Die Entsendung deutscher Mitarbeiter in die arabischen...

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40 SOUQ / 3/2014 SOUQ GASTBEITRAG | SCHLÜTER GRAF Die Entsendung deutscher Mitarbeiter in die arabischen Golfstaaten Im Königreich Saudi-Arabien leben und arbeiten Menschen aus allen Teilen der Erde. 1. Vorbereitung des Auslandseinsatzes Der Einsatz eines deutschen Mitarbeiters in arabischen Ländern beginnt mit der rechtzei- tigen Auswahl eines geeigneten Kandidaten, der das sorgfältig für diesen Fall aufgestellte Anforderungsprofil abdecken muss. Gerade bei der Auswahl des richtigen Mitarbeiters machen Unternehmen häufig bereits die ers- ten Fehler. Neben fachlichem Können sind angesichts des andersartigen kulturellen, sprachlichen, klimatischen und sozialen Um- felds vor allem persönliche Fähigkeiten ge- fragt. Hat man den/die richtigen Mitarbeiter gefunden, müssen diese – ihre Familien ein- geschlossen – im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers sorgfältig auf ihre vielfäl- tigen Aufgaben vorbereitet und, was häufig übersehen wird, über den Zeitraum der Ent- sendung hinweg betreut werden. Golfstaaten in der Regel kein Problem. Wie in Deutschland auch bedarf es zur Erlangung einer zeitlich befristeten Aufenthaltsgeneh- migung (residence visa/iqama) in der Regel einer ebenfalls zeitlich befristeten Arbeitser- laubnis (work permit), die je nach Tätigkeits- land an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist. Der Arbeitgeber ist gut beraten, sich inso- weit über sog. Nationalisierungsprogramme (z.B. in Saudi-Arabien im Rahmen der Sau- disierung das sog. Nitaqat-Programm) zu in- formieren, die es mittlerweile in allen arabi- schen Golfstaaten gibt. Vor einer Unsitte soll nachdrücklich gewarnt werden: der Tätigkeit/ Arbeitsaufnahme vor Ort auf der Basis ei- nes Besuchs- oder Geschäftsvisums. In allen Golfstaaten ist das illegal und sowohl für den Arbeitnehmer (im schlimmsten Fall Haft und Abschiebung) als auch den Arbeitgeber (Haf- tung) extrem nachteilhaft. b. Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich rechtzeitig darüber klar werden, welches ar- beitsrechtliche Vertragsmodell sie dem Aus- landseinsatz zu Grunde legen wollen. In den 2. Die „vier rechtlichen Säulen“ einer Entsendung Die Entsendung eines deutschen Mitarbei- ters ist in rechtlicher Hinsicht ein komple- xer Vorgang, da neben arbeits- und aufent- haltsrechtlichen Aspekten vor allem auch sozialversicherungs- und steuerrechtliche Belange berücksichtigt werden müssen und zwar sowohl im Heimatland als auch im Ent- sendungsstaat. Das schließt sowohl die be- triebliche als auch die individuelle Seite einer Entsendung ein. a. Aufenthaltsrechtliche Rahmenbedingungen Vorab wird der vorsorgende Arbeitgeber klären müssen, ob seine Mitarbeiter über- haupt vor Ort leben und arbeiten dürfen. Bei deutschen Arbeitnehmern ist das in den Angesichts eines lokalen Fachkräftemangels in den arabischen Golfstaaten gewinnt die Deckung des für die Umsetzung lokaler Vorhaben erforderlichen Arbeitskräftebedarfs die Entsendung deutscher Mitarbeiter zunehmend an Bedeutung. Foto: ©iStock.com/Kali Nine LLC

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SOUQ GASTBEITRAG | SCHLÜTER GRAF

Die Entsendung deutscher Mitarbeiter in die arabischen Golfstaaten

Im Königreich Saudi-Arabien leben und arbeiten Menschen aus allen Teilen der Erde.

1. Vorbereitung des Auslandseinsatzes

Der Einsatz eines deutschen Mitarbeiters in

arabischen Ländern beginnt mit der rechtzei-

tigen Auswahl eines geeigneten Kandidaten,

der das sorgfältig für diesen Fall aufgestellte

Anforderungsprofil abdecken muss. Gerade

bei der Auswahl des richtigen Mitarbeiters

machen Unternehmen häufig bereits die ers-

ten Fehler. Neben fachlichem Können sind

angesichts des andersartigen kulturellen,

sprachlichen, klimatischen und sozialen Um-

felds vor allem persönliche Fähigkeiten ge-

fragt. Hat man den/die richtigen Mitarbeiter

gefunden, müssen diese – ihre Familien ein-

geschlossen – im Rahmen der Fürsorgepflicht

des Arbeitgebers sorgfältig auf ihre vielfäl-

tigen Aufgaben vorbereitet und, was häufig

übersehen wird, über den Zeitraum der Ent-

sendung hinweg betreut werden.

Golfstaaten in der Regel kein Problem. Wie

in Deutschland auch bedarf es zur Erlangung

einer zeitlich befristeten Aufenthaltsgeneh-

migung (residence visa/iqama) in der Regel

einer ebenfalls zeitlich befristeten Arbeitser-

laubnis (work permit), die je nach Tätigkeits-

land an bestimmte Voraussetzungen geknüpft

ist. Der Arbeitgeber ist gut beraten, sich inso-

weit über sog. Nationalisierungsprogramme

(z.B. in Saudi-Arabien im Rahmen der Sau-

disierung das sog. Nitaqat-Programm) zu in-

formieren, die es mittlerweile in allen arabi-

schen Golfstaaten gibt. Vor einer Unsitte soll

nachdrücklich gewarnt werden: der Tätigkeit/

Arbeitsaufnahme vor Ort auf der Basis ei-

nes Besuchs- oder Geschäftsvisums. In allen

Golfstaaten ist das illegal und sowohl für den

Arbeitnehmer (im schlimmsten Fall Haft und

Abschiebung) als auch den Arbeitgeber (Haf-

tung) extrem nachteilhaft.

b. Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich

rechtzeitig darüber klar werden, welches ar-

beitsrechtliche Vertragsmodell sie dem Aus-

landseinsatz zu Grunde legen wollen. In den

2. Die „vier rechtlichen Säulen“ einer Entsendung

Die Entsendung eines deutschen Mitarbei-

ters ist in rechtlicher Hinsicht ein komple-

xer Vorgang, da neben arbeits- und aufent-

haltsrechtlichen Aspekten vor allem auch

sozialversicherungs- und steuerrechtliche

Belange berücksichtigt werden müssen und

zwar sowohl im Heimatland als auch im Ent-

sendungsstaat. Das schließt sowohl die be-

triebliche als auch die individuelle Seite einer

Entsendung ein.

a. Aufenthaltsrechtliche Rahmenbedingungen

Vorab wird der vorsorgende Arbeitgeber

klären müssen, ob seine Mitarbeiter über-

haupt vor Ort leben und arbeiten dürfen.

Bei deutschen Arbeitnehmern ist das in den

Angesichts eines lokalen Fachkräftemangels in den arabischen Golfstaaten gewinnt die Deckung des für die Umsetzung lokaler Vorhaben erforderlichen Arbeitskräftebedarfs die Entsendung deutscher Mitarbeiter zunehmend an Bedeutung.

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wenigsten Fällen reicht der bereits vorhan-

dene deutsche Arbeitsvertrag aus, um den

Anforderungen eines grenzüberschreiten-

den Einsatzes zu genügen. In der Regel wird

deshalb der ansonsten bestehenbleibende

deutsche Arbeitsvertrag durch eine Zusatz-

vereinbarung ergänzt (der klassische Entsen-

dungsvertrag), die alle für die Entsendung

notwendigen Regelungen aufnehmen muss.

Daneben ist aber auch denkbar, den deutschen

Arbeitsvertrag für die Dauer der Entsendung

mit einer separaten Vereinbarung ruhend zu

stellen und den Mitarbeiter mit der Nieder-

lassung/Tochtergesellschaft vor Ort ein neues

Arbeitsverhältnis eingehen zu lassen. Unab-

hängig von diesem Fall ist es in allen golfara-

bischen Staaten notwendig, dass der Arbeit-

nehmer zur Erlangung der Arbeitserlaubnis

ein lokales Arbeitsverhältnis mit dem für die

Erlangung der Arbeits- und Aufenthaltsge-

nehmigung notwendigen lokalen Arbeitgeber

(sponsor) eingeht. Da dieses Arbeitsverhält-

nis immer lokalem Recht unterliegt, bedarf

es im Vorfeld einer genauen Abstimmung der

jeweiligen Rechts- und Vertragssysteme.

c. Sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen

Aufgrund der Kompliziertheit der Mate-

rie werden hier wohl die meisten Fehler

gemacht. Von entscheidender Bedeutung

ist die Beantwortung der Frage, ob der aus

Deutschland übersiedelnde Mitarbeiter wei-

ter im deutschen Sozialversicherungsrecht

verbleibt oder nicht. Eine zuverlässige Klä-

rung ist vor allem für den Arbeitgeber des-

halb so wichtig, weil eine falsche Beitrags-

abführung zu einer Leistungsfreiheit des

Sozialversicherungsträgers im Leistungsfall

oder eine unterlassene Abführung zu erheb-

lichen Nachforderungen der Sozialversiche-

rungsbeiträge führen kann. Ein Rückgriff

auf den Mitarbeiter ist dabei ausgeschlos-

sen. Da Deutschland bislang mit keinem

der arabischen Golfstaaten ein Sozialversi-

cherungsabkommen abgeschlossen hat, gilt

dann für den Mitarbeiter grundsätzlich nur

das lokale Sozialversicherungsrecht, sofern

nicht ein Fall der sog. Ausstrahlung gem. §

4 SGB IV vorliegt. Sind deren Vorausset-

zungen (Entsendung ins Ausland, im Rah-

men eines in Deutschland existierenden Ar-

beitsverhältnisses, und Befristung) gegeben,

verbleibt der Mitarbeiter – neben seiner in

der Regel erforderlichen Zugehörigkeit zum

lokalen Sozialsystem – zwingend im deut-

Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt

hat. Zur Aufgabe eines Wohnsitzes reicht aber

insbesondere die behördliche Abmeldung nicht

aus. Entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeit-

nehmer im Zeitraum seiner Entsendung in

Deutschland noch über eine Wohnung verfügt,

die er – wenn auch nur theoretisch – beibehal-

ten und benutzen kann/wird. Eine Steuerbe-

freiung in Deutschland bei Beibehaltung eines

Wohnsitzes in Deutschland ist nur noch denk-

bar, wenn der Arbeitnehmer dem sog. Aus-

landstätigkeitserlass (ehemals Montageerlass)

unterfällt, dessen Anwendbarkeit aber bei Vor-

liegen eines Doppelbesteuerungsabkommens

gesperrt ist.

schen Sozialversicherungssystem. Liegt kei-

ne Ausstrahlung vor (oder ist keine gewollt),

so besteht für den deutschen Arbeitnehmer

aber in fast allen deutschen Sozialversiche-

rungszweigen die Möglichkeit einer freiwil-

ligen Versicherung.

d. Steuerliche Rahmenbedingungen

Bis auf Bahrain und die VAE verfügen die

golfarabischen Staaten alle über eigenständi-

ge Steuersysteme. Unabhängig davon findet

jedoch in keinem dieser Staaten eine Besteu-

erung von Arbeitseinkommen aus nichtselb-

ständiger Beschäftigung statt. Das Risiko einer

Besteuerung dieser Einkommensart ist also

ausschließlich in Deutschland anzusiedeln,

zumal Deutschland bislang nur mit den VAE

und Kuwait Doppelbesteuerungskommen ab-

geschlossen hat, die aber nicht (mehr) zu einer

Steuerfreistellung in Deutschland führen. Von

entscheidender Bedeutung ist demnach, ob der

aus Deutschland entsendete Mitarbeiter wei-

terhin in Deutschland steuerpflichtig ist, zu-

mal sich danach auch eine etwaige Lohnsteu-

erabführungspflicht bestimmt. Der entsendete

Mitarbeiter unterliegt dann weiter mit seinem

Welteinkommen der deutschen Besteuerung,

wenn er in Deutschland entweder weiter einen

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Christoph KeimerFachanwalt für Arbeitsrecht – Legal ConsultantSchlüter Graf Rechtsanwälte Dortmund – Dubai – Doha - RiadInternet: www.schlueter-graf.de

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