Die digitale Volumentomografie in der …...Die digitale Volumentomografie in der oralchirurgischen...

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Die digitale Volumentomografie in der oralchirurgischen Praxis DiedigitaleVolumentechnologie (DVT) wurdeerstmals Ende der goer-Jahre in die Zahnmedizin eingefuhrt und ermbglichte der Computertomografie (CT) vergleichbare Darstellungsmbglichkeiten der kraniofazialen Strukturen m it Rekonstruktionen in versch iedenen Ebenen.' Die konti- n uierliche Verbesserung der DVT in den letzten Jah ren, be- sonders im Hinblick auf Bildqualitat, Dosisreduktion und die Vergrbrserung des Field of View (FOV = Ausschnitt, den das Gerat maxima Ida rstellen kan n),fuhrte zu einer drasti- schen Weiterentwicklung der diagnostischen Mbglichkei- ten sowie der Behandlu ngsplanu ngfu r a lie zah nmedizini- schen Teildisziplinen. Heutzutage gibt es fur die DVT ein breites Indikationsspektrum in der Zahnheilkunde, Oral- chirurgie und Kieferorthopadie, wodurch die diagnosti- sche Prazision erheblich gesteigert wird, sodass pathologi- sche Veranderungen, aber auch anatomische Struktur- varianten, die zu einer Beeintrachtigung der geplanten Therapiefuhren kbnnten,rechtzeitig erka nnt und in die Be- handlungeingeplantwerden kbnnen. Za h Ireiche weitere med izi n ische Diszi pi inen profitieren ebenfa lis diagnostisch und thera peutisch erheblich von Abb. 1: Strahlenhygienisches und kassenwirtschaftliches Praxiskon- zept beim Einsatz der DVT.Du rch eineeinzigeAufnahme mit49-61 fJSv wird bei etlichen Patienten eine Vielzahl zusatzlicher Aufnahmen mit weiterer Strahlenbelastung vermieden. Gleichzeitig werden auch die Kosten reduziert, daMehrfachaufnahmen bei verschiedenen Arzten LiberflLissig werden. 0,95 ± 0,05 0,64±0,11 0,55±0,11 0,58 ± 0,15 Panoramaschichtaufnahme (PSA) Kiefergelenkprojektion aus PSA-Gerat Tab. 1: Obersicht Liber die diagnostische Genauigkeit verschiedener bildgebender Verfahren im Bereich der Kiefergelenke (Honey et al. 2007). Danach ist die DVT das einzig zuverlassige bildgebende Verfah- ren fLi r die Befundung der Kiefergelenke. dieser Technologie. So kbnnen mit nur einer einzigen DVT-Aufna h me Bereiche der Ha Is-Nasen-Oh ren-Hei 1- ku nde, Sch lafmed izi n u nd Mu nd-Kiefer-Gesichtsch i ru r- gie abgedeckt werden (Abb.1). Za h Ireiche wissenschaftl iche U ntersuch u ngen, insbe- sondere aus den vergangenen drei Jahren, belegen die spezifische Genauigkeit der digitalen Volumentechno- logie sowie ihre Uberlegenheit uber bisherige konventi- nelle Techniken (Tab. 1)2-6 Somit durfte beispielsweise die wissenschaftliche Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft fUr Kieferorthopadie aus dem Jahre 2008, in der die Notwendigkeit einer weiteren wissenschaft- lichen Untermauerung des klinischen Potenzials der DVT angemahnt wurde, bereits knapp zwei Jahre nach ihrerVerbffentlichung schon wieder uberholt sein. 1m Unterschied zur konventionellen Computertomogra- fie, bei der dunne Einzelschichten eines Kbrperteils auf- genommen und anschliersend zu einem 3-D-Objekt zu- sammengefugt werden, wird bei der DVT das Volumen des aufzunehmenden Bereichs durch ein kegelfbrmiges Strahlenbundel erfasst u nd seku nda r mithi Ife einer spe- ziellen Software in Schichten dargestellt. Dieses Verfah- ren basiert auf der sogenannten Cone-Beam-Technolo- gie und wird daher, vor allem im englischsprachigen Raum, auch CBCT genannt.J-8 Ais Detektoren kommen bei den verschiedenen Geraten auf dem derzeitigen Markt zwei unterschiedliche Systeme zum Einsatz, die Bildversta rker-Tech nologie u nd die Flat-Pa nel-Tech nolo- gie. Bis auf ganz wenige Ausnahmen uberwiegt mittler- weile die Flat -Pa nel-Tech nologie am Ma rkt

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Die digitale Volumentomografie in deroralchirurgischen Praxis

• DiedigitaleVolumentechnologie (DVT) wurdeerstmalsEnde der goer-Jahre in die Zahnmedizin eingefuhrt undermbglichte der Computertomografie (CT) vergleichbareDarstellungsmbglichkeiten der kraniofazialen Strukturenm it Rekonstruktionen in versch iedenen Ebenen.' Die konti-n uierliche Verbesserung der DVT in den letzten Jah ren, be-sonders im Hinblick auf Bildqualitat, Dosisreduktion unddie Vergrbrserung des Field of View (FOV = Ausschnitt, dendas Gerat maxima Ida rstellen kan n),fuhrte zu einer drasti-schen Weiterentwicklung der diagnostischen Mbglichkei-ten sowie der Behandlu ngsplanu ngfu r a lie zah nmedizini-schen Teildisziplinen. Heutzutage gibt es fur die DVT einbreites Indikationsspektrum in der Zahnheilkunde, Oral-chirurgie und Kieferorthopadie, wodurch die diagnosti-sche Prazision erheblich gesteigert wird, sodass pathologi-sche Veranderungen, aber auch anatomische Struktur-varianten, die zu einer Beeintrachtigung der geplantenTherapiefuhren kbnnten,rechtzeitig erka nnt und in die Be-handlungeingeplantwerden kbnnen.Za h Ireiche weitere med izi n ische Diszi pi inen profitierenebenfa lis d iagnostisch u nd thera peutisch erheblich von

Abb. 1: Strahlenhygienisches und kassenwirtschaftliches Praxiskon-zept beim Einsatz der DVT.Du rch eineeinzigeAufnahme mit49-61 fJSvwird bei etlichen Patienten eine Vielzahl zusatzlicher Aufnahmen mitweiterer Strahlenbelastung vermieden. Gleichzeitig werden auch dieKosten reduziert, da Mehrfachaufnahmen bei verschiedenen ArztenLiberflLissig werden.

0,95 ± 0,05

0,64±0,11

0,55 ±0,11

0,58 ± 0,15

Panoramaschichtaufnahme (PSA)

Kiefergelenkprojektion aus PSA-Gerat

Tab. 1: Obersicht Liber die diagnostische Genauigkeit verschiedenerbildgebender Verfahren im Bereich der Kiefergelenke (Honey et al.2007). Danach ist die DVTdas einzig zuverlassige bildgebende Verfah-ren fLi r die Befundung der Kiefergelenke.

dieser Technologie. So kbnnen mit nur einer einzigenDVT-Aufna h me Bereiche der Ha Is-Nasen-Oh ren-Hei 1-ku nde, Sch lafmed izi n u nd Mu nd-Kiefer-Gesichtsch i ru r-gie abgedeckt werden (Abb.1).Za h Ireiche wissenschaftl iche U ntersuch u ngen, insbe-sondere aus den vergangenen drei Jahren, belegen diespezifische Genauigkeit der digitalen Volumentechno-logie sowie ihre Uberlegenheit uber bisherige konventi-nelle Techniken (Tab. 1)2-6 Somit durfte beispielsweisedie wissenschaftliche Stellungnahme der DeutschenGesellschaft fUr Kieferorthopadie aus dem Jahre 2008,in der die Notwendigkeit einer weiteren wissenschaft-lichen Untermauerung des klinischen Potenzials derDVT angemahnt wurde, bereits knapp zwei Jahre nachihrerVerbffentlichung schon wieder uberholt sein.

1m Unterschied zur konventionellen Computertomogra-fie, bei der dunne Einzelschichten eines Kbrperteils auf-genommen und anschliersend zu einem 3-D-Objekt zu-sammengefugt werden, wird bei der DVT das Volumendes aufzunehmenden Bereichs durch ein kegelfbrmigesStrahlenbundel erfasst u nd seku nda r mithi Ife einer spe-ziellen Software in Schichten dargestellt. Dieses Verfah-ren basiert auf der sogenannten Cone-Beam-Technolo-gie und wird daher, vor allem im englischsprachigenRaum, auch CBCT genannt.J-8 Ais Detektoren kommenbei den verschiedenen Geraten auf dem derzeitigenMarkt zwei unterschiedliche Systeme zum Einsatz, dieBildversta rker-Tech nologie u nd die Flat-Pa nel-Tech nolo-gie. Bis auf ganz wenige Ausnahmen uberwiegt mittler-weile die Flat -Pa nel-Tech nologie am Ma rkt

In der Sl-Leitlinie der DGZMK vom April 2009 wird hin-sichtlich der Strahlenbelastungfur die DVT eine mittlereeffektive Dosis von 201 fJSv+/ -275 fJSvangegeben. Da dieeffektive Dosis zwischen den DVT-Geraten versch iedenerHersteller erheblich variiert (13 fJSv bis 1.073 fJSv!), ist dieAngabeeines mathematischen Durchschnittswertesfurden Klin iker n icht sehrvortei Ihaft u nd ebenso wen ig ziel-fuhrend. Hinzu kommt, dass Gerate mit extremen Ab-weichungen (z.B. 1.073 fJSv) nach oben sich entwedernicht mehr am Markt befinden oder in Deutschland (z.B.PreXion) gar nicht erhaltlich sind.lm Hinblick auf das ei-gentliche Ziel, namlich dieeffektive Dosis bei einer Unter-suchung so weit wie mbglich zu reduzieren, sollte viel-mehr in einerSl-Leitliniedaraufhin gewirktwerden,dassim kli n ischen Betrieb nu r DVT-Gerate eingesetzt werdensollten, die mit einer effektiven Dosis von weniger als90 fJSv einhergehen. Nach dem aktuellen Report derFrench AcademyofSciences vom Marz 2005 sind bei die-sen niedrigen Dosen keine Strahlenrisiken im Sinne vonLeukamien oder Krebsentstehung zu erwarten, weil da-furdeutlich hbhere Dosen erforderlich sind9Zahlreichewissenschaftliche Studien belegen,dass guteDVT-Sca n ner, bei ausreichendem FOV u nd guter Bi Idq ua-litat, nach den aktuellen ICRP-Richtlinien aus dem Jahre2007 eine Strahlenexposition von 56 bis 61 fJSv verursa-chen.lO Du rch den Einsatz weiterer spezifischer Stra h len-schutzmafSnahmen - insbesonderefurdie Schilddruse-ist nach jungsten U ntersuch u ngen von Hirsch et al. eineweitere Reduktion der effektiven Dosis um 20 Prozentmbglich. Daraus resultiert bei einem FOV von 13x 16 cm,was sowohl fur eine kieferorthopadische Behandlungs-planung als auch fur Implantatplanungen in beiden Kie-fern ausreicht, eine effektive Dosis von 49 fJSv fur iCATclassic Scanner. Bei Verwendung von sogenannten "lowdose"-Protokollen kann man dieeffektive Dosis sogar aufWerte < 40 fJSv reduzieren.ICRP 2007-konforme Untersuchungen von Ludlow et al.(2008) konnten zeigen, dass handelsubliche Panorama-schichtaufnahmen miteinereffektiven Dosisvon 24,8 fJSvein hergehen. Fur analoge Panora maschichta ufna hmege-rate (PSA) beschrieben Kiefer et al. (2004) sogar effektiveDosen bis zu 54 fJSv.Stellt ma n nun einen Vergleich der ef-fektiven Dosen von PSAund DVTauf,sowird deutlich,dassdie Werte fur bestimmte DVT-Scanner nur noch knapp uberdenen der PSA liegen, vor allemwenn man beachtet, dass inDeutschland etwa 70% derZahnarzte noch analoge Rbnt-gentechniken anwenden. In Ver-gleichsstudien mit Computerto-mografien konnte gezeigt wer-den, dass moderne DVT-Scannerbis zu 90 Prozent weniger Strah-len belastu ngveru rsachen a Is CT-Scanner.",12 Zahnfilmstaten ver-ursachen sogar effektive Dosenzwischen 170 und 388 fJSv.Damit

liegen Zahnfilme hinsichtlich der Strahlenbelastung umein Vielfaches uber den Dosen der DVTs.Nach Angaben des Bundesamtes fur Strahlenschutz ma-chen in Deutschland zahlenmafSig aile angefertigtenzahnmedizinischen Rbntgenaufnahmen jahrlich 33% dergesamtmedizinischen Rbntgenaufnahmen aus. Trotz derhohen Anzahl tragen die zahnmedizinischen Aufnahmenaber n ur 0,2 % zur ja hrlichen gesamtmedizin ischen Strah-lenbelastung beL Eine Untersuchung auf der Basis von27195 Millionen Rbntgenabrechnungspositionen gesetz-lich versicherter Patienten ergab in diesem Zusammen-hang hochinteressante Ergebnisse. Wurde die gesamtedeutsche Zahnmedizin nur noch einzelne Zahnfilme zurKariesdiagnostik und daruber hinaus ausschliefSlich DVTzur Rbntgendiagnostik einsetzen, wurde der Anteil an derjahrlichen gesamtmedizinischen Strahlenbelastung von0,2 % auf 0,242 % ansteigen (Tab. 2). Dies macht deutlich,dass die Strah lenbelastung nicht ein vordergrundiges Pro-blem im Rahmen der Anwendung der DVT ist. Daraus darfman jedoch nicht ableiten,dass man in dertaglichen Praxiswahllos mit Rbntgenstrahlen umgehen kann.

Einzelne rechtfertigende Indikationen zur Anfertigungeines DVT in der Zahnmedizin sind in der Sl-Leitlinie derDGZMK vom April 2009 (wwwdgzmk.de) aufgefuhrt.Die mit weitem Abstand wichtigste Indikation fur einDVT ist jedoch die "umfassende Ausgangsdiagnostik",Wahrend Politik und Krankenkassen nur mit Einzelindi-kationen argu mentieren, steht fur ei nen Behandler einemedizinisch sinnvolle Diagnostik des individuellen Pa-tienten im Vordergrund, Der grbfSte Vortei lei ner DVT be-steht eben darin, dass mit einer einzigen Rbntgenauf-nahme zahllose Informationen bei niedrigster Strahlen-belastu ng - die richtige Geratea uswa h I vora usgesetzt-fur Diagnostik und Therapie zur Verfugung stehen, diesonst entweder gar nicht oder nur mit mehreren Rbnt-genaufnahmen und einer erheblich hbheren Strahlen-belastu ng zu erzielen sind. Da mit ist ei n DVT seh r stra h-lenhygien isch u nd sehr kassenwi rtschaftl ich. Das bedeu-tet aber nicht, dass ein DVT auch fur den Betreiber wirt-schaftlich rentabel ist,aber aufdiesen Punkt wird spatereingegangen.

GesamtdosisKCH

GesamtdosisKFO

GesamtdosisKCH/KFO

Anteil an der gesamt-medizinischen Oosis (%)

0,2

0,208

0,242

40794

70251

70251

724.420

753877

913650

Tab. 2: Darstellung der zahnmedizinisch verursachten Strahlenbelastung bei gesetzlich versichertenPatienten in Relation zur jahrlichen med izinischen Strah lenbelastung sowie in Relation zur ja hrlichenGesamtstrahlenbelastung. Die Daten basieren auf den Angaben des Bundesamtes fur Strahlen-sch utz und der KZBVaus den Jahren 2007/2008. Wen n die gesamte deutsche Kieferorthopadie DVTanstatt OPG und Fernrbntgen seitlich anwenden wurde, erhbht sich der zahn medizin ische Anteil ander gesamtmedizinischen Strahlenbelastung von 0,2% auf 0,208 %. Wurde die gesamte Zahnmedi-zin komplett aufDVT"umstellen" -was an dieserStelle keine Empfehlung sein 5011-,wurdederzahn-medizinische Anteil auf 0,242 % ansteigen.

Abb. 2: 3-D-gerenderte Darstellung von Knochen- und Weichteilstrukturen mithilfe der DVT-Technologie, z.B.als Grundlage fur die dreidi mensionale kephalometrische Ana lyse im Rahmender KFO-Behandlung. - Abb. 3: Typischer Auszug aus einem Implantatreport (Mesantis GmbH,Berlin) zum bildunterstutzten Aufklarungsgesprach fur den Uberweiser und seinen Patienten.3-D-gerenderte Darstellung der Implantatsimulation in Regio 46 sowie Darstellung der zu er-wa rtenden Knochendichte. Die Aufna hme wurde oh ne Schablone erstellt.

Nicht zuletzt durch die gesetzlichen Auflagen an ein Qualitatsmanagementmuss im Streitfall ein Zahnarzt heutzutage nachweisen,dass er im Rahmender Behandlung ordnungsgemars diagnostiziert bzw. befundet hat. Darausergibt sich die Notwendigkeit fur Zahnarzte, Diagnoseverfahren einzuset-zen, die die grorstmogliche Sicherheit bieten. Die Befunderhebung mittelsDVT genugt dem rechtlichen Anspruch, dass der Arzt bei mehreren zurVer-fugung stehenden Untersuchungsmethoden diejenige zu verwenden hat,die fu r den u ntersuchten Patienten bei opti ma ler Effizienz die geri ngstenschad lichen Foigen hat. N icht n u r bei speziellen med izi n ischen Fragestell u n-gen,sondern auch und gerade bei"Wunschbehand lu ngen" (z.B.lmplantatio-nen), m it den da m itverbu ndenen erhohten Haftu ngsa nforderu ngen, ist ei neU ntersuch u ng m ittels DVT "State of the Art"13Die hervorragende Hochkontrastauflosung bei gleichzeitig relativ niedrigereffektiver Dosis pradesti n iert die DVT fu r die Ha rtgewebsd iagnosti k (Kno-chen, Zahn) (Abb. 2). Dementsprechend ist die dreidimensionale 1mpia ntat-planung (siehe auch Sl-leitlinie der DGZMK von 2009) eine sehr haufigerechtfertigende Ind ikation in der taglichen Praxis. Aber a uch h ier gi bt es wie-der eine grorse Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. In derTheorie heirstes, dass man ein DVT bei "unklarem Knochena ngebot" anfertigen sollte. Furdie Praxis bedeutet dies jedoch, woher wei rsder Beha nd ler, ob es ei nun kla resKnochenangebot gibt, wenn er noch gar keine dritte Dimension hat. Hinzukommen dann die Kostentrager, die dann mit negativem Unterton nachfra-gen" ... wozu haben Sie eigentlich ein DVT gemacht,es liegt doch genugendKnochen vor ...". Dazu muss man abereben die dritte Dimension gesehen ha-ben, um dies entsprechend beurteilen zu konnen. Diese Zusammenhangesi nd die ha ufigste Diskrepa nz in dertagl ichen Diskussion zwischen Theoreti-kern und Praktikern. Nur eine dreidimensionale Implantatplanung erlaubtdie exakte Vermessung des Knochenangebots in allen Raumdimensionen,die Bezieh u ng zu Nach ba rstru ktu ren wie Kieferhoh Ie u nd Ma nd ibu la rka na I,sowie die Erhebung der zu erwartenden Knochendichte (Abb. 3). Eine sinn-volle Planung und Herstell u ng von Bohrschablonen ist ohne DVT n icht mog-lich (AbbA).Aufgrund von §2C der Rontgenverordnu ng und der bis zu 90 Pro-zent hoheren Strahlenbelastung verbietet sich der Einsatz der Computer-tomografie (CT) im Rahmen der taglichen dentalen Implantatplanung,wenngleich trotz gesetzlicher Regelungen die CTvon vielen noch aus alt her-gebrachter Gewohn heit eingesetzt wird.Doch nicht nur fur die Implantatplanung ist die DVT konventionellen Ront-genverfa h ren u berlegen, sodass sich za h Ireiche weitere Ind ikationsmogl ich-keiten in der zahnarztlichen Praxis ergeben. Die DVT bietet im Rahmen derKiefergelen ksd iagnosti k ei ne sichere Method ik zu m Aussch Iuss pri ma rer Ge-lenkerkrankungen und ist daruber hinaus auch allen ubrigen Kiefergelenks-projektionen deutlich uberlegen (Abb. 5).'4-'6 1m Bereich der Parodontologie

Abb.4: DVT zur Implantatplanung unterVerwendung einer Schablone mit rontgenopaken Zahnen zur Festlegung der optimalen Implantatpo-sition in Abhangigkeit von der zukLinftigen Supra konstruktion. -Abb. 5: Kiefergelenksdarstellung mithilfe der DVT.Die achsengerechte Darstel-lung der Kondylen im DVT ergibt deutliche osteoarthrotische Veranderungen. Typischer Kiefergelenk-Report.-Abb. 6: 3-D-gerenderte Darstel-lung der parodontalen Situation zur Beurteilung von Knochendefekten und Furkationsbeteiligungen.

ermbglicht die DVTdie Visualisierung der dreidimensio-nalen parodontalen Situation, wodurch parodontal-chirurgische Eingriffe optimal geplant und durchge-fu hrt werden kbn nen (Abb. 6). Die Diagnostik pathologi-scher Veranderungen sowie ihrer Ausdehnung und La-gebeziehung zu Nachbarstrukturen wird mithilfe derDVTerheblich erleichtert (Abb.7).Zusatzlich kbn nen ver-lagerte,reti nierte und uberza hIige Zahne in alien d rei Di-mensionen da rgestellt und som it vor ch iru rgischen Ein-griffen nicht nur exa kt lokal isiert werden, sondern auchLagebezieh ungen zu wichtigen Nach barstru ktu ren,wiedem Nervus alveolaris geklart werden (Abb. 8 und 9).In der Kieferorthopad ie stellt die Beurtei lung des peri-dentalen Knochenangebotes vor kieferorthopadischerZahnbewegung die wichtigste rechtfertigende Indika-tion dar (Abb.lO), da bis zu 90 % der Patienten periden-ta Ie knbcherne Defizite an einzel nen Zahnen bereits vorBeginn der kieferorthopadischen Behandlung aufwei-sen. Auch die Planung von umfangreichen Behandlun-gen im Rahmen der orthognathen Chirurgie erfahrtdurch die Mbglich keit dervirtuellen Pianung und Visua-lisierung des Endergebnisses eine erhebliche Weiter-entwicklung (Abb.ll). Dadurch kann in der Regel die ak-tive Behandl ungszeitfu r den Patienten um m indestens50 % verku rzt werden.Nicht jeder Patient profitiertvon einer DVT-Aufnah me,so-dass der fachkundige Arzt individuell eruieren muss, obdiese sinnvoll und notwendig ist. Eine sorgfaltige Aus-wa hi der rechtfertigenden Ind ikation ist Grundvora usset-zung fur radiologische Aufnahmen, einschlierslich der

DVT.Die rechtfertigende Indi kation kann nurei nZahnarztstellen, wenn er uber die spezielle Fachkunde verfugt. EinGutachter ohne Fachkunde darf weder eine Indikationnoch eine Kontraindikation stellen. Selbst wenn ein Gut-achter mit DVT-Fachkundevom Schreibtisch auseine DVTablehnt, verstbrst das gegen §23der Rbntgenverordn ung,da der Patient persbnlich untersuchtwerden muss.Wennein Gutachter eine durch einen DVT-Fachkundigen ge-stellte rechtfertigende Indi kation ableh nen mbchte, ist ernach der Rbntgenverordn ung verpflichtet, den Patientenpersbnlich zu untersuchen. Diese Zusammenhange sindvielen Versicheru ngen leider nicht hinlanglich bekannt.

Ein extrem wichtiger Punkt, der bei der Erstellung einerDVT-Aufnahme geklart werden muss, ist, ob der befun-dende Arzt gesetzlich verpflichtet ist,alle pathologischenVeranderungen zu erkennen bzw. zu diagnostizieren,auch solche,die nicht in seinem Interessensgebiet liegen.Hierzu ist klaranzu merken,dass Lim itationen desAugen-merks aufnureine bestimmte Regionder DVT-Aufnahmeauszusch liersensind.Vielmeh r m ussen alie Aspekte jedereinzelnen Aufnahme systematisch gepruft werden.'7 So-mit istesdieVerpflichtungdes Fachkundigen,derdas DVTanordnet und befundet, nicht nur auf das Gebiet be-schrankt, zu dessen Beurteilung das DVTerstellt wurde.Desweiteren fordert derVorsta nd der America nAcademyof Oral and Maxillofacial Radiology (AAOMR),dass Fach-

kundige in der Lage sein mus-sen, eine fachgerechte Aus-wertung und Befundung allervorkommenden Abnormalita-ten sowie aller mbglichen pa-thologischen Veranderu ngenim gesamten DVT vorzuneh-men. 1st dies nicht der Fall,sollte die Befundung undInterpretation an einen Spezi-alisten bzw.ein dentales Rbnt-geninstitut ubertragen wer-den.'S Auch die America nAsso-siation of Orthodontists for-dert, dass eine medizinische

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Abb. 7: 3-D-gerenderte Darsteliung, sowie Darstellung der einzelnen Schichten von frontal eines im Bereichdes rechten Sinus ethmoidalis befindlichen Osteoms,das als Zufallsbefund entdeckt wurde.-Abb.8:3-D-ge-renderte Darstell ung sowie Darstell ung tra nsversaler,axia ler und sagitta ler Schichten des verlagerten undretinierten Zahnes48 aus einem Weisheitszahn-Report. Dieeinzelnen Schichten liefern dietherapeutisch re-levante Information Liber Lage und Verlaufdes N.alveolaris inferius,der in diesem Fall interradikularverlauft .

Abb. 9: Darstellu ng eines verlagerten Eckzahnes im 3-D-gerenderten Bild und in tra nsversalen Schichten, die wichtige therapeutische Informa-tionen uber Lagebeziehung und miigliche Wurzelresorptionsvorgange der angrenzenden Zahne liefern So kann vor einer Freilegung die ent-sprechende Stelle exa kt ausgewa hltwerden.-Abb.l0: Typischer Report zu r Darstell ungdes peridentalen Knochena ngebotes im Rahmen der kie-ferorthopadischen Behandlungsplanung im Oberkiefer. Rote und grune pfeile markieren die IST-und SOLL-Position.-Abb.ll: Bei orthognathenChirurgiepatienten erfolgt nach Anfertigung einer DVT-Aufnahme die virtuelle Operationsplanung des Patienten an speziellen Befundungs-rechnern mithilfe spezifischer Softwareprogramme. Die spezifischen metrischen Angaben werden yom behandelnden Kieferorthopaden vor-gegeben und in der Regel von einem kieferorthopadisch orientierten 3-D-Riintgeninstitut umgesetzt.

Befundung des gesamten DVT-Scans mit allen daraufa bgebi Ideten anatom ischen Stru ktu ren erfolgen sollte.'9Die Frage, ob pathologische Veranderungen, die aur5er-halb des Aufgabenbereichs eines Zahnarztes liegen, dia-gnostiziert werden mussen, ist nicht abschlier5end ge-kla rt. Hier gi It aber der rechtliche G ru ndsatz, dass Vera n-derungen, die aur5erhalb des zahnarztlichen Aufgaben-gebietes liegen, erkannt werden und zur weiterenspezifischen Diagnostik an die entsprechende Fachrich-tung uberwiesen werden mussen.20 Dabei sind erhobeneklin ische Befu nde sowie die medizi n ische Vorgesch ichtedes Patei nten n icht u nerheblich u nd sollten an den Spezi-alisten weitergeleitet werden. Der Fachkundige, der dasDVT anordnet, kann in diesem Fall haftbar gemacht wer-den. Dies bedeutet fur die tagliche Praxis, wenn eine Ab-norma Iitat identifiziert wi rd,jedoch n icht d iagnostiziertwerden kann, muss stets eine Uberweisung zur spezifi-schen Befu nd u ng erfolgen.Eswird zunehmend die Meinungvertreten,dass Fachkun-dige,die das DVT als diagnostisches Mittel anwenden,ge-na uso zu r Vera ntwortu ng hera ngezogen werden kbn nenwie Facharzte der Radiologie.'921-22 Die minimale Voraus-setzu ng zu r Anwend u ng der digita len Vol umentech nolo-gie ist der erfolgreiche Abschluss der entsprechendenFach- bzw. Sach ku nde. Wie in anderen za h nmedizinischenDisziplinien, z.B.der Implantologie, ist auch in diesem Falln icht n u r die erlernte Theorie entscheidend, sondern viel-meh rdie pra ktische U bu ng und Erfah ru ng.Soerfordertdiedritte Dimension im DVTsowie auch der Umgang mit derspeziellen Software vie I Training.'3 Der erforderliche Be-fu nd ist nach der Rbntgenverord n u ng in jedem FaII sch rift-lich zu verfassen. Dies wird gegenwartigvon einigen Kolle-gen leider noch n icht in dietagliche Praxis umgesetzt. Haf-tungsrechtlich muss man sich bewusst sein,dass man beiDVT-Anfertigu ng oh ne schriftl ichen Befu nd bericht be-reits gegen geltendes Recht verstbr5t.

Trotz vieler, a uch bereits wissenschaftl ich belegter Vor-teile der DVT fur die zahnmedizinische Diagnostik undThera pieplan ung, gibt es gleich eine ganze Reihe von fi-

nanziellen und administrativen Zusatzbelastungen,diebei der Anschaffung haufig ubersehen werden:- seh r hohe Anschaffu ngskosten- zusatzliche spezielle IT-Ausstattung erforderlich- seh r persona lintensive Technologie-sehr hoher Datenarchivierungsaufwand-sehr hohe Betriebskosten-sehr hohe Datenschutzanforderungen an die

Kommunikation mit Uberweiser und Planungslabor- Technologie mit geringer Halbwertszeit bei hohen

Investitionskosten.

Die Betriebswirtschaftlichkeit eines DVT-Gerates hangtin hohem Ma r5evon Field of View a b.Als Faustregel gilt,jekleiner das Field of View, umso geringer ist die betriebs-wirtschaftliche Renta bi Iitat des Gerates.ln den Praxen istgegenwartig die Entwicklung genau umgekehrt. VieleKollegen kaufen sich Gerate mit kleinem FOV, da diesegunstiger und damit erschwinglicher sind, nicht wis-send, dass sie sich damit in der Rentabilitat extrem be-sch neiden. Zudem ist der Kaufpreis eines Gerates bei derRenta bi Iitatsbetrachtu ng eher un interessa nt. Fur denBrea k-Even-Poi nt werden u nter Berucksichtigu ng sa mt-Iicher Persona 1-, Betriebs- u nd Neben kosten pro Tag (beifunf Arbeitstagen proWoche) an jedemTag imJahr3,8 bis4,4 DVT-Aufnahmen benbtigt. Bei Erreichen des Break-Even-Points hat man dann aber noch keinen Cent Ge-winn erzielt. Differenzen im Anschaffungspreis (99.000bis 188.000 Euro) gehen dabei aber nur mit dem Faktor0,6 in die Break-Even-Kalkulation ein. Der Rest sind Perso-na 1-, Betriebs- u nd Neben kosten.Jedes angefertigte DVT muss nach §23 der Rbntgenver-ordnung durch einen fachkundigen Arzt befundet wer-den. Hierzu sind neben den zum DVT-Gerat gehbrendenAkquiserechnern spezielle PCs und Monitore erforder-lich, die weitaus hbhere technische Spezifikationen er-fullen mussen als normale Betrachtungssysteme, unddaher auch sehr kostenintensivsind.Auch die Langzeit-arch ivieru ng u nd Verwa Itu ng der gror5en Daten mengenist nicht zu unterschatzen und verursacht einen im-mensen Kostenaufwand.lm Durchschnitt bewegt sichdie G rbr5e der einzelnen DICOM-Daten (Digital Imagingand Communications in Medicine) zwischen 45 MB bis

1.800 MB. Diese Daten mussen bis zu zehn Jahre, bei Ju-gendlichen zehn Jahre nach Abschluss des 18. Lebens-jahres, revisionssicher und lesbar aufbewahrt werden.Insbesondere letzterer Punkt macht bei der schnellenEntwicklung von Speichertechnologien vielen Kollegenzu schaffen. Bei einer Auslastungvon zehn Aufnahmenpro Tag und sicherer externer Datenspeicherung vongunstigen Anbietern muss mit laufenden monatlichenKosten von 1.200 bis 1.500 Eu ro gerechnet werden.Die aktuellen Entwicklungen im Gesundheitssystemfuhren eher dahin, dass es zukunftig, ahnlich wie in derMedizin, spezialisierte dentale Rontgeninstitute gebenwird, die die DVT-Aufnahmen mit professionellem Per-sona I in tagl icher Routi ne erstellen, befu nden, arch ivie-ren und in adaquater Bildform fur den uberweisendenZahnarzt bzw. das in die Planung involvierte Labor auf-bereiten. Die professionelle Auslastung dieser Instituteerla u bt da n n a uch ei ne entsprechend fru he Reinvesti-tion bei dieser schnell voranschreitenden Technologie.Der Vortei I d ieser externen neutra len Rontgen instituteliegt daruber hinaus auch darin, dass die Uberweisern icht n u r hohe Investitionskosten u nd ei ne zeiti ntensiveBefundung einsparen, sondern auch Patientenabwan-derungen nicht befurchten mussen.

Die digitale Volumentechnologie tragt nachweislich zuei ner erhebl ichen Verbesseru ng im Bereich der za h n-medizinischen Diagnostik und Therapieplanung bei.Dennoch sollteein sinnvoller Umgang, wie beijedem an-

deren rontgenologischen Verfahren, angestrebt werden,denn nicht jeder Patient profitiert von einer DVT-Auf-nahme. Zusatzlich sollte a uf die Auswahl eines geeigne-ten DVT-Scanners geachtet werden, der bei guter Bild-qualitat u nd ausreichendem FOV eine geringe Stra hlen-exposition verursacht. Dabei ist die Angabe der effekti-yen Dosis nach den aktuellen ICRP-Richtlinien besonderswichtig. Des Weiteren darf nichtvergessen werden,dassbeim Betriebeines DVTfureine Break-Even-Kalkulation,bei Berucksichtigung samtlicher Kosten, 3,8 bis 4A DVT-Aufnahmen pro Tag erforderlich sind, bevor die Gewinn-zone beginnt. Das DVT-Gerat ist somit fur viele Praxeneher als "kostspieliges Hobby" zu betrachten, welchesdurch andere Umsatze subventioniert werden muss.Aus diesem Grund geht gesundheitspolitisch derTrendei ndeutig zu denta len DVT-I nstituten, die n icht n u rgeeignete Gerate zur Verfugung haben, sondern auchei ne professionelle Aufa rbeitu ng der Daten u nd med izi-nische Befundung anbieten. Bei hoher Gerateauslas-tu ng ist betriebswi rtschaft-lich auch eher eine Erneue-rung der schnell uberholtenTechnologie moglich .•

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Prof. Dr. Axel BumannGeorgenstra rse25,10117Berl inTel.: 030/200744280, Fax: 030/200744289E-Mail: [email protected]: www.mesantis-berlin.de