, die häufig

mit Beschäftigungen in aufeinander folgenden Projekten verbun-

den ist. Bei der Höhe der Ex ante-Transaktionskosten einer befri-

steten Beschäftigung kommt es also auf die Höhe der betriebs-

spezifischen Qualifikation an. Je mehr die Suche nach einem Be-

werber ausgerichtet ist, der über ein ausgeprägtes Humankapital

verfügt, desto höher werden aus transaktionskostentheoretischer

Sicht die Personalauswahlkosten ausfallen. Geht es eher um Tä-

tigkeiten, bei denen es nicht so sehr auf Humankapital ankommt,

wird das Unternehmen weniger Geld und Zeit in das Schalten von

Stellenanzeigen, Auskünfte beim Arbeitsamt, die Beauftragung

einer Personalvermittlungsagentur, Bewerbungsgespräche und in

die Durchführung von Assessment-Centern investieren. Der ent-

scheidende Grund, warum die Ex ante-Transaktionskosten bei der

Vergabe eines befristeten Arbeitsvertrages niedriger ausfallen als

bei der Vergabe eines Normalarbeitsverhältnisses liegt darin, dass

für den Betrieb von vornherein fest steht, dass der Vertrag auto-

matisch beendet wird, dass heißt, dass er zu einem bestimmten

Termin ohne weiteres Zutun ausläuft. Erkennt das Unternehmen,

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

115

dass es trotz hoher Transaktionskosten und hohen zeitlichen

Aufwandes nicht den optimalen Vertragspartner gefunden hat, so

ist die Auflösung des Vertrages mit weniger Kosten behaftet als

bei Anwendung der Stabilisierungsstrategie, die Entlassungsko-

sten mit sich bringt.

Anders gestaltet sich die Ermittlung der Ex ante-

Transaktionskosten bei den übrigen destandardisierten Beschäfti-

gungsformen. Bei der Beauftragung einer Personalüberlassungs-

firma werden die Personalauswahl- und Vereinbarungskosten auf

die Verleihfirma abgewälzt (siehe auch Nienhüser/Baumhus

2002). Für den Auftraggeber entfallen also finanzieller und zeitli-

cher Aufwand z.B. für Stellenanzeigen und Informationseinholun-

gen beim Arbeitsamt. Auch Bewerbungsgespräche und ähnliche

Auswahlverfahren sowie die Aushandlung des Arbeitsvertrages

laufen über die beauftragte Personalfirma. Der Aufwand für die

Auswahl der Personalserviceagentur lässt zwar auch Transakti-

onskosten anfallen, doch stehen diese in keinem Verhältnis zur

eigenständigen Auswahl des Personals und zur Aushandlung der

Verträge.

Dass auch bei der Vergabe eines geringfügigen Beschäftigungs-

verhältnisses kaum Ex ante-Transaktionskosten anfallen, wird

vermutet, da es sich bei dieser Art der Flexibilisierungsstrategie in

der Regel nur um Aushilfstätigkeiten handelt. Daher wird bei-

spielsweise die Veröffentlichung einer Stellenanzeige in einem ko-

stengünstigen Anzeigenblatt und nicht einer teuren Regionalzei-

tung abgewickelt und die Beauftragung einer Personalvermitt-

lungsagentur kommt wegen der hohen Honorare erst gar nicht in

Frage.

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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Im Vergleich zu der Vergabeprozedur eines unbefristeten Vertra-

ges wird die Anbahnung einer Beschäftigung eines Scheinselbst-

ständigen für das Unternehmen ebenfalls recht kostengünstig

ausfallen. Der Selbstständige ist dem Unternehmen oft schon be-

kannt, da einer Scheinselbstständigkeit häufig eine Mitarbeit im

Unternehmen vorausgegangen ist. Insofern hat der Auftragneh-

mer schon die Auswahlphase von Bewerbung, Auswahlgespräch

oder Assessment-Center durchlaufen und tritt dem Arbeitgeber

nicht mehr als eine Person gegenüber, die noch auf ihre Vertrau-

enswürdigkeit und Fähigkeiten überprüft werden muss. Während

ein fest angestellter Arbeitnehmer im Rahmen eines allgemein

definierten Arbeitsverhältnisses wechselnde Weisungen erhält,

bekommt dagegen ein (Schein-) Selbstständiger einen Auftrag, in

dem die erwarteten Leistungen und Gegenleistungen genau

quantifiziert sind. Das Verhältnis zwischen Unternehmen und

(Schein-) Selbstständigem lebt von Auftrag zu Auftrag und jeder

Auftrag kann neu verhandelt werden. Daher kommen auf das

Unternehmen Vereinbarungskosten zu, denn diese fallen bei der

Beauftragung eines (Schein-) Selbstständigen immer wieder aufs

Neue an. Doch auf Grund der Machtasymmetrie, die sich in einer

vom unausgewogenen Arbeitsmarkt geprägten Transaktionsat-

mosphäre verfestigt hat, muss sich der Arbeitgeber weniger vor

opportunistischem Verhalten seines Transaktionspartners schüt-

zen. Hat der Arbeitnehmer trotz einer Vielzahl von Konkurrenten

einen Auftrag erhalten, wird er bei der Vertragsverhandlung auf

opportunistische Verhaltensweisen zur Maximierung seines eige-

nen Nutzens verzichten (müssen).

Wie verhält es sich mit Ex post-Transaktionskosten bei befristeter

und geringfügiger Beschäftigung, Leiharbeit und Scheinselbst-

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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ständigkeit? Der Grund für niedrigere Ex ante-Transaktionskosten

bei Vergabe einer befristeten Tätigkeit als bei einem Normalar-

beitsverhältnis ist auch auf die Ermittlung der Höhe von Kontroll-

und Anpassungskosten zu übertragen. Da eine befristete Tätigkeit

zu einem bestimmten Datum automatisch beendet wird, entfallen

beispielsweise Kündigungskosten ebenso wie die Zahlung von

Abfindungen oder die Umsetzung eines Sozialplans. Weniger ein-

deutig verhält es sich bei Lohnkosten für die Einarbeitung durch

einen Dritten als auch bei Kosten für Fort- und Weiterbildungs-

maßnahmen. Einerseits kann davon ausgegangen werden, dass

die Initiative für Weiterqualifizierungen von den befristet Beschäf-

tigten in ihrer Freizeit bzw. zwischen zwei befristeten Tätigkeiten

getätigt werden und dass sie auch für die anfallenden Kosten auf-

kommen. Andererseits haben auch die Arbeitgeber ein Interesse

an Mitarbeitern, die stets den Anforderungen entsprechend aus-

gebildet sind und werden daher unter Umständen auch in deren

Weiterbildung investieren. Es sei denn, der Vertrag ist von so kur-

zer Dauer, dass es sich nicht lohnt oder nach Auslauf eines Ver-

trages ein anderer Arbeitnehmer gesucht werden kann, der die

benötigten Qualifikationen bereits mitbringt, für den Fortbildungen

also nicht notwendig sind.

Eindeutigere Aussagen können bezüglich der Weiterbildungsko-

sten bei den anderen Arten der Flexibilisierungsstrategie gemacht

werden. Bei Leiharbeit entfallen sowohl Fort- und Weiterbildungs-

kosten als auch Trennungskosten, also Entlassungskosten, die

Zahlung von Abfindungen und die Umsetzung von Sozialplänen

bei der Inanspruchnahme von Leiharbeit. Diese Kosten werden

nämlich, wie auch ein Großteil der Ex ante-Transaktionskosten,

auf die Personalüberlassungsagentur überwälzt.

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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Diese Kostenarten werden von den Arbeitgebern ebenfalls bei

Scheinselbstständigkeit und geringfügiger Beschäftigung nicht

übernommen. Bei Scheinselbstständigkeit werden Weiterbil-

dungsmaßnahmen zwangsweise vom Selbstständigen in Eigen-

verantwortung getragen. Kommt er dieser Notwendigkeit nicht

nach, so muss er damit rechnen, dass die Konkurrenz den Zu-

schlag erhält, denn der Besserqualifizierte erhält den Zuschlag für

die Tätigkeit. Auch in den Genuss von Abfindungen kommt der

(meist) ehemalige Arbeitnehmer in seinem jetzigen Status als

Selbstständiger nicht mehr, denn dieses Privileg ist nicht mehr

Bestandteil seines Vertrages. Dem Unternehmen entstehen zu-

sätzlich keine Lohnkosten für einen Arbeitseinweiser, denn der

Selbstständige setzt seine Arbeit fort, die er im Angestellten- oder

Arbeiterstatus ausgeführt hat und ist daher bestens mit der Auf-

gabe vertraut.

Ähnlich verhält es sich mit den Ex post-Transaktionskosten bei

geringfügiger Beschäftigung. Da es sich in der Regel um nicht

qualifizierungsintensive Tätigkeiten handelt, entfallen die Einwei-

sungskosten durch einen Kollegen entweder ganz oder sie fallen

sehr gering aus. Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen kommen

meist nicht auf und auch Abfindungen werden nicht entrichtet, da

durch geringfügige Beschäftigung der Arbeitnehmer nicht der

Stammbelegschaft eines Unternehmens angehört.

Während beim Rückgriff auf die Stabilisierungsstrategie die Reak-

tionen auf Unsicherheiten innerhalb der Firma erfolgen, wird deut-

lich, dass Unternehmen durch die Anwendung der Flexibilisie-

rungsstrategie die Verarbeitung von Unsicherheiten nicht auf der

Betriebsebene bewältigen, sondern auf die Mitarbeiter abwälzen.

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2.3.7 Fazit aus der Anwendung der Transaktionskostentheorie aufdie Destandardisierung der Erwerbsarbeit

Zusammenfassend kommt die nach Flexibilisierungs- und Stabili-

sierungsstrategie differenzierte Analyse der Transaktionsko-

steneffekte zu folgenden Ergebnissen: Die Transaktionsatmo-

sphäre ist geprägt durch die zunehmende Tertiarisierung, einen

unausgewogenen Arbeitsmarkt sowie die sich ausbreitende Inter-

nationalisierung und die damit einhergehenden Veränderung der

Produktionsweise. Vor diesem Hintergrund würden unter den Be-

dingungen einer geringen Häufigkeit und eines geringen betriebs-

spezifischen Humankapitals in Kombination mit hoher Unsicher-

heit sowohl die Ex ante- als auch die Ex post-Transaktionskosten

der Stabilisierungsstrategie deutlich höher ausfallen als die

Transaktionskosten der Flexibilisierungsstrategie. Durch die An-

wendung der Flexibilisierungsstrategie erreichen die Unterneh-

men in einer von diesen Bedingungen geprägten Situation eine

hohe Anpassungsfähigkeit an die schwankende Auftragslage. Die

Nutzung destandardisierter Beschäftigungsformen verursacht

dann deutlich weniger Transaktionskosten als die Anwendung der

Stabilisierungsstrategie. Zudem werden Anreizmechanismen al-

lein über den Preismechanismus hergestellt und opportunisti-

sches Verhalten der Arbeitnehmer kann sich durch eine eindeuti-

ge Definition von Leistung und Gegenleistung nicht durchsetzen.

Kommt es doch einmal zu einer Nichteinhaltung der Vertragsklau-

seln oder stellt sich ein Konkurrent als leistungsstärker heraus, so

ist eine Auflösung des bestehenden Vertrages ohne Komplikatio-

nen möglich. Da die meisten neuen Erwerbsformen durch eine in

der Regel nur kurze Vertragsdauer gekennzeichnet sind, steht es

dem Unternehmen zudem frei, nach Vertragsende eine neue Ge-

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schäftsbeziehung einzugehen. Durch die neuen Beschäftigungs-

formen sind so institutionelle Arrangements geschaffen worden,

die durch den Preismechanismus gesteuert werden und daher

unter bestimmten Bedingungen deutlich günstiger ausfallen als

Normalarbeitsverhältnisse. Doch neben dem Rückgriff auf die

Flexibilisierungsstrategie wird nach der Williamson’schen Theorie

unter bestimmten Bedingungen immer noch auf die Stabilisie-

rungsstrategie zurückgegriffen. Unbefristete Vollzeitarbeitsplätze

werden auch unter den Bedingungen der komplexen Transakti-

onsatmosphäre vergeben, wenn ein hohes betriebsspezifisches

Humankapitalniveau bei einer anhaltend guten Auftragslage

nachgefragt wird.

2.4 Erweiterung der Transaktionskostentheorie um denAspekt des Vertrauens

Wie die Analyse der Ex ante- und Ex post-Transaktionskosten der

verschiedenen Personalstrategien gezeigt hat, weist die Nutzung

der Flexibilisierungsstrategie unter bestimmten Bedingungen für

das Unternehmen deutlich niedrigere Transaktionskosten auf als

die Anwendung der Stabilisierungsstrategie. Die Vorteile atypi-

scher Beschäftigungsformen aus betrieblicher Sicht liegen in den

personalpolitischen Spielräumen, die sie in Hinblick auf Entloh-

nung, Arbeitszeit und Kontinuität der Beschäftigung bieten. Doch

aus welchen Gründen bieten Betriebe nach wie vor neben

destandardisierten Beschäftigungsformen auch Normalarbeitsver-

hältnisse an bzw. in welchen Fällen wird ganz auf den Gebrauch

der Flexibilisierungsstrategie verzichtet? Ein Grund wurde bereits

in der Anwendung der Transaktionskostentheorie bei der Suche

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nach Ursachen für die Ausbreitung neuer Beschäftigungsverhält-

nisse ersichtlich und soll an dieser Stelle noch mal wiederholt

werden: Je firmenspezifischer das Humankapital eines Arbeit-

nehmers ausgeprägt ist, desto größer ist auch das Interesse der

Unternehmen an einer möglichst langfristigen Beziehung, da mit

steigendem betriebsspezifischen Humankapital die (gegenseitige)

Abhängigkeit der Akteure wächst. Einerseits sinkt mit hohem un-

ternehmensspezifischem Humankapital die Chance des Arbeit-

nehmers bei einem anderen Unternehmen eine Beschäftigung zu

bekommen, da die neue Tätigkeit unter Umständen nicht mit den

Kenntnissen zu bewerkstelligen ist, die im bisherigen Betrieb zur

Anwendung kamen. Es muss erst neues betriebsspezifisches

Humankapital erworben werden. Andererseits wird der Arbeit-

nehmer auch für den Betrieb mit steigendem betriebsspezifischem

Humankapital immer unabdingbarer, da das Unternehmen wenn,

dann nur mit sehr hohen Ex ante-Transaktionskosten einen ähn-

lich qualifizierten Arbeitnehmer finden wird. Dieser muss zunächst

in die firmenspezifischen Besonderheiten eingearbeitet werden,

was, wie oben dargestellt, zu hohen Ex post-Transaktionskosten

führen wird.

Ein anderer Grund für die Grenzen der Ausbreitung der Flexibili-

sierungsstrategie ist Vertrauen. Die Vertrauensdebatte soll in die-

sem Abschnitt der Arbeit kurz dargestellt werden. Zu diesem

Zweck wird zunächst eine Definition des Vertrauensbegriffs vor-

gestellt, bevor die Erweiterung der Transaktionskostentheorie

durch die Berücksichtigung von Vertrauen in Arbeitsbeziehungen

von Kullak (1995) beschrieben wird. Abschließend sollen die Wir-

kung von Vertrauen sowie die Erosion von Vertrauen auf vertikaler

und horizontaler Ebene der Arbeitsorganisation erläutert werden.

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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2.4.1 Definition von „Vertrauen“

Die Vertrauensdebatte in den Sozialwissenschaften hat in den

letzten fünfzehn Jahren enorm an Popularität gewonnen. Nuissel

(2002) führt dies darauf zurück, dass sich im Zuge der Konjunktur

institutionentheoretischer Überlegungen in den Wirtschaftswis-

senschaften die Einsicht durchgesetzt hat, dass Vertrauen von

hoher Bedeutung für das ökonomische Handeln ist. Der Autor

liefert einen systematisierenden Beitrag über die Gemeinsamkei-

ten und Unterschiede wissenschaftlicher Vertrauenskonzepte, in-

dem er einzelne Dimensionen des Phänomens „Vertrauen“ unter-

scheidet und daran orientiert eine Begriffsanalyse erstellt.

Die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften haben eine große An-

zahl an Vertrauensbegriffen produziert, die nicht selten kaum oder

nur teilweise explizit sind. Gemeinsam ist ihnen nur, dass sie sich

auf einen Mechanismus beziehen, der es erlaubt, die prinzipielle

Zukunftsoffenheit von Situationen zu begrenzen und einen mittle-

ren Zustand zwischen Wissen und Nichtwissen beschreiben.

Nach der Verarbeitung vieler Ansätze durch Nuissl (2002: 89 f.)

soll dessen Vertrauensdefinition übernommen werden:

„Vertrauen bezeichnet eine Erwartung, die sich auf ein bestimmtes Ereig-nis richtet (…), wobei derjenige, der diese Erwartung hegt, b) über einwie auch immer unvollständiges Wissen über die Wahrscheinlichkeit desEintretens dieses Ereignisses verfügt und c) keine (vollständige) Kon-trolle über das Eintreten dieses Ereignisses hat. Darüber hinaus gilt, dassVertrauen d) Handlungsrelevanz für eine vertrauende Person besitzt und,eng hiermit zusammenhängend und im Hinblick auf ökonomische Pro-blemstellungen entscheidend, e) die Erfüllung oder Nichterfüllung (…)von Vertrauen also mit einem gewissen Risiko verbunden ist, wobei f) dieFrage, ob der bei einer Enttäuschung von Vertrauen drohende Verluststets höher sein muss als der Gewinn, mit dem beständiges Vertrauenbelohnt wird, bereits zu sehr unterschiedlichen Antworten führt.“ (Nuissel2002: 89 f.)

Für Luhmann (1973) ist Vertrauen ein Mechanismus zur Stabilisie-

rung unsicherer Erwartungen und zur Verringerung der damit ein-

hergehenden Komplexität menschlichen Handelns. Hirschmann

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(1984: 93) charakterisiert Vertrauen als eine Ressource, deren

Wert sich bei häufigerem Gebrauch erhöht und nicht verringert.

Wird Vertrauen nicht gebraucht, so verflüchtigt es sich.

2.4.2 Erweiterung des Williamson’schen Vertragsschemas durchden Aspekt des Vertrauens

Im Folgenden soll die Weiterentwicklung des Williamson’schen

Vertragsschemas (vgl. Abbildung 3) durch Kullak (1995) erläutert

werden, um die Funktion von Vertrauen darstellen zu können.

Kullak (1995) hat das von Williamson entwickelte Modell durch die

Berücksichtigung von Vertrauen erweitert (Abbildung 3). Aus-

gangspunkt seiner Überlegungen war die Frage, welche Ände-

rungen sich in diesem Schema ergeben, wenn die Vertragspartner

vor Vertragsabschluss ihre Vertrauenswürdigkeit abschätzen kön-

nen. Zu Beginn seiner Überlegungen weist er darauf hin, dass

Vertrauen sowohl bei marktlicher als auch bei hierarchischer Or-

ganisationsform vorliegen kann.

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Abbildung 3: Einfaches Vertragsschema von Williamson ergänzt um die Funktiondes Vertrauens

Quelle: Kullak (1995): 155.

Bei unspezifischen Investitionen ist der Markt auch unter Einbe-

ziehung von Vertrauen das kostengünstigste institutionelle Arran-

gement, doch fallen die Ex ante-Transaktionskosten niedriger aus.

Deutlichere Auswirkungen der Berücksichtigung von Vertrauen

treten jedoch bei hohen betriebsspezifischen Investitionen auf. So

ist die Etablierung von Sicherungsmechanismen nicht notwendig,

da opportunistisches Verhalten nicht zu erwarten ist. C 2 stellt al-

so die Sicherung der Transaktion über institutionelle Sicherungs-

mechanismen dar, C1 die Modifizierung der Theorie durch die

Einbeziehung von Vertrauen. Vertrauen gilt also als Alternative zu

institutionellen Sicherungsmechanismen als Schutz vor opportuni-

stischem Verhalten.

Ob sich die Transaktionspartner auf Vertrauen oder institutionelle

Sicherungsmechanismen verlassen, hängt, so Kullak (1995), von

den Kosten und der Wirksamkeit des Schutzes vor opportunisti-

k =

A

B

k > 0

s =

C 1

s > 0

C 2

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

125

schem Verhalten ab. Liegt kein Vertrauen vor, so müssen sich die

Betriebe durch teure Auswahlverfahren Informationen beschaffen.

Basieren die Verhandlungen hingegen auf Vertrauen, so verfügen

die Akteure bereits über Informationen über den anderen, die es

ihnen erlauben, deren Verhalten in die Zukunft fortzuschreiben. Es

fallen also geringere Ex ante-Transaktionskosten an, wenn eine

ausgeprägte Informationsbeschaffung nicht mehr notwendig ist

und Verhandlungen weniger aufwändig betrieben werden müssen.

Auch Ex post-Transaktionskosten sind geringer, da die Schaffung

künstlicher Anreiz- und Kontrollmechanismen nicht notwendig ist.

2.4.3 Wirkung von Vertrauen

Ripperger (1998) verweist darauf, dass sowohl Vertrauen als auch

explizite Verträge funktional äquivalente Strategien zur Reduktion

von Handlungskomplexität darstellen. Allerdings beruhen sie auf

verschiedenen Grundsätzen in Hinsicht auf den Umgang mit (Ver-

haltens-) Unsicherheit und unterscheiden sich auch in der Art ihrer

Durchsetzung. Kommen explizite Verträge zur Anwendung, so

dienen sie den Akteuren dazu, sich vor unerwünschtem Verhalten

mittels Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen zu schützen bzw. er-

wünschtes Verhalten ex ante zu manifestieren. Es erfolgt also ei-

ne Vergegenwärtigung der Zukunft, mit der Absicht, die zukünfti-

gen Auswirkungen einer Transaktion auf die in der Gegenwart de-

finierten zu beschränken. Eventuell später auftretende Verhal-

tensweisen werden schon zum Zeitpunkt des Vertragsabschlus-

ses eingeengt. Explizite Verträge sind also Instrumente der Ereig-

nisbeherrschung, die die soziale Komplexität reduzieren, indem

sie die Eintrittswahrscheinlichkeit zukünftiger Ereignisse bzw. op-

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

126

portunistischen Verhaltens reduzieren oder zukünftiges schädi-

gendes Verhalten des Vertragspartners verringern (Ripperger

1998).

Dagegen fungiert Vertrauen als ein Prinzip, dass nach Ripperger

(1998) als „Risikoabsorption“ begriffen werden kann. Die durch

das unsichere Verhalten des Vertragspartners bedingte Instabilität

der Umwelt wird vom Vertrauenden verinnerlicht. Der Vertrauende

muss damit rechnen, dass sein erbrachtes Vertrauen missbraucht

wird. Er legt sein gegenwärtiges Handeln auf einen möglichen

Zeitpunkt fest, ohne die Handlungsfreiheit des anderen einzu-

schränken und ihn dadurch ebenfalls auf die Zukunft festzulegen.

Der Vertrauende ergreift keine expliziten Maßnahmen, um die

Handlungsoptionen des Vertragspartners einzuschränken.

Somit ermöglichen explizite Verträge sicheres Erwarten während

Vertrauen unsicheres Erwarten impliziert. Ob eine Transaktion am

günstigsten auf expliziten Verträgen oder Vertrauen basieren

sollte, hängt von den spezifischen Merkmalen der Situation und

der Personen ab (Ripperger 1998).

Da explizite Verträge vor allem vor dem Hintergrund der komple-

xen Transaktionsatmosphäre auf Grund der begrenzten Rationa-

lität niemals vollständig ausgestaltet werden können, kann Ver-

trauen zwischen den Akteuren das verbleibende Vertragsrestrisiko

absorbieren. Insofern bedarf im Prinzip jede Transaktion des

Rückgriffs auf Vertrauen. Soll Vertrauen ganz ausgeklammert

werden, so müssen die Restrisiken entweder akzeptiert werden

oder die Transaktion muss vermieden werden.

Der Rückgriff auf Vertrauen ist vor allem bei Transaktionen mit

hoher Komplexität unabdingbar, bei denen Erwartungen der Ak-

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

127

teure nicht in explizite Verträge gefasst werden können und deren

Manifestierung nur mit sehr hohen Transaktionskosten einherge-

hen würde. Dies trifft also vor allem Arbeitsbeziehungen, die auf

einen langen Zeitraum hinauslaufen und ein hohes Qualifikations-

niveau verlangen. Je komplexer eine Transaktion ausfällt, desto

wirkungsvoller ist die Kombination von Vertrauen und Vertrag.

2.4.4 Auswirkungen der Erosion des Vertrauens10

In Deutschland stellt Vertrauen nach wie vor die Grundlage für In-

novationen in Unternehmen dar. Das heißt, dass die Leitung eines

Unternehmens die mit Innovations- und Rationalisierungsprozes-

sen verbundene Gefahr der Freisetzung der Mitarbeiter nicht ge-

gen sie verwenden wird (Brose/Diewald/Goedicke 2004; Soskice

1993 u. 1994). Vertrauen in die Sicherheit des Arbeitsplatzes, also

die Glaubwürdigkeit eines nie explizit gegebenen Versprechens ist

die Basis für den Innovationsprozess. Somit ist das Funktionieren

der Vertrauensbeziehung zwischen Management und Angestell-

ten an ein System von Anreizen, Gratifikationen und der Zuteilung

interessanter Aufgabengebiete gebunden. So ist eine Basis für

den Tausch von Vertrauen gegen berufliches Engagement ent-

standen, die nach wie vor Bestand hat. Die Identifikation mit dem

Unternehmen sowie die Bereitschaft für vermehrtes Engagement

entwickeln sich nur auf einer Vertrauensbasis zwischen Betrieb

und Arbeitnehmer. Die Belegschaft vertraut auf das Management

bzw. auf dessen Reziprozitätsbereitschaft. Die Bereitschaft, sich

10 Die Darstellung der Erosion des Vertrauens orientiert sich an Seifert/Pawlowsky (1998).

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

128

durch Innovationen und Kreativität für die Belange des Unterneh-

mens einzusetzen, ist gekoppelt an die Erwartung, dass sich der

Betrieb seinerseits für die Anstrengungen der Mitarbeiter mit der

Garantierung von Arbeitsplatzstabilität und Beschäftigungssicher-

heit erkenntlich zeigt. Es ist wichtig, den Beschäftigten zu vermit-

teln, dass ihre Interessen und die Belange des Unternehmens

nicht auseinander fallen.

Die sehr komplexe Transaktionsatmosphäre, vor allem die immer

weiter voranschreitende Internationalisierung und der unausge-

wogene Arbeitsmarkt wirken dabei als „Katalysator des Vertrau-

ensverfalls“ (Kern 1996). Die Reaktion der Unternehmen auf die

Veränderungen lassen sich mit dem Stichwort „Lean Manage-

ment“ gut erfassen. Für Arbeiter und Angestellte bestehen die

Konsequenzen in sinkender Arbeitsplatzstabilität, weniger Erwar-

tungssicherheit, der Reduzierung von Arbeitnehmerrechten wie

betrieblichen Sozialleistungen, Anspruch auf bezahlten Urlaub

etc. und der kleiner werdenden Möglichkeit von Karriereentwick-

lung. Obwohl die Vertrauensbasis daher oft in Mitleidenschaft ge-

zogen wird, reagieren Mitarbeiter auf die ständige Gefahr des Ar-

beitsplatzverlustes auch mit quantitativer Mehrarbeit. Doch dem

Output von Mehrarbeit, das auf Angst beruht, sind enge Grenzen

gesetzt. Zwar lassen sich der Krankenstand reduzieren und Über-

stunden aufbauen, doch in qualitativer Hinsicht wird sich weniger

eine Verbesserung sondern eher eine Verschlechterung der Inno-

vationsbereitschaft abzeichnen. Die Motivation, Vorleistungen zu

erbringen, wird geringer, wenn der Arbeitgeber die Erwartung auf

Gegenseitigkeit enttäuscht. Qualifizierte Mitarbeiter der Kernbe-

legschaft reagieren mit einer Nichtausschöpfung ihres Kreativi-

tätspotenzials. Die gerade in der Wissensgesellschaft so wichti-

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

129

gen Ressourcen wie Innovation, Kreativität und Motivation kom-

men so nicht zum Einsatz. Dieser Vertrauensverlust wirkt sich

nicht nur negativ auf Innovationsbereitschaft und Betriebsklima

aus sondern letztendlich leidet auch der ökonomische Erfolg des

Unternehmens.

Aber nicht nur zwischen Arbeitgeber und -nehmer kommt es auf

Grund der gegenwärtigen arbeitsorganisatorischen Entwicklungen

zu einer Erosion des Vertrauens. Auch auf horizontaler Ebene

hinterlässt der zunehmende wirtschaftliche Druck Spuren. Das

Prinzip der Gegenseitigkeit hat nicht nur für die Beziehung zwi-

schen Betrieb und Mitarbeiter Bestand. Auch das Miteinander der

Mitglieder einer Belegschaft basiert auf Reziprozität. So ist eine

langfristige Dauer Grundlage für eine stabile Interaktionsbezie-

hung. Der anhaltend unausgewogene Arbeitsmarkt verursacht

permanente Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Als Kon-

sequenz zeichnet sich zunehmende Konkurrenz unter der Mitar-

beiterschaft um Arbeitsplätze ab. Dies manifestiert sich in einer

abnehmenden Kooperationsbereitschaft und geht damit in eine

Ausbreitung von Misstrauen über. Im Mittelpunkt des beruflichen

Interesses steht die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes. Um

diesen auch unter ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklungen

behalten zu können, nimmt die Bedeutung einer kooperativen Be-

ziehung für den Beschäftigten ab. Daher leiden die innerbetriebli-

che Vertrauensstruktur und damit auch die Qualität des Betriebs-

klimas.

Schon allein die Wahrnehmung eines von Beschäftigungsunsi-

cherheit geprägten Klimas geht nach einer Studie von Pawlowsky

(1986) mit nonkooperativem Verhalten einher. Hilfsbereitschaft

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

130

und Kooperation unter Kollegen geraten in Mitleidenschaft, Infor-

mationen werden systematisch zurückgehalten oder verzerrt, es

kommt zu Bestrebungen, sich den anderen zu entziehen bzw. an-

dere zu kontrollieren. Gegenseitige Unterstützung und Offenheit

nehmen ab. Neue Organisationsstrukturen wie Teamarbeit, die im

Sinne einer erhöhten Flexibilität eingesetzt wurden, können ihre

Wirkung nicht mehr entfalten. Schließlich ist aus der Erosion des

Vertrauens auf horizontaler Ebene nicht nur der soziale Friede in-

nerhalb des Unternehmens sondern, ebenso wie aus der Erosion

des Vertrauens auf vertikaler Ebene, auch der ökonomische Er-

folg gefährdet.

2.4.5 Fazit der Vertrauensdebatte

Gerade im Zuge der derzeitigen Veränderungen von Märkten und

Unternehmensstrukturen wird Vertrauen eine immer wichtigere

Rolle spielen. Nach Ripperger (1998) ist Vertrauen nicht nur un-

erlässlich im Transformationsprozess von starren Hierarchien zu

flexiblen Unternehmensformen, sondern wird zugleich zur not-

wendigen Bedingung für deren Existenz. Vertrauen ist also eine

wichtige Voraussetzung für Reorganisationsprozesse, denn Reor-

ganisation besteht nicht nur in der technischen Einführung von

Koordinationsmechanismen. Mitarbeiter müssen auch motiviert

sein, diese Prozesse zu unterstützen und ihr Verhalten an die

veränderten Prozesse anpassen. Dieses Verhalten werden Ar-

beiter und Angestellte nur verfolgen, wenn sie ihrerseits den Be-

trieben trauen können, dass ihre Leistungen auch entsprechend

honoriert werden, das heißt, dass sie nach wie vor auf Arbeits-

platzstabilität und Beschäftigungssicherheit bauen können. Da die

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

131

Umgestaltung der Unternehmensorganisation durch räumliche

und organisatorische Dezentralisierung, der Abflachung von Hier-

archien und dem Einsatz neuer Informations- und Kommunikati-

onstechnologien gekennzeichnet ist, wird Vertrauen umso wichti-

ger. Denn im Zuge des Verzichts auf Kontroll- und Sanktionsme-

chanismen und der Ausweitung von Entfernungen wird die Ver-

antwortung an Mitarbeiter übertragen (werden müssen), ein Pro-

zess, der unter dem Stichwort empowerment11 zusammengefasst

wird: „Infolge der Globalisierung, der Beschleunigung des Markt-

geschehens, stehen Unternehmen vor der Notwendigkeit, Teilen

des Unternehmens größere Autonomie zu gewähren. (…) Wenn

es gelingt, unvollständige Verträge mit Hilfe einer entsprechenden

Unternehmenskultur und Unternehmensethik produktiv zu ma-

chen, sind diese Unternehmen am Markt im Vorteil.“ (Homan

1997: 191). Unternehmen, die massiv auf die Flexibilisierungs-

strategie zurückgreifen, sollte klar sein, dass sie unter Umständen

das Vertrauen ihrer Mitarbeiter aufs Spiel setzten, was in letzter

Konsequenz den ökonomischen Erfolg gefährdet.

2.5 Zusammenfassung

Dieses Kapitel hat einen Beitrag zu der Frage geleistet, worin die

Gründe für die Ausbreitung destandardisierter Beschäftigungsver-

hältnisse auf der Arbeitsnachfrageseite bestehen und warum ne-

ben den neuen Beschäftigungsformen nach wie vor Normalar-

beitsverhältnisse angeboten werden. Wurden die Gründe in der

11 Eine ausführliche Abhandlung zum empowerment liefert z.B. Bröckling (2003).

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

132

bisher geführten sozialwissenschaftlichen Diskussion bisher nur

aufgezählt, so ist hier eine theoriegeleitete Begründung auf Basis

der Transaktionskostentheorie entstanden, die erklärt, warum be-

stimmte Organisationsformen entstehen konnten. Die William-

son’sche Theorie hat dafür gegenüber anderen Theorien zudem

den Vorteil, dass sie auch Umweltbedingungen berücksichtigt, die

vor dem Hintergrund einer sich ausweitenden Destandardisierung

der Erwerbsarbeit von besonderem Interesse sind.

Ziel dieses Kapitel bestand darin zu ermitteln, unter welchen Be-

dingungen Unternehmen auf welche Personalstrategie zurück-

greifen. Dabei wurden zwei unterschiedliche Personalstrategien

vorgestellt: Die auf Vertrauen basierende Stabilisierungsstrategie

ist an einer langfristigen und kontinuierlichen Nutzung des be-

triebsspezifischen Humankapitals orientiert. Auf Nachfrage-

schwankungen wird nicht unvermittelt reagiert, Einstellungen und

Entlassungen orientieren sich am langfristigen Bedarf. Nach fest-

gelegten Karrieremustern wie beispielsweise dem Senioritätsprin-

zip erfolgen Beförderungen, und den Mitarbeitern stehen in vielen

Fällen zusätzliche Leistungen wie Gewinnbeteiligung oder be-

triebliche Sozialleistungen zu. Hingegen wird bei der Flexibilisie-

rungsstrategie das Humankapital an die momentane Auftragslage

angepasst. Je nach Bedarf wird Personal also kurzfristig einge-

stellt oder entlassen. Aufstiegsmöglichkeiten bestehen zwar, doch

basieren sie nicht auf festgelegten Mustern.

Mit Hilfe der Transaktionskostentheorie wurde eine Antwort auf

die Frage gefunden, welche dieser beiden Personalstrategien für

die Unternehmen mit den geringsten Transaktionskosten verbun-

den ist. An Hand der Berücksichtigung der Verhaltensannahmen

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

133

der Akteure (Begrenzte Rationalität, Opportunismus), den Trans-

aktionscharakteristika (Faktorspezifität, Unsicherheit und Häufig-

keit) sowie den Charakteristika institutioneller Arrangements (An-

reizintensität, Kontrolle, Anpassungsfähigkeit und Kosten der Eta-

blierung und Nutzung des institutionellen Arrangements) wurde

der effektivste Einsatz knapper Ressourcen ermittelt.

Vor dem Hintergrund der Destandardisierung der Erwerbsarbeit ist

die Transaktionsatmosphäre durch einen unausgewogenen Ar-

beitsmarkt, den Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungs-

gesellschaft sowie die sich ausbreitende Internationalisierung und

der sich damit verändernden Produktionsweise gekennzeichnet.

Die Anwendung der Williamson’schen Theorie hat gezeigt, dass

diese komplexe Transaktionsatmosphäre die Verhaltensannah-

men der Akteure, die Charakteristika der Arbeitsmarkttransaktio-

nen sowie die Charakteristika institutioneller Arrangements maß-

geblich beeinflusst. So hat sich das Vorhandensein begrenzter

Rationalität als bedeutend herausgestellt, da es vor dem Hinter-

grund der vielfältigen Veränderungen noch schwieriger ist, zu voll-

ständiger Information über die Geschehnisse auf dem (Welt-)

Markt und über die Vielzahl von Marktteilnehmern zu kommen.

Auch der Opportunismus verändert sich unter bestimmten Um-

ständen durch die zunehmende Destandardisierung. Auf Grund

des unausgewogenen Arbeitsmarktes müssen Arbeitnehmer mit

einem niedrigen unternehmensspezifischen Humankapitalniveau

damit rechnen, vermehrt bildungsinadäquat beschäftigt zu wer-

den. Sie müssen froh sein, einen Arbeitsplatz bekommen zu ha-

ben und können sich daher nicht opportunistisch verhalten, sonst

können Betriebe auf die Flexibilisierungsstrategie zurückgreifen.

Anders sieht es bei qualifikationsintensiven Tätigkeiten aus. Da

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

134

das Abhängigkeitsverhältnis von Arbeitgeber und –nehmer durch

Informationsasymmetrie geprägt ist, müssen Unternehmen ver-

stärkt von opportunistischem Verhalten ausgehen und wählen

deshalb die Stabilisierungsstrategie.

Die komplexe Transaktionsatmosphäre ist auch bei der Ermittlung

des Ausmaßes der Verhaltensunsicherheit und der parametri-

schen Unsicherheit relevant. Denn Verhaltensunsicherheit fällt für

die Unternehmen einerseits geringer aus, da ihnen ein größerer

Bewerberpool zur Verfügung steht, aus dem sie passende Mitar-

beiter rekrutieren können. Andererseits fällt den Unternehmen die

Zurechenbarkeit von Leistung schwerer, da Aufgabenbereiche

immer komplexer gestaltet werden. Auch kulturelle Probleme wie

eine unterschiedliche Herangehensweise an Aufgaben stellen für

Unternehmen neue Probleme dar. Die parametrische Unsicherheit

ist durch eine ständig schwankende Auftragslage und kurze Inno-

vationszyklen gekennzeichnet. Sie bezieht sich auf die Unsicher-

heit der situativen Gegebenheiten zum Zeitpunkt des Vertragsab-

schlusses. Es ist schwierig, vor dem Hintergrund einer komplexen

Transaktionsatmosphäre Aussagen über die zukünftige Entwick-

lung der Situation zu treffen.

Der Faktor „Unsicherheit“ stellt nur in Kombination mit hohem be-

triebsspezifischem Humankapital eine Gefahr für eine Transaktion

dar. Das Unternehmen ist auf Fachkräfte angewiesen, die es ver-

stehen, mit der Entwicklung adäquater Produkte auf eine verän-

derte Nachfrage zu reagieren. Daher ist eine gegenseitige Ab-

hängigkeit entstanden und es müssen Vorkehrungen für opportu-

nistisches Verhalten getroffen werden, um die Transaktionskosten

gering zu halten. Der Betrieb muss dem Arbeitnehmer vor allem

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

135

Arbeitsplatzsicherheit bieten, um ihn vor einem Verlassen des

Unternehmens abzuhalten. Folglich wird die Stabilisierungsstrate-

gie gewählt. Unsicherheit bei einer geringen qualifikationsintensi-

ven Tätigkeit führt zum Rückgriff auf die Flexibilisierungsstrategie,

da bei opportunistischem Verhalten des Arbeitnehmers ohne gro-

ße Kosten der Vertrag gekündigt werden kann.

Zudem gilt, dass ein Unternehmen bei hohen betriebsspezifischen

Investitionen in Kombination mit einer hohen Häufigkeit die Stabi-

lisierungsstrategie wählt; fällt das Humankapital sowie die Häufig-

keit gering aus, so wählt er die Flexibilisierungsstrategie. Bei der

Stabilisierungsstrategie fallen zwar zum Aufbau einer langfristi-

gen, auf Vertrauen basierenden Arbeitsbeziehung hohe Ex ante-

Transaktionskosten durch die sorgfältige Auswahl des Kandidaten

an, doch je sorgfältiger die Vereinbarungen getroffen werden, de-

sto geringer fallen die Ex post-Transaktionskosten aus. Denn

dann fallen Kontroll- und Sanktionskosten unter Umständen gar

nicht an. Da aber die Stabilisierungsstrategie auf Langfristigkeit

ausgelegt ist, kommen auf das Unternehmen meist Anpassungs-

kosten in Form von Weiterbildungsmaßnahmen zu. Zwar fallen

die Ex post-Kosten für das Unternehmen relativ gering aus, doch

die Kosten vor Vertragsabschluss fallen dann hoch aus, wenn ein

nicht unerheblicher Aufwand für die Personalsuche betrieben

wird.

Ex ante- und Ex post-Transaktionskosten fallen bei der Flexibili-

sierungsstrategie deutlich geringer aus. Bei allen Beschäftigungs-

verhältnissen, die unter die Flexibilisierungsstrategie fallen, wer-

den die gesetzlichen Mitbestimmungsrechte so weit wie möglich

umgangen. Auch lassen sich Gerechtigkeitsprobleme vermeiden,

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

136

indem Differenzierungen nicht innerhalb des eigenen Personals

vorgenommen werden sondern zwischen regulärem und auswär-

tigem Personal. So sind beispielsweise Gehaltsunterschiede zu

rechtfertigen. Diese Transaktionskosten können durch Vergabe

aller Arten von neuen Beschäftigungsformen eingespart werden.

Personalauswahlkosten fallen hingegen bei der Vergabe befriste-

ter Arbeitsverträgen in der Regel ebenso an wie bei Normalar-

beitsverhältnissen. Doch bei Scheinselbstständigen oder Leihar-

beitern können Unternehmen diese Transaktionskosten auf den

Selbstständigen bzw. die Personalserviceagentur abwälzen. Auch

Entlassungskosten entfallen für diese Beschäftigtengruppen

ebenso wie für befristet Beschäftigte, da das Datum für die Been-

digung des Arbeitsverhältnisses schon bei Vertragsabschluss

feststeht. Entlassungskosten in Form von Abfindungen entfallen

daher. Auch entfallen Ex ante-Transaktionskosten, da bei der Be-

auftragung von Leiharbeitsfirmen diese von den Betrieben über-

nommen werden, Scheinselbstständige in der Regel den Unter-

nehmen aus ihrer Festanstellung bekannt sind und für geringfügig

Beschäftigte kein großer Aufwand für deren Einstellung betrieben

wird. Insofern stellt sich die Flexibilisierungsstrategie vor dem

Hintergrund der komplexen Transaktionsatmosphäre, geringem

Niveau an betriebsspezifischem Humankapital und geringer Häu-

figkeit als die kostengünstige Personalstrategie heraus. Es wurde

deutlich, dass Unternehmen durch die Anwendung der Flexibilisie-

rungsstrategie die Verarbeitung von Unsicherheiten nicht auf der

Betriebsebene bewältigen, sondern auf die Mitarbeiter abwälzen.

Die Stabilisierungsstrategie wird neben neuen Beschäftigungs-

formen beibehalten, wenn qualifizierungsintensive Tätigkeiten und

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

137

eine ausgeprägte Häufigkeit von den Unternehmen nachgefragt

werden.

Die Grenze für die Ausweitung destandardisierter Beschäfti-

gungsformen stellt also nach Heranziehung der Transaktionsko-

stentheorie vor allem ein hohes betriebsspezifisches Humankapi-

tal dar. Ein anderer Punkt, der die Grenze markiert, ist Vertrauen.

Wie an Hand der Erweiterung des Williamson’schen Vertrags-

schemas durch Kullak (1995) gezeigt wurde, gilt Vertrauen als

Alternative zu institutionellen Sicherungsmechanismen als Schutz

vor opportunistischem Verhalten. Dabei markieren explizite Ver-

träge sicheres Erwarten, während Vertrauen unsicheres Erwarten

impliziert. Wird Vertrauen eingesetzt, so reduzieren sich sowohl

Ex ante- als auch Ex post-Transaktionskosten, da vor Vertragsab-

schluss eine ausgeprägte Informationsbeschaffung entfällt und

nach Vertragsabschluss keine künstlichen Anreiz- und Kontroll-

mechanismen notwendig sind.

Sowohl Vertrauen als auch explizite Verträge stellen also funktio-

nal äquivalente Strategien zur Reduktion von Handlungskomple-

xität dar. Allerdings fungieren Verträge als Instrumente der Ereig-

nisbeherrschung, die die soziale Komplexität reduziert, in dem sie

die Eintrittswahrscheinlichkeit opportunistischer Verhaltensweisen

reduzieren. Die durch das unsichere Verhalten des Vertragspart-

ners bedingte Instabilität der Umwelt wird dagegen vom Vertrau-

enden akzeptiert. Es werden keine weiteren Gegenmaßnahmen

zur Stabilisierung der Situation genutzt. Somit ermöglichen expli-

zite Verträge sicheres Erwarten während Vertrauen unsicheres

Erwarten impliziert. Der Rückgriff auf Vertrauen ist vor allem bei

Transaktionen mit hoher Komplexität und einer langfristigen Be-

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

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ziehung sowie einem hohen betriebsspezifischen Qualifikationsni-

veau unabdingbar.

Die Auswirkungen der Erosion von Vertrauen im Rahmen der

Destandardisierung der Erwerbsarbeit schlagen sich sowohl auf

der vertikalen als auch auf der horizontalen Ebene des Arbeits-

marktes nieder. So verzeichnen Arbeitnehmer in vielen Fällen ei-

ne sinkende Arbeitsplatzstabilität und eine sinkende Beschäfti-

gungssicherheit. Dies resultiert auf Arbeitnehmerseite in einem

Vertrauensverlust gegenüber dem Unternehmen und führt zu sin-

kender Innovationsbereitschaft und zur Gefährdung des ökonomi-

schen Erfolgs des Unternehmens. Auch auf horizontaler Ebene

kommt es zu einer Erosion des Vertrauens. Sinkt die Arbeitsplatz-

sicherheit, nimmt die Konkurrenz um sichere Beschäftigungsver-

hältnisse unter den Mitarbeitern zu. Dies führt zu einer Ver-

schlechterung des Betriebsklimas, was letztendlich wiederum zu

einer Gefährdung des Erfolges des Betriebes führen kann.

Allerdings ist von Seiten der Unternehmen zu bedenken, dass ei-

ne wichtige Voraussetzung für Reorganisationsprozesse die Moti-

vation der Mitarbeiter ist. Doch Motivation ist nur dann vorhanden,

wenn Arbeitnehmern Arbeitsplatzstabilität und Beschäftigungssi-

cherheit geboten werden.

Dieses Kapitel hat deutlich gemacht, dass Unternehmen vor dem

Hintergrund der Destandardisierung unter den Bedingungen einer

geringen betrieblichen Humankapitalspezifität und schwankender

Auftragslage ihre Transaktionskosten durch neue Beschäfti-

gungsformen senken können. Die Grenze der Ausweitung

destandardisierter Arbeitsverhältnisse ist erstens der Bedarf an

hohem betriebsspezifischem Humankapital und zweitens die

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Ursachen für neue Beschäftigungsformen aus Arbeitgebersicht

139

mögliche Erosion von Vertrauen, da bei Vertrauensverlust keine

Innovationsanstrengung von Seiten der Arbeitnehmer zu erwarten

und somit der ökonomische Erfolg des Unternehmens gefährdet

ist.

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Teil II: Empirische Untersuchungen zur Destandardi-sierung, Flexibilisierung und sozialer Ungleichheit inWestdeutschland zwischen 1985 und 2000

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Datenbasis

141

3 Datenbasis

3.1 Gründe für die Verwendung eines Ereignisdatensatzes

Bisher basieren Untersuchungen zur Destandardisierung der Er-

werbsarbeit oft auf qualitativen Fallstudien. Entsprechende Unter-

suchungen, die eine Quantifizierung verschiedener Erschei-

nungsformen und ihrer Konsequenzen für soziale Ungleichheiten

erlauben, liegen jedoch entweder kaum vor oder es mangelt an

der Aktualität der Datenbasis. Daher werden für diese Untersu-

chung Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) herange-

zogen, um auf dieser Basis einen Ereignisdatensatz für den Zeit-

raum zwischen 1985 und 2000 zu erstellen.

Die Auswertung dieser Daten erfolgt auf Basis von Längsschnit-

tanalysen, um die Abstimmungsprozesse zwischen verschiede-

nen Lebensbereichen in ihrer zeitlichen Ordnung adäquat abbil-

den zu können. Besser als in Querschnittsanalysen wird es dar-

über hinaus möglich, die wechselseitigen Abhängigkeiten zwi-

schen parallelen Prozessen der Erwerbsbeteiligung sowie der

Genese sozialer Ungleichheiten dahingehend zu untersuchen,

welche Prozesse wann im Lebenslauf welche Prozesse in welcher

Art beeinflussen. Diese Perspektive ist insbesondere wichtig, um

zwischen Selektions- und Adaptationsprozessen beim Zusam-

menhang zwischen Merkmalen bzw. Ereignissen unterscheiden

zu können. Gegenüber den meisten qualitativen Fallstudien zu

verschiedenen Formen atypischer Beschäftigungsverhältnisse ist

es außerdem ein durchgehendes Merkmal der beabsichtigten

Analysen, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts sowohl mit der

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Datenbasis

142

Wahrscheinlichkeit des Eintritts in neue Beschäftigungsverhältnis-

se als auch in Arbeitslosigkeit oder Selbstständigkeit vor dem

Hintergrund unterschiedlicher individueller Ressourcen verglei-

chen zu können.

Im Gegensatz zur Betrachtung von verschiedenen Formen atypi-

scher Beschäftigungsverhältnisse geht es z.B. bei der Frage von

Beschäftigungssicherheit weniger um Merkmale einzelner Ar-

beitsplätze, sondern vielmehr um die Entwicklung von Risiken und

Chancen innerhalb von Erwerbsverläufen. Zwei Beispiele sollen

diesen Sachverhalt untermalen: Das Beschäftigungsmerkmal be-

fristeter Arbeitsverhältnisse ist nur im Kontext von Karrieren hin-

sichtlich seiner Qualität zu bewerten, das heißt, es kann sich ei-

nerseits um Einsteigerjobs in betriebliche Karriereleitern handeln,

übliche Kettenverträge in bestimmten Beschäftigungssegmenten

wie dem wissenschaftlichen Mittelbau oder andererseits um Ar-

beitsverhältnisse, die jeder langfristige Perspektive sowie Auf-

stiegschancen entbehren.

Auch aus einem zweiten Grund ist die Betrachtung von Karriere-

verläufen notwendig, um die Destandardisierung der Erwerbsar-

beit in ihrer Ausprägung vollständig erfassen zu können. Bei-

spielsweise ist, wie oben erwähnt, Beschäftigungsstabilität in

Form hoher Arbeitsplatz- oder Betriebszugehörigkeitsdauern im

Hinblick auf deren Bedeutung im Sinne von Sicherheiten, Chan-

cen und Risiken vielschichtiger zu bewerten. Eine hohe Verweil-

dauer kann auf der einen Seite mit Sicherheiten verbunden sein,

wenn die Alternative aus beruflichen Abstiegen oder Arbeitsplatz-

verlust besteht. Auf der anderen Seite kann eine hohe Verweil-

dauer aber auch aus der Abwesenheit von Chancen in anderen

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Datenbasis

143

Bereichen resultieren. Die Fokussierung der Betrachtung auf Ver-

weildauern richtet deshalb die Aufmerksamkeit einseitig auf den

Schutz vor eventuellen Risiken und vernachlässigt den Aspekt der

Chancen. In welchem Verhältnis sich dahinter beruflicher Erfolg

oder Misserfolg verbirgt, ist selten zu klären.

3.2 Das Sozio-ökonomische Panel (SOEP)

Das Sozio-ökonomische Panel (SOEP)12 ist eine repräsentative

Wiederholungsbefragung privater Haushalte in West- und Ost-

deutschland. Befragt werden alle Haushaltsmitglieder ab dem

sechzehnten Lebensjahr. Seit Januar 1984 werden einmal pro

Jahr Informationen zu Themenschwerpunkten wie Erwerbs- und

Familienbiographie, Erwerbsbeteiligung und berufliche Mobilität,

Einkommensverläufen, Haushaltszusammensetzungen, Gesund-

heit und Lebenszufriedenheit sowie gesellschaftliche Partizipation

bei den selben Personen und Familien gesammelt. In wechseln-

dem Tournus werden darüber hinaus in großen Abständen

Schwerpunktthemen wie soziale Sicherung, Weiterbildung und

Qualifikation, Familie und soziale Dienste sowie Zeitverwendung

behandelt.

Die Besonderheiten des SOEP liegen zum einen im Längsschnitt-

design bzw. Panelcharakter, zum anderen in der Möglichkeit der

12 Die in dieser Arbeit verwendeten Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) wurdenvom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, bereitgestellt (SOEP Group2001).

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Untersuchung verschiedenster Teilstichproben wie West- und

Ostdeutschen, Ausländern und Zuwanderern. Schon vor der Wirt-

schafts-, Währungs- und Sozialunion im Juni 1990 wurde die Stu-

die auf das Gebiet der ehemaligen DDR ausgeweitet, so dass ein

West- und Ostvergleich ermöglicht ist. 1994/95 wurde zur ad-

äquaten Erfassung des gesellschaftlichen Wandels die „Zuwande-

rer-Stichprobe“ eingeführt. Die überproportionale Ausländerstich-

probe, die Haushalte mit einem Haushaltsvorstand spanischer,

ehemals jugoslawischer, griechischer und türkischer Nationalität

umfasst und die Erhebung von Zuwanderung dienen als zusätzli-

che Informationsquellen. Die Ergänzungsstichproben E von 1998

und F aus dem Jahr 2000 wurden gezogen, um auf der Basis ei-

ner großen Fallzahl bessere Analysen kleinerer Teilgruppen der

Bevölkerung zu ermöglichen.

Die hohe Kontinuität ist eine der Stärken des Panels. So sind von

den 5921 West-Haushalten mit 12290 Personen, mit denen das

Panel 1984 startete, nach 18 Wellen im Jahre 2000 noch 7623

Personen aus 4060 Haushalten in der Stichprobe enthalten. Von

den 4453 ostdeutschen Befragten aus 2179 Haushalten, die

erstmalig 1990 an der Befragung teilnahmen, gaben 2000 noch

3687 Personen aus 1879 Haushalten Auskunft über ihre Lebens-

situation. Einen beinah stabilen Umfang behielt die Zuwanderer-

Stichprobe der Jahre 1994/95, die über 425 Haushalte mit 837

Personen verfügt. Von den 1932 Personen in 1067 Haushalten

der Ergänzungsstichprobe E aus dem Jahr 1998 konnten 2000

1549 Personen in 842 Haushalten erneut befragt werden.

Das Erhebungsinstrument des SOEP besteht aus einem Frage-

bogen, der unterteilt ist in einen Haushalts- und einen Personen-

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fragebogen. Den Haushaltsfragebogen sollte nach Möglichkeit der

Haushaltsvorstand in Vertretung für die übrigen Mitglieder des

Haushaltes beantworten. Hier werden Fragen zur Familienzu-

sammensetzung, dem Haushaltseinkommen und den Wohnver-

hältnisse gestellt. Die Fragen aus den Personenfragebögen wer-

den von allen über sechzehnjährigen Haushaltsmitgliedern indivi-

duell beantwortet. Diese Informationen werden zum einen an

Hand von herkömmlichen Fragen erhoben, zum anderen durch

die so genannten Kalendarien, die jeweils retrospektiv für das

vorherige Jahr monatsgenaue Angaben zum Einkommen und Er-

werbsstatus erfassen. In der Regel werden die Daten durch ein

Face-to-Face Interview erhoben. Handelt es sich aber um schon

erfahrene Stichprobenmitglieder, so wird bisweilen auch auf po-

stalische Befragungen zurückgegriffen.

Das SOEP wurde 1983 in Berlin als Teilprojekt des von der Deut-

schen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderfor-

schungsbereichs 3 „Mikroanalytische Grundlagen der Gesell-

schaftspolitik“ ins Leben gerufen, das an den Universitäten

Frankfurt/Main und Mannheim beheimatet war. Seit 1990 wird das

SOEP als eigenständiges DFG-Projekt gefördert. Eine Finanzie-

rungshilfe durch das Bundesministerium für Bildung und For-

schung (BMBF) erfolgt seit 2000.

Die Abteilung „Längsschnittdaten und Mikroanalyse“ des Deut-

schen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin ist für die

Realisierung und Entwicklung der Untersuchung verantwortlich.

Mit der Durchführung der Feldarbeit ist ein privatwirtschaftliches

Umfrageinstitut, Infratest Sozialforschung in München, betraut.

Die von Infratest gelieferten anonymisierten Einzeldaten werden

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von der Projektgruppe so aufbereitet, dass sie im Rahmen von

wissenschaftlichen Sekundäranalysen sowohl für Quer- als auch

für Längsschnittforschungsdesigns genutzt werden können.

3.3 Der Ereignisdatensatz

3.3.1 Vorgehensweise zur Erstellung des Ereignisdatensatzes13

Um lückenlose Erwerbsbiographien mit Informationen über die

Qualität von Beschäftigungsverhältnissen, die Ausweitung

destandardisierter Erwerbsformen, die Differenz von tatsächlichen

und gewünschten Arbeitsplatzcharakteristika sowie beruflichen

Veränderungen in Form von Arbeitsplatzwechseln, gewollter Er-

werbslosigkeit oder Arbeitslosigkeit nachvollziehen zu können,

wird auf Grundlage der SOEP-Daten aus den Jahren 1984 bis

2000 ein Ereignisdatensatz erstellt, der Informationen über die

Länge von Erwerbstätigkeitsperioden und über Beschäftigungs-

merkmale enthält, wie sie in den einzelnen Wellen jährlich oder

teilweise auch monatsgenau erhoben werden. Die Vorgehenswei-

se gliedert sich in vier Schritte: 1. Transformation des Aktivitäts-

kalenders ARTKALEN, 2. Bearbeitung der Angaben zum Er-

werbsstatus aus den Kalendarien, 3. Bildung von Episoden und 4.

Zuspielen der Individualdaten.

13 Ein großer Dank gilt Stefanie Gundert und Markus Hennesen für die Hilfe bei der Kon-struktion des Spelldatensatzes.

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Schritt 1: Transformation des Aktivitätskalenders ARTKALEN

Der Ereignisdatensatz ARTKALEN ist ein so genannter Aktivitäts-

kalender, dessen Spells aus den Angaben zum Erwerbsstatus in

den Kalendarien jeder Welle generiert wurden. Er enthält somit

Spells für Ereignisse von Januar 1983 bis Dezember 2000, mit

denen verschiedene monatsgenaue Angaben zum Erwerbsstatus

(Vollzeit, Teilzeit, Kurzarbeit, Teilzeit/geringfügig, betriebliche

Ausbildung, arbeitslos gemeldet, in Rente/Ruhestand, Mutter-

schaft/Freistellung, Schule/Hochschule, Wehr-/Zivildienst, Haus-

frau-/mann, Kurzarbeit, Nebenberufliche Tätigkeit, Sonstiges, In

betrieblicher Erstausbildung/Lehre, Fortbildung und Lücke) erho-

ben werden. Wechselt die Person ihren Erwerbsstatus, so be-

kommt sie im ARTKALEN für die sich anschließende Episode ei-

nen neuen Spell und damit eine neue Zeile zugewiesen. Im ART-

KALEN sind somit Episoden einzeln erfasst, für die eine Person

mehrere Angaben zum Erwerbsstatus angegeben hat. Zum Bei-

spiel kann eine Person (fälschlicherweise) angeführt haben, dass

sie von Januar bis Mai eines Jahres Vollzeit gearbeitet hat und

von März bis Dezember in Mutterschaftsurlaub gewesen ist. Somit

bekommt sie zwei Spells zugewiesen: den einen für die Vollzeittä-

tigkeit und den anderen für die Zeit der Mutterschaft.

Dieser Aktivitätskalender ARTKALEN fungiert als Ausgangsfile

zur Erstellung des Erwerbsspelldatensatzes. Er enthält noch keine

weiteren Merkmale von Beschäftigungsverhältnissen oder Lük-

ken. ARTKALEN stellt die Basis dar, an die die Angaben über den

Erwerbsstatus aus den Kalendarien aller siebzehn Wellen ge-

matcht werden. Da die Kalendarien auf Monatsbasis vorliegen,

funktioniert der Matchprozess nur, wenn auch ARTKALEN auf

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Monatsbasis vorliegt. Das heißt, der File wird so umgewandelt,

dass für jede Person 216 (18 Wellen * 12 Monate) Monate vorlie-

gen, jedem Monat also eine Datenzeile zugewiesen wird.

Wie bereits erwähnt, ist es möglich, dass eine Person für densel-

ben Monat mehrere Angaben zum Erwerbsstatus gemacht hat.

Um solche Inkonsistenzen zu bereinigen, wird zunächst ein Test

auf Parallelität von Spelltypen durchgeführt. Auf diese Weise soll

festgestellt werden, ob ein oder mehrere Monate innerhalb eines

Falles mehrmals vorhanden sind, ob also für eine Person in einem

Monat mehrere Angaben zum Erwerbsstatus vorliegen.

Der Test auf Parallelität, der mittels einer Häufigkeitsauszählung

durchgeführt wurde, hat ergeben, dass es Personen in der Stich-

probe gibt, die neun parallel verlaufende Erwerbstypen während

eines Monats angegeben haben. Daher werden nun neun synthe-

tische Variablen erzeugt. Die parallelen Spells, das heißt die dop-

pelt auftretenden Monate, werden im Folgenden aggregiert. Somit

tritt jeder Monat pro Person nur noch einmal auf. Die Parallelitäten

sind somit bereinigt. Bei dieser Prozedur ist zu beachten, dass der

Arbeitsspeicher von SPSS für diese Prozedur mit der gegebenen

Anzahl von Variablen nicht ausreichend ist. Zur Vermeidung die-

ses Problems muss der durch das Splitten entstandene File ART-

KALENSPLIT1, der mittlerweile über mehr als zehn Millionen

Zeilen verfügt, in mehrere kleinere Files, die jeweils über ca. 135

000 Zeilen beinhalten, unterteilt werden. Nach der Aggregation

jedes Teildatensatzes wird durch einen Matchvorgang wieder ein

Gesamtfile erzeugt. Der auf diese Weise entstandene Datensatz

ARTKALENSPLIT1 enthält nun für jede Person 216 Monate, de-

nen Angaben über den Erwerbsstatus zugewiesen sind.

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Schritt 2: Bearbeitung der Angaben zum Erwerbsstatus ausden Kalendarien

Um die bei der Konstruktion des ARTKALEN abhanden gekom-

menen Informationen nicht zu verlieren, besteht das Ziel dieses

zweiten Schrittes im Zusammenfügen der Angaben zum Erwerbs-

status aus den Kalendarien und dem im ersten Schritt aufgesplit-

teten Aktivitätskalender ARTKALEN, um diese vollständigen In-

formationen dann auf jeweils zwei parallele und konstistente An-

gaben zum Erwerbsstatus zu reduzieren.

Bevor die Information aus den Kalendarien an den ARTKALEN

gematcht werden, müssen die wellenspezifischen Angaben aus

den Kalendarien zusammengefügt werden. Dazu wird PPFAD als

Basisfile benutzt, da er die Originalhaushaltsnummern sowie

sämtliche aktuelle Haushaltsnummern jeder Person für alle Wel-

len beinhaltet. Der durch das Matchen aller Angaben aus den

Kalendarien an PPFAD entstandenen Datensatz MONATSMATCH

wird zur besseren Fehlererkennung und aus technischen Gründen

(da SPSS nicht über genügend Arbeitsspeicher für Aggregations-

prozeduren verfügt), in elf Erwerbsstatus-Files aufgespalten. In

jedem Erwerbsstatus-File soll, genau wie bei der Transformation

des ARTKALEN, eine Zeile einen Monat anzeigen. Das ergibt al-

so wie oben für 18 Wellen (18*12 Monate) 216 Zeilen pro Person.

Behandlung der Besonderheiten der Daten der ostdeutschen Stichprobe

Es muss berücksichtigt werden, dass die Kalendarien der Wellen

G und H, GPKALOST und HPKALOST, die die Angaben der ost-

deutschen Befragten beinhalten, zunächst nicht einbezogen wer-

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den, da die Monatsstruktur der Kalendarien für Ostdeutschland

nicht mit der Monatsstruktur der Kalendarien für Westdeutschland

kompatibel sind. Während im Westen die Abfrage des Erwerbs-

status für jedes Jahr im Januar anfängt und im Dezember endet,

beginnt für das Jahr 1990 für Ostdeutschland das Kalendarium im

Juli 1989 und endet im Juni 1990; in der Welle H verläuft die Ab-

frage über die Monate Juli 1990 bis März 1991.

Um einen File vorliegen zu haben, der über die monatsgenauen

Angaben der gesamtdeutschen Stichprobe zum Erwerbsstatus

verfügt, müssen nun die Besonderheiten der ostdeutschen Erhe-

bung berücksichtigt werden. Das Vorgehen ist identisch mit dem

Vorgehen für die westdeutschen Informationen: Die Werte der

Ost-Kalendarien GPKALOST und HPKALOST werden zunächst

zusammengefügt. Danach werden sie auf Monatsbasis aufge-

splittet. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die ostdeutschen

Befragten keine Angaben für 216 Monate gemacht haben sondern

dass sie erst ab dem 79. Monat, also Juli 1989, in die Stichprobe

aufgenommen wurden. Um die Angaben der ostdeutschen Perso-

nen sinnvoll an die der westdeutschen Befragten matchen zu

können, war es nötig, synthetische Variablen für die Monate 1 bis

78 zu kreieren.

Nachdem die wellenspezifischen Informationen der West- und

Ostkalendarien in einem Datensatz MONATSMATCH zusammen-

gefasst sind und sowohl dieser so entstandene File und ARTKA-

LEN auf monatsgenaue Ebene aufgesplittet sind, werden die bei-

den Datensätze aneinander gematcht. Nun liegt ein Datenfile vor,

der für die gesamtdeutsche Bevölkerung auf monatsgenauer Ba-

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sis Informationen über die Art und Dauer der Erwerbsstatus bein-

haltet.

Fehlerbereinigung

Der nun aus einem Matchvorgang von ARTKALEN und den Ka-

lendarien entstandene Datensatz enthält jetzt doppelte Informa-

tionen über die Erwerbsstati, da in den Kalendarien nach dem Er-

werbsstatus gefragt wurde und Informationen über den Erwerbs-

status aber auch im generierten ARTKALEN vorhanden sind. Da-

her sollen nun die Statusvariablen der Kalendarien (z.B. statvz

„Erwerbsstatus Vollzeit“) und die des ARKALEN (pspell_1 bis

pspell_9: Parallele Spells, die jeweils Angaben über den Erwerbs-

status enthalten) zusammengefasst werden. Es hat sich gezeigt,

dass ARTKALEN über die zuverlässigeren Werte verfügt als die

Angaben aus den Kalendarien. So wurden beispielsweise im

ARTKALEN die fehlenden Werte in den Kalendarien mit Angaben

aus den Lückedateien (BPLUECKE bis QPLUECKE) ersetzt. Des

Weiteren sind Widersprüche zwischen den Angaben aus den Ost-

kalendarien HPKALOST und den Kalendarien-Angaben der Welle

I aufgetaucht, da für die Monate 97 bis 99 Angaben aus verschie-

denen Datensätzen vorliegen. ARTKALEN hat sich im Zweifelsfall

auf die Angaben aus den Ostkalendarien gestützt. Daher ist da-

von auszugehen, dass die Fehlerquote im ARTKALEN im Gegen-

satz zu den Ungenauigkeiten in den Kalendarien geringer ausfällt.

Nach umfassenden Überprüfungen werden daher im Zweifelsfall

die Werte aus dem aufgesplitteten Aktivitätskalender ARTKA-

LENSPLIT1 übernommen. Letztendlich werden wegen der großen

inhaltlichen Nähe und zur Reduzierung der Erwerbsstatus-

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Kategorien die Erwerbsstatus-Angaben In betrieblicher Erstaus-

bildung/Lehre der Kategorie Betriebliche Ausbildung und die An-

gaben Kurzarbeit der Kategorie Vollzeitig erwerbstätig zugeord-

net. Fortbildung wird mit Ausbildung erfasst. Somit umfasst die

Variable Erwerbsstatus noch elf Wertelabels: Vollzeit, Teilzeit, Ge-

ringfügige Beschäftigung, betriebliche Ausbildung, arbeitslos ge-

meldet, in Rente/Ruhestand, Mutterschaft/Freistellung, Schu-

le/Hochschule, Wehr-/Zivildienst, Hausfrau/-mann, Nebenberufli-

che Tätigkeit, Sonstiges und Lücke.

Nun werden die Erwerbsstatusvariablen in zwei Statusvariablen

(estatus1/estatus2) zusammengefasst, so dass maximal zwei pa-

rallele Angaben zum Erwerbsstatus zugelassen werden. So wird

zum einen unplausiblen Aussagen wie zu viele Angaben zum Er-

werbsstatus für den gleichen Zeitpunkt vorgebeugt und zum ande-

ren werden unplausible Kombinationen wie z.B. Mutterschaft und

Zivildienst bereinigt. Diesem Vorgehen liegen die folgenden Re-

geln zu Grunde: wird pro Episode nur ein Erwerbsstatus genannt,

so wird dieser grundsätzlich in die erste Statusvariable übernom-

men. Bei zwei und mehr Angaben wird nach Priorität unterschie-

den. Grundsätzlich wird derjenige Status in die erste Statusvaria-

ble estatus1 übernommen, der eine Erwerbstätigkeit erfasst. Bei

einer parallelen Angabe von Teilzeiterwerbstätigkeit und Haus-

frau/-mann wird die Teilzeittätigkeit in estatus1 übernommen und

Hausfrau/-mann in estatus2. Werden z.B. eine Vollzeit- eine Teil-

zeitbeschäftigung, die Universität und eine Ausbildung als vier pa-

rallele Angaben zum Erwerbsstatus genannt, so wird Vollzeit in

estatus1 und Teilzeit in estatus2 übernommen.

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Am Ende des zweiten Arbeitsschrittes liegt der Datensatz FEH-

LERBEREINIGUNG3_2 auf 216-Monatsbasis vor, das heißt, jede

Person verfügt über 216 Zeilen (18 Wellen * 216 Monate). Sämtli-

che Angaben zum Erwerbsstatus aus dem ARTKALEN und aus

den Kalendarien sind nun in komprimierter Form in den Status-

variablen estatus1 und estatus2 enthalten.

Schritt 3: Bildung der Episoden

Da die später durchzuführenden Ereignisdatenanalysen Rück-

schlüsse über den Verlauf von Erwerbsbiographien unter beson-

derer Berücksichtigung destandardisierter Beschäftigungsverhält-

nisse liefern sollen, wird die Bildung der Episoden in diesem drit-

ten Arbeitsschritt zum einen auf Basis einer Veränderung des Er-

werbsstatus und zum anderen eines Jobwechsels erstellt.

Die Zusammensetzung der Erwerbsstatus-Variable estatus1 und

estatus2 ist aus obigen Schilderungen bereits gekannt. Die Wer-

telabel der Variable „Jobwechsel“ lauten: (1) 'erstmals im Leben

erwerbstätig', (2) 'Nach Unterbrechung wieder Erwerbstätigkeit

aufgenommen', (3) 'Neuer Arbeitgeber', (4) 'Selbstständig ge-

macht', (5) 'Vom Nachfolgebetrieb übernommen' (nur bei ostdeut-

schen Befragten erhoben) sowie (6) 'Innerbetrieblicher Wechsel'.

Um die wellenspezifischen Angaben zum Jobwechsel für die Bil-

dung der Episoden verwenden zu können, müssen die entspre-

chenden Variablen zunächst an die 216-Monatsbasis angepasst

werden, um den exakten Zeitpunkt eines Stellenwechsels über-

nehmen zu können. Für jedes der 18 Jahre wird nun eine synthe-

tische Variable (xmstellw: Stellenwechsel im Monat X, wobei für x

immer der Buchstabe der entsprechenden Welle des Monats ge-

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setzt wurde) erstellt, die den monatsgenauen Zeitpunkt der beruf-

lichen Veränderung anzeigt. Dabei wird beachtet, dass bei der Er-

stellung dieser Variable zeitweise auf zwei Angaben zum selben

Stellenwechsel zurückgegriffen werden konnte, da bis zur Welle I

für das aktuelle Jahr und für das vorherige Jahr nach demselben

Wechsel gefragt wurde. Wenn zwei Angaben zum selben Ereignis

vorliegen, wird der Wert aus der jüngeren Welle übernommen, da

sich alle nachfolgenden Fragen im Fragebogen auf den am we-

nigsten weit zurückliegenden Stellenwechsel beziehen.

Da für einen späteren Zeitpunkt auch die auf 216-Monatsbasis

umgerechneten Angaben zum Anfangs- und Endzeitpunkt sowie

der Dauer der ersten Stelle notwendig sind, geschieht diese Um-

rechnung übersichtshalber direkt nach der Umrechnung der Job-

wechseldaten.

Wenn nun die wellenspezifischen Angaben zum Stellenwechsel

an die Monatsstruktur des Datensatzes angepasst sind, muss ei-

ne Variable erstellt werden, die den Wechsel eines Arbeitsverhält-

nisses einer Person anzeigt. Basis für die Markierung des Stel-

lenwechsels sind die Variablen bmstellw bis qmstellw. Mit der Va-

riablen artstelw wird die Art des Stellenwechsels (z.B. neuer Ar-

beitgeber) erfasst.

Als weniger kompliziert als die Erstellung einer Wechselvariablen

für Veränderungen des Arbeitsverhältnisses erweist sich die Er-

stellung einer Variablen, die den Wechsel im Erwerbsstatus einer

Person anzeigt, da es erstens keine doppelte Abfrage in den Ka-

lendarien zum Erwerbsstatus gibt, zweitens die Angaben schon

auf 216-Monatsbasis vorliegen und drittens zum eigentlichen

Wechsel nicht noch zusätzlich die Wechselart angezeigt werden

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muss. Im Anschluss wird noch eine Variable erstellt, die Auskunft

über das erstmalige Vorliegen einer Angabe zum Erwerbsstatus

gibt.

Bisher liegt der Datensatz immer noch auf 216-Monatsbasis vor.

Da die Rechenprozeduren bei einer Größe des Files von vier Gi-

gabyte sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und für die folgenden

Schritte das Arbeiten auf Spellebene übersichtlicher ist, ist es

sinnvoll, den bisherigen Datensatz zu aggregieren. Als Break-

Variablen dienen die Personennummer, der Job- sowie der Sta-

tuswechsel, damit die Spells anhand der Ereignisse von Job- und

Statuswechseln gebildet werden können. Da der Arbeitsspeicher

von SPSS zu klein ist, muss wie bei früheren Arbeitsschritten

schon beschrieben, in mehreren Schritten vorgegangen werden.

Ist jeweils die Aggregationsprozedur abgelaufen, so werden die

Datensätze durch Matchprozesse wieder zusammengefügt.

Nun liegen die Informationen zu jeder Person in Spellform vor.

Jede Zeile ist durch einen Wechsel des Jobs oder/und des Er-

werbsstatus’ entstanden. Sobald in der Erwerbsbiographie einer

Person ein Job- oder Statuswechsel erfolgt, beginnt eine neue

Episode, das heißt, der Person wird eine neue Zeile zugewiesen.

Anhand der Anzahl von Zeilen kann also abgelesen werden, auf

wie viele Ereignisse eine Person bisher zurückblicken kann. Aller-

dings sind die Informationen für den Beginn der aller ersten Stelle

oder/und des ersten Status, die eine Person angegeben hat, noch

nicht bearbeitet worden. Bisher laufen alle Zeitangabe immer

noch von Monat 1, also Januar 1983, bis Monat 216, also De-

zember 2000.

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Um die Realität wirklichkeitsgetreuer abbilden zu können, das

heißt, um die Episoden nicht nur nach dem Kriterium des Wech-

sels eines Jobs und eines Erwerbsstatus bilden zu können, son-

dern auch um den Beginn der Erwerbstätigkeit eines Befragten

ermitteln zu können, muss zusätzlich auf die Variablen zurückge-

griffen werden, die Angaben über den Anfang, das Ende und die

Dauer der ersten Stelle einer Person liefern. Ebenso muss fest-

gelegt werden, wann eine Person ihre letzten Angaben gemacht

hat, sei es, dass sie nicht mehr an der Befragung teilnimmt oder

aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist.

Auch die Angaben für die Bildung des Anfangs- und Endspells

müssen auf die gleiche Weise wie die Informationen zum Job-

wechsel an die 216-Monatsbasis angepasst werden, um so den

genauen Zeitpunkt vom Anfang einer Erwerbstätigkeit und Aus-

scheiden aus dem Panel bestimmten zu können. Die Festlegung

des Anfangsspells geschieht über die umgerechneten Angaben

zum Anfang, Ende und Dauer des ersten Beschäftigungsverhält-

nisses. Die Bildung des Abschlussspells erfolgt anhand der Varia-

blen zur Letztbefragung.

Nach dem dritten Arbeitsschritt, der Festlegung der Episoden,

liegt der Datensatz nicht mehr auf 216-Montasbasis, sondern auf

Spellbasis vor. Zu jeder Person sind so viele Episoden vorhanden,

wie sie Ereignisse, das heißt Job- oder Statuswechsel zu ver-

zeichnen hat. Bei der Bildung der Episoden wurden neben Job-

und Statuswechsel auch der Beginn und das Ausscheiden aus der

Erwerbsphase bzw. aus der Stichprobe berücksichtigt.

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Schritt 4: Zuspielen der Individualdaten

Im letzen Arbeitsschritt werden nun die für die Analyse eines so-

zialen Wandels in der Arbeitsgesellschaft interessierenden Anga-

ben zum aktuellen oder letzten Beschäftigungsverhältnis an den

Datensatz herangespielt. Es sind vier verschiedene Arten von In-

dividualdaten im SOEP vorhanden: Fragen nach der derzeitigen

Arbeitsstelle, nach Angaben zur derzeitigen Stelle für den vorheri-

gen Monat, nach dem derzeitigen Job in Form eines Kalendari-

ums und nach dem letzten Beschäftigungsverhältnis.

Nachdem alle benötigten Individualdaten zusammengematcht

wurden, sind für jede der vier Arten von Fragen verschiedene

Techniken des Heranspielens der Daten an den Datensatz not-

wendig. „Wie hoch war Ihr monatliches Durchschnittseinkommen

aus selbstständiger Tätigkeit im Jahre 1986?“ ist beispielsweise

eine Frage, die in Form von Kalendarien erhoben wurde. Zuerst

wird die Variable cdurchse erzeugt. Da es sich beim Jahr 1986 um

die Welle C handelt, bekommt die Variable als Index ein C zuge-

wiesen. Nun müssen die Episoden ausfindig gemacht werden, die

entweder genau in diese Zeitspanne fallen oder die von dieser

Zeitspanne tangiert werden. Dies geschieht über die Variablen

Beginn und Ende. In diesem Fall muss das Ende größer sein als

24 und der Beginn kleiner als 37. Damit sind genau die Monate 25

bis 37, also das Jahr 1986 erfasst. Liegt also ein Spell in diesem

Bereich oder reicht ein Spell in diesen Bereich hinein, so wird die-

ser entsprechenden Zeile der Wert der Variablen cp2b03 zuge-

wiesen.

Auf ähnliche Weise funktioniert das Verfahren zum Heranspielen

der anderen drei Arten von Individualdaten an den Datensatz. „In

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welcher Branche sind Sie derzeit beschäftigt?“ ist eine Frage, die

sich auf das aktuelle Arbeitsverhältnis bezieht. Da sich die derzei-

tige Beschäftigung nicht wie das durchschnittliche monatliche Ein-

kommen auf den Bereich eines Jahres beziehen muss, sondern

sich über mehrere Jahre oder nur wenige Monate erstrecken

kann, muss ein anderer Zeitanzeiger gewählt werden, mit dem die

Variablen den richtigen Episoden zugewiesen werden. In diesem

Fall wird diese Funktion vom Interviewdatum übernommen, dass

auf die 216-Monatsstruktur des Datensatzes umgerechnet wurde,

also theoretisch Werte zwischen 1 und 216 umfassen kann. Der

Wert der Branchenvariable bbranche wird den Spells zugeordnet,

bei denen das Datum des Interviews größer ist als der Beginn des

Spells und kleiner als das Ende des Spells.

Auch bei den Fragen, die sich auf den Vormonat beziehen, wie

z.B. „Wie viele Überstunden haben Sie letzen Monat geleistet?“

wird mit Hilfe des Interviewdatums der entsprechende Spell iden-

tifiziert. Es muss allerdings darauf geachtet werden, dass vom

Interviewdatum ein Monat subtrahiert werden muss, um die richti-

gen Episoden zu treffen.

Kompliziert wird das Verfahren zum Heranspielen der Indivi-

dualdaten an den Datensatz, wenn nach dem letzten Beschäfti-

gungsverhältnis gefragt wurde: „Aus welchem Grund sind Sie aus

Ihrer letzen Beschäftigung ausgeschieden?“. In diesem Fall muss

zuerst eine Markierungsvariable erstellt werden, die die Zeitspan-

ne der letzten Stelle ausgehend von allen 18 Wellen kennzeichnet

und zwar nur, wenn der zur Zeitspanne gehörende Erwerbsstatus

nicht eine Vollzeit- oder Teilzeittätigkeit, Ausbildung oder Mutter-

schaftsurlaub umfasst. An die Stellen der Markierungsvariablen

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werden dann die wellenspezifischen Variablen gesetzt, die Aus-

kunft über den Grund für das Ausscheiden aus der letzten Stelle

geben.

Der Realität entsprechend kann nun einer Episode mehrere Va-

riablen mit gleichem Inhalt aber aus unterschiedlichen Wellen zu-

geordnet werden. So ist es beispielsweise möglich, dass eine

Person in einem Beschäftigungsverhältnis und damit einem Spell

mehrere Einkommensveränderungen oder Arbeitszeitregelungen

erfährt. Einem Informationsverlust wird auf diese Art vorgebeugt.

3.3.2 Probleme bei der Erstellung des Datensatzes

3.3.2.1 Technische Probleme

Obwohl es sich bei dem Computer, mit dem die Erstellung des

Datensatzes vorgenommen wurde, um einen Rechner mit einer

extra für die Speicherung der Zwischenschritte zusätzlich einge-

bauten Festplatte handelt, haben die mit dem Statistikprogramm

SPSS in der Version 10.0 durchgeführten Prozeduren sehr viel

Zeit in Anspruch genommen. Das Ablaufen der Loop-Schleifen

zur Erstellung der 216 Zeilen für die verschiedenen Angaben zum

Erwerbsstatus hat beispielsweise 48 Stunden in Anspruch ge-

nommen.

Ein anderes Problem, das bei der Durchführung einiger Prozedu-

ren auftritt, ist der zu kleine Arbeitsspeicher. Die einzige Möglich-

keit, um dieses Problem zu umgehen, besteht in der Unterteilung

des zu bearbeitenden Datensatzes in kleinere Files, wie oben be-

reits erläutert wurde.

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Bei der Konstruktion der If-Bedingungen bietet SPSS zwar durch

den lag-Befehl die Abfrage der vorherigen Zeile, ein Pendant, mit

dem man die nachfolgende Zeile abfragen kann, gibt es aber

nicht. Behelfen kann man sich, in dem man den kompletten Da-

tensatz an Hand von Personennummer und Monat umsortiert.

3.3.2.2 Probleme bezüglich der Struktur des SOEP

Neben den technischen Problemen bei der Erstellung des Daten-

satzes traten aber auch spezifische Schwierigkeiten auf, die auf

die Struktur des SOEP zurückzuführen sind. In den Wellen A bis I

treten Probleme mit fehlenden Interviewdaten auf. Da diese Zeit-

angabe für das Heranspielen der Individualdaten, die sich auf das

aktuelle Beschäftigungsverhältnis beziehen, unabdingbar ist, be-

steht hier ein erhebliches Problem. Dies wurde umgangen, in dem

bei einer fehlenden Angabe ein fiktives Interviewdatum gesetzt

wurde. Da die Interviews meist in der ersten Jahreshälfte durch-

geführt wurden, wird der Monat März als Ersatzmonat verwendet.

Die Alternative, das Wegfallenlassen ganzer Datenmengen auf

Grund des fehlenden Interviewdatums, war noch weniger tragbar.

Wahrscheinlich auf einen Lerneffekt der SOEP-Gruppe ist das in

den verschiedenen Wellen teilweise voneinander abweichende

Fragedesign zurückzuführen. So wird beispielsweise die Frage

nach einer Veränderung der beruflichen Situation in den frühen

Wellen des SOEP anders gestellt als in den späteren. Bis in das

Jahr 1993 wird gleichzeitig mit der Frage, wann es zu einer beruf-

lichen Veränderung gekommen ist, auch die Art der Veränderung

abgefragt. Ab der Welle K wurden diese beiden Informationen ge-

trennt erfragt, was die Arbeit mit diesen Angaben erheblich er-

leichterte.

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Datenbasis

161

Irritationen kamen auch wegen des nicht an die westdeutschen

Items angepassten Fragedesigns für Ostdeutschland auf. Insbe-

sondere bei der Verarbeitung der Angaben aus den Kalendarien

traten einige Probleme auf, da sie nicht wie für die westdeutsche

Befragung im Januar sondern im Juni begannen. Insgesamt

konnten die Probleme allerdings bewältigt werden.

3.4 Besonderheiten des Datensatzes

Wegen der technischen Probleme und den spezifischen Proble-

men mit der Struktur des SOEP muss auf einige Besonderheiten

des Erwerbsspelldatensatzes aufmerksam gemacht werden: In

der Regel wird jeder Panelangehörige einmal pro Jahr interviewt.

Das heißt, dass sich beispielsweise Angaben, die sich auf das

derzeitige Beschäftigungsverhältnis beziehen, automatisch auf

das im selben Jahr beendete vorherige Arbeitsverhältnis übertra-

gen werden. Diese Ungenauigkeit kommt dadurch zu Stande, da

das Heranspielen der Individualdaten einen Zeitanzeiger erfor-

derte, der außer bei den Angaben aus den Kalendarien nur aus

dem Interviewdatum bestand. Auf eine genauere Zeitangabe wur-

de bisher bei der Erstellung des SOEP leider verzichtet.

Da im SOEP nur Informationen über das derzeitige und das vor-

her ausgeübte Beschäftigungsverhältnis erhoben werden, können

sich Lücken in der Erwerbsbiographie ergeben, wenn Personen

zwischen zwei Befragungszeitpunkten mehrfach ihr Arbeitsver-

hältnis gewechselt haben. Leider gibt es auch keine Variable, mit

der die Anzahl der Jobwechsel im zurückliegenden Jahr erfasst

werden kann. Daher konnten diese Erwerbsepisoden innerhalb

des Datensatzes nicht berücksichtigt werden.

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Datenbasis

162

Ein weiteres Problem stellt die Tatsache dar, dass die Änderung

von Arbeitsverträgen wie z.B. der Übergang von einer befristeten

in eine unbefristete Tätigkeit nicht erfasst werden konnten, da

nach dieser Art von Jobwechseln nicht gefragt wurde.

Trotz aller Schwierigkeiten ist aus den vier Arbeitsschritten ein

Erwerbsspelldatensatz entstanden. Dessen Episoden sind an-

hand von Job- und Erwerbsstatuswechseln entwickelt worden. Mit

den herangespielten wellenspezifischen Individualdaten sind In-

formationen über die letzte Stelle (Gründe für Ausscheiden, Be-

schäftigungsmerkmale beim letzten Arbeitgeber), Beschäfti-

gungsmerkmale der derzeitigen Stelle (ISCO-Code, Branche, ver-

einbarte und tatsächliche Arbeitszeit, Überstunden, Berufliche

Stellung, Goldthorpe-Kodierung, Befristung, Einkommen), perso-

nenbezogene Angaben (Alter, Geschlecht, Ausbildung, Herkunft),

Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen, subjektive Angaben

wie Vergleiche der jetzigen Stelle mit dem letzten Arbeitsverhältnis

bezüglich Einkommen, Art der Tätigkeit, Arbeitszeitregelung, be-

trieblichen Sozialleistungen etc., Bedeutung der Berufstätigkeit,

Arbeitszufriedenheit und Sorgen um die Sicherheit des Arbeits-

platzes und die eigene wirtschaftliche Situation erfasst. Mit der

Struktur des Datensatzes sind somit unter Heranziehung von Er-

eignisdatenanalysen Aussagen über einen sozialen Wandel in

Deutschland in der Zeit zwischen Januar 1984 und Dezember

2000 möglich. Letztendlich ist ein Spelldatensatz entstanden, der

in seiner Gesamtheit die Beobachtung der Erwerbsbiographien

von Ost- und Westdeutschen, Ausländern und Zuwanderern er-

laubt.

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Datenbasis

163

In dieser Arbeit werden nur in Westdeutschland lebende Erwerb-

spersonen inklusive Ausländern und Zuwanderern in die Analysen

einbezogen. Eine Ausweitung der Analysen auf in Ostdeutschland

lebende Erwerbspersonen hätte den Rahmen dieser Arbeit ge-

sprengt. Da die diskutierten personalstrategischen Maßnahmen

nur abhängig Beschäftigte betreffen, werden Selbstständige bzw.

Freiberufler nicht in die Betrachtung einbezogen, da ein Abbruch

oder eine Fortsetzung ihrer Tätigkeiten auf ihrem eigenen unter-

nehmerischen Erfolgen beruht. Um aber mit dem Übergang in

Selbstständigkeit einen wichtigen Aspekt der externen Flexibilisie-

rung nicht zu vernachlässigen, werden Übergänge aus einer ab-

hängigen Beschäftigung in Selbstständigkeit in die Untersuchun-

gen einbezogen.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

164

4 Entwicklung von Arbeitsplatzmerkmalen und Er-werbsverläufen von 1985 bis 2000

4.1 Hypothesen: Existenz der Destandardisierung

Mit der Zunahme der Internationalisierung und der stetigen Aus-

dehnung der Arbeitslosigkeit haben sich Forderungen nach Flexi-

bilisierung verdichtet. Arbeitsorganisatorisch erweisen sich stan-

dardisierte Arbeitsvorgaben, normierte Verfügbarkeit von Arbeits-

kraft und eingeschränkte Handlungs- und Entscheidungsspiel-

räume sowie rigide Kontrollen als immer weniger geeignet, Unsi-

cherheit zu bewältigen. Daher wird nun mit indirekter Steuerung

und Selbstorganisation auf die zunehmende Unsicherheit reagiert.

Indirekte Steuerung bedeutet, dass externe Anforderungen ohne

den Durchgang durch zentrale „Rationalisierungsstäbe“ (Kratzer

et al. 2003: 6) an die Beschäftigten weitergegeben werden.

Selbstorganisation bedeutet, dass die Bewältigung von Unsicher-

heit vermehrt zur Aufgabe der Beschäftigten wird. Somit gilt Flexi-

bilisierung als elementarer Baustein neuer Strategien zur Bewälti-

gung von Unbestimmtheit. Neu ist nicht, dass Unternehmen mit

Flexibilisierungsmaßnahmen auf Unsicherheit reagieren. Neu ist

vielmehr, dass Unbestimmtheit viel häufiger von den Beschäftig-

ten selbst bewältigt werden muss (Kratzer et al. 2003), wie auch

die Anwendung der Transaktionskostentheorie auf die Destandar-

disierung in Kapitel 2 gezeigt hat. An Hand der folgenden Hypo-

thesen soll überprüft werden, inwiefern sich die Verlagerung von

Unsicherheit von der Unternehmensebene auf die Ebene der Be-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

165

schäftigten auf die Erwerbsverläufe der Arbeitnehmer nieder-

schlägt:

Hypothese 1: Abnahme von ArbeitsplatzstabilitätDie im zweiten Kapitel vorgestellten Ursachen der Destandardisie-

rung, die Internationalisierung und die Veränderung der Produkti-

onsweise, der unausgewogene Arbeitsmarkt sowie die Auswei-

tung des Dienstleistungssektors verlangen von den Unternehmen

mehr Flexibilität bei der Reaktion auf Nachfrageschwankungen.

Dieser zunehmende Flexibilisierungsdruck wird auf Arbeiter und

Angestellte übertragen. Eine Konsequenz besteht dann z.B. in der

Verringerung der Betriebszugehörigkeitsdauer, da Unternehmen

ihren Mitarbeiterstab je nach Bedarf an die Auftragslage anpas-

sen.

Hypothese 2: Veränderte FlexibilisierungAuf der Ebene der Organisation werden Flexibilitätserfordernisse

nunmehr weniger durch interne Flexibilität, durch einen Puffer,

den die Organisation selbst trägt, ausgeglichen. Vielmehr werden

die Flexibilitätserfordernisse zunehmend externalisiert. Die Kon-

sequenz besteht in der Zunahme von Arbeitgeberwechseln,

Übergängen in Selbstständigkeit und einer Abnahme der innerbe-

trieblichen Arbeitsplatzwechsel.

Hypothese 3: Abnahme von BeschäftigungssicherheitAls die Stabilisierungsstrategie noch flächendeckend in Unter-

nehmen angewendet wurde, waren Erwerbsbiographien in der

Regel durch ein Höchstmaß an Beschäftigungssicherheit gekenn-

zeichnet. Mit häufigerem Rückgriff auf die Flexibilisierungsstrate-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

166

gie müssen abhängig Beschäftigte indessen mit einer Abnahme

von Beschäftigungssicherheit rechnen.

4.2 Operationalisierung

Operationalisierung der Arbeitsplatzstabilität

Mit der Untersuchung der Dauer von Betriebszugehörigkeit soll

die These der Abnahme der Arbeitsplatzstabilität überprüft wer-

den. Wie Erlinghagen und Knuth (2002) darstellen, gibt es für die

Bearbeitung dieses Themengebietes zwei verschiedene Metho-

den: das Messkonzept der Überlebensraten und das „actual tenu-

re“-Verfahren. Die letztgenannte Methode basiert auf unabge-

schlossenen Episoden. In das Ergebnis gehen also Dauern von

Betriebszugehörigkeiten ein, die zum Zeitpunkt des Interviews

noch nicht beendet sind, das heißt, die erhobenen Daten werden

vergangenheitsbezogen ausgewertet. Solche retrospektiven Be-

fragungsdaten haben den Vorteil, dass sie prinzipiell über jeden

Zeitpunkt in der Vergangenheit Auskunft geben können und somit

sowohl das Problem der Links- als auch der Rechtszensierung

umgangen werden kann. Das Problem der Linkszensierung

kommt nicht zum Tragen, da das Datum des Beginns der Anstel-

lung bekannt ist, und das Problem der Rechtszensierung ist hin-

fällig, da sich bei diesem Messkonzept der Analysezeitraum auf

Vergangenheit und Gegenwart beschränkt, zukünftige Entwick-

lungen, die sich nach dem Befragungszeitpunkt ereignet haben,

nicht von Interesse sind. Mit dem Verfahren der actual tenure

wird also ermittelt, wie lange die Betriebszugehörigkeit bis zum

Interviewzeitpunkt im Durchschnitt angehalten hat.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

167

Im Gegensatz zur actual tenure wird mit dem Konzept der Überle-

bens- bzw. Survivorraten als Ausgangspunkt nicht ein bestimmter

Zeitpunkt wie z.B. der Interviewtag sondern ein Zeitraum wie die

zweite Hälfte der neunziger Jahre, in dem Beschäftigungsverhält-

nisse beginnen, gewählt. Es wird angegeben, wie groß der Anteil

der Ausgangsmenge ist, der mit fortschreitender Zeit im Bestand

verbleibt. Zusätzlich lassen sich durch die Überlebensraten

zeitabhängige Verbleibswahrscheinlichkeiten im Betrieb ermitteln.

Für jeden Zeitpunkt ist es möglich anzugeben, wie viel Prozent

der im Zeitraum begonnenen Jobs noch existieren.

Die in Bezug auf Betriebszugehörigkeitsdauern interessierende

Fragestellung lautet: Sind Beschäftigungsverhältnisse, die in der

zweiten Hälfte der neunziger Jahre begonnen haben, weniger

stabil als Arbeitsverhältnisse, die zu einem früheren Zeitpunkt an-

gefangen haben? Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeits-

dauer liegt bei ca. acht Jahren (s. Tabelle 1). Der mit dem SOEP

abgedeckte Untersuchungszeitraum umfasst derzeit 18 Jahre.

Das heißt, Beschäftigungsverhältnisse, die zwischen 1985 und

1990 begonnen haben, können zwischen 15 und zehn Jahren an-

dauern, während Arbeitsverhältnisse, die zwischen 1995 und

2000 angefangen haben, nur eine Betriebszugehörigkeitsdauer

von einem bis maximal fünf Jahren erreichen können. Da das

Konzept der Überlebensraten auf abgeschlossenen Dauern ba-

siert, liegt das Problem also in der Rechtszensierung der Daten.

Wie sich bei der Untersuchung der Flexibilisierung noch zeigen

wird, sind vermehrte Arbeitgeberwechsel erst ab 1997 zu ver-

zeichnen.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

168

Aber auch das Konzept der actual tenure hat Nachteile. So kön-

nen mit diesem Verfahren nicht die so genannten Kompositions-

effekte umgangen werden, das heißt, dass beispielsweise in ei-

nem Jahr, indem besonders viele Personen ein neues Arbeitsver-

hältnis eingehen, die durchschnittliche Betriebszugehörigkeits-

dauer sinkt. Um aber die aktuellsten Entwicklungen darstellen zu

können, wird trotzdem von der Darstellung der Survivorraten ab-

gesehen und auf die actual tenure zurückgegriffen.

Die Berechnungen der Dauer der Firmenbindungen erfolgen auf

Basis der vom SOEP generierten Variablen zur Betriebszugehö-

rigkeitsdauer. Die zur Generierung genutzten Informationen um-

fassen neben der direkten Frage, seit wann eine Person beim

derzeitigen Arbeitgeber beschäftigt ist, auch alle Indikatoren zur

Beschreibung von Veränderungen im Erwerbskontext seit Januar

des jeweils letzten Jahres sowie den Interviewmonat. Die Fragen

richteten sich nur an aktuell Erwerbstätige. Ermittelt wird jeweils

der Median des entsprechenden Jahres.

Operationalisierung der Flexibilisierung

Als Indikator für die Flexibilisierung werden die quantitativen Di-

mensionen Arbeitgeberwechsel, innerbetrieblicher Wechsel und

Übergang in Selbstständigkeit herangezogen. Dazu werden je-

weils die entsprechenden Wechsel prozentuiert auf die Gesamt-

heit aller Beschäftigten für jedes Jahr dargestellt. Um die Arbeit-

geberwechselrate zusätzlich in Beziehung zum Wirtschafts-

wachstum setzten zu können, wird die vom statistischen Bundes-

amt ermittelte Veränderung des Bruttoinlandsprodukts in Verände-

rungen der Preise gegenüber dem Vorjahr angegeben.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

169

Operationalisierung der Arbeitsplatzsicherheit

Mit Flexibilisierung und Arbeitsplatzstabilität wurden die quantitati-

ven Dimensionen der Destandardisierung untersucht. Dagegen ist

die Arbeitsplatzsicherheit der qualitativen Dimension zugeordnet.

Unter diesem Punkt werden berufliche Auf- und Abstiege, gemes-

sen in Wechseln der beruflichen Stellung sowie Einkommensver-

änderungen, Übergänge in Arbeitslosigkeit und Wiedereinstiege in

Erwerbstätigkeit nach Phasen ungewollter Erwerbslosigkeit sowie

Verbesserungen und Verschlechterungen bei Jobwechseln ermit-

telt.

Berufliche Auf- und Abstiege gemessen in Wechseln der berufli-

chen Stellung

Zu Erkenntnissen über die Entwicklung der Arbeitsplatzstabilität

trägt die Ermittlung beruflicher Auf- und Abstiege maßgeblich bei.

Ziel dieses Teils der Untersuchung ist es zu ermitteln, ob es bei

einem Jobwechsel, gemeint ist ein Jobwechsel in Form eines Ar-

beitgeberwechsels, eines Wechsels in Selbstständigkeit oder ei-

nes innerbetrieblichen Wechsels zu beruflichen Verbesserungen

oder Verschlechterungen kommt. Modelliert werden Auf- bzw. Ab-

stiege durch den Wechsel in eine niedrigere oder höhere berufli-

che Stellung. Es werden also ausschließlich Bewegungen inner-

halb des Arbeitsmarktes betrachtet, Zu- und Abgänge in bzw. aus

dem Arbeitsmarkt in Form von Wiedereinstiegen in den Arbeits-

markt und Wechsel in Arbeitslosigkeit sowie Übergänge in den

Ruhestand bleiben an dieser Stelle unberücksichtigt. Als Grundla-

ge für die Berechnungen dienen die Angaben zur aktuellen beruf-

lichen Stellung, die in Anlehnung an Diewald (2003a) zunächst in

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

170

acht Karrierestufen eingeteilt wurden (Abbildung 4). Kommt es zu

einer Änderung der Karrierestufe durch einen Jobwechsel, so wird

ein Auf- oder Abstieg gezählt, bleibt die Karrierestufe hingegen

unverändert, wird eine Stagnation ermittelt. Die Risikomenge be-

steht aus allen Personen, die einer Vollzeit-, Teilzeit- oder gering-

fügigen Beschäftigung nachgehen.

Abbildung 4: Zuordnung beruflicher Stellungen zu KarrierestufenKarrierestufen

Berufliche Stellungen 1 2 3 4 5 6 7 8ArbeiterUngelernte Arbeiter XAngelernte Arbeiter XFacharbeiter xVorarbeiter, Kolonnenführer XMeister, Polier xAngestellteIndustrie-/ Werksmeister xAng., einfache Tätigkeit XAng., qualifizierte Tätigkeit xAng., hochqualifizierte Tätigkeit xAng., mit Führungsaufgaben XBeamte

Beamte - Einfacher Dienst XBeamte - Mittlerer Dienst XBeamte - Gehobener Dienst xBeamte - Höherer Dienst 1.Stelle Ab

2.StelleSelbstständigeSelbstständige - Freier Beruf XSelbstständige, bis zu 9 Mitarb xSelbstständige, 10 u. mehr Mit-

arb.X

Quelle: Diewald (2003a: 36), angepasst an die Abfrage der aktuellen beruflichen Stellung imSOEP

Berufliche Auf- und Abstiege ermittelt durch Einkommensverände-

rungen

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

171

Gegenüber der Ermittlung von Auf- und Abstiegen an Hand von

Veränderungen der beruflichen Stellung liegt der Vorteil der Mes-

sung beruflicher Auf- bzw. Abstiege über Bruttorealeinkommens-

veränderungen darin, dass Einkommensveränderungen im Ge-

gensatz zu Wechseln der beruflichen Stellungen häufiger und

auch bei Erwerbsstatuswechseln untersucht werden können. Die

Fragestellung bezüglich des Einkommens lautet im SOEP: „Wie

hoch war Ihr Bruttoverdienst im letzten Monat?“. Die betrachtete

Risikomenge besteht aus allen erwerbstätigen Personen. Da Auf-

und Abstiege zwischen Positionen ermittelt werden sollen, werden

Einkommensveränderungen nicht innerhalb von Spells sondern

ausschließlich zwischen Episoden betrachtet. Von Spell zu Spell

wurden immer zwei aufeinander folgende (Real-) Einkommen mit-

einander verglichen, das heißt, der Verdienst, der am Ende einer

Episode angegeben wurde, wurde mit dem Einkommen vergli-

chen, das zu Beginn des folgenden Spells genannt wurde.

Zunächst werden berufliche Auf- und Abstiege insgesamt be-

trachtet, das heißt, unabhängig davon, um welche Wechselart es

sich handelt. Sobald es also zu einem zwischenbetrieblichen, in-

nerbetrieblichen oder/und Erwerbsstatuswechsel kommt, werden

Auf- oder Abstiege ermittelt. Im nächsten Schritt werden dann be-

rufliche Auf- und Abstiege getrennt nach den Jobwechselarten

Arbeitgeberwechsel oder innerbetrieblicher Wechsel ermittelt.

Übergänge in Arbeitslosigkeit und Wiedereinstiege nach unge-

wollter Erwerbslosigkeit

Wesentliche Indikatoren für die Bestimmung von Beschäftigungs-

sicherheit stellen die Übergänge in Arbeitslosigkeit sowie Wieder-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

172

einstiege nach ungewollter Erwerbslosigkeit dar. Ermittelt wird der

Wechsel in Arbeitslosigkeit an einem Übergang aus einer abhän-

gigen Beschäftigung in ungewollte Erwerbslosigkeit und der Wie-

dereinstiege aus Arbeitslosigkeit in eine abhängige Beschäfti-

gung. Pro Jahr wird der jeweilige prozentuale Anteil an allen Be-

schäftigten bzw. an Arbeitslosen dargestellt.

Verbesserung und Verschlechterung bei Jobwechseln

Neben der Erfassung von beruflichen Auf- und Abstiegen interes-

sieren auch nicht-monetäre Veränderungen bei Jobwechseln. So

werden Aufstiegsmöglichkeit, Arbeitsbelastung, Verdienst, Art der

Tätigkeit, Arbeitsplatzsicherheit, Verwendung beruflicher Qualifi-

kation sowie Arbeitszeitregelungen des vorherigen mit dem neuen

Arbeitsplatz verglichen um die Anteile von Verbesserungen und

Verschlechterungen darstellen zu können. Die dazugehörigen

Fragen im SOEP richten sich ausschließlich an Erwerbspersonen,

die einen Jobwechsel vollzogen haben und lauten „Wie beurteilen

Sie Ihre jetzige Stelle im Vergleich zur letzten? In welchen Berei-

chen haben Sie sich verbessert, welche sind etwa gleichwertig

und in welchen haben Sie sich eher verschlechtert?“

4.3 Deskriptive Ergebnisse für die Gesamtheit der Beschäf-tigten

Um eine Vorstellung über die Eintrittshäufigkeit der Karriereereig-

nisse über den Untersuchungszeitraum von 1985 bis 2000 zu ge-

ben, werden die deskriptiven Ergebnisse vorgestellt. Zunächst

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

173

werden im Folgenden die Ergebnisse für die Gesamtheit der Be-

schäftigten betrachtet. Um wichtige Entwicklungen innerhalb der

Subgruppen nicht zu verdecken, erfolgt anschließend die Prä-

sentation der Ergebnisse für verschiedene Teilarbeitsmärkte.

Zunächst werden die Entwicklungen der quantitativen Dimensio-

nen „Arbeitsplatzstabilität“ und „Flexibilisierung“ betrachtet, bevor

Erkenntnisse der qualitativen Dimension der Beschäftigungssi-

cherheit präsentiert werden. Arbeitsplatzstabilität wird in dieser

Arbeit ausschließlich an Hand der Betriebszugehörigkeitsdauer

gemessen. Die Ergebnisse14 in Tabelle 1 zeigen, dass die durch-

schnittliche Betriebszugehörigkeitsdauer zwischen 1985 und 1994

für die Gesamtheit der Beschäftigten bei 8,5 Jahren liegt. Von

1994 auf 1995 ist ein deutlicher Abfall von einem Jahr auf eine

durchschnittliche Dauer von ca. 7,3 Jahren zu beobachten. Auf

diesem Wert pendeln sich die Werte bis 2000 ein. Im Fall der Be-

triebszugehörigkeitsdauern ist demnach festzuhalten, dass es ab

der zweiten Hälfte der neunziger Jahre zu einer Verkürzung ge-

kommen ist.

14 Auf Grund der unterschiedlichen Ziehungsdesigns für Sample A (Westdeutsche), SampleB (Westdeutsche Ausländer) Sample D (Zuwanderer) und Sample E (Ergänzungsstichprobe)ist es nötig, alle deskriptive Ergebnisse zu gewichten, um zu repräsentativen Aussagen überdie gesamte westdeutsche Bevölkerung zu gelangen. Daher sind sämtliche deskriptivenErgebnisse in diesem Kapitel gewichtet worden.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

174

Tabelle 1: Betriebszugehörigkeitsdauer aller Erwerbstätigen in Jahren

Quelle: SOEP- Daten, eigeneBerechnungen.

Beschäftigungsverhältnisse, die um die Zeit der Wende begonnen

wurden, werden also im Schnitt ein Jahre früher beendet als Ar-

beitsverhältnisse, die vor 1990 eingegangen wurden. Hypothese 1

ist demnach zu verifizieren: Arbeitsplatzstabilität hat ab der zwei-

ten Hälfte der neunziger Jahre abgenommen. Dass die Arbeits-

platzstabilität vor 1995 konstant geblieben ist, zeigen auch die Er-

gebnisse von Erlinghagen (2004). Dass es jedoch ab 1995 zu ei-

ner Reduzierung der Arbeitsplatzstabilität gekommen ist, ist eine

neue Erkenntnis, die der Autor mit seinen nur bis zur Mitte der

neunziger Jahre laufenden Daten noch nicht erfassen konnte.

Dauer in Jahren1985 8,01986 8,01987 8,31988 8,21989 8,11990 8,41991 8,51992 8,41993 8,51994 8,51995 7,31996 7,31997 6,91998 7,31999 7,02000 7,3

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

175

Die zunehmende Flexibilisierung, die in dieser Arbeit an Hand von

Arbeitgeberwechseln, innerbetrieblichen Arbeitsplatzwechseln

sowie Übergängen in Selbstständigkeit gemessen wird, spielt eine

wichtige Rolle bei der Untersuchung der Destandardisierung der

Erwerbsarbeit, die zudem eng mit der Abnahme von Arbeitsplatz-

stabilität verknüpft ist.

Abbildung 5: Arten von Jobwechseln in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Gesamtheitder Erwerbstätigen)

0

5

10

15

20

25

30

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Betriebswechsel Betriebsinterner W echsel

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Beim Vergleich der innerbetrieblichen und zwischenbetrieblichen

Jobwechselarten (Abbildung 5) zeigt sich erst gegen Ende der

neunziger Jahre eine deutlichere Veränderung in Form einer

scherenförmigen Entwicklung. So stagnieren innerbetriebliche

Wechsel zwischen 1985 und 1992 ungefähr bei einem Wert von

2,5 Prozent bezogen auf die Gesamtheit der Beschäftigten. Erst

ab 1993 sinken sie dann dauerhaft unter dieses Niveau ab. Fast

entgegengesetzt verläuft die Entwicklung der zwischenbetriebli-

chen Wechsel. Zu Beginn des Untersuchungszeitraums ist zwi-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

176

schen 1985 und 1987 mit einer Betriebswechselrate von fünf

Prozent der niedrigste Wert zu verzeichnen. Bis 1989 steigen die

Wechsel auf sieben Prozent an. Danach pendeln die Werte bis

1997 um die Fünfprozentmarke. Ab diesem Zeitpunkt steigen al-

lerdings die Arbeitgeberwechsel bis 2000 auf ca. 7,5 Prozent an.

Da also im Gegensatz zu Arbeitgeberwechseln die betriebsinter-

nen Wechsel abgenommen haben, besteht eine Tendenz zu ab-

nehmender innerbetrieblicher und steigender zwischenbetriebli-

cher Mobilität.

Abbildung 6: Arbeitgeberwechsel und Wirtschaftswachstum in Prozent pro Jahr (Ri-sikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

-5

0

5

10

15

20

25

30

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

insgesamt Wirtschaftswachstum

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Betrachtet man parallel zu den Arbeitgeberwechseln den Verlauf

des Wirtschaftswachstums in der Bundesrepublik (Abbildung 6),

kann der Beobachtung von Knuth (1998) nicht in jeder Hinsicht

gefolgt werden, der zu Folge der Trend zu höheren Betriebswech-

selraten ausschließlich auf den Konjunkturverlauf zurückzuführen

sei. In Rezessionszeiten nehme die Betriebswechselrate ab, im

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

177

wirtschaftlichen Aufschwung steige sie an. Arbeitgeberwechsel

seien demnach weniger unfreiwillig durch Entlassungen in Krisen-

zeiten bedingt als vielmehr zu einem weitaus größeren Teil

selbstbestimmt in Zeiten konjunktureller Aufschwünge, wenn Ar-

beitnehmer durch den Wechsel eine Verbesserung anstrebten.

Bis 1996 verliefen die Entwicklungen von Arbeitgeberwechseln

und Wirtschaftswachstum ungefähr parallel. Befand sich die Wirt-

schaft in einer Boomphase, so stiegen auch die Unternehmens-

wechsel an, verfiel die Wirtschaft in schlechte Zeiten, so nahmen

auch die Betriebswechselraten ab. Doch ab dem Jahr 1997 driftet

die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes und der Arbeitgeber-

wechsel leicht auseinander. Der erhöhte Anstieg von Firmen-

wechseln liegt deutlich über der Rate des Wirtschaftswachstums.

Folglich ist festzustellen, dass man ab 1997 von einer leichten

Tendenz in Richtung zunehmender Arbeitgeberwechsel sprechen

kann. Doch da die Ergebnisse nicht ganz eindeutig sind, soll im

multivariaten Teil unter Hinzuziehung der Indikatoren „Arbeitslo-

senquote“ und „Veränderung des Bruttoinlandproduktes (BIP) im

Vergleich zum Vorjahr“ überprüft werden, ob die Zunahme der Ar-

beitgeberwechsel auf einen grundsätzlichen Wandel hindeutet

oder durch konjunkturelle Rahmenbedingungen bestimmt ist. Zu-

dem soll nun im Anschluss noch ein anderer Flexibilisierungsindi-

kator untersucht werden, der Wechsel in Selbstständigkeit.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Abbildung 7: Übergänge in Selbstständigkeit in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Ge-samtheit der Erwerbstätigen)

0

1

2

3

4

5

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Selbständigkeit

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Auch Übergänge in Selbstständigkeit (Abbildung 7) gelten als In-

diz für die Entwicklung externer Flexibilisierungsmaßnahmen. Wie

bei den Jobwechselraten ist auch bei den Wechseln in Selbst-

ständigkeit erst ab Mitte der achtziger Jahre eine Veränderung zu

erkennen. So lagen die Werte zu Beginn des Untersuchungszeit-

raumes bis 1993 bei ca. 0,8 Prozent aller Erwerbstätigen. Erst ab

1994 steigen die Wechsel an. Auch wenn diese Prozentwerte ge-

ring erscheinen, so sind die prozentualen Veränderungen durch-

aus bemerkenswert. In welchem Maße es sich um tatsächliche

Selbstständigkeit oder Scheinselbstständigkeit handelt, kann an

Hand des SOEP allerdings nicht ermittelt werden. Trotzdem zeigt

dieser Anstieg eine wenn auch nicht sehr ausgeprägte Erosion

von Erwerbskarrieren an, die im Sinne eines Normalarbeitsver-

hältnisses durch die Kriterien Kontinuität, Erwartbarkeit und mate-

rielle Sicherheit konstruiert sind.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

179

Auf Grund der Abnahme innerbetrieblicher Wechsel, der Zunah-

me von Arbeitgeberwechseln und der Übergänge in Selbststän-

digkeit muss Hypothese 2 differenziert beurteilt werden. So ist

hinsichtlich der internen Flexibilisierungsmaßnahmen ein Rück-

gang zu erkennen, während eine Zunahme, wenn auch erst ab

Mitte der neunziger Jahre, bei den externen Flexibilisierungsmaß-

nahmen „Arbeitgeberwechsel“ und „Übergang in Selbstständig-

keit“ zu beobachten ist.

Mit der Analyse von Flexibilisierung und Arbeitsplatzstabilität ist

die quantitative Dimension des Arbeitsmarktgeschehens erfasst.

Es hat sich gezeigt, dass sowohl eine Zunahme von Arbeitgeber-

wechseln und von Übergängen in Selbstständigkeit als auch eine

Verkürzung der Betriebszugehörigkeitsdauern ab Mitte der neun-

ziger Jahre zu beobachten ist. Doch diese Ergebnisse allein las-

sen noch keine Wertung über die momentane Entwicklung des

Arbeitsmarktes zu. So ist noch offen, ob diese Tendenzen mit ei-

ner Zunahme von Risiken und/oder einer Abnahme von Chancen

verbunden sind. Diese Fragestellung soll anhand der Evaluation

der qualitativen Dimension „Arbeitsplatzsicherheit“ bearbeitet

werden.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Abbildung 8: Auf- und Abstiege bei Jobwechsel in Prozent pro Jahr gemessen inVeränderungen der beruflichen Stellung (Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstäti-gen)

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Aufstieg Abstieg

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

In Abbildung 8 ist deutlich zu erkennen, dass der Abfall an berufli-

chen Aufstiege bei Jobwechseln gemessen in Wechseln der be-

ruflichen Stellung über den Untersuchungszeitraum hinweg un-

gefähr zwischen zwei und drei Prozent der Gesamtheit der Be-

schäftigten liegt. Bei den beruflichen Abstiegen hingegen ist eine

steigende Tendenz ersichtlich. Diese vollzieht sich in zwei Schrit-

ten. Die erste Steigerung beginnt 1987 bei 0,9 Prozent und er-

reicht 1990 ca. 2,5 Prozent. Der darauf folgende Anstieg beginnt

1991 mit ca. 1,2 Prozent und endet 2000 bei knapp 2,8 Prozent

und reicht damit an das Niveau der Aufstiege heran. Zwar liegen

die Prozentwerte der Auf- und Abstiege deutlich unter der Fünf-

prozentmarke. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der

Übergang von einer in eine andere berufliche Stellung im Laufe

einer Erwerbsbiographie selten vorkommt.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Abbildung 9: Auf- und Abstiege bei Jobwechsel und/oder Erwerbsstatuswechsel inProzent pro Jahr gemessen in mindestens fünf- bzw. zehnprozentigen Einkom-mensveränderungen (Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

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Aufstiege 10% Abstiege 10% Aufstiege 5% Abstiege 5%

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Gegenüber Wechseln der beruflichen Stellung kommen Einkom-

mensveränderungen im Laufe einer Erwerbsbiographie deutlich

häufiger vor. In Abbildung 9 sind daher die Auf- und Abstiege ge-

messen in fünf- bzw. zehnprozentigen Einkommenserhöhungen

bei Job- und/oder Erwerbsstatuswechsel dargestellt. Es ist klar

erkennbar, dass seit 1991 ein kontinuierlicher Abfall der Aufstiege

sowohl bei fünf- als auch zehnprozentiger Einkommensverände-

rung zu verzeichnen ist. Lagen die mindestens zehnprozentigen

Einkommenserhöhungen zur Zeit der Wiedervereinigung noch bei

ca. sieben Prozent, so gingen sie bis 2000 beständig auf drei Pro-

zent zurück. Bei den Abstiegen zeigt sich eine umgekehrte Ent-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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wicklung. Es ist ein kontinuierliches Wachstum von 0,2 Prozent

1986 auf 2,3 Prozent im Jahr 2000 zu erkennen.

Abbildung 10: Auf- und Abstiege bei Jobwechseln in Prozent pro Jahr (Risikomen-ge: Betriebswechsler bzw. innerbetriebliche Jobwechsler)

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Zusätzlich sollen anschließend die beruflichen Auf- und Abstiege

auch nach Jobwechselarten differenziert werden. Abbildung 10

zeigt, dass sowohl zwischen- als auch innerbetriebliche Aufstiege

über den Untersuchungszeitraum hinweg deutlich seltener werden

und zwar von knapp 60 Prozent 1985 auf ca. 30 Prozent im Jahr

2000. Dagegen ist hinsichtlich der Abstiege eine leichte Zunahme

zu konstatieren. Ab der zweiten Hälfte der neunziger Jahre kann

dann von einer deutlichen Zunahme ausgegangen werden. Dies

legt nahe, dass die in der Öffentlichkeit verbreitete Annahme über

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A ufs t iege (B etriebs wec hs el) A ufs t iege (innerbetrieblic her W ec hsel) A bs tiege (B etriebs wec hs el)A bs tiege (innerbetrieblic her W echs el)

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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eine Verschlechterung von Arbeitsmarktchancen durchaus empi-

risch belegt werden kann. Dabei kommt auf Arbeitsmarktinsider

neben einer Erosion von Chancen auch eine Zunahme von Risi-

ken in Form von beruflichen Abstiegen zu.

Im Folgenden soll untersucht werden, welche Arbeitsplatzmerk-

male bei einem Jobwechsel besser oder schlechter beurteilt wer-

den.

Abbildung 11: Vergleich Sozialleistungen: Anteile von Verbesserungen und Ver-schlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler)

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Verbesserungen Verschlechterungen

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Die Beurteilung der betrieblichen Sozialleistungen nach einem Ar-

beitsplatzwechsel hat sich im Verlauf der sechzehn untersuchten

Jahre nicht wesentlich verändert (Abbildung 11). Anteile von Ver-

besserungen sind von 23 Prozent 1985 bis 1990 auf 32 Prozent

angestiegen, um danach nahe der 30-Prozent-Marke zu pendeln.

Anteile von Verschlechterungen lagen zwischen 1985 und 1991

stets bei zehn Prozent, um 1994 kurzfristig auf zwanzig Prozent

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

184

anzusteigen. Danach gingen sie bis 2000 wieder auf etwa zehn

Prozent zurück. Dass sich die Beurteilungen nicht verändert ha-

ben, liegt vermutlich auch an der Regelung der betrieblichen So-

zialleistungen in der Bundesrepublik Deutschland, an der sich in

den letzten zwanzig Jahren nicht viel geändert wurde.

Abbildung 12: Vergleich Arbeitszeitregelung: Anteile von Verbesserungen und Ver-schlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler)

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Verbesserungen Verschlechterungen

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Wachsende Anteile von Verbesserungen nach einem Arbeits-

platzwechsel sind bei der Arbeitszeitregelung und der Arbeitsbe-

lastung auszumachen. Die Anteile von Verbesserungen bei der

Arbeitszeitregelung (Abbildung 12) steigen von 30 Prozent im

Jahre 1985 auf vierzig Prozent bis 2000 an. Der Anteil an Ver-

schlechterungen sinkt von 25 Prozent im Jahre 1985 auf 15 Pro-

zent 1991, um dann von 1991 bis 1994 um zehn Prozentpunkte

anzusteigen. Bis zum Ende des Untersuchungszeitraums sinkt

der Anteil an Verschlechterungen sogar auf unter 20 Prozent. Die

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Umstellung auf flexiblen Arbeitseinsatz, der in Stoßzeiten Mehrar-

beit von den Mitarbeitern fordert, ließ erwarten, dass Arbeitszeit-

regelungen zunehmend negativ beurteilt werden. Es wird ver-

mutet, dass die in vielen Betrieben eingeführte flexible Arbeitszeit-

regelung zu der positiven Beurteilung dieser Entwicklung durch

die Arbeitnehmer beigetragen hat.

Abbildung 13: Vergleich Arbeitsbelastung: Anteile von Verbesserungen und Ver-schlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler)

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Verbesserungen Verschlechterungen

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Der Vergleich der Arbeitsbelastung (Abbildung 13) ist der einzige

Bereich, in dem die Beurteilung von Verbesserungen und Ver-

schlechterungen eng beieinander liegen. Während der Anteil an

Verschlechterungen bis 1988 mit 35 Prozent noch über dem Anteil

der Verbesserungen von ca. 25 Prozent liegt, steigt der Anteil an

Verbesserungen ab 1989 um im Durchschnitt sieben Prozent-

punkte an. Dieses Niveau wird bis 2000 gehalten. Der Anteil an

Verschlechterungen sinkt ebenfalls ab 1989, steigt dann von 1993

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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bis 1996 um dann im Jahr 2000 auf einem Niveau von 25 Prozent

zu liegen. Neben der als günstiger empfundenen Arbeitszeitrege-

lung ist auch dieses Ergebnis überraschend, da vermutet wurde,

dass mit der Destandardisierung der Erwerbsarbeit die starke

Stellung der Unternehmen und Konkurrenz unter den Arbeitneh-

mern um Arbeitsplätze die Beschäftigten zu mehr Akzeptanz von

erhöhter Arbeitsbelastung zwingen. Den Ergebnissen zu Folge

scheint dies allerdings nicht der Fall zu sein.

Abbildung 14: Vergleich Arbeitsplatzsicherheit: Anteile von Verbesserungen undVerschlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler)

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Verbesserungen Verschlechterungen

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Auch die Arbeitplatzsicherheit (Abbildung 14) wird von der zweiten

Hälfte der achtziger Jahre bis Ende der neunziger Jahre nicht ein-

deutig als bedrohlicher empfunden. Zwar sinkt der Anteil an Ver-

besserungen von etwa 38 Prozent zwischen 1986 und 1990 auf

ungefähr 30 Prozent am Ende des Untersuchungszeitraums, doch

steigt der Anteil an Verschlechterungen bis 1994 von neun Pro-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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zent 1985 auf 20 Prozent an um dann bis 2000 wieder auf zehn

Prozent zurückzugehen. Damit erreichen sie zwar nicht das Ni-

veau von 1987 bis 1990 (ca. sieben Prozent) doch sinken sie im-

merhin ausgehend von 1994 auf zehn Prozent. Hier ist damit eine

deutliche Abweichung zur oben an Hand von beruflichen Auf- und

Abstiegen sowie Übergängen in Arbeitslosigkeit und Wiederein-

stiegen in Erwerbstätigkeit gemessenen Arbeitsplatzsicherheit zu

beobachten. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass die Befragten

unter „Arbeitsplatzsicherheit“ in erster Linie die Wahrscheinlichkeit

eines Wechsels in Arbeitslosigkeit verstehen. Es ist anzunehmen,

dass bei einem Arbeitsplatzwechsel auf dieses Risiko geachtet

wurde und die Wahl vor einem Wechsel auf einen anscheinend

sicheren Arbeitsplatz gefallen ist. Daher fällt die Kurve der Ver-

schlechterungen bezüglich der Arbeitsplatzsicherheit relativ mo-

derat aus.

Abbildung 15: Vergleich Verdienst: Anteile von Verbesserungen und Verschlechte-rungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler)

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Verbesserungen Verschlechterungen

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Eine deutliche Entwicklung ist hingegen bei der Wahrnehmung

der Verdienstentwicklung zu beobachten (Abbildung 15). So sinkt

der Anteil an Verbesserungen von 59 Prozent im Jahr 1985 bis

1992 um fast zehn Prozentpunkte und verbleibt bis zum Ende des

Untersuchungszeitraumes auf diesem Niveau. Auch bei den An-

teilen von Verschlechterungen ist ein ca. 18-prozentiger Anstieg

von 1985 auf 30 Prozent 1993 zu konstatieren. Bis 2000 sinken

sie dann langsam auf 20 Prozent ab. Somit ist eine Verschlechte-

rung der Einkommenssituation bei einem Jobwechsel festzustel-

len. Diese Ergebnisse sind damit auch kompatibel mit den auf

Veränderungen des realen Einkommens beruhenden Berechnun-

gen der beruflichen Auf- und Abstiege.

Abbildung 16: Vergleich Aufstiegsmöglichkeiten: Anteile von Verbesserungen undVerschlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler)

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Ein ähnlicher zeitlicher Verlauf ist bezüglich des Vergleichs der

Aufstiegsmöglichkeiten (Abbildung 16) erkennbar, denn auch hier

fällt die Kurve des Anteils an Verbesserungen von 48 Prozent

1986 bis 1993 auf 30 Prozent ab um dann bis 2000 auf einem

ähnlichen Niveau zu verbleiben. Auch der Anteil an Verschlechte-

rungen steigt von fünf Prozent 1987 bis 1993 auf 19 Prozent an,

um dann bis zum Ende des Untersuchungszeitraums auf diesem

Niveau zu verbleiben. Auch bezüglich der Aufstiegsmöglichkeiten

ist also ebenfalls eine Verschlechterung auszumachen. Ein recht

ähnlicher Verlauf zeigt sich bei der Berechnung der Auf- und Ab-

stiege basierend auf Veränderungen der beruflichen Stellung und

der Einkommensentwicklungen.

Abbildung 17: Vergleich Tätigkeit: Anteile von Verbesserungen und Verschlechte-rungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler)

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Verbesserungen Verschlechterungen

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Bezüglich des Vergleichs der Art der Tätigkeit (Abbildung 17) ist

zu beobachten, dass der Anteil von Verbesserungen von 1986

von 60 Prozent auf 50 Prozent 1999 zurückgeht. Mit den Anteilen

von Verschlechterungen verhält es sich umgekehrt. Sie steigen

von sieben Prozent 1986 auf 18 Prozent 1997. Der Wechsel eines

Arbeitsverhältnisses ist also während der sechzehn Jahre immer

weniger mit einer Verbesserung der beruflichen Tätigkeit verbun-

den.

Abbildung 18: Vergleich Verwendung beruflicher Qualifikationen: Anteile von Ver-besserungen und Verschlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Job-wechsler)

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Verbesserungen Verschlechterungen

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Bei der Verwendung der beruflichen Qualifikationen, die Auskunft

über unter- bzw. überwertige Beschäftigung geben, sind hinsicht-

lich des Anteils von Verschlechterungen keine Veränderungen er-

kennbar. Er bewegt sich im Untersuchungszeitraum ungefähr bei

20 Prozent. Der Anteil an Verbesserungen sinkt mit einigen

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Schwankungen von 40 Prozent 1985 um sieben Prozentpunkte

bis 2000.

Am höchsten fallen bei einem Jobwechsel die Anteile an Verbes-

serungen beim Vergleich der Arbeitsplatzmerkmale „Verdienst“

und „Art der Tätigkeit“ aus, die zu Beginn des Untersuchungszeit-

raums Werte um die 60 Prozent aufweisen. Eine Erhöhung des

Einkommens und eine Verbesserung der Art des Beschäftigungs-

verhältnisses sind somit für Beschäftigte die wichtigsten Arbeits-

platzmerkmale, die zu einem Wechsel des Arbeitsplatzes veran-

lassen. Aufstiegsmöglichkeiten sind ebenfalls ein wichtiger Grund.

Umso entscheidender ist es, dass sich gerade bei den Verglei-

chen von Verdienst und Aufstiegsmöglichkeiten bei einem Job-

wechsel über den Untersuchungszeitraum hinweg Anteile von

Verschlechterungen von bis zu 20 Prozentpunkten abzeichnen.

Eine weniger große Bedeutung bei einem Arbeitsplatzwechsel

haben vor allem die betrieblichen Sozialleistungen und die Ar-

beitsbelastungen, denn diesbezüglich liegt der Anteil an Verbes-

serungen nur bei 30 Prozent. Daher scheint es auch nicht von

Bedeutung zu sein, dass sich auf diesen Gebieten weder deutli-

che Anteile von Verbesserungen noch von Verschlechterungen

ergeben haben.

Im Anschluss an die Betrachtung der Anteile von Verbesserungen

und Verschlechterungen bei Jobwechseln sollen nun die Über-

gänge in Arbeitslosigkeit und Wiedereinstiege nach einer Phase

ungewollter Erwerbslosigkeit betrachtet werden (Abbildung 19),

die ebenfalls wichtige Informationen zur Entwicklung von Arbeits-

platzsicherheit beitragen.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Abbildung 19: Übergänge in Arbeitslosigkeit in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Ge-samtheit der Erwerbstätigen) und Wiedereinstiege nach Arbeitslosigkeit in Prozentpro Jahr (Risikomenge: Gesamtheit der Arbeitslosen)

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Arbeitslosigkeit Wiedereinstiege

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Auch die Übergänge in Arbeitslosigkeit lassen einen zunehmen-

den Erosionsprozess erkennen. Die Werte sinken ab 1985 bis

1990 von ca. 2,5 Prozent auf ca. ein Prozent der Beschäftigten

ab. Zum Zeitpunkt der Wende ist damit das niedrigste Niveau er-

reicht. Doch direkt nach der Wiedervereinigung steigt die Über-

gangsquote bis 1997 an, zu diesem Zeitpunkt hat sie mit vier Pro-

zent ihren Höhepunkt während des Untersuchungszeitpunktes

erreicht. Ob sich die Erholung ab 1998 dauerhaft niederschlägt,

bleibt abzuwarten.

Anders sieht es mit den Wiedereinstiegen nach einer Phase der

ungewollten Erwerbslosigkeit aus. Zu Beginn des Untersuchungs-

zeitraumes ist mit knapp 35 Prozent der Arbeitslosen der höchste

Wert erreicht. Danach fallen die Werte bis 1993 auf 17 Prozent

ab. Nach diesem Zeitpunkt war es wieder mehr Arbeitslosen er-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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möglicht, einen Wiedereinstieg zu vollziehen. Bis 1998 steigen die

Werte auf 30 Prozent an, haben damit aber nicht den Wert des

Ausgangszeitpunktes von knapp 35 Prozent 1985 erreicht. In den

letzten beiden Jahren sinken die Wiedereinstiegswerte langsam

ab. Dies deutet darauf hin, dass auch nach der Jahrtausendwen-

de keine eindeutige Verbesserung des angespannten Arbeits-

marktes in Sicht ist.

Während sich bezüglich beruflicher Abstiege und Übergängen in

Arbeitslosigkeit eindeutig eine Zunahme von Abwärtsmobilität ge-

zeigt hat, verhalten sich die Ergebnisse der Veränderungen von

Arbeitsplatzmerkmalen bei einem Jobwechsel nicht ganz so ein-

deutig. Denn einerseits hat sich unerwartet Aufwärtsmobilität für

Arbeitnehmer in Form von Verbesserungen der Arbeitszeitrege-

lungen und Arbeitsbelastung gezeigt. Dies sind wichtige Aspekte,

bei denen die Entwicklung den abhängig Beschäftigten entgegen-

kommt. Andererseits sind die Arbeitnehmer mit sich ausbreitender

Flexibilisierung aber auch vermehrten Risiken ausgesetzt. Deutli-

che Entwicklungen zeichnen sich besonders für die Bereiche Ver-

dienst- und Aufstiegsmöglichkeiten ab. Dennoch kann Hypothese

3 im Allgemeinen verifiziert werden: Es zeigt sich eine Abnahme

von Beschäftigungssicherheit.

In der Zusammenfassung dieser deskriptiven Ergebnisse ist also

zu erkennen, dass sich bis in die Mitte der neunziger Jahre keine

Veränderungen bezüglich Flexibilisierung, Arbeitsplatzsicherheit

und Beschäftigungsstabilität ergeben haben. Erst ab ungefähr

1995 zeichnen sich Entwicklungen in Richtung einer Destandardi-

sierung der Erwerbsarbeit ab. So kann ab diesem Zeitpunkt von

einer erhöhten externen Flexibilisierung durch vermehrte Arbeit-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

194

geberwechsel und Übergänge in Selbstständigkeit gesprochen

werden. Unternehmen greifen somit gern auf externe Flexibilisie-

rungsmaßnahmen zurück, wobei sie auch nicht davor zurück-

schrecken, Mitarbeiter in Arbeitslosigkeit zu entlassen oder ihnen

berufliche Abstiege zuzumuten. Bei Jobwechseln sind berufliche

Verbesserungen im Sinne von Einkommenserhöhungen, Auf-

stiegsmöglichkeiten oder eine Verbesserung der Art der Tätigkeit

rückläufig. Zudem nimmt bildungsinadäquate Beschäftigung zu.

Von internen Maßnahmen werden Mitarbeiter hingegen seltener

tangiert. Kommen sie dennoch zum Einsatz, so müssen Arbeit-

nehmer auch hier mit Einkommenseinbußen rechnen, Einkom-

menserhöhungen werden somit auch unter Berücksichtigung des

Senioritätsprinzips seltener. Daher sind eine Zunahme von Risi-

ken und eine Abnahme von Erwartungssicherheit festzustellen,

die einen stabilen, stets aufwärts gerichteten Karriereverlauf nicht

mehr garantieren können. Aufwärtsmobilität ist rückläufig, wäh-

rend Abwärtsmobilität beständig zunimmt.

4.4 Deskriptive Ergebnisse für verschiedene Teilarbeitsmärk-te

Die Untersuchungen für die Gesamtheit der Erwerbstätigen haben

ab Mitte der neunziger Jahre Destandardisierungsentwicklungen

ergeben. Die Gesamtbetrachtung der Auswirkungen der Destan-

dardisierung der Erwerbsarbeit kann wichtige Entwicklungen für

bestimmte Erwerbsgruppen verdecken. Im Anschluss ist daher zu

untersuchen, ob es bestimmte Teilarbeitsmärkte gibt, auf denen

die Reduzierung von Arbeitsplatzstabilität, die Verminderung von

Arbeitplatzsicherheit und die Zunahme externer bzw. die Abnah-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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me interner Flexibilisierung deutlicher zugenommen haben als bei

anderen Beschäftigtengruppen.

„Wir verlassen die Arbeitsgesellschaft, ohne die Umrisse einer anderenzu suchen. Jeder Einzelne von uns weiß, fühlt, begreift sich als potentiellarbeitslos, potentiell prekär beschäftigt, potentiell auf Teilzeit-, Termin-oder Gelegenheitsjobs angewiesen. Aber was jeder und jede Einzelneweiß, wird noch lange nicht zum allgemeinen Wissen über unsere ge-meinsame Lage. Vielmehr setzt der herrschende öffentliche Diskurs allesein, um uns unsere gemeinsame Lage zu verschleiern, um zu verhindern,dass wir die Prekarisierung unserer Erwerbsverläufe als ein gesellschaft-lich verursachtes Risiko zu erkennen, das uns alle als Angehörige dieserGesellschaft betrifft: Als „soziale Individuen“, wie sie Marx nannte, undnicht als Einzel- oder Privatpersonen.“ (Gorz 2000: 76).

Die Frage, die sich nun in Anlehnung an den Kommentar von

Gorz stellt, lautet: Ist wirklich jeder von der Prekarisierung der Er-

werbstätigkeit bedroht oder gibt es Ausnahmen? Wer profitiert vor

allem von den Chancen der Destandardisierung und welche Per-

sonengruppen haben mehrheitlich mit den sich verbreitenden Ri-

siken zu kämpfen? Diese Fragen werden untersucht, indem drei

Teilarbeitsmärkte entsprechend verschiedener Merkmale von Per-

sonen betrachtet werden. Als erstes wird untersucht, ob beruflich

hochpositionierte Personen von den Veränderungen im Gegen-

satz zu Beschäftigten mit niedrigem Beschäftigungsniveau weni-

ger betroffen sind oder ob auf Grund des technologischen Wan-

dels und der Anpassung des Mitarbeiterstabes an die jeweilige

Auftragslagen auch Beschäftigte in hohen Berufssegmenten für

Destandardisierungserscheinungen anfällig werden. Danach wird

ermittelt, ob es im Rahmen der Destandardisierung zu einer An-

gleichung der Chancen von Männern und Frauen gekommen ist,

oder ob weibliche Beschäftigte hinsichtlich einer Vielzahl von Ar-

beitsplatzmerkmalen nach wie vor schlechter gestellt sind als ihre

männlichen Kollegen. Die Untersuchung von Gruppen mit unter-

schiedlicher Berufserfahrung soll letztendlich klären, ob vor allem

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

196

Berufseinsteiger und Arbeitnehmer kurz vor dem Eintritt ins Ren-

tenalter von den Risiken der Destandardisierung betroffen sind.

4.4.1 Differenzierung des Arbeitsmarktes nach Beschäftigungsni-veau

Zur Charakterisierung der gegenwärtigen Gesellschaft sind viele

Bezeichnungen herangezogen worden. Begriffe wie „Wissensge-

sellschaft“ (Willke 1999), „Nachindustrielle Gesellschaft“ (Bell

1985), „Postmaterialistische Gesellschaft“ (Inglehart 1997) oder

„Informationsgesellschaft“ (Lash 2000) stehen für den Wandel, der

sich in den letzten Jahrzehnten in hochindustrialisierten Staaten

abzeichnet. Alle Begriffe deuten darauf hin, dass „der Umsatz der

Ressource Information relativ zum Umsatz materieller und ener-

getischer Ressourcen stark zugenommen hat.“ (Kreibich 1986: 7).

Kreibich (1986: 26) beschreibt diesen Trend in Zahlen: „80 % aller

bisherigen wissenschaftlichen und technologischen Erkenntnisse

und über 90 % der gesamten wissenschaftlichen und technischen

Information in dieser Welt wurden im 20. Jahrhundert produziert

(…).“ Dieser Trend der zunehmenden Bedeutung von Wissen und

Bildung, der seinen Ursprung in der Bildungsexpansion seit Mitte

der siebziger Jahre hat, schlägt sich in der Zunahme von mittleren

und höheren Beschäftigungsniveaus nieder.

Es ist daher anzunehmen, dass einige Beschäftigungsniveaus

von der Destandardisierung der Erwerbsarbeit in einem größeren

Ausmaß betroffen sein werden als andere. Die zunehmende Ver-

breitung von Risiken werde danach vermehrt diejenigen Arbeit-

nehmerinnen und Arbeitnehmer treffen, die keine oder nur eine

geringe Ausbildung erworben haben. Wegen fehlender Qualifika-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

197

tion seien nach Breen (1997) die Angehörigen der unteren Klas-

sen des Goldthorpe-Klassenschemas, also manuell sowie nicht-

manuell tätige Arbeiter, auf dem Arbeitsmarkt leicht ersetzbar und

potentielle Arbeitgeber seien nicht am Aufbau einer Langzeitbe-

ziehungen interessiert.

„Clearly some workers are more susceptible than others to the transfer ofrisk to them. The most susceptible are those who lack skills or who arereadily replaceable – in other words those workers to whom employershave no necessary long-term commitment. Not surprisingly, the first sec-tors of the labour market to suffer this transfer or risk were those whereemployment was regulated by a pure labour contract, and, in particular,which were exposed to high levels of market risk (such as manufactur-ing). In the Goldthorpe class schema these would typically be membersof classes VI and VII (manual workers) and classes IIIb (lower routinenon-manual workers).” (Breen 1997: 480).

Sind mit dem Aufkommen der Destandardisierung der Erwerbsar-

beit nun auch Beschäftigte der service class, nach Goldthorpe al-

so höhere Angestellte, von Risiken betroffen oder birgt der Ar-

beitsmarkt für diese Gruppe von Erwerbstätigen vor allem Chan-

cen? Breen (1997) geht davon aus, dass Angehörige der service

class von diesen Entwicklungen nicht betroffen seien werden.

Zwar wurden von Seiten der Unternehmer schon viele Strategien

wie bspw. leistungsbezogene Entlohnung, detailliertere Arbeits-

verträge oder Überwachungssysteme entwickelt, um mehr Kon-

trolle über hochqualifizierte Angestellte zu erlangen. Doch die In-

formationsasymmetrie, die das Verhältnis von Arbeitgeber und

Beschäftigten mit hohem Beschäftigungsniveau präge, könne auf

diese Weise nicht überwunden werden.

In letzter Zeit setzt sich vermehrt der Trend zum Outsourcing, also

Beschaffung von Dienstleistungen außer Haus und freier Mitar-

beit, wie Schreibarbeit, Training, Forschung und Public Relations,

zunehmend durch. Aber auch bei dieser Art von Arbeitsbezie-

hung, bei der Angestellte als Selbstständige und nicht mehr als

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

198

abhängig Beschäftigte angesehen werden, sieht Breen wenig

Gefahren auf die service class zukommen. Denn während sich bei

Unternehmen die Strategie des Hiring and Firing weiter durchset-

ze, gäbe es auch eine gesteigerte Nachfrage nach so genannten

soft skills wie bspw. die Fähigkeit zu Teamwork, Initiative, Flexibi-

lität, Anpassungsfähigkeit und der Bereitschaft zur Übernahme

größerer persönlicher Verantwortung. Dies seien Charakteristika,

die am effizientesten innerhalb einer Firma entwickelt und genutzt

werden könnten.

„To the extent that these and other skills have been acquired at the firm`sexpense (or, to put it prospectively, the degree to which a firm needs totrain its employees in such skills), this will further militate against usingexternally cantracted workers who would be equally available to com-petitor firms.” (Breen 1997: 481)

Personen mit geringem Beschäftigungsniveau seien demgegen-

über, so Breen, anfälliger für die Konsequenzen der Destandardi-

sierung; nicht nur, weil sie ihre beherrschende Stellung auf dem

Arbeitsmarkt verloren hätten sondern auch, weil die Art ihrer Ar-

beit anfällig sei für technologischen Wandel und neue Formen

detaillierter Überwachungs- und Kontrollmechanismen.

„ (…) the kinds of functions they perform are more susceptible to techni-cal changes and new methods of more detailed monitoring than are posi-tions in the service class proper (classes I and II).” (Breen 1997: 481).

Mit Rückgriff auf diese von Breen (1997) entwickelte Grundlage

wird folgende Hypothesen aufgestellt:

Hypothese 4: Unterschiedliche Risikoverteilung zwischenBeschäftigungsniveausAuf Grund des technologischen Wandels sowie des abnehmen-

den Machtpotenzials werden Beschäftigte mit niedrigem Beschäf-

tigungsniveau vermehrt mit Abwärtsmobilität konfrontiert. Hinge-

gen bleiben Erwerbstätige mit hohem Beschäftigungsniveau von

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

199

Risiken verschont, da die Informationsasymmetrie in höheren Po-

sitionen nicht überwunden werden kann.

Die Einteilung der Erwerbstätigen in Beschäftigungsniveaus wur-

de zunächst an Hand der von Diewald (2003a) entwickelten Sy-

stematik die Einteilung in Karrierestufen vorgenommen (vgl. S.

131). In einem nächsten Schritt erfolgt die Zuteilung der Karriere-

stufen zu den Beschäftigungsniveaus: das niedrige Beschäfti-

gungsniveau umfasst un- und angelernte Arbeiter, einfache Ange-

stellte und einfache Beamte. Zum mittleren Beschäftigungsniveau

werden Fach- und Vorarbeiter, Meister und Poliere, Industrie- und

Werksmeister, qualifizierte Angestellte und Beamte im gehobenen

Dienst gezählt. Unter dem hohen Beschäftigungsniveau werden

hochqualifizierte Angestellte und Angestellte mit Führungsaufga-

ben, Selbstständige in freien Berufen und Selbstständige mit mehr

als 10 Mitarbeitern zusammengefasst. Alle drei Gruppen bestehen

aus Personen, die entweder einer Vollzeit-, Teilzeit- oder gering-

fügigen Beschäftigung nachgehen. Allerdings sind Studenten aus

der Betrachtung ausgeschlossen, da Hochschulabsolventen häu-

fig neben dem Studium Jobs annehmen, die nicht ihrer bisherigen

bzw. angestrebten Qualifikation entsprechen wie z.B. Beschäfti-

gungen in der Gastronomie, Arbeiten im Baugewerbe oder Tätig-

keiten in Call Centern. Daher wird der Eintritt ins Erwerbsleben

erst mit einem Beschäftigungsverhältnis nach dem Studium be-

rechnet.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

200

Abbildung 20: Anteile der Erwerbstätigen an niedrigen, mittleren und hohen Be-schäftigungsniveaus in Prozent pro Jahr

0

10

20

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40

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

niedriges Beschäftigungsniveau mittleres Beschäftigungsniveau hohes Beschäftigungsniveau

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Zunächst soll die Verteilung der Erwerbstätigen auf die Beschäfti-

gungsniveaus wiedergegeben werden. Da der Untersuchungszeit-

raum erst mit dem Jahr 1985 beginnt, sind in Abbildung 20 nur die

„Ausläufer“ der Bildungsexpansion ab den siebziger Jahren abge-

bildet. Dennoch ist zu erkennen, dass das mittlere Beschäfti-

gungsniveau 1985 aus fast der Hälfte der Erwerbstätigen zusam-

mengesetzt ist aber seit Beginn der Untersuchung bis 2000 konti-

nuierlich um sieben Prozentpunkte angewachsen ist. Eine leicht

anwachsende Tendenz weist auch das hohe Beschäftigungsni-

veau von 20 auf 23 Prozent auf. Immer weniger Verbreitung fand

hingegen das niedrige Beschäftigungssegment. Es schrumpft von

31 Prozent zu Beginn der Untersuchung auf 21 Prozent im Jahr

2000.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

201

Abbildung 21: Arbeitgeberwechsel differenziert nach Beschäftigungsniveau in Pro-zent pro Jahr (Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

0

5

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15

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25

30

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Niedriges Beschäftigungsniveau Mitteleres Beschäftigungsniveau Hohes Beschäftigungsniveau insgesamt

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Anschließend sollen mit einem Blick auf die Entwicklung der Ar-

beitgeberwechsel (Abbildung 21) der verschiedenen Beschäfti-

gungsniveaus Erkenntnisse über mögliche Entwicklungen der

externen Flexibilisierung gewonnen werden. Bei allen Gruppen

der verschiedenen Beschäftigungsniveaus läuft die Entwicklung

parallel zur Gesamtentwicklung. Der Anteil an Arbeitgeberwech-

seln steigt in wirtschaftlichen Aufschwüngen an und nimmt in

konjunkturell schlechteren Zeiten ab. Dabei sind für das niedrige

Beschäftigungsniveau die meisten Arbeitgeberwechsel zu ver-

zeichnen. Dessen Wechselrate liegt zwischen zwei und drei Pro-

zentpunkten höher als die Wechselrate der Angehörigen des

mittleren Beschäftigungssegments und sogar bis zu vier Prozent-

punkte höher als bei den Angehörigen des hohen Beschäfti-

gungssegments. Ab dem Jahre 1997, in dem sich die Arbeitsge-

berwechselrate für die Gesamtheit der Beschäftigten nicht mehr in

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

202

Einklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung verhält, sind bei den

Beschäftigten im niedrigen und mittleren Beschäftigungssegment

Anstiege bei den Arbeitgeberwechseln zu beobachten. Bei den

Angestellten im hohen Beschäftigungssegment sind hingegen

fallende Arbeitgeberwechselanteile auszumachen. Die Prozente

fallen bei dieser Beschäftigtengruppe von 6,1 Prozent 1997 auf

zwei Prozent 2000. Zwar verhält sich die Arbeitsmarktmobilität

von Personen im hohen Beschäftigungssegment auch proportio-

nal zum Wirtschaftszyklus: die Entwicklung zu vermehrten Be-

triebswechseln in konjunkturell besseren Zeiten und weniger Ar-

beitgeberwechseln in Rezessionen ist auch bei dieser Beschäf-

tigtengruppe zu beobachten. Sie bleiben aber vom Anstieg der

Arbeitgeberwechselrate ab Mitte der neunziger Jahre im Gegen-

satz zu Erwerbstätigen mit niedrigem Beschäftigungsniveau ver-

schont.

Tabelle 2: Betriebszugehörigkeitsdauer aller Erwerbstätigen in Jahren differenziertnach Beschäftigungsniveau

GESAMTNIEDRIGES NIVEAUMITTLERES NIVEAUHOHES NIVEAU

19858,06,59,0

10,5

19868,0

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

203

7,18,69,5

19878,37,08,8

10,1

19888,27,18,5

10,0

19898,17,48,59,5

19908,47,48,49,5

19918,58,08,59,4

19928,48,08,5

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

204

9,1

19938,58,58,58,5

19948,59,08,08,5

19957,37,37,57,4

19967,36,47,77,0

19976,95,17,28,4

19987,35,37,78,3

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

205

19997,04,37,58,5

20007,33,87,58,4

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Verändert sich neben der Arbeitgeberwechselrate auch das Mu-

ster der Beschäftigungsstabilität hinsichtlich verschiedener Be-

schäftigungsniveaus? Arbeitsverhältnisse, die vor der Wende be-

gonnen wurden, dauern im Durchschnitt mit 8,5 Jahren ein Jahr

länger an als Beschäftigungsverhältnisse, die 1990 und später

begonnen wurden (Tabelle 2). Die Entwicklung für die Beschäf-

tigten des mittleren Beschäftigungsniveaus verläuft auch bezüg-

lich der Betriebszugehörigkeitsdauer ähnlich der Ergebnisse für

die Gesamtheit der Beschäftigten. Bis 1994 liegt die durchschnitt-

liche Betriebszugehörigkeitsdauer dieses Beschäftigungsniveaus

bei ca. 8,5 Jahren, von 1994 bis 1995 sinkt sie um ein Jahr um

dann bis zum Ende des Untersuchungszeitraums bei einer Dauer

von 7,5 Jahren zu stagnieren. Die Entwicklung der Betriebszuge-

hörigkeitsdauer der Personen mit niedrigem Beschäftigungsni-

veau verläuft hingegen konträr zum Gesamtverlauf: Erstaunli-

cherweise steigt die Dauer des Verbleibs in einem Unternehmen

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

206

für Angehörige des niedrigen Beschäftigungsniveaus kontinuier-

lich von 6,5 Jahren 1985 auf neun Jahre 1994 an. Das heißt, dass

diese Personen zwar im Vergleich zu den übrigen beiden Be-

schäftigungsniveaus immer noch die geringsten Betriebszugehö-

rigkeitsdauern aufweisen aber trotzdem eine permanente Verlän-

gerung ihrer Firmenzugehörigkeitsdauer entwickeln. Ab der zwei-

ten Hälfte der neunziger Jahre haben sie aber eine rückläufige

Entwicklung zu verzeichnen. 2000 liegt ihre durchschnittliche Be-

triebszugehörigkeitsdauer bei nur 3,8 Jahren und damit deutlich

unter der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu Beginn des Unter-

suchungszeitraums von 6,5 Jahren. Während also bei Beschäf-

tigten mit niedrigem Beschäftigungsniveau eine seit Beginn der

zweiten Hälfte der neunziger Jahre abfallende Tendenz zu ver-

zeichnen ist, verläuft die Entwicklung für Beschäftigte im hohen

Karrieresegment weitaus positiver. Im Gegensatz zu den Be-

schäftigten im niedrigen Beschäftigungssegment sinkt ihre Be-

triebszugehörigkeitsdauer von 10,5 Jahren 1985 bis 1993 um

zwei Jahre. 1995 und 1996 ist dann kurzfristig eine gesunkene

Betriebszugehörigkeit von um die sieben Jahre festzustellen, die

dann ab 1997 wieder ansteigt und am Ende des Untersuchungs-

zeitraums bei 8,4 Jahren liegt. Arbeitsverhältnisse, die kurz vor

der Wende begannen, weisen also für das hohe Beschäftigungs-

niveau die kürzeste Dauer auf. Mit der Wiedervereinigung hat sich

die Entwicklung zu kürzeren Betriebszugehörigkeiten für dieses

Segment dann wieder verlangsamt. Hochpositionierte bleiben

demnach von abnehmender Betriebszugehörigkeitsdauer weitest-

gehend unberührt. Dagegen werden Personen des niedrigen Be-

schäftigungsniveaus mit stark sinkenden Betriebszugehörigkeits-

dauern konfrontiert.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

207

Wie sieht es mit der Verteilung von Aufwärts- und Abwärtsmobili-

tät innerhalb der Beschäftigungsniveaus aus? Bezüglich der be-

ruflichen Aufstiege, hier gemessen in Wechseln der beruflichen

Stellungen bei Jobwechseln und/oder Erwerbsstatusveränderun-

gen, zeigen sich interessante Entwicklungen (Abbildung 22).

Abbildung 22: Anteile von Aufstiegen bei Jobwechsel in Prozent pro Jahr gemessenin Wechseln der beruflichen Stellung (Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

0

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

insgesamt Niedriges Beschäftigungsniveau Mittleres Beschäftigungsniveau Hohes Beschäftigungsniveau

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Während sich für die Gesamtheit der Beschäftigten über den Un-

tersuchungszeitraum hinweg keine Veränderung der Aufstiegsrate

ergeben hat, die Entwicklung also bei ca. 2,5 Prozent stagniert,

sind für Personen mit niedrigem Beschäftigungsniveau gegenüber

allen Erwartungen eindeutige Verbesserungen zu beobachten.

Zwar liegt die Entwicklung der Aufstiege für dieses Beschäfti-

gungsniveau unter der Gesamtentwicklung beruflicher Verbesse-

rungen, doch von 1988 steigen deren beruflichen Aufstiege von

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

208

0,5 Prozent fast um das Vierfache auf ca. zwei Prozent 2000 an.

Hingegen ist bei Erwerbstätigen im hohen Beschäftigungsseg-

ment ab 1993 eine sinkende Tendenz des Anteils an beruflichen

Aufstiegen auszumachen, auch wenn deren Anteil an Aufstiegen

über der Entwicklung der Gesamtbeschäftigten liegt. Lagen die

Werte des hohen Beschäftigungsniveaus bis 1992 noch bei ca.

4,5 Prozent, so sinken sie bis zum Ende des Untersuchungszeit-

raums um fast die Hälfte auf 2,5 Prozent.

Abbildung 23: Anteile von Abstiegen bei Jobwechseln in Prozent pro Jahr gemessenin Wechseln der beruflichen Stellung (Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstäti-gen)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

insgesamt Niedriges Beschäftigungsniveau Mittleres Beschäftigungsniveau Hohes Beschäftigungsniveau

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Hinsichtlich beruflicher Abstiege bei Jobwechseln, ebenfalls ge-

messen in Veränderungen der beruflichen Stellung, kann für An-

gestellte mit hohem Beschäftigungsniveau bei so geringen Werten

von 0,1 Prozent 1985 auf 0,5 Prozent im Jahre 2000 nicht von ei-

ner Zunahme der Anteile an beruflichen Abstiegen gesprochen

werden (Abbildung 23). Im Gegensatz zu dieser Stagnation steht

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

209

die Entwicklung der beruflichen Abstiege für die Beschäftigten mit

niedrigem Beschäftigungsniveau. Lag der Anteil an Abstiegen zu

Beginn der Untersuchungen noch bei 2,3 Prozent, so erreicht er

bis 1998 nach starken Schwankungen ca. zehn Prozent.

Um detailliertere Erkenntnisse über die Entwicklung der qualitati-

ven Dimension der Destandardisierung der Erwerbsarbeit für die

drei Beschäftigtenniveaus zu erhalten, werden zusätzlich zu der

Untersuchung der beruflichen Auf- und Abstiege bei Jobwechsel

die Beurteilung der Arbeitsplatzmerkmale bei Jobwechseln heran-

gezogen. Da berufliche Abstiege für Niedrigpositionierte die mit

Abstand höchste Zuwachsrate ergeben haben, soll nun überprüft

werden, bezüglich welcher ausgewählter Arbeitsplatzmerkmale

sich die meisten Verschlechterungen ergeben haben.

Bis auf die Arbeitsplatzsicherheit, die im Laufe des Untersu-

chungszeitraums für die Gesamtheit der Jobwechsler nicht auf

eine angespannte Lage hinweist, sind für die Gesamtheit der Er-

werbstätigen hinsichtlich der übrigen Arbeitsplatzmerkmale „Art

der Tätigkeit“, „Verdienst“ sowie „Aufstiegsmöglichkeiten“ ver-

mehrt wachsende Anteile von Verschlechterungen angegeben

worden. Die deutlichste negative Entwicklung zeichnete sich bei

den Verdienstmöglichkeiten ab. Auch die Verschlechterungen bei

der Art der Tätigkeit stiegen von sieben Prozent 1986 auf 18 Pro-

zent 1997 an. Zudem zeichnen sich auch wachsende Anteile von

Verschlechterungen bezüglich der Aufstiegsmöglichkeiten ab.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Abbildung 24: Anteile von Verschlechterung der Arbeitsplatzsicherheit in Prozent proJahr differenziert nach Beschäftigungsniveau (Risikomenge: Jobwechsler)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

insgesamt Niedriges Beschäftigungsniveau Mittleres Beschäftigungsniveau Hohes Beschäftigungsniveau

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Die Entwicklung der Verschlechterungen bezüglich der Arbeits-

platzsicherheit verhält sich bei allen drei Beschäftigtengruppen

entsprechend des allgemeinen Verlaufs, das heißt, bis 1992 lie-

gen die Verschlechterungen unter zehn Prozent, um dann bis

1996 auf 20 Prozent anzusteigen (Abbildung 24). Nach diesem

Zeitpunkt sinken sie bis zum Ende des Untersuchungszeitraums

wieder auf zehn Prozent ab. Allerdings ist nicht auszumachen,

welche Beschäftigtengruppe von den prozentual meisten Ver-

schlechterungen betroffen ist.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Abbildung 25: Anteile von Verschlechterung des Verdienstes in Prozent pro Jahrdifferenziert nach Beschäftigungsniveau (Risikomenge: Jobwechsler)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Niedriges Beschäftigungsniveau Mittleres Beschäftigungsniveau Hohes Beschäftigungsniveau insgesamt

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Abbildung 26: Anteile von Verschlechterung der Aufstiegsmöglichkeiten in Prozentpro Jahr differenziert nach Beschäftigungsniveau (Risikomenge: Jobwechsler)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Niedriges Beschäftigungsniveau Mittleres Beschäftigungsniveau Hohes Beschäftigungsniveau insgesamt

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Abbildung 27: Anteile von Verschlechterung der Art der Tätigkeit in Prozent pro Jahrdifferenziert nach Beschäftigungsniveau (Risikomenge: Jobwechsler)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Niedriges Beschäftigungsniveau Mittleres Beschäftigungsniveau Hohes Beschäftigungsniveau insgesamt

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Bei den drei übrigen Arbeitsplatzmerkmalen „Art der Tätigkeit“

(Abbildung 27), „Verdienst“ (Abbildung 25) und „Aufstiegsmöglich-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

213

keiten“ (Abbildung 26) ist indessen deutlich zu erkennen, dass die

Beschäftigten mit niedrigem Beschäftigungsniveau die meisten

Verschlechterungen zu verzeichnen haben. Hingegen werden es

die Beschäftigten im hohen Berufssegment, die zwar auch mit zu-

nehmenden Verschlechterungen konfrontiert werden, nicht so

stark betroffen. Ihre berufliche Positionierung lässt ihre Ver-

schlechterungstendenzen bis zu 20 Prozentpunkte geringer aus-

fallen als die der Niedrigqualifizierten.

Fasst man die Ergebnisse der qualitativen Dimensionen der

Destandardisierung, gemessen in Auf- und Abstiegen bei Job-

wechsel sowie der Verschlechterungen der Qualität von Beschäf-

tigungsmerkmalen bei Jobwechseln zusammen, ist also eindeutig

festzuhalten, dass Niedrigqualifizierte mit deutlich mehr berufli-

chen Abstiegen bzw. Verschlechterungen konfrontiert werden als

hochpositionierte Arbeitnehmer. Betrachtet man die zunehmenden

Aufstiegsmöglichkeiten in Kombination mit den ebenfalls anstei-

genden beruflichen Abstiegen, so kann man bei Geringqualifi-

zierten von mehr Bewegungen im Arbeitsmarktgeschehen spre-

chen. Entgegen allen Erwartungen stehen Beschäftigte mit niedri-

gem Beschäftigungsniveau nicht nur Abstiegen sondern auch be-

ruflichen Verbesserungen, allerdings nur bei Jobwechseln, ge-

genüber. Dagegen bleiben Hochpositionierte trotz der sich aus-

weitenden Destandardisierung ab Mitte der neunziger Jahre von

beruflichen Abstiegen weitestgehend verschont. Doch darf auch

der Aspekt der abnehmenden beruflichen Aufstiege der Hochpo-

sitionierten als wichtiges Ergebnis nicht außer Acht gelassen

werden.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Aufgrund der Untersuchung kann den theoretischen Überlegun-

gen Breens (1997) nicht widersprochen werden. Beschäftigte der

unteren Klassen des Goldthorpe-Schemas sehen sich auch in

Deutschland vermehrt mit aufkommenden Risiken auf dem Ar-

beitsmarkt konfrontiert während die so genannte service class von

den Folgen einer sich ausbreitenden Destandaridisierung der Er-

werbsarbeit größtenteils verschont bleibt. Hypothese 4 ist also zu

verifizieren.

4.4.2 Differenzierung des Arbeitsmarktes nach Geschlecht

Die Erwerbsverläufe von Männern und Frauen zeigten vor allem

in der Zeit vor 1980 erhebliche Unterschiede auf: So verfügte der

Mann in der Regel über ein Normalarbeitsverhältnis und sorgte

damit allein für das Familieneinkommen. Diese Rolle konnte er mit

Hilfe eines meist über die gesamte Erwerbsphase andauernden

Vollzeitbeschäftigungsverhältnisses übernehmen, das der Familie

ein gesichertes Einkommen und die Einbettung in die sozialen Si-

cherungssysteme garantierte. Die Frau hingegen übernahm die

Rolle der Hausfrau und Mutter. Ihre Erwerbsphase war in der Re-

gel nur von kurzer Dauer und hielt meist nur bis zur Geburt des

ersten Kindes an. Eventuell kam es nach der Familienphase zum

Wiedereinstieg ins Erwerbsleben. Ihre Erwerbstätigkeit diente

dem Hinzuverdienst oder der Selbstverwirklichung. Das deutsche

Steuerrecht, das System der sozialen Sicherung sowie das man-

gelnde Angebot von Kinderbetreuungsmöglichkeiten waren au-

ßerdem dafür verantwortlich, dass sich geschlechtsspezifische

Unterschiede im Erwerbsverlauf verfestigten.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

215

Spätestens seit Mitte der achtziger Jahre zeichnet sich ein gesell-

schaftlicher Wandel ab. Verbunden mit Trends wie der Pluralisie-

rung von Lebensformen und der Individualisierung können Ge-

burtenrückgang, Verbreitung von Ein-Personenhaushalten, An-

stieg der Alleinerziehendenquote und Zunahme von dauerhaft

kinderlosen Ehen beobachtet werden. Diese Entwicklungen und

die wachsende Bedeutung des Dienstleistungssektors werden für

die steigende Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen verantwortlich

gemacht. Das bedeutet nicht, dass die Rollenverteilung zwischen

Mann und Frau aufgehoben wäre. Dennoch vermischen sich

diesbezüglich vier Modelle der Vereinbarung von Familie und Be-

ruf. (1) Das Modell der traditionellen Hausfrauenehe geht von der

klassischen Rollenaufteilung aus. Der Mann übernimmt die Rolle

des Versorgers, die Frau ist für Haushalt und Kinder verantwort-

lich. (2) Das sogenannte Drei-Phasen-Modell besagt, dass bei

Frauen nach der Ausbildung eine kurze Erwerbsphase folgt, die

für eine intensive Familienphase für längere Zeit unterbrochen

wird. Mit dem Ende der Versorgungsphase der Kinder kommt es

schließlich zur Wiedereinstiegsphase. (3) Das Konzept der einge-

schränkt simultanen Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familientä-

tigkeit ermöglicht Teilzeitbeschäftigung oder zeitversetzte Er-

werbstätigkeit sowohl der Frau als auch des Mannes neben der

Familientätigkeit, unter Umständen mit mehreren Unterbrechun-

gen. (4) Gleiche Rechte und Pflichten kommen Männern und

Frauen im Konzept der simultanen Vereinbarkeit von Erwerbs-

und Familienarbeit zu. Dort geht jeder der Partner einer Vollzei-

terwerbstätigkeit nach, während die Betreuung der Kinder in so-

zialen Netzwerken oder institutionalisierten außerhäuslichen Ein-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

216

richtungen erfolgt. Dieses Modell impliziert somit keine ge-

schlechtsspezifische Differenzierung der Erwerbsmuster.

Im Folgenden werden einige Ansätze vorgestellt, die aus unter-

schiedlichen Blickwinkeln zu erklären versuchen, wie das Ar-

beitsmarktverhalten von Paaren gestaltet wird. Die Ökonomische

Theorie der Familie entwickelte sich zwischen den frühen siebzi-

ger und frühen achtziger Jahren, einer Zeit, in der Frauen ver-

mehrt in den Arbeitsmarkt eingetreten sind, in der sich die Le-

benshaltungskosten erhöht haben und die Forderung nach

Gleichberechtigung lauter wurde. Dieses von amerikanischen

Wissenschaftlern (z.B. Schultz 1974; Mincer/Polachek 1974, Bek-

ker 1981) entwickelte Modell besagt, dass der Partner mit den

vergleichsweise höheren Marktchancen, das heißt derjenige, der

über das höchste Einkommen verfügt, die Versorgerrolle über-

nimmt, während sich der andere Partner auf die Hausarbeit spe-

zialisiert. Beide Partner maximierten mit dieser Arbeitsteilung den

Nutzen der Familie.

Das geschlechtsspezifische Modell (z.B. West/Zimmermann 1987;

Fenstermaker et al. 1991) geht im Gegensatz davon aus, dass die

Rollenverteilung nicht auf ökonomische Gründe zurückzuführen

sei, sondern auf zugeschriebene geschlechtsspezifische Identitä-

ten. Drängten Frauen ins Erwerbsleben, so verletzten sie Normen.

Davon ausgehend wird angenommen, dass bei verdienenden

Frauen und abhängigen Männern der soziale Druck von außen

die Möglichkeit der Veränderung des vorgeprägten Rollenbildes

begrenzen werde.

Auch das von Bielby und Bielby (1989) entwickelte identitätsfor-

mende Modell geht davon aus, dass die Veränderung der Rollen-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

217

zuweisung und Geschlechtsidentität in modernen Gesellschaften

viel Zeit benötigt, da Arbeits- und Familienidentitäten geprägt sei-

en durch strukturelle und kulturelle Kontexte, die sich nur langsam

anpassen würden. Während Männern die Vereinbarung von Fa-

milie und Beruf gelänge, da ein guter Verdiener gleichzeitig ein

guter Versorger sei (trade-off), es ihnen also leicht fällt, sich mit

beiden Rollen zu identifizieren, sei dies für Frauen nicht möglich.

Die geschlechtsspezifische Arbeit und die Familienidentität wür-

den auch Konsequenzen für den Arbeitsmarkt mit sich bringen.

Denn wenn die Verpflichtung für die Familienrolle eine starke Kar-

riereidentifikation ausschlösse, dann tauchten auch auf dem Ar-

beitsmarkt geschlechtsspezifische Ungleichheiten auf. Arbeitge-

ber würden bei der Arbeitsplatzvergabe daher vermehrt auf Män-

ner zurückgreifen, Frauen erhielten eher prekäre Beschäftigungs-

verhältnisse. Auch Frauen, die keine Haushaltsorientierung auf-

wiesen, würden dennoch von Arbeitgebern nur als Zusatzverdie-

ner behandelt.

Die Verteilungsmuster der Erwerbsarbeit zwischen Männern und

Frauen sind auch abhängig von nationalen Kontexten (Bloss-

feld/Drobnic 2001). Diese definierten sich über den Stand der In-

dustrialisierung, den Lebensstandard, das politische System, den

Grad der Dekommodifikation in den kapitalistischen Staaten, die

Unterstützung weiblicher Erwerbsarbeit sowie die Variation von

weiblichen Vollzeit- und Teilzeitraten. Die länderspezifischen Mu-

ster der Erwerbsbeteiligung von Frauen genauso wie der Anteil

von Voll- und Teilzeitarbeit seien eng mit den unterschiedlichen

Typen von Wohlfahrtsstaaten verbunden. So zeigten bspw. medi-

terane Modelle sehr wenig Unterstützung der erwerbstätigen Frau

mit Kindern durch Öffentlichkeit und Familie. Die Hausfrauenrolle

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

218

sei fast flächendeckend verbreitet (Esping-Andersen 1999). In

ehemals sozialistischen Staaten hingegen arbeiteten in der Regel

beide Partner, zum einen wegen des Prinzips des Egalitarismus,

zum anderen zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards (Drob-

nic 1995/1997). Das konservative Modell, dem sich auch das

westdeutsche System zuordnen ließe, stehe für eine starre Rol-

lenverteilung. Hier werde vornehmlich eine Familienpolitik betrie-

ben, die Frauen eher in eine ökonomische Abhängigkeitsrolle

dränge. Folglich würden Männer als Versorger angesehen, es gä-

be wenige Kinderbetreuungsmöglichkeiten und Haushalte mit

zwei Vollzeitverdienern würden steuerlich benachteiligt (Bloss-

feld/Hakim 1997).

Hypothese 5: Benachteiligung weiblicher BeschäftigterIn Anlehnung an die soeben vorgestellten Modelle, die in ihrer

Gesamtheit davon ausgehen, dass die Unterschiede im Erwerbs-

verhalten von Männern und Frauen bestehen bleiben, wird davon

ausgegangen, dass trotz der wachsenden Erwerbstätigkeit der

Frauen keine Angleichung von Chancen auf dem Arbeitsmarkt für

weibliche Beschäftigte stattgefunden hat.

Neben diesen Modellen, die an der strengen Rollenverteilung be-

züglich Familien- und Berufsorientierung festhalten, gibt es auch

Theorien, die von einer Angleichung der Erwerbschancen ausge-

hen. So kann die Theorie der ehelichen Abhängigkeit (Blau 1964)

im Gegensatz zur Ökonomischen Theorie der Familie erklären,

warum die Einkommensfähigkeit von Frauen in jüngeren Kohorten

ansteigt. Die Gründe lägen demnach in den hohen Scheidungs-

raten, daher sei es für junge Frauen umso wichtiger, eine gute

Ausbildung absolviert zu haben. Verhandlungsmechanismen pro-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

219

duzierten zudem die Neigung, dass beide Partner die Unterbre-

chung der Erwerbskarrieren vermeiden und sich vermehrt ge-

meinschaftlich um die Versorgung von Haushalt und Kindern be-

mühten. Auch gäbe es Tendenzen, Kinder und Haushalt an staat-

liche oder private Dienstleistungsanbieter zu übergeben. Das all-

tägliche Bild würde daher mehr und mehr durch Doppelverdiener-

paare geprägt.

Im Trend zum doppelten Einkommen sieht auch die Doppelver-

diener-Theorie (Eggebeen/Hawkins 1990) die signifikanteste Ent-

wicklung in allen westlichen Gesellschaften. Geschlechtsspezifi-

sche Rollen hätten sich verändert, weil makroökonomische Kon-

ditionen die Belohnung für die Erwerbstätigkeit der Frau erhöht

hätten, damit hätten die Industrialisierung und die Verbreitung

moderner Technologien zur Veränderung moderner Gesellschaf-

ten nach dem zweiten Weltkrieg erheblich beigetragen. Um den

erhöhten Lebensstandard finanzieren zu können, nähme für

Frauen der Umfang an Zeit für Haushaltsarbeiten ab und sie

drängten vermehrt ins Erwerbsleben. Mit Rückgriff auf diese

Theorien lautet die zweite Hypothese:

Hypothese 6: Angleichung der Chancen weiblicher Beschäf-tigterAuf Grund zunehmenden Erwerbstätigkeit der Frauen, die mit der

Loslösung von der Haushalts- und Familienrolle sowie der Anglei-

chung der Bildungschancen der Geschlechter einhergeht, ist ent-

gegen der Annahmen der Hypothese 5 davon auszugehen, dass

sich die geschlechtsspezifischen Benachteiligungen von Frauen

auf dem Arbeitsmarkt relativieren.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

220

Um zunächst einen Eindruck zu bekommen, wie sich die Gesamt-

heit der Erwerbstätigen aus Männern und Frauen sowie Vollzeit-

und Teilzeitbeschäftigten zusammensetzt, wird die Arbeitsmark-

tentwicklung dieser Beschäftigtengruppen im Zeitverlauf betrach-

tet. Es wird vermutet, dass sich durch den Übergang von der In-

dustrie- zur Dienstleistungsgesellschaft und der wachsenden Er-

werbstätigkeit der Frauen auch deren Arbeitsmarktmobilität geän-

dert hat. Es wird überprüft, ob durch die damit einhergehende Bil-

dungsexpansion seit den siebziger Jahren Frauen nicht mehr zur

Randbelegschaft von Unternehmen gezählt werden sondern im

gleichen Maße wie ihre männlichen der Kernbelegschaft angehö-

ren. Dies geschieht über die Ermittlung der weiblichen und männ-

lichen Arbeitgeberwechselraten. Sind für weibliche Beschäftigte

mehr externe Wechsel zu verzeichnen als für Männer, so wird

dies als Indikator für dafür gewertet, dass Frauen als Arbeitskräfte

leichter austauschbar sind als Männer. Anschließend wird unter-

sucht, inwiefern sich die Bildungsexpansion in der Verteilung der

Beschäftigungsniveaus bei Frauen und Männern mit unterschied-

lichen Wochenarbeitszeiten niederschlägt. Es soll die Frage un-

tersucht werden, ob Frauen nach wie vor häufiger in niedrigen

Karrieresegmenten zu finden sind als Männer. Die Zuordnung der

Erwerbstätigen zu Beschäftigungsniveaus erfolgt in Anlehnung an

Diewald (2003a) vgl. Abbildung 4. Diese Frage soll zusätzlich

nach Wochenarbeitszeiten differenziert werden. Zudem wird von

Unterschieden in männlichen und weiblichen Erwerbsverläufen

ausgegangen, die mit der jeweils wöchentlich geleisteten Arbeits-

zeit zusammenhängen. Da Teilzeitarbeit vor allem von Frauen

ausgeübt wird, soll eine geschlechtsspezifische Analyse für Be-

triebszugehörigkeitsdauern ausgeführt werden.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

221

Abbildung 28: Zusammensetzung der Erwerbstätigen nach Geschlecht und wö-chentlicher Arbeitszeit in Prozent pro Jahr

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Männer VZ Männer TZ Frauen VZ Frauen TZ

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Aus Abbildung 28 ist ersichtlich, dass sich zu Beginn des Unter-

suchungszeitraums im Jahr 1985 die Erwerbstätigen aus 58 Pro-

zent Männern in Vollzeit- und nur 1,7 Prozent Männern in Teilzeit-

beschäftigung zusammen setzen, während nur knapp ein Viertel

aller Erwerbstätigen weibliche Vollzeit- und 14,4 Prozent weibliche

Teilzeitkräfte waren. Im weiteren Zeitverlauf ist bei der männlichen

Erwerbsbevölkerung eine kontinuierliche Zunahme von Teilzeitar-

beit von 1,7 Prozent 1985 auf 6,1 bis Prozent 2000 zu verzeich-

nen. Hingegen nahm der Anteil der vollzeitbeschäftigten Männer

ab: Mit 47,4 Prozent stellen sie nur noch knapp die Hälfte der Er-

werbstätigen. Während die Entwicklung der Vollzeitbeschäftigung

bei den Frauen im gesamten Untersuchungszeitraum bei ca. 26

Prozent stagniert, steigt der Anteil weiblicher Teilzeitbeschäftigter

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

222

von 1985 14,4 auf 18,3 Prozent 1992 an um dann bis 2000 auf

diesem Niveau zu bleiben.

Immer mehr Frauen greifen also auf eine Teilzeittätigkeit zurück,

da ihnen diese Beschäftigungsform die Erfüllung der Doppelrolle

als Hausfrau und/oder Mutter und gleichzeitig einer Erwerbstätig-

keit ermöglicht. Bemerkenswert ist zudem, dass 2000 der Anteil

der männlichen Teilzeitbeschäftigung immer noch bei nur 6,1 Pro-

zent liegt. Es ist aber zu beachten, dass sich der Anteil gegenüber

1985 um fast ein Drittel erhöht hat. Aus Abbildung 28 ist zudem

ersichtlich, dass der Anteil erwerbstätiger Frauen erheblich zuge-

nommen hat. Lag er 1985 bei nur 30 Prozent, so machen Frauen

zum Ende des Untersuchungszeitraums mit knapp 47 Prozent fast

die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung aus. Es sind also er-

stens anscheinend nach wie vor Frauen, die Familie und Beruf

vereinbaren müssen, wie auf Grund des hohen Teilzeitanteils der

Frauen zu vermuten ist, zweitens hat sich der Anteil von Männern

und Frauen auf dem Arbeitsmarkt im Zeitverlauf angeglichen und

drittens hat männliche Teilzeitarbeit zwar an Bedeutung gewon-

nen, sie ist aber im Vergleich zum Anteil von Teilzeitbeschäftigung

der Frauen immer noch sehr gering ausgeprägt.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

223

Abbildung 29: Arbeitgeberwechsel in Prozent pro Jahr differenziert nach Geschlecht(Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

-5

0

5

10

15

20

25

30

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

insgesamt Wirtschaftswachstum Männer Frauen

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

In Abbildung 29 wird ersichtlich, dass kaum ein Unterschied im

Verlauf der Arbeitgeberwechselraten von Männern und Frauen

festzustellen ist. Sowohl die Rate der Frauen als auch die der

Männer steigt in wirtschaftlich guten Zeiten an und sinkt in wirt-

schaftlich ungünstigen Zeiten. Ab 1997 verlaufen allerdings so-

wohl die männlichen als auch die weiblichen Arbeitgeberwechsel

konträr zur wirtschaftlichen Entwicklung. Die Arbeitgeberwechsel

beider Parteien steigen überproportional an. Damit sind also beide

Geschlechter gleichermaßen von der sich ausbreitenden Destan-

dardisierung der Erwerbsarbeit betroffen. Frauen sind demnach

nicht der Randbelegschaft zuzurechnen, sondern gehören im sel-

ben Maße der Kernbelegschaft an wie ihre männlichen Kollegen.

Da Frauen immer öfter eine Doppelrolle von Hausfrau und Mutter

auf der einen Seite und Berufstätiger auf der anderen Seite nach-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

224

gehen oder sich ausschließlich im Erwerbsleben engagieren, ist

anzunehmen, dass auch im Zuge gleicher Bildungschancen der

Geschlechter Frauen vermehrt in höheren beruflichen Positionen

zu finden sind. Die folgenden Abbildungen geben Aufschluss über

die Verteilungen des Anteils von Männern und Frauen mit unter-

schiedlicher Wochenarbeitszeit in den drei Beschäftigungsni-

veaus.

Abbildung 30: Zuordnung vollzeitbeschäftigter Männer zu Beschäftigungsniveaus inProzent pro Jahr

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1003 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

niedriges Beschäftigungsniveau mittleres Beschäftigungsniveau hohes Beschäftigungsniveau

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Bezüglich des mittleren Beschäftigungsniveaus vollzeitbeschäf-

tigter Männer ist eine Stagnation bei ca. 57 Prozent über den ge-

samten Untersuchungszeitraum zu beobachten (Abbildung 30).

Hingegen sinkt der Anteil vollzeitbeschäftigter Männer in niedrigen

beruflichen Stellungen von 22 Prozent 1985 auf 17 Prozent 2000.

Einen Anstieg hat das hohe Beschäftigungssegment um ca. fünf

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

225

Prozentpunkte von 23 Prozent 1985 auf 28 Prozent zum Ende

des Untersuchungszeitraumes zu verzeichnen.

Abbildung 31: Zuordnung vollzeitbeschäftigter Frauen zu Beschäftigungsniveaus inProzent pro Jahr

0

10

20

30

40

50

60

70

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90

100

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1003 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

niedriges Beschäftigungsniveau mittleres Beschäftigungsniveau hohes Beschäftigungsniveau

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Bei den vollzeitbeschäftigten Frauen ist im Zeitverlauf eine deutli-

che Veränderung der Zuteilungen auf die Beschäftigungsniveaus

zu beobachten (Abbildung 31). Befanden sich 1985 nur 44 Pro-

zent im mittleren Beschäftigungsniveau, so sind es 2000 knapp 16

Prozentpunkte mehr. Eine noch stärkere Veränderung ist hinsicht-

lich der Zusammensetzung des niedrigen Beschäftigungsseg-

ments auszumachen. Diesbezüglich ist ein Abfall über den Unter-

suchungsraum hinweg von fast zwanzig Prozentpunkten von 41

Prozent 1985 auf 22 Prozent 2000 zu beobachten. Einen Anstieg

von sechs Prozentpunkten ist für das hohe Beschäftigungsniveau

auszumachen. 2000 liegt der Anteil vollzeitbeschäftigter Frauen

im hohen Beschäftigungssegment bei 18 Prozent, zu Beginn der

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

226

Untersuchung lag er bei 12 Prozent. Frauen in Vollzeitbeschäfti-

gung haben also an die höheren Beschäftigungsniveaus der

Männer aufgeschlossen. Trotz aufsteigender Tendenz haben sie

aber immer noch nicht im selben Ausmaß das höchste Beschäfti-

gungssegment erreicht wie die Männer.

Abbildung 32: Zuordnung teilzeitbeschäftigter Frauen zu Beschäftigungsniveaus inProzent pro Jahr

0

10

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70

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100

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Niedriges Beschäftigungsniveau Mittleres Beschäftigungniveau Hohes Beschäftigungsniveau

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Bei teilzeitarbeitenden Frauen zeigen sich in Abbildung 32 folgen-

de Entwicklungen: Das mittlere Beschäftigungssegment liegt zwi-

schen 1985 und 1989 bei 35 Prozent, während das niedrige Be-

schäftigungsniveau etwa bei 52 Prozent liegt. Doch ab 1990 wur-

den ein steigender Anteil von Beschäftigung im mittleren Segment

und ein sinkender Anteil von Beschäftigung im niedrigen Segment

ermittelt. Nach der Wende stagniert das niedrige Beschäftigungs-

niveau bei knapp 40 Prozent 2000 und das mittlere Beschäfti-

gungsniveau wuchs bis zum Ende des Untersuchungszeitraums

auf fast 50 Prozent an. Im hohen Beschäftigungsniveau befanden

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

227

sich bis 1995 ca. zwölf Prozent der teilzeitarbeitenden Frauen,

dieser Anteil sinkt dann bis 2000 auf ca. acht Prozent.

Abbildung 33: Zuordnung teilzeitbeschäftigter Männer zu Beschäftigungsniveaus inProzent pro Jahr

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1003 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

niedriges Beschäftigungsniveau mittleres Beschäftigungsniveau hohes Beschäftigungsniveau

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Die Entwicklung der männlichen Teilzeitbeschäftigung zeigt hin-

gegen ein fast umgekehrtes Bild (Abbildung 33). Auch bei ihnen

steigt der Anteil im mittleren Beschäftigungsniveau ab 1990 von

ca. 23 Prozent an, um am Ende des Untersuchungszeitraums bei

38 Prozent zu liegen. Doch ist zu beachten, dass der Anteil

männlicher Teilzeitbeschäftigter am mittleren Karrieresegment

deutlich unter dem Anteil der weiblichen Teilzeitbeschäftigten in

diesem Beschäftigungsniveau liegt. Der männliche Anteil ist 2000

dort angelangt, wo der weibliche Anteil 1985 gestartet ist. Auch

hinsichtlich des niedrigen Beschäftigungssegments zeigt sich bei

Männern eine andere Entwicklung: Dieser Anteil steigt mit

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

228

Schwankungen beginnend mit 1985 von 38 Prozent auf 53 Pro-

zent 2000 an. Eine besonders signifikante Entwicklung zeigt auch

der Verlauf der teilzeitbeschäftigten Männer im hohen Beschäfti-

gungsniveau. Er fällt von 39 Prozent zu Beginn des Untersu-

chungszeitraums auf zehn Prozent im Jahre 2000.

Zwar liegt der Anteil der teilzeitarbeitenden Frauen im hohen Be-

schäftigungsniveau bei ca. zwölf Prozent, doch fällt der männliche

Anteil von einem sehr hohen Niveau (40 Prozent) ab. Dagegen

liegt der Anteil teilzeitarbeitender Frauen im mittleren Beschäfti-

gungssegment höher als bei Männern und im niedrigen Beschäf-

tigungsniveau ist er geringer. Für Männer scheint es auf Grund

der vorliegenden Ergebnisse in Teilzeitarbeit keine berufliche Zu-

kunft zu geben. Entgegen aller Erwartungen hat der Anteil teilzeit-

beschäftigter Männer am hohen Beschäftigungssegment im Laufe

des Untersuchungszeitraums abgenommen.

Im Folgenden soll überprüft werden, ob auch bezüglich der Ar-

beitsplatzstabilität von Männern und Frauen Abweichungen fest-

zustellen sind. Wie die Ergebnisse für die Gesamtheit der Be-

schäftigten gezeigt haben, sinkt die durchschnittliche Betriebszu-

gehörigkeitsdauer ab 1995 um ungefähr ein Jahr von 8,5 auf 7,5

Jahre (vgl. Tabelle 1). Beschäftigungsverhältnisse, die zu Zeiten

der Wende und später abgeschlossen wurden, sind somit im

Schnitt ein Jahr kürzer als Arbeitsverhältnisse, die vor der Wie-

dervereinigung begonnen haben.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Tabelle 3: Betriebszugehörigkeitsdauer aller Erwerbstätigen in Jahren differenziertnach Geschlecht und Wochenarbeitszeit

Gesamt Männer Frauen MännerVollzeit

FrauenVollzeit

MännerTeilzeit

FrauenTeilzeit

1985 8,0 10,0 5,9 10,4 5,6 4,1 7,31986 8,0 9,8 6,4 10,0 6,3 4,1 7,91987 8,3 9,9 6,7 10,2 6,8 2,5 6,91988 8,2 9,8 6,5 10,0 6,6 2,4 6,91989 8,1 9,6 6,6 9,7 6,6 3,3 7,31990 8,4 9,9 6,5 10,0 6,4 4,4 7,61991 8,5 9,8 6,9 10,3 6,5 5,6 8,01992 8,4 10,0 7,0 10,4 6,7 3,8 7,91993 8,5 9,7 7,0 10,5 6,6 3,8 8,11994 8,5 9,5 7,0 10,0 6,1 5,0 8,91995 7,3 8,5 6,3 9,0 6,0 1,8 8,01996 7,3 7,9 6,5 8,4 6,4 2,5 7,41997 6,9 7,8 5,8 8,5 6,0 1,8 6,11998 7,3 8,2 6,4 8,7 6,8 1,8 6,11999 7,0 7,7 6,0 8,4 6,6 2,5 7,02000 7,3 8,4 5,8 9,0 6,5 3,3 6,6

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Wie aus Tabelle 3 ersichtlich ist, dauern Beschäftigungsverhält-

nisse von Männern bis 1992 mit durchschnittlich zehn Jahren drei

Jahre länger an als die der Frauen mit sieben Jahren. Ab 1992

sinkt die Differenz auf etwas über zwei Jahre, denn die Beschäfti-

gungsdauer von Männern sinkt bis zum Ende des Untersu-

chungszeitraums auf 8,4 Jahre, die der Frauen auf 5,8 Jahre.

Weitere Ergebnisse gewinnt man aus diesen Daten, wenn eine

zusätzliche Differenzierung nach wöchentlicher Arbeitszeit vorge-

nommen wird. Erstaunlich ist, dass die Vollzeiterwerbstätigkeit

von Frauen nicht dem allgemeinen Trend zu einer ab 1995 niedri-

geren Betriebszugehörigkeitsdauer folgt. Doch während weibliche

Vollzeitarbeit im gesamten Untersuchungszeitraum bei ca. 6,5

Jahren stagniert, liegt die männliche Vollzeitarbeit bis 1993 bei

einem Niveau von zehn Jahren, bis 1996 sinkt sie dann aber auf

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

230

8,5 Jahre ab um bis 2000 auf diesem Stand zu verbleiben. Damit

liegt die Beschäftigungsdauer von Männern mit in etwa einem

Jahr über der durchschnittlichen Beschäftigungsdauer, die Be-

schäftigungsdauer von Frauen liegt mit einem Jahr darunter.

Bis 1994 steigt die Betriebszugehörigkeitsdauer teilzeitbeschäf-

tigter Frauen von 7,3 Jahren 1985 auf fast neun Jahre 1994 an

um dann bis 2000 auf das Niveau von 6,6 Jahre zu sinken. Damit

liegt die Beschäftigungsdauer von Frauen in einem Vollzeitver-

hältnis meist ein Jahr unter der Betriebszugehörigkeitsdauer teil-

zeitarbeitender Frauen. Erwartbar war, dass Männer in Teilzeit die

kürzeste Firmenbindung von in der Regel unter fünf Jahren auf-

weist, da angenommen wird, dass Männer sich aus Teilzeitbe-

schäftigungen oft den Übergang in eine Vollzeitstelle erhoffen.

Männliche Teilzeitarbeit ist somit instabiler als männliche Vollzeit-

beschäftigung. Allerdings kann diese Aussage nicht auf Frauen

übertragen werden, denn weibliche Teilzeitbeschäftigte haben ei-

ne längere Betriebszugehörigkeitsdauer aufzuweisen als weibli-

che Vollzeitbeschäftigte. Da es immer noch meist Frauen sind, die

der Doppelbelastung von Familie und Beruf ausgesetzt sind, stel-

len Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse die beste Möglichkeit zur

Vereinbarung dieser Lebensbereiche dar.

Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse der geschlechtsspezifi-

schen Arbeitsmärkte, dass Hypothese 5, der zu Folge es aufgrund

der Bindung der Frau an den Haushalt zu keiner Angleichung der

Chancen der Frau gekommen sei, zurückzuweisen ist. Vielmehr

ist eine Relativierung der Chancen entsprechend Hypothese 6

eingetreten, was bedeutet, dass erstens mehr Frauen am Er-

werbsleben partizipieren, es zweitens zu einer Angleichung der

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

231

Chancen von Männern und Frauen gekommen ist, aber drittens

trotz gleichem Bildungsstand noch keine gleichberechtigte Vertei-

lung der Karrieremöglichkeiten erreicht wurde.

4.4.3 Differenzierung des Arbeitsmarktes nach Berufserfahrung

Die in der Bundesrepublik Deutschland fortschreitende gesell-

schaftliche Alterung, die auf Geburtenrückgänge bei gleichzeitig

sinkender Sterberate zurückzuführen ist, bringt eine Veränderung

der Zusammensetzung der Altersanteile der Bevölkerung mit sich.

Ein wachsender Anteil älterer Menschen steht einer kleiner wer-

denden Zahl von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

gegenüber. Es wird angenommen, dass diese Ungleichverteilung

auch Konsequenzen für die Verteilung von Chancen und Risiken

auf dem Arbeitsmarkt hat. An Hand folgender Hypothese soll die

Auswirkung der Destandardisierung der Erwerbsarbeit auf Be-

schäftigte in unterschiedlichen Phasen der Erwerbsbiographie

untersucht werden:

Hypothese 7: Flexibilisierungsmaßnahmen treffen besondersErsteinsteiger und ältere ArbeitnehmerMit dem Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsgesell-

schaft und der damit verbundenen gestiegenen Nachfrage nach

Leistungs- und Lernbereitschaft werden sowohl Berufseinsteiger

als auch Etablierte von den Flexibilisierungsmaßnahmen erfasst

und müssen mit einer Zunahme von Risiken rechnen.

Da vor allem wegen der längeren Ausbildungszeiten keine ein-

deutigen Aussagen über die Berufserfahrung ausschließlich auf

Grund des Lebensalters gemacht werden können, wurde die Dif-

ferenzierung für diesen Teilarbeitsmarkt nach Jahren an Berufs-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

232

erfahrung vorgenommen. Die Operationalisierung der Berufser-

fahrung erfolgt daher nach folgendem Prinzip: Für jede Person

wurde in einem ersten Schritt ermittelt, wie viele Jahre seit dem

erstmaligen Eintritt ins Erwerbsleben bis zum jeweils betrachteten

Zeitpunkt vergangen sind. In einem zweiten Schritt wurden die

ermittelte Anzahl von Jahren an Berufserfahrung in folgende Ka-

tegorien zusammengefasst: null bis fünf Jahre Berufserfahrung

(Phase I), sechs bis zehn Jahre (Phase II), elf bis zwanzig Jahre

(Phase III) und mehr als zwanzig Jahre Berufserfahrung (Phase

IV). Die Einteilung resultiert aus den Überlegungen, dass die er-

sten fünf Jahre im Berufsleben als Einstieg definiert werden kön-

nen, der einerseits oft mit der Suche nach einem passenden Job

und zum anderen aber auch durch viele berufliche Aufstiege ge-

prägt ist. Die vierte Phase des Erwerbslebens ist nach mehr als

zwanzig Jahren Berufserfahrung vor dem Eintritt ins Rentenalter

erreicht. Die höchste Stufe der Karriereleiter wurde in der Regel

erklommen, man beginnt, von Senioritätsregeln zu profitieren. Die

Phasen II und III wurden gewählt, um die Zeitspanne zwischen

den Phasen I und IV zu unterteilen.

Zunächst soll ermittelt werden, in welcher Phase der Erwerbsbio-

graphie vor dem Hintergrund der Destandardisierung mit einer

Zunahme von Flexibilisierung zu rechnen ist. Als Indikator für Fle-

xibilisierung wird wie zuvor die Arbeitswechselrate herangezogen.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

233

Abbildung 34: Arbeitgeberwechsel in Prozent pro Jahr differenziert nach Berufser-fahrung (Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

0-5 Jahre 6-10 Jahre 11-20 Jahre über 20 Jahre insgesamt

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Bezüglich des Arbeitgeberwechsels (Abbildung 34) ist zu erken-

nen, dass sich alle vier Gruppen synchron zur Gesamt-Kurve der

Arbeitgeberwechselrate verhalten, das heißt sie passen ihre Mo-

bilitätsprozesse an die konjunkturellen Bedingungen an. Bis 1996

sind für alle Gruppen in ungünstigen wirtschaftlichen Zeiten weni-

ger Arbeitsplatzwechsel zu verzeichnen, während in Boomphasen

die Arbeitsplatzmobilität zunimmt. Ab 1997 steigen die Arbeitge-

berwechselraten aller Gruppen an. Diese Entwicklung führte aber

nicht so weit, dass Berufseinsteiger oder Etablierte proportional

mehr Arbeitgeberwechsel aufweisen als die anderen beiden

Gruppen der Phasen II und III. Erwerbspersonen mit zwanzig und

mehr Jahren Berufserfahrung haben im Vergleich zu den übrigen

Gruppen allerdings immer noch die geringste Arbeitgeberwechsel-

rate aufzuweisen, Berufseinsteiger immer noch die höchste. Dies

ist darauf zurückzuführen, dass in den ersten Jahren des Berufs-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

234

lebens die meisten Aufstiege in Kombination mit vermehrten Ar-

beitgeberwechseln erreicht werden, denn mit diesen Wechseln

wird versucht, die vorteilhafteste berufliche Position zu erlangen.

Außerdem verwundert es auch nicht, dass die Gruppe der Er-

werbstätigen mit zwanzig und mehr Jahren Berufserfahrung mit

2,5 Prozent Arbeitgeberwechselanteil 1985 bzw. fünf Prozent

2000 den geringsten Anteil an Arbeitgeberwechseln aufweist, da

diese Gruppe vor dem Eintritt ins Rentenalter, wie bereits er-

wähnt, in der Regel ihre höchste berufliche Position erreicht hat

und von Senioritätsregeln profitiert, Arbeitgeberwechsel also in

der Regel nicht mehr wünschenswert sind.

Abbildung 35: Anteile von Abstiegen gemessen in mindestens zehnprozentigen Ein-kommensverschlechterungen in Prozent pro Jahr differenziert nach Berufserfahrung(Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Abstiege 0-5 Jahre 6-10 Jahre 11-20 Jahre über 20 Jahre

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

235

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Abbildung 36: Anteile von Aufstiegen gemessen in mindestens zehnprozentigenEinkommensverbesserungen in Prozent pro Jahr differenziert nach Berufserfahrung(Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

insgesamt 0-5 Jahre 6-10 Jahre 11-20 Jahre über 20 Jahre

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Im Folgenden soll überprüft werden, in welchen Phasen der Er-

werbsbiographie es zu besonders vielen Auf- oder Abstiegen

kommt. Bezüglich der beruflichen Abstiege lassen die Ergebnisse

keine aussagekräftige Verteilung erkennen. Die Kurven aller vier

Beschäftigtengruppen verlaufen mit mehr oder weniger starken

Schwankungen in unmittelbarer Nähe der Gesamt-Kurve (Abbil-

dung 35). Indessen ergeben die beruflichen Aufstiege in Abbil-

dung 36 in ihrer Gesamtheit ein eindeutiges Bild. Die Reihenfolge

der Gruppe mit den meisten Aufstiegen in Richtung der Gruppe

mit den wenigsten Aufstiegen ist erwartungsgemäß folgenderma-

ßen verteilt: Berufseinsteiger haben das größte Maß an Aufstie-

gen zu verzeichnen, gefolgt von der Gruppe Erwerbstätiger mit

sechs bis zehn Jahren Berufserfahrung, anschließend folgen die

Gruppe in Phase III und die Gruppe der Phase IV, die die wenig-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

236

sten Aufstiege vorzuweisen haben. Die Begründung liegt in der

Tatsache, dass Berufseinsteiger in der Regel mit einer niedrigen

beruflichen Position in die Karriere startet. Doch in den ersten

Jahren folgen oft berufliche Aufstiege, mit denen beständig die

Karriere entwickelt werden kann. Im Laufe der Erwerbstätigkeit

nehmen die Aufstiege ab bis die Etablierungsphase und damit die

höchste berufliche Stellung erreicht wurde. Auf dieser Position

verbleibt man dann in der Regel bis zum Eintritt ins Rentenalter.

Während der Anteil beruflicher Aufstiege für alle Erwerbstätigen

ab 1991 leicht sinkt, verbleibt das Niveau der Aufstiege für die

Gruppe der Phase IV von 1990 bis zum Ende des Untersu-

chungszeitraums bei ca. drei Prozent. Ähnliche Verläufe der Auf-

stiege sind auch für die Gruppen mit elf bis zwanzigjähriger und

sechs bis zehnjähriger Berufserfahrung zu erkennen. Die Gruppe

in Phase II liegt mit Schwankungen bei ca. 7,5 Prozent, die

Gruppe in Phase III bei ca. sechs Prozent. Rückläufige Entwick-

lungen beruflicher Verbesserungen sind für die Phasen II bis IV

also nicht zu erkennen. Hingegen ist bei den Berufseinsteigern

eine eindeutig abnehmende Tendenz der Aufstiege erkennbar:

Vom Beginn des Untersuchungszeitraums an bis 1991 wächst der

Anteil an beruflichen Verbesserungen für diese Gruppe von 10,9

Prozent auf 17,3 Prozent an. Doch nach diesem Zeitpunkt gehen

die Reduzierungen mit Schwankungen auf nur noch 6,4 Prozent

im Jahre 2000 zurück. Berufseinsteiger müssen sich ihre berufli-

chen Aufstiege demnach ab diesem Zeitpunkt härter erkämpfen.

Wie verhält es sich mit der Beschäftigungsstabilität in unter-

schiedlichen Phasen der Erwerbsbiographie? Aus Tabelle 4 ist

ersichtlich, dass die Gruppe der Etablierten die stärksten Reduzie-

rungen der Betriebszugehörigkeitsdauer aufzuweisen hat. So ist

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

237

ab 1994 ein starker Abfall von 15,7 auf 13,7 Jahre im Jahr 2000

ersichtlich. Bis zu dieser Reduzierung der Betriebszugehörigkeits-

dauer um zwei Jahre lagen die Werte bei durchschnittlich 15 Jah-

ren.

Tabelle 4: Betriebszugehörigkeitsdauer in Jahren differenziert nach Berufserfahrung

insgesamt 0-5 Jahre 6-10 Jahre 11-20 Jah-re

über 20Jahre

1985 8,0 2,0 5,1 7,9 15,01986 8,0 2,1 4,9 8,4 15,51987 8,3 2,5 4,8 8,7 15,31988 8,2 2,7 5,0 8,4 15,51989 8,1 2,7 4,4 8,0 15,71990 8,4 2,1 4,0 7,5 15,91991 8,5 2,1 4,1 7,3 15,81992 8,4 2,4 4,0 7,0 16,01993 8,5 2,8 4,0 7,0 15,51994 8,5 2,5 4,1 7,0 15,71995 7,3 2,1 4,4 5,9 15,51996 7,3 3,0 3,9 6,2 15,11997 6,9 1,7 3,4 6,1 14,81998 7,3 1,9 3,9 6,5 13,81999 7,0 1,4 3,5 6,4 12,72000 7,3 1,8 3,8 7,0 13,7

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Auch für die dritte Erwerbsphase ist von 1994 auf 1995, genau

wie für die Gesamtentwicklung, ein plötzlicher Abfall der Betriebs-

zugehörigkeitsdauer zu verzeichnen, denn die Werte fallen von

sieben auf 5,9 Jahre. Bis zu diesem Zeitpunkt nahm die Dauer der

Betriebszugehörigkeit für Personen mit elf bis 20 Jahren Berufs-

erfahrung zwar stetig aber nur in kleinen Schritten von ca. drei

Monaten ab. Nach dem Tiefpunkt im Jahr 1995 nimmt die Dauer

dann wieder zu und liegt zum Ende des Untersuchungszeitraums

mit sieben Jahren wieder auf dem Niveau von 1994, bevor es zu

der plötzlichen Reduzierung kam. Eine quasi durchgehend lang-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

238

same Reduzierung der Dauer der Firmenbindung von 5,1 Jahren

1985 auf 3,8 Jahre im Jahr 2000 ist für die Personen mit sechs bis

zehn Jahren Berufserfahrung erkennbar. Lag die Betriebszugehö-

rigkeitsdauer der Gruppe der Berufseinsteiger bis 1995 bei etwa

zwei Jahren, so erreichte sie 1993 mit drei Jahren ihren höchsten

Punkt um dann bis 2000 auf 1,8 Jahre zu sinken. Mit Abstand die

stärksten Veränderungen im Hinblick auf die Dauer der Betriebs-

zugehörigkeit hat die Gruppe der etablierten Arbeitnehmer und

der Berufseinsteiger auf sich zu nehmen. Ältere und jüngere Ar-

beitnehmer sind demnach am stärksten von einer Reduzierung

der Betriebszugehörigkeitsdauer betroffen.

Nachdem nun ein Einblick in die Entwicklung beruflicher Auf- und

Abstiege sowie der Betriebszugehörigkeitsdauer gewonnen wur-

de, ist es von Interesse, wie es sich mit der Entwicklung der Start-

und Endpositionen in Karriereverläufen verhält. In der Regel steigt

man zu Beginn der Erwerbstätigkeit in eine der Qualifikation ent-

sprechende berufliche Position ein um dann im Verlauf einer Kar-

riere nach und nach in höhere Stellungen aufzusteigen. Die Fra-

ge, die sich im Bezug auf die Destandardisierung stellt, lautet, ob

Berufseinsteiger trotz der verbesserten Ausbildungsabschlüsse

nicht mehr dementsprechend gute Einstiegspositionen erreichen

und ob die Gruppe der Etablierten gegen Ende ihrer Karriere bzw.

vor dem Eintritt ins Rentenalter weniger häufig mittlere und hohe

berufliche Stellungen erreicht als Beschäftigte früherer Kohorten.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Abbildung 37: Zusammensetzung der Beschäftigungsniveaus bei 0-5 Jahren Be-rufserfahrung (Grundgesamtheit: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

niedriges Beschäftigungsnieau mittleres Beschäftigungsniveau hohes Beschäftigungniveau

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Abbildung 38: Zusammensetzung der Beschäftigungsniveaus bei 6-10 Jahren Be-rufserfahrung (Grundgesamtheit: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

niedriges Beschäftigungsnieau mittleres Beschäftigungsniveau hohes Beschäftigungniveau

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Abbildung 39: Zusammensetzung der Beschäftigungsniveaus bei 11-20 Jahren Be-rufserfahrung (Grundgesamtheit: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

niedriges Beschäftigungsnieau mittleres Beschäftigungsniveau hohes Beschäftigungniveau

Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Abbildung 40: Zusammensetzung der Beschäftigungsniveaus mit über 20 JahrenBerufserfahrung (Grundgesamtheit: Gesamtheit der Erwerbstätigen)

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1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

niedriges Beschäftigungsnieau mittleres Beschäftigungsniveau hohes Beschäftigungniveau

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Wie man durch den Vergleich der Abbildungen 37 bis 40 erken-

nen kann, kommt es bei den Gruppen in Phase II und III im Ver-

gleich zu den Ersteinsteigern und Etablierten zu relativ moderaten

Veränderungen. Bei der Gruppe in Phase II steigt der Anteil des

mittleren Beschäftigungsniveaus von 60 Prozent 1985 quasi kon-

tinuierlich auf 64 Prozent 2000 an. Von 25 Prozent zu Beginn des

Untersuchungszeitraums auf 18 Prozent im Jahr 2000 schrumpft

der Anteil des niedrigen Niveaus. Auch wenn der Anteil des höhe-

ren Berufssegments ab 1992 von 26 Prozent auf 20 Prozent

schrumpft, so erreicht diese Entwicklung nicht das Ausgangsni-

veau von 17 Prozent in 1985. Die Gruppe mit elf bis 20 Jahren

Berufserfahrung ist am wenigsten von Veränderungen betroffen.

So sinkt der Anteil des niedrigen Beschäftigungsniveaus von ca.

20 Prozent 1990 um fünf Prozentpunkte bis zum Ende des Unter-

suchungszeitraums. Das höchste Berufssegment liegt sogar von

1992 bis 1998 bei ca. 30 Prozent und das mittlere Karriereseg-

ment steigt von 47 Prozent 1985 auf 52 Prozent im Jahr 2000 an.

Deutliche Veränderungen treffen indessen die Gruppe der Er-

werbstätigen mit zwanzig und mehr Jahren Berufserfahrung. Zwar

steigt der Anteil am mittleren Beschäftigungsniveau von 47 Pro-

zent 1985 bis 1991 auf 52 Prozent um dann bis zum Ende des

Untersuchungszeitraums ungefähr auf diesem Niveau zu bleiben.

Auch das niedrige Beschäftigungsniveau sinkt kontinuierlich von

Beginn des Untersuchungszeitraums von 26 Prozent auf 20 Pro-

zent 1996, steigt dann aber bis 2000 auf 26 Prozent an, womit es

dann wieder auf dem Niveau von 1985 angelangt ist. Hingegen

fällt der Anteil der Etablierten, die das hohe Beschäftigungsseg-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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ment gegen Ende ihrer Erwerbskarriere erreicht haben. Lag der

Anteil 1985 noch bei 29 Prozent, so ist er im Laufe des Untersu-

chungszeitraums um acht Prozentpunkte auf 21 Prozent ge-

schrumpft.

Noch deutlicher sind die negativen Veränderungen für die Gruppe

der Berufseinsteiger. Bei ihnen steigt der Anteil des mittleren Be-

schäftigungsniveaus bis 1993 von 59 Prozent zu Beginn der Un-

tersuchung auf 69 Prozent an um dann aber bis 2000 auf 57 Pro-

zent zu sinken. Der Anteil des höheren Beschäftigungsniveaus

steigt von elf Prozent 1990 auf 20 Prozent 1997. Doch für die

letzten Jahre hat sich ein plötzlicher und ausgeprägter Rückgang

auf unter zehn Prozent ergeben. Der dramatischste Anstieg seit

der zweiten Hälfte der neunziger Jahre ist für das niedrige Be-

schäftigungsniveau zu erwarten. Von Beginn des Untersuchungs-

zeitraums bis 1993 sank noch der Anteil des niedrigen Beschäfti-

gungssegments von 27 auf 17 Prozent. Doch obwohl die Neben-

jobs der Hochschulabsolventen nicht als Einstieg in das Berufsle-

ben gezählt wurden, steigt der Anteil der niedrigen beruflichen

Positionen von 17 Prozent 1994 steil auf 36 Prozent 2000 an.

Sowohl der Gruppen der Berufseinsteiger als auch der Etablierten

gelingt es demnach nicht mehr, den gleichen Anteil mittlerer und

hoher beruflicher Positionen zu erreichen wie dies Angehörigen

dieser Gruppen vor der Destandardisierung gelungen ist. Die Er-

gebnisse der Unterteilung des Arbeitsmarktes nach Berufserfah-

rung führen deshalb zu folgenden Erkenntnissen: die Hypothese

7, die besagt, dass einerseits mit dem Übergang von der Indu-

strie- zur Dienstleistungsgesellschaft und der damit einhergehen-

den gestiegenen Nachfrage nach Leistungs- und Lernbereitschaft

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

243

auch Ältere unter Anpassungsdruck stehen, andererseits neben

der Gruppe der Etablierten auch Berufseinsteiger zunehmenden

Flexibilisierungstendenzen ausgesetzt sind, entsprechen den em-

pirischen Ergebnissen.

4.5 Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurde das Arbeitsmarktgeschehen von 1985 bis

2000 hinsichtlich Flexibilisierung, Arbeitsplatzsicherheit und Be-

schäftigungsstabilität sowohl für die Gesamtheit aller Beschäftig-

ten als auch für drei verschiedene Teilarbeitsmärkte untersucht.

Doch in Anbetracht der deskriptiven Ergebnisse kann eine Ver-

breitung von flächendeckender und rapide fortschreitender

Destandardisierung der Erwerbsarbeit nicht beobachtet werden.

Im Folgenden werden die Ergebnisse noch einmal zusammenfas-

send dargestellt.

Ab 1997 lässt sich eine leichte Zunahme externer Flexibilisie-

rungsmaßnahmen beobachten. Bis 1996 verlief die Rate der Ar-

beitgeberwechsel parallel zur wirtschaftlichen Entwicklung, das

heißt, in wirtschaftlichen Aufschwüngen sind mehr Arbeitgeber-

wechsel zu verzeichnen als in Rezessionen, da zum einen über-

haupt die Möglichkeiten eines Wechsels besteht und zum ande-

ren mit diesen Wechseln berufliche Aufstiege angestrebt werden.

Umgekehrt sind in wirtschaftlich ungünstigen Perioden weniger

Wechsel registriert worden. Ab 1997 verläuft die Rate der Arbeit-

geberwechsel nicht mehr proportional zum Verlauf des Wirt-

schaftswachstums. Es sind deutlich mehr Arbeitgeberwechsel

aber auch mehr Übergänge in Selbstständigkeit zu beobachten.

Somit zeigt sich, dass Arbeitnehmer ab Mitte der neunziger Jahre

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

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deutlich häufiger von externen Flexibilisierungsmaßnahmen be-

troffen sind, während interne Maßnahmen in Form von innerbe-

trieblichen Arbeitgeberwechseln seit 1995 weniger zur Anwen-

dung gekommen sind.

Hinsichtlich der Arbeitsplatzsicherheit hat sich herausgestellt,

dass im Zuge der Destandardisierung der Erwerbsarbeit sowohl

negative als auch positive Konsequenzen für Arbeitnehmer beob-

achtet werden können. Positive Veränderungen bei Jobwechseln

ergaben sich für Arbeitszeitregelungen und Arbeitsplatzsicherheit.

An der Beurteilung der betrieblichen Sozialleistungen hat sich in-

dessen nichts geändert. In Einklang mit den Ergebnissen bezüg-

lich der Untersuchung beruflicher Auf- und Abstiege gemessen in

mindestens zehnprozentigen Einkommensveränderungen und

Wechseln der beruflichen Stellung ergaben sich negative Konse-

quenzen für die Arbeitnehmer vor allem im Hinblick auf Ver-

dienstentwicklungen und Aufstiegsmöglichkeiten. Zusätzlich ist

ein Rückgang der Arbeitsplatzstabilität zu verzeichnen. Lag die

Betriebszugehörigkeitsdauer von 1985 bis 1994 konstant bei ca.

8,5 Jahren, so sank sie im Jahr 1995 auf 7,5 Jahre ab um dann

bis 2000 auf diesem Niveau zu bleiben. Das heißt, dass Arbeits-

verhältnisse, die zur Zeit der Wende abgeschlossen wurden, um

ca. ein Jahr kürzer andauern als Beschäftigungsverhältnisse, die

früher begonnen wurden. Für die Gesamtheit aller Erwerbstätigen

sind folglich leichte Destandardisierungstendenzen ab Mitte der

neunziger Jahre erkennbar.

Um durch die Betrachtung der Gesamtheit der Erwerbstätigen

wichtige Entwicklungen in verschiedenen Subgruppen nicht zu

verdecken, wurden im Anschluss an die Untersuchung des ge-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

245

samten Arbeitsmarktes bestimmte Teilarbeitsmärkte betrachtet,

um zusätzliche Erkenntnisse über die Ausbreitungen sozialer Un-

gleichheiten als Folge der Destandardisierung der Erwerbsarbeit

zu erlangen.

Die Untersuchung des Teilarbeitsmarktes unterschiedlicher Be-

schäftigungsniveaus führte zu folgenden Ergebnissen: Die Ver-

teilung der Erwerbstätigen auf die Beschäftigungsniveaus spiegelt

die Ausläufer der Bildungsexpansion wider. Der Anteil des niedri-

gen Beschäftigungssegments sinkt über den Untersuchungszeit-

raum hinweg ab, während das mittlere und hohe Beschäftigungs-

niveau von 1985 bis 2000 immer mehr Anteile umfasst. Dieser

größere Anteil Hochpositionierter bleibt im Gegensatz zu Niedrig-

positionierten sowohl von der Zunahme von Arbeitgeberwechseln

seit 1997 als auch von beruflichen Abstiegen verschont. Doch

hinsichtlich der beruflichen Aufstiege wurde ein unerwartetes Er-

gebnis ermittelt. Beschäftigte mit niedrigem Beschäftigungsniveau

verzeichnen einen Anstieg beruflicher Verbesserungen, während

Beschäftigte mit hohem Beschäftigungsniveau sinkende berufli-

che Verbesserungen hinnehmen müssen. Insgesamt ist für Er-

werbstätige im niedrigen beruflichen Segment demzufolge mehr

Bewegung auf dem Arbeitsmarkt zu verzeichnen, denn für diese

Gruppen wurden nicht nur Verbesserungen sondern auch Ver-

schlechterungen registriert. Trotzdem kehrt sich das Verhältnis

von Hoch- und Niedrigpositionierten bezüglich Chancen und Risi-

ken nicht grundsätzlich um, denn hinsichtlich der Bewertung von

Arbeitsplatzmerkmalen bei Jobwechseln liegt der Anteil an Ver-

schlechterungen der Niedrigpositionierten um im Durchschnitt 20

Prozentpunkte höher als bei den Hochpositionierten.

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

246

Daher sind die theoretischen Überlegungen Breens (1997) zu ve-

rifizieren: Die service class (hier operationalisiert durch Erwerbs-

tätige im hohen Beschäftigungssegment) wird auf Grund ihrer be-

sonderen Stellung, die durch die Informationsasymmetrie zwi-

schen Arbeitgeber und –nehmer geprägt ist, kaum von den Aus-

wirkungen der Destandardisierung berührt. Beschäftigte, deren

Tätigkeiten hingegen vertraglich festlegbar und zudem überwach-

bar sind und deren Machtposition mit steigendem Arbeitsangebot

geschwächt ist, sind von den Risiken der Destandardisierung be-

troffen.

Die Differenzierung des Arbeitsmarktes nach Geschlecht und Wo-

chenarbeitszeit führte zu folgenden Ergebnissen: Der Anteil

männlicher Teilzeitarbeit steigt über den Untersuchungszeitraum

hinweg von 1,7 Prozent 1985 um fast das Fünffache auf 6,1 Pro-

zent an. Auch Teilzeitarbeit von Frauen wächst um fast vier Pro-

zentpunkte von 14,4 Prozent 1985 auf 18,3 Prozent 2000. Der

Anteil in Vollzeit beschäftigter Männer geht von 58 auf 47 Prozent

an der Gesamtheit der Beschäftigten zurück, der Anteil der in

Vollzeitarbeit beschäftigten Frauen stagniert im Untersuchungs-

zeitraum bei 26 Prozent.

Während die Dauer von Vollzeittätigkeiten der Frauen bei ca.

sechs Jahren stagniert, sinkt sie bei Männern ab 1995 um ca. ein

Jahr. Teilzeitarbeit stellt sich grundsätzlich nicht als instabiler her-

aus als Vollzeitbeschäftigungen, wobei zu berücksichtigen ist,

dass männliche Teilzeitarbeit weniger stabil ist als weibliche. Doch

ergeben sich für Männer trotz ihres gewachsenen Teilzeitanteils in

dieser Arbeitsform keine Karrieremöglichkeiten. Zwar haben sie in

Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen zu Beginn des Untersu-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

247

chungszeitraums sehr viel mehr Anteile an hohen beruflichen Po-

sitionen als Frauen, doch dieser Anteil schrumpft bis 2000 in ei-

nem starkem Ausmaß.

Es vollzieht sich also eine kontinuierliche Angleichung der Ar-

beitsmarktchancen von Frauen an die ihrer männlichen Kollegen,

dennoch ist dieser Prozess noch lange nicht abgeschlossen, denn

von einer Gleichverteilung von Chancen kann den Ergebnissen zu

Folge nicht gesprochen werden.

Mit der Betrachtung des Teilarbeitsmarktes differenziert nach Be-

rufserfahrung sollte ermittelt werden, ob vor allem Berufseinstei-

ger und Personen, die kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter ste-

hen, mit vermehrten Risiken in den neunziger Jahren zu kämpfen

haben. Beschäftigte mit mehr als zwanzig Jahren Berufserfahrung

weisen dabei weniger, Ersteinsteiger mehr Arbeitgeberwechsel

auf als die Gesamtheit der Beschäftigten. Zwar sind alle Er-

werbstätigen, unabhängig davon, auf wie viele Jahre Berufserfah-

rung sie zurück blicken, von der Zunahme der Arbeitgeberwechsel

gegen Ende der neunziger Jahre betroffen. Dennoch weisen die

Steigerungen der Anteile Älterer und der Ersteinsteiger im Ver-

hältnis zu den übrigen Teilen der Erwerbstätigen keine überpro-

portionalen Abweichungen auf. Hingegen sind diese beiden

Gruppen am stärksten von der Reduzierung der Betriebszugehö-

rigkeitsdauer und damit der Arbeitsplatzstabilität betroffen. Auch

gelingt es ihnen nicht mehr, den gleichen Anteil mittlerer und ho-

her beruflicher Positionen zu erreichen wie dies älteren Kohorten

möglich war. Zudem müssen sich Berufseinsteiger seit den neun-

ziger Jahren ihre beruflichen Aufstiege stärker erkämpfen. Beruf-

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Arbeitsplatzmerkmale und Erwerbsverläufe

248

seinsteiger und Etablierte sind dementsprechend vermehrt den

Folgen der Destandardisierung ausgesetzt.

Dieser Überblick über die deskriptiven Befunde macht noch ein-

mal deutlich, dass von einer flächendeckenden und sich rapide

verbreitenden Destandardisierung der Erwerbsarbeit nicht ge-

sprochen werden kann. Dennoch ist nicht zu leugnen, dass es zu

Veränderungen des Arbeitsmarktgeschehens insbesondere seit

der zweiten Hälfte der neunziger Jahre gekommen ist. Diese Ent-

wicklung betrifft allerdings nicht die Gesamtheit der Erwerbstäti-

gen. Vielmehr verstärken sich bisherige soziale Ungleichheiten,

indem vor allem Beschäftigte mit niedrigem Beschäftigungsniveau

mit negativen Konsequenzen zu kämpfen haben. Zudem bleiben

auch Berufseinsteiger und Beschäftigte in der Etablierungsphase

von Abwärtsmobilität nicht mehr verschont.

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Trendentwicklungen

249

5 Trendentwicklungen der Destandardisierung, Flex-ibilisierung und der sozialen Differenzierungen

5.1 Hypothesen: Trend und soziale Differenzierung

Aus den deskriptiven Ergebnissen geht hervor, dass für die Zeit

von 1985 bis einschließlich 2000 zwar nicht von einer flächendek-

kenden Destandardisierung der Erwerbsarbeit gesprochen wer-

den kann, dass aber ab der zweiten Hälfte der neunziger Jahre

eine Zunahme von Destandardisierungsentwicklungen zu beob-

achten ist. So müssen Beschäftigte bezüglich Arbeitsplatzstabilität

und Beschäftigungssicherheit ab 1995 Einschnitte in Kauf neh-

men während sie mit einer Zunahme externer und einer Abnahme

interner Flexibilisierungsmaßnahmen konfrontiert werden. Im An-

schluss soll in diesem Kapitel überprüft werden, ob sich diese Er-

kenntnisse auch in den multivariaten Analysen niederschlagen.

Zusätzlich sollen folgende Hypothesen untersucht werden:

Hypothese 8: Grundsätzlicher Wandel von KarriereverläufenDie Reduzierung von Chancen und die Zunahme von Risiken sind

nicht ausschließlich auf konjunkturelle Bedingungen zurückzufüh-

ren. Die beobachteten Veränderungen indizieren vielmehr eine

grundsätzliche Veränderung von Arbeitsmarktinstitutionen, die

nicht auf konjunkturelle Schwankungen zurückzuführen ist.

Hypothese 9 a): Polarisierung sozialer UngleichheitenDa Personen aus höher positionierten Berufsklassen von den ne-

gativen Konsequenzen der Destandardisierung der Erwerbsarbeit

weniger betroffen sind als Personen in einer niedrigen Position,

kommt es zu einer Verstärkung alter Dimensionen sozialer Un-

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Trendentwicklungen

250

gleichheit entlang von Berufsklassen und Qualifizierungsniveaus.

Demnach ist eine Polarisierung sozialer Ungleichheiten festzu-

stellen.

Hypothese 9 b): Nivellierung sozialer UngleichheitenUnter den Bedingungen einer sich weiterhin intensivierenden Ar-

beitsmarktdynamik und gleichzeitiger politischer Deregulierungs-

bestrebungen bilden sich neue Bereiche relativer Sicherheit und

Unsicherheit heraus. Auch Gruppen von Beschäftigten, die bisher

nicht von den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt betroffen wa-

ren, müssen mit einer Zunahme von Risiken rechnen. Es kommt

demnach zu einer Nivellierung sozialer Ungleichheiten.

5.2 Konzeption der Untersuchung

5.2.1 Datenbasis und Bestimmung der Analysesamples

Der vorliegende Spelldatensatz erlaubt eine lückenlose Rekon-

struktion von Erwerbsverläufen von 1985 bis 2000. Dieser Zeit-

raum ist somit auch der Untersuchungszeitraum für die Feststel-

lung möglicher Trends der Destandardisierung der Erwerbsarbeit

in Bezug auf Karriereverläufe.

Die Auswahl des Analysesamples muss wegen der Linkszensie-

rung der Daten allerdings genau reflektiert werden. Diesbezüglich

gibt es drei Möglichkeiten. Die erste Variante besteht in der Be-

rücksichtigung aller Beschäftigungsepisoden, die zu Beginn der

Beobachtungsperiode bestanden haben. Für diese existieren in

der Regel auch gültige Angaben zum Beginn, auch wenn dieser

vor 1984 lag. Für die deskriptive Darstellung wurde die Beobach-

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Trendentwicklungen

251

tungszeit all dieser Episoden einbezogen. Für Methoden der Er-

eignisdatenanalyse besteht hingegen das Problem der Linkszen-

sierung. Für Episoden, die vor 1984 begonnen haben, fehlt die

Beobachtung über die ganze Risikozeit, das heißt, man würde

sich selektiv hinsichtlich von Episoden verhalten, die vor 1984 be-

gonnen aber auch vor 1984 beendet wurden.

Die zweite Alternative besteht in der Möglichkeit, nur solche Epi-

soden zu berücksichtigen, die frühestens zum Beginn des Beob-

achtungszeitraums begonnen haben. Diese Vorgehensweise ist

jedoch selektiv im Hinblick auf sehr lange und vor 1984 begonne-

ne Episoden älterer Arbeitnehmer, die hierbei keine Berücksichti-

gung finden, und vor allem verändert sich diese Selektivität über

die Dauer der Beobachtungszeit. Die Feststellung von Trends in-

nerhalb des Beobachtungszeitraums bleibt damit angreifbar, denn

sie kann durch die Veränderung der Selektivität beeinflusst sein.

Die multivariate Kontrolle nach Erwerbsdauer und Betriebszuge-

hörigkeitsdauer entschärft das Problem nur ungenügend.

Eine dritte Variante besteht in der Berücksichtigung von Episoden

von Personen, die nach dem Beginn der Beobachtungsperiode

ihren Ersteinstieg in das Erwerbsleben haben. Nur diese Vorge-

hensweise vermeidet vollständig das Problem der Linkszensie-

rung, hat aber für das Untersuchungsziel den gravierenden

Nachteil, dass ausschließlich Entwicklungen von jüngeren Be-

schäftigten betrachtet werden.

Im multivariaten Teil dieser Arbeit werden im Folgenden die Un-

tersuchungen parallel für zwei Stichproben durchgeführt, zum Er-

sten aller Berufskarrieren, die frühestens ab 1985 begonnen ha-

ben und zum Zweiten aller Episoden ab 1985. Der Vergleich der

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Trendentwicklungen

252

Parameterschätzungen beider Stichproben lässt dann trotz der

beschriebenen Probleme Rückschlüsse darüber zu, inwiefern sich

eventuelle Entwicklungen bei den jüngeren Beschäftigten auf die-

se Gruppe beschränken oder sich auch auf ältere Erwerbstätige

beziehen.

5.2.2 Spezifikation der Ereignisse

Wie bereits erwähnt wurde, geht es bei der Ermittlung von Be-

schäftigungssicherheit weniger um Merkmale einzelner Arbeits-

plätze als vielmehr um Risiken und Chancen innerhalb von Er-

werbsverläufen. Daher werden nicht einzelne Arbeitsplatzmerk-

male, sondern Mobilitätsprozesse innerhalb von Karriereverläufen

untersucht. Wie im deskriptiven Teil werden die Flexibilisierungs-

indikatoren Arbeitgeberwechsel, innerbetrieblicher Wechsel und

Übergang in Selbstständigkeit nun zusätzlich mit multivariaten

Verfahren betrachtet.

Um zu einer Beurteilung zu gelangen, ob die externen und inter-

nen Flexibilisierungsmaßnahmen für die Beschäftigten vermehrt

mit Aufstiegs- oder Abwärtsmobilität verbunden sind, sollen die

Flexibilisierungsindikatoren hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf

Chancen und Risiken untersucht werden. Unter Aufwärtsmobilität

bzw. Chancen werden neben Aufstiegen insgesamt berufliche

Aufstiege bei Arbeitgeberwechseln, Aufstiege bei innerbetriebli-

chen Wechseln und Wiedereinstiege nach Arbeitslosigkeit zu-

sammengefasst. Unter Abwärtsmobilität bzw. Risiken sind Abstie-

ge insgesamt, Wechsel in Arbeitslosigkeit sowie Abstiege bei Ar-

beitgeberwechsel und innerbetrieblichen Wechseln zu verstehen.

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Trendentwicklungen

253

Die Gesamtheit aller beruflichen Auf- und Abstiege wird auf die

gleiche Weise wie im deskriptiven Teil der Untersuchung ermittelt,

nämlich durch mindestens zehnprozentige (Real-) Einkommens-

veränderungen beim Vergleich des Einkommens vor mit dem Ein-

kommen zum Zeitpunkt des Ereignisses. Ist das Einkommen min-

destens zehn Prozent höher, so wird ein beruflicher Aufstieg er-

mittelt, fällt das Realeinkommen mindestens zehn Prozent niedri-

ger aus als zuvor, so handelt es sich um einen beruflichen Ab-

stieg.

Ausführungen über berufliche Auf- und Abstiege nach einem

Wechsel in Selbstständigkeit können aus Gründen einer zu gerin-

gen Anzahl von Ereignissen weder für die Ersteinsteiger noch für

die Gesamtheit aller Beschäftigten ausgegeben werden. Fallzahl-

probleme tauchen auch bei dem kleineren Sample der Erstein-

stiege auf. So muss für diese Stichprobe auf die Ausweisung der

innerbetrieblichen Abstiege verzichtet werden. Die übrigen Ereig-

nisse können sowohl für die Episoden ab 1985 als auch für Er-

steinstiege ermittelt werden. Der Vergleich der Ergebnisse für die

beiden Stichproben ermöglicht eine Aussage, ob sich die beob-

achteten Entwicklungen sich nur auf Ersteinsteiger beziehen oder

auch auf die Gesamtheit der Erwerbstätigen.

Die Grundgesamtheit besteht mit Ausnahme der Wiedereinstiege

grundsätzlich aus Erwerbstätigkeitsspells. Bei Wiedereinstiegen

aus Arbeitslosigkeit besteht die Grundgesamtheit aus Spells von

Personen, die eine Phase von Arbeitslosigkeit erfahren haben.

Die Berechnungen erfolgen nur mit Spells, für die alle Angaben zu

den jeweiligen Ereignissen und Beschäftigungsmerkmalen lük-

kenlos vorliegen.

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Trendentwicklungen

254

5.2.3 Spezifikation der Beschäftigungsmerkmale

Folgende Beschäftigungsmerkmale werden für alle Modelle und

für beide Stichproben, also Ersteinstiege und Episoden ab 1985,

einbezogen:

(a) Berufsklassen: Je höher die berufliche Stellung, desto gerin-

ger sollten generell die Risiken und desto höher die Chancen sein

(Breen 1997). Für die Beobachtungszeit stellt sich die Frage, ob

diese relativen Vorteile sich im Zuge von Risikozumutungen und

empowerment-Strategien noch akzentuieren oder aber abge-

schliffen werden. Zur Konstruierung der Berufsklassen standen

zwei Varianten zur Auswahl: Die unterschiedlichen Stufen des

Beamtentums hätten mit verschiedenen Karrierestufen von Ange-

stellten und Arbeitern zusammengespielt werden können. Da aber

anzunehmen ist, dass die Erwerbsbiographien von Beamten deut-

lich mehr von Sicherheit geprägt sind als bei Beschäftigten in der

Privatwirtschaft wird für alle Beförderungsstufen von Beamten,

egal ob einfache, gehobene oder höhere Beamtenlaufbahn, eine

gesonderte Kategorie gebildet. Die Variable „Berufsklasse“ ist da-

her nicht durchgehend hierarchisch aufgebaut sondern besteht

aus folgenden Kategorien „Hochqualifizierte Angestell-

te/Angestellte mit umfassenden Führungsaufgaben“, „Industrie-

und Werksmeister/Qualifizierte Angestellte“, „Facharbei-

ter/Vorarbeiter/Meister“, „einfache Angestellte“, „Un- und ange-

lernte Arbeiter“ sowie „Beamte“.

Die formale Qualifikation wird unter der Annahme, dass berufliche

Abschlüsse immer weniger über die berufliche Stellung aussagen,

nicht in das Modell eingebracht. Beispielsweise besteht für Aka-

demiker keine Garantie mehr, zu den hochqualifizierten Ange-

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Trendentwicklungen

255

stellten mit umfassenden Führungsaufgaben gezählt zu werden,

da immer mehr inadäquate Beschäftigungsverhältnisse akzeptiert

werden müssen (Büchel/Weißhuhn 1997).

(b) Geschlecht, (c) Erwerbsstatus (Vollzeit versus Teilzeit) und

(d) Nationalität (ausländische versus deutsche Arbeitnehmer):

Ausländische Arbeitnehmer (Erwerbspersonen mit nicht-

deutscher Staatsangehörigkeit), Frauen und Beschäftigte in Teil-

zeitarbeit (in der Regel meist Frauen, vgl. Abbildung 28) gelten

auf dem Arbeitsmarkt als Benachteiligte. Auf Grund ihrer Doppel-

rolle in Haushalt und Beruf haben Frauen in der Regel nicht die

gleichen Karrierechancen wie Männer. Es ist zu prüfen, ob die

benachteiligten Personengruppen angesichts der Destandardisie-

rungstendenzen auf dem Arbeitsmarkt eine Chancenverbesse-

rung erfahren, oder ob sich ihre Benachteiligung noch verfestigt.

(e) Betriebsgröße: Als wichtiger Prädikator für die Bedeutung von

Betrieben als beschäftigungspolitische Akteure wie als Gelegen-

heitsstrukturen gilt in der arbeitsmarktsoziologischen Literatur die

Betriebsgröße. Insbesondere wird die Existenz interner Arbeits-

märkte mit der Betriebsgröße assoziiert. Kleinere Betriebe haben

weniger Möglichkeiten als große Unternehmen, interne Karriere-

verläufe zu entwickeln, dauerhafte Beschäftigung in Aussicht zu

stellen und betriebsspezifische Qualifizierungsmaßnahmen vor-

zunehmen. Deswegen beschaffen sie ausgebildetes Personal oft

auch auf überbetrieblichen Facharbeitsmärkten, statt es eigens

auszubilden (Goedicke 2002). Über die Beobachtungszeit be-

trachtet stellt sich die Frage, ob sich die generell erwartbare

schützende Funktion von Großbetrieben noch akzentuiert oder

aber über einen Wechsel der Beschäftigungspolitik reduziert.

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Trendentwicklungen

256

Als Großbetriebe werden auf Grund von Vorgaben durch die Ka-

tegoriebildung des SOEP Unternehmen mit über 2000 Mitarbei-

tern, als mittlere Betriebe solche mit 200 bis 2000 Beschäftigten

und als Kleinbetriebe solche mit weniger als 200 Mitarbeitern

klassifiziert.

(f) Betriebszugehörigkeitsdauer und (g) Berufserfahrung: Mit

diesen Beschäftigungsmerkmalen wird monatsgenau gemessen,

wie lange eine Person zur Belegschaft eines Unternehmens ge-

hört bzw. insgesamt seit Einstieg in das erste Beschäftigungsver-

hältnis erwerbstätig ist. Es wird davon ausgegangen, dass eine

kontinuierliche Beschäftigung in einem Betrieb wegen der Sozial-

kriterien vor ungewollter Erwerbslosigkeit schützt und mit längerer

Zugehörigkeit Betriebswechsel unwahrscheinlicher werden. Län-

gere Berufserfahrung hat einen ähnlichen Effekt für Mobilität-

schancen. Für die Beobachtungszeit stellt sich die Frage, ob Be-

schäftigungsrisiken und –chancen vor allem für jüngere oder für

ältere Arbeitnehmer verändert werden.

(h) Branche: Die Arbeitsplatzmobilität hängt unmittelbar von Ar-

beitsplatz- bzw. Beschäftigungsentwicklung in den unterschiedli-

chen Branchen ab (DiPrete/Nonnemaker 1997). Wachsende

Branchen bedeuten Beschäftigungssicherheit, schrumpfende be-

deuten Entlassungs- und Arbeitslosigkeitsrisiken. Dabei muss be-

rücksichtigt werden, dass die Beschäftigungsentwicklung in einer

Branche eine Kombination unterschiedlicher einzelbetrieblicher

Entwicklungen darstellt. So wird deutlich, dass Beschäftigungsri-

siken und Branchendynamik auseinander fallen können, weil sich

z.B. der Umschlag von Arbeitsplätzen und/oder Arbeitskräften

zwischen Branchen unterscheidet. Neugründungen vieler Betriebe

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Trendentwicklungen

257

oder extern orientierte betriebliche Personalstrategien können

auch bei stagnierendem oder sinkendem Arbeitsplatzbestand in

einer Branche vermehrt zu Neueinstellungen führen. Bei intern

ausgerichtetem Personalmanagement können dagegen auch in

Zeiten sinkender Beschäftigung bis zu einem gewissen Grad

Entlassungen vermieden werden, indem Betriebe Neueinstellun-

gen verzögern und die „natürliche Fluktuation“ ausnutzen (Goe-

dicke 2002). Da die Zugehörigkeit zu einer Branche also kein ein-

deutiger Indikator für Wachstum oder Schrumpfung darstellt,

kommt der Branchenzugehörigkeit eher die Funktion einer Kon-

trollvariablen zu.

Die Variable „Branche“ umfasst sieben Kategorien: (1) 'erster

Sektor', (2) 'Produktion', (3) 'Handel und Distribution', (4) 'Verkehr',

(5) 'wirtschaftsnahe Dienstleistungen', (6) 'öffentlicher Dienst', (7)

'soziale Dienstleistungen'. Zum ersten Sektor werden alle Bran-

chen gezählt, die sich mit der Gewinnung von Rohstoffen befas-

sen wie beispielsweise Landwirtschaft und Fischerei aber auch

Bergbau und die Gewinnung von Steinen und Erden. Der Produk-

tion sind alle Sparten zugeordnet worden, die sich in irgendeiner

Weise mit der Erzeugung von Gütern befassen. So gehören die

Möbelherstellung und der Maschinenbau beispielsweise ebenso

dazu wie das Verlags- und Druckgewerbe. Unter Handel und Dis-

tribution werden Güteraustausch und Reparaturen gefasst. Zur

Verkehrsbranche gehören der Schiff- und Luftverkehr sowie die

Nachrichtenübermittlung. Um die Besonderheiten der weit gefä-

cherten Struktur von Dienstleistungen ermitteln zu können, wurde

nach wirtschaftsnahen und sozialen Dienstleistungen und dem

öffentlichen Dienst unterschieden.

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Trendentwicklungen

258

5.2.4 Vorgehensweise

Zur multivariaten Überprüfung der aufgestellten Hypothesen wird

die Trendentwicklung herangezogen. Der linear modellierte Trend

gibt in Abhängigkeit von der Prozesszeit monatsgenau Auskunft

über die Entwicklung der entsprechenden Zielzustände. Die Ver-

gleiche des Trends der Modelle mit und ohne Berücksichtigung

der Indikatoren „Arbeitslosenquote“ und „Veränderung des Brut-

toinlandproduktes (BIP) im Vergleich zum Vorjahr“ geben Auskunft

darüber, ob es sich bei den beobachteten Veränderungen der Kar-

riereverläufe um grundsätzliche Veränderungen handelt oder ob

die Veränderungen größtenteils auf wirtschaftskonjunkturelle Ent-

wicklungen zurückzuführen sind.

Im ersten Schritt der Analyse soll die Veränderung der Flexibilisie-

rungsarten und der Aufwärts- und Abwärtsmobilität während des

Untersuchungszeitraums untersucht werden. Hat diesbezüglich

eine Veränderung stattgefunden und wenn ja, wie stark ist das

Ausmaß? Im zweiten Schritt wird überprüft, ob die Veränderungen

auf konjunkturelle Entwicklungen zurückzuführen sind oder ob es

sich um einen grundsätzlichen Wandel handelt. Im dritten Schritt

wird untersucht, für welche Gruppen sich mehr Risiken oder/und

mehr Chancen durchsetzen konnten. Daher wird gemessen, ob in

diesem Modell signifikante Interaktionseffekte des Trends mit den

Beschäftigungsmerkmalen existieren, und welche Richtung diese

aufweisen. Diese Ergebnisse lassen dann den Schluss zu, welche

Personengruppen mit fortschreitender Destandardisierung der

Erwerbsarbeit innerhalb der betrachteten sechzehn Jahre beson-

ders von den Entwicklungen betroffen sind bzw. ob sie eher von

Chancen profitieren oder vermehrt Risiken in Kauf nehmen müs-

sen.

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Trendentwicklungen

259

Um die eingangs aufgestellten Hypothesen mittels dieser drei

Schritte überprüfen zu können, werden jeweils drei aufeinander

aufbauende Modelle geschätzt. In das Ausgangsmodell I fließen

sämtliche soeben vorgestellte Beschäftigungsmerkmale ein-

schließlich der Trendvariablen ein. Der linear modellierte Trend

soll Auskunft darüber geben, ob sich im Zeitverlauf die Eintritts-

häufigkeit der untersuchten Ereignisse verändert hat. Dieses Ur-

sprungsmodell wird im Modell II um die Arbeitslosenquote und die

Veränderung des Bruttoinlandproduktes (BIP) im Vergleich zum

Vorjahr erweitert. Auf diese Weise wird kontrolliert, ob die in Mo-

dell I ermittelte Entwicklung des Trends auf einen grundsätzlichen

Wandel zurückzuführen ist oder ob vor allem wirtschaftskonjunktu-

relle Entwicklungen das Ausmaß oder sogar die Richtung des

Trends maßgeblich beeinflussen. Modell III soll Rückschlüsse

über die Personengruppen erbringen, die in einem besonders

starken Maß von den jeweiligen Entwicklungen betroffen sind. Zu

diesem Zweck wird Modell I um Interaktionseffekte der Beschäf-

tigtenmerkmale „Berufsklasse“, „Geschlecht“, „Erwerbsstatus“,

„Betriebszugehörigkeitsdauer“ sowie „Berufserfahrung“ mit dem

Trend ergänzt.

Alle drei Modelle werden jeweils mit dem ereignisanalytischen

Verfahren der Cox-Regression geschätzt. Der Vorteil der Cox-

Regression liegt darin, dass dieser Ansatz eine große Flexibilität

bietet. Denn das Hauptinteresse besteht darin, die Stärke kausal

bedeutsamer Effekte zu ermitteln. Mit diesem semi-

parametrischen Verfahren ist es möglich, das Gewicht von quali-

tativen und quantitativen Kovariaten zu schätzen, ohne wie bei

den parametrischen Methoden Annahmen über die genaue ma-

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Trendentwicklungen

260

thematische Funktion der Verweildauerabhängigkeit zu treffen

(Blossfeld/Hamerle/Mayer 1986: 137 ff., Yamaguchi 1991: 101 ff.).

Will man die Wirkung des Trends in Jahren statt in Monaten aus-

drücken, so muss auf Grund der log-linearen Formulierung im

Cox-Modell die Formel ((exp ß))12-1)*100% angewendet werden

(vgl. Blossfeld/Hamerle/Mayer 1986: 147 f.). Für eine bessere

Übersicht werden in Tabelle 5 die Entwicklungen der Trends zu-

sätzlich zur monatsgenauen Abbildung in den Tabellen 6 bis 11 für

jeden Zielzustand jahresgenau abgebildet. Die dargestellten

Werte zeigen prozentual ausgedrückte jahresgenaue Verände-

rungen der Zielzustände an. Handelt es sich um einen positiven

Wert, so hat sich die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens eines Er-

eignisses pro Jahr erhöht, handelt es sich um einen negativen

Wert, so hat sich die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Er-

eignisses pro Jahr verringert.

5.3 Ergebnisse der Modellschätzungen

5.3.1 Trendentwicklungen der Destandardisierung und Flexibili-sierung der Erwerbsarbeit

In diesem Abschnitt der Arbeit wird überprüft, ob sich die deskrip-

tiven Ergebnisse auch in den multivariaten Analysen widerspie-

geln und ob eventuelle Veränderungen einen grundsätzlichen

Wandel von Arbeitsmarktinstitutionen indizieren oder ob es sich

um Veränderungen handelt, die konjunkturellen Schwankungen

zuzuschreiben sind.

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Trendentwicklungen

261

In Tabelle 5 werden die Ergebnisse der Trendentwicklungen in

jahresgenauen prozentualen Veränderungen sowie Informationen

über das Signifikanzniveau wiedergegeben. Unterschieden wer-

den Episoden von Ersteinsteinsteigern, die frühestens ab 1985 in

den Arbeitsmarkt eingetreten sind sowie Episoden aller Erwerbs-

tätigen, die ab 1985 beginnen. Die Ergebnisse der Tabellen sind

unterteilt in Flexibilisierungsindikatoren, Aufwärts- sowie Ab-

wärtsmobilität bzw. Chancen und Risiken. In der jeweils ersten

Spalte werden die Entwicklungen des Trends pro Jahr mit Infor-

mationen über das Signifikanzniveau zunächst ohne zusätzliche

Indikatoren der wirtschaftlichen Entwicklung wiedergegeben. In

der zweiten Spalte werden dann die Trends unter Kontrolle der

Arbeitslosenquote und der Veränderung des Bruttoinlandproduk-

tes (BIP) im Vergleich zum Vorjahr abgebildet. Zunächst werden

die Ergebnisse für Ersteinsteiger betrachtet um im nächsten

Schritt zu überprüfen, ob die gewonnenen Erkenntnisse auch für

die Gesamtheit der Erwerbstätigen zutreffen.

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Trendentwicklungen

262

Tabelle 5: Entwicklung des Trends: Jahresgenaue Darstellung für Ersteinstiege undEpisoden ab 1985 mit und ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklung

Ersteinstiege Episoden ab 1985Zielzustand Ohne

Makro-indikatoren

MitMakro-

indikatoren

OhneMakro-

indikatoren

MitMakro-

indikatorenFlexibilisie-rungsindi-

katorenArbeitgeber-

wechsel2,4 % *** 2,4 % * - 2,4 % *** - 1,2 %

Innerbetr.Wechsel

- 3,6 % ** - 6,0 % * - 10,8 % *** - 8,4 % ***

Wechsel inSelbststän-

digkeit

6,0 % ** 6,0 % * 6,0 % ** 6,0 % **

Aufwärts-mobilität/ChancenAufstiegeinsgesamt

- 1,2 % - 1,2 % - 3,6 % *** - 1,2 % +

Arbeitgeber-wechsel Auf-

stiege

0,0 % -1,2 % - 4,8 % *** - 2,4 % *

Innerbetr.WechselAufstiege

- 7,2 % ** - 7,2 % ** - 9,6 % *** - 7,2 % ****

Wiederein-stiege AL

- 1,2 % - 3,6 % - 3,6 % *** - 3,6 % ***

Abwärts-mobilität/RisikenAbstiege

insgesamt9,6 % *** 10,8 % *** 4,8 % *** 8,4 % ***

Arbeitgeber-wechsel Ab-

stiege

4,8 % 6,0 % 2, 4 % 7,2 % ***

Innerbetr.WechselAbstiege

- - 0,0 % 3,6 %

Arbeitslosig-keit

6,0 % *** 3,6 % 3,6 % *** 2,4 %

Signifikanzniveau: + p < 0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Be-rechnungen.

Die multivariaten Ergebnisse für die Ersteinsteiger bestätigen die

deskriptiven Ergebnisse. So nimmt die Wahrscheinlichkeit für Ar-

beitgeberwechsel ebenso wie für Übergänge in Selbstständigkeit

im Laufe der sechzehn untersuchten Jahre signifikant zu. Hinge-

Page 263: Die Destandardisierung und Flexibilisierung der ......Auch meiner Kollegin Alexandra Düntgen möchte ich danken, die inhaltlichen Diskussionen mit ihr haben mir geholfen, meine eige-nen

Trendentwicklungen

263

gen ist bei der Wahrscheinlichkeit für innerbetriebliche Wechsel

ein statistisch nachweisbarer Rückgang zu verzeichnen. Diese

Ergebnisse bleiben auch bestehen, wenn die wirtschaftliche Ent-

wicklung berücksichtigt wird. So zeigt sich keine Veränderung der

Ausprägung des Trends für Übergänge in Selbstständigkeit und

für Arbeitgeberwechsel, während die Wahrscheinlichkeit für inner-

betriebliche Arbeitsplatzwechsel unter Kontrolle der Makroindika-

toren sogar stärker abnimmt. Demzufolge sind Ersteinsteinsteiger

von einer wachsenden Wahrscheinlichkeit für externe Flexibilisie-

rungsmaßnahmen betroffen, während für sie gleichzeitig interne

Maßnahmen weniger wahrscheinlich sind. Diese Entwicklung ist

nicht auf die wirtschaftskonjunkturelle Lage zurückzuführen son-

dern indiziert vielmehr einen grundsätzlichen Wandel.

Insgesamt zeigt sich bezüglich der Chancen innerhalb des Unter-

suchungszeitraums eine negative Veränderung für Ersteinsteiger.

So ist ein - wenn auch nicht signifikanter - sinkender Trend für

Aufstiegschancen insgesamt und für Chancen auf Wiedereinstie-

ge nach Arbeitslosigkeit auszumachen, allerdings ergibt sich kei-

ne Veränderung der Aufstiegswahrscheinlichkeit nach einem Ar-

beitgeberwechsel. Mit einer statistisch nachweisbaren Verände-

rung des Trends von - 7,2 Prozent pro Jahr nimmt die Chance für

innerbetriebliche Aufstiege besonders stark ab.

Der Trend für innerbetriebliche Aufstiege ändert sich auch bei Be-

rücksichtigung der Veränderung des Bruttoinlandsproduktes im

Vergleich zum Vorjahr sowie der Arbeitslosenquote nicht. Das

heißt, unabhängig von der konjunkturellen Entwicklung gibt es ei-

nen Trend, innerbetriebliche Aufstiege zu beschneiden und Mitar-

beiter auch dem Risiko beruflicher Abstiegsmöglichkeiten auszu-

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Trendentwicklungen

264

setzen. Auch die Stärke des Trends für Aufstiege insgesamt wird

von der konjunkturellen Lage nicht beeinflusst, verhält sich aller-

dings nicht signifikant. Dennoch sind in der Tendenz geringere

Wahrscheinlichkeiten für Aufstiege insgesamt zu verzeichnen,

ebenso wie für Aufstiege nach Arbeitgeberwechseln und für Wie-

dereinstiege nach Arbeitslosigkeit. Letztere nehmen unter Kon-

trolle der Makroindikatoren sogar noch stärker ab. Insgesamt zeigt

sich also unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen ein

Trend zu einer abnehmenden Chance für Aufwärtsmobilität (der

allerdings nur für interne Flexibilisierungsmaßnahmen signifikant

ist).

Eine Zunahme ungünstiger Entwicklungen zeigt sich auch bezüg-

lich der Risiken von Ersteinsteigern. So ist die Wahrscheinlichkeit

für Abstiege insgesamt und Übergänge in Arbeitslosigkeit mit fast

zehn bzw. sechs Prozent pro Jahr signifikant gestiegen. Das Risi-

ko für Abstiege nach Arbeitgeberwechseln nimmt ebenfalls relativ

stark zu, die Zunahme ist aber nicht signifikant. Dies ändert sich

auch nicht, wenn die wirtschaftliche Lage kontrolliert wird. Unter

Kontrolle der Wirtschaftsindikatoren steigt die Wahrscheinlichkeit

für Abstiege insgesamt sogar an, während das Arbeitslosigkeitsri-

siko zum einen im Vergleich zum Trend ohne Makroindikatoren

leicht abnimmt und sich zum anderen nicht mehr als signifikant

erweist. Das heißt, dass zwar die Zunahme des Arbeitslosigkeits-

risikos im Wesentlichen durch die wirtschaftskonjunkturelle Ent-

wicklung bestimmt wird, während das Abstiegsrisiko sogar unter

Berücksichtigung der Wirtschaftsentwicklung noch stärker zu-

nimmt.

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Trendentwicklungen

265

Zusammenfassend zeigen die Trendentwicklungen, dass die

Wahrscheinlichkeit externer Flexibilisierungsmaßnahmen für Er-

steinsteiger im Untersuchungszeitraum ungeachtet der konjunktu-

rellen Lage steigt, während die Wahrscheinlichkeit für interne

Maßnahmen abnimmt. Diese Entwicklung bringt für Ersteinsteiger

eine höheres Risiko für Abwärtsmobilität und eine geringere

Chance auf Aufwärtsmobilität mit sich. Beide Entwicklungen ver-

laufen unabhängig von Schwankungen der wirtschaftlichen Ent-

wicklung. Dagegen ist die Erhöhung des Arbeitslosigkeitsrisikos

hauptsächlich konjunkturell bedingt.

Wenn die Betrachtung auf die Episoden der Gesamtheit der Ar-

beitnehmer ausgedehnt wird, werden die für Ersteinsteiger gel-

tenden Beobachtungen weitestgehend bestätigt. Das heißt, ohne

Berücksichtigung des Zensierungsproblems ist diese Entwicklung

nicht auf jüngere Karrieren beschränkt. So erfährt die Wahr-

scheinlichkeit für Übergänge in Selbstständigkeit für die Gesamt-

heit der Erwerbstätigen die gleiche prozentuale Veränderung wie

bei Ersteinsteigern, ein Ergebnis, das auch unter Berücksichti-

gung der Wirtschaftsindikatoren nicht verändert wird. Auch der

Trend für innerbetriebliche Wechsel nimmt für die Gesamtheit der

Erwerbstätigen im Untersuchungszeitraum ab, dabei fällt aller-

dings die Abnahme der Wahrscheinlichkeit für innerbetriebliche

Flexibilisierungsmaßnahmen mit –10,8 Prozent pro Jahr wesent-

lich stärker aus als bei Ersteinsteigern mit –3,6 Prozent pro Jahr.

Während Ersteinsteiger eine zunehmende Wahrscheinlichkeit für

Arbeitgeberwechsel zu verzeichnen haben, sinkt diese hingegen

bei der Gesamtheit der Erwerbstätigen im Zeitverlauf signifikant

ab. Doch dieses Ergebnis relativiert sich, wenn Indikatoren für die

wirtschaftliche Entwicklung in die Analyse einbezogen werden.

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Trendentwicklungen

266

Die Wahrscheinlichkeit eines Arbeitgeberwechsels fällt dann im

Trend nicht mehr ganz so gering aus, erweist sich allerdings nicht

mehr als signifikant. Bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen

Entwicklung sinkt die Wahrscheinlichkeit innerbetrieblicher Wech-

sel zwar leicht, das Ergebnis bleibt aber trotzdem höchstsignifi-

kant. Dies bedeutet, dass die Gesamtheit der Beschäftigten wäh-

rend der untersuchten sechzehn Jahre eine immer genringere

Wahrscheinlichkeit für innerbetriebliche und zwischenbetriebliche

Maßnahmen haben, dafür eine höhere Wahrscheinlichkeit für

Übergänge in Selbstständigkeit aufweist.

Bringen diese Entwicklungen eine Veränderung von Chancen und

Risiken für die Gesamtheit der Beschäftigten mit sich? Im Ver-

gleich zu Ersteinsteigern verhalten sich die Ergebnisse der Trends

für Aufwärtsmobilität der Episoden ab 1985 alle höchstsignifikant

negativ, sowohl bei Analysen mit als auch ohne Wirtschaftsindi-

katoren. Die Hinzuziehung der Arbeitslosenquote und der Verän-

derung des Bruttoinlandproduktes schwächt die Entwicklung der

Trends außer bei der Wahrscheinlichkeit für Wiedereinstiege nach

Arbeitslosigkeit etwas ab, dennoch bleiben die Ergebnisse signifi-

kant. Das bedeutet, dass zwar die zunehmende Wahrscheinlich-

keit für eine Reduzierung der Aufwärtsmobilität zum Teil auf die

wirtschaftliche Lage zurückzuführen ist, dass aber auch unabhän-

gig von der konjunkturellen Entwicklung die Chance auf Auf-

wärtsmobilität für die Gesamtheit der Erwerbstätigen im Zeitver-

lauf signifikant abgenommen hat.

Bei den Indikatoren für Abwärtsmobilität bzw. Risiken haben für

die Gesamtheit der Erwerbstätigen im Untersuchungszeitraum

das Arbeitslosigkeitsrisiko sowie die Wahrscheinlichkeit für Ab-

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Trendentwicklungen

267

stiege insgesamt und für Abstiege bei Arbeitgeberwechsel signifi-

kant zugenommen. Während bezüglich des Risikos für innerbe-

triebliche Abstiege keine Veränderung des Trends ermittelt wurde,

so nimmt das Risiko für Abstiege bei Arbeitgeberwechsel zwar

nicht signifikant, aber doch in der Tendenz zu. Die Berücksichti-

gung der Makroindikatoren führt zu folgenden Ergebnissen: Wäh-

rend die Risiken für Abstiege insgesamt, für Abstiege bei Arbeit-

geberwechsel und für Abstiege bei innerbetrieblichen Wechseln

signifikant höher ausfallen als ohne Kontrolle der wirtschaftlichen

Entwicklung, nimmt das Arbeitslosigkeitsrisiko leicht ab und fällt

zudem nicht mehr signifikant aus. Wie bei Ersteinsteigern ist dies

ein Zeichen dafür, dass die Zunahme des Risikos von Übergän-

gen in ungewollte Erwerbslosigkeit auf die wirtschaftliche Lage

zurückzuführen ist, während die Wahrscheinlichkeit für Abstiege

insgesamt und für Abstiege nach Arbeitgeberwechseln auch un-

geachtet der konjunkturellen Lage zunimmt.

Zusammenfassend hat sich also gezeigt, dass die Reduzierung

von Chancen und die Zunahme von Risiken größtenteils nicht auf

wirtschaftskonjunkturelle Faktoren, sondern auf einen grundsätzli-

chen Wandel der Arbeitsmarktinstitutionen zurückzuführen ist.

Daher ist Hypothese 8 zu verifizieren. Allein das Arbeitslosigkeits-

risiko ist im Beobachtungszeitraum primär auf die wirtschaftliche

Entwicklung zurückzuführen. In den deskriptiven Ergebnissen

zeigt sich eine Zunahme der Destandardisierung allerdings erst

ab Mitte der neunziger Jahre.

Der Vergleich der beiden Gruppen hat außerdem ergeben, dass

Ersteinsteiger – im Gegensatz zur Gesamtheit der Erwerbstätigen

– zwischen 1985 und 2000 zunehmend von externen Maßnahmen

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Trendentwicklungen

268

erfasst werden. Das heißt, dass sich die leichte Zunahme von Ar-

beitgeberwechseln bei älteren Beschäftigten mit zehn bis zwanzig

und mehr als zwanzig Jahren Berufserfahrung, die sich in den de-

skriptiven Ergebnissen gezeigt hat, in den multivariaten Ergebnis-

sen nicht niedergeschlagen hat. Die Gesamtheit der Erwerbstäti-

gen muss dagegen mehr als die Gruppe der Ersteinsteiger von

einer sinkenden Wahrscheinlichkeit für innerbetriebliche Flexibili-

sierung ausgehen. Bei der Wahrscheinlichkeit für Übergänge in

Selbstständigkeit ist für die beiden Gruppen kein Unterschied

festzustellen, die bei beiden im Laufe der Untersuchung signifi-

kant zugenommen hat. Zudem hat die Gesamtheit der Erwerbstä-

tigen eine geringere Chance auf Aufwärtsmobilität erfahren, wäh-

rend Ersteinsteiger ein höheres Risiko für Abwärtsmobilität in Kauf

nehmen müssen.

5.3.2 Betrachtung sozialer Differenzierungen zwischen Beschäf-tigtengruppen

Die nachfolgenden Tabellen 6 bis 11 enthalten die Ergebnisse der

Cox-Regressionen für die Stichprobe der Ersteinstiege und der

Episoden ab 1985 für Flexibilisierungsindikatoren sowie für Auf-

wärts- und Abwärtsmobilität. Bezüglich der Fragen, ob es im Ver-

lauf der untersuchten sechzehn Jahre zu einer Destandardisie-

rung der Erwerbsarbeit gekommen ist und welche Konsequenzen

sich daraus für das Gefüge sozialer Ungleichheiten ergeben ha-

ben, stellen die Beobachtung der Trendentwicklungen sowie der

Interaktionseffekte mit dem Trend die wichtigsten Analyseergeb-

nisse dar. Die Ergebnisse zu sozialer Ungleichheit ohne Berück-

sichtigung der Trendentwicklung werden ebenfalls vorgestellt, um

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Trendentwicklungen

269

eine Basis für einen Vergleich mit den Ergebnissen für die Ver-

schiebungen der Chancen und Risiken bei verschiedenen Be-

schäftigtengruppen im Zeitverlauf vorliegen zu haben.

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Trendentwicklungen

270

Tabelle 6: Flexibilisierungsindikatoren: Cox-Regressionen für Arbeitgeberwechsel,innerbetriebliche Wechsel und Übergänge in Selbstständigkeit für Ersteinstiege

Arbeitgeber-wechsel

Innerbetrieb-licheWechsel

ÜbergängeSelbstän-digkeit

Fach-/Vorarbeiter/Meister Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angestellte 1.169 1.920 * 3.457 **Qual. Angest./Werksmeister 1.142 1.922 ** 2.312 +Einfache Angestellte 0.888 1.092 1.802Un-/angelernte Arbeiter 0.771 ** 0.794 0.599Beamte 0.643 + 2.079 ** 2.196+

Teilzeit Ref. Ref. Ref.Vollzeit 1.147 1.296 0.965

Frauen Ref. Ref. Ref.Männer 1.202 ** 1.178 4.220 ***

Großunternehmen Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen 1.759 *** 0.317 *** 6.358 ***Mittelgr. Unternehmen 1.211 + 0.595 ** 0.661

Betriebsdauer 0.967 0.989 *** 0.987 **

Berufserfahrung 0.991 *** 0.987 *** 0.991 *

Ausländer Ref. Ref. Ref.Deutsche 1.258 ** 2.062 ** 1.281

Produktion Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 0.995 2.103 17.907Handel 1.007 1.017 0.766Verkehr 1.022 0.780 1.470Wirtschaftsnahe Dienstleistl. 0.810 * 0.983 1.392Öffentlicher Dienst 0.762 ** 1.255 0.660Soz. Dienstleistungen 0.774 + 0.304 * 0.536

Trend 1.002 *** 0.997 ** 1.005 **

Ereignisse 963 257 52Episoden 5673 5673 5673Df 19 19 19- 2 LL 15300 3968 795Signifikanz *** *** ***

Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

271

Tabelle 7: Aufwärtsmobilität/Chancen: Cox-Regressionen für Aufstiege insgesamt,Aufstiege bei Arbeitgeberwechsel, Aufstiege bei innerbetrieblichem Wechsel undWiedereinstiege nach Arbeitslosigkeit für Ersteinstiege

AufstiegeInsgesamt

Aufstiege Ar-beitgeber-wechsel

AufstiegeInnerbetr.Wechsel

Wieder-einstiege

Fach-/Vorarb./Meister Ref. Ref. Ref. Ref.Hochqual.Angest. 1.003 1.109 1.546 1.169Qual. Angest./Werksm. 1.172 1.302 1.499 0.988Einf. Angestellte 0.826 0.984 0.921 1.021Un-/angelern. Arb. 0.674 ** 0.618 ** 0.814 0.868Beamte 1.248 0.696 1.778 0.764

Teilzeit Ref. Ref. Ref. Ref.Vollzeit 0.371 *** 1.070 0.784 0.909

Frauen Ref. Ref. Ref. Ref.Männer 1.193 * 1.298 * 0.856 0.993

Großunternehmen Ref. Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen 1.163 2.001 *** 1.201 *** 0.571 **Mittelgr. Unternehmen 0.993 1.371 0.548 ** 0.635 *

Betriebsdauer 0.977 *** 0.973 *** 0.986 *** 0.995 **

Berufserfahrung 0.988 *** 0.988 *** 0.987 *** 0.998 ***

Ausländer Ref. Ref. Ref. Ref.Deutsche 1.238 * 1.224 2.863 * 1.119

Produktion Ref. Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 1.421 0.806 0.000 2.108Handel 1.028 0.943 1.248 0.911Verkehr 1.212 1.078 1.031 1.073Wirtschaft. Dienstl. 0.987 0.747 1.164 0.853Öffentlicher Dienst 0.981 0.638 * 1.393 1.175Soz. Dienstleistungen 0.771 0.581 0.014 0.047

Trend 0.999 1.000 0.994 ** 0.999

Ereignisse 801 312 84 336Episoden 5673 5396 5673 362Df 19 19 19 19- 2 LL 12490 4849 1275 3371Signifikanz *** *** *** **

Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

272

Tabelle 8: Abwärtsmobilität/Risiken: Cox-Regressionen für Abstiege insgesamt, Ab-stiege bei Arbeitgeberwechsel und Übergänge in Arbeitslosigkeit für Ersteinstiege

AbstiegeInsgesamt

Abstiege Ar-beitgeber-wechsel

Übergänge Ar-beitslosigkeit

Fach-/Vorarb./Meister Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angest. 0.626 * 0.344 0.558Qual. Angest./Werksmeister 0.996 0.537 0.892Einf. Angestellte 0.911 0.594 0.784Un-/angelern. Arb. 1.786 1.787 2.061Beamte 0.678 0.194 0.672

Teilzeit Ref. Ref. Ref.Vollzeit 0.691 * 0.957 1.379

Frauen Ref. Ref. Ref.Männer 0.871 0.905 1.227

Großunternehmen Ref. Ref. Ref.Kl. Unternehmen 1.264 + 1.932 * 1.938 ***Mittelgr. Unternehmen 0.947 0.914 1.470+

Betriebsdauer 0.981 *** 0.961 *** 0.971 ***

Berufserfahrung 0.992 *** 0.993 *** 0.994***

AusländerDeutsche 0.956 0.073 0.664 **

Produktion Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 1.547 4.462 1.295Handel 1.200 1.308 ** 1.024Verkehr 1.451 1.417 0.714Wirtschaftsnahe Dienstleist. 0.753 0.642 0.697Öffentlicher Dienst 0.949 1.102 1.317Soz. Dienstleistungen 0.972 1.118 0.502

Trend 1.008 *** 1.004 1.005 ***

Ereignisse 365 86 303Episoden 5396 5396 5673Df 19 19 19- 2 LL 5592 1322 4751Signifikanz *** *** ***

Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

273

Tabelle 9: Flexibilisierungsindikatoren: Cox-Regressionen für Arbeitgeberwechsel,innerbetriebliche Wechsel und Übergänge in Selbstständigkeit für Episoden ab 1985

Arbeitgeber-wechsel

Innerbetriebl.Wechsel

ÜbergängeSelbstständig-keit

Fach-/Vorarbeiter/Meister Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angestellte 1.171 + 2.091 *** 3.060 ***Qual. Angest./Werksmeister 1.051 1.594 ** 1.735 *Einfache Angestellte 0.806 ** 0.936 1.139Un-/angelernte Arbeiter 0.816 ** 0.770 + 0.685Beamte 0.705 * 2.288 *** 1.507

Teilzeit Ref. Ref. Ref.Vollzeit 0.994 1.170 0.573 *

Frauen Ref. Ref. Ref.Männer 1.195 ** 1.057 3.827

Großunternehmen Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen 1.868 *** 0.335 *** 2.874 ***Mittelgr. Unternehmen 1.153 + 0.696 *** 0.941

Betriebsdauer 0.979 *** 0.997 *** 0.985 ***

Berufserfahrung 0.997 *** 0.996 *** 0.998 **

Ausländer Ref. Ref. Ref.Deutsche 1.307 *** 1.555 ** 1.315

Produktion Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 1.113 1.058 3.258 *Handel 1.017 0.816 1.087Verkehr 1.310 * 0.761 1.052Wirtschaftsnahe Dienstleist. 0.864 + 0.898 1.261Öffentlicher Dienst 0.828 + 1.152 0.572 +Soz. Dienstleistungen 0.679 ** 0.528 * 1.021

Trend 0.998 *** 0.991 *** 1.005 **

Ereignisse 2141 802 165Episoden 15471 15471 15471Df 19 19 19- 2 LL 38492 14255 2865Signifikanz *** *** ***

Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

274

Tabelle 10: Aufwärtsmobilität/Chancen: Cox-Regressionen für Aufstiege insgesamt,Aufstiege bei Arbeitgeberwechsel, Aufstiege bei innerbetrieblichen Wechseln undWiedereinstiege nach Arbeitslosigkeit für Episoden ab 1985

AufstiegeInsgesamt

Aufstiege Ar-beitgeb-erwechsel

AufstiegeInnerbetr.Wechsel

Wieder-einstiege

Fach-Vorarbeiter/Meister Ref. Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angestellte 1.289 * 1.278 + 2.534 *** 1.287Qual. Angest./Werksm. 1.187 + 1.164 2.053 ** 1.213Einfache Angestellte 0.867 0.909 1.259 1.037Un-/angelernte Arbeiter 0.819 * 0.734 ** 0.779 0.913Beamte 1.489 ** 0.585 + 3.174 *** 1.152

Teilzeit Ref. Ref. Ref. Ref.Vollzeit 0.337 *** 0.794 + 0.839 0.998

Frauen Ref. Ref. Ref. Ref.Männer 1.081 1.211 * 0.981 0.942

Großunternehmen Ref. Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen 0.344 *** 1.789 *** 0.311 *** 0.905Mittelgr. Unternehmen 1.086 1.118 0.733 *** 1.007

Betriebsdauer 0.990 *** 0.980 *** 0.994 *** 0.997***

Berufserfahrung 0.997 *** 0.996 *** 0.996 *** 0.999 ***

Ausländer Ref. Ref. Ref. Ref.Deutsche 1.134 + 1.229 * 2.103 ** 1.253 **

Produktion Ref. Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 1.190 0.474 0.683 0.836Handel 0.961 0.976 0.672 + 0.864Verkehr 1.077 1.293 0.611 0.903Wirtschaftsnahe Dienstl. 0.909 0.880 0.633 * 0.810Öffentlicher Dienst 0.939 0.810 + 0.759 0.637 ***Soz. Dienstleistungen 0.598 *** 0.578 ** 0.223 0.839

Trend 0.997 *** 0.996 *** 0.992 *** 0.997 ***

Ereignisse 1996 696 246 880Episoden 15471 15434 15471 960Df 19 19 19 19- 2 LL 35349 11335 4307 10546Signifikanz *** *** *** ***

Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

275

Tabelle 11: Abwärtsmobilität/Risiken: Cox-Regressionen für Abstiege insgesamt,Abstiege bei Arbeitgeberwechsel, Abstiege bei innerbetrieblichem Wechsel undÜbergänge in Arbeitslosigkeit für Episoden ab 1985

AbstiegeInsge-samt

Abstiege Ar-beitgeber-wechsel

AbstiegeInnerbetr.Wechsel

ÜbergängeArbeits-losigkeit

Fach-/Vorarb./Meister Ref. Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angestellte 0.195 0.555 0.817 * 0.766Qual. Angest./Werksm. 0.931 0.597 0.951 0.854Einfache Angestellte 0.802 + 0.988 * 0.940 0.848Un-/angelernte Arbeiter 1.881 1.105 1.206 1.608 ***Beamte 0.614 * 0.383 * 0.562 0.417 **

Teilzeit Ref. Ref. Ref. Ref.Vollzeit 0.710 *** 1.091 1.237 1.644 ***

Frauen Ref. Ref. Ref. Ref.Männer 0.736 *** 0.935 0.807 1.010

GroßunternehmenKleine Unternehmen 1.640 *** 2.122 *** 0.609 2.207 ***Mittelgr. Unternehmen 1.245 + 1.095 1.645 1.486 ***

Betriebsdauer 0.992 *** 0.986 *** 0.995 * 0.991 ***

Berufserfahrung 0.998 *** 0.998 ** 0.999 1.001 ***

Ausländer Ref. Ref. Ref. Ref.Deutsche 1.181 + 0.865 ** 0.184 0.677 ***

Produktion Ref. Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 0.888 1.801 3.579 0.971Handel 0.995 0.958 0.762 1.074Verkehr 1.354 + 1.236 4.090 0.797Wirtschaftsnahe Dienstl. 0.835 + 0.804 0.860 0.741 *Öffentlicher Dienst 1.101 0.949 1.684 0.972Soz. Dienstleistungen 0.805 1.018 0.871 0.688 *

Trend 1.004 *** 1.002 1.000 1.003 ***

Ereignisse 1050 262 56 913Episoden 15134 14919 14919 15471Df 19 19 19 19- 2 LL 18309 4587 967 16087Signifikanz *** *** *** ***

Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p< 0.05; ** p < 0.01; *** p< 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

Im Folgenden werden als erstes die Ergebnisse für die Betrach-

tung sozialer Differenzierungen zwischen unterschiedlichen Be-

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Trendentwicklungen

276

schäftigtengruppen ohne Berücksichtigung der Trendentwicklung

vorgestellt.

(a) Berufsklassen

Sowohl bezogen auf die Gesamtheit aller Erwerbstätigen als auch

auf Ersteinsteiger ist auffällig, dass zwischen höhergestellten Er-

werbstätigen (Hochqualifizierte Angestellte, Industrie- und

Werksmeister und qualifizierte Angestellte) und der Gruppe der

Niedriggestellten (einfache Angestellte sowie un- bzw. angelernte

Arbeiter) gravierende Unterschiede bezüglich der Wahrscheinlich-

keit für interne und externe Flexibilisierungsmaßnahmen beste-

hen. So haben Höhergestellte hinsichtlich Arbeitgeberwechseln,

innerbetrieblichen Wechseln und Übergängen in Selbstständigkeit

ungeachtet der Trendentwicklung eine deutlich höhere Wahr-

scheinlichkeit aufzuweisen als Niedriggestellte.

Bei beiden Stichproben weist die Gruppe der Beamten im Ver-

gleich zu den übrigen Berufsklassen die größte Wahrscheinlich-

keit für einen innerbetrieblichen Wechsel auf. Dies ist ein Zeichen

dafür, dass in der Privatwirtschaft im Vergleich zum öffentlichen

Dienst interne Flexibilisierungsmaßnahmen weniger häufig zum

Einsatz kommen. Andererseits haben Beamte die geringste

Wahrscheinlichkeit für externe Arbeitsplatzwechsel. Zudem grün-

den Beamte aus der Stichprobe der Ersteinstiege deutlich häufi-

ger eine Selbstständigkeit als Beamte der Stichprobe der Episo-

den ab 1985.

Die Risiken für berufliche Abstiege sowohl bei Arbeitgeberwech-

seln als auch bei innerbetrieblicher Mobilität fallen für Beamte be-

sonders gering aus. Auch von den übrigen Indikatoren für Ab-

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Trendentwicklungen

277

wärtsmobilität sind Beschäftigte im öffentlichen Dienst im Ver-

gleich zu anderen Berufsklassen in nur sehr geringem Ausmaß

betroffen. Vor allem in Bezug auf Arbeitslosigkeit fällt das Risiko

sowohl bei Ersteinsteigern als auch für die Gesamtheit der Be-

schäftigten relativ gering aus, da Beamten nur im Ausnahmefall

gekündigt werden kann. Zudem haben Beamte bei innerbetriebli-

chen Arbeitsplatzwechseln im Vergleich zu den übrigen Berufs-

klassen eine höhere Chance auf Aufstiege. Diese Erkenntnis trifft

in besonders starkem Maße für die Gesamtheit der Erwerbstäti-

gen zu, bei Ersteinsteigern hat ist diese Chance kleiner geworden.

Verzeichnet die Gruppe der Beamten hingegen externe Wechsel,

so kann sie seltener als andere Gruppen mit Aufwärtsmobilität

rechnen.

Bei den übrigen Berufsklassen gilt ohne Berücksichtigung des

Trends von Aufwärts- und Abwärtsmobilität, dass je höher die er-

reichte berufliche Stellung ausfällt, desto geringer ist die Wahr-

scheinlichkeit, von Abwärtsmobilität betroffen zu sein. Die Gruppe

der Höherpositionierten hat gegenüber der Gruppe der Niedrigpo-

sitionierten eine deutlich bessere Chance auf Aufwärtsmobilität.

Die Chancen aller Berufsklassen auf berufliche Aufstiege fallen für

Ersteinsteiger im Vergleich zur Gesamtheit der Erwerbstätigen

ungeachtet des Trends allerdings geringer aus.

(b) Geschlecht, (c) Erwerbsstatus und (d) Nationalität

Deutsche Arbeitnehmer haben ohne Berücksichtigung der Trends

eine höhere Wahrscheinlichkeit für Flexibilität als ausländische

Beschäftigte. Besonders die Wahrscheinlichkeit für Arbeitgeber-

wechsel ist bei der Gesamtheit der deutschen Beschäftigten hö-

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Trendentwicklungen

278

her als bei der Gesamtheit der ausländischen Beschäftigten im

Vergleich zur Gruppe der Ersteinsteiger. Hingegen weisen deut-

sche Ersteinsteiger eine höhere Wahrscheinlichkeit für interne

Wechsel auf als deutsche Arbeitnehmer der Episoden ab 1985.

Die höhere Wahrscheinlichkeit für Mobilität hat für deutsche Ar-

beitnehmer im Vergleich zu ausländischen Arbeitskräften aller-

dings positivere Auswirkungen. Ausländer sind erwartungsgemäß

einem höheren Risiko für Abwärtsmobilität ausgesetzt, während

deutsche Arbeitnehmer im Gegensatz zu ihren ausländischen

Kollegen eine höhere Chance auf Aufwärtsmobilität haben.

Auch die Untersuchung der unterschiedlichen Arbeitsmarktmobi-

lität von Männern und Frauen führt ohne Berücksichtigung des

Trends zu eindeutigen Ergebnissen. So haben Männer im Ver-

gleich zu Frauen eine höhere Wahrscheinlichkeit für Arbeitgeber-

und innerbetriebliche Wechsel sowie für Übergänge in Selbst-

ständigkeit. Besonders auffällig ist die Höhe der Wahrscheinlich-

keit für einen Übergang in Selbstständigkeit. Bei Episoden ab

1985 fällt diese bei den Männern dreimal, bei männlichen Erstein-

steigern sogar viermal höher aus als für weibliche Erwerbstätige.

Zudem sind in der Regel Männer weniger vom Risiko beruflicher

Abstiege betroffen als Frauen. Obwohl Frauen ein geringeres Ri-

siko für Übergänge in Arbeitslosigkeit aufweisen, wurde an Hand

von Häufigkeitszählungen kontrolliert, dass Frauen nach einer

Erwerbsphase oft wieder in die Hausfrauenrolle gewechselt sind

obwohl anzunehmen ist, dass sie lieber im Erwerbsleben geblie-

ben wären. Sie ziehen aber diesen Rückzug einer Arbeitslosen-

meldung vor und gehen daher öfter in die „Stille Reserve“ ein als

Männer. Daher gilt also zusammenfassend, dass Frauen häufiger

von Arbeitsmarktrisiken betroffen sind als Männer.

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Trendentwicklungen

279

Ein ähnliches Erklärungsmuster gilt bezüglich der Wahrschein-

lichkeit für Abwärtsmobilität von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten.

Teilzeitbeschäftigte (in der Regel Frauen, vgl. Abbildung 28) ha-

ben den Ergebnissen zu Folge ein geringeres Arbeitslosigkeitsri-

siko zu verzeichnen als Beschäftigte in Vollzeit. Bei diesem wie

bei anderen beruflichen Risiken sollte allerdings berücksichtigt

werden, dass sich Teilzeitbeschäftigte, bevor sie einen finanziellen

Abstieg in Kauf nehmen, wahrscheinlich eher (kurz- oder auch

langfristig) aus dem Erwerbsleben zurückziehen.

(e) Unternehmensgröße

Den Ergebnissen nach haben Beschäftigte kleiner Unternehmen

ohne Berücksichtigung des Zeitverlauf eine geringere Wahr-

scheinlichkeit für interne Flexibilisierungsmaßnahmen als Angehö-

rige mittlerer und großer Firmen. Demnach sind es in der Regel

die Beschäftigten großer Konzerne, die von Einkommens- und

Arbeitszeitumverteilungen sowie Umdisponierung von Arbeitsplät-

zen betroffen sind. Angehörige kleiner Firmen haben allerdings

eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit für externe Wechsel, be-

sonders für Übergänge in Selbstständigkeit. Dies gilt für beide

Stichproben.

Dass die in kleinen Unternehmen im Vergleich zu Großunterneh-

men verbreiteteren externen Flexibilisierungsmaßnahmen mehr

zu Lasten der dort Beschäftigten verlaufen, zeigen die Ergebnisse

zur Abwärtsmobilität. Bei allen beruflichen Verschlechterungen auf

Grund externer Maßnahmen sind Angestellte kleiner Unterneh-

men stärker betroffen als Beschäftigte in großen Firmen. Auch

Beschäftigten in mittelgroßen Unternehmen sind stärker betroffen

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Trendentwicklungen

280

als Beschäftigte in großen Konzernen, vor allem durch ein erhöh-

tes Arbeitslosigkeitsrisiko. Diese Risiken treffen dabei sowohl Be-

rufseinsteiger als auch die Gesamtheit der Erwerbstätigen. Da in

kleinen Unternehmen überhaupt wenig interne Wechselmöglich-

keiten bestehen, fallen die Chancen für Aufstiege bei internen

Strategien für die Gesamtheit der Erwerbstätigen im Vergleich zu

den Chancen für berufliche Verbesserungen in Großunternehmen

gering aus.

Zunächst mag es erstaunlich erscheinen, dass Beschäftigte klei-

ner und mittlerer Unternehmen neben einer höheren Wahrschein-

lichkeit für Abwärts- auch mehr Aufwärtsmobilität verzeichnen. Da

aber angenommen werden kann, dass die Verdienstaussichten in

kleinen Unternehmen niedriger ausfallen als in großen Konzer-

nen, und ein Wechsel aus einem kleinen Betrieb in einen größe-

ren in der Regel mit Einkommensverbesserungen verbunden ist,

ist es nachvollziehbar, dass es bei einem Wechsel aus einem

kleinen Betrieb in einen größeren zu einer erhöhten Chance auf

Aufwärtsmobilität kommt. Allerdings muss erwähnt werden, dass

nicht untersucht wurde, welchen Anteil dabei Übergänge von klei-

nen in große Unternehmen haben.

(f) Betriebszugehörigkeitsdauer und (g) Berufserfahrung

Sowohl für die Gesamtheit der Erwerbstätigen als auch für Er-

steinsteiger gilt ohne Berücksichtigung der Trendentwicklung,

dass längere Betriebszugehörigkeit und längere Berufserfahrung

das Risiko verringern, von externen und internen Flexibilisie-

rungsmaßnahmen erfasst zu werden. Besonders stark vermindert

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Trendentwicklungen

281

sich mit steigender Betriebszugehörigkeitsdauer die Wahrschein-

lichkeit eines Arbeitgeberwechsels.

Externe Flexibilisierungsmaßnahmen sind für Ersteinsteiger mit

zunehmender Betriebszugehörigkeitsdauer und Berufserfahrung

mit sinkenden Risiken für Abstiege bei Arbeitgeberwechsel und

für Arbeitslosigkeit sowie für allgemeine Abstiege verbunden. An-

ders sieht es aus für die Gesamtheit der Erwerbstätigen. Zwar

nehmen alle Risiken der Abwärtsmobilität ab, je länger ein Arbei-

ter oder Angestellter zur Belegschaft eines Unternehmens gehört,

auch sinken die Risiken für berufliche Abstiege bei externem Ar-

beitsplatzwechsel. Doch je länger der Eintritt in das erste Be-

schäftigungsverhältnis zurückliegt, desto höher ist die Wahr-

scheinlichkeit des Eintritts in Arbeitslosigkeit.

Eine längere Betriebszugehörigkeitsdauer und eine längere Be-

rufserfahrung haben im Vergleich zu Ersteinsteigern für die Ge-

samtheit der Erwerbstätigen einen stärkeren negativen Einfluss,

denn die Wahrscheinlichkeit für jegliche Art von Abwärtsmobilität

fällt bei diesen Beschäftigungsmerkmalen für die Gesamtheit der

Erwerbstätigen höher aus als für Ersteinsteiger. Allerdings müs-

sen die Ergebnisse relativiert werden, denn auf Grund der kürze-

ren Erwerbsbiographie Jüngerer können Ereignisse wie unge-

wollte Erwerbslosigkeit im Vergleich zu Älteren noch nicht so häu-

fig aufgetreten sein.

(h) Branchen

Vor allem der erste Sektor ist, zunächst ohne Berücksichtigung

des Trends, von einer steigenden Wahrscheinlichkeit für Flexibili-

sierungsmaßnahmen betroffen, das gilt für Ersteinsteiger noch

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Trendentwicklungen

282

mehr als für die Gesamtheit der Erwerbstätigen. Dies zeigt sich

besonders deutlich bei der Wahrscheinlichkeit für Übergänge in

Selbstständigkeit. Diese Übergänge sind für Landwirte, Bergar-

beiter und Beschäftigte in der Fischereiwirtschaft mit beruflichen

Abstiegen verbunden. Die einzige Chance auf Aufwärtsmobilität

ergibt sich Beschäftigte im ersten Sektor bei einem Wechsel in

eine andere Branche. Von Risiken für berufliche Verschlechterun-

gen sind Beschäftigte des ersten Sektors allgemein besonders

betroffen, das gilt für alle Arten von Abwärtsmobilität, wobei im

Gegensatz zur Gesamtheit der Erwerbstätigen die Ersteinsteiger

des ersten Sektors besonders betroffen sind.

Gesamtbetrachtung

Für beide Stichproben haben sich mehrere der bisherigen Ergeb-

nisse der Ungleichheitsforschung bestätigt: Zum einen gilt, je hö-

her die berufliche Positionierung ausfällt, desto geringer ist das

Risiko für Abwärtsmobilität und desto höher die Chance auf Auf-

wärtsmobilität. Auch schützen eine längere Betriebszugehörigkeit

und eine längere Berufserfahrung vor Abstiegsrisiken, ebenso wie

eine Beschäftigung in einem großen Unternehmen im Gegensatz

zu einer Anstellung in einem kleinen Betrieb vor Risiken bewahrt.

Zum anderen gelten Frauen gegenüber Männern und damit Teil-

zeitbeschäftigte gegenüber Vollzeiterwerbstätigen sowie ausländi-

sche Arbeitnehmer gegenüber deutschen Arbeitskräften auf dem

Arbeitsmarkt als benachteiligt.

Im Wesentlichen bestätigen die Ergebnisse zur sozialen Differen-

zierung (ohne die Berücksichtigung der Trendentwicklung) die

vermuteten Zusammenhänge von Chancen und Risiken mit den

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Trendentwicklungen

283

sozio-kulturellen Beschäftigungsmerkmalen. Für die erste Stich-

probe erkennt man die stabilisierende Wirkung längerer Beschäf-

tigungsdauern, die sich allerdings nicht nur in abnehmenden Risi-

ken sondern auch im Ausbleiben von Chancen niederschlagen.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass in diesen Modellen nur

Ersteinsteiger betrachtet wurden, das heißt, deren Betriebszuge-

hörigkeits- und Beschäftigungsdauern sind generell niedrig. Wei-

terhin erweisen sich Kleinbetriebe gegenüber großen Konzernen

für Beschäftigte als risikoreicher. Dabei müssen Beschäftigte klei-

ner Unternehmen weniger mit internen, dafür aber mit vermehrt

mit externen Flexibilisierungsmaßnahmen rechnen, wobei letztere

eher Risiken mit sich bringen. Von Chancen können Mitarbeiter

kleiner Betriebe bei einem Übergang in ein großes Unternehmen

ausgehen. Überraschen können am ehesten die Ergebnisse für

die Gruppe der Beamten: Für Beamte sind innerbetriebliche Auf-

stiege ohne Berücksichtigung des Trends wahrscheinlicher als für

andere Berufsklassen, ein Indiz dafür, dass es im Beobachtungs-

zeitraum auf den internen Arbeitsmärkten der Privatwirtschaft hin-

sichtlich Aufstiegschancen ohne Berücksichtigung der Trendent-

wicklung wenig Bewegung gegeben hat.

Werden die Ergebnisse für die Episoden aller Arbeitnehmer be-

trachtet, die unabhängig vom Ersteinstieg in den Arbeitsmarkt frü-

hestens ab 1985 begonnen haben, so ergeben sich einige Verän-

derungen, auch ohne zu berücksichtigen, dass auf Grund der hö-

heren Fallzahl mehr Koeffizienten signifikant sind. Die Muster der

Zusammenhänge unterscheiden sich jedoch nur in wenigen, leicht

nachvollziehbaren Punkten: So ist zum einen eine längere Be-

rufserfahrung nicht mehr mit einem niedrigeren, sondern einem

höheren Risiko für einen Übergang in Arbeitslosigkeit verbunden.

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Trendentwicklungen

284

Zum anderen sind kleine Unternehmen jetzt mit niedrigen inner-

betrieblichen Aufstiegschancen verbunden statt mit hohen. Dies

könnte darauf zurückzuführen sein, dass Ersteinsteiger verstärkt

in Betrieben tätig sind, die sich in der Wachstumsphase befinden.

Die bereits vorliegenden Forschungsergebnisse zu sozialer Un-

gleichheit haben sich also bestätigt. So haben Kurz und Steinha-

ge (2001) (zwar nur für Berufsanfänger) ermittelt, dass sich für

Arbeiter ökonomische Unsicherheiten kumulieren und auch

Schreyers Ergebnisse (2001) ergaben, dass Personen ohne for-

malen Bildungsabschluss eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen

Übergang in unsichere Beschäftigungsverhältnisse aufweisen.

Bestätigt wurden die theoretischen Vermutungen von Breen

(1997) über eine Benachteiligung der unteren Gruppe des Gold-

thorpe-Klassenschemas als auch von Gallie et al. (1998), in deren

Untersuchung vor allem ungelernte Arbeiter angaben, innerhalb

des nächsten Monats von einer Entlassung bedroht zu sein.

Dass Frauen im Gegensatz zu Männern mehr mit beruflichen Ab-

stiegen konfrontiert werden, bestätigen beispielsweise auch Kurz

und Steinhage (2001) sowie Schreyer (2001). Die Karrierechan-

cen, von denen Hüning und Nickel (1998) sowie Nickel, Völker

und Hüning (1999) für qualifizierte Frauen ausgehen, konnten mit

den verschiedenen Modellen nicht ermittelt werden.

Im Zentrum des Interesses stehen aber nicht schon bekannte

Verteilungen sozialer Differenzierungen, sondern die Veränderun-

gen im Gefüge sozialer Ungleichheiten im Zeitverlauf der be-

trachteten sechzehn Jahre von 1985 bis 2000 unter dem Einfluss

der Destandardisierung der Erwerbsarbeit. Ist es im Untersu-

chungszeitraum zu einer einseitigen Risikoverlagerung gekom-

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Trendentwicklungen

285

men, in der ausschließlich eine Gruppe von einer Zunahme von

Chancen profitiert während eine andere Gruppe von einer Zu-

nahme von Risiken betroffen ist oder werden Chancen und Risi-

ken im Rahmen der Destandardisierung zunehmend gleichmäßi-

ger verteilt? Anschließend werden die Konsequenzen dieser Ent-

wicklungen für die Verteilung sozialer Ungleichheiten im Zeitver-

lauf betrachtet.

5.3.3 Verschiebungen der Chancen und Risiken für verschiedeneBeschäftigtengruppen im Zeitverlauf

Betreffen die zunehmenden Risiken und die abnehmenden Chan-

cen, die bei der Betrachtung der Trendentwicklung (Abschnitt

5.3.1) ermittelt wurden, alle Erwerbstätigen in gleichem Ausmaß,

oder sind bestimmte Gruppen zwischen 1985 und 2000 von die-

sen Entwicklungen besonders betroffen? Um diese Frage beant-

worten zu können, werden im Folgenden die Interaktionen von

Beschäftigungsmerkmalen mit dem Trend betrachtet. Dabei wird

wieder nach Ersteinsteigern und der Gesamtheit der abhängig

beschäftigten Arbeitnehmer unterschieden. In den Tabellen 12 bis

17 sind die bekannten Modelle und die Interaktionen des Trendpa-

rameters mit der Berufsklasse, der Unterscheidung zwischen Teil-

zeit- und Vollzeitbeschäftigung, dem Geschlecht, der Unterneh-

mensgröße, der Betriebszugehörigkeitsdauer und der Berufser-

fahrung abgebildet.

Für Ersteinsteiger zeigen sich bezüglich der Flexibilisierungsindi-

katoren interessante Ergebnisse. So ist bei Beamten für Arbeitge-

berwechsel als auch für interne Arbeitsplatzwechsel während der

untersuchten sechzehn Jahre eine signifikant zunehmende Wahr-

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Trendentwicklungen

286

scheinlichkeit festzustellen. Diese Entwicklung kann als Zeichen

dafür gewertet werden, dass sich im öffentlichen Dienst – der im

Allgemeinen oft als starre Institution wahrgenommen wird – Ver-

änderungen abzeichnen.

Wie sich bei den Ergebnissen der Abwärtsmobilität zeigt, verstär-

ken sich traditionelle soziale Ungleichheiten im Zeitverlauf weiter-

hin für un- und angelernte Arbeiter, während Hochqualifizierte si-

gnifikant vom Risiko für Abstiegen nach Arbeitgeberwechseln und

für Arbeitslosigkeit verschont bleiben. Dies bestätigt die eingangs

zitierte Vermutung von Breen (1997) einer zunehmend prekären

Situation unterer Statusgruppen auf dem Arbeitsmarkt und gerin-

geren Risiken Hochpositionierter. Zudem nimmt die schützende

Funktion langer Betriebszugehörigkeitsdauer und langer Berufs-

erfahrung ab. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Zeitspan-

ne möglicher Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeitsdauer

bei Ersteinstiegen begrenzt ist. Bemerkenswert ist schließlich

auch, dass Kleinbetriebe im Vergleich zu Großunternehmen zwi-

schen 1985 und 2000 zunehmend weniger Schutz vor Arbeitslo-

sigkeit bieten können.

Erweitert man die Stichprobe auf die Gesamtheit der Beschäftig-

ten, findet auch hier die Vermutung einer Zunahme prekärer Si-

tuationen unterer Statusgruppen Bestätigung. So erfahren wäh-

rend der untersuchten sechzehn Jahre vor allem un- und ange-

lernte Arbeiter ein zunehmend höheres Risiko für Abstiege bei Ar-

beitgeberwechseln und auch einfache Angestellte haben bei in-

nerbetrieblichen Wechseln ein höheres Risiko für Abwärtsmobili-

tät. Für qualifizierte Angestellte und Beamte nimmt die Wahr-

scheinlichkeit zu, innerhalb des Betriebes den Arbeitsplatz zu

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Trendentwicklungen

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wechseln, wobei sich dies auch in einer zunehmenden Aufstiegs-

wahrscheinlichkeit für Beamte niederschlägt. Das heißt, dass

während des Untersuchungszeitraums für abhängig Beschäftigte

keine zunehmende Aufstiegschance festgestellt werden konnte.

Im Vergleich zu Ersteinsteigern fällt für die Gruppe der Gesamt-

heit der Beschäftigten die abnehmende Bedeutung von kleinen

und mittleren Betrieben für die Beschäftigungssicherung ins Auge.

So sind Beschäftigte in Kleinbetrieben im Vergleich zu Beschäf-

tigten in Großunternehmen im Zeitverlauf signifikant häufiger so-

wohl von internen als auch externen Flexibilisierungsmaßnahmen

betroffen. Dabei ist die Gesamtheit der Erwerbstätigen in Unter-

nehmen unter 200 Beschäftigten einem höheren Arbeitslosigkeits-

risiko ausgesetzt und Beschäftigte mittelgroßer Betriebe einem

höheren Abstiegsrisiko. Auch können kleine Unternehmen keine

Garantien mehr für Aufwärtsmobilität bieten, denn Chancen auf

Aufstiege insgesamt und für Wiedereinstiege nach ungewollter

Erwerbslosigkeit nehmen im Zeitverlauf für Beschäftigte in kleinen

Unternehmen immer weiter ab. Wie bei den Ersteinsteigern zeigt

sich auch bei den Episoden ab 1985, dass die bisher statussi-

chernde Funktion langer Beschäftigungsdauern und Berufserfah-

rung zunehmend aufgebrochen wird. So sind bei längerer Be-

triebszugehörigkeitsdauer im Verlauf der untersuchten sechzehn

Jahre eine abnehmende Wiedereinstiegswahrscheinlichkeit und

ein zunehmendes Abstiegsrisiko nach einem Arbeitgeberwechsel

ebenso zu verzeichnen wie ein erhöhtes Arbeitslosigkeitsrisiko. Je

länger die Berufserfahrung, desto signifikant höher ist die Wahr-

scheinlichkeit für einen Arbeitgeberwechsel und für einen Über-

gang in Selbstständigkeit und desto geringer ist die Chance auf

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Trendentwicklungen

288

einen Aufstieg insgesamt, auf einen Aufstieg bei Arbeitgeber-

wechsel sowie auf einen Aufstieg bei innerbetrieblichem Wechsel.

Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse zu Veränderungen so-

zialer Ungleichheit im Trend sowohl für Ersteinsteiger als auch für

die Gesamtheit der Erwerbstätigen die Bestätigung der Vermu-

tung von einer Verstärkung prekärer Situationen für die unteren

Statusgruppen bei gleichzeitiger Akzentuierung des Schutzes Hö-

herpositionierter. Daher ist Hypothese 9 a) zu verifizieren, wäh-

rend Hypothese 9b) zurückzuweisen ist: Zwischen 1985 und 2000

hat sich keine Nivellierung sozialer Ungleichheit abgezeichnet,

stattdessen hat sich eine Polarisierung sozialer Ungleichheit her-

ausgebildet.

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Trendentwicklungen

289

Tabelle 12: Interaktionseffekte mit dem Trend: Flexibilisierungsindikatoren für Er-steinstiege: Arbeitgeberwechsel, innerbetriebliche Wechsel und Übergänge inSelbstständigkeit

Arbeitgeber-wechsel

Innerbetrieb-licheWechsel

ÜbergängeSelbst-ständigkeit

Fach/Vorarbeiter/Meister Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angestellte 1.644 1.962 9.239Qual. Angest/Werksmeister 0.818 0.982 4.095Einfache Angestellte 0.642 0.814 3.553Un-/angelernte Arbeiter 0.767 0.440 1.224Beamte 0.160 * 1.403 4.040 *Frauen Ref. Ref. Ref.Männer 1.063 1.117 6.724 +Teilzeit Ref. Ref. Ref.Vollzeit 1.825 + 2.313 1.776Großunternehmen Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen 1.148 0.174 *** 2.214Mittelgroße Unternehmen 1.337 0.599 2.647Berufserfahrung 0.983 *** 0.975 *** 1.005Betriebsdauer 0.976*** 0.993 0.958 ***Ausländer Ref. Ref. Ref.Deutsche 1.280 ** 2.036 ** 1.222Produktion Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 0.944 2.209 16.397 ***Handel 1.024 1.077 0.770Verkehr 1.051 0.838 1.410Wirtschaftsnahe Dienstleistungen 0.817 + 1.042 1.437Öffentlicher Dienst 0.768 1.300 0.654Soziale Dienstleistungen 0.787 0.325 + 0.542Trend 1.001 0.987 + 1.002Facharbeiter/Meister*Trend Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angest. * Trend 0.998 1.001 0.993Qual. Angestellte*Trend 1.003 1.006 0.995Einf. Angestellte * Trend 1.003 1.003 0.995Un-/angelernte Angestellte * Trend 1.000 1.006 0.994Beamte * Trend 1.011 * 1.014 ** 0.975Frauen * Trend Ref. Ref. Ref.Männer * Trend 1.001 1.001 0.996Teilzeit * Trend Ref. Ref. Ref.Vollzeit * Trend 0.997 0.996 0.996Großunternehmen * Trend Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen * Trend 1.003 1.005 1.008Mittelgroße Unternehmen * Trend 0.999 1.000 0.988Berufserfahrung * Trend 1.002 + 1.001 ** 1.000

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Trendentwicklungen

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Betriebszugehörigkeit * Trend 1.002 * 1.000 1.001 *Ereignisse 963 257 52Episoden 5673 5673 5673Df 30 30 30- 2 LL 15300 3968 795Signifikanz *** *** ***

Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

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Tabelle 13: Interaktionseffekte mit dem Trend: Aufwärtsmobilität/Chancen für Er-steinstiege: Aufstiege insgesamt, Aufstiege bei Arbeitgeberwechsel, Aufstiege beiinnerbetrieblichem Wechsel und Weidereinstiege nach Arbeitslosigkeit

AufstiegeInsgesamt

AufstiegeArbeitgeber-wechsel

AufstiegeInnerbetr.Wechsel

Wiederein-Stiege

Fach/Vorarbeiter/Meister Ref. Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angestellte 1.138 1.631 3.058 2.085Qual. Angest/Werksmeister 0.928 0.840 1.280 1.512Einfache Angestellte 0.940 1.129 2.115 1.255 +Un-/angelernte Arbeiter 0.670 0.435 1.657 0.223 +Beamte 0.693 0.181 0.693 1.358Frauen Ref. Ref. Ref. Ref.Männer 1.121 0.956 0.888 0.663Teilzeit Ref. Ref. Ref. Ref.Vollzeit 0.478 1.800 1.133 1.733Großunternehmen Ref. Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen 0.818 1.106 0.207 0.281 *Mittelgroße Unternehmen 1.162 1.392 0.444 0.431Berufserfahrung 0.992 + 0.990 0.989 0.991Betriebsdauer 0.975 *** 0.972 *** 0.981 1.008Ausländer Ref. Ref. Ref. Ref.Deutsche 1.238 + 1.204 2.891 * 1.154Produktion Ref. Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 1.379 0.777 0.000 1.901Handel 1.042 0.951 1.263 0.868Verkehr 1.232 1.079 1.099 1.082Wirtschaftsnahe Dienstl. 1.003 0.751 * 1.187 0.835Öffentlicher Dienst 0.980 0.633 + 1.437 1.192Soz. Dienstleistungen 0.528 ** 0.594 0.000 0.892Trend 0.999 0.999 0.996 0.997Facharbeiter/Meister*Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angest. * Trend 0.999 0.998 0.995 0.995Qual. Angestellte*Trend 1.002 1.003 1.001 0.996Einf. Angestellte * Trend 0.999 0.999 0.993 0.989Un-/angelernte A. * Trend 1.000 1.003 0.994 0.989Beamte * Trend 1.005 1.010 1.008 0.986Frauen * Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Männer * Trend 1.001 1.002 1.000 1.003Teilzeit * Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Vollzeit * Trend 0.998 0.996 0.997 0.995Großunternehmen * Trend Ref. Ref. Ref. Ref.

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Trendentwicklungen

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Kl. Unternehmen* Trend 1.003 1.004 0.999 1.005Mittel. Unternehmen*Trend 0.999 1.000 1.002 1.003Berufserf. * Trend 1.000 1.000 1.000 0.998 *Betriebsdauer * Trend 1.000 1.000 1.000 0.999 +Ereignisse 801 312 84 336Episoden 5673 5396 5673 362Df 30 30 30 30- 2 LL 12490 4849 1275 3371Signifikanz *** *** *** ***

Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

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Tabelle 14: Interaktionseffekte mit dem Trend: Abwärtsmobilität/Risiken für Erstein-stiege: Abstiege insgesamt, Abstiege bei Arbeitgeberwechsel, Übergänge in Ar-beitslosigkeit

Abstiegeinsgesamt

Abstiege Arbeit-geber-wechsel

ÜbergängeArbeits-Losigkeit

Fach/Vorarbeiter/Meister Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angestellte 0.971 0.206 * 0.832Qual. Angest./Werksmeister 0.801 0.127 1.800Einfache Angestellte 0.984 0.109 1.528Un-/angelernte Arbeiter 2.394 1.297 1.871 *Beamte 1.347 0.220 0.299Frauen Ref. Ref. Ref.Männer 1.548 0.504 1.269Teilzeit Ref. Ref. Ref.Vollzeit 0.940 4.961 0.782Großunternehmen Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen 1.543 0.732 0.576Mittelgroße Unternehmen 0.785 1.596 1.454Berufserfahrung 0.989 + 0.975 * 0.993Betriebsdauer 0.982 * 0.992 0.979 **Ausländer Ref. Ref. Ref.Deutsche 0.985 1.130 0.636 ***Produktion Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 1.539 4.400 * 1.284Handel 1.215 1.325 1.013Verkehr 1.531 1.575 0.689Wirtschaftsnahe Dienstleistungen 0.769 0.651 0.679Öffentlicher Dienst 0.969 1.144 1.279Soziale Dienstleistungen 0.985 1.166 0.510 +Trend 1.014 + 1.019 1.003Facharbeiter/Meister*Trend Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angest. * Trend 0.994 0.984 - 0.986 *Qual. Angestellte*Trend 1.001 1.010 0.995Einf. Angestellte * Trend 0.998 1.012 0.995Un-/angelernte A. * Trend 1.003 + 0.997 0.996Beamte * Trend 0.995 0.998 0.991Frauen * Trend Ref. Ref. Ref.Männer * Trend 0.996 1.004 1.000Teilzeit * Trend Ref. Ref. Ref.Vollzeit * Trend 0.998 0.981 1.004Großunternehmen * Trend Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen * Trend 0.999 1.007 1.009 **Mittelgr. Unternehmen * Trend 1.001 0.996 1.000Berufserfahrung * Trend 1.003 + 0.997 1.000Betriebsdauer * Trend 1.000 1.001 + 1.000Ereignisse 365 86 303Episoden 5396 5396 5673Df 30 30 30- 2 LL 5592 1322 4751Signifikanz *** *** ***

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Trendentwicklungen

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Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

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Tabelle 15: Interaktionseffekte mit dem Trend: Flexibilisierungsindikatoren für Episo-den ab 1985: Arbeitgeberwechsel, innerbetriebliche Wechsel und Übergänge inSelbstständigkeit

Arbeitgeber-wechsel

Innerbetriebl.Wechsel

ÜbergängeSelbstständig-keit

Fach/Vorarbeiter/Meister Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angestellte 1.036 1.558 2.975Qual. Angest./Werksmeister 1.181 1.001 2.009Einfache Angestellte 0.720 0.920 0.499Un-/angelernte Arbeiter 0.866 0.753 1.074Beamte 0.408 * 0.749 1.731Frauen Ref. Ref. Ref.Männer 1.368 * 1.427 + 3.734 *Teilzeit Ref. Ref. Ref.Vollzeit 1.123 1.619 0.304 +Großunternehmen Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen 1.228 0.187 *** 0.949Mittelgroße Unternehmen 1.203 0.613 * 0.695Berufserfahrung 0.998 ** 0.996 *** 0.998Betriebsdauer 0.980 *** 0.997 * 0.980 ***Ausländer Ref. Ref. Ref.Deutsche 1.313 *** 1.573 *** 1.324Produktion Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 1.113 1.042 3.224 *Handel 1.025 0.829 1.105Verkehr 1.319 * 0.781 1.047Wirtschaftsnahe Dienstl. 0.868 * 0.910 1.265Öffentlicher Dienst 0.823 ** 1.168 0.566Soz. Dienstleistungen 0.680 0.538 * 1.013Trend 0.998 0.990 + 1.001 *Facharbeiter/Meister*Trend Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angest. * Trend 1.001 1.003 1.000Qual. Angestellte*Trend 0.999 1.004 + 0.999Einf. Angestellte * Trend 1.001 1.000 1.006Un-/angelernte A. * Trend 1.001 1.000 0.996Beamte * Trend 1.005 1.010 *** 0.998Frauen * Trend Ref. Ref. Ref.Männer * Trend 0.999 0.997 1.000Teilzeit * Trend Ref. Ref. Ref.Vollzeit * Trend 0.999 0.997 1.006Großunternehmen * Trend Ref. Ref. Ref.Kl. Unternehmen* Trend 1.003 ** 0.996 ** 1.009Mittel. Unternehmen*Trend 0.999 1.001 1.002 **Berufserfahrung * Trend 1.003 ** 1.001 1.004 +Betriebsdauer * Trend 1.000 1.001 1.000Ereignisse 2141 802 165Episoden 15471 15471 15471Df 30 30 30- 2 LL 38402 14089 2865Signifikanz *** *** ***

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Trendentwicklungen

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Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

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Tabelle 16: Interaktionseffekte mit dem Trend: Aufwärtsmobilität/Chancen für Episo-den ab 1985: Aufstiege insgesamt, Aufstiege bei Arbeitgeberwechsel, Aufstiege beiinnerbetrieblichem Wechsel und Wiedereinstiege nach Arbeitslosigkeit

Aufstiegeinsgesamt

AufstiegArbeitg.wechsel

AufstiegInnerb.Wechsel

Wiederein-stieg

Fach/Vorarbeiter/Meister Ref. Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angestellte 1.301 1.491 1.340 2.208 *Qual. Angest./Werksmeister 1.176 1.188 1.193 1.298Einfache Angestellte 0.952 1.093 1.153 1.234Un-/angelernte Arbeiter 0.780 0.664 0.533 1.001Beamte 0.802 0.419 0.788 1.633Frauen Ref. Ref. Ref. Ref.Männer 1.255 1.157 1.692 0.980Teilzeit Ref. Ref. Ref. Ref.Vollzeit 0.335 *** 0.868 1.977 1.682 +Großunternehmen Ref. Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen 0.857 1.175 0.183 *** 0.807Mittelgroße Unternehmen 1.057 0.924 1.186 1.365Berufserfahrung 0.999 0.999 0.997 0.998 **Betriebsdauer 0.990 *** 0.983 *** 0.992 ** 1.003 *Ausländer Ref. Ref. Ref. Ref.Deutsche 1.138 + 1.229 * 2.136 ** 1.243 **Produktion Ref. Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 1.179 0.473 0.676 0.770Handel 0.965 0.968 0.694 0.824 *Verkehr 1.070 1.267 0.645 0.886Wirtschaftsnahe Dienstleistungen 0.910 0.869 0.648 + 0.772 *Öffentlicher Dienst 0.938 0.803 + 0.770 0.611 ***Soziale Dienstleistungen 0.604 *** 0.581 0.226 ** 0.790Trend 0.999 0.998 0.996 0.997Facharbeiter/Meister*Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angest. * Trend 1.000 0.999 1.007 0.995Qual. Angestellte*Trend 1.000 1.000 1.006 0.999Einf. Angestellte * Trend 0.999 0.998 1.001 0.999Un-/angelernte Angestellte * Trend 1.000 1.001 0.004 0.999Beamte * Trend 1.005 + 1.003 1.013 * 0.996Frauen * Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Männer * Trend 0.999 1.000 0.995 0.999Teilzeit * Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Vollzeit * Trend 1.000 0.999 0.993 0.996Großunternehmen * Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen * Trend 0.994 ** 1.003 1.005 0.998 +Mittelgroße Unternehmen * Trend 1.000 1.001 0.996 0.997Berufserfahrung * Trend 0.992 *** 0.999 *** 0.998 * 1.000Betriebszugehörigkeit * Trend 1.000 1.000 1.000 0.998 ***Ereignisse 1996 696 246 880Episoden 15471 15134 15471 960Df 30 30 30 30- 2 LL 35349 12283 4307 10546Signifikanz *** *** *** ***

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Trendentwicklungen

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Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

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Tabelle 17: Interaktionseffekte mit dem Trend: Abwärtsmobilität/Risiken für Episodenab 1985: Abstiege insgesamt, Abstiege bei Arbeitgeberwechsel, Abstiege bei inner-betrieblichem Wechsel und Übergänge in Arbeitslosigkeit

Abstiegeinsgesamt

AbstiegeArbeitg.wechsel

AbstiegeInnerb.Wechsel

ÜbergängeArbeitslo-sigkeit

Fach/Vorarbeiter/Meister Ref. Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angestellte 0.717 0.332 0.561 0.791Qual. Angest./Werksmeister 1.000 1.017 0.316 0.606Einfache Angestellte 0.577 0.470 0.042 + 0.804Un-/angelernte Arbeiter 1.058 2.205 1.556 1.315Beamte 0.373 0.382 0.022 + 0.612Frauen Ref. Ref. Ref. Ref.Männer 0.922 1.391 0.517 1.092Teilzeit Ref. Ref. Ref. Ref.Vollzeit 0.454 0.905 7.113 1.561Großunternehmen Ref. Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen 1.437 1.253 0.197 0.954Mittelgroße Unternehmen 1.359 2.064 1.127 1.079Berufserfahrung 0.999 0.996 * 1.002 1.002 **Betriebsdauer 0.992 ** 0.996 0.987 * 0.985 ***Ausländer Ref. Ref. Ref. Ref.Deutsche 1.190 + 1.908 ** 1.235 0.676 ***Produktion Ref. Ref. Ref. Ref.Erster Sektor 0.889 1.789 3.585 0.960Handel 0.965 0.984 0.796 1.073Verkehr 1.357 + 1.280 4.214 0.795Wirtschaftsnahe Dienstleistungen 0.839 0.809 0.882 0.741Öffentlicher Dienst 1.106 0.962 1.707 0.968Soziale Dienstleistungen 0.813 1.039 0.888 0.683Trend 1.002 1.007 1.004 1.006Facharbeiter/Meister*Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Hochqual. Angest. * Trend 1.003 0.997 0.013 1.000Qual. Angestellte*Trend 0.999 0.996 1.009 1.003Einf. Angestellte * Trend 1.002 1.000 1.024 + 1.000Un-/angelernte Angestellte * Trend 0.999 1.003 + 1.007 1.002Beamte * Trend 1.004 1.000 1.031 * 0.997Frauen * Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Männer * Trend 0.998 0.997 1.004 0.999Teilzeit * Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Vollzeit * Trend 1.003 1.002 0.998 1.000Großunternehmen * Trend Ref. Ref. Ref. Ref.Kleine Unternehmen * Trend 1.001 1.004 1.009 1.006 **Mittelgroße Unternehmen * Trend 1.002 + 0.995 1.003 1.002Berufserfahrung * Trend 1.000 1.000 1.000 1.000Betriebszugehörigkeit * Trend 1.000 1.002 ** 1.000 1.003 +Ereignisse 1050 262 56 913Episoden 15134 14919 14919 15471Df 30 30 30 30-2 LL 18309 4587 97 16087Signifikanz *** *** *** ***

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Trendentwicklungen

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Abgebildet sind die Exponentialwerte der Koeffizienten. Referenzkategorien sind kursiv gedruckt. + p <0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Quelle: SOEP-Daten, eigene Berechnungen.

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Trendentwicklungen

301

5.4 Zusammenfassung

Die Untersuchung der Trendentwicklung hat ergeben, dass ab-

nehmende Chancen und zunehmende Risiken größtenteils nicht

auf wirtschaftskonjunkturelle Faktoren, sondern auf einen grund-

sätzlichen Wandel von Arbeitsmarktinstitutionen zurückzuführen

ist. Nur das höhere Arbeitslosigkeitsrisiko ist im Beobachtungs-

zeitraum in erster Linie auf die wirtschaftliche Entwicklung zurück-

zuführen.

Der Vergleich der zwei Gruppen hat zusätzlich ergeben, dass Er-

steinsteiger mit einer zunehmenden Wahrscheinlichkeit von ex-

ternen Maßnahmen und einer abnehmenden Wahrscheinlichkeit

von internen Flexibilisierungsmaßnahmen rechnen müssen, wäh-

rend die Gesamtheit der Beschäftigten von einer abnehmenden

Wahrscheinlichkeit sowohl für innerbetriebliche als auch für zwi-

schenbetriebliche Flexibilisierung konfrontiert ist. Das heißt, dass

Unternehmen den zunehmenden Flexibilisierungsdruck, der aus

der Internationalisierung und dem steigenden Wettbewerb resul-

tiert, vor allem auf jüngere Arbeitnehmer übertragen, während äl-

tere davon in den untersuchten sechzehn Jahren bisher nicht be-

troffen sind. Außerdem hat die Gesamtheit der Erwerbstätigen ei-

ne geringere Chance auf Aufwärtsmobilität, während Ersteinstei-

ger ein höheres Risiko für Abwärtsmobilität in Kauf nehmen müs-

sen.

Doch welche Beschäftigtengruppen sind im Zeitverlauf besonders

von diesen Entwicklungen betroffen? Zunächst war die Betrach-

tung sozialer Differenzierungen ohne Berücksichtigung des

Trends von Interesse, um später eine Vergleichsmöglichkeit für

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Trendentwicklungen

302

die Ergebnisse zur Veränderung sozialer Ungleichheit im Zeitver-

lauf vorliegen zu haben. Die Ergebnisse bestätigten die bisherigen

Erkenntnisse der Ungleichheitsforschung: Je höher die berufliche

Position einer Person, desto geringer sind berufliche Risiken und

umso mehr berufliche Chancen stehen ihr offen. Die Gruppe der

Beamten hat im Vergleich zu Beschäftigten in der Privatwirtschaft

die höchste Wahrscheinlichkeit für innerbetriebliche Mobilität und

bleibt dabei wie auch bei sonstigen Arten von Mobilität weitestge-

hend von Risiken verschont. Die benachteiligte Position von

Frauen, ausländischen Arbeitnehmern und Beschäftigten in Teil-

zeit hat sich bestätigt. Ebenso wurde gezeigt, dass Angestellte

kleiner Betriebe aus der Stichprobe der Gesamtheit der Erwerbs-

tätigen zwar mit keiner höheren Wahrscheinlichkeit für interne

Flexibilisierungsmaßnahmen konfrontiert werden, dafür aber eine

höhere Wahrscheinlichkeit für externe Maßnahmen haben, die mit

einem höheren Risiko für Abwärtsmobilität verbunden ist.

Diese Ergebnisse bestätigen bisherige Untersuchungen der Un-

gleichheitsforschung. Nicht bekannt war bisher, wie sich die Ver-

teilung von Chancen und Risiken im Zeitverlauf der untersuchten

sechzehn Jahre verändert hat. Diese Arbeit kommt für Erstein-

steiger zu folgenden Ergebnissen: Im Untersuchungszeitraum er-

fahren Beamte eine höhere Wahrscheinlichkeit für Arbeits-

marktmobilität bei innerbetrieblichen und zwischenbetrieblichen

Arbeitsplatzwechseln. Der als starre Institution wahrgenommene

öffentliche Dienst scheint somit in Bewegung gekommen. Zudem

zeichnet sich eine Akzentuierung bisheriger sozialer Ungleichhei-

ten im Trend ab, denn traditionelle Verteilungsmuster, in denen

un- und angelernten Arbeiter vermehrt mit Risiken zu kämpfen

haben, während Hochpositionierte im Trend von Risiken mehr und

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Trendentwicklungen

303

mehr verschont bleiben, werden verfestigt. Auch nimmt die schüt-

zende Funktion einer langen Betriebszugehörigkeitsdauer und Be-

rufserfahrung mehr und mehr ab, und kleine Betriebe bieten im-

mer weniger Schutz vor Arbeitslosigkeitsrisiken.

Diese Erkenntnisse bleiben bei der Ausweitung der Stichprobe auf

die Gesamtheit der Erwerbstätigen im Wesentlichen bestehen.

Auch hier haben die unteren Statusgruppen im Untersuchungs-

zeitraum eine signifikante Zunahme von Risiken zu verzeichnen.

Ebenso wie bei Ersteinsteigern wird die Gruppe der Beamten von

einer zunehmenden Wahrscheinlichkeit für interne Flexibilisie-

rungsmaßnahmen erfasst, die für diese Beschäftigtengruppe zu-

dem im Trend mit Chancen verbunden ist. Im Vergleich zu Er-

steinsteigern fällt die abnehmende Bedeutung von kleinen und

mittelgroßen Betrieben zur Beschäftigungssicherung ins Auge.

Während Ersteinsteiger in kleinen Unternehmen mit einem höhe-

ren Arbeitslosigkeitsrisiko rechnen müssen, ist die Gesamtheit der

Beschäftigten in kleinen Betrieben zwar auch signifikant häufiger

von Arbeitslosigkeitsrisiken betroffen, aber im Zeitverlauf darüber

hinaus auch von zunehmenden Risiken für berufliche Abstiege.

Garantien für berufliche Aufstiege gibt es für diese Gruppe nicht

mehr. Zudem wird auch für sie die traditionell statussichernde

Funktion langer Betriebszugehörigkeitsdauern und Berufserfah-

rung aufgebrochen.

Sowohl für Ersteinsteiger als auch für die Gesamtheit der Be-

schäftigten zeigt sich in der Verschiebung der Chancen und Risi-

ken für verschiedene Beschäftigtengruppen im Zeitverlauf, dass

bisherige Ungleichheiten entlang traditioneller Ungleichheitslinien

verstärkt werden. Daher ist es nicht – wie z.B. von Moldaschl und

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Trendentwicklungen

304

Voß (2002) sowie Schumann (2001) vermutet – zu einer Nivellie-

rung sozialer Ungleichheiten gekommen. Die Trennung von „Mo-

dernisierungsgewinnern“ und „Modernisierungsverlierern“ wird

zwischen 1985 und 2000 noch verstärkt.

Diese Ergebnisse bestätigen so die Auffassung, dass eine

Destandardisierung der Erwerbsarbeit stattgefunden hat. Doch

die Verbreitung von Destandardisierung hat, wie aus den deskrip-

tiven Ergebnissen deutlich wurde, erst ab Mitte der neunziger Jah-

re eingesetzt und nicht wie an vielen Stellen behauptet, schon zu

Beginn der achtziger Jahre. Zudem haben die aufwändigen und

detaillierten multivariaten Ergebnisse des vorliegenden Kapitels

gezeigt, dass sich keine Nivellierungstendenzen sozialer Un-

gleichheiten abzeichnen, stattdessen haben sich traditionelle Un-

gleichheitslinien akzentuiert.

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Schlussbetrachtung

305

6 Schlussbetrachtung

Spätestens mit dem 21. Deutschen Soziologentag, der im Oktober

1982 in Bamberg stattfand, wurde die Diskussion um die Destan-

dardisierung der Erwerbsarbeit eingeleitet. Seitdem besteht ein

weit verbreiteter Konsens darüber, dass die Zeit der klassischen

Industriegesellschaft beendet sei. Nicht nur in akademischen,

sondern auch in öffentlichen Debatten wird seitdem von der „neu-

en Arbeitsgesellschaft“ gesprochen.

Zum Thema der Destandardisierung der Erwerbsarbeit gibt es

drei unterschiedliche Positionen. Die erste, am häufigsten vertre-

tene Position (z.B. Sennett 1998, Beck 1986, Rifkin 1996) geht

davon aus, dass es seit Anfang der achtziger Jahre zu einer flä-

chendeckenden Ausbreitung atypischer Beschäftigungsverhält-

nisse gekommen ist, Erwerbsverläufe von Unstetigkeiten und Dis-

kontinuitäten geprägt sind und diese Entwicklungen auf die Ge-

samtheit der Erwerbstätigen zutreffen. In der Gegenposition (z.B.

Wiesenthal 2003) wird die Meinung vertreten, dass es mit dem

Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft auf

Grund der Ausbreitung wissensintensiver Arbeitsplätze nicht zur

Ausweitung der Destandardisierung der Erwerbsarbeit kommen

kann. Unternehmen sind auf ein hohes Humankapitalniveau und

zuverlässige Mitarbeiter angewiesen und müssen im Gegenzug

Beschäftigungssicherheit bieten, andernfalls können sie keine In-

novationsbereitschaft verlangen. Zwischen diesen gegensätzli-

chen Annahmen liegt eine dritte Position (Breen 1997). Diese un-

terscheidet zwischen verschiedenen Beschäftigtengruppen. Von

den Risiken der Destandardisierung seien die unteren Berufsklas-

sen betroffen, während Arbeitnehmer in privilegierten beruflichen

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Schlussbetrachtung

306

Stellungen von Risiken auf Grund der Informationsasymmetrie,

die zwischen ihnen und dem Unternehmen besteht, verschont

blieben. Diese verschiedenen Szenarien werden immer wieder

öffentlich vertreten, häufig ohne dass dazu theoretisch oder empi-

risch gesicherte Ergebnisse vorliegen.

In dieser Arbeit wurde ermittelt, welche dieser drei Positionen sich

für die Zeit zwischen 1985 und 2000 am ehesten empirisch bele-

gen lässt. Dabei wurde sowohl ein theoretischer und ein empiri-

scher Beitrag zur Debatte um die Destandardisierung der Er-

werbsarbeit geleistet. So ist zum einen eine theoretische Grund-

lage zur Erklärung der Ausbreitung der Destandardisierung von

Seiten der Arbeitsnachfrage entstanden und zum anderen ist an

Hand von Längsschnittdaten ermittelt worden, ab welchem Zeit-

punkt die Veränderungen eintreten, ob sie einen grundsätzlichen

Wandel von Arbeitsmarktinstitutionen indizieren oder ob es sich

um Veränderungen handelt, die auf wirtschaftlichen Entwicklun-

gen basieren. Für Deutschland wurde zudem bisher noch nicht

empirisch untersucht, welche Auswirkungen die Destandardisie-

rung für das Gefüge sozialer Ungleichheiten hat: Ist eine Polari-

sierung traditioneller Ungleichheiten zu beobachten und/oder ist

es zu einer Verschiebung von Chancen und Risiken gekommen,

so dass von einer Nivellierung sozialer Ungleichheit gesprochen

werden kann?

Ausgangsbedingungen für den Transformationsprozess der

industriellen zur „neuen“ Arbeitsgesellschaft werden zwar häufig

formuliert, allerdings ohne dass bisher eine theoretische Basis

vorliegt. Die Ursachen der Ausweitung der Destandardisierung

liegen dabei sowohl auf der Arbeitsangebots- als auch auf der Ar-

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Schlussbetrachtung

307

beitsnachfrageseite. Von Seiten der Arbeitnehmer sprechen Indi-

vidualisierungstendenzen und das damit verbundene Aufbrechen

traditioneller Geschlechterstereotype, die Ausbreitung einer Tätig-

keitsgesellschaft sowie die Entgrenzung von Arbeit und Privatle-

ben für die Entstehung neuer Beschäftigungsverhältnisse. Von

Seiten der Unternehmen ausgehend werden der unausgewogene

Arbeitsmarkt mit seiner erheblichen Sockelarbeitslosigkeit, die

Tertiarisierung sowie die Internationalisierung und die damit ein-

hergehende Strukturveränderung von Wirtschaftsorganisationen

in Form eines Übergangs vom Taylorismus zu einer detaillgesteu-

erten Produktion als Ursache für die Ausbreitung der Destandar-

disierung genannt.

Mit der Anwendung der Transaktionskostentheorie auf die

Destandardisierung wurde ermittelt, unter welchen Bedingungen

Unternehmen auf atypische Beschäftigungsverhältnisse zurück-

greifen und unter welchen Voraussetzungen weiterhin unbefristete

Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse vergeben werden. Unterneh-

men können danach vor dem Hintergrund der Destandardisierung

unter den Bedingungen einer geringen betrieblichen Humankapi-

talspezifität und einer schwankenden Auftragslage ihre Transakti-

onskosten durch die Nutzung neuer Beschäftigungsformen sen-

ken. Die Grenze der Ausweitung destandardisierter Arbeitsver-

hältnisse ist dabei erstens der Bedarf an hohem betriebsspezifi-

schem Humankapital und zweitens die mögliche Erosion von Ver-

trauen, da bei Vertrauensverlust keine Innovationsanstrengungen

von Seiten der Arbeitnehmer zu erwarten sind und somit der öko-

nomische Erfolg des Unternehmens gefährdet sein kann.

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Schlussbetrachtung

308

Zum Thema der Destandardisierung vorliegende empirische Er-

kenntnisse basieren meist auf qualitativen Untersuchungen. Die

wenigen quantitativen Daten sind selten aktuell. So hat beispiels-

weise Erlinghagen (2004) die Ausbreitung des „Turboarbeits-

marktes“ untersucht, doch reichen seine Daten nur bis Mitte der

neunziger Jahre. Andere Studien (z.B. Giesecke/Groß 2001) un-

tersuchen Arbeitsplatzmerkmale, ohne diese explizit in den Er-

werbsverlauf einzubetten. So muss beispielsweise ein befristetes

Arbeitsverhältnis nicht zwangsweise mit einer Erosion von Chan-

cen einhergehen. Nur wenn von vornherein absehbar ist, dass

keine Weiterbeschäftigungschancen und keine Aufstiegsmöglich-

keiten bestehen, ist eine Befristung als Risiko zu bewerten. Ben-

der, Konietzka und Sopp (2000) untersuchen zwar die Auswirkun-

gen prekärer Arbeitsverhältnisse auf die Erwerbsbiographie, doch

ist keine Aussage über einen sozialen Wandel möglich, da sich

die Daten nur über ein Zeitfenster von wenigen Jahren erstrecken.

Eine besondere Herausforderung bestand in der Erstellung des

Ereignisdatensatzes, der die Verfolgung von Erwerbsverläufen

von 1985 bis 2000 erlaubt. Das Sozio-ökonomische Panel

(SOEP) wurde als Datenquelle herangezogen, da es Angaben zu

unterschiedlichen Beschäftigtenmerkmalen, Arbeitsverhältnissen

und zum Erwerbsverlauf enthält. Ein weiterer Vorteil dieser Daten

liegt darin, dass die Angaben teilweise monatsgenau vorliegen.

Nach einer intensiven Arbeitsphase ist ein Spelldatensatz ent-

standen, der die Betrachtung des sozialen Wandels über einen

Zeitraum von sechzehn Jahren ermöglicht. Die Auswertung er-

folgte auf Basis von Längsschnittanalysen, um unterschiedliche

Sequenzen innerhalb von Erwerbsverläufen nachvollziehen zu

können.

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Schlussbetrachtung

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Insgesamt werden in der Diskussion um die Destandardisierung

der Erwerbsarbeit Veränderungen auf verschiedenen Ebenen be-

trachtet, die nur schwer in einem einzigen Begriff zusammenzu-

fassen sind. Daher wurde in Anlehnung an Diewald (2003a) und

Neumark (2000) neben den Dimensionen „Flexibilisierung“ und

„Arbeitsplatzstabilität“ auch „Beschäftigungssicherheit“ unter-

schieden, um die Destandardisierung nicht nur quantitativ sondern

auch qualitativ beschreiben zu können.

Wie schon in der transaktionskostentheoretischen Erklärung von

Destandardisierungseffekten deutlich wurde, verstärken sich bei

zunehmender Internationalisierung und unausgewogenem Ar-

beitsmarkt die Flexibilisierungstendenzen. Eine starre Arbeitsor-

ganisation, eine normierte Verfügbarkeit von Arbeitskraft und rigi-

de Kontrollen erweisen sich zunehmend als ungeeignet, um auf

wachsende Unsicherheiten reagieren zu können. Allerdings wurde

schon immer flexibel auf Auftragsschwankungen reagiert.

Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für

interne Flexibilisierungsmaßnahmen im Zeitverlauf der unter-

suchten sechzehn Jahre abgenommen hat. Die Zunahme der

Wahrscheinlichkeit für externe Flexibilisierungsmaßnahmen be-

trifft allerdings nur jüngere Beschäftigte, für die Gesamtheit der

Erwerbstätigen konnten keine Zunahme externer Flexibilisierung

ermittelt werden. Diese Entwicklungen gehen ab Mitte der neunzi-

ger Jahre mit einer Abnahme der Beschäftigungsstabilität einher.

So sind Arbeitsverhältnisse, die nach der Wiedervereinigung be-

gonnen haben, ein Jahr kürzer als Beschäftigungsverhältnisse,

die vor der Wende angefangen haben.

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Schlussbetrachtung

310

Diese Veränderungen der quantitativen Dimensionen „Flexibilisie-

rung“ und „Arbeitsplatzstabilität“ führen zu einer Veränderung der

qualitativen Dimension „Beschäftigungssicherheit“. So nehmen ab

Mitte der neunziger Jahre berufliche Abstiege zu während gleich-

zeitig Aufstiege immer seltener werden. Eine Erosion von Chan-

cen und eine Zunahme von Risiken zeigen sich sowohl bei Ar-

beitgeberwechseln als auch bei innerbetrieblichen Arbeitsplatz-

wechseln. Bei Jobwechseln sind Anteile beruflicher Verbesserun-

gen wie Einkommenserhöhungen, Aufstiegsmöglichkeiten und

eine Verbesserung der Art der Tätigkeit rückläufig. Zudem nimmt

bildungsinadäquate Beschäftigung zu. Kommen interne Maßnah-

men zum Einsatz, so müssen Arbeitnehmer auch hier mit Ein-

kommenseinbußen rechnen, Einkommenserhöhungen werden

somit auch unter Berücksichtigung des Senioritätsprinzips selte-

ner. Daher sind eine Zunahme von Risiken und eine Abnahme

von Erwartungssicherheit festzustellen, die einen stabilen, stets

aufwärts gerichteten Karriereverlauf nicht mehr garantieren kön-

nen.

Die Untersuchung der Trendentwicklung der Destandardisierung

der Erwerbsarbeit hat zusammenfassend ergeben, dass die Re-

duzierung von Chancen und die Zunahme von Risiken größten-

teils nicht auf wirtschaftskonjunkturelle Faktoren, sondern auf ei-

nen grundsätzlichen Wandel von Arbeitsmarktinstitutionen zu-

rückzuführen ist. Allein die höhere Wahrscheinlichkeit von Über-

gängen in Arbeitslosigkeit ist im Beobachtungszeitraum primär auf

die wirtschaftliche Entwicklung zurückzuführen.

Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen somit insgesamt die

Auffassung, dass tatsächlich eine Destandardisierung der Er-

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Schlussbetrachtung

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werbsarbeit stattgefunden hat. Doch hat die Verbreitung dieser

Destandardisierung erst mit Mitte der neunziger Jahre und nicht

wie an vielen Stellen behauptet schon zu Beginn der achtziger

Jahre eingesetzt. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die sich aus-

breitende Destandardisierung der Erwerbsarbeit nicht mit einer

Zunahme von Chancen für Arbeitnehmer verbunden ist sondern in

erster Linie für die Unternehmen von Vorteil zu sein scheint.

Doch entgegen der weit verbreiteten Meinung von der Ausweitung

der flächendeckenden Destandardisierung sind nicht alle Er-

werbstätigen im gleichen Ausmaß betroffen. Es hat sich gezeigt,

dass sich Ungleichheiten, die schon in der bisherigen Ungleich-

heitsforschung beschrieben werden, verstärken. So sind vor allem

die unteren Berufsklassen von einer Zunahme von Risiken be-

troffen während beruflich Höherpositionierte von einer Ausbrei-

tung beruflicher Abstiege verschont bleiben. Gleiches gilt für Be-

amte, denn diese Beschäftigtengruppe bleibt ebenfalls von Risi-

ken verschont, wobei sich während des Untersuchungszeitraumes

im Bereich des öffentlichen Dienstes eine Zunahme interner Fle-

xibilisierungsmaßnahmen abzeichnet. Die sonst eher starren

Strukturen des öffentlichen Dienstes kommen demnach in Bewe-

gung. Zudem werden Beschäftigte kleiner Unternehmen immer

häufiger mit Risiken wie Arbeitslosigkeit und beruflichen Abstie-

gen konfrontiert. Unter den Bedingungen einer sich weiterhin in-

tensivierenden Arbeitsmarktdynamik und flankierender politischer

Deregulierungsbestrebungen haben sich diesen Ergebnissen zu

Folge keine neuen Bereiche relativer Sicherheit und Unsicherheit

herausgebildet. Gruppen von Beschäftigten, die sich bisher nicht

von den derzeitigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt betrof-

fen fühlten, sind auch aktuell vor Risiken geschützt. Eine Nivellie-

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Schlussbetrachtung

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rung sozialer Ungleichheiten ist daher bisher ausgeblieben. Statt-

dessen haben sich im Untersuchungszeitraum traditionelle Un-

gleichheiten entlang von Berufsklassen und Qualifizierungsni-

veaus verfestigt. Demnach ist eine Polarisierung sozialer Un-

gleichheit festzustellen. Die Ergebnisse haben also die Position

von Breen (1997) bestätigt: Die Risiken der Destandardisierung

der Erwerbsarbeit betreffen die unteren Berufsklassen, Beschäf-

tigte in höheren beruflichen Stellungen bleiben zwischen 1985

und 2000 von Risiken verschont.

Als Fazit ist festzuhalten, dass die sich ausbreitende Destandardi-

sierung der Erwerbsarbeit für Arbeitnehmer nicht mit einer Zu-

nahme von Chancen verbunden ist, obwohl Impulse für den

Transformationsprozess der industriellen zur „neuen“ Arbeitsge-

sellschaft auch von der Arbeitsangebotsseite kommen. Von der

Destandardisierung profitiert in erster Linie die Arbeitsnachfrage-

seite. Doch bleibt abzuwarten, ob die Ausbreitung der Flexibilisie-

rungsstrategie langfristig die einzige Strategie sein kann, um auf

Auftragsschwankungen zu reagieren. Denn Unternehmen sind

nicht nur auf die Innovationsbereitschaft von Hochqualifizierten

angewiesen sondern auch auf die Mitarbeit der weniger Qualifi-

zierten (z.B. in der Erbringung von Serviceleistungen im Handel).

Durch die immer geringer werdenden Zugeständnisse der Betrie-

be an diese Beschäftigten in Form einer Abnahme von Arbeits-

platzstabilität und Beschäftigungssicherheit ist es fraglich, ob Ar-

beitnehmer weiterhin bereit sein werden, Leistungen zur Zufrie-

denheit von Kunden und Betrieben zu erbringen, die über die rei-

ne Pflichterfüllung hinaus gehen. Ist dies nicht der Fall, stellt die

Destandardisierung der Erwerbsarbeit letztendlich auch eine Ge-

fahr für die Überlebensfähigkeit der Unternehmen dar.

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Schlussbetrachtung

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Williamson, Oliver E. (1990): Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus. Un-ternehmen, Märkte, Kooperationen. Englischer Originaltitel: The Economic Institutions ofCapitalism. Tübingen. Mohr.

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Willke, Gerhard (1998): Die Zukunft unserer Arbeit. Hannover: Niedersächsische Landes-zentrale für Politische Bildung.

Willke, Helmut (1999): Die Wissensgesellschaft. Wissen ist der Schlüssel zur Gesellschaft.In: Armin Pongs (Hrsg.): In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich? Gesellschaftskonzepteim Vergleich. Band.1. München. Dilemma. S.259-280.

Yamaguchi, Kazuo (1991): Event History Analysis. (Applied Social research methods series;v. 28). Newbury Park, London New Delhi: Sage Publications.

Page 330: Die Destandardisierung und Flexibilisierung der ......Auch meiner Kollegin Alexandra Düntgen möchte ich danken, die inhaltlichen Diskussionen mit ihr haben mir geholfen, meine eige-nen

Tabellenverzeichnis

330

TabellenverzeichnisTabelle 1: Betriebszugehörigkeitsdauer aller Erwerbstätigen in Jahren .............................. 134

Tabelle 2: Betriebszugehörigkeitsdauer aller Erwerbstätigen in Jahren differenziert nach

Beschäftigungsniveau 158

Tabelle 3: Betriebszugehörigkeitsdauer aller Erwerbstätigen in Jahren differenziert nach

Geschlecht und Wochenarbeitszeit 180

Tabelle 4: Betriebszugehörigkeitsdauer in Jahren differenziert nach Berufserfahrung ....... 187

Tabelle 5: Entwicklung des Trends: Jahresgenaue Darstellung für Ersteinstiege und

Episoden ab 1985 mit und ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklung.......... 207

Tabelle 6: Flexibilisierungsindikatoren: Cox-Regressionen für Arbeitgeberwechsel,

innerbetriebliche Wechsel und Übergänge in Selbstständigkeit für Ersteinstiege............... 213

Tabelle 7: Aufwärtsmobilität/Chancen: Cox-Regressionen für Aufstiege insgesamt, Aufstiege

bei Arbeitgeberwechsel, Aufstiege bei innerbetrieblichem Wechsel und Wiedereinstiege nach

Arbeitslosigkeit für Ersteinstiege 214

Tabelle 8: Abwärtsmobilität/Risiken: Cox-Regressionen für Abstiege insgesamt, Abstiege bei

Arbeitgeberwechsel und Übergänge in Arbeitslosigkeit für Ersteinstiege............................ 215

Tabelle 9: Flexibilisierungsindikatoren: Cox-Regressionen für Arbeitgeberwechsel,

innerbetriebliche Wechsel und Übergänge in Selbstständigkeit für Episoden ab 1985....... 216

Tabelle 10: Aufwärtsmobilität/Chancen: Cox-Regressionen für Aufstiege insgesamt,

Aufstiege bei Arbeitgeberwechsel, Aufstiege bei innerbetrieblichen Wechseln und

Wiedereinstiege nach Arbeitslosigkeit für Episoden ab 1985 217

Tabelle 11: Abwärtsmobilität/Risiken: Cox-Regressionen für Abstiege insgesamt, Abstiege

bei Arbeitgeberwechsel, Abstiege bei innerbetrieblichem Wechsel und Übergänge in

Arbeitslosigkeit für Episoden ab 1985 218

Tabelle 12: Interaktionseffekte mit dem Trend: Flexibilisierungsindikatoren für Ersteinstiege:

Arbeitgeberwechsel, innerbetriebliche Wechsel und Übergänge in Selbstständigkeit ........ 229

Tabelle 13: Interaktionseffekte mit dem Trend: Aufwärtsmobilität/Chancen für Ersteinstiege:

Aufstiege insgesamt, Aufstiege bei Arbeitgeberwechsel, Aufstiege bei innerbetrieblichem

Wechsel und Weidereinstiege nach Arbeitslosigkeit 231

Tabelle 14: Interaktionseffekte mit dem Trend: Abwärtsmobilität/Risiken für Ersteinstiege:

Abstiege insgesamt, Abstiege bei Arbeitgeberwechsel, Übergänge in Arbeitslosigkeit....... 233

Tabelle 15: Interaktionseffekte mit dem Trend: Flexibilisierungsindikatoren für Episoden ab

1985: Arbeitgeberwechsel, innerbetriebliche Wechsel und Übergänge in Selbstständigkeit

234

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Tabellenverzeichnis

331

Tabelle 16: Interaktionseffekte mit dem Trend: Aufwärtsmobilität/Chancen für Episoden ab

1985: Aufstiege insgesamt, Aufstiege bei Arbeitgeberwechsel, Aufstiege bei

innerbetrieblichem Wechsel und Wiedereinstiege nach Arbeitslosigkeit ............................. 237

Tabelle 17: Interaktionseffekte mit dem Trend: Abwärtsmobilität/Risiken für Episoden ab

1985: Abstiege insgesamt, Abstiege bei Arbeitgeberwechsel, Abstiege bei innerbetrieblichem

Wechsel und Übergänge in Arbeitslosigkeit 239

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Abbildungsverzeichnis

332

AbbildungsverzeichnisAbbildung 1: Arbeitslosenquote in Prozent pro Jahr (Basis: Gesamtheit der Erwerbs-

personen) 72

Abbildung 2: Einfaches Vertragsschema von Williamson 83

Abbildung 3: Einfaches Vertragsschema von Williamson ergänzt um die Funktion des

Vertrauens 95

Abbildung 4: Zuordnung beruflicher Stellungen zu Karrierestufen 131

Abbildung 5: Arten von Jobwechseln in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Gesamtheit der

Erwerbstätigen) 135

Abbildung 6: Arbeitgeberwechsel und Wirtschaftswachstum in Prozent pro Jahr

(Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen) 136

Abbildung 7: Übergänge in Selbstständigkeit in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Gesamtheit

der Erwerbstätigen) 137

Abbildung 8: Auf- und Abstiege bei Jobwechsel in Prozent pro Jahr gemessen in

Veränderungen der beruflichen Stellung (Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen) . 139

Abbildung 9: Auf- und Abstiege bei Jobwechsel und/oder Erwerbsstatuswechsel in Prozent

pro Jahr gemessen in mindestens fünf- bzw. zehnprozentigen Einkommensveränderungen

(Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen) 140

Abbildung 10: Auf- und Abstiege bei Jobwechseln in Prozent pro Jahr (Risikomenge:

Betriebswechsler bzw. innerbetriebliche Jobwechsler) 141

Abbildung 11: Vergleich Sozialleistungen: Anteile von Verbesserungen und

Verschlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler) ............................... 142

Abbildung 12: Vergleich Arbeitszeitregelung: Anteile von Verbesserungen und

Verschlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler) ............................... 143

Abbildung 13: Vergleich Arbeitsbelastung: Anteile von Verbesserungen und

Verschlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler) ............................... 144

Abbildung 14: Vergleich Arbeitsplatzsicherheit: Anteile von Verbesserungen und

Verschlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler) ............................... 145

Abbildung 15: Vergleich Verdienst: Anteile von Verbesserungen und Verschlechterungen in

Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler) 146

Abbildung 16: Vergleich Aufstiegsmöglichkeiten: Anteile von Verbesserungen und

Verschlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler) ............................... 147

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Abbildungsverzeichnis

333

Abbildung 17: Vergleich Tätigkeit: Anteile von Verbesserungen und Verschlechterungen in

Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler) 148

Abbildung 18: Vergleich Verwendung beruflicher Qualifikationen: Anteile von

Verbesserungen und Verschlechterungen in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Jobwechsler)

149

Abbildung 19: Übergänge in Arbeitslosigkeit in Prozent pro Jahr (Risikomenge: Gesamtheit

der Erwerbstätigen) und Wiedereinstiege nach Arbeitslosigkeit in Prozent pro Jahr

(Risikomenge: Gesamtheit der Arbeitslosen) 150

Abbildung 20: Anteile der Erwerbstätigen an niedrigen, mittleren und hohen

Beschäftigungsniveaus in Prozent pro Jahr 156

Abbildung 21: Arbeitgeberwechsel differenziert nach Beschäftigungsniveau in Prozent pro

Jahr (Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen) 157

Abbildung 22: Anteile von Aufstiegen bei Jobwechsel in Prozent pro Jahr gemessen in

Wechseln der beruflichen Stellung (Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen) .......... 162

Abbildung 23: Anteile von Abstiegen bei Jobwechseln in Prozent pro Jahr gemessen in

Wechseln der beruflichen Stellung (Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen) ......... 163

Abbildung 24: Anteile von Verschlechterung der Arbeitsplatzsicherheit in Prozent pro Jahr

differenziert nach Beschäftigungsniveau (Risikomenge: Jobwechsler) ............................... 165

Abbildung 25: Anteile von Verschlechterung des Verdienstes in Prozent pro Jahr differenziert

nach Beschäftigungsniveau (Risikomenge: Jobwechsler) 166

Abbildung 26: Anteile von Verschlechterung der Aufstiegsmöglichkeiten in Prozent pro Jahr

differenziert nach Beschäftigungsniveau (Risikomenge: Jobwechsler) ............................... 167

Abbildung 27: Anteile von Verschlechterung der Art der Tätigkeit in Prozent pro Jahr

differenziert nach Beschäftigungsniveau (Risikomenge: Jobwechsler) ............................... 167

Abbildung 28: Zusammensetzung der Erwerbstätigen nach Geschlecht und wöchentlicher

Arbeitszeit in Prozent pro Jahr 174

Abbildung 29: Arbeitgeberwechsel in Prozent pro Jahr differenziert nach Geschlecht

(Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen) 175

Abbildung 30: Zuordnung vollzeitbeschäftigter Männer zu Beschäftigungsniveaus in Prozent

pro Jahr 176

Abbildung 31: Zuordnung vollzeitbeschäftigter Frauen zu Beschäftigungsniveaus in Prozent

pro Jahr 177

Abbildung 32: Zuordnung teilzeitbeschäftigter Frauen zu Beschäftigungsniveaus in Prozent

pro Jahr 178

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Abbildungsverzeichnis

334

Abbildung 33: Zuordnung teilzeitbeschäftigter Männer zu Beschäftigungsniveaus in Prozent

pro Jahr 179

Abbildung 34: Arbeitgeberwechsel in Prozent pro Jahr differenziert nach Berufserfahrung

(Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen) 183

Abbildung 35: Anteile von Abstiegen gemessen in mindestens zehnprozentigen

Einkommensverschlechterungen in Prozent pro Jahr differenziert nach Berufserfahrung

(Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen) 185

Abbildung 36: Anteile von Aufstiegen gemessen in mindestens zehnprozentigen

Einkommensverbesserungen in Prozent pro Jahr differenziert nach Berufserfahrung

(Risikomenge: Gesamtheit der Erwerbstätigen) 185

Abbildung 37: Zusammensetzung der Beschäftigungsniveaus bei 0-5 Jahren

Berufserfahrung (Grundgesamtheit: Gesamtheit der Erwerbstätigen) ................................ 189

Abbildung 38: Zusammensetzung der Beschäftigungsniveaus bei 6-10 Jahren

Berufserfahrung (Grundgesamtheit: Gesamtheit der Erwerbstätigen) ................................ 189

Abbildung 39: Zusammensetzung der Beschäftigungsniveaus bei 11-20 Jahren

Berufserfahrung (Grundgesamtheit: Gesamtheit der Erwerbstätigen) ................................ 190

Abbildung 40: Zusammensetzung der Beschäftigungsniveaus mit über 20 Jahren

Berufserfahrung (Grundgesamtheit: Gesamtheit der Erwerbstätigen) ................................ 190